Mauerfall 30 Jahre

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30 JAHRE FRIEDLICHE REVOLUTION ANZEIGEN-SONDERVERÖFFENTLICHUNG

Große Bühnenshow Engagierte Künstler am Brandenburger Tor S. 4

Sieben Tage – sieben Orte So werden die Schauplätze von 1989 wieder lebendig S. 6

Das volle Programm! Veranstaltungen in der Festivalwoche S. 8


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FREITAG, 1. NOVEMBER 2019 I ANZEIGEN-SONDERVERÖFFENTLICHUNG

Friedlicher Weg

ZUR FESTIVALWOCHE

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L ANDESARCHIV BERLIN

as tritt nach meiner Kenntnis… ist das sofort, unverzüglich!“ – dieser SchabowskiSatz vom 9. November 1989 ist die Wasserscheide jenes Wendeherbstes, der Fall der Mauer an diesem Abend teilt die kollektiven Erinnerungen in Ost und West in Vorher und Nachher. Und kaum einer, der nicht weiß, Klaus Lederer wo er an jenem Abend und jener freudentrunkenen Nacht vor 30 Jahren war. Einer der glücklichsten Momente der deutschen Geschichte sei es gewesen, heißt es. Und als die Politik in den folgenden Wochen über die Anarchie siegte, Prozesse in Bahnen lenkte… dauerte es kaum ein Jahr bis zur Wiedervereinigung von DDR und BRD. Was sich abschliff, recht schnell abschliff, war, dass jener glückliche Moment, der die Teilung beendete, Jahre an Vorlauf hatte. Und nicht zwingend auf dieses Ziel ausgerichtet war. Es waren Jahre voller Diskussionen und Arbeit in Kirchen- und Umweltgruppen, in Bürgerrechtsgruppen. Arbeit, die gefährlich war, für die Mutigen, die sie taten. Und die mehr wurden, sich raustrauten – in Leipzig und Berlin, montags, dann täglich. Der Mut der Wenigen, die Rufe der Vielen. Der 7. Oktober mit den brutalen Polizeieinsätzen in Berlin, der 4. November auf dem Alex und schließlich der 9. November… Wegmarken unserer Geschichte. Der Rückblick nach 30 Jahren lässt uns staunen: Was wurde geschafft? So viel! So wenig! Der Zauber fallender Mauern übertrug sich nicht auf die Welt. Aus der Freude über die friedliche Vereinigung wächst wieder die feindliche Abgrenzung gegenüber den vermeintlich Anderen. Und längst nicht für alle lief es gut in den letzten 30 Jahren. Grund genug zum Jubiläum genauer hinzusehen. Nicht nur den Fall der Mauer zu feiern. Den Weg dorthin, die Route der Revolution, und ihre wichtigen Orte einbeziehen… ist die richtige Entscheidung, wie ich finde. Diese Beilage zeigt Ihnen das Wo und Was, kann Ihnen und mir helfen den Erinnerungen nachzuspüren, Neues zu erfahren, alte und neue Wege zu gehen. Was aber auf jeden Fall bleibt, ist, dass vor 30 Jahren Menschen mit friedlichem Protest ein diktatorisches, parteibürokratisches Regime in die Knie gezwungen haben. Das feiern wir!

Im Herbst 1989 erkämpften sich mutige Menschen lang verwehrte Rechte

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er 4. November 1989 ist ein relativ warmer Tag, eine Durchschnittstemperatur von 10 Grad meldet die Wetterstation am Alexanderplatz. Als Markus Wolf, in Wollpullover und Trenchcoat gehüllt, die provisorische Rednertribüne hier betritt und seine Hände zittern, kann das also nicht an niedrigen Temperaturen liegen. Der Grund sind vielmehr die Menschenmassen, die sich seit dem Vormittag auf der größten nichtstaatlichen Demonstration drängen, die die DDR je gesehen hat: Künstler und Schauspieler haben sie angemeldet, mehrere Hunderttausend demonstrieren für Meinungs-, Versammlungsfreiheit und für die Demokratisierung der DDR. Als langjähriger Leiter des Auslandsgeheimdienstes HVA verkörpert Wolf, der seit seinem Ausscheiden aus dem Nachrichtendienst 1986 für Reformen eintritt, für viele aber die repressive Seite der DDR – als er aufs Podium tritt, ertönen Pfiffe. „Als ich sah, daß seine Hände zitterten, weil die Leute gepfiffen haben, da sagte ich zu Jens Reich: So, jetzt können wir gehen, jetzt ist alles gelaufen. Die Revolution ist unumkehrbar“, erinnert sich die Bürgerrechtlerin Bärbel Bohley später an ein Gespräch mit dem Mitbegründer der Bürgerbewegung „Neues Forum“, Jens Reich. Tatsächlich gilt die Demonstration vom 4. November als Meilenstein der Friedlichen Revolution, in der DDR-Bürger bislang verwehrte Freiheiten erkämpften und an deren Ende die Abschaffung der SEDHerrschaft stand. „Die historische Bedeutung dieser Kundgebung für den Erfolg der Revolution ist hoch einzuschätzen“, schreibt der Historiker Ilko-Sascha Kowalczuk. 30 Jahre später lebt die eindrucksvolle Szenerie am Alexanderplatz wieder auf: Großflächige 3D-Videoprojektionen mit historischen Filmaufnahmen und eindrucksvollen Licht- und Soundeffekten werfen Besucher mitten

Ein heißer Herbst Zentrale Ereignisse der „Friedlichen Revolution“

Die Alexanderplatzdemonstration war ein Meilenstein – nun lebt die Szenerie am Originalschauplatz wieder auf.

in die Ereignisse vom November 1989. Die Festivalwoche von Kulturprojekte Berlin macht an sieben Tagen die Geschichte der Friedlichen Revolution und des Mauerfalls an sieben Orten erfahrbar, wo sie stattgefunden hat: Von den Formierungsprozessen der DDR-Opposition, die an der Gethsemanekirche im Fokus stehen, über die größte Protestdemonstration am 4. November 1989 auf dem Alexanderplatz, bis zu den Freudenszenen der Maueröffnung am Brandenburger Tor. Dazu gehören genauso die ersten Begegnungen von West- und Ost-Berlinern am Kurfürstendamm. Der Bogen spannt sich über die Besetzung der Stasi-Zentrale in Lichtenberg am 15. Januar 1990 bis zum wohl größten Erfolg der Friedlichen Revolution, den erstenfreien Wahlen und der anschließen-

den Konstituierung des ersten frei gewählten Parlaments der DDRGeschichte am Schlossplatz. Die East SideGallery steht schließlich für den symbolträchtigen Akt der kulturellen Aneignung. „Geschichte lässt sich am besten an Originalschauplätzen erzählen. Um die Friedliche Revolution zu verstehen und das Mauerfall-Jubiläum zu feiern, werden wir die Ereignisse von 1989/90 genau dort erzählen, wo sie passiert sind. An sieben Tagen, an sieben Orten“, erläutert Moritz van Dülmen, Geschäftsführer der Kulturprojekte Berlin GmbH. Mit über 200 Veranstaltungen, sieben Open-Air-Ausstellungen, 3D-Videoprojektionen an Häuserfassaden, 30.000 im Himmel schwebenden Botschaften als Teil einer Kunstinstallation, Augmented Reality-Projekten sowie der Bühnenshow am Abend des 9. Novem-

In Prag verkündet der deutsche Außenminister Hans-Dietrich Genscher DDR-Bürgern, die in die dortige Botschaft geflohen sind, „dass Ihre Ausreise heute möglich geworden ist.“ Bald darauf rollen die ersten Züge aus Tschechien nach Westdeutschland.

04.09.1989 In Leipzig kommt es nach einem Friedensgebet erstmals zu einer als solchen bezeichneten Montags­ demonstratration.

ber am Brandenburger Tor erinnern die Feierlichkeiten auf vielfältigste Weise an die Menschen, die 1989 in der DDR der SED-Diktatur mutig die Stirn boten, auf die Straße gingen und mit einer friedlichen Revolution die Mauer zu Fall brachten. Zugleich gedenken sie der Opfer des tödlichen Grenzregimes und aller anderen Opfer der kommunistischen Diktatur. Vielschichtiger Prozess Wenn stadtweit die Friedliche Revolution gefeiert und an die Ereignisse von 1989 erinnert wird, rückt dabei ein vielschichtiger Prozess ins Zentrum, der an vielen Orten stattfand. Er lässt sich etwa bis ins Moskau des Jahres 1985 zurückverfolgen, als Michail Gorbatschow, Chef der Kommunistischen Partei (KPdSU) unter den Schlagworten „Glasnost“ und

Die DDR begeht ihr 40-jähriges Jubi­ läum – doch manchem ist nicht zum Feiern zu Mute. In Berlin demonstrieren Tausende für demokratische Reformen – und werden unter den Augen anwesender Medien niedergeknüppelt.

30.09.1989 Bild: Bundesarchiv, Bild 1831989-1023-022 / Friedrich Gahlbeck / CC-BY-SA 3.0

Klaus Lederer, Kultursenator

07.10.1989 02.10.1989 Bei einer erneuten Montagsdemonstration in Leipzig nehmen 10 000 Menschen teil. Es kommt zur Gewalt von Sicherheitskräften gegen Demonstranten.

18.10.1989 Nach der Absetzung Erich Honeckers wird Egon Krenz neuer General­ sekretär des Zentralkomitees der SED und kündigt neue Reisebestimmungen für die DDR an.


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in die Freiheit

3 FRAGEN AN...

...Peter Kolski

– 30 Jahre später erwachen einige ihrer Handlungsorte in Berlin zum Leben

T H O M A S W I E S E N A C K , C C B Y- S A 3 . 0 D E ; K U LT U R P R O J E K T E B E R L I N U N T E R V E R W E N D U N G E I N E S F O T O S V O N H A R F Z I M M E R M A N N U N D HISTORISCHEN FOTOS VON ANDREAS KÄMP

„Perestroika“ die Grundlagen für eine neue politische Kultur legt. Und er führt ins Leipzig des Herbstes 1989: Die Friedensgebete, die hier seit Jahren stattfinden, werden ab Anfang Oktober zum Ausgangspunkt der Montagsdemonstrationen, bei denen wöchentlich zehntausende Menschen auf die Straße gehen. Doch gerade in Berlin, das machen die Angebote an den sieben Orten deutlich, verdichten sich die Ereignisse besonders. Zum Beispiel an der Gethsemanekirche, wo am 7. Oktober 1989 regelrechte Menschenjagden auf Demonstranten stattfinden. Die Stadt ist an diesem Tag das Epizentrum der Feierlichkeiten zum 40. Jahrestag der DDR. Von einer pompösen Tribüne aus wohnen Staatschef Erich Honecker und weitere SED-Honorationen

einer Militärparade zum Jubiläum bei. Doch wie im Rest des Landes ist auch in Berlin vielen Menschen nicht zum Feiern zu Mute. Während sich die Mitglieder des Politbüros im Palast der Republik ans Buffet begeben, rufen draußen Demonstranten Parolen: „Wir sind das Volk“ oder „Wir bleiben hier.“ Das klingt wie eine Drohung: Eine gute Woche zuvor durften DDRBürger, die in die deutsche Botschaft in Prag geflüchtet waren, in die Bundesrepublik ausreisen. Nun fordern sie Reformen, hier und jetzt. Die Gesprächsbereitschaft der DDR-Führung hält sich in Grenzen. Kaum hat der KPdSUVorsitzende Michail Gorbatschow, der als Reformpolitiker der Hoffnungsträger vieler Demonstranten ist, die Feierlichkeiten verlassen, gibt Stasi-Chef Erich Mielke das Kommando zum Losschlagen:

„Jetzt ist Schluss mit dem Humanismus.“ Dynamische Ereignisse Die Dynamik der Ereignisse zeigt sich, wenn wenig später ganz andere Töne angeschlagen werden: Der am 17. Oktober gestellte Antrag von mehreren Theaterleuten, eine Demonstration abzuhalten, wird genehmigt. Nun ist der Weg frei für jene legendäre Großdemonstration, auf der die Hände des langjährigen HVA-Chefs Markus Wolf zu zittern beginnen und auf der auch weitere Vertreter der bestehenden Ordnung auftreten. Einer von ihnen wird bald zur zentralen Figur der Friedlichen Revolution: Günter Schabowski. Es ist der Abend des 9. November 1989 und Schabowski, seit drei Tagen „Sekretär des ZK der SED für Informationswesen“,

lädt zur Pressekonferenz. Es geht um eine neue Übergangsregelung für die Ausreise aus der DDR. Schabowski glaubt, ein kurz zuvor ausgearbeiteter Entwurf sei bereits bekannt. In dieser falschen Annahme trägt er der versammelten Presse und dem Publikum, das die Konferenz am TV-Bildschirm und im Radio verfolgt, vor, dass „es jedem Bürger der DDR möglich“ sei, „über Grenzübergangspunkte der DDR auszureisen.“ Als ein Journalist nachhakt, ab wann diese Regelung gelte, spricht Schabowski einen legendär gewordenen Satz: „Das tritt nach meiner Kenntnis – ist das sofort, unverzüglich.“ Tausende Menschen im Ostteil Berlins strömen daraufhin zur Grenze und versuchen den verdutzten Sicherheitskräften Schabowskis Ausführungen zu verdeutlichen. Am Grenzübergang Bornholmer Straße dürfen die ersten Menschen gegen 21:20 Uhr passieren; bald werden die Passkontrollen eingestellt – die Mauer ist offen. Mittelfristig ist damit das Ende der DDR besiegelt, die ein knappes Jahr später der Bundesrepublik beitritt. Viele der Menschen, die 1989 auf die Straße gingen, hatten genau das nicht gewollt, ihnen schwebte eine Reformierung des bestehenden Systems vor. Nicht alle Hoffnungen aus dem Herbst 1989 sind in Erfüllung gegangen. Aber vor 30 Jahren wurden die besten Voraussetzungen geschaffen, die es jemals gab, um Deutschland zu gestalten. So geht es anlässlich des 30. Jubiläums immer auch um die Inspirationen, die von den mutigen DDR-Bürgern bis heute ausgehen. Wenn Kulturprojekte Berlin nun an sieben historische Orte lädt, lässt sich in den nächsten Tagen auf ihren Spuren wandeln. Wo und wie welche Veranstaltungen stattfinden und welche Angebote es noch geben wird, erfahren Sie in dieser Beilage! Philip Aubreville

04.11.1989

09.11.1989 06.11.1989

Der Entwurf eines neuen Reise­ gesetzes wird veröffentlicht. Vielen Bürgern gehen die Vorschläge nicht weit genug, es kommt zu einer ­Massendemonstration in Leipzig.

Bild: Bundesarchiv, Bild 1831989-1109-030 / Lehmann, Thomas / CC-BY-SA 3.0

Auf einer Pressekonferenz verkündet Günter Schabowski, eine neue Ausreiseregelung sei „ab sofort“ gültig. Tausende Berliner stürmen zur Grenze, die schließlich geöffnet wird. Die Mauer ist gefallen.

Bild: Bundesarchiv, Bild 183-19840704-400 / CC-BY-SA 3.0

Auf dem Alexanderplatz findet die größte nicht-staatliche Massenkundgebung statt, die es in der DDR je gab. Unter den Rednern finden sich Vertreter der Opposition, aber auch der SED-Führung.

03.10.1990 Ein knappes Jahr nach dem Fall der Mauer erfolgt der Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland. Die „deutsche Einheit“ ist unter ehemaligen Oppostionellen umstritten.

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olski hat mit seiner Firma BetaRoom die „MauerApp“ entwickelt, die per Augmented Reality auf dem Smartphone oder Tablet virtuell erfahrbar macht, wo die Mauer verlief. Zusätzlich erzählen interaktive Geschichten vom Leben mit der Mauer – zur Festivalwoche gibt es fünf Sonderepisoden! Die App gibt es kostenlos unter www.mauar.berlin

Welche Idee steckt hinter der MauerApp? Um das Vergangene dieser Stadt für PRIVAT die Nachwelt Peter Kolski erlebbar zu machen, bietet Augmented Reality (AR) eine noch nie dagewesene Form. Man kann durch das Smartphone das wahrhaftige Gefühl bekommen vor der Mauer zu stehen. Doch das alleine reichte uns nicht, um das Gefühl der geteilten Stadt aufleben zu lassen. Deswegen haben wir einen AR-Film entwickelt, bei dem man anhand von zwei Protagonisten aus Ost und West die Auswirkungen auf ihr Leben miterleben kann.

Wie lässt man die heute größtenteils verschwundene Mauer digital wiederaufleben? Wir hatten viel Motivation etwas Nützliches zu schaffen. Es war ja nicht nur technisch eine große Herausforderung, sondern bedurfte jede Menge Recherche. Und den Pioniergeist, eine neue Kunstform zu schaffen auf einem Medium, wo es noch nicht so viel Erfahrung gibt. Dafür haben wir etliche Versuche gemach, aber wir haben nie aufgegeben, da diese App auch ein Stück unserer Berliner Lebensgeschichte berührt.

Ihre App gibt es seit dem Sommer. Welches Feedback gab es bislang und welche Bilanz ziehen Sie selbst? Letztens hat ein junges Mädchen durch mein iPad die Mauer in AR gesehen und mit strahlenden Augen „WOW“ gesagt. Man konnte richtig sehen, dass ihr Interesse für die Geschichte schlagartig auf eine andere Ebene stieg. Auch gab es bewegende E-Mails von Leuten, die sich an die Zeit des geteilten Berlins zurückversetzt gefühlt haben. Da diese Art der Erzählung Neuland ist, findet man immer etwas, was man noch anpassen will. Es hat sich jedoch gezeigt, dass unser Werk richtungsweisend ist.

Die Fragen stellte Philip Aubreville


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s waren mutige und engagierte Menschen, unter deren Druck das Grenzregime der SED-Diktatur am 9. November 1989 zusammenbrach. Zum 30. Jahrestag der Friedlichen Revolution findet am Brandenburger Tor eine außergewöhnliche Bühnenshow statt, die von diesem Engagement erzählt – mit engagierten Künstlern, die auch im Jahr 2019 etwas zu sagen haben. Auf das Publikum wartet eine etwa zweistündige crossmediale Inszenierung, in denen mit musikalischen Acts, aber auch mit Schauspiel- und Lichtperfomances ein Teil deutscher Freiheitsgeschichte erzählt wird. Eröffnet wird das Programm um 17:30 Uhr von Banda Internationale. Die gut 15-köpfige Band aus Dresden wurde einst als Reaktion auf die immer größer werdenden Neonaziaufmärsche in der sächsischen Landeshauptstadt gegründet und trat diesen Aufmärschen mit einer Musik entgegen, die durch internationale Einflüsse geprägt ist. Auch die Besetzung zeichnet sich durch Internationalität aus – seit 2015 stießen zahlreiche Musiker zur Band, die zuvor aus Ländern wie Syrien, Iran oder Burkina Faso geflüchtet waren. Die eigentliche Bühnenshow beginnt dann um 18 Uhr. Schon der Umstand, dass mit Marianne Birthler die ehemalige Bundesbeauftrage für die Stasi-Unterlagen eine Ansprache hält, macht klar: Hier geht es auch um die Erfahrungen und Erlebnisse von Zeitzeugen, die in der Show ebenfalls eine Rolle spielen. So wird Michael Heinisch-Kirch zu Wort kommen, der aufgrund seiner Herkunft aus einer Pfarrersfamilie und der Verweigerung der Mitgliedschaft in DDR-Pflicht-Organisationen früh Ausgrenzung in der DDR-Diktatur erfuhr. Von seinen Eindrücken berichtet er im

M O N I K A R I T T E R SH AU S; @ W W W.K I T S C H K R I E G.D E

Die Staatskapelle Berlin unter Leitung von Daniel Barenboim und Trettmann zählen zu den Acts der Bühnenshow.

Die Freiheit feiern Das Brandenburger Tor wird zur Kulisse für ein multimediales Bühneprogramm Gespräch mit ZDF-Chefredakteur Peter Frey. Die Ereignisse der DDR-Geschichte werden aber auch auf weitere Arten zum Leben erweckt: Untermalt mit historischem Bildund Filmmaterial spielt etwa die Staatskapelle Berlin unter Leitung von Daniel Barenboim im Laufe des Abends Beethovens 5. Sinfonie. So wird ein zeitgeschichtlicher Bogen gespannt – vom Bau der Mauer über die Zeit der getrennten deutschen Staaten bis hin zum Mauerfall. Vor dem imposanten Videodome, auf den Filme, Fotos und Botschaften projiziert werden, treten dann auch weitere Künstler auf,

die den Abend mit einem abwechslungsreichen Programm gestalten. Den Anfang macht Dirk Michaelis – der gebürtige Chemnitzer war von 1985 bis 1991 Frontmann der Rockband Karussell, die weit über die DDR hinaus Kultstatus erlangte. Der von ihm komponierte Hit „Als ich fortging“ wurde 1989 zur Hymne der Fluchtbewegung – beim Auftritt am Brandenburger Tor wird Michaelis eine Pianonversion des Songs darbieten. Neben Michaelis tritt mit den Zöllnern ein weiterer Act auf, der in der DDR sozialisiert wurde. Die Ost-Berliner Band um Sänger, Texter und Komponist Dirk Zöllner ist seit Mitte der 1980er Jahre

nin unterschiedlichen Konstellationen Bestandteil der deutschen Musikszene. Und mit Anna Loos, die nicht nur als Moderatorin durch das Programm führt, sondern auch selbst auf der Bühne musiziert, tritt eine weitere Künstlerin auf, deren Wurzeln in der DDR liegen: (siehe Interview unten): Aufgewachsen in Brandenburg an der Havel, flüchtet die damals 17-Jährige 1988 über die Tschechoslowakei, Ungarn und Österreich aus der DDR in die Bundesrepublik Deutschland. 2005 wurde sie Nachfolgerin von Sängerin Tamara Danz bei der Ost-Berliner Band Silly, eine der bekanntesten Rockgruppen in der DDR. Im März 2019 erschien

ihr Soloalbum „Werkzeugkasten“, aus dem sie am 9. November unter anderem die Songs „Mut von Helden“ singen wird. Mit dem Auftritt politisch aktiver Musiker, die erst lange nach dem Ende der DDR begannen Musik zu machen, schlägt die Bühnenshow dabei einen Bogen von 1989 in die Gegenwart. Deutlich macht das etwa der Auftritt von Trettmann, der in seinen HipHopStücken seine Jugend in der DDR ebenso thematisiert wie das Erstarken rechtsextremer Bewegungen der Gegenwart. Dieses Thema beschäftigt auch Zugezogen Maskulin – die Wahlberliner grim 104 und Testo kritisieren in ihren Texten gesellschaftliche Missstände – und engagieren sich auf Solidaritätskonzerten gegen Rechtsradikalismus. Neben Musik, Lichtprojektionen und Auftritten von Zeitzeugen hat die Bühnenshow aber noch mehr zu bieten: Das Schauspiel “Stimmen der Freiheit“ kreist um eine Gruppe von Suchenden im Wandel der Zeiten: Vom stürmischen Herbst über den Stillstand im Winter, dem Aufbruch im Frühling bis zum Sommer. Zudem wird der Videodome für Tanz- und Lichtperfomances genutzt. Die crossmediale Inszenierung des KünstKünstlernetzwerks phase7 unter der Regie von Sven Sören Beyer wird bis 20:15 übrigens auch live im ZDF übertragen. Dann gleitet die Veranstaltung in die AfterShow mit Westbam und DJs des Female/non-binary DJ Kollektivs No Shade über. Die Veranstaltung am Brandenburger Tor ist kostenlos. Aus Sicherheitsgründen sind auf dem Veranstaltungsgelände jedoch Taschen nur bis zu einer Größe von DIN A 4 erlaubt. Es besteht keine Möglichkeit zur Aufbewahrung größerer Gepäckstücke oder sperriger Gegenstände. Philip Aubreville

3 FRAGEN AN ANNA LOOS Als 1989 die Mauer fiel, waren Sie kurz zuvor aus der DDR geflüchtet. Wie haben Sie die Friedliche Revolution aus der Situation heraus wahrgenommen? Ich habe mich in der DDR unfrei gefühlt, es war keine Demokratie, in der wir dort damals gelebt haben und ich persönlich fühlte mich bevormundet und eingesperrt. Die Gewaltbereitschaft und die Entschlossenheit der Sicherheitskräfte der Regierenden damals war schon viele Jahre zu spüren. Für mich war diese friedliche Revolution wie ein Wunder. Es gab ja vorher Gewalt und KRISTIAN SCHULLER Blutvergießen, es gab Anna Loos Menschen die Ihre Fluchtversuche mit

Ihrem Leben zahlen mussten. Noch heute streitet man darum, wieviele es genau waren, aber war nicht jeder Einzelne Einer zu viel? Es gab in der DDR nahezu 300.000 politische Häftlinge, die in Gefängnisse gesperrt wurden. Diese Zahl muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Dass all dies dann am 9. November 1989 friedlich in einer Revolution endete, die ohne einen Tropfen Blut zu vergießen darin mündete, dass die SED, die Stasi und die gesamten Grenzen um diese DDR und schließlich sie selbst, in einer Nacht zu Schutt und Asche wurden, ist für mich heute immer noch der absolute Wahnsinn. Inwiefern haben die Ereignisse des Herbstes 1989 Ihre künstlerische Biographie und Ihre Musik geprägt und prägen sie bis heute? Ich bin in Brandenburg aufgewachsen,

wenn auch heimlich, so konnten wir doch alle Westfernsehsender empfangen und RIAS Berlin war damals unser Radiosender, von dem wir unsere Kassetten-Tapes mitschnitten. Wenn ich in der DDR geblieben wäre und später dann auch nicht die Mauer gefallen wäre, hätte ich meinen Lebenswunsch Künstler zu werden nie in die Tat umsetzen können. Ich war damals in der Pubertät und der Zustand in der DDR hat mich eher zu anarchistischen Ideen animiert. Das Lied ist zwar vor meiner Geburt entstanden, aber die Zeile „Macht kaputt was Euch kaputt macht“, das war genau das, was damals viele Jugendliche in der DDR gespürt haben. Die Wut auf den Staat und dieses System in der Jugend war groß. Was erwartet das Publikum bei Ihrem Auftritt am Brandenburger Tor, inwiefern ist

der Auftritt zu diesem Anlass ein besonders Konzert für Sie? Dieser Ort ist ein besonderer Ort für mich. Mit einem guten Zeugnis gab es den Besuch der Broilerbar auf dem Alex und einen Spaziergang zum Brandenburger Tor. Ich stand oft da und habe mich gefragt, wie es auf der anderen Seite wohl aussieht, wie es riecht, wo es dort weiter geht, wie die Straßen, die Häuser und die Menschen dahinter wohl sind. Wir Deutschen leben in einem der schönsten und reichsten Länder der Welt und unser Leben liegt im Vergleich zum größten Teil der Welt weit über dem Standard. Ich bin sehr froh, ein Zeuge dieser Revolution zu sein, ich bin glücklich in einer Demokratie und in diesem wunderbaren Land leben zu dürfen und ich wünsche mir, dass wir diese, unsere Demokratie, verstehen, nutzen und dass wir sie schützen.


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t e o . n h K U N S T I N S TA L L AT I O N V O N PAT R I C K S H E A R N O F P O E T I C K I N E T I C S , K U R AT I E R T V O N K U LT U R P R O J E K T E B E R L I N l Vom 4. bis zum 10. November ist „Visions in Motion“ am Brandenburger Tor zu sehen. m m d d Mit der Kunstinstallation „Visions in Motion“ schweben die Hoffnungen zehntausender Menschen am Brandenburger Tor or dem Mauerfall am 9. Noren Menschen ein. Gerade die Teilr vember 1989 standen die nehmer aus dem Ausland haben r Forderungen und Hoffnunhäufig eine erweiterte Perspektive egen der protestierenden DDR-Bürund sehen den Mauerfall in einem tger für mehr Demokratie und Freigrößeren Zusammenhang. „Die -heit. Es war nicht zuletzt ihr Mut, besten Wünsche für das vereinte Deutschland und das vereinte Eusder die Friedliche Revolution geropa“, bringt etwa Adriana Galeotti sgen viele Widerstände ins Rollen aus Italien zum Ausdruck. brachte. Ihr Antrieb war damals -auf Transparenten zu lesen, die Es sind also hochaktuelle Thesauf Demonstrationen in die Luft men, die für viele Menschen durch die Erinnerung an die Friedliche Remragten: Es waren Forderungen, volution berührt werden. Darunter -Hoffnungen und Visionen. sind prominente Vertreter wie Man Deshalb lud Kulturprojekte rianne Birthler, ehemalige Leiterin eBerlin den US-amerikanischen -Künstler Patrick Shearn aus Berder Stasi-Unterlagenbehörde. Sie -lins Partnerstadt Los Angeles und schreibt: „Mir macht neuerdings sein Studio Poetic Kinetics ein, eine neue Mauer Kopfzerbrechen – eeine einzigartige Kunstinstalladie Mauer zwischen denen, die die tion umzusetzen. Für „Visions in Freiheit lieben, und denen, die sie K U LT U R P R O J E K T E B E R L I N , F O T O O A N A P O PA fürchten.“ Motion“, die in diesen Tagen am 30.000 Menschen beschrifteten ein „Botschaftsband“ für die Installation. Brandenburger Tor zu sehen ist, „Gemeinsam mit Kulturprojekte Berlin haben wir eine Erzählung startete Kulturprojekte Berlin im vergangenen Sommer einen Auf- des 17. Juni in den Himmel der sions in Motion“ aber mit seinen wären der damals 15-Jährigen geschaffen, die die Freiheit und ruf: In Anlehnung an die Transpa- Hauptstadt spannt. bewegenden Botschaften, die die überzeugten Christin diese Mög- Einheit symbolisiert, die durch den rante bei den Demonstrationen 30.000 Teilnehmer aufgeschrie- lichkeiten in der DDR verwehrt Fall der Mauer ermöglicht wurden. Botschaften aus aller Welt ben haben. Es sind Menschen wie geblieben. der Friedlichen Revolution sollten Gleichzeitig hält die Installation all Menschen ihre Botschaften, Wün- Schon die Masse an Botschaften, Norbert, 61, aus Prag, die sich jene Erinnerungen, Wünsche und sche und Hoffnungen für die Zu- die vom 4. bis zum 10. November noch immer freudig an den Herbst Sichtweisen der Nachgeborenen Hoffnungen von heute aufrecht – kunft, aber auch Erinnerungen an an geschichtsträchtigem Ort zu 1989 erinnern: „Der Tag der Mau- Doch es sind nicht nur die Er- von Ost- und Westberlinern sowie die Vergangenheit aufschreiben. sehen sein wird, erinnert an das eröffnung, vor genau 30 Jahren innerungen der Zeitzeugen, die von Menschen aus aller Welt.“ Das Motto: „Deine Vision im Him- Engagement von Hunderttausen- war und bleibt der schönste Tag zum Kunstwerk geworden sind. sagt Patrick Shearn. Und diese Ermel über Berlin.“ den, die während der Friedlichen meines Lebens“, heißt es auf Auch die Nachgeborenen haben zählung bleibt lebendig: Im Internet 30.000 Menschen folgten Revolution mutig ihre Stimme seinem „Botschaftsband“. Und ihre Sicht auf die Ereignisse des können noch immer Botschaften dem Aufruf bis September und erhoben und damit zum Fall der Lutz aus Berlin glaubt seit 1989 Herbstes 1989. „Ohne den Mau- eingereicht werden, die während lieferten Material für ein typi- Mauer beitrugen. Zugleich ist die an Wunder – „ich habe eines mit- erfall hätten sich meine Eltern nie der Festivalwoche ebenfalls am sches Shearn-Werk: Aus den Installation in ihrer rechteckigen erkämpft, miterlebt, miterlaufen“, kennengelernt“, berichtet etwa Brandenburger Tor gezeigt werden. mit diesen Visionen beschrifte- Form an die Berliner Mauer ange- schreibt der 55-Jährige. Und Elke, die 28-jährige Thuy Mi Dam aus Philip Aubreville ten „Botschaftsbändern“ ist ein legt – dabei aber durchlässig und ebenfalls aus Berlin, berichtet, Berlin, und ihre mexikanische Al„Skynet“ entstanden, das sich ständig in Bewegung. wie ihr der Mauerfall ermöglichte, tersgenossin Carolina hält ganz Mehr Infos unter scheinbar schwerelos vom LinDen entscheidenden Bogen zur Abitur zu machen und zu studie- allgemein fest: Mauern halten mauerfall30.berlin/ denrondell aus bis in die Straße Friedlichen Revolution schlägt „Vi- ren – mangels FDJ-Mitgliedschaft Menschen nicht draußen, sie sper- botschaften

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Bewegende Botschaften


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7 Tage Mit der Festivalwoche lädt Berlin ein, sich zu erinnern, zu feiern, mitzumachen und zu diskutieren. An sieben Originalschauplätzen

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und um die Uhr-Formate wie sieben Open-Air-Ausstellungen an sieben Originalschauplätzen der Friedlichen Revolution erinnern an die jeweiligen historischen Hintergründe und liefern das thematische Fundament für eine künstlerische Auseinandersetzung mit den Ereignissen von 1989/90 in Form von 3D-Videoprojektionen. Ein vielfältig gestaltetes Veranstaltungsprogramm greift diese Themenschwerpunkte ebenfalls auf und schlägt die Brücke in die Gegenwart – mit Konzerten, Zeitzeugengesprächen, Podiumsdiskussionen, Lesungen, Filmreihen, Poetry Slams, einem Filmprojekt zum Mitmachen für junge Leute, virtuellen Welten mit der App MauAR und Augmented-Reality-Storys sowie der Kunstinstallation „Visions in Motion“ vor dem Brandenburger Tor. Alle Veranstaltungen unter mauerfall30.berlin/programm

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Brandenburger Tor

m frühen Abend des 9. November 1989 gab der SED-Funktionär Günter Schabowski eher beiläufig eine neue Reiseregelung bekannt.Das Westfernsehen meldete in den Hauptnachrichten eine Stunde später: „DDR öffnet Grenze“. Daraufhin strömten Ostberliner zu den innerstädtischen Grenzübergängen und erzwangen noch am selben Abend die Öffnung der Berliner Mauer. Auch Westberliner machten sich zur Grenze auf. Obwohl es am Brandenburger Tor keinen Übergang gab, zog es Tausende Menschen zu diesem Symbol der Teilung Deutschlands und Europas. Noch in der Nacht besetzten sie die etwa drei Meter breite Mauer und begannen mit Hämmern und Meißeln den Grenzwall zu zerstören. Nach 28 Jahren Teilung konnten die Berliner wieder durch die Säulen des Berliner Wahrzeichens spazieren. Platz des 18. März, 10117 Berlin, S+U Brandenburger Tor, S+U Potsdamer Platz

JUSTIN LEIGHTON / ALAMY STOCK PHOTO

Zoolog. Garten

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Kurfürstendamm

Schon in den frühen Morgenstunden des 10. November 1989 herrschte Volksfeststimmung auf dem Kurfürstendamm. Für viele DDR-Bürger war der berühmte Westberliner Boulevard Sehnsuchtsort D AV I D H O LT L O N D O N und in dieser Nacht sowie an den folgenden Tagen ihr erstes Ziel. Von Westberlinern wurden sie jubelnd begrüßt. Es kam zu Massenaufläufen und ergreifenden Szenen. Die Warenwelt des Westens lockte ebenso wie die vielfältigen kulturellen Angebote. Mit offenen Armen wurden die Ostdeutschen in Westberlin empfangen.

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Schlossplatz

er 18. März 1990 markierte den wohl größten Erfolg der Friedlichen Revolution. Mit den ersten demokratischen Wahlen der DDR-Geschichte wurde das SED-Regime endgültig beseitigt. Die frei gewählte Volkskammer, das Parlament der DDR, tagte im Palast der Republik. Hier, an dem heutigen Schloss- und damaigen „Marx-Engels-Platz“ befand sich das Machtzentrum der DDR – eine Anlaufstelle für Proteste: In unmittelbarer Nachbarschaft von Regierungssitz und Parteizentrale hatte es während der Friedlichen Revolution immer wieder Proteste gegeben. Marx-Engels-Forum, 10178 Berlin, S Hackescher Markt

Breitscheidplatz, 10789 Berlin, S+U Zoologischer Garten, U Kurfürstendamm

Mehr Informationen gibt es unter

mauerfall30.berlin/service

B U N D E S A R C H I V, B I L D 1 8 3 - 1 9 9 0 - 0 1 1 1 - 0 4 6 / C C - B Y- S A 3 . 0


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– 7 Orte der Friedlichen Revolution verwandelt sich die Stadt sieben Tage lang in ein großes Open-Air-Ausstellungs- und Veranstaltungsgelände

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Gethsemanekirche

nfang Oktober 1989 wurde die Gethsemanekirche in Ostberlin zu einem Brennpunkt der Revolution. Ein Kontakttelefon übernahm die Aufgaben einer Nachrichtenagentur, zu Informationsveranstaltungen kamen Tausende Menschen. Ab dem 2. Oktober organisierten dort Ostberliner Oppositionsgruppen eine Mahnwache für die Freilassung von in Leipzig inhaftierten Demonstranten. Und als die Weltpresse anlässlich des 40. Jahrestages der DDR am 7. Oktober in Berlin weilte, gingen Bilder brutaler staatlicher Übergriffe gegen friedliche Demonstranten nahe der Kirche um die Welt.

FISCHEN/WIKIMEDIA

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Stargarder Str. 77, 10437 Berlin, S+U Schönhauser Allee

Alexanderplatz

m 4. November 1989 kam es auf dem Alexanderplatz zur größten Protestaktion der DDR-Geschichte. Hunderttausende versammelten sich, um für eine andere, eine demokratische DDR zu demonstrieren. Sie forderten Reisefreiheit, freie Wahlen, Meinungs- und Pressefreiheit sowie die Zulassung von Oppositionsgruppen und neuen Parteien. Die Demonstrationen auf dem Alexanderplatz waren offiziell erlaubt. Hier sprachen nicht nur Oppositionelle, sondern auch SED-Funktionäre. Deren Reden trafen allerdings auf wenig Begeisterung und wurden vielfach von lauten Pfiffen und Rufen übertönt.

B U N D E S A R C H I V, B I L D 1 8 3 - 1 9 8 9 - 1 1 0 4 - 4 3 7 / S E T T N I K , B E R N D / C C - B Y- S A 3 . 0

Nähe Weltzeituhr, 10178 Berlin, S+U Alexanderplatz

BSTU

A

Stasizentrale

Ab Dezember 1989 wurden in der ganzen DDR die Dienststellen der Geheimpolizei besetzt. Am 15. Januar 1990 stürmten schließlich Tausende die Stasi-Zentrale in Berlin. Der SED wurde ihre wichtigste Machtstütze endgültig entrissen. Bürgerkomitees versuchten die Auflösung des Geheimdienstes zu kontrollieren und die Vernichtung der Stasi-Akten zu verhindern. Auch wenn damit das Ende der Stasi besiegelt war, die Diskussionen um den Umgang mit ihren Akten hatten gerade erst begonnen. Ruschestraße 103, 10365 Berlin, U Magdalenenstraße

IMPRESSUM Berliner Verlag GmbH Geschäftsführer: Jens© Kauerauf ALINKA ECHEVERRIA,

A

East Side Gallery

Mühlenstraße 70-71, 10243 Berlin S+U Warschauer Straße

Geschäftsführer: Andree Fritsche Projektverantwortung: Manuel Giehler Tel. 030 23 27 53 56 blz_svoe@mdscreative.berlin Druck: BVZ Berliner Zeitungsdruck GmbH Am Wasserwerk 11, 10365 Berlin Layout, Produktion: mdsCreative GmbH Geschäftsführer: Klaus Bartels Redaktion: Philip Aubreville

VISITBERLIN, FOTO: PHILIP KOS CHEL

Titelbild: © Kunstinstallation Patrick Shearn of Poetic Kinetics, kuratiert von Kulturprojekte Berlin

alle dow Wal

m 28. September 1990 eröffnete mit der East Side Gallery die längste Galerie der Welt. Bereits eine Woche nach dem Fall der Mauer hatten sich Berliner Künstler entschlossen, aus diesem Bauwerk der Unmenschlichkeit ein Bauwerk gegen die Unmenschlichkeit zu machen. Nach einigen gescheiterten Versuchen am Potsdamer Platz wurde in Absprache mit den zuständigen DDR-Behörden der Mauerabschnitt entlang der Mühlenstraße für das Projekt gewählt.

2010

Vermarktung: BVZ Berliner Medien GmbH Alte Jakobstraße 105 10969 Berlin


8 I 30 JAHRE FRIEDLICHE REVOLUTION

FREITAG, 1. NOVEMBER 2019 I ANZEIGEN-SONDERVERÖFFENTLICHUNG

FRANK DRECHSLER

Ob Theater, Ausstellung, Film oder Kunst: In der Themenwoche gibt es ein vielseitiges Programm.

Das volle Programm

Die Themenwoche zum Jubiläum der Friedlichen Revolution bietet E I N TA U C H E N I N D I E G E S C H I C H T E

T H E AT E R U N D F I L M

KONZERTE

Die Rolle von Medientechnik für die (politische) Bewusstseinsbildung wird an kaum einem Begriff so deutlich wie dem des „Westfernsehens“, über das sich DDR-Bürger lange Zeit mit unabhängigen Informationen versorgten. Heute sind es nicht nur die transportierten Inhalte, sondern auch die Darstellungsmöglichkeiten technischer Innovationen, die ganz neue Perspektiven auf bestimmte Sachverhalte auftun. So können Besucher während der Festivalwoche in die Atmosphäre und Stimmungen von 1989/90 an den Schauplätzen der Friedlichen Revolution eintauchen. Zum Beispiel bei 3D-Videoprojektionen an den Originalschauplätzen: Auf dem Alexanderplatz drängen sich die Demonstranten – und die Besucher sind live dabei. Hunderttausende sind an diesem 4. November 1989 zusammengekommen zur größten Protestaktion in der Geschichte der DDR. „Es ist, als habe einer die Fenster aufgestoßen“, sagt Schriftsteller Stefan Heym. Möglich machen den authentischen Ausflug in die Vergangenheit Projektionen, die nach Einbruch der Dunkelheit die Ereignisse zurück an die Hausfassaden holen. Historische Filmaufnahmen mit eindrucksvollen Licht- und Soundeffekten ergeben ein besonderes Medienkunsterlebnis. So wird die Friedliche Revolution erfahrbar gemacht. Die Gebäude dienen dabei als architektonische Zeitzeugen und Leinwand. Die Fassadenprojektionen laufen an den Festivalorten Gethsemanekirche, Alexanderplatz, Kurfürstendamm, Stasi-Zentrale, Schlossplatz und East Side Gallery. Sie dauern jeweils etwa 15 Minuten und wiederholen sich den Abend über. Erlebbar wird Geschichte zudem etwa auch mit über 30 Augmented-Reality-Storys. Sie werden per QR-Code über den Facebook Messenger an historischen Orten aktiviert. Dort entdeckt man bislang unerzählte Geschichten und trifft auf Skateboarder an der East Side Gallery oder begleitet „Mauerspechte“ am Brandenburger Tor.

Es waren Mitarbeiter von Film und Theater, die 1989 die Alexanderplatzdemonstrationen organisierten, die die Friedliche Revolution noch einmal beschleunigten. 30 Jahre später dienen diese Medien als hervorragendes Mittel, die Ereignisse von damals noch einmal aufleben zu lassen und zu reflektieren. Im Rahmen der Revolutionswoche werden einige neue Produktionen, aber auch Klassiker gezeigt. Zum Beispiel „Die Legende von Sorge und Elend.“ Das Stück von Sören Hornung erzählt von einer Familie im Grenzbereich: In der Nähe des früheren Grenzstreifens lebt die einst glühende Kommunistin Ines mit ihrem Mann, dem ehemaligen Grenzer Klaus, in Sorge, bei Elend. Jedes Jahr zum Geburtstag der Mutter kommen die Kinder heim: Tochter Lisa sieht keinen Sinn im kapitalistischen Lebensentwurf und sehnt sich nach einer Alternative. Sohn Stefan arbeitet als aufstrebender Polizist im Staatsdienst. Als die Kinder anfangen, Fragen zur Zeit vor dem Mauerfall zu stellen, gerät die heile Welt aus den Fugen. Die szenische Lesung findet am 5. November ab 19:30 im Programmpavillon am Kurfürstendamm statt. Der Animationsfilm Fritzi – Eine Wendewundergeschichte zeigt wiederum die Ereignisse von 1989 aus dem Blickwinkel eines Kindes. Der Film für Kinder von 8 bis 14 Jahren läuft am 6. November um 10 Uhr und am 9. November ab 14:30 Uhr als Sondervorführung mit anschließender Fragerunde.

Der Film „Sonnenallee“ über den Alltag in der DDR der 1970er-Jahre mag überdreht sein – doch wenn eine der Figuren hier keinen anderen Lebensinhalt zu kennen scheint, als eine Rolling Stones-Platte zu ergattern, bekommt man auch als Nachgeborener einen Eindruck, wie Musik und Freiheitsliebe zusammenhängen können. Es waren Rockbands wie City oder Silly, die sich in der DDR Freiräume erkämpften – und nach dem Fall der Mauer um so ausgelassener feierten. Mit einer Konzertveranstaltung, die am 9. November am Brandenburger Tor stattfindet (siehe Seite 4), wird die Freiheit 30 Jahre später wieder gefeiert. Doch die Auftritte von Anna Loos, Zugezogen Maskulin und anderen sind nur einige der musikalischen Highlights während der Themenwoche. So tritt am 5. November Die Seilschaft auf der OpenAir-Bühne am Alexanderplatz auf. Die Seilschaft, 1992 im Proberaum gegründet, nahm mit Gundermann ab 1993 mehrere Studioalben auf, die bis heute nichts an Kraft und Tiefe eingebüßt haben. Mit immer ausgereifteren Songs traf die Band den Nerv des Publikums, vor allem live. Nach Gundermanns unerwartetem Tod 1998 sind immer wieder neue, unveröffentlichte Aufnahmen erschienen, auf denen seine Songs von Leben und Tod, von Liebe, Heimat, Entfremdung und der Sehnsucht nach Freiheit erzählen. Auf der Bühne am Alexanderplatz treten darüber hin­ aus noch weitere bekannte Bands auf, etwa die Punkband Fehlfarben am 6. November oder die HinterhofRocker von Pankow am 7. November. Auch in kleinerem Rahmen gibt es zahlreiche musikalische Darbietungen mit Bezug zum Thema Friedliche Revolution: Etwa beim Auftritt des Essener Gitarrenduos an der East Side Gallery mit der Komposition „09. November 1989 Der Mauerfall“ am 8. November oder dem Konzert der Indierock-Band Isolation Berlin, das am 10. November in der Zionskirche steigt.

Weitere Inforrmationen unter: mauerfall30.berlin/programm/die-legende-von-sorge-undelend mauerfall30.berlin/programm/fritzi-eine-wendewundergeschichte


FREITAG, 1. NOVEMBER 2019 I ANZEIGEN-SONDERVERÖFFENTLICHUNG

30 JAHRE FRIEDLICHE REVOLUTION I 9

W E LT K I N O F I L M V E R L E I H , H A R F Z I M M E R M A N N / K U LT U R P R O J E K T E B E R L I N , J A S C H A F I B I C , K U LT U R P R O J E K T E B E R L I N

zum Jubiläum spannende kulturelle Angebote – hier gibt es einige Highlights KUNST

WORKSHOPS

Im Jahr 1968 bekam die Verfassung der DDR einen Passus, der an Eindeutigkeit wenig zu wünschen übrig ließ: „Die Förderung der Künste und die Verbreitung künstlerischer Werke und Leistungen sind Obliegenheiten des Staates und aller gesellschaftlichen Kräfte“, hieß es dort. Insofern war die Friedliche Revolution auch ein Schritt in Richtung Kunstfreiheit. Während der Themenwoche zeigt sich diese Freiheit deutlich, wenn Kunst in allen Spielarten das 30. Jubiläum aufgreift. Zum Beispiel bei der Lichtinstallation „Was hier jetzt ist, was hier einst war“: Der Künstler Rainer W. Gottemeier installiert in der Spree eine Lichtachse aus schwimmenden, leuchtenden Stab- und Signalbojen. Auf etwa 150 Metern symbolisieren 50 Neonstab-Bojen und 140 blitzende Signalrettungslampen die Reflexion von Grenzlinie, Sichtachse und die Geschichte dieses Ortes zwischen dem früheren Westberliner Bezirk Kreuzberg und dem einstigen Ostberliner Bezirk Friedrichshain. Damit wird der einstigen unüberwindbaren Sperre ein durchlässiger Schleier aus Licht gegenübergestellt, der vom Ufer der East Side Gallery aus sichtbar ist. Performancekunst gibt es wiederum ab dem 4. November am Alexanderplatz zu sehen: Dann werden im Haus der Statistik die Ergebnisse der Durational-Performance präsentiert, zu der unter dem Titel „Audition for a Demonstration“ Menschen eingeladen sind, sich ihrer persönlichen Geschichten zu erinnern und kollektive Momente nachzuspielen.

Mitmachen, sich beteiligen – ohne das Engagement einfacher Bürger jenseits der politischen Elite wäre die Friedliche Revolution so nicht passiert. Da passt es ins Bild, dass anlässlich der Themenwoche mehrere Workshops zum Mitmachen einladen – oder bereits eingeladen haben. So sind am 5. November und am 6. November jeweils von 10 bis 12 Ihr im Programmpavillon am Alexanderplatz die Filme zu sehen, die bei dem Projekt „Aus Mut gemacht“ entstanden sind. In drei Workshops in Kooperation mit dem Filmprojekt-Partner ALEX Berlin konnten Kinder und Jugendliche Knowhow zu Schnitt und Kameraführung lernen, Filmideen besprechen und weiterentwickeln und sich mit der Geschichte auseinandersetzen. Während dieses Projekt also schon Ergebnisse hervorgebracht hat, steht der Workshop „Deine Stimme zählt“ interessierten Jugendlichen offen. Vom 4. November bis zum 8. November können sie jeweils von 9 bis 13 Uhr im Programmpavillon am Kurfürstendamm teilnehmen. Gemeinsam mit professionellen Slampoeten wie Bas Böttcher entwickeln sie in dem Workshop Bühnentexte über Mauerfall, Grenzen und Grenzenlosigkeit. In der Themenwoche sind aber auch ältere Semester zum Mitmachen eingeladen: So laden Lisa Bielawa und Sheryl Oring alle Interessierten am 4. November zum Mauer Broadcast Sing-In am Brandenburger Tor ein.

Weitere Informationen unter: mauerfall30.berlin/programm/was-hier-jetzt-ist-was-hiereinst-war-lichtinstallation mauerfall30.berlin/programm/audition-for-a-demonstration

Weitere Informationen unter: mauerfall30.berlin/programm/aus-mut-gemacht-die-filme mauerfall30.berlin/programm/deine-stimme-zaehlt mauerfall30.berlin/programm/mauer-broadcast-sing-in

FÜHRUNGEN Schon am Abend des 9. November sprach der Tagesthemen-Moderator Hanns Joachim Friedrichs davon, dass dieser Tag ein „historischer Tag“ sei – in den weiteren Jahrzehnten entdeckte auch die Geschichtswissenschaft langsam aber sicher das Feld der „Friedlichen Revolu­ tion“ als Forschungsgegenstand. Doch was genau im Herbst 1989 passiert ist, ist längst nicht jedem bekannt, zumal immer wieder auch für Experten neue Aspekte und Fragen aufgeworfen werden. Im Rahmen der Festivalwoche gibt es einen ebenso kompakten wie lebendigen Überblick über die Friedliche Revolution und den Mauerfall. Dafür sorgen etwa sechs Live-Speaker, die täglich von 13 bis 18 Uhr an sechs Festivalschauplätzen zu finden sind: Am Alexanderplatz, Schlossplatz (Marx-Engels-Forum), Kurfürstendamm (Breitscheidplatz), East Side Gallery, Brandenburger Tor und Gethsemanekirche (bis 7. November) geben sie Antworten auf Deutsch und Englisch Fragen, die die Orte und ihre Historie im Kontext der Friedlichen Revolution und des Mauerfalls betreffen. In der ehemaligen Stasi-Zentrale können Besucher wiederum einer ganz besonderen Führung beiwohnen: Uwe Dähn, Bürgerrechtler und 1989 Mitglied des Neuen Forums führt hier durch die Open-Air-Ausstellung „Revolution und Mauerfall“. Sie widmet sich der Geschichte der Friedlichen Revolution 1989/90 – von den Anfängen der Proteste über den Fall der Mauer bis hin zur Deutschen Einheit.

Weitere Informationen unter: mauerfall30.berlin/programm/live-speakerinnen/ mauerfall30.berlin/programm/zeitzeugenfuehrung-durchdie-open-air-ausstellung-revolution-und-mauerfall/


10 I 30 JAHRE FRIEDLICHE REVOLUTION

FREITAG, 1. NOVEMBER 2019 I ANZEIGEN-SONDERVERÖFFENTLICHUNG

Festivalwoche Mit zahlreichen Veranstaltungen wird der 30. Jahrestag der TÄGLICH

Der Weg zu freien Wahlen (Dialog): Gespräch zum Buch „Finale. Das letzte Jahr der DDR“ mit dem Autor und Zeitzeugen. Brandenburger Tor, 15–16:30 Uhr

Am Telefon sagt man nix (Kunst): Die Installation zeigt, wie durch Überwachung gesammelte persönliche Informationen die Zeit überdauern und in einem neuen Kontext wiederverwendet werden können. Stasi-Zentrale, ganztägig

„Es war einmal…“ – Europäische Biographien einer geteilten Stadt: Eine Zeitreise ins geteilte Berlin, ein Austausch mit europäischen Zeitzeugen und eine Reflexion über das vereinte Europa von heute. Kurfürstendamm, 16–19 Uhr

Wall of Opinions (Kunst): Die Videoinstallation Wall of Opinions zeigt die Menschen hinter sechs Grenzmauern in aller Welt, und macht das Leben mit Barrieren sichtbar und erlebbar. Brandenburger Tor, 10–22 Uhr

Audition for a Demonstration (Kunst): Eine immersive Performance über Protest wird zu einer Installation. Alexanderplatz, 16–22 Uhr

Was hier jetzt ist, was hier einst war – Lichtinstallation (Kunst): Eine schwimmende Lichtinstallation mit Neonstabbojen auf der ehemaligen Grenzline der Spree. East Side Gallery, 17–00 Uhr

Interfilm Kurzfilmfestival (Film): Interfilm Berlin und Kulturprojekte Berlin haben gemeinsam 6 internationale Kurzfilmprogramme kuratiert, die vom 5. bis zum 10. November zu sehen sind — thematisch passend zu den Spielorten Gethsemanekirche, Stasi-Zentrale, East Side Gallery, Alexanderplatz, Brandenburger Tor und Kurfürstendamm. mehrere Orte

Eine Filmreihe kuratiert von Joachim von Vietinghoff und Christina Schachtschabel: Mit Engel aus Eisen, Gorilla Bathes at Noon, Die Familie Brasch, Eins Zwei Drei, Echtzeit, Allemagne année 90 neuf zéro / Deutschland neu(n) null mehrere Orte

M O N TAG , 04.11.2019

Mauer Broadcast Sing-In (Workshop): Lisa Bielawa und Sheryl Oring erarbeiten mit Bürgern einen Chor. Brandenburger Tor, 10:30–13 Uhr.

Mauerrisse zum Mitspielen (Workshop): Der Workshop richtet sich an Menschen, die im Straßentheaterstück „Mauerrisse“ mitspielen möchten. East Side Gallery, 13–16 Uhr

Der Dokumentarfilm „Die Familie Brasch“ ist ein Zeitpanorama der DDR.

40 Jahre sind genug – der 07.10.1989 und was danach geschah (Führung): Eine Führung um den Schloßplatz zur Geschichte dieses Ortes. Schlossplatz, 15–16 Uhr Zeitzeugenführung durch die Open-Air-Ausstellung „Revolution und Mauerfall“ (Führung): Zeitzeuge Uwe Dähn schildert die Geschichte der Friedlichen Revolution von den Anfängen des Protests über den Mauerfall bis zur deutschen Einheit. Stasi-Zentrale, 16–17Uhr 4-11-89 Theater der Revolution (Perfomance): Das Theaterkollektiv PKRK stellt die größte freie Demonstration der DDR vom 4.11.89 auf dem Alexanderplatz nach. Alexanderplatz, 17–19 Uhr Das Jahr 1990 freilegen (Lesung): Der Bildband wird vom Autor Jan Wenzel und den Fotografinnen Christiane Eisler und Ute Mahler vorgestellt. East Side Gallery, 17:30–19 Uhr Die internationale Bedeutung des Mauerfalls (Dialog): Gesprächsrunde mit internationalen Gästen. Brandenburger Tor, 19–20:30 Uhr Talk über Bluesmessen, anschließend Konzerte von Engerling (Dialog, Musik): Es erinnern sich Musiker und Organisatoren an den Treffpunkt der oppositionellen Jugendkultur in der DDR. Gethsemanekirche, 19–22 Uhr Die vergangenen 30 Jahre und die letzten (Lesung): Berliner

Lesebühnenautoren reflektieren über die Jahre seit der Wende. Alexanderplatz, 19:30–21:30 Uhr Slam the Wall (Perfomance): Sechs Slam Poet*innen in einem Dichterwettstreit und ihrem ganz persönlichen Blick auf die Wiedervereinigung. East Side Gallery, 20–22 Uhr

D I E N S TAG , 05.11.2019 Aus Mut gemacht – Die Filme (Film): Beim Filmprojekt „Aus Mut gemacht“ zeigen Kinder und Jugendliche in Kurzfilmen ihre Perspektive auf den Mauerfall und die Friedliche Revolution. Alexanderplatz, 10–12 Uhr Sidewalks #2 und #4: Lesbisch-Schwule Liebe und Emanzipation in Ostberlin (Führung): Zeitzeugen führen entlang ihrer eigenen Lebenswege durch die turbulenten Jahre queerer Ost-Berliner Emanzipationsgeschichte seit 1969. Gethsemanekirche - Kiez, 11 und 14 Uhr. Ethnische und religiöse Minderheiten in der DDR und Wendezeit (Dialog): Eine Podiumsdiskussion mit Zeitzeugen und Wissenschaftlern. Alexanderplatz, 17–18:30 Uhr A wall within (Film): Ein Dokumentarfilm über Familien, in der die Mauer noch immer als unsichtbare Trennung zwischen den Menschen steht. East Side Gallery, 17–18 Uhr

A N N K AT R I N H E N D E L

Was aus uns geworden ist (Lesung): André Herzberg liest aus seinem Roman und spielt dazu komponierte Musik. Stasi-Zentrale, 17:30–19 Uhr Die Seilschaft (Musik): Die Band, mit der Rockpoet Gundermann in den 90er Jahren ein kritisch-anspruchsvolles Publikum erreicht hat. Alexanderplatz, 19–19:45 Uhr Die Legende von Sorge und Elend (Performance): Eine szenische Lesung über Träume, Lebenslügen und den Preis der Freiheit. Kurfürstendamm, 19:30–21 Uhr Songs – Lieder mit Grips (Musik): Ein musikalischer Abend mit erzählten Geschichten über die Begegnung von Musikern zwischen Ost und West. Brandenburger Tor, 19:30–22 Uhr Duvarlar-Mauern-Walls (Film): Vorführung von Can Candans Dokumentarfilm über die deutsche Wiedervereinigung und die türkische Gemeinschaft mit anschließendem Gespräch. East Side Gallery, 20–21:30 Uhr

Wie erreichen wir die Demokratieverdrossenen?: Was können wir tun, um Demokratierverdrossene zu erreichen und gleichzeitig eine klare Haltung für die offene Gesellschaft einnehmen? Alexanderplatz, 17:30–19 Uhr B-Movie: Lust & Sound in WestBerlin 1979–1989 (Film): Ein Essayfilm über die West-Berliner Avantgarde-Szene mit dem Protagonisten Mark Reeder. Kurfürstendamm, 19:30–21:30 Uhr Zerfall (Musik): Die Ost-Berliner Punkband, gegründet in der Galiläa-Kirche im Friedrichshain. Alexanderplatz, 19:30–20 Uhr Todesstreifen (Lesung): Eine Multimedia-Präsentation der Graphic Novel von Raik Adam und Dirk Mecklenbeck. East Side Gallery, 20–21:30 Uhr Fehlfarben (Musik): West-Punk der 80er Jahre. Alexanderplatz, 20:15-21:30 Uhr

D O N N E R S TAG , 07.11.2019

MITTWOCH, 06.11.2019

W | E Berlin – Virtual Reality Dokumentation (Kunst): Eine Virtual Reality Dokumentation zu Flucht- und Fluchthilfe in Zeiten der Deutschen Teilung anhand der Visualiserung von Zeitzeugenberichten. East Side Gallery, 10–17 Uhr

Der Baltische Weg und die Singende Revolution in Filmen (Film, Dialog, Musik): Gesprächsrunde und Konzert mit jungen baltischen Musikern. Gethsemanekirche, 13–21 Uhr

Der Treuhand-Komplex (Dialog): Eine Buchvorstellung mit Diskussion über Legenden, Fakten und Emotionen zur Treuhandanstalt. Brandenburger Tor, 15–16:30 Uhr

Montags in Dresden (Film): Kinodokumentarfilm über drei Pegida -Teilnehmer in Dresden. Alexanderplatz, 14–16 Uhr

30 Jahre Berliner Mitte (Kunst): Eine Multimedia-Präsentation zum Fotobuch „30 Jahre Berliner Mitte“ mit dem


FREITAG, 1. NOVEMBER 2019 I ANZEIGEN-SONDERVERÖFFENTLICHUNG

30 JAHRE FRIEDLICHE REVOLUTION I 11

zum Jubiläum Friedlichen Revolution feierlich begangen

Westberliner Stimmen (Lesung): Lesung einer Kurzgeschichte und Vortrag eines Monologs zur West-Berliner Sicht auf den Fall der Mauer. Kurfürstendamm, 14–16 Uhr

Fotografen Sven Hagolani. Alexanderplatz, 15:30–16:30 Uhr Status Quo der Wiedervereinigung (Dialog): Nach 30 Jahren schon wiedervereinigt? Das diskutieren Wolfgang Thierse, Jan Böttcher und Sabine Rennefanz. Alexanderplatz, 17–18:30 Uhr

Apfeltraum (Musik): Alexanderpatz,| 14–14:45 Uhr

Ohne Frauen keine Demokratie – Aufbruch ´89 (Dialog): Ein Gespräch mit Zeitzeuginnen über Frauen und ihre Motive des Handelns in der Friedlichen Revolution. Brandenburger Tor, 17:30–19 Uhr ©LOLA ARIAS

Die Rolle der West-Medien in Die Installation Audition for a demonstration gibt es am Alexanderplatz zu sehen. der Friedlichen Revolution (Dialog): Westdeutsche Medien und Korrespondenten prägten 1968 und 2011 entstandenen 1989 sowie ihre Hoffnungen S A M S TAG , die Friedliche Revolution stark, Werk. und Wünsche. Journalisten erinnern sich. Brandenburger Tor, 11–19 Uhr Zionskirche, 15:30–17 Uhr 09.11.2019 Kurfürstendamm, 19–20:30 Uhr Einblick ins Geheime – Fami- Tandem-Führungen an der Freiheitsimpulse aus... Prag und lienführung (Führung): Fami- East Side Gallery (Führungen): Berlin: Jarosloav Hutka, Mikoláš Bolschewistische Kurkapelle lienführung durch die Ausstel- Tandem-Führungen der Stiftung Chadima + MCH Band und Schwarz-Rot (Musik): Politisch lung „Einblick ins Geheime“ Berliner Mauer gemeinsam mit Mona Mur (Musik): Ein deutschgeladene Musik mit Beiträgen mit Blick ins Stasi-Unterlagen- Künstlern der Künstlerinitiative tschechisches Konzert mit Lyrikvon Jakob Hein und Jürgen Archiv. East Side Gallery e.V. an der texten von Jürgen Fuchs. Kuttner. Stasi-Zentrale, 12–13 Uhr East Side Gallery Berlin. Alexanderplatz, 16–17:30 Uhr Zionskirche, 19–21:30 Uhr East Side Gallery, 10–11 Uhr S O N N TAG , Amok oder Koma sein (PerWie werden wir zusammen- fomance): Der Monolog von Mauerschau (Performance): 10.11.2019 leben? (Dialog, Kunst): Ge- Andrea Czesienski über einen Ein Stück über eine Suche sprächsrunde und Performance Grenzsoldaten, der sich nach nach einer Sprache, die nicht Zwischen den Zeilen – Verzum Thema Nachhaltigkeit und dem Mauerfall in einem Wach- der Geschichtsschreibung ge- dinglichte Erinnerungen an die Gerechtigkeit: Wie wird Berlin turm verschanzt. recht werden muss, sich weder deutsche Teilung (Workshop): verteidigen noch einkitschen Ein künstlerisch-praktischer 2039, 50 Jahre nach dem Mau- Stasi-Zentrale, 14–14:45 Uhr will. Workshop zum Potential von erfall aussehen? Once Upon a Time in The Wild East Side Gallery, 13–15 Uhr historischen AlltagsgegenstänEast Side Gallery, 19–21 Uhr den als Erinnerungsträger. East (Dialog): Der künstleriWem gehört die Friedliche sche und politische Aufbruch Ostdeutsch – Westdeutsch Brandenburger Tor, 11–13 Uhr Revolution? (Dialog): Die Po- von 89/90 wird durch Zeitzeu- – alles eins? Ein Erfahrungsdiumsteilnehmer diskutieren gen in seiner Genese und Wir- austausch (Workshop): Ge- Ost-Berliner Alltag im Licht legenheit für einen Erfah- Schattenspiele (Workshop): über das Vermächtnis der Fried- kung kontrovers diskutiert. lichen Revolution. East Side Gallery, 15–16:30 rungsaustausch darüber, was Eine spielerische Annäherung Stasi-Zentrale, 19:30–21 Uhr Uhr ostdeutsch und westdeutsch an vergangene Lebensrealitäten in der DDR. sein heute bedeutet. Stasi-Zentrale, 11–14 Uhr Pankow (Musik): Auch nach 1989 in Berlin (Lesung): Poli- Kurfürstendamm, 14–17 Uhr über 30 Jahren spielt PANKOW tikwissenschaftler Ingo Juchler diesen einzigartigen Hinterhof- im Gespräch über sein Buch Terra Brasilis, Les Tambas, Frei (Lesung): Eine Vorstellung „1989 in Berlin – Schauplätze Trommelwirbel – Bewegte Be- eines Romans von Roswitha Rock ’n’ Roll. Alexanderplatz, 19:30–20:30 Uhr der friedlichen Revolution“. gegnung (Musik): Gelebte In- Quadflieg und Dr. Burkhart klusion mit Samba-Percussion Veigel, der mehrere Jahrzente Alexanderplatz, 16–17 Uhr F R E I TAG , - ein deutsch-französisches Ge- deutsch-deutscher Geschichte überspannt. Die Schwäne vom Schlachthof meinschaftsprojekt. 08.11.2019 East Side Gallery, 13–14:30 Uhr (Perfomance): Szenische Ein- Alexanderplatz, 14–14:30 Uhr Krokodil im Nacken (Perfor- richtung des Stückes über die mance): Die Theaterumsetzung Geschichte der Kinder, die in Fritzi – Eine Wendewunderge- Aufbruch, Euphorie und Chaos: des autobiographischen Ro- Westberlin in die Spree fielen schichte (Film): Sondervor- Berlin nach der Mauer (Dialog): mans von Klaus Kordon schafft und tot in Ostberlin geborgen führung des Familienanimati- Ein Gespräch mit Zeitzeugen tiefe Einblicke in die Torturen wurden. onsfilms mit anschließender über die Stimmung jener Tage. der DDR-Staatssicherheit. Brandenburger Tor, 13:30–15 Uhr Fragerunde. East Side Gallery, Stasi-Zentrale, 10–12 Uhr Stasi-Zentrale, 14:30–16 Uhr 19:30–21 Uhr Preis der Freiheit – Dreiteiler Helga Paris, Fotografin All Along The Watchtower Zeitzeugen der Friedlichen Re- (Film): Ein Ost-West-Drama, alle (Kunst): Retrospektive der Ber- (Musik): Eine Live-Collage aus volution (Dialog): Ein Gespräch drei Teile der ZDF Produktion liner Fotografin Helga Paris mit Stimmen, Sounds & Bildern. mit Zeitzeugen der Friedlichen werden hintereinander gezeigt. ihrem in den Jahren zwischen Zionskirche, 20–22 Uhr Revolution über die Ereignisse Zionskirche, 14–20 Uhr

Jugendliche in der DDR im Blickfeld der Stasi – Familienführung (Führung): In einer begehbaren Stasi-Akte lernen die Besucher das Schicksal eines unangepassten Jugendlichen in der DDR kennen. Stasi-Zentrale, 14:30–15:30 Uhr

Die Zeit ist aus den Fugen (Film): Eine Filmvorführung und anschließendes Gespräch mit dem Regisseur. Alexanderplatz 15–17:30 Uhr

Selam Berlin (Lesung): Die Autorin Yadé Kara liest aus ihrem Roman. East Side Gallery, 15-16 Uhr

Zwischen Repression und Freiheit – Punk in der DDR: Talk mit anschließendem Konzert von Anti X (Dialog, Musik): Allen Disziplinarmaßnahmen zum Trotz verliehen die Punks in der DDR ihrem Ärger über die Herrschenden laut Ausdruck. Stasi-Zentrale, 15:30–19 Uhr

Ostdeutsch-Plus – Die DDRMigrationsgesellschaft seit dem Fall der Mauer (Dialog): Eine Gesprächsrunde über die Nachwendezeit aus migrantischer Perspektive. East Side Gallery, 16:30–18:30 Uhr

Deine Stimme zählt – Die Show (Perfomance): Neue Berliner Poetry-Slam-Talente präsentieren mit professionellen SlamPoeten eigene Bühnentexte zu Mauerfall, Grenzen und Grenzenlosigkeit. Kurfürstendamm, 18–19:30 Uhr

Banda Internationale (Musik): Alexanderplatz, 19–20 Uhr Dota (Musik): Brandenburger Tor, 20–21 Uhr

Isolation Berlin (Musik): Ein Konzert der jungen Indie-Rock Band aus Berlin. 20-21 Uhr Zionskirche Alle Veranstaltungen unter mauerfall30.berlin/programm


12 I 30 JAHRE FRIEDLICHE REVOLUTION

FREITAG, 1. NOVEMBER 2019 I VERLAGSBEILAGE

Shortcuts Sechs Antworten auf die Frage: „Was bedeutet die Friedliche Revolution heute?“

W

elche Bedeutung hat die Friedliche Revolution heute? Das wollten wir von sechs Akteuren wissen, die sich mit spannenden Projekten während der Themenwoche einbringen. Darunter sind bekannte Vertreter wie Roland Jahn, Bundesbeauftragter für die Stasi-Unterlagen.

In seiner Behörde gibt es in der Festivalwoche jeweils ab 17.45 Uhr Führungen durch das Stasi-Unterlagen-Archiv und Einblicke in ein „Monument des Überwachunsstaates“, wie Jahn die Aktenberge der Staatssicherheit nennt. Marion Brasch hat ihre eigenen Aufzeichnungen zur DDR geschaf-

BSTU/MULDERS

Roland Jahn (*1953 in Jena), bewahrt als Bundesbeauftragter für die Stasi-Unterlagen die Erinnerung an das Unrecht in der DDR. „Die Friedliche Revolution zeigt, dass es Menschen sind, die Gesellschaften verändern. Sie ist bis heute eine Inspiration, dass man scheinbar Unmögliches erreichen kann. Die Macht von SED und Stasi wurde damals gebrochen. Die Besetzung der Stasi-Zentrale war dabei ein wichtiges Ereignis. Die Akten, die damals gesichert wurden, sind nicht nur ein Monument des Überwachungsstaates, sondern auch eine Trophäe der Revolution, die an dem Ort ihrer historischen Eroberung zugänglich bleiben werden.“

© HOLMSOHN

fen. Ihr Roman ist Grundlage für einen Film, der während der Themenwoche gezeigt wird. Der Verleger Christoph Links hat wiederum ein Zeitzeugenprojekt verwirklicht, das in den Ausstellungen an Gethsemanekirche, Alexanderplatz, Kudamm und East Side Gallery zu sehen ist. Er war 1989 selbst

bei den Geschehnissen dabei. Da war Nele Stuhler gerade geboren. Ihr Stück „Mauerschau“ thematisiert den Umstand, am Tag des Mauerbaus im Jahr des Mauerfalls auf die Welt gekommen zu sein. Die Geburtsjahre der Schüler des Robert-Blum-Gymnasiums lagen da noch in weiter Ferne. Die

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Friedliche Revolution inspiriert sie dennoch, etwa bei ihrem Filmprojekt im Rahmen des Workshops „Mut gemacht“. Mit dem Film „Sorge 87“ gibt es in der Themenwoche einen weiteren Film einer Nachgeborenen zu sehen – Thanh Nguyen Phuong erzählt von ihren Eltern, die als Vertragsarbeiter in die DDR kamen.

O RT E - D E R-Z E I TG E S C H I C H T E .D E

Schüler des Robert-Blum-Gymnasiums,(*2004-2007) schlagen beim Filmprojekt „Aus Mut gemacht“ eine Brücke von DDR-Umweltgruppen zu „Fridays for future“.

Christoph Links (*1954 in Caputh) war 1989 unmittelbar in die Geschehnisse involviert und gründete nach dem Mauerfall seinen Verlag.

„Die Friedliche Revolution zeigt für uns, dass sich Dinge ohne Gewalt verändern lassen. Am Anfang waren es in der DDR nur wenige mutige Menschen, die gesellschaftliche Missstände trotz staatlichen Drucks öffentlich kritisierten. Umweltgruppen spielten dabei eine große Rolle. 1989 wurden es dann immer mehr Menschen, die etwas ändern wollten, und schließlich fiel die Mauer. Das macht uns Mut, dass wir mit unserem Engagement noch mehr Menschen ermutigen können, etwas für den Umweltschutz zu tun.“

„Dass ich heute als Verleger überhaupt ohne Zensur und fremde Einflüsse arbeiten kann, ist nicht zuletzt auf die Friedliche Revolution zurückzuführen. Darüber hinaus prägt sie meine verlegerische Arbeit in zweifacher Hinsicht: Inhaltlich begleiten wir die Ereignisse von 1989 und ihre Folgen seit 30 Jahren. Und organisatorisch ist der Verlag so angelegt, dass es wenig Hierarchien und eine offene Diskussionskultur gibt. Denn was möglich ist, wenn sich jeder einbringen kann, habe ich 1989 selbst erlebt.“

P R I VAT

WILLIAM MINKE

Marion Brasch (*1961 in Ost-Berlin), ist Schriftstellerin und Hörfunkjournalistin. Ihr Roman „Ab jetzt ist Ruhe“ ist Grundlage für Annekartrin Hendels Film „Familie Brasch“.

Thanh Nguyen Phuong (*1992 in Werdau) studierte Kommunikationsdesign. Ihr Film „Sorge 87“ erzählt von ihren Eltern, die als Vertragsarbeiter in die DDR kamen.

Nele Stuhler (*1989 in Berlin) ist Regisseurin und Autorin. Ihr Stück „Mauerschau“ greift ihr besonderes Geburtsdatum auf.

„Es wird sehr viel geredet und geschrieben über dieses 30jährige Jubiläum. Das ist ok, aber dabei wird oft vergessen, dass es vielen Leuten im Osten zunächst nicht darum ging, die DDR abzuschaffen, sondern darum, sie besser, offener, demokratischer zu machen. Für mich sind die Demos in Leipzig und Jena und der 4. November auf dem Alex viel bedeutsamer als der Fall der Mauer. Im Grunde war ja damit das Ende einer „anderen“ DDR so gut wie besiegelt, das fand ich schade. Deshalb haben wir den Abend an der Volksbühne „Revue einer verpassten Gelegenheit“ genannt.“

„Mit dem Fall der Mauer verloren meine Eltern, die 1987 als Vertragsarbeiter in die DDR kamen, ihre Arbeit und ihren Aufenthaltsstatus, bevor der Vertrag überhaupt auslief. Sie waren im Gegensatz zu ihrem vorbestimmten Leben in der DDR plötzlich auf allen Ebenen komplett auf sich alleine gestellt. Den notwendigen Lebensunterhalt und Aufenthaltsstatus konnten sie sich nur durch ihre Selbständigkeit sichern. Mit der Wende wendete sich auch das gesellschaftliche Klima, die Ausländer wurden zu Sündenböcken aller durch die Einheit aufkommenden Probleme gemacht. Das haben auch unsere Eltern zu spüren bekommen.“

„Wenn ich mit meiner Mutter am U-Bahnhof Rosa-Luxemburg Platz stehe und sie diese Plakate für die Veranstaltung sieht, dann fragt sie sich und oder mich, welche Revolution denn da gemeint sei. Und da kennt sie sich vielleicht nicht aus mit den Termini auf die sich die jüngere deutsche Geschichtsschreibung geeinigt hat. Aber eben doch mit ihrem Leben. Oder naja. Und vielleicht können nur wir darüber sprechen. Hier. Die da nur geboren wurden. Und dann. Aber mit denen Aufgewachsen sind, die da gelebt haben. Vielleicht sogar ganz gut. Und ja. Da sind wir alles andere als objektiv jetzt. Und darum geht’s.“


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