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Eilwanderung Basel – Kaiserstuhl

Berichte

Neue Abenteuer mit dem bewährten Protagonisten-Duo Ulle und René

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Wie schon in einem vormaligen Bericht erwähnt, nahmen wir die geplante „Speedwanderung“ von Basel zum Kaiserstuhl (D) im vergangenen Wonnemonat Mai endlich in Angriff. Der Start- schuss fiel am Ostermontag in Kleinhüningen, 08:00 a.m. In Baden-Württemberg waren die Coronamassnahmen gefallen und so konnten wir locker Unterkünfte buchen. Wir wollten ja zuerst die drei Thermalbadeperlen anlaufen: Bad Bellingen via Isteinerklotz, dann Badenweiler und schliesslich Bad Krozingen. Danach sollte von Ihringen über den Totenkopf nach Endingen der krönende Abschluss erfolgen.

Unsere Vorstellung, mit leichtem Rucksackgewicht sowie kurzen Hosen und T-Shirt zu laufen, mussten wir bald vergessen. Das Wetter war zwar wunderschön, doch blies uns Tag für Tag eine kalte Bise entgegen. Unsere Rucksäcke waren zwar bloss etwa 8-9 kg schwer und angenehm zu tragen. Wir hatten das Gewicht auf das Minimum reduziert. Seltsam aber: Man schwitzte und fröstelte zugleich. Wir behielten die langen Hosen an. Es begann mit einem Paukenschlag: Da wir – unbefugterweise – ab Weil/Friedlingen den direk- ten Weg entlang des Rheins und somit durch - nicht öffentliches - Hafengebiet einschlugen, standen wir eine Viertelstunde später unvermittelt vor einem Metallzaun, der über das Rheinufer hinausragte: Umkehren? Nicht mit uns! Also hangelten wir uns mehr oder weniger elegant wie zwei Teenager um das Ende des Zauns herum auf die andere, wieder „öffentliche“ Seite, und das ohne ein unfreiwilliges Bad im Rhein zu nehmen. Unser Selbstvertrauen war nach dieser gelungenen Operation schon jetzt in ungeahnte Höhen gestiegen.

Zum Isteinerklotz wollte Ulle schon lange mal. Er wusste nicht, dass es dort so viel zu erfahren gab, ahnte es aber. Jetzt kam die Gelegenheit: Durch das Dörfchen Istein gelangten wir hinauf über Rebberge auf den Klotz. Dort soll mal eine Burg gestanden haben, wir sahen jedoch nichts dergleichen. Unten am Klotz floss der Rhein einmal 30 m höher als heute vorbei, das sah man am ausgewaschenen Fels. Dies war vor der Rheinkorrektion.

In Bad Bellingen nahmen wir unser erstes Bier gleich im Bad und anschliessend liessen wir uns an den Düsen im Pool massieren in der Hoffnung, am nächsten Tag wieder taufrisch zu sein. Wir hatten am ersten Tag immerhin 25 km zurückgelegt. Unser Plan war: Wandern in einem 5-6 km/h – Tempo, anschliessend ein (oder mehr?) Bier(e), in der Folge baden zwecks Regeneration, dann Nachtessen und schliesslich Bettruhe.

Die Suche nach einem Restaurant stellte ein hartes Stück Arbeit dar: Am Bahnhof fragte René einen Mann nach einem offenen Restaurant – ein Fehler: Der urchig sprechende Badenser schnitt während mehrerer nicht enden wollender Minuten x Themen wirtschaftlicher und philosophischer Natur an. Was das Restaurant anging, so musste er jedoch passen oder machte widersinnige Vorschläge. Mit Mühe und Not gelang es Ulle, René von diesem Quassler loszueisen… Also hiess es: Kopf hoch, selber suchen!

Am zweiten Tag ging es hinauf nach Badenweiler auf römischen Strassen und an blühenden Kirschbäumen vorbei. Kurz nach dem Start konnten wir unsere eingefleischte Ritterlichkeit unter Beweis stellen: Eine junge Dame und ihr Hund waren in Not geraten. Das Spielzeug des Vierbeiners gelangte durch einen unglücklichen Wurf der Dame schier unerreichbar auf einen Ast.

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Unerschrocken griff René zu einem herumliegenden Bengel und schleuderte diesen, sekundiert durch Ulle, treffsicher gegen das Spielzeug, welches sogleich hinunterfiel. Mit geschwellter Brust verabschiedeten wir uns von der dankbaren Dame und schritten von dannen. Das Mittagessen nahmen wir in Feldberg im überregional bekannten Gasthaus Ochsen ein. Wir trafen vor 12 Uhr ein und bekamen gerade noch zwei Plätzchen. Angeblich ist das Lokal nahezu täglich ausgebucht (!) In Badenweiler wiederholte sich das Prozedere vom Vortag im Sinne unserer Dreifaltigkeit: B & B (Baden und Bier) - ausgiebiges Speisen - schlafen. Nun merkte Ulle, dass er eine starke Erkältung eingefangen hatte - im Bad oder während dem Wandern: Die Bise war „schuld“. Am nächsten Morgen musste er Tabletten für seinen Hals besorgen. Am dritten Tag reduzierte Ulle das Programm (aus medizinischen Gründen) um rund 6 Kilometer, er nahm von Heitersheim nach Bad Krozingen den Bus. René lief nach einer Pause planmässig weiter. Bevor Ulle jedoch seinen angeschlagenen Körper in einen Bussitz plumpsen lassen durfte, war noch ein gehöriger Aufwand zu betreiben, welcher stark an die Aufgabe des Sisyphus (griechische Sage) erinnerte. Nur musste kein Felsbrocken den Berg hinauf gestossen werden, sondern eine unerwartete Corona-Problematik sowie die Ignoranz eines Fahrgastes und eines Buschauffeurs waren zu überwinden. Zudem galt es die Hieroglyphen auf einer amtlichen Informationstafel zu dechiffrieren. Das kam so: Der Zug von Heitersheim nach Bad Krozingen fuhr nicht, das Virus hatte den Lokführer ins Bett befördert. Also blieb nur noch der Bus. Ein potentieller Fahrgast, ein „Eingeborener“, wartete bereits auf „seinen“ Bus nach Bad Krozingen. Wir erkundigten uns bei ihm und er gab uns - wie aus der Kanone geschossen - die Abfahrtszeit bekannt. Beim Nachchecken fand sich diese jedoch nicht auf dem Fahrplan, was uns stutzig machte… und tatsächlich fuhr zu dieser Zeit auch kein Bus. Weiterer Versuch: Wir fragten einen Buschaffeur einer andern Linie des gleichen Unternehmens, welcher spontan antwortete, er wisse auch nicht, wann wieder ein Bus fahre (!) Oh, diese Badenser… Ulle fand sich schon damit ab, unbestimmt lange auf das nächste Gefährt Richtung Bad Krozingen warten zu müssen, wann immer dieses auftauchen würde. Doch siehe da: „14.35“ entnahm er bei einer erneuten, fast schon verzweifelten Sichtung der Tafel mit dem alles andere als übersichtlichen Fahrplan.

Hoffnung keimte kurz auf, die Enttäuschung folgte auf dem Fuss: Dieser Bus fuhr auch nicht; Im Kleingedruckten stand „… fährt nicht an schulfreien Tagen“. Auch das noch: Schulferien! Eine weitere halbe Stunde später klappte es aber definitiv, Ulle konnte sein Glück kaum fassen. Ein Bus mit Zieldestination Bad Krozingen fuhr vor! Es gelang Ulle endlich, der „Sisyphus-Spirale“ zu entrinnen. Er musste die Nacht doch nicht vor einem Provinzbahnhof verbringen, trotz einem zu erwartenden traumhaften Sternenhimmel ein wenig prickelnder Gedanke. René hatte Heitersheim bereits ca eine Stunde vorher verlassen und nahm die Gelegenheit wahr, seine maximale Nordic Walking – Geschwindigkeit auszureizen. In Bad Krozingen trafen wir uns auf dem Busbahnhof. Wir liessen das Baden wegen Ulles prekärem Gesundheitszustand aus und konnten so früher dinieren. Erstaunlicherweise war Ulle bereits am vierten Tag wieder fit und konnte unser übliches Tempo wieder anschlagen. Mit der App „maps.me“ fanden wir die geeignetsten Wege, auch solche, welche aus (papierigen) Wanderkarten nicht ersichtlich waren. René etablierte sich damit als begeisterter Spezialist im Online-Kartenlesen. Da konnte Ulle sich ruhig zurückhalten und die Landschaft geniessen. Unser nächstes Ziel war Ihringen, der wärmste Ort in Deutschland. Das Hotel war ein umgebauter Bahnhof, behaglich und modern. Nach einem reichlichen Morgenessen bestiegen wir den Kaiser- stuhl, einen erloschenen Vulkan. Vegetation und Geologie waren dementsprechend interessant. Auf dem Totenkopf (höchster Punkt, 557 m.ü.M., weitherum sichtbar, selbst von Basel aus) machten wir Rast und zogen dann weiter abwärts nach Endingen. Dort konnten wir in der Ferienwohnung von Ulles Cousin übernachten. Endingen ist ein kleines pittoreskes Städtchen am Nordrand des Kaiserstuhls. Im Hotel Engel genossen wir zum Abschluss ausgezeichnete Spargeln mit badischem Wein. Die Serviertochter wollte Ulle gleich als Kellner einstellen, warum wusste er nicht. Vielleicht wegen seinem Cousin, der war dort wohlbekannt. Am Samstag schauten wir uns noch Breisach an und anschliessend fuhr uns Corinne, Renés Frau, mit dem Wagen wieder nach Hause. Es war eine interessante Tour, da sie nicht nur den sattsam bekannten Wanderwegen folgte und wir so viel von der Landschaft und dem badensischen „savoir vivre“ mitbekamen. Die Tour ist empfehlenswert für Nichtalpinisten! Ulle und René

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