symposion
Meister einer vergessenen Generation
K
eine gute Zeit hatte er sich da ausge sucht, der kleine Johann Adolf Hasse. Im März 1699 wurde er in HamburgBergedorf geboren, vierzehn Jahre nach den drei großen Bach, Händel und Scarlatti, elf bzw. fünfzehn Jahre vor den Opernreforma toren Gluck und Pergolesi. Zwischendurch will die Musikgeschichte keine bedeutenden Kompo nisten vermelden. Auch nicht ihn. Denn Hasse galt zwar seinen Zeitgenossen als einer der Großen, im Alter wurde er aber zu einem berühmten Veralteteten, um bald darauf ganz vergessen zu werden. Hasse feierte seine Erfolge mit Opern, die er in der Form gestaltete, wie sie sein ein Jahr älterer Freund Pietro Metastasio formelhaft festge legt hatte: Das verwickelte dramatische Ge schehen im historisch-fürstlichen Ambiente findet in langen, nur vom Generalbass beglei teten dialogischen Rezitativen statt. In den Arien herrscht Affekt-Stillstand, die Figuren reflektieren ihren gegenwärtigen Seelenzu stand. Als dann seit der Mitte des Jahrhun 30
derts die Opernreformer um Gluck kamen, sahen Hasses Werke plötzlich ebenso alt aus wie die Dichtungen Metastasios. Dabei wurden leider auch die teils sehr vir tuosen, oft wundervollen Arien Hasses ver gessen. Erst seit kurzer Zeit hat man wieder die Gelegenheit, sie zu erleben. Im Rahmen der Wiederentdeckung der Kunst der Kastraten sind meist auch Hasses Arien in den CD-Programmen zu fin den. Ob bei Vivica Genaux, Simone Kermes oder Philip pe Jaroussky, stets zeigt sich, dass Hasse den Vergleich auch mit Händel nicht scheu en muss. Kein Wunder, dass viele dieser Kastraten es liebten, Hasses Musik zu sin gen – auch der berühmteste von allen, Farinelli. In seinem täglichen Konzertprogramm, das er für Kö nig Philip in Spanien gab, fand sich immer auch eine Hasse-Arie. Ob diese Affinität daher rührte, dass Hasse einer der wenigen großen Kompo nisten nach der Renaissance war, der selbst als Sänger begann? In der Oper am Gänse
Foto: PD
Der Bergedorfer Johann Adolf Hasse und die Oper von Klemens Hippel