Eine Geschichte des Geldes

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Eine Geschichte des Geldes MoneyMuseum Zürich


Eine Geschichte des Geldes



© 2020 Herausgegeben von: Sunflower Foundation www.sunflower.ch info@sunflower.ch


Inhalt 5 Numismatik als Quelle

11 Gibt es eine Geschichte des Geldes?

41 War Aristoteles der erste Geldtheoretiker?

52 Zwรถlf Eigenschaften des Geldes, zwรถlf Thesen

63 Die Zukunft des Geldes und die Postmoderne. Von Tausch zu Austausch



1 Numismatik als Quelle


IM SCHATTEN DER ADLER ROMS von Ursula Kampmann Münzen der Römischen Republik aus der Sammlung Kurt Wyprächtiger. Eines der schönsten Bücher, die das MoneyMuseum produziert hat.

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Münzen zeigen normalerweise ein immer gleiches Münzbild, weil der Wiedererkennungs-Effekt wichtig war. Beispiele sind die «Eule von Athen» und die Tetradrachme mit Alexander dem Grossen. Ganz anders die Denare der Römischen Republik. Hier wechseln die Münzmotive schneller als die Jahre. Das hat einen politischen Hintergrund. Rom definierte sich als Gemeinschaft von Soldaten. Rom war auf Überleben programmiert, deshalb stand seine Milizarmee im Mittelpunkt. Die gesamte Hierarchie der römischen Gesellschaft beruhte auf dieser Milizarmee. Entscheidend für die politischen Rechte, die ein Bürger besass, war die Stellung, die er im Heer bekleidete. Und diese Stellung wurde durch seinen Besitz definiert. Wer viel besass, konnte sich ein Pferd und teure Waffen leisten. Mit den römischen Denaren haben wir eine Welt von Motiven vor uns, und dies aus einem politischen Grund. Denn ehe der senatorische Nachwuchs damit beginnen durfte, die eigentliche Karriereleiter zu erklimmen, musste er sich in niedrigen Ämtern bewährt haben. Und eine der beliebtesten Aufgaben war das Amt des Münzmeisters. In dieser Funktion durfte der Nachwuchspolitiker die Münzbilder aussuchen. Und das gab ihm die Gelegenheit, sich von der besten Seite zu zeigen. In Rom war man davon überzeugt, dass ein Mann nur so gut sein konnte, wie seine Vorfahren. Wer also über Vorfahren verfügte, die Gutes für Rom getan hatten, von dem erhofften die Wähler sich, dass er für sie das Gleiche tun würde. Deshalb finden wir so viele Bilder aus der 7


römischen Vergangenheit auf den Denaren. Um den Benutzern der Münzen in Erinnerung zu bleiben und um bei der nächsten Wahl gewählt zu werden, erinnerten die jungen Münzmeister ihre potentiellen Wähler an all das, das ihre Familie für Rom geleistet hatte. Wir haben in dieser Ausstellung 60 Münzen herausgesucht, deren Bilder wir erklären. Sie finden Darstellungen zur römischen Geschichte, zur römischen Politik und zur römischen Religion. Dreh- und Angelpunkt der römischen Aristokratie war der Senat. Ein Grund für die Beständigkeit der politischen Ordnung war der unbedingte Wille der senatorischen Oberschicht zum Konsens. Nur Politiker, die bereit waren, sich innerhalb ihres Beziehungsnetzes zu bewegen, hatten eine Chance, ihre politischen Anliegen durchzusetzen. Pietas beschützte nicht nur das Verhältnis zwischen Göttern und Menschen, sondern grundsätzlich das zwischen Geber und Empfänger. Z. B. zwischen Patron und Klient. Viele Römer, die sich selbst nicht im Stande sahen, den Lebensunterhalt für die eigene Familie zu verdienen, suchten sich einen Patron, der ihnen täglich die notwendigen Lebensmittel zur Verfügung stellte und dem sie dafür Unterstützung boten. Das Römische Klientenwesen war die Basis des römischen Staatswesens und gleichzeitig sein Untergang. Wenn einzelne Individuen über mehr Macht verfügten als das Kollektiv, geriet das System in ein Ungleichgewicht, das letztlich in den grossen Bürgerkrieg zwischen Caesar und dem Senat mündete. 8


Es war eigentlich nicht Caesar, der die römische Republik auf dem Gewissen hatte. Schon lange vor ihm waren bedeutende Feldherrn wie Marius oder Sulla zu übergrosser Macht aufgestiegen. Sie hatten so viel Beute gemacht und an das Heer verschenkt, dass ihre Soldaten zu ihren Klienten geworden waren. Dadurch geriet das Gleichgewicht der Macht ins Schwanken. Doch Augustus war der erste, der systematisch genug Finanzquellen an sich zog, um alle Wähler Roms zu seinen Klienten zu machen. Basis seiner Macht wurde die Eroberung Ägyptens im Jahre 31 v. Chr. Das Reich am Nil war damals das reichste Land der Mittelmeerwelt.

Münzbild «Pietas»

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2 Gibt es eine Geschichte des Geldes?


Münzgeld und Nominalgeld – oder Warengeld / Kreditgeld – sind zu unterschiedlich, dass man von einer durchgehenden Geschichte des Geldes sprechen kann. Seit altersher gab es Warengeld, in Form von symbolischen Wertgegenständen, brauchbarer Ware oder Münzen. In Gabenkulturen spricht man von archaischen Zahlungsmitteln. Die Griechen führten eine Normierung basierend auf Silber ein mittels Münzen, die viele Dinge miteinander vergleichbar machten. Kredit- oder Nominalgeld gibt es seit der Neuzeit. Während Warengeld zur Seite gelegt werden oder für andere Zwecke verwendet werden konnte, ist Nominalgeld alleine für den Tausch bestimmt. Die Geschichte des Münzgeldes hört eigentlich mit der Neuzeit auf, weil ab Beginn Neuzeit die Dematerialisierung, die Trennung von Nominal und Warenwert einsetzt – auch wenn der Taler als grosse Silbermünze bis ins 20. Jahrhundert weiter verwendet wurde. Die Frage «was ist Geld» und «seit wann gibt es Geld?» hält aber bis heute an. Eine Geschichte des Geldes? Die Präsentation des MoneyMuseums wird immer neu erstellt aus folgendem Material.

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Eine Geschichte des Geldes?

Money

Radio MoneyMuseum

Wenn Mßnzen miteinander lachen und streiten – eine Trilogie

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Publikationen zur Geschichte des Geldes

DRACHME, DIRHEM, TALER, PFUN D Geld und Währungen in der Geschichte – von den Anfängen bis zum Euro In «Drachme, Dirhem, Taler, Pfund» verbindet das MoneyMuseum Münzen und historische Karten mit Texten, anhand deren Sie die Geschichte der Menschheit seit den Anfängen der Münzen durchlaufen können. Dabei begegnen Sie einigen der schönsten und aussagekräftigsten Stücke aus der Münzgeschichte.

IM SCHATTEN DER ADLER ROMS von Ursula Kampmann Münzen der Römischen Republik aus der Sammlung Kurt Wyprächtiger. Eines der schönsten Bücher, die das MoneyMuseum produziert hat.

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KLEINE GALERIE VON WIRTSCHAFTS - UND SOZIALREFORMERN In dieser Publikation möchte Ihnen das MoneyMuseum 34 ausserordentliche Individuen vorstellen, die die Geschichte der Menschheit in bedeutender Weise geprägt haben und es heute noch tun. Der Bogen spannt sich dabei von Hammurabi, der im 2. vorchristlichen Jahrtausend das Babylonische Reich gründete, über Adam Smith und Rosa Luxemburg bis zu Zeitgenossen wie Nelson Mandela und Gustavo Gutiérrez.

WAS HISTORISCHE KARTEN UNS ERZÄHLEN Kleiner Atlas zur Weltgeschichte In dieser Publikation ist jeder Karte ein historischer Kommentar beigefügt, der wichtige politische und kulturelle Entwicklungen und Ereignisse der jeweiligen Zeit beschreibt. Die Bilder und Texte vermitteln so einen rasch zugänglichen Überblick über die Geschichte des Abendlandes – von der Gründung der frühen Reiche in Mesopotamien bis zur Europäischen Währungsunion.

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WENN MÜNZEN MITEINANDER LACHEN UND STREITEN eine Trilogie In dieser Produktion umspannt das MoneyMuseum die abendländische Geldgeschichte von den allerersten Münzen bis zu den grossen Währungen der Neuzeit. Und wer könnte besser von ihr berichten als die Hauptakteure selbst? Der erste Teil der Trilogie spielt im Altertum und lässt ein Keilschrift-Täfelchen, einen KrösusStater, eine Athener Tetradrachme, einen römischen Denar und einen Solidus von sich erzählen. Ihre Blütezeit erlebten sie zu verschiedenen Zeiten und Orten. Hier aber treten sie für einmal gemeinsam auf. Der zweite Teil der Trilogie bringt Licht ins sogenannt finstere Mittelalter, indem er die grossen Währungen und die wichtigsten Wirtschaftsströmungen jener Epoche verfolgt. Es sind dies der Pfennig Karls des Grossen, der Gros, der Augustalis, der Floren und der Rheingulden. Im dritten Teil der Trilogie treffen Sie auf die bedeutendsten Münzen der Neuzeit: den Guldiner, den Peso, den Maria-TheresienTaler, den Dollar und den Euro. Diese diskutieren u. a. die Frage «Was macht eine Währung gross?». Dabei kommen auch die Erfolgskriterien der grossen Währungen aus den letzten 500 Jahren zur Sprache.

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Dauer: 44 Minuten

Dauer: 33 Minuten

Dauer: 20 Minuten


ABSCHAFFUNG DES GELDES von Eske Bockelmann Als der Autor mit gut fünf Jahren erfuhr, er würde später einmal – wie jeder – sein Geld selbst ver dienen müssen, da durchzuckte ihn eine böse Gewissheit; erstens, das könne nicht gelingen, und zweitens, er müsse deshalb zaubern lernen. Anders nämlich, so war ihm bedrückend klar, würde er es niemals zu all den Dingen bringen, die man so zum Leben braucht …

DAS GELD IN DER GESCHICHTE von Karl Walker Die Geschichte des Geldes aus der Sicht des Geldes. Seit Jahrzehnten erscheinen immer wieder Neuauflagen dieses Klassikers. Erstmals aufgelegt 1959.

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DIE ARBEITERIN IN ZÜRICH UM 1900 Sozialgeschichtliches auf den Spuren Verena Conzetts (1861 – 1947) Ausstellungskatalog zur gleichnamigen Ausstellung im MoneyMuseum. Geschrieben vom Historiker Hans Peter Treichler. GELDDENKER 50 Portraits von Aldo Haesler Die Grösse eines Denkens, sagte einmal der rumänische Philosoph Constantin Noica, lasse sich daran messen, inwiefern es eine neue Idee in Umlauf gebracht hat; eine neue Idee, die folgenreich für die Erkundung der Welt und des Denkens selbst gewesen ist. Ein Panorama von Soziologe Aldo Haesler.

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GELD UND MACHT IN DER ANTIKE In den hier vorliegenden vier Hörspieltextenen führt Sie die Historikerin Ursula Kampmann vom klassischen Griechenland bis zur römischen Kaiserzeit. Ergänzt wird jedes Hörspiel von ein paar Fragen, die Lesekontrolle wie Wissenswertes bieten. GELD UND MACHT IN MITTELALTER UND NEUZEIT Hörspieltexte von Ursula Kampmann Geld und Macht treten als unzertrennliches Paar auf − in der Geschichte wie in der heutigen Gesellschaft. Welche Kräfte in diesem Paar wirken und wie sich Menschen verhalten, die die Gesetzmässigkeiten unseres Geldsystems verinnerlicht haben, davon handelt dieses Buch.

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DIE ZÜRCHER UND IHR GELD Begleitbuch zur Ausstellung mit 20 Stationen

30 DREISTE LÜGEN ÜBER GELD von Peter Koenig Dieses Buch wird Sie zum Nachdenken bringen. Der Autor will Sie mitnehmen auf eine Reise durch den Garten des Geldes, der so reich ist an Verlockungen, Möglichkeiten, Realitäten und Illusionen. Das Paradies liegt greifbar nah, lässt sich jedoch nur erreichen, wenn man alle damit verbundenen Vorurteile ganz genau versteht und durchschaut!

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In jeder Geschichte finden sich Charaktere, die aktiv ins Zeitgeschehen eingriffen und deren Tun weit in die Zukunft strahlte, ganz unabhängig davon, ob sie zu Lebzeiten erfolgreich waren – und ob sie sympathisch waren oder nicht. Auch die Zürcher Geschichte ist von ihnen geprägt: von Persönlichkeiten wie Pfarrer Zwingli, Bürgermeister Waser oder den Unternehmern Escher und Duttweiler. Auch «kleine Leute» spielten eine Rolle. Die Ausstellung «Die Zürcher und ihr Geld» hat in 20 Stationen davon erzählt.


IM TAKT DES GELDES Zur Genese modernen Denkens Im 16. Jahrhundert durchlebt die europäische Welt einen gewaltigen Wandel: War sie bis anhin vor allem rural geprägt, gewinnen jetzt Städte an Bedeutung. Lebhafte Märkte entstehen und schliessen sich zum ersten Mal in der Geschichte zu einem einzigen, länderübergreifenden Markt zusammen. Es ist die Geburt der Marktwirtschaft …

A5-Booklet mit Kommentar

Video, Dauer: 25 Minuten

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BARGELDABSCHAFFUNG Dass Bargeld nicht abge schafft werden darf, ist eine hochsensible Forderung in der heutigen gesellschaftspolitischen Debatte. Aldo Haesler nimmt Stellung.

ARCHAISCHE ZAHLUNGSMITT EL Traditionelle Gesellschaften sind hierarchisch organisiert. Die Stellung einer Person und damit deren Prestige h채ngt nicht davon ab, wie viel die Person besitzt, sondern davon, wie viele Gaben sie den anderen Mitgliedern der Gesellschaft 체bergeben hat. Gaben in traditionellen Gesellschaften sind weder Geld in unserem Sinn noch freiwillige Geschenke. Die kurzen Geschichten sind weder historisch verbrieft noch ethnographisch aufgezeichnet worden, sondern dienen einzig als Verst채ndnisund Einstiegshilfe f체r Besucherinnen und Besucher, die sich mit dem faszinierenden Thema der Archaischen Zahlungsmittel befassen wollen.

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STOC KALPER Zwei faszinierende Artikel von Helmut Stalder, erstmals erschienen in der NZZ 2018 und 2019. Wie der Walliser Kaspar Stockalper zum reichsten Mann wurde und was die Eidgenossenschaft zur Neutralität zwang.

DIE SUNFLOWER PHILOSOPHIE Hinter dem MoneyMuseum steht als Trägerstiftung die Sunflower Foundation. Deren Name ist nicht zufällig zustande gekommen. Er drückt die Philosophie aus, auf der das MoneyMuseum wie überhaupt das Wirken von Jürg Conzett, dem Gründer der Stiftung, beruhen. Die Sunflower, die Sonnenblume, steht für Grosszügigkeit, Balance, Harmonie und Überfluss im positiven Sinn, aber auch für Zufall und Individualität.

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LITERATUR

DU – MANESSE – DIOGENES Literatur vom Feinsten Die drei Säulen der Bibliothek des MoneyMuseums präsentiert. DU – zwei Buchstaben und eine Vision. DU ist ein Programm, «wir leben in einer Zeit grösster Umwälzungen …», schreibt Arnold Kübler, Chefredaktor der neuen Zeitschrift. Sie wird mitten im Zweiten Weltkrieg lanciert. Fokus ist das Andere, das DU. Manesse: Sie sind klein von Gestalt, edel, vielleicht sogar in Leder gebunden. Wer eines in den Händen gehalten hat, wird sie sofort wiedererkennen. Eine Trouvaille der Weltliteratur. Diogenes: in fünfzig Verlagsjahren sind über 3000 Titel von gut 700 Autoren in einer Gesamtauflage von über 150 Millionen Exemplaren erschienen. Erfolgskriterium war immer die enge Verbindung des Verlegers zum Autor.

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100 Zusammenfassungen von Literaturwerken, die sich mit Geld befassen. Von Honoré de Balzacs «Vater Goriot» über Friedrich Dürrenmatts «Der Besuch der alten Dame» bis zu André Gides «Die Falschmünzer».


FOKUS BUCH 12 Lesetipps von Ursula Kohler, ausgelesen aus der Bibliothek des MoneyMuseums.

MATERIALIEN ZU FAUST Das Faustthema ist immer dann besonders aktuell, wenn sich die Geschichte und die Zeiten im Umbruch befinden. Ursprünglich entstand die inzwischen über vierhundert Jahre alte Faustsage in einer Zeit des religiösen Umbruchs. Auch Goethe schuf seinen Faust in einer Zeit des geschichtlichen Umbruchs: Eine gewaltige Bevölkerungsexplosion fand in Europa statt, es war die Zeit der Französischen Revolution, der Napoleonischen Kriege, der ersten Milizarmeen. In Faust II entblösst Goethe den Wachstumszwang in der modernen Gesellschaft mit dem berühmten «Verbot des Verweilens».

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ARBEITSHEFT zu Eske Bockelmann «Das Geld» Als Hilfe, Einstieg und Diskussionsgrundlage zum Buch «Das Geld – was es ist, das uns beherrscht». Gedacht als Workshop Dokument für Neugierige, als Basis für einen Dialog. DAS GELD VON A BIS B von Aristoteles zu Bitcoin Ausstellungskatalog Die Bibliothek des MoneyMuseums zeigt Bücher von Autoren, die für das Verständnis von Geld von zentraler Bedeutung sind. Eine Ausstellung in 6 Stationen.

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ZWINGLI UND DAS GEL D Auszug eines Kapitels aus dem gleichnamigen Buches von HP Treichler: Die Verweltlichung der Klöster. Die Reformation schafft neue Voraussetzungen für das Finanzwisen von Zürich. Das Verbot des Solddienstes stoppt die Einkünfte durch Soldgelder und Pensionen. Sie werden mehr als aufgewogen durch die Aufhebung der Klöster; diese bringt erheblichen Zuwachs and Liegenschaften und Kapitalien. Das Besitzdenken verändert sich von Grund auf; Zwingli formuliert Geld als «soziales Kapital», das sich in erster Linie an den Bedürfnissen der Besitzlosen orientieren soll. Das Buch «Zwinglis gefährdetes Erbe» beleuchtet den Zürcher Alltag der Reformationsjahre.

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Filme

GELD IM NEUEN TESTAMENT Ob man dem Geld huldigt wie dem Goldenen Kalb oder es als schnöden Mammon betrachtet – davon unberührt bleibt niemand. So wundert es wenig, das Fragen rund ums Geld auch jene beschäftigen, die um das menschliche Seelenheil besorgt sind: die Religion. Dauer: 35 Minuten

CHINAS MÜNZGESCHICHTE «Reiche wachsen und schwinden. Staaten kommen und vergehen», schrieb Luo Guanzhong in seinem Roman «Die drei Reiche». Gleiches liesse sich von Chinas Geld sagen: Das Land des Drachen hat im Lauf seiner langen Entwicklung von einer kleinen Kulturinsel am Gelben Fluss zur Volksrepublik viele Geldformen kommen und gehen sehen. Und doch ist seine Geldgeschichte von einer einzigartigen Stabilität geprägt. Dauer: 34 Minuten

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MÜNZEN UND IHRE HERSTELLUNG

ZÜRCHER GELDGESCHICHTE Die Geldgeschichte von Zürich ist von lokalen wie internationalen Geschehnissen geprägt. Auf heimischer Ebene z. B. ist sie mehrere Jahrhunderte lang eng mit den Geschicken des Zürcher Fraumünsterstifts verwoben. Doch die Reformation, das Aufkommen von Manufakturen, der Dreissigjährige Krieg und die Französische Revolution haben ebenfalls ihre Spuren in der hiesigen Geldgeschichte hinterlassen.

Ein Metallstück mit hohem Druck zwischen zwei Stempeln gepresst – und fertig ist die Münze. Ist die Münzproduktion tatsächlich so einfach? Und wie war das früher? Dieses Video geht solchen Fragen auf einer Reise in verschiedene Jahrhunderte und Städte der westlichen Welt nach. Sie erhalten dabei Gelegenheit zum Besuch von fünf Münz(werk) stätten, wo Sie nicht nur Details über diverse Prägetechniken, sondern auch Aufschlussreiches über die jeweiligen politischen und wirtschaftlichen Hintergründe der Münzherstellung erfahren. Dauer: 72 Minuten

Dauer: 30 Minuten

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DIE ZÜRCHER UND IHR GELD

GELD BEWEGT Geld bewegt – und das selbst jene, für die Geld eine Nebensache ist. Das zeigt sich nicht zuletzt in den Aussagen der sechs Persönlichkeiten, die in diesem Film porträtiert werden. Es sind vom Seminarleiter über den Flugzeugrestaurator, die Pfarrerin, den Künstler und den Seidenfabrikanten bis zum Soziologen Menschen mit ganz unterschiedlichem Lebenshintergrund. Und so verschieden ihr Leben, so verschieden ist auch die Rolle, die Geld darin spielt. Dauer: 52 Minuten

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In jeder Geschichte finden sich Charaktere, die aktiv ins Zeitgeschehen eingriffen und deren Tun weit in die Zukunft strahlte, ganz unabhängig davon, ob sie bereits zu Lebzeiten erfolgreich waren – und ob sie sympathisch waren oder nicht. Menschen also, die die Zukunft «neu erfanden». Auch die Zürcher (Geld-) Geschichte ist von ihnen geprägt: so von Persönlichkeiten wie Pfarrer Zwingli, Bürgermeister Waser oder den Unternehmern Escher und Duttweiler. Dauer: 21 Minuten


DIE BILLIONEN $ KRISE Die Finanzkrise, die im Herbst 2008 über die Welt hereinbrach und sich zu einer globalen Wirtschaftskrise entwickelt hat, ist nicht aus dem Nichts gekommen und nicht die erste ihrer Art. In ihrem Ausmass aber ist sie von gigantischer Einmaligkeit. Dieses Video erzählt die Chronik ihres Entstehens. Dauer: 31 Minuten DAS DUALE WÄHRUNGS SYSTEM VON BALI Von Heidi Lehner Sparbeschlüsse sind heute an der Tagesordnung, die finanziellen Ressourcen von Staaten, aber auch vielen mittelständischen und kleinen Unternehmen sind knapp. Längst können nicht mehr alle Bedürfnisse einer Gesellschaft mit Mitteln offizieller Währungen beglichen werden. Komplementäre Geldsysteme – d. h. Währungen, die eine nationale ergänzen – können dieses Problem entschärfen. Wie fruchtbar die Koexistenz einer nationalen mit einer komplementären Währung sein kann, zeigt das Beispiel Bali. Dauer: 23 Minuten

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DIE SUNFLOWER PHILOSOPHIE

UNTERWEGS ZUM WERT - LOSEN GELD Gleichgültig, ob man in der Schweiz, in den USA oder in China zur Kasse gebeten wird, das System ist das gleiche: Akzeptiert werden vom Material her wertlose Münzen und Geldscheine, die ausschliesslich im jeweiligen Land Gültigkeit besitzen. Damit hat sich ein Geldsystem durchgesetzt, in dem der Staat Anspruch auf das Währungsmonopol erhebt. Und doch war der Weg dahin in West und Ost ein grundlegend anderer, wie dieser Streifzug zeigt. Dauer: 20 Minuten

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Hinter dem MoneyMuseum steht als Trägerstiftung die Sunflower Foundation. Deren Name ist nicht zufällig zustande gekommen. Er drückt die Philosophie aus, auf der das MoneyMuseum wie überhaupt das Wirken von Jürg Conzett, dem Gründer der Stiftung, beruhen. Die Sunflower, die Sonnenblume, steht für Grosszügigkeit, Balance, Harmonie und Überfluss im positiven Sinn, aber auch für Zufall und Individualität. Dauer: 40 Minuten


IM TAKT DES GELDES Um die Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert durchlebt die europäische Welt einen gewaltigen Wandel. Die Geburt der Marktwirtschaft führt zu einem neuen Denken. Es bedingt sogar den Taktrythmus, eine rhythmische Wahrnehmung, die es bis anhin überhaupt nicht gegeben hatte. Und es entsteht durch etwas, was die Gesellschaft ganz und gar durchdringt: das Geld. Dauer: 25 Minuten REGIONALWÄHRUNGEN IN DEUTSCHLAND Deutschland 2004. Arbeitslosigkeit, private und gewerbliche Insolvenzen nehmen zu. Innenstädte drohen zu veröden, weil kleine Lokalgeschäfte dem Preiskampf mit Discountern und Supermärkten nicht gewachsen sind. Eine der innovativsten Antworten auf die wirtschaftliche und politische Krise sind Komplementärwährungen wie z. B. regionales Geld. Hier erfahren Sie, warum. Dauer: 37 Minuten

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MÜNZEN AUS DER NEUZ EIT eine Trilogie – Teil 3 Im dritten Teil der Trilogie treffen Sie auf die bedeutendsten Münzen der Neuzeit: den Guldiner, den Peso, den MariaTheresien-Taler, den Dollar und den Euro. Diese diskutieren u. a. die Frage «Was macht eine Währung gross?». Dabei kommen auch die Erfolgskriterien der grossen Währungen aus den letzten 500 Jahren zur Sprache. MÜNZEN AUS DEM ALTERTUM eine Trilogie – Teil 1 In dieser Produktion umspannt das MoneyMuseum die abendländische Geldgeschichte von den allerersten Münzen bis zu den grossen Währungen der Neuzeit. Und wer könnte besser von ihr berichten als die Hauptakteure selbst? Der erste Teil der Trilogie spielt im Altertum und lässt ein Keilschrift-Täfelchen, einen Krösus-Stater, eine Athener Tetradrachme, einen römischen Denar und einen Solidus von sich erzählen. Ihre Blütezeit erlebten sie zu verschiedenen Zeiten und Orten. Hier aber treten sie für einmal gemeinsam auf. Dauer: 43 Minuten

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Dauer: 20 Minuten


Hörspiele von Radio MoneyMuseum

FINANZKRISEN WIEDER HOLEN SICH : DER AUFSTEIG UND FALL DES FINANZGENIES JOHN LAW

HANNIBAL ANTE PORTAS Rom, 2. Jahrhundert v. Chr. Ort der Handlung: Eine schmuddelige Kneipe. Die Gäste: Ein würdiger Senator und Historiker, sein Enkel und ein alter Sklave, der einst mit Hannibal über die Alpen zog. Der Zufall bringt die drei an einen Tisch. Worüber sie sprechen? Natürlich über den grossen Punier und die Römer, denen es nach langen Kriegsjahren gelang, ihn zu besiegen; über Schuld und Versagen, Sieger und Verlierer – und natürlich über die grosse Münzreform Roms, die während des Krieges gegen Hannibal durchgeführt wurde. Lassen Sie sich mit diesem Hörspiel in die Zeit des Punischen Krieges entführen und erleben Sie den römischen Sieg einmal aus Verlierersicht.

In diesem Hörstück stellt Ihnen Radio MoneyMuseum das bewegte Leben und Wirken eines ganz besonderen Mannes vor. Eines äusserst berüchtigten überdies: Lange Zeit nämlich stand er im Ruf, ein Mörder, Betrüger und Frauenheld zu sein. Wer ist gemeint? Der Schotte John Law – zweifellos eine der markantesten Persönlichkeiten der europäischen Finanzgeschichte. Sein Aufstieg im Paris des 18. Jahrhunderts war beispiellos: Er brachte es vom Bankdirektor und Besitzer einer Aktienkompanie bis zum Generalkontrolleur von Frankreichs Finanzen. Doch so rasant sein Aufstieg, so tief war sein Fall: Denn er bescherte der Grande Nation nicht nur die grösste Papiergeldschwemme, die die Welt je erlebte, sondern auch eins der fürchterlichsten Aktiendebakel. Dauer: 27 Minuten

Dauer: 35 Minuten

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DIE EROBERUNG DES INKAREICHES

FINANZKRISEN WIEDERHOLEN SICH : BOOM UND BUST IN DER NEW ECONOMY In diesem Hörspiel treffen sich ein historisch interessierter Banker, ein New-Economy-Vertreter und ein frustrierter Anleger zu einem Gespräch über Finanzspekulationen. Denn diese verdeutlichen den virtuellen Charakter der Geld- und Währungswelt besonders gut. So z. B. im 17. Jahrhundert die Tulpenspekulation, im 18. die Papier-, im 19. die Eisenbahn- – und im 20. vor allem die Internetspekulation. So dramatisch es ist, wenn eine Spekulationsblase platzt, so sehr steht diese aber auch immer für etwas Gutes. Dauer: 19 Minuten

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In diesem Hörspiel entführt Sie Radio MoneyMuseum in die peruanische Stadt Cajamarca, in einen Tag des Jahres 1532. Es ist ein trauriger, ja katastrophaler Tag für das Land. Denn es ist sein letzter unter heimischer Herrschaft und der Beginn der spanischen Okkupation. Die schrecklichen Ereignisse, die dazu führen, sind für den Inkaherrscher Atagualpa umso demütigender, als er trotz zahlenmässig grosser Überlegenheit seines Heeres gegen eine Handvoll spanischer Hitzköpfe unter Francisco Pizarro verliert. Wie es zum Zusammenstoss zwischen den ungleichen Gegnern kommt, wie er verläuft und endet – und was in der damaligen Welt sonst noch geschieht –, erfahren Sie hier, und zwar, als ob es gerade passiere. Dauer: 30 Minuten


DIE RUSSISCHE SAMMLU NG

TRÄUME UND SCHÄUME IN DER FINANZGESCHICHTE – DREI BEISPIELE In diesem Hörspiel geht’s um die turbulenten Phasen in der Finanzgeschichte – um die grossen Spekulationswellen. Sie entstehen meist, wenn etwas Neues auf den Markt kommt, etwas, das beispiellos ist in der Geschichte, mit dem man noch keine Erfahrungen hat und das Wirtschaft wie Gesellschaft revolutioniert. Ein Beispiel aus jüngster Zeit ist die Einführung des Internets. Sie hat nicht nur in der Wirtschafts-, sondern auch in der Arbeitswelt grosse Veränderungen eingeläutet. Ein Jahrhundert früher war es die Eisenbahn, deren Aufkommen bahnbrechende Folgen zeitigte: Nun nämlich war es zum ersten Mal in der Geschichte möglich, schwere Güter relativ leicht und billig über grosse Distanzen zu transportieren. Und noch ein Jahrhundert zuvor war es die umfassende Einführung des Papiergelds, das hohe Wellen warf.

Ein toter Chef am Morgen verdirbt einem den schönsten Tag. Besonders, wenn man eine ausgebildete Numismatikerin ist – und der Chef mit einem riesigen Loch im Kopf im eigenen Büro liegt. Kommt dann noch ein gut aussehender Kommissar und ein russischer Mafioso dazu, dessen wertvolle Münzsammlung verschwunden ist, ist für spannende Unterhaltung gesorgt. Und zu dieser liefert Ihnen dieses Hörspiel von Radio MoneyMuseum erst noch die eine oder andere Hintergrundinformation über den Münzhandel … Dauer: 43 Minuten

Dauer: 94 Minuten

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WÄHRUNGEN, WERTE IM WANDEL DER ZEIT

DIOCLETIAN RETTET DIE ( RÖMISCHE ) WELT – DAS ERSTE STAATSBUDGET Im 3. Jahrhundert n. Chr. war das Römische Reich am Ende: Germanische Stämme überfluteten das schlecht geschützte Gebiet, die Römer konnten ihre eigene Verteidigung nicht mehr finanzieren. Ein Mann war es, dem es mithilfe eines gewaltigen Reformprogramms gelang, das Ruder herumzureissen: Diocletian, der Kaiser, der das Staatsbudget in die Weltgeschichte einführte und mit Hilfe einer umfassenden Steuer- und Geldreform die Basis dafür schuf, dass die Kosten auf alle verteilt werden konnten. Reisen Sie mit diesem Hörspiel in seine Zeit und lassen Sie sich von Diocletians persönlichem Pressereferenten die Finanzpolitik erläutern. Dauer: 32 Minuten

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Dass sich die Kaufkraft von Währungen und die Preise von Produkten ändern können, das kennen nicht nur Leute von heute. Nein, auch in früheren Jahrhunderten gab›s darüber viel zu reden. So erfahren Sie in diesem Hörspiel beispielsweise, was einst ein griechischer Obol, ein römischer Sesterz oder Denar, ein fränkischer Pfennig oder Gulden und Groschen zu ihrer Zeit wert waren. Dauer: 68 Minuten


DIE LÖWENBRAUT Armut und Reichtum spielen eine Hauptrolle in Hans Peter Treichlers erfolgreicher Familiensaga «Die Löwenbraut». Der jüngste Sohn einer reichen Zürcher Industriellenfamilie verliebt sich in eine Hotelangestellte aus einfachen Verhältnissen. Trotz erbittertem Widerstand der betroffenen Familien stehen die beiden zu ihrer Liebe. Was wie ein Gartenlauben-Roman klingt, hat der Autor aus Briefen und Tagebüchern eines Privatarchivs zur spannenden Saga montiert, die die Schicksale mehrerer Familien über zwei Generationen hinweg verfolgt. In der Lesung mit Graziella Rossi (Gesang), Helmut Vogel (Gesang, Klavier) und dem Autor, Sänger und Gitarristen Hans Peter Treichler wird sie zur veritablen Zeitreise in die Belle Époque. Dauer: 55 Minuten

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3 War Aristoteles der erste Geldtheoretiker? Aus unserer Buchsammlung haben wir vier Persönlichkeiten aus ganz unterschiedlichen Epochen ausgewählt. Sie reflektieren über Münzen und Geld, über Austausch und Tausch, über Gemeinschaft und Gesellschaft: Aristoteles (Antike), Petrarca (Mittelalter), Luca Pacioli (Renaissance) und Stockalper (Neuzeit), der erste homo economicus.


Aristoteles, Nikomachische Ethik, Strassburg 1549


Aristoteles Buch der Ethik. Im Buch der Ethik von Aristoteles geht es um Gerechtigkeit, um die Mitte des richtigen Masses. Bei Verteilung in einer Gemeinschaft brauche es Ausgleich, und ein gerechter Ausgleich müsse die Ungleichheit der Beteiligten berücksichtigen. Wenn diese Art von Proportion beim Ausgleich beachtet werde, verwirkliche man Vergeltung und Gegenleistung, und dies sei die Grundlage der Polis, der griechischen Gemeinschaft. Es sind, wie Aristoteles darstellt, unbedingt vier Grössen zu berücksichtigen, wenn es um gerechten Ausgleich geht: nicht nur die zwei getauschten Güter, sondern auch die beiden Tauschenden selbst. Denn für die Gesellschaft sind die Einzelnen ungleich, haben unterschiedliche Bedeutung. Was nach Gleichheit und Proportion getauscht wird, muss irgendwie vergleichbar sein und Münzen sind dafür da, diese Vergleichbarkeit zu leisten, so schreibt Aristoteles. Er bestimmt das Eine, das alle Dinge vergleichbar mache, nicht als Wert oder in Zahlen Berechenbares, sondern als Bedürfnis.

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Francesco Petrarca, Trostspiegel in Glück und Unglück, Frankfurt 1572

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Petrarcas Trostspiegel Glück und Unglück sind Schicksal. Wichtig ist unsere Gesinnung. Davon war der italienische Renaissance-Dichter Francesco Petrarca (1304–1374) überzeugt. Dieser «Trostspiegel» wurde 1370 geschrieben. Bis 1756 erlebte der Bestseller allein in seiner lateinischen Originalausgabe 28 Auflagen und wurde in mehr als 50 Sprachen übersetzt. Das Buch wurde ursprünglich in Latein geschrieben, aber zum 200ten Jahrestag wurde es auf deutsch übersetzt; man verpflichtete einen der besten Renaissance Künstler für den Holzschnitt. So präsentiert das Buch 250 Alltagssituationen aus dem Leben des mittelalterlichen Menschen, mit kurzer Beschreibung und dem Ratschlag Petrarcas. Das Buch muss man langsam durchblättern und neugierig darauf achten, welche Probleme diese Menschen hatten: ist es Gesundheit, Ansehen, Tätigkeit, Partnerschaft, vielleicht auch Münzen, Darlehen und Sorgen mit dem Geld? Gesundheit wird oft erwähnt, auch das Vaterland. Münzen dagegen nur fünf mal, und wenn, dann als Mitgift oder bei Diebstahl. Kredite, Notwendigkeit von Profit, Steuern oder gar Finanzierungen kommen nicht vor. Das häufigste Bild: «Wohl dem, der wohlgeboren ist»; die Rangordnung im Mittelalter war vorgegeben. Von kaufen und verkaufen, von Geld in unserem Sinn keine Spur.

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Luca Pacioli 1445–1514, Franziskanermönch, Mathematikprofessor am Hof der Sforzas in Mailand. Er gilt als Vater des modernen Rechnungswesens. Luca Pacioli präsentiert folgende Denkaufgabe: «Die Personen A und B spielen ein faires Spiel mehrere Male: Wer als erster 6 Siege errungen hat, soll die eingesetzte Summe erhalten. Nun brechen sie ab bei der Situation, wo A 5 Siege und B 3 Siege aufzuweisen hat. Wie soll die Summe aufgeteilt werden?». Die Antwort im Buch (5:3) ist aus der Sicht der Wahrscheinlichkeitsrechnung falsch. Luca Pacioli war im Proportionalitätsdenken zu Hause. Erst nach 1650 wurde das Rätsel der Wahrscheinlichkeits-Rechnung gelöst. Dies zeigt der Wechsel vom Denken in Relationen zum quantitativen Denken.

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Stockalper Stockalper stammt aus einer Walliser Patrizierfamilie, die früher eine Stockalpe auf dem Simplon Pass besass. Daher der Name. Mit 20 beschloss er seine Ausbildung an der Jesuitenakademie in Freiburg im Breisgau, beherrschte sechs Sprachen und wollte in die Politik in Brig. Das Wallis war mittendrin im Kräftefeld der Grossmächte: im Westen die Habsburger mit Spanien, Herzogtum Mailand und die spanischen Niederlande; Frankreich versucht sich von dieser Umklammerung zu befreien. Die Pässe im Osten waren in die Kriegswirren verwickelt und fielen aus. Da erkannte Stockalper die strategische Bedeutung des Simplonpasses. Die enge Verzahnung von Politik und Geschäft war der eine Pfeiler seines Erfolges, der andere das Anwenden der Schuldenfalle: oft gewährte er den Bauern grosszügig Darlehen, liess die Zinsen auflaufen bis zu jenem Punkt, wo er das Land den Bauern entreissen konnte. So wurde er der grösste Immobilienbesitzer im Wallis. Simplontransit, Salz und Söldnerwesen waren seine drei Gebiete, mit denen er einen gewaltigen Reichtum anhäufte. All dies ist aus seinen Rechnungsbüchern im Detail ersichtlich, die er akribisch genau selber führte. Skrupel? Da hatte er keine. Denn die jüngste Erkenntnis der win-win Situation war ja sein Lebensmotto: «Sospes lucra car- pat» – Gottes Günstling soll die Gewinn abschöpfen. Motto und Anagramm seines Namens. Drohungen, Bestechung, Patronage, Schiergelder, Stimmenkauf gehörten zum Arsenal seiner Tätigkeit. Bis seine Mitbürger 49


nicht mehr mitmachten. Stockalper ist ein Beispiel für die neue Geldordnung, wirtschaftlich, gesellschaftlich und spirituell. Noch heute zeugt der überdimensionierte Palast in Brig von seinen Ambitionen. Auf der positiven Seite hat er erkannt, dass die Schweiz als kleines Staatswesen im Zentrum des Kontinents, umgeben von Grossmächten, einen opportunistischen Umgang mit seinen Nachbarn fahren muss. Auf der negativen Seite verkörpert er den neuen Umgang mit Geld, mit dem Drang nach immer mehr Profit, Kontrolle und andauernder Kapitalakumulation.

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Stockalpers Handelsund RechnungsbĂźcher, FaksimileAusgabe, Hg. Forschungsinstitut zur Geschichte des Alpenraums

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Tauschmittel Denkform

Tauschwert

Ein Quantum Nichts

Kredit

Finanzwirtschaft

GELD

Machtwort

Zwischen Menschen

Mehr Wert

Konkurrenz VerfĂźgungsmacht

Ausschliessung


4 12 Eigenschaften des Geldes, 12 Thesen


1 Geld existiert seit 500 Jahren

Unser modernes Geld ist zu Ende des Mittelalters in Europa entstanden, im Zusammenhang mit dem Brechen der Feudalwirtschaft und dem Aufkommen der Marktwirtschaft. Im Mittelalter benutzte man Münzen, von gr. nummus = Normierung. Man sprach von Gelt, WAS IST GELD ?

von gelten, abgelten. Das

Zwölf MoneyMuseum-Thesen

Überleben des Einzelnen

Basierend auf den Recherchen von Eske Bockelmann entstanden 21 Videos, bzw. Texte zum Thema Geld. 12 Thesen werden davon abgeleitet zum tieferen Verständnis. Format: 99 x 210 mm, Leporello, 6 Seiten, Jahr: 2019

hängte nicht von Münzen ab. Abgelten und Vergelten konnte man auch mit andern Gegenständen als Münzen. Märkte gab es zwar auch, auf denen man Waren mit Münzen kaufen konnte; aber flächendeckend waren sie nie. Ein Aufbau von Geschäften, die Profit machen mussten, waren unbekannt. Die Leute lebten noch in der win-lose Vorstellung, dass der Gewinn des einen der Verlust eines andern sein muss. Die Um-

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stellung auf die win-win

waren und blieben leicht un-

Situation, wie wir sie von der

ausgeglichen. Freundschafts-

Informationsverbreitung her

preis könnte man sagen.

kennen, kam langsam und

Höker dagegen nannte man

sie war neu. Für die Entwick-

Leute, die mit Geld liquidie-

lung unseres Geldes war der

renden Handel betrieben,

Nationalstaat entscheidend:

Kleinhändler. Sie mussten

nur dieser konnte ein Münz-

aus Münzen mehr Münzen

und Geldmonopol erzwingen,

machen, eine Sünde im Mit-

und ohne Geldmonopol kein

telalter. Sie wurden gering-

Geld im modernen Sinn.

geschätzt. Um 1500 setzte da ein Wandel ein.

2 Geld ist nicht

aus dem Tausch entstanden

3 Geld ist zu einem

Medium geworden

Tausch spielte in der traditionellen Gesellschaft eine

Geld ist zwar ein Tauschmittel,

untergeordnete Rolle. In der

aber nicht nur Tauschmittel.

Antike und im Mittelalter

Es ist ein Medium geworden

war der Tausch zwar bekannt,

mit sozialen und kulturellen

aber nie entscheidend für

Implikationen. Marktwirt-

die Menschen. Man unter-

schaft ist Geldwirtschaft. Zum

schied zwischen Tausch mit

Erklären dient die Analogie

Fremden und Tausch mit

vom Fisch im Wasser; der

Freunden. Tausch mit Freun-

Fisch merkt das Wasser erst,

den war streng nicht-liquidie-

wenn keines mehr da ist. So ist

rend, d. h. der Tausch vollzog

der moderne Mensch umge-

sich nicht nach einem festen

ben vom Geldsystem, es leitet

Preis, sondern die zwei Seiten

ihn und zwingt ihn nach der 55


Logik des Geldes zu handeln –

Ökonom vom Philosophen

ohne dass er sich dessen

Adam Smith, dem Begründer

bewusst ist. Deshalb haben

der modernen Ökonomie,

Schriftsteller mit ihren Ge-

zum mathematisch ausgebil-

sellschafts-Romanen eben-

deten Spezialisten entwickelt,

so Aussagekraft wie Wissen-

der nur Messbares gelten

schaftler, und sind öfter

lassen will und kann.

sogar bekannter als diese.

4 Eine Geldtheorie wird dringend benötigt

Benötigt wird eine Geldtheo-

5 Die Zukunft des

Geldes beinhaltet die Zukunft von Eigentum und des staatlichen Geldmonopols

rie, die interdisziplinär arbeitet, die auf unterschiedlichs-

Die drei hängen zusammen.

ten Perspektiven beruht. Sie

Das heutige Geld ist an das

soll nicht nur die Funktions-

Geldmonopol des National-

weise des Geldes erklären,

staates gebunden sowie an das

sondern auch Eigenschaften

unbedingte Privateigentum.

des Geldes aufzeigen, die

Privateigentum und Geld-

Wirkungsweise und Folgen

monopol bedingen einander,

des Geldsystems, die inneren

denn der moderne Mensch

Zwänge, die Vor- und Nachtei- soll einem andern Eigenle. Die universitäre Entwick-

tümer alles abkaufen können,

lung hat sich in die gegen-

aber nur mit staatlichem Geld.

teilige Richtung entwickelt:

Ohne klar definierte Eigen-

immer stärker in die Spezia-

tumsrechte funktioniert die

lisierung, immer weniger

kapitalistische Welt schlecht.

geneigt zum interdisziplinä-

Beispiele dazu gibt es an

ren Teamwork. So hat sich der

vielen Orten dieser Welt.

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6 Der Wachstums-

zwang in der Wirtschaft kommt nicht vom Zins oder der menschlichen Gier

7 Geld muss

zu mehr Geld werden

Geld ist Kapital, das wachsen muss. Das ist der grosse Unterschied zu Antike und

Der Zwang zum Wachstum

Mittelalter: dort dienten die

in der modernen Wirtschaft

Münzen nicht als Kapital,

kommt von der Tatsache,

es war nicht ausgelegt zum

dass Güter verbraucht werden

Erreichen eines Profits. In der

nach der Transaktion, Geld

«neuen Zeit» aber begann

aber nicht. Nach dem Restau-

Geld plötzlich als Kapital zu

rant-Besuch zum Beispiel

dienen, das auf Profit aus ist.

ist der Teller leer, die Flasche

Es gab einer ganzen Periode

ausgetrunken; aber das Geld,

den Namen: Kapitalismus.

das ich dem Wirt dafür bezahlt habe? Es existiert weiter. Der Wirt wird es auch ausgeben, um Produkte und Dienst-

8 Das moderne Geld ist Kreditgeld

leistungen einzukaufen.

Schon kurz nach 1500 war

Das Geld wird immer wieder

das Kreditvolumen grösser als

Eigentum eines andern, und

das Münzvolumen. Denn die

jeder Eigentümer muss es

wirtschaftlichen Aktivitäten

auf seine Weise vermehren.

nahmen zu, die umlaufenden

So häuft sich Geld exponen-

Münzen konnten den Bedarf

tiell an. Der Ökonom spricht

oft nicht decken. So schrieb

von Geldumlauf-Geschwin-

man an, d. h. das Kreditvolu-

digkeit und misst nur das

men nahm zu. Aber mit Kre-

ursprünglich ausgegebene

ditgeld braucht es eine immer

Geld.

grössere Finanzwirtschaft, da 57


die reale Wirtschaft keinen

Denn ohne Geld ist nicht ans

gleichzeitigen Bedarf hat für

Überleben in der modernen

so viel Geld. Börsen entstan-

Gesellschaft zu denken. Damit

den nach 1600. Geld in der

bringt Geld Verfügungsmacht

Finanzwelt ist eigentlich

über die Arbeitskraft anderer.

kein Geld, man bezeichnet es ja auch als Finanzen; nur für einen kurzen Augenblick, wenn Finanzen in Geld ge-

10

Geld bedingt die soziale Ausschliessung

wechselt werden für einen

Was Menschen über Geld

Tausch in der realen Welt, ist

bekommen, und das ist fast

es Geld, um gleich wieder in

alles, davon müssen sie vor-

der Finanzwelt nach weiteren

her ausgeschlossen werden.

Profitmöglichkeiten Ausschau

Damit sie es kaufen können,

zu halten.

mit Geld. Durch die ungleiche

9 Geld bringt Ver-

fügungs-Macht über die Arbeitskraft anderer

Verteilung des Geldes aber fühlt sich manch einer sozial ausgeschlossen, denn der Mensch ist ein soziales Wesen, abhängig von der sozialen

Die einen verfügen über

Integrierung in eine grössere

Eigentum, das sie verkaufen

Gemeinschaft. Wir nennen es

können, um an das benötigte

Spaltung der Gesellschaft, ein

Geld zu kommen. Die meisten soziales Problem, das sich Menschen haben aber nur

heute vermehrt Luft macht.

sich selber, ihre Arbeitskraft.

Goethe hat das soziale Prob-

Die allermeisten sehen sich

lem als erste Priorität des 19.

gezwungen, die eigene Ar-

Jahrhunderts erkannt; das

beitskraft einem andern gegen Geld erkannte er als die noch Geld zur Verfügung zu stellen. 58

grössere Problematik, sein


Werk darüber wollte er aber

desto stärker dieser Reflex,

erst posthum veröffentlicht

alles in einer Einheit zu sehen

wissen. Heute ist die Brisanz

– quantifizierbar, aber ohne

voll ersichtlich.

Inhalt. Wir nennen es das

11 Geld bedingt Konkurrenz

funktionale Denken, bei dem der Inhalt beliebig austauschbar ist. Dieses Denken tendiert dazu auch dort angewen-

Geld bedingt Konkurrenz

det zu werden, wo es sich gar

unter den Mensch, da jeder

nicht um eine Geldtransaktion

zu Geld kommen muss von

dreht. Am besten erklärt es

andern, genau wie jeder

Eske Bockelmann, er bringt es

andere auch. So wird jeder

in sieben Minuten genau auf

andere, der eine ähnliche

den Punkt; unter dem Link:

Dienstleistung erbringt oder

snips.ly / denkform

Produkt verkauft, zu meinem potentiellen Konkurrenten. Es ist leicht vorzustellen, was für eine Gesellschaft sich tendenziell daraus entwickelt.

12 Geld erzeugt

eine bestimmte Denkform

Der moderne Mensch denkt «in Geld», das heisst er reduziert das meiste auf einen Massstab. Dieser Massstab ist eine reine Zahl. Je umfassender der Umgang mit Geld, 59


WAS IST GELD? Zwölf Begriffe Arbeitsheft

WAS IST GELD? von Eske Bockelmann Die Sunflower Foundation hatte vor vielen Jahren einen Gesprächskreis eingerichtet, der sich mehrmals im Jahr traf. Es waren Kolleginnen und Kollegen aus den unterschiedlichsten Disziplinen – Sozial-Anthropologie, Ökonomie, Psychologie und der Gegenstand, der sie zusammenführte, war der des Geldes. Nämlich Geld kritisch zu betrachten. Nicht eine Geldkritik zu üben, sondern Geld:kritisch. Von diesen Diskussionen und basierend auf eigenen Recherchen formulierte Eske Bockelmann 21 Video Vorträge zu je vier Minuten, die hier präsentiert werden.

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Geld ist so real, wie etwas nur real sein kann. Zugleich aber ist es irreal, eine nur imaginäre Grösse. Das scheint ein Widerspruch zu sein, das scheint unmöglich zu sein. Aber es ist nicht nur möglich, sondern es gehört zum Kern des Geldes – und es ist ausserordentlich wichtig, das zu erkennen. Eske Bockelmann definiert zwölf Begriffe, die man kennen muss, um über Geld diskutieren zu können.




5 Die Zukunft des Geldes und die Postmoderne. Von Tausch zu Austausch.


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Heutiger Tausch ist ein Tausch von Äquivalenten. Er findet statt mit Hilfe von Nominal-Geld. Früher war ein Tausch immer ein Austauschen und basierte auf Schätzung. Das Geld der Zukunft wird wieder ein Austausch-Medium sein, bei dem die Schätzung, das Bedürfnis eine wichtige Rolle spielen wird. Ein Geldmonopol des Staates wird es nicht mehr geben, die Aufgaben des Staates werden sich grundlegend ändern. Wie stellen Sie sich die Rolle des Staates vor? Wie funktioniert der soziale Ausgleich? Wie kommt die Landes-Verteidigung zustande? Wer ist für die Bildung verantwortlich? Wer finanziert? Wie funktioniert das Gesundheitswesen? Kosten für Pflege und Forschung? Wer baut die Infrastruktur?

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Die Welt hängt heute in einem geradezu unvorstellbaren Masse von Geld ab. Was bedeutet das? Die Sunflower Foundation stellt sich dieser Frage.

www.sunflower.ch


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