BIORAMA #22

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KOSTENLOS — ABER ABONNIERBAR

P.b.b. — 11Z038861 M — 1040 Wien —— www.facebook.com/biorama

ausgabe 22 — jänner / februar 2013. www.biorama.eu

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die saat aus dem labor Gentechnik: Von Patenten, Genen und Geschäften L wie Luchs: Ein Bericht aus dem Nationalpark Hohe Tatra Innovationen: Kleine und große Schritte in der Bio-Branche Marktplatz: Düfte, die uns den Kopf verdrehen

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I h r s e i d ’s ch die Besten wirkli in Bio! Naturlich.

Naturlich.

Wenn’s die Bio-Lehrerin sagt, muss es ja stimmen. Und weil wir nicht nur die Besten in Bio, sondern auch die Besten im Regionsunterricht sind, gibt’s bei Ja! Natürlich das Beste aus jeder Region. Von den Nationalparkregionen Kalkalpen und Hohe Tauern bis zu den Nationalparkregionen Gesäuse und Neusiedlersee-Seewinkel – wenn Bauer und Schweinderl einmal auftischen, ist für jeden das Richtige dabei. Was man dann noch mitbringen muss? Einen Appetit! Mehr unter www.janatuerlich.at

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GIBT’S BEI:

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auftakt

05 Editorial 06 Global Village Die Welt im Großen & Kleinen

inhalt

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zur sache: gentechnik Österreich ist Vorreiter bei der Kennzeichnung von gentechnikfrei erzeugten Lebensmitteln, Deutschland versucht nachzuziehen. Offensichtlich herrscht Skepsis gegenüber dieser Seite der Biotechnologie. Zu Recht? Welche Risiken bestehen und wo rettet Gentechnik Menschenleben? Zuerst aber: Was ist eigentlich Gentechnik? Über eine Disziplin zwischen Hoffnung und Angst, schlechtem Image und Wohlwollen.

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vater des bio-booms In seine Zeit als österreichischer Landwirtschaftsminister fällt die politische Geburtsstunde des Biolandbaus. Wir haben Franz Fischler zum Interview getroffen.

Magazin

30 Der erste Schnee Winterwandern im Waldviertel 38 L wie Luchs Auf den Spuren des Luchses 42 Cycle Talk für Dummies Fakten, Zahlen und Wahrheiten 46 Nicht mit der Gießkanne Unternehmerische Verantwortung 50 Was wir wollen Bio-Innovationen in Österreich 56 Der Bioladen Europas Ein Gespräch mit Franz Fischler 60 Ein bisschen weiter gehen 40 Jahre Lonely Planet 77 Speis & Trank Guten App-etit! 79 Comic

schlafwandeln in der au Tocotronic im Ohr und das Rascheln im Unterholz: Für die Modestrecke stand ein nächtlicher Ausflug am Programm. Wir zeigen gemütliches Schlafgewand für kalte Winter.

Cover: Gentechnik

16 Gene neu gemischt Was ist eigentlich Gentechnik? 18 G wie Genom Das Gentechnik-Glossar 20 Das Geschäft mit der Angst Renée Schroeder und Florian Faber im Streitgespräch 22 Gespaltene Wahrnehmung Grüne Gentechnik spaltet Meinungen und Kontinente 24 Landwirtschaft der Zukunft? Ein Blick auf die Felder der Welt 28 Basteln am Erbgut Biohacking als DIY-Forschung

Marktplatz

70 Destillierte Gefühle Naturparfüms für die Nase 72 DIY-Rezept Weihnachtlicher Milchreis 74 Sultans Entzücken Orientalische Gewürze

Kolumnen

48 Elternalltag 82 Und hinter mir die Sinflut

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Beenden Sie Ihr Single-Dasein – es zahlt sich aus!

Auch Ein-Personen-Unternehmen brauchen Unterstützung. Deswegen: Stellen Sie jetzt Ihre erste Mitarbeiterin/Ihren ersten Mitarbeiter ein, die/der arbeitslos ist. Dann erhalten Sie 25 Prozent des Bruttogehalts 12 Monate lang als Förderung.

Das Wichtigste zur Lohnnebenkostenförderung: WER: Ein-Personen-Unternehmer/-innen, die nach dem GSVG kranken-, unfall- und pensionsversichert sind. WEN: Die erste Mitarbeiterin/den ersten Mitarbeiter – Personen, die unmittelbar zuvor eine Ausbildung abgeschlossen haben und beim AMS als arbeitsuchend vorgemerkt sind; oder beim AMS seit mindestens 2 Wochen arbeitslos gemeldet sind. WAS: Arbeitsverhältnis – Arbeitszeit muss mindestens 50 % der Normalarbeitszeit betragen und das Arbeitsverhältnis muss länger als zwei Monate dauern.

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WANN: Ab sofort – befristet bis Ende 2013. WIE LANGE: Für die Dauer des Arbeitsverhältnisses, höchstens aber ein Jahr. WIE VIEL: 25 % des Bruttolohns, 12 x pro Jahr WO: Förderbegehren können Sie in Ihrer regionalen AMSGeschäftsstelle, bis spätestens 6 Wochen nach Beginn des Arbeitsverhältnisses, einbringen. Mehr Infos: www.ams.at epu.wko.at/mein-erster-mitarbeiter

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editorial, impressum

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schwein gehabt

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Thomas Weber, Herausgeber weber@biorama.eu @th_weber

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Einen Nachbericht zum »Schlachttag am Arche-Hof« und Infos zu den anstehenden biorama Leser-Safaris findet ihr auf www.biorama.eu / safari

impressum HERAUSGEBER Thomas Weber CHEFREDAKTION Johanna Stögmüller AUTOREN Isabella Arcucci, Mirjam Bromundt, Klaus Buchholz, Manuel Fronhofer, Reinhard Gessl, Yannick Gotthardt, Christa Grünberg, Robin Hauenstein, Jubin Honarfar, Nina Daniela Jaksch, Micky Klemsch, Franz Knipp, Sarah Krobath, Martin Mühl, Ursel Nendzig, Karin Pointner, Nicola Powell, Adrienne Purkert, Sebastian Rahs, Parvin Razavi, Werner Reiter, Martin Riedl, Stefanie Schabhüttl, Wolfgang Smejkal, Peter Stuiber, Erwin Uhrmann, Jonas Vogt, Jörg Wipplinger PRAKTIKUM Sandra Adler, Lisa Schmid, Katharina Wiesler FOTOGRAFIE Hannah Schmidt, Arnold Pöschl ILLUSTRATIONEN Nana Mandl, Hannah Schmidt COMIC Leopold Maurer ART DIRECTOR Sig Ganhoer GESTALTUNG Hannah Schmidt, Manu Uhl LEKTORAT Wolfgang Smejkal, Adalbert Gratzer ANZEIGENVERKAUF Herwig Bauer, Wolfgang Hoffer, Nina Daniela Jaksch, Micky Klemsch (Leitung), David Kreytenberg, Thomas Weber WEB Super-Fi, m-otion DRUCK Druckerei Janetschek, Gußhausstraße 24–26, 1040 Wien PRODUKTION & MEDIENINHABER Monopol GmbH, Favoritenstraße 4–6 / III, 1040 Wien GESCHÄFTSFÜHRUNG Martin Mühl KONTAKT Biorama c/o Monopol GmbH, Favoritenstraße 4–6 / III, 1040 Wien; Tel. +43 1 9076766; www.biorama.eu, www.monopol.at, redaktion@biorama.eu BANKVERBINDUNG Monopol GmbH, easybank, Kontonummer 20010710457, BLZ 14200 ABONNEMENT siehe Website: www.biorama.eu ERSCHEINUNGSWEISE 6 Ausgaben pro Jahr ERSCHEINUNGSORT Wien VERLAGSPOSTAMT 1040 Wien

BLATTLINIE Biorama ist ein unabhängiges, kritisches Magazin, das sich einem nachhaltigen Lebensstil verschreibt. Die Reportagen, Interviews, Essays und Kolumnen sind in Deutschland, Österreich und der ganzen Welt angesiedelt. Sie zeigen Möglichkeiten für ein Leben mit Qualität für Mensch und den Planeten Erde. Ohne dabei den Zeigefinger zu erheben. Biorama erscheint sechsmal im Jahr.

foto Katharina Seiser, Michael Winkelmann

er Tag begann mit einem Whiskey auf die Seele des Schweins. Eine halbe Stunde später war das Tier tot und unsere Runde irgendwie erleichtert. »Mir geht es erst gut, wenn die Sau tot vor mir liegt«, hatte Christoph Wiesner gemeint, als er vor uns an einem Holzbock die durchschlagende Wirkung des Schlachtschussapparats demonstrierte. Bumm! Und aus. Das war kein zynischer Blick auf seine Profession, sondern zeigte, dass es auch für jemanden, der davon lebt, Mangalitza-Schweine zu züchten, nichts Alltägliches ist, eines seiner Tiere zu schlachten. Dass es aber die natürlichste Sache der Welt ist, dass ein Tier getötet wird – sofern man Fleisch isst. An zwei Sonntagen im November hatte sich jeweils eine Gruppe von Redakteuren und Lesern auf Wiesners Biohof zur biorama-Leser-Safari eingefunden. Ihr Motto: »Wir schlachten, zerlegen und verarbeiten ein Schwein«. Der Tag: intensiv und anstrengend – eben vom Vorbereiten der Schlachtwerkzeuge bis zur fertigen Wurst; intim, familiär und erfüllt von einer sonst vermutlich selten zu erlebenden Würde gegenüber dem Tier. Für Fleischverweigerer mag auch das zynisch klingen. Alle 50, die aktiv dabei waren, wissen genau, was ich meine – und würden dieses Erlebnis weiterempfehlen. Denn dieser Tag wirkt nach wie ein verdammt gutes Buch. Für biorama waren die beiden Schlachttage das Experiment der vergangenen Monate. Wie würde unsere Community, würden all die Vegetarier und Veganer die Sache aufnehmen? Nun, die Reaktionen waren durchwegs positiv und haben uns darin bestärkt, beides fortzuführen: Einerseits unsere biorama LeserSafaris (Anregungen willkommen!) und andererseits die Schlachttage zu wiederholen. Am 24. Februar 2013 zieht es uns abermals auf Wiesners Arche-Hof (nach Niederösterreich) und im April heißt es in Kooperation mit Bio Austria Salzburg erstmals: »Wir schlachten, zerlegen und verarbeiten ein Rind«

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Bild der Ausgabe

06 Abfallwirtschaft

Oh, Tannenbaum! Gerade war er noch der Star im weihnachtlichen Wohnzimmer – doch schneller, als jemand mit den letzten Keksen Erbarmen zeigt, ist der Christbaumschmuck wieder in Schuhkartons verstaut und die Tanne wird – wenn nicht im eigenen Ofen verheizt – auf die Straße gesetzt. Gut so, denn die erhöhte Brandgefahr, die durch die trockenen Nadeln entsteht, ist nicht zu unterschätzen. Deshalb sollten die Bäumchen bis spätestens Mitte Jänner zu einer Sammelstelle gebracht werden, um sachgemäß entsorgt zu werden. Über 480 solcher Christbaumsammelstellen gibt es zum Beispiel in Wien. Dort werden die Bäume von der Müllabfuhr abgeholt und dann im größten Wald-Biomassekraftwerk Europas in Simmering entsorgt. Rund 670 Tonnen post-weihnachtliches Altholz werden dabei jährlich zu sauberer Energie umgewandelt. Alternative: ein lebender Weihnachtsbaum.

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foto Karin Wasner

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Global Village

Mode

Grüne, neue Fashion-Welt Vom 15. bis 17. Jänner wird im Rahmen der Berliner Fashion Week nachhaltige Mode präsentiert. Von grün und urban bis glamourös und nachhaltig. In den letzten beiden Jahren sind in Berlin zahlreiche neue Plattformen und Formate im Bereich Eco-Fashion entstanden – und natürlich darf eine grüne Linie auf hohem Niveau und mit Chic auch bei den vielen verschiedenen Schauen der Berlin Fashion Week nicht fehlen. In Huxley’s Neuer Welt in Neukölln finden die Schauen des Showfloor Berlin statt. Ebenso wird es die Ethical Fashion Show geben, eine Fachmesse mit internationalen Labels im Berliner E-Werk. Neben dem klassischen Messebetrieb hat sich die Knowledge-Lounge als Informationspool bewährt. Hier haben alle interessierten Besucher die Möglichkeit, sich eingehend über die Hintergründe nachhaltig produzierter Kleidung zu informieren und sich mit Experten verschiedener Organisationen über ethische und ökologische Aspekte von Mode austauschen und zu vernetzen. Die dritte im Bunde der grünen Schauen ist der Green Showroom: ein unkonventioneller Messe-Showroom in luxuriösen Hotelsuiten oder Lofts.

www.showfloorberlin.de www.ethicalfashionshowberlin.com www.green-showroom.net

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street talk Wir fragen, fünf Frostbeulen antworten.

» Was machst du bei minus 10 Grad?« Sandra 22, Studentin

Jeanette 46, Verwaltungsangestellte

Ich wärme mich mit einer Heißen Zitrone auf.

Ich mache einen Spaziergang. Wenn man sich warm anzieht, kann man auch bei minus 10 Grad rausgehen.

Winterspeck ansetzen.

Hannes 52, Sportdirektor Ich bin ein Allwetter-Typ und aktiver Läufer. Bei minus 10 Grad gehe ich raus, wenn ich Zeit habe. Es gibt kein schlechtes Wetter, nur schlechte Ausrüstung oder eine schlechte körperliche Verfassung.

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Petra 41, Sachbearbeiterin und freiwillige Sanitäterin

David 27, Student, nebenbei Punschverkäufer

Bei solchen Temperaturen ziehe ich mich richtig, richtig warm an, so wie heute – und friere. Bei minus 10 Grad gibt es nichts, was mich warm hält.

Ich finde, wenn es dunkel ist, kann man auch mal einen Glühwein trinken – oder zwei. Und wenn ich könnte, würde ich mir meine eigene Wintergarnitur stricken.

links text Katharina Wiesler — RECHTS Interview und fotos Sandra Adler, Katharina Wiesler

Stimme aus dem Off

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global village

Der Freude Ausdruck verleihen. ist in Die „stillste Zeit im Jahr“ schäftigste Ge die al ksa uc unserem Dr s Zeit nehmen, Trotzdem wollen wir un besonderes unserer Freude über ein ihen. Jahr Ausdruck zu verle s über die Vor allem freuen wir un a), denen ram vielen Kunden (wie bio angelegenns rze Nachhaltigkeit eine He gemeinsam wir heit ist und mit welchen dü en rfen. die Umwelt beeindruck

Danke!

HEIDENREICHSTEIN WAIDHOFEN/THAYA ZWETTL WIEN

www.janetschek.at

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Green IT

Das Smartphone als Stromspargerät Unerwartete Auswirkungen der Verbreitung von iPhone & Co. Das Laden unseres ständigen Begleiters verbraucht eigentlich kaum Strom: Mit weniger als fünf Kilowattstunden pro Jahr verursacht es Energiekosten in der Höhe von maximal einem Euro. Zusätzlich verdrängt das Smartphone andere Verbraucher, die wir täglich in Verwendung halten – sei es das Notebook zum schnellen Checken der E-Mails und zum Surfen im Web oder die Spielkonsole, mit der man sich die Zeit vertreibt. Deren Energiebedarf ist ein Vielfaches der Smartphones, wo die Hersteller durch die begrenzte Akkukapazität zum sorgsamen Umgang mit der Energie gezwungen sind. So können Smartphones helfen, den Energieverbrauch der Haushalte zu reduzieren. Quelle: blog.opower.com

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Nachhaltigkeit unter Sneakerheads Für einen Sneakershop führt die Zapateria in Wien ungewöhnlich viele nachhaltige Marken. Severin Rogl und David Rüb über faire Schuhwahl. biorama: Für einen klassischen Sneakerladen verkauft ihr vergleichsweise viele Modelle aus nachhaltiger Produktion. Wie ist es dazu gekommen? severin rogl: Es war uns schon immer wichtig, den Sneakerbereich in möglichst vielen Facetten abzudecken und natürlich gehört da auch faires Schuhwerk dazu. Faire Sneaker – das ist ein sehr dehnbarer Begriff, manchen Kunden ist es wichtig, dass Schuhe in Europa produziert werden, um absolut sicherzugehen, dass keine Kinderarbeit dahintersteckt, andere wollen nachhaltige Materialien mit bester Umweltverträglichkeit. Mit welchen Herstellern arbeitet ihr zusammen? david rüb: Derzeit mit Veja Fairtrade aus Frankreich und Ekn Footwear aus Deutschland. Im Frühjahr 2013 kommt noch ein neues französisches Label dazu. Sind die Händlerspannen hier anders? rogl: Nein. Was aber schon zu unserem Nachteil ausfällt: Wir müssen teilweise vorgefertigte Pakete bestellen und können nicht selbst einteilen, wie oft wir welchen Schuh in welcher Größe ordern wollen. Das ist vor allem beim Nachbestellen problematisch. Wenn ein Schuh in 43 aus ist, müssen wir dann wieder gleich ein

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Paket mit 12 Schuhen in allen Größen einkaufen. Kommen informierte Öko-Käufer extra deswegen und gibt es andere, die nicht mitbekommen, dass ihre neuen Schuhe anders produziert wurden? rogl: Ersteres auf jeden Fall, es gibt Kunden, die nur einen Schuh von z.B. Ekn haben wollen. Zweiteres kommt eigentlich nicht vor. Wenn jemand einen EknSneaker um 140 Euro kauft und nicht weiß, dass er jetzt ein nachhaltiges Produkt aus Europa kauft, hätte das Zapateria-Verkaufsteam ganz schlecht gearbeitet! Nachhaltigkeit ist ein anhaltender Trend, ist das ein Thema unter Wiener Sneakerheads? rüb: Gerade bei Sneakerheads geht es in erster Linie um andere Dinge, wie die History des Schuhs, den Seltenheitswert und vor allem das Design. Da faire Marken aber erst in den letzten Jahren aufgekommen sind, haben sie nur Chancen beim Design. Die Ausnahme ist New Balance, die einen Teil ihres Sortiments in England und den usa produzieren. Faire Schuhe verkauft die Zapateria auch online unter www.zapateria.at

links Text Franz Knipp illustration Hannah Schmidt — RECHTS INTERVIEW Martin Mühl foto Zapateria

sneaker

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global village

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Anders wohnen

Komm, bau mir ein Baumhaus anders spenden

Direkt und transparent helfen

TEXT Katharina Wiesler fotos betterplace.org, Taschen Verlag

Auf betterplace.org, der Web-Spenden-Plattform mit Start-up-Sitz in Berlin, treffen Menschen, die helfen wollen auf Menschen, die Hilfe brauchen. betterplace.org versteht sich als eine globale Internet-Plattform, die als Brücke zwischen Spendern und Hilfesuchenden fungiert. Auf ihren Reisen lernten Joana und Stephan Breidenbach und Till Behnke weltweit viele Menschen kennen, die hart daran arbeiteten, eine bessere Zukunft zu ermöglichen. Ein Konzept musste her, mit dem man Eigeninitiative fördern und diejenigen Projekte, die von den großen Hilfsorganisationen nicht erfasst werden, aus der Anonymität herausholen könnte – inzwischen ist betterplace.org zur größten Spendenplattform Deutschlands gewachsen. Die Intention dahinter ist nicht nur, dass der Spendenmarkt größer, effizienter und effektiver wird, sondern auch, dass sich die Plattform als »Weltverbesserungs-Unternehmen« sieht und sich zu einem nachhaltigen, skalierbaren und gemeinnützigen Unternehmen entwickelt. Der Weg zu spenden ist einfach: Man klickt sich auf die Website, sucht nach Projekten, die man unterstützen möchte, registriert sich und spendet. Ebenso kann man sich als Hilfesuchender an die Plattform wenden. www.betterplace.org

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Als Kind war man fasziniert von Baumhäusern. Und ist es vielleicht noch heute. Ein Sammelband zeigt eine Rundschau von Wohnraum in luftiger Höhe. In dem Bildband »Tree Houses. Fairy Tale Castles in the Air« von Philip Jodidio sind 50 Baumhäuser aus aller Welt versammelt. Durch die wunderbaren Illustrationen des kalifornischen Künstlers Patrick Hruby und einer Vielzahl an Fotos der Innen- und Außenansicht werden die Häuser für den Leser äußerst plastisch dargestellt. Die Sehnsucht nach einem geschützten Refugium und der Anspruch an moderne Architektur, die gleichzeitig über den Dingen schwebend und doch am Boden verankert sein sollte, bestimmt dieses Buch. Beim Durchblättern wird dem Betrachter der Zusammenhang von Freiheit und der gewollt freiwilligen Beschränkung sowie die Möglichkeit eines Lebens im Einklang mit der Natur mehr als nur bewusst. Erschienen im Taschen Verlag.

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anders designen

Design Saves You

Die gröSSte Küche der Welt Die Website casameals.com ist als erste ihrer Art eine Plattform sowohl für Menschen, die gerne kochen als auch jene, die gerne bekocht werden. So einfach kann es gehen: Man meldet sich einfach unter casameals.com an, eröffnet so sein »Home Bistro« und hat die Möglichkeit, andere Menschen, die keine Lust mehr auf Junk Food oder Take-Away-Nudeln haben, zu bekochen. Oder man meldet sich an und möchte selbst bekocht werden. Die Seite ist das erste Consumerto-Consumer (c2c) Essens-Internetportal weltweit. Das Ziel ist, mehr als 100.000 Home Bistros zu eröffnen, um die Community größer zu machen als die vier größten marktführenden Restaurant-Ketten. Es gibt drei Möglichkeiten, die man nach einem simplen Anmeldevorgang nutzen kann. Erstens: Dine In – Mitglieder essen bei einem anderen Mitglied. Zweitens: Take-Out – das Mitnehmen von Speisen bei einem anderen Mitglied. Drittens: Home Delivery – Mitglieder liefern Speisen oder werden beliefert. Mahlzeit! www.casameals.com

Ein Eco-Zertifikat für das Internet, das Daten kurzer Aktualität mit einem Haltbarkeitsdatum versieht; die Visualisierung der Mindesthaltbarkeit, die dabei hilft, das »richtige« Ablaufdatum eines Joghurts zu erkennen und damit der Lebensmittelverschwendung entgegenwirkt oder der Pfandring von Paul Ketz, der das Sammeln von pet-Flaschen im öffentlichen Raum ermöglicht – Ideen wie diese, insgesamt 14 an der Zahl, wurden in den Kategorien Produkt, Konzept und Nachwuchs Ende November in Berlin mit dem Bundespreis Ecodesign ausgezeichnet. Die nominierten Projekte bestechen durch Nachhaltigkeit und den besonderen Umgang mit Energieverbrauch. In der Kategorie Nachwuchs, in der es mit der Domain .eco, dem Projekt »Best before«, dem Pfandring und dem zu 100 % aus recycelten Materialien bestehenden Pullover »Jury und Walentina« vier Gewinner gab, konnten sich Studierende an deutschen Designhochschulen und junge Gestalter, deren Studienabschluss nicht länger als drei Jahre zurückliegt, mit Produkten oder konzeptionellen Arbeiten bewerben. Preisträger und Nominierte des Wettbewerbs werden in einer Ausstellung präsentiert, die 2013 an mehreren Orten in Deutschland zu sehen ist.

www.bundespreis-ecodesign.de

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TEXT Katharina Wiesler foto Bundespreis Ecodesign

anders essen

Tausend Ideen, ein Preis: Ästhetisch und ökologisch überzeugende Konzepte wurden kürzlich mit dem Bundespreis Ecodesign ausgezeichnet.

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Weil die Welt noch immer nicht so ist, wie sie sein sollte: 30 Jahre GLOBAL 2000. 22_04-15_Global_Village.indd 14

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Meine Stadt

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meine Stadt

ZUrich

Lieblingsplätze & Eco-HotSpots von Adrienne Purkert

Jeweils am Dienstag und Freitag findet auf dem Bürkliplatz mitten in Zürich der Gemüsemarkt statt. Frischer geht’s nimmer, hier bieten Bauern und Gemüsehändler ihre Waren direkt an. Definitiv ein tolles, lohnenswertes Erlebnis. Was man sich beim Besuch des Marktes nicht nehmen lassen sollte, ist ein Besuch bei der Bürkli Beiz – Annemarie Forrer betreibt hier den charmantesten und besten Imbiss der Stadt. Empfehlenswert sind die hausgemachten Kuchen. www.bürkliplatz.ch

Vintage-Möbel, nach alter Tradition restauriert, erwerben. Angeboten werden lediglich Objekte aus der Schweiz, die älter als 100 Jahre sind. Alte Holztische, Bänke, Schränke u.v.m. www.wood-love.ch

Mein absoluter Lieblings-Eco-Hotspot ist unser eigener Schrebergarten, in welchem wir während der Sommermonate eigenes Gemüse anbauen, das dann – sofern die Menge reicht – oft auch in unserem Cafe verwertet wird. www.facebook.com / kafihoefli Und ja, da wäre natürlich noch Wood Love – da gibt es nichts zu essen, sondern die vermutlich nachhaltigsten und schönsten Möbel der Stadt. Bei Wood Love kann man sich sein eigenes Objekt gestalten oder ein

Für eine leckere Suppe am Mittag oder Gemüse vom Bauern geht’s unter der Woche zum Paradiesli an der Seefeldstrasse. www.bioladen-paradiesli.ch Für unser Cafe arbeiten wir während den Sommermonaten mit der Küche von Hin & Weg zusammen. Hier wird alles auf natürlicher Basis, tagesfrisch hergestellt. Definitiv ebenfalls ein Eco-Hotspot ist das neueröffnete Restaurant Gare von den Kollegen. www.hinundweg.biz

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fotos Adrienne Purkert, Dominique von Albertini

Adrienne Purkert war lange als Text- / Konzepterin bei verschiedenen Werbeagenturen in der Schweiz und Österreich tätig. Vor zwei Jahren hat sie gemeinsam mit Dominique von Albertini die Boutique N°2 im Herzen von Zürich eröffnet. Diesen Sommer kam im Innenhof noch ein kleines Cafe hinzu. Ein Atelier ist in Arbeit.

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was ist eigentlich gentechnik?

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Gene neu gemischt Das Thema Gentechnik ist viel zu umfassend und viel zu komplex, als dass mit einem »Dagegen« oder »Dafür« alles gesagt wäre. Über eine Disziplin zwischen Hoffnung und Angst.

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sterreich ist Vorreiter bei der Kennzeichnung von gentechnikfrei erzeugten Lebensmitteln, Deutschland versucht nachzuziehen. Offensichtlich herrscht Skepsis gegenüber dieser Seite der Biotechnologie. Zu Recht? Welche Risiken bestehen und wo rettet Gentechnik Menschenleben? Zuerst aber: Was ist eigentlich Gentechnik? Der Begriff Gentechnik umfasst sämtliche Methoden, mit denen das Erbmaterial lebender Organismen gezielt verändert wird. Im Prinzip ist Zucht auch schon eine Art Gentechnik, weil Erbgut bewusst kombiniert wird. Der entscheidende Unterschied: Bei der Zucht können nur nahe verwandte Individuen gekreuzt werden, bei der Gentechnik werden nicht nur Artgrenzen überschritten, sondern Gene aus allen Ecken des Stammbaums

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Jörg Wipplinger

Nana Mandl

des Lebens kombiniert. Meistens werden Gene des einen Organismus mit Hilfe von Bakterien in das Erbgut eines anderen Organismus eingeschleust. Das Erbgut besteht aus dna (zu deutsch: dns = Desoxyribonukleinsäure), jede einzelne Zelle eines Individuums enthält die gesamte Erbinformation. Die dna enthält den Bauplan aller Proteine, die wiederum den gesamten Stoffwechsel eines Lebewesens steuern. Ein Gen ist ein Abschnitt der dna, der für ein bestimmtes Protein codiert. Schleust man ein Gen erfolgreich von einem Organismus in den anderen, dann kann der Organismus ein Protein herstellen, das er vorher nicht erzeugen konnte. So bekommt das Lebewesen neue Eigenschaften. Gentechnik hat zahlreiche Anwendungsgebiete, die inzwischen grob in drei Klassen eingeteilt sind: Grüne Gentechnik umfasst die Landwirtschaft und den Lebensmittelsektor, Pflanzen werden gentechnisch verändert. Die Rote Gentechnik ist der medizinische Bereich, sie entwickelt neue Diagnosen, Therapien und Arzneimittel. Industriell angewendete Gentechnik wird als Graue Gentechnik zusammengefasst. Hier werden Mikroorganismen gebaut, die Aufgaben in der Industrie übernehmen, beispielsweise Giftstoffe zersetzen. Wikipedia unterscheidet zusätzlich noch Weiße von Grauer Gentechnik, wobei die Weiße Gentechnik für Industrieanwendungen und die Graue Gentechnik für Anwendungen in der Abfallwirtschaft steht.

Meilensteine Möglich ist Gentechnik nur deshalb, weil alle Lebewesen den gleichen genetischen Code teilen – vereinfacht gesagt, spricht das Erbgut aller Lebewesen die gleiche Sprache. Das verdanken wir dem gemeinsamen Ursprung des Lebens, der am Beginn der Evolution stand. Ein menschliches Gen kann also auch in einer Maus seine Funktion erfüllen oder sogar in einer Pflanze. Schon 1977 gelang es, ein Bakterium ein menschliches Protein herstellen zu lassen. Bereits zwei Jahre zuvor waren die biotechnologischen Möglichkeiten so weit fortgeschritten, dass in einer Konferenz die Rahmenbedingungen besprochen wurden, unter denen die weitere Forschung stattfinden sollte. Bei diesem Treffen schufen 140 Molekularbiologen die Grundlagen für die rechtliche Regelung der Gentechnik in vielen Staaten. Seit 1985 sind Pflanzen in den USA patentierbar, 1988 gab es das erste Patent auf ein Säugetier, die Krebsmaus. Das komplette Genom des Menschen gilt seit 2003 als entschlüsselt, das heißt, die Abfolge der Basenpaare in der dna ist bekannt. Insgesamt enthält das Genom des Menschen rund 20.000 bis 25.000 Gene – wie viele es genau sind, geschweige denn, welche Funktionen sie

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haben, ist bei Weitem noch nicht vollständig geklärt. Die Sequenzierung der dna wird technisch ständig verbessert und verbilligt, entsprechend nimmt die Zahl der Arten, deren genetischer Code entschlüsselt wurde, immer rascher zu.

Anwendung und Akzeptanz Auch wenn inzwischen zahlreiche Genome vollständig bekannt sind, ist das mit Gentechnik verbundene Risiko sehr schwer vorherzusagen. Lebewesen sind komplex und noch längst nicht alle Vorgänge werden verstanden. Entsprechend ist die Zustimmung zu gentechnischen Verfahren dort am höchsten, wo der direkte Nutzen offensichtlich ist. In der Medizin reicht die Anwendung von der Herstellung von Insulin bis zur Gentherapie. Während die meisten Entwicklungen in diesem Bereich wenig Diskussionsbedarf wecken, verlangen auch hier Randbereiche nach einer intensiven ethischen Debatte. Neue Diagnoseverfahren erlauben es, gesundheitliche Risikofaktoren schon am Erbmaterial abzulesen. Hängt dann der Versicherungsbeitrag von der dna ab? Erfahren zukünftige Arbeitgeber von einer potenziellen Suchtgefährdung? Strittig ist auch die Keimbahntherapie, also die gentechnische Behandlung genetischer Defekte bereits während der Embryonalentwicklung. Auf der anderen Seite besteht die Chance, Erbkrankheiten zu besiegen und auch neue Therapien gegen schwere Erkrankungen wie etwa Krebs zu entwickeln. In der Industrie besteht die Hoffnung, einerseits Produktionsprozesse mit Hilfe von Gentechnik zu optimieren und andererseits unerfreuliche Nebenprodukte schonend beseitigen zu können. Auch für die Erzeugung von alternativen Energieträgern spielt die Gentechnik eine Rolle – sie erweitert die Bandbreite an dafür nutzbaren Ausgangsmaterialien. Über die Vorteile und Gefahren der grünen Gentechnik informiert das Streitgespräch auf den folgenden Seiten, in dem falsche Heilsversprechen ebenso thematisiert werden wie irrationale Ängste der Konsumenten (Seite 20). Gentechnik in Lebensmitteln hat nicht in jedem Land ein gleich schlechtes Image, Skepsis und Wohlwollen ergeben sich in unterschiedlichen Regionen aus der ortsüblichen Interpretation von Nutzen und Risiko (Seite 22). Die wiederum nicht zuletzt davon abhängt, welche Rolle dort der Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen spielt – ein Überblick dazu ab Seite 24. Technologischer Fortschritt macht Biotechnologie billiger und interessierte Private beginnen, Gentechnik zu ihrem Hobby zu machen. Die Biohacker arbeiten nicht in den Labors großer Konzerne, sondern werken in Heimarbeit an der Erbmasse – ab Seite 28.

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glossar gentechnik

18 · atomic gardening society ·

· gen ·

1957 wurde auf Initiative von US-Präsident Dwight Eisenhower die internationale Atomenergie-Behörde iaea in Wien gegründet, die noch heute eine Sektion »Nukleartechnik in Ernährung und Landwirtschaft« betreibt. Die Blütezeit der sogenannten Atomgärten brach an, als die britische Autorin Muriel Howorth 1959 die »Atomic Gardening Society« gründete, deren private Mitglieder bestrahltes Saatgut pflanzten und die Ergebnisse gemeinsam testeten. Über 3.000 mit der Strahlenkanone erzeugte Sorten sind seither offiziell auf den Markt gekommen.

Ein Abschnitt der dna, der für ein Protein codiert; also die Bauanleitung für einen Eiweißstoff, der in der Zelle dann bestimmte Aufgaben wahrnimmt.

· genom · Das gesamte Erbgut eines Organismus enthält die Information, die für seinen Bau notwendig ist.

· biohacking · Seit ca. zehn Jahren macht eine neuer Zweig aus Molekularbiologie, organischer Chemie und Ingenieurswissenschaften von sich reden, die sogenannte Synthetische Biologie. Die junge Disziplin betrachtet die Zelle, die Grundeinheit des Lebens, als Biomaschine, welche sich in ihre Einzelteile zerlegen und aus diesen neu zusammensetzen lässt. Mit diesem Baukastenprinzip geht es um das Design und die Konstruktion von neuen biologischen Systemen, die in der Natur nicht vorkommen. Biohacker (in Anlehnung an die Computerhacker) plädieren für eine Demokratisierung dieses Wissens und wollen die Biotechnologie aus den großen Forschungsinstituten in private Labors holen. Sie versuchen, das Biotech-Handwerk so weit zu vereinfachen und sich darüber auszutauschen, dass interessierte Laien auch ohne Profilabor kreativ arbeiten können.

glossar · gv-pflanzen · Gentechnisch veränderte (gv-)Pflanzen besitzen Eigenschaften, die ihnen mit artfremden Genen eingepflanzt wurden. Möglich sind Resistenzen gegen Pestizide, Unempfindlichkeit gegen bestimmte Krankheitserreger und Schädlinge oder zusätzliche Inhaltsstoffe, zum Beispiel Vitamine.

· gv- saatgut ·

· dna (dns) · Desoxyribonukleinsäure (-acid) Träger der Erbinformation bei Tieren und Pflanzen, ihr Aufbau als Doppelhelix wurde 1953 aufgeklärt. Sie ist eine lange Doppelkette, bestehend aus vier Nukleiotiden: Adenin, Guanin, Thymin und Cyotsin. Welche zwei Basen jeweils aneinander binden, merken sich Biologiestudenten mit dem sinnigen Spruch Affen Trinken Gerne Cocktail (Adenin und Thymin, Guanin und Cytosin).

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Gentechnisch veränderte Pflanzen werden logischerweise aus gentechnisch verändertem Saatgut gezogen. Das müssen die Landwirte vom Hersteller jedes Mal neu kaufen. Würden die Bauern nämlich bei der nächsten Saat die Samen aus den eigenen, bereits angebauten gv-Pflanzen verwenden, wäre das eine Verletzung der Patentrechte des Saatgut-Herstellers. Der Saatgut-Multi Monsanto hat beispielsweise eine eigene Abteilung, die kontrolliert, dass die Bauern kein Saatgut aus der eigenen Ernte verwenden.

· krebsmaus · Mithilfe von Gentechnik wurden Hausmäuse gezüchtet, die besonders anfällig für Tumore sind. Dafür wurden in die Mausembryonen menschliche Brustkrebsgene eingeschleust. Der Konzern DuPont konnte sich den Organismus patentieren lassen, so wurde die Krebsmaus zum ersten patentierten Säugetier.

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· monsanto · Der Konzern mit Sitz in St. Louis, usa, produziert Saatgut und Herbizide und dominiert den Anbau von gvPflanzen. Seit 1981 konzentriert sich das Unternehmen auf Biotechnologie, 1987 wurden erste Feldversuche mit gv-Pflanzen gestartet. 2011 wurde ein Nettogewinn von 1,6 Milliarden Dollar erwirtschaftet. Die enorme Marktdominanz von Monsanto wird von ngo’s wie Greenpeace sehr kritisch gesehen.

· protein · Eiweißstoffe, die aus Ketten von Aminosäuren bestehen und in der Zelle unterschiedliche Aufgaben wahrnehmen. Sie sind sowohl Baustoff als auch Konstrukteure, die den Stoffwechsel steuern. Beispielsweise als Ionenkanäle in der Zellmembran.

· pcr · Die Polymerase-Kettenreaktion (Polymerase Chain Reaction) ist eine der wichtigsten Methoden in molekularbiologischen Labors. Mit ihr lassen sich kurze Abschnitte von dna beliebig vervielfältigen. Sie wird beispielsweise bei Vaterschaftstests eingesetzt, beim Klonen von Genen oder als Diagnoseverfahren.

· saatgutbibliothek · Massenproduktion versus Erhalt der Artenvielfalt: Seit einem Urteil des Europäischen Gerichthofs im Juli 2012 dürfen Europas Bauern selbst Saatgut aus alten, amtlich nicht zugelassenen Pflanzensorten herstellen und – mit einigen Einschränkungen – vermarkten. Für den ÖkoLandbau ist eine eigenständige Saatgutproduktion ein wichtiger Bestandteil zur Sicherung der Kulturpflanzenvielfalt und ihrer nachhaltigen Nutzung. Weltweit arbeiten Kooperativen im Kontext globaler Entwicklungen in Politik und Wirtschaft am Erhalt und Aufbau von (biologischen) Saatgutbibliotheken, in denen die Samen alter Kulturpflanzen und Informationen zu Sorten sowie Anbau- und Nutzungshinweise dokumentiert sind.

· sequenzieren · Mit dieser Technik wird die Abfolge der Basen innerhalb der dna aufgeklärt. Man liest quasi alle Buchstaben der Erbinformation. Aber damit wird dann noch nicht die Information verstanden. Es sind nicht alle Gene bekannt, man weiß nicht, welche Abschnitte gelesen werden und wie gesteuert wird, welche Bereiche tatsächlich in Proteine übersetzt werden.

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Biorama Nº. 22

Streitgespräch Gentechnik

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»Kein Merkmal der Qualität« Österreich ist Vorreiter bei der Kennzeichnung von gentechnikfrei erzeugten Lebensmitteln. Aber hat die Auszeichnung Sinn oder ist sie ein Marketingkonzept, das mit den Ängsten der Konsumenten spielt?

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biorama: Was ist so böse an Gentechnik, dass man sie kennzeichnen muss? florian faber: Die Konsumenten wollen keine gentechnisch veränderten Lebensmittel, es gibt eine Kluft zwischen den Vorstellungen der Industrie und den Wünschen der Konsumenten. Mit der genauen Kennzeichnung schaffen wir Wahlfreiheit. Und es gibt keine Langzeitstudie, welche die Unbedenklichkeit von gentechnisch veränderten Pflanzen belegt. renée schroeder: Ob etwas mithilfe von Gentechnik hergestellt wird oder nicht, sagt nichts über die Qualität des Produkts. Für mich ist das eine Form der Irreführung. Naturbelassen ist nicht das Gleiche wie gesund. Nehmen wir das Beispiel Insulin: Da ist das gentechnisch erzeugte ganz klar das sicherere Produkt, da würde mich interessieren, ob Konsumenten da auch lieber das »natürliche« hätten. Industrie und Technologie haben Lebensmittel sicherer gemacht; das Wachstum der Weltbevölkerung basiert darauf. Ich glaube man hat vergessen, welche Lebensmittelvergiftungen es früher gegeben hat. Und ein Nachweis von völliger Ungefährlichkeit ist Utopie, so könnte man gar kein Produkt auf den Markt bringen. Ich bin mir auch nicht sicher, ob es wirklich um Gesundheit geht; bei gentechnisch veränderten Lebensmitteln will man absolute Sicherheit und daheim raucht man und ernährt sich katastrophal. Das Problem ist nicht die Gentechnik, sondern die Bewusstseinsbildung. Gibt es Hinweise, dass gentechnisch veränderte Lebensmittel für den Konsumenten ein Risiko darstellen? schroeder: Langzeitstudien gibt es über die letzten 20 Jahre und es gibt nicht den kleinsten Hinweis auf

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interview

Jörg Wipplinger

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Lucas Czjzek

Ad Personam Renée Schroeder, geboren 1953 in Brasilien, ist eine mehrfach für ihre Forschungen ausgezeichnete Molekularbiologin. 2002 war sie Österreichische Wissenschaftlerin des Jahres, 2003 erhielt sie den Wittgenstein-Preis. In den Jahren 2001 bis 2005 war sie Mitglied der Bioethik-Kommission der österreichischen Bundesregierung Sie forscht und arbeitet derzeit in den Max F. Perutz Laboratories in Wien. Florian Faber ist Geschäftsführer der unabhängigen Plattform ARGE Gentechnik-frei. Die Arbeitsgemeinschaft für gentechnikfrei erzeugte Lebensmittel hat sich zum Ziel gesetzt, die gentechnikfreie Produktion in Österreich (Lebensmittel, Futtermittel, agrarische Produkte) zu ermöglichen, zu fördern und zu unterstützen. — www.gentechnikfrei.at

ein Risiko. Gv-Pflanzen unterliegen auch einer stärkeren Kontrolle. Als Beispiel: Wäre die Kiwi eine gv-Pflanze, wäre sie nie zugelassen worden, weil sie zu viele Allergene enthält. Es geht hier meines Erachtens um ein Scheinproblem, weil einfach keine Gefahr damit verbunden ist. faber: Die Mehrheit der Konsumenten kann ja nicht dumm sein. schroeder: Konsumenten sind manipulierbar. Sie verkaufen mit der Gentechnikfrei-Kennzeichnung Sicherheit, wo von Anfang an keine Gefahr besteht. Wenn nicht für den Konsumenten, welche Risiken gibt es dann? faber: Es ist noch niemand tot umgefallen, weil er ein gv-Lebensmittel gegessen hat. Aber es gibt viele Hinweise auf ein Risiko. Dank Gentechnik vertragen manche Pflanzen viel Pestizid – es gibt Indizien, dass deren vermehrter Einsatz in den Anbaugebieten von gvPflanzen zu erhöhter Kindersterblichkeit führt; da gibt es erste Studien aus Argentinien. Und meines Erachtens noch bedeutender: Der Anbau von gv-Pflanzen schafft Abhängigkeiten. Die Landwirte müssen das Saatgut kaufen, die ganze Industrie macht Druck in Richtung großflächigem Anbau, anstatt in Richtung kleinstrukturiert. schroeder: Das einzige Risiko in der Gentechnik ist – wie bei jeder anderen Technologie –, dass sie missbraucht wird. Natürlich könnte man auch Biowaffen herstellen, man könnte Toxine in Lebensmittel einbringen. Wie überall sonst braucht es also Verantwortung in der Anwendung. Dem gegenüber stehen Millionen Menschen, die von Medikamenten profitieren, die mittels Gentechnik hergestellt werden. Auch die Geschichte mit der Abhängigkeit und der zunehmenden Industriali-

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sierung der Landwirtschaft, inklusive Pestizide, ist kein Spezifikum der Gentechnik, sondern passiert auch beim konventionellen Anbau. Außerdem wird von Gentechnik-Gegnern oft Kausalität und Korrelation verwechselt. Indizien, wie in Argentinien – so was ist leicht zu machen, beweist aber keinen kausalen Zusammenhang. Woher kommt dann die Ablehnung? faber: Es gibt ein Misstrauen gegenüber einer Technologie, die ihren Nutzen nie überzeugend kommunizieren konnte. schroeder: Da bin ich ganz bei Ihnen. faber: Es wurden falsche Heilsversprechen gemacht, beispielsweise, man würde mit Gentechnik den Hunger in der Welt besiegen. In Wirklichkeit wird in erster Linie großindustriell Futtermittel angebaut. Daher sehe ich weltweit den Trend zunehmender Skepsis. Österreich ist mit der genauen Kennzeichnung ein Vorreiter, die breite Produktpalette ist eine Exportchance. Spricht denn etwas gegen eine Kennzeichnung? schroeder: Es spricht im Prinzip nichts dagegen. Aber ich frage mich: Ist es gewünscht aus Überzeugung, damit die Qualität höher ist, oder ist es eine Scheinpolitik: Ein Problem, das nicht wirklich ein Problem ist, aber groß aufgebauscht wird, um dann eine Lösung zu präsentieren?

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Gegner und Befürworter

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Christa Grünberg

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Greenpeace / Georg Mayer Privat

Gespaltene Wahrnehmung Die Einstellung zur Grünen Gentechnik ist in unterschiedlichen Regionen der Welt überraschend gegensätzlich und spaltet Meinungen wie Kontinente.

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links: Dagmar Urban, Greenpeace Gentechnik-Sprecherin rechts: Helge Torgersen, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Instituts für Technikfolgen-Abschätzung (ita) im Bereich Biotechnologie und Medizintechnik

ie Haltung zur Grünen Gentechnik in Europa ist laut zahlreichen Umfragen großteils abweisend. Das Eurobarometer 2010 ergab eine erhöhte Skepsis gegenüber der Anwendung der Gentechnik im Lebensmittelbereich. Nur mehr 23 % der Befragten in allen 27 EUMitgliedsstaaten stimmten gentechnisch veränderten Lebensmitteln ganz oder überwiegend zu, 2005 waren es noch 27 %. In den usa machen sich die Verbraucher wegen Gen-Food keine Sorgen. Wie aus jährlichen Befragungen des International Food Information Council (ific) hervorgeht, ist die Grundeinstellung der USKonsumenten über die letzten Jahre stabil: Eine Mehrheit habe Vertrauen in die Lebensmittel-Sicherheit und keine oder wenig Bedenken gegenüber Gentechnik im Lebensmittelbereich. Woher rührt diese offensichtliche Zweigeteiltheit der Einstellungen?

Europas anderer Zugang Einen Erklärungsversuch wagt Helge Torgersen vom Wiener Institut für Technikfolgenabschätzung (ita), der seine Erfahrungen vor allem aus Eurobarometer-Umfragen und vergleichenden Motivuntersuchungen der letzten Jahre bezieht: »Beherrschende Themen waren Gesundheitsrisiken und Umwelteinflüsse durch ›genetische Verschmutzung‹ in der Landwirtschaft. Letzteres

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23 tallisiert: »Viele, die aufgrund von Risikowahrnehmung Grüne Gentechnik ablehnen; einige, die sie aufgrund von allgemeiner Nutzenwahrnehmung akzeptieren und ein paar, die zwar Risiken sehen, den Nutzen aber höher einschätzen. Letztere haben im Schnitt höheres Sachwissen.«

Und doch keine Einheit JA

NEIN

Vielleicht ging einher mit der Kritik an einer zunehmend industrialisierten Landwirtschaft, die sich auch im bse-Konflikt zeigte. Hier liegt vermutlich auch ein Grund für die Differenz zwischen den Haltungen zur grünen Gentechnik in den usa und Europa: Jenseits des Atlantiks gilt Landwirtschaft als industrieller Sektor und weniger Bürger als in vielen europäischen Ländern stoßen sich an der Produktionsweise von Nahrungsmitteln. In Europa besteht hingegen eine Tendenz, landwirtschaftliche Produktion mit anderen Inhalten zu verknüpfen – z.B. in Frankreich mit lokalen Lebensmitteln unter dem Begriff ›terroir‹, in deutschsprachigen Ländern mit Bio und in Großbritannien mit einem Misstrauen in die Regierung nach bse.« Auch das Fehlen von individuellem Nutzen für den Konsumenten gilt für Torgersen als Motiv für die Abwehrhaltung in Europa sowie der in den Umfragen bejahte Hinweis auf den alleinigen Nutzen für große Produzenten. Dennoch, auch in europäischen Ländern mit mehrheitlicher Gegenwehr gibt es Befürworter. Was die Geister letztlich scheidet, dürfte aus dem Verhältnis von Risiko- und Nutzenwahrnehmung abzulesen sein. In einer dementsprechenden Untersuchung basierend auf Eurobarometerdaten haben sich laut Torgersen zwar keine Typen, aber zumindest drei Gruppen herauskris-

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Typologien sind vor allem schwierig, weil die Verhältnisse innerhalb Europas – trotz scheinbar ähnlicher Ablehnung – von Land zu Land differieren. Für Torgersen und laut französischen Studien hängt das mit dem unterschiedlichen Stellenwert der Landwirtschaft und von Essen allgemein zusammen. Zudem spielen Naturvorstellungen und die Relevanz von »Natürlichkeit« eine Rolle. So stimmten im Eurobarometer 2010 zwar im Schnitt 70 % der Aussage zu, dass gentechnisch veränderte Lebensmittel vollkommen unnatürlich sind. Bei Betrachtung der Ergebnisse nach Ländern zeigte sich, dass die Befragten auf Zypern und in Griechenland der Aussage am häufigsten zustimmten. Am anderen Ende des Spektrums fanden sich die Befragten in Irland und auf Malta mit deutlich unter 30 % Zustimmung. Differenzen in der Einstellung gab es auch, als es um den nationalen wirtschaftlichen Nutzen ging. Während im Durchschnitt 50 % der Europäer der Aussage nicht zustimmten, dass gentechnisch veränderte Lebensmittel förderlich für die eigene Wirtschaft sind, wurde dies in Spanien – einem Land, in dem EU-weit flächenmäßig das meiste gv-Saatgut angebaut wird – mehrheitlich bejaht.

Starker Wandel nicht in Sicht Die Akzeptanzlage in Europa hat sich in den letzten 20 Jahren nur wenig geändert: Selbst bei Abwesenheit einer öffentlichen Debatte in Umfragen wird ein leichter oder deutlicher Überhang an Ablehnung ersichtlich. Für Torgersen ist dies zwar erstaunlich, macht für ihn aber dennoch etwas deutlich: »Diese Reproduzierbarkeit lässt vermuten, dass auf absehbare Zeit das Thema Grüne Gentechnik negativ besetzt bleiben dürfte.« Auch Dagmar Urban, Kampagnenbeauftragte bei Greenpeace, ortet eine konstant stark ablehnende Haltung der Europäer in den Eurobarometer-Umfragen seit 1991, zwischen 2007 und 2010 sogar eine europaweit gestiegene Ablehnung. Raum für Veränderungen in der Einstellung sieht Urban in den Ländern jenseits des Atlantik: »In den usa oder auch in Südamerika wurden in den letzten 15 Jahren des kommerziellen Gentech-Anbaus bereits viele negative Erfahrungen gesammelt – hier ist also von Betroffenen immer größerer Widerstand zu spüren. Immer lauter werden in letzter Zeit jedenfalls die Stimmen von Bäuerinnen und Bauern, beispielsweise in den usa oder in Argentinien.«

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Grüne Gentechnik

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In den USA, von wo aus 1996 mit dem ersten kommerziellen Anbau von Gen-Soja die Eroberungsreise der Grünen Gentechnik um die Welt startete, sind heute 93 % des angebauten Soja-Saatguts gentechnisch verändert.

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Christa Grünberg

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transgen.de

Die Landwirtschaft der Zukunft? Die Agro-Gentechnik ist auf dem Vormarsch, gentechnisch verändertes Saatgut wird auf immer mehr Fläche angebaut. Ein Blick auf die Felder der Welt.

I

n 16 Jahren von 1,7 Millionen auf 160 Millionen Hektar – so sieht das weltweite Wachstum des kommerziellen Anbaus von Gentech-Saatgut aus. Auf den ersten Blick sind 160 Millionen Hektar eine gigantische Größe, zu vergleichen etwa mit der landwirtschaftlich genutzten Fläche der EU 27-Staaten 2010: Da waren es rund 184 Millionen Hektar. Gentechnisch verändertes Saatgut wird auf 3 % der weltweiten Anbaufläche gepflanzt, Tendenz steigend. 90 % des Anbaus konzentrieren sich auf fünf Länder: usa (69 Millionen Hektar), Brasilien (30,3), Argentinien (23,7), Indien (10,6) und Kanada (10,4). Soja, Mais, Baumwolle und Raps spielen eine tragende Rolle in der Grünen Gentechnik. Auf 74 % der weltweiten Baumwollanbaufläche steht gv-Baumwolle, 73 % sind es bei Soja, 31 % bei Mais und 25 % bei Raps.

Die USA als MaSS der Dinge Mehr als die Hälfte aller weltweit angebotenen gentechnisch veränderten Pflanzen wächst in Nordamerika, sie dienen dort verstärkt der Futtermittelherstellung. Dominierend sind die usa – 43 % der globalen gv-Anbauflächen befinden sich auf US-Gebiet. Dort, von wo aus 1996 mit dem ersten kommerziellen Anbau von Gen-Soja die Eroberungsreise der Grünen Gentechnik um die Welt startete, sind heute 93 % des angebauten Soja-Saatguts gentechnisch verändert. Die Werte für Mais liegen bei 88 % und für Baumwolle bei 94 %. Kanada, wo bereits 1995 mit dem kommerziellen Anbau von Gentech-Raps begonnen wurde, ist heute gv-Rapsland Nummer Eins der Welt. Noch ist Mexikos Beitrag vernachlässigbar, doch wenn es nach dem Willen der

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Agrobusiness-Giganten Monsanto, DuPont und Dow geht, könnte es im Ursprungs- und Vielfaltsland des Mais auch bald kommerziell angebauten Gen-Mais auf dem Markt geben. Eine Genehmigung der aus dem Amt scheidenden Regierung von Felipe Calderón für eine Million Hektar Anbaufläche steht noch aus. Wachstumstreiber am globalen Gentech-SaatgutMarkt – mit einer Zunahme von fast 20 % gegenüber 2010 – ist Brasilien, das mit Argentinien die Hauptachse der Lieferanten von Soja und Mais als Futtermittel für Europa bildet. Überhaupt ist Südamerika eine starke Gentech-Region mit nur wenigen gentechfreien Ländern. Eines davon ist Peru, wo seit 2011 ein zehnjähriges Moratorium für transgenen Anbau existiert. Der bevölkerungsreichste Kontinent Asien verfügt mit 18 Millionen Hektar dagegen über relativ wenig Gentech-Anbau, zumal über die Hälfte auf Baumwolle in Indien entfällt. China – weltweit sechsgrößtes gv-Anbauland – war 2011 mit (vor allem) Baumwolle auf weniger als vier Millionen Hektar dabei. Sowohl Australien als auch Afrika rangieren mit 0,7 bzw. 2,5 Millionen Hektar weit unten in der Rangliste.

WeiSSer Fleck Europa Die Äcker der Länder in der Europäischen Union sind aufgrund von staatlichen Verboten und EU-weiten Zulassungsbeschränkungen bisher weitgehend frei von gentechnisch veränderten Pflanzen. 2011 wurde in sechs Mitgliedsstaaten der EU-27 auf rund 115.000 Hektar transgenes Saatgut kommerziell angebaut, nicht einmal 0,1 % der gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche

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Soja Baumwolle

lionen Österreichern unterschrieben wurde und eine Novellierung des Gentechnikgesetzes bewirkte, wurde noch kein einziger gentechnisch veränderter Organismus (gvo) freigesetzt oder angebaut – auch von der EU genehmigte gvos nicht. Nationale Importverbote sind ebenfalls in Kraft.

Sonderfall Österreich

Reis

Zuckerrübe Raps Mais Weizen

Agrarfläche weltweit: 1500 Millionen Hektar

unverändert genetisch verändert

der EU. Die Nutzung von gv-Pflanzen konzentriert sich dabei auf den Anbau von Monsantos Genmais mon810 in Spanien und Portugal. Für eine zweite seit 2010 zum kommerziellen Anbau zugelassene Gen-Pflanze, die von basf Plant Science entwickelte Amflora-Kartoffel, ist seit heuer Schluss. Das Unternehmen hat die Vermarktung eingestellt und seinen Standort von Deutschland in die USA verlagert – »wegen fehlender Akzeptanz von Pflanzenbiotechnologie bei der Mehrheit der Verbraucher, Landwirte und Politiker«, so die offizielle Erklärung des Chemiekonzerns. Das Umweltinstitut München verrät, wie Gentech-Pflanzen auch in Europa eine Rolle spielen: »In Europa sind einige wenige transgene Mais-, Soja- und Rapslinien für den Verzehr und als Futtermittel zugelassen. Ein Anbau findet jedoch so gut wie nicht statt. Daher werden Gentech-Pflanzen hauptsächlich aus den usa, Brasilien und Argentinien importiert. Bei Lebensmitteln mit soja- oder maishaltigen Zutaten ist das Risiko am größten, beim Einkauf auf gekennzeichnete Produkte zu stoßen. Dies können z.B. Öle, Granulate oder Lecithin sein, die sich in hoch prozessierten Lebensmitteln wiederfinden. Transgene Obst-, Gemüse- oder Getreidesorten wie Tomaten, Äpfel, Reis oder Kartoffeln sind noch nicht oder nicht mehr auf dem Markt.« Seit dem Volksbegehren 1997 gegen die landwirtschaftliche Nutzung der Gentechnik, das von 1,2 Mil-

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Dennoch ist Österreich nicht frei von gv-Anteilen: Weil Lebensmittel mit Gentech-Anteilen bis zu 0,9 % ohne Kennzeichnung verkauft werden dürfen, wenn die Verschmutzung »zufällig« oder »technisch unvermeidbar« passiert ist. Und vor allem, weil Gentech-Pflanzen in Futtermitteln nicht von einem Verbot erfasst sind; tierische Erzeugnisse wie z.B. Milch, Eier und Fleisch müssen nicht gekennzeichnet sein, wenn die Tiere mit Gentech-Pflanzen gefüttert wurden. Die österreichische Milchwirtschaft, die heimischen Frischeierproduzenten und ein Großteil der Masthuhnund Putenzüchter setzen auf gentechnikfreie Fütterung. Die Bestrebungen des Umweltministeriums gehen derzeit in Richtung einer gvo-freien Fütterung von Schweinen. Im Einklang damit steht auch die kürzlich in Wien verabschiedete »Donau-Soja-Erklärung« als Fahrplan für die Ausweitung des gvo-freien Sojaanbaus in den Donauländern. Damit soll eine eigenständige europäische Eiweißversorgung ermöglicht und die Unabhängigkeit von Gen-Sojaimporten sichergestellt werden. Aktuell werden jährlich rund 35 Millionen Tonnen gv-Schrot und -Bohnen in die EU importiert, wovon zirka 500.000 bis 600.000 Tonnen Sojaschrot nach Österreich gehen.

Profitables Beinahe-Monopol Kommerzielles Saatgut ist ein gutes Geschäft, denn es ist das erste Glied in der agroindustriellen Nahrungsmittelkette und Ausgangspunkt für Rohstoffe zur Verwendung in der Energieerzeugung und für hochwertige Chemie- und Konsumprodukte. Nachdem die sechs weltgrößten Saatgut-/Agrochemie-/ Biotechunternehmen basf, Bayer, Dow Agrosciences, DuPont, Monsanto und Syngenta die Kontrolle über diesen Markt erlangt haben, trachten sie nun danach, aktuelle Prioritäten und die zukünftige Richtung der landwirtschaftlichen Forschung zu bestimmen. Ihre Macht dokumentiert ein Gesamtumsatz von rund 50 Milliarden US-Dollar für Saatgut, biotechnologische Traits (Pflanzenmerkmale) und Agrochemikalien pro Jahr, ein Anteil von zirka 58 % am globalen Saatgutmarkt sowie jährliche Forschungsausgaben im Ausmaß von rund fünf Milliarden US-Dollar (Quelle: etc Group, Zahlen von 2009).

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Die Welt, die wir uns wünschen

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Biohacking: Basteln am Erbgut In der jungen Disziplin der Synthetischen Biologie scheint sich eine Praxis des Do-it-yourself-Forschens durchzusetzen. Die Software des Lebens steht erstmals zur Verfügung, um von enthusiastischen Amateurbiologen im Heimlabor umgeschrieben zu werden.

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eutzutage hätten es Landwirte wahrscheinlich schwer, »nuklearen Reis« oder »atomar angereicherte Tomaten« zu verkaufen. Ende der 50er Jahre waren das aber Verkaufsschlager. Pflanzenzüchter in den usa nutzten damals radioaktive Kobalt-Strahlen, um Mutationen im Erbgut von Knollen und Samen zu erzeugen. Sie wollten neue Pflanzen schaffen, die robuster waren und mehr Ertrag brachten. Und sie hatten Erfolg: In Illustrierten bewarben sie ihr bestrahltes Saatgut mit heute grotesk anmutenden Slogans, fanden begeisterte Abnehmer und so gelangten mutierter Reis, Weizen und Mais sowie viele bestrahlte Obst- und Gemüsesorten auf den Markt. 1959 gründete die britische Autorin Muriel Howorth die Atomic Gardening Society, deren Mitglieder bestrahltes Saatgut pflanzten, die Ergebnisse protokollierten auf gemeinsamen Dinner-Partys verspeisten. Dabei erfreute man sich an bananenförmigen Tomaten und andere Absonderlichkeiten. Durch zunehmend kritische Analysewerte ist die Atomgärtnerei seit den 70er Jahren aus der Mode gekommen, geblieben sind jedoch Pflanzensorten, die auf die mehr als 3.000 Strahlenmutationen jener Zeit zurückgehen. Bis heute zählt die

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Mutationszüchtung zu den klassischen Züchtungsverfahren, die keinen strengen Zulassungsprotokollen wie die Gentechnik folgen muss.

Baukasten-Spiele Synthetische Biologie nennt sich eine neue Disziplin, bei der chemische Moleküle mit Ingenieurmethoden zu biologischen Strukturen kombiniert werden. Dabei geht es um eine Form der Gentechnik, bei der nicht mehr nur vorhandene Organismen verändert werden – wie das bei genetisch veränderten Pflanzen der Fall ist –, sondern die Strukturen des Lebens von Grund auf wie mit einem Baukasten zusammengefügt werden. Dass dabei das Konstruieren und nicht das Analysieren im Vordergrund steht, übt eine besondere Anziehungskraft auf die neuen genetischen Hobby-Gärtner aus: Amateurbiologen, sogenannte Biohacker, experimentieren in Küchenlabors und Garagenwerkstätten mit Pipetten, Brutschränken und Mikroskopen. Ähnlich wie man mit einem Chemiebaukasten Substanzen verrühren und Messungen durchführen kann, arbeiten die Freizeitforscher mit biologischen Zutaten – z.B. mit den eigenen

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Wolfgang Smejkal

Nana Mandl

Genen oder mit der dna von Bakterien – und mit Gentechnik-Gerätschaften. Sie schleusen Fische-Gene in Bakterien ein, um diese zum Leuchten zu bringen oder suchen im eigenen Erbgut nach Mutationen. Die für die Experimente nötigen Gen-Schnipsel werden per Internet-Bestellung kostengünstig von einer Biotech-Firma geliefert, Labor-Chemikalien findet man im Drogeriemarkt oder bestellt sie ebenfalls online. Als Vorlage dient eine im Internet verfügbare Datenbank normierter dnaBausteine, die sich zu Schaltkreisen verkoppeln lassen. Und auch das Laborzubehör wird immer billiger: Der unerlässliche pcr-Kopierer, eine Maschine, die mittels Polymerase-Kettenreaktion dna-Abschnitte vervielfältigt und so die Sequenzierung von Genomen erst möglich macht, wird von einer kleinen Biotech-Firma aus Kalifornien in einer Open Source-Variante bereits um 500 Dollar angeboten. Zentrifugen, Schüttelmaschinen und Sterilisatoren kann man oft günstig auf eBay finden – mit einer Gesamtinvestition von 3.000 Euro ist ein solches Minimallabor bereits voll funktionstüchtig.

Freies Forschen Der Geburtsort der Biohacker-Bewegung liegt an der Ostküste der Vereinigten Staaten, am mit in Cambridge, Massachusetts. Seit 2003 findet am TechnikInstitut der Universität ein Wettbewerb statt, der jedes Jahr über 100 Studententeams von Universitäten aus aller Welt anzieht: die International Genetically Engineered Machines Competition (igem). Die Teilnehmer programmieren dabei aus Gen-Bausätzen das Erbgut von Bakterien, Hefepilzen oder anderen einfachen Organismen so um, dass diese eine neue Fähigkeit oder Eigenschaft bekommen. 2010 war ein deutsches Team mit seinem therapeutischen Virus zur gezielten Abtötung von Tumorzellen siegreich. Viele haben sich seither von diesem Prinzip des Vereinfachens anstecken lassen und die frohe Botschaft, dass Gentechnik für jedermann machbar ist, hinaus auf die Straße getragen. InternetGruppen wie diy-Bio teilen ihr Wissen über OnlineDiskussionsforen und sehen sich in der Tradition der Computerhacker der 80er Jahre. Biohacker sehen im Erbgutmolekül dna nichts anderes als einen Programmcode, und Zellen sind die Prozessoren, die den Code zum Leben erwecken. Sie hoffen, dass die diy-Bewegung der Gentechnik ähnliche Impulse geben kann, wie es die

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Hacker mit selbst gebauten PCs und Betriebssystemen für die Computerindustrie getan haben. Es könnte ja jederzeit gelingen, kleine Organismen herzustellen, die sich beispielsweise in CO2-Fresser verwandeln, um die Treibhausgase aus der Erdatmosphäre filtern. In erster Linie aber geht es den Akteuren um Selbstbestimmung und den Spaß an der Sache.

Forschung und Sicherheit In den usa sind solche privaten Biotech-Experimente legal und auch außerhalb von spezialisierten Labors erlaubt. In der EU sind allerdings jegliche Experimente, die das Erbgut von Lebewesen verändern, außerhalb von genehmigungspflichtigen Labors untersagt. Das Gentestgesetz schreibt vor, dass solche Untersuchungen nur von Experten durchgeführt werden dürfen. Die US-Behörden stufen Biohacker jedoch nicht als Gefahr für die Öffentlichkeit ein. Die Sicherheitsrisiken der diyBiologie seien identisch mit den Sicherheitsrisiken akademischer und industrieller Forschung. Es bestehe in beiden Sphären die Möglichkeit, dass die technischen Entwicklungen von Kriminellen missbraucht werden. Doch dem sind Experten zufolge vor allem technische Grenzen gesetzt: Nur in Speziallabors ist es bislang gelungen, Viren zu rekonstruieren, die z.B. Pocken auslösen können – dergleichen sei im Heimlabor nicht machbar. Die Biotech-Aktivisten von www.diybio.com etwa tauschen sich selbst innerhalb der Community über eine eigene Version der Hackerethik aus, um einen gültigen Verhaltenskodex zu entwickeln. Die Demokratisierung des biologischen Wissens hat inzwischen unaufhaltsam begonnen. Bis vor wenigen Jahren war Gentechnik allein Forschern in Laboren mit Millionenbudgets vorbehalten. Dagegen stehen im Internet schon heute unzählige wissenschaftliche Informationen frei zur Verfügung. Privates Biohacking könnte durch seinen Open-Source-Gedanken zu einem neuen öffentlichen Verantwortungsbewusstsein in der biologischen Forschung beitragen, die dann nicht mehr ausschließlich von patent- und profitgetriebenen Biotech-Riesen wie Monsanto dominiert würde. Und auch die Heilung von seltenen Krankheiten, die von diesen Konzernen als unrentabel auf das Forschungs-Abstellgleis verschoben wurden, könnte so wieder neuen Antrieb bekommen.

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Winterwunderland im Viertel des Waldes Der erste Schnee bringt den Duft des Winters und erstickt die Laute der Krähen und Traktoren. Ein Waldviertel-Geborener gesteht seine Liebe zur herben Schönheit am Nordrand Österreichs.

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Matthias Schickhofer

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enn der Herbst verblasst, überzieht der nahende Winter das Waldviertel mit vielen verschiedenen Braun- und Grauschattierungen. Nebel kriecht aus den Senken und Raureif keimt auf den Zweigen. Der erste Schnee war stets ein Fest: Als Kinder drängten wir dann hinaus in den Garten und begrüßten das nass-kalte Weiß, türmten es mit dampfendem Atem zu Figuren oder Burgen auf. In den Jahren darauf rief mich der Schnee in die Leere des winterlichen Kamptals hinaus. Immer wieder zog ich alleine meine Spur durch den abend-dämmrigen Schnee am Ufer des braunen Kampflusses. Rauch von Schornsteinen aromatisierte die Luft, wenn ich die Kleinstadt hinter mir ließ und in das Blaugrau des verschneiten Waldes vordrang.

Flussbett in farben Im Winter ist das Kamptal – das wenig Spektakuläres, dafür aber umso mehr ehrliche Landschaftsseele zu bieten hat – von besonderer Stimmigkeit. Es scheint so, als ob sich der eigentliche Bewohner, der Winter, während des restlichen Jahres nur in sumpfigen

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waldviertel

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Senken und moosigen Waldboden verstecken würde. Wenn der sommerliche Bewuchs aufgibt, kommt die feuchte, kühle Haupt-Persönlichkeit des Kamptales wieder zum Zug. Am Liebsten trieb (und treibe) ich mich also des Winters im Kamptal herum. Das felsige Bett des Flusses gefriert allmählich in allerlei Blau-, Braun und Grüntönen – bis im Frühjahr Eisstöße den Fluss wieder freimachen. An einem Silvesterabend vor vielen Jahren war ich mit Freunden beim »Schütt« (ein mit Felsbrocken verdeckter Abschnitt des Kleinen Kamps oberhalb der Waldviertler Gemeinde Rappottenstein) unterwegs. Es begann zu schneien, und mit der einsetzenden Dunkelheit senkte sich ein Schneeteppich über das nun fast lautlose Tal. Die Reste des alten Jahres verschwanden im finsteren Schneetreiben. Wir zündeten ein paar mitgebrachte Kerzen an und steckten sie in den Schnee. Dann stießen wir auf diese Wunderwelt und das neue Jahr an. Mehr braucht es eigentlich nicht.

Die details des winters Natürlich ist der mitunter nebelig-trübe Winter zwischen Gföhl und Gmünd nur scheinbar trist: Gerade die nebeligen Tage, an denen nur mehr vereinzelte Schneeflecken von der Pracht des letzten Schneefalles zeugen, bieten diese besondere Magie. Strahlender Sonnenschein und makelloses Weiß – das können andere Gegenden auch. Aber die Ästhetik der Waldviertler Landschaft mit ihrer Leere, ihren dunklen Wäldern, ihren kleinen und mitunter (anscheinend) leblosen Dörfern, den mit allerlei Linien (Ackerfurchen, Feldrainen) verzierten Feldern und mit Baumgruppen dekorierten Hügeln ist (für mich) etwas ganz Besonderes. Aber man muss zu Fuß, per Schneeschuh oder Langlaufski hinausziehen und sich der Landschaft mit offenen Sinnen nähern. Nur wer genau hinschaut, wird die nordösterreichische Winterwunderwelt mit all ihren zauberhaften Details entdecken.

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Das Kamptal zwischen Zwettl und Roiten an einem dunstigen Winternachmittag. Kälteseen lagern über dem teilweise gefrorenen Flüßchen, die tiefstehende Sonne bringt den Nebel zum Leuchten.

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Vom Moorwanderweg durch das Tannermoor (das schon im Mühlviertel liegt) öffnet sich eine feenhafte Aussicht auf das fast skandinavisch anmutende Hochland zwischen Arbesbach, Liebenau und Karlstift.

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winterwanderungen im kamptal Durch das Kamptal von Zwettl nach Rappottenstein — Ein markierter Wanderweg führt – meist neben dem Fluss und vorbei an moosigen Felsgruppen aus verwittertem Granit – nach Rappottenstein. Von Rappottenstein gelangt man zum »Schütt« – einem Blockmeer, das den Kleinen Kamp völlig unter sich begraben hat. Unterwegs kann man einkehren: auf der Schwarzalm, in Roiten und in Rappottenstein. Höllfall und Lonbachfall bei Arbesbach — Von Arbesbach (dem Gipfel des Waldviertels mit seiner Ruine namens »Stockzahn«) führt ein Weg in das Tal des Großen Kamps, der hier ein Engtal durch das urzeitliche Granitgebirge gegraben hat. Der sympathische Waldfluss stürzt rauschend über und unter Felsen der Donau entgegen. Vom Höllfall kann über Pretrobruck zum Lohnbachfall weitergewandert werden. In kalten Wintern gefriert der Lohnbachfall zu einer bizarren Eiszapfenwelt. Einkehren: in Arbesbach und in Pretrobruck. Haubenküche bietet Michael Kolm in seinem Bärenhof direkt neben dem Bärenwald (einem Bärenschutzprojekt von Vier Pfoten).

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Hohe Tatra, Februar 2012: Luchsfährtensuche im 1,5 Meter hohen Schnee. Jetzt, ein Jahr später, geht das Forschungsprojekt in die nächste Runde.

L — wie Luchs »Let’s do it like they do on the Discovery Channel«: Als Laie auf den Spuren des europäischen Luchses. Ein Bericht aus dem Nationalpark Hohe Tatra.

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s ist schon dunkel, als wir in L’ubochn�a gleich nach der Ortseinfahrt in einer verschneiten Seitenstraße den Land Rover entdecken. Der Fahrer steigt kurz aus, deutet uns, ihm zu folgen. Das alte Landhaus, in dem mein Kollege Jürgen und ich die nächsten beiden Nächte verbringen werden, kennen wir bereits von den Fotos im Internet. Erst am nächsten Tag, als wir ein paar Kilometer weiter zu dritt einen Forstweg entlang durch den hüfthohen Schnee stapfen, wird uns Tomáš erzählen, dass hier in der Gegend »Nosferatu« gedreht wurde, der legendäre Vampirfilm. Das ist beinahe hundert Jahre her. Menschenleer ist die Gegend

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Thomas Weber

Tomáš Hulík

immer noch. Wie damals gibt es hier im slowakischen Hinterland, 80 Kilometer südlich der polnischen Grenze, ausgedehnte Wälder, entlegene Täler, die nicht nur wildreich sind, sondern auch Lebensraum für Wolf, Bär, Wildkatze und Luchs. Ihretwegen sind wir gekommen.

Glanz vergangener Tage Wir sind die letzten Nachzügler. Die anderen Acht haben hier bereits eine Woche verbracht und tagsüber in den Wäldern nach Spuren gesucht. Auch heute. Die Erschöpfung sieht man in ihren Gesichtern. Für die nächsten eineinhalb Tage sind wir Teil dieses Teams. »These are Jürgen and Thomas, two journalists from Austria«, sagt Peter. »Stellt euch am besten selbst vor.« Peter ist Deutscher, eigentlich Geograf, für ein paar Wochen aber Expeditionsleiter hier in der Hohen Tatra. Zehn Minuten später lotst er uns alle hinunter ins Dorf. Diesmal gehen wir zu Fuß, wie die Wölfe – einer in den Fußstapfen des anderen. Das spart Energie und hält die Füße trocken. Wir passieren Villen und repräsentative Landhäuser, wie man sie vom Semmering kennt. Es schneit unaufhörlich und wir nehmen uns vor Eiszapfen und Dachlawinen in Acht, während wir durch eine perfekte Winteridylle ins Dorfwirtshaus wandern. Kaum haben wir dort Platz genommen, wird auch schon serviert. Fleisch, selbstgemachte Krapfen – und nach dem ersten Bier hat einer unbemerkt auch schon die erste Runde Schnaps bestellt. Das Krügel Bier kostet hier gefährliche 70 Cent. Wie die Villenarchitektur vermittelt auch die mondäne Einrichtung eine Ahnung vom Glanz vergangener Tage. Wir sind eine bunte, internationale Truppe. Was wir bald wissen: Juliane ist Ingenieurin bei Airbus in Hamburg. Das australische Pärchen feiert seinen Pensionsantritt mit einem 4-Wochen-Trip durch Europa – eine Woche davon im Schnee der slowakischen Pampa. Tom aus Sheffield, Medizinstudent fortgeschrittenen Semesters, hat diese Expedition von seinen Eltern geschenkt bekommen. Christine, bis vor Kurzem Biologin am Forschungszentrum Seibersdorf, genießt ihre Pension und bereist die Welt.

Im Dienste der Wissenschaft Tomáš Hulík, 35, ist unser Alphatier, wenn man so will: Der studierte Biologe und Umweltwissenschafter aus Bratislava hat es als Naturfilmer und Fotograf (für Arte, orf, ndr, Geo und National Geographic) zu einiger Berühmtheit gebracht. Jeder hier hat Dokus von ihm gesehen, kennt seine Fotos oder Geschichten. Zurück im Quartier, zieht es die meisten gleich ins Bett. Tomáš, Christiane und ich bleiben noch vor dem Kamin sitzen. Im Hauptquartier der Penzion Astoria, einer abgewohnten k. u. k.-Villa mit dem Charme eines

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Pfadfinderheims, studieren wir die Karten der Umgebung um den Nationalpark Hohe Fatra. Tomáš zeigt mir, wo wir in ein paar Stunden Spuren suchen und Fotofallen kontrollieren werden. Unser Ziel: Herauszufinden, wo sich die Luchse herumtreiben, die hier vor ein paar Jahren ausgewildert wurden. Wirklich nachweisen kann man die scheuen Tiere nur bei Schnee. Anfang 2013 sollen sie dann gefangen und mit gps-Sendern versehen wieder freigelassen werden, um ihre Wanderrouten nachvollziehen zu können. Je mehr die Forscher über die großen Raubtiere hier in der Gegend wissen, desto besser können sie auch außerhalb des Nationalparks geschützt werden. Um dieses Wissen zu mehren, nehmen Laien wie Christine, Tom oder Juliane an diesen gemeinnützigen »Biosphere Expeditions« teil – und bezahlen dafür, den Wissenschaftern bei ihrer Arbeit assistieren zu dürfen. Ohne ihre Anwesenheit wären solche Projekte kaum zu finanzieren. Tomáš schätzt, dass es hier in der Gegend zwei bis drei Wolfsrudel zu je vier bis sechs Tieren gibt. Einige

Spuren – Kot, Urin oder Trittspuren – haben die Teams in den vergangenen Tagen gefunden. Die zehn, vielleicht zwanzig Bären der Gegend sollten eigentlich schlafen um diese Jahreszeit. Eine Bärin mit ihren beiden Jungen ist aber bereits unterwegs. Auch das haben die Spuren verraten.

Auf der Suche nach Kadavern Die Nacht war kurz, doch alle sind voller Tatendrang. Neun Fotofallen wird unser Team – bestehend aus Tomáš, Jürgen und mir – heute kontrollieren. Das heißt: Batterien wechseln, Datensticks austauschen und nachsehen, ob die Kamera einen der Fleischfresser festgehalten hat. Sie sind an häufig frequentierten Wildwechseln oder in der Nähe von Kadavern platziert, zu denen die

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»Die Idee: Viele Leute sehen mehr als einer. Expeditionsleiter Peter Schütte erklärt, warum es sinnvoll ist, zu mehrt die Landschaft zu erkunden.

Tiere häufig zurückkehren – überhaupt bei diesem Wetter, wenn es nicht leicht ist zu jagen. Ohne Geländewagen wären die Distanzen dazwischen kaum zu bewältigen. Bei den aktuellen Schneeverhältnissen brauchen selbst Traktoren Schneeketten. Kinder rodeln am Waldrand. Sonst sehen wir hier draußen heute mehr Jesusbilder und Heiligenstatuen als Menschen. Ein gigantischer Schäfer aus Stein und seine zwei Schafe geben eine Ahnung, wie die Landschaft hier im Sommer traditionell genutzt wird. Funradio FM spielt einen Hit der Bloodhound Gang, der hier plötzlich ganz anders klingt als sonst: »You and me, baby, ain’t nothing but mammals. So let’s do it like they do on the Discovery Channel«. Den Wagen lassen wir am Waldrand stehen. Mit Schneeschuhen, die verhindern, dass wir im Tiefschnee einsinken, kommen wir leicht voran. Auf dem Weg zur ersten Falle halten wir nach Fährten Ausschau, nach Kot, Urinflecken, kreisenden Adlern und Eichelhähern. Letztere sind oft Wegweiser zu Kadavern, einem verendeten oder gerissenen Tier. Jedenfalls fressen nicht nur die Vögel das Aas, sondern auch Bär, Luchs und Wolf.

Wir überqueren ein Rinnsal. Unter einer umgeknickten Buche schaufelt Tomáš Schnee beiseite – bis wir Fell, Fleisch, einen Hirschkadaver erkennen. Auch die am Baum platzierte Fotofalle ist nahezu eingeschneit. Tomáš steckt den Chip in seine Digicam und zeigt uns, wer sich hier zuletzt gestärkt hat: ein Fuchs, ein Eichelhäher und, ja, auch die Wölfe waren wieder da. Das erkennt der Biologe auch an den Urinspuren, mit denen sie ihr Revier markiert haben. An einer Lichtung machen wir wieder Halt: Fährten, wohin wir auch blicken. »Diese Futterkrippe hier war vor zwei Wochen noch randvoll«, erinnert sich Tomáš. Jetzt ist sie leergefressen. Der Duft des Heus liegt immer noch in der Luft. Die Fotofalle hat Rotwild und eine Rotte Wildsauen festgehalten. Tomáš bedeutet uns, still zu sein. Keine fünfzehn Meter von uns entfernt steht ein kapitaler Hirsch. Er hat uns längst entdeckt, wartet ab, verabschiedet sich dann eilig ins Unterholz. Weit über uns sehen wir zwei Steinadler kreisen, ein altes Männchen und ein Jungtier, das Tomáš an den noch weißen Federn erkennt. Später passieren wir einen Bach. Otter sind keine zu sehen, dafür ihre Spuren und eine »Otterrutsche«. Wirklich, eine Rutsche ins Wasser: Fischotter sind überaus verspielte Tiere.

Hüttenleben im Walde Bald wird es dunkel. Wir haben noch eine Station vor uns. Tomáš führt uns zu einer einsamen Hütte im Wald. Zwei Jahre hat er hier gelebt und zwei junge Luchse, die im Zoo geboren wurden, ausgewildert. Plumpsklo, Waldeinsamkeit, die Dusche im Fluss hinterm Haus. Tomáš kennt hier jeden Hügel, jeden Baum. Am nahen See deutet er uns abermals, leise zu sein. Er weiß, dass sich hier gern ein Wolfsrudel aufhält. Doch die Spuren sind nicht mehr ganz frisch. Tomáš zeigt uns, wie man den frischen Schnee aus den ausgetretenen Fährten bläst, um sie genau studieren zu können. Bevor wir

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umkehren und uns zurück zum Wagen aufmachen, rasten wir am zugefrorenen See. Der Tee ist zu heiß, um ihn zu trinken. Wir füllen die Thermoskanne mit Schnee auf. So wird er trinkbar. Im Sommer jagen hier die Steinadler Frösche, erzählt unser Guide.

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B, W, L auf Google Earth Am Abend versammeln wir uns alle im Kaminzimmer. Der letzte Abend, Zeit zurückzublicken. Peter, der Expeditionsleiter, hat tagsüber die Daten ausgewertet und projiziert sie auf die Rückseite einer Landkarte. 111 Kilometer haben die drei Teams in den vergangenen Tagen zurückgelegt, auf tief verschneiten Forststraßen, in abgelegenen Tälern, querfeldein und Waldhänge hinauf und hinunter. Mittels gps haben die Teamleiter auf Google Earth markiert, wo welches Tier nachgewiesen wurde. Wir sehen das am Bildschirm: B für jeden Bärennachweis, W für Wolf, ein L für jeden Luchs. Auf einer Excel-Liste hat Peter auch zusammengeführt, welche Säugetiere und Vögel insgesamt gesehen oder nach-

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gewiesen wurden. Für heuer ist auch seine Arbeit hier erledigt. Bald wird es Frühling. Anfang 2013 soll es weitergehen. Da ist bei den Luchsen Paarungszeit, dann sind sie mobil – und über ihre Fährten aufzuspüren. Als Expeditionsteilnehmer haben wir am eigenen Leib erfahren, wie aufwendig es ist, wilde Tiere auch wirklich zu Gesicht zu bekommen. Und vor allem, wie eindrucksvoll diese Momente ohne die Panflötenfolklore sind, die solche Bilder auch in den besten Naturdokus meist untermalt. Die nächsten gemeinnützigen Expeditionen zu Luchs, Wolf und Wildkatze finden von 3. bis 9. Februar bzw. von 10. bis 17. Februar 2013 statt. — www.biosphere-expeditions.org

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as scheinbar nicht aussterben wollende Killer-Vorurteil »Wien ist eine Auto-Stadt« wäre bereits mit folgender Tatsache vorweg zu wiederlegen: Das Fahrrad ist das bestverfügbarste Verkehrsmittel der Stadt. Der Hälfte aller Wiener steht ein pkw zur freien Verfügung, doch über 60 % hätten auch die Möglichkeit, auf das eigene Fahrrad umzusteigen. Rund 40 % besitzen eine Jahreskarte für die Öffentlichen Verkehrsmittel und könnten so auch jederzeit bei Schlechtwetter in die U-Bahn umsteigen. Das lässt hohe Radverkehrsanteile von über 30 % wie in oft genannten nördlichen Fahrradhauptstädten auch für Wien durchaus als realistisch erschienen. Um die Wiener schlussendlich auch wirklich innerstädtisch auf’s Rad zu bekommen, muss nur noch vermehrt in die Radverkehr-Infrastruktur investiert werden. (Aufteilung der Haushalte nach Fahrzeugartennutzung in Prozent: Über 60 % Fahrräder, 40 % ohne kfz, mit Jahreskarte, ungefähr 50 % mit einem pkw, …)

Cycle Talk für Dummies Um es den Fahrrad-Auskenner beim Velo-CityKongress gleichtun zu können, bietet dieses kleine Klugscheißer-Lexikon eine Diskussionsgrundlage zur bestehenden Radverkehrsinfrastruktur in Wien.

moped und motorrad (in Wien)

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1 pkw (in Wien)

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diagramme

Sebastian Rahs

Seb & Sig

Auf den Konter so mancher noch unbeeindruckter Personen, »Es gibt in Wien ja ohnehin schon viele Radwege«, könnte man auf den unverhältnismäßig geringen Ausbaugrad hinweisen. Der 10 % höheren Verfügbarkeit stehen nämlich nicht einmal halb so viele Kilometer Radwege wie Autostraßen – eher unproportional – gegenüber.

Und das, obwohl der Ausbau und die Erhaltung der Radinfrastruktur sehr günstig ausfallen. Kosten Stadtstraße ohne Radweg versus diverse Radwege:

Auf den in Österreich beinahe unter Garantie funktionierenden Trigger der Kosten für die Bevölkerung – kurz: Steuern – sollte Verlass sein. Um die Gesprächsglut noch ein wenig mehr zu entfachen, könnte man mit den in astronomischen Höhen gelegenen, jährlichen Ausgaben für Straßeninfrastruktur in Österreich noch einen Scheit nachlegen.

€ 220.000 2-richtungs-radweg (Preis pro Kilometer. 2 Meter Fahrbahn mit 0,6 Meter Schutzstreifen)

2.809 km strassennetz (in Wien)

€ 1.100.000 strasse ohne radweg

1.170 km radwege

(Preis pro Kilometer. 5 Meter Fahrbahn mit 2 Meter Parkspur links und 2 Meter Parkspur rechts)

€ 1.490.000.000 strasseninfrastruktur (Durchschnitt der jährlichen Ausgaben der Bundesländer)

(in Wien)

€ 39.000.000 radinfrastruktur (Durchschnitt der jährlichen Ausgaben der Bundesländer)

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Sollte das Vis-à-vis den seltenen relaxten Gemütern angehören, die verpuffende Gelder nicht aus der Reserve locken können, kann verbal auf die soziale Ader gedrückt werden. Zum Beispiel mit dem leider ganz und gar nicht hinkenden Vergleich dieser Summen etwa mit Ausgaben für Kinderbetreuungseinrichtungen. Die halten sich in Wien nämlich beinahe die Waage. Noch Pro-Straße?

Und wer seine Nachkommen bequemlichkeitshalber mit dem Auto in die Schule chauffiert, tut nicht nur den nachhaltigen Verkehrmitteln Unrecht, nein, auch gleich den Kindern selbst. Denn abgesehen von den öffentlichen Massen-Transportmitteln ist das Fahrrad auch Spitzenreiter, was die Leistungsfähigkeit angeht. Und dieser theoretische Terminus lässt gänzlich einen frisch duftenden Schrank voll positiver Zusatznutzen außer Acht. Radverkehr braucht um Welten weniger Platz als Autoverkehr, fließend sowohl als auch ruhend. Kein Stau, kaum Lärm und eine vernachlässigbar aufwendige Parkplatzsuche reduzieren den morgendlichen Stress auf ein Minimum. Und wo viel Rad gefahren wird, steigt die Verkehrssicherheit, und die Lebensqualität nimmt zu.

Willigen Diskutanten mit Zahlenschwäche, Beschreiter des indianischen Weges und Angehörigen der 400 Promille radloser Bevölkerung sei an abschließender Stelle ein Zitat mit der Wucht und Wirkung von 400 Punschkrapfen mit Schlag zum Auswendiglernen ans Herz gelegt:

2.300 im pkw (Personen pro Stunde auf 3 Meter Fahrbahn)

Velo-City 2013 stellt im Vorfeld der VeloCity, die von 11. bis 14. Juni 2013 Radexperten und Radbegeisterte aus aller Welt in Wien versammeln wird, das Konzept »Rad-Stadt« auf den Prüfstand. In einer Artikelserie diskutieren wir Entwicklungen auf dem Sektor Radverkehr und verschiedenste Aspekte der Fahrradkultur mit Experten und Aktivisten.

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Als berühmte Luftwatschen, die das Gegenüber jetzt noch benötigt, um endgültig zu fallen, wäre ein leiser Wink mit dem Zaunpfahl in Richtung sündhaft teurer Parkpickerl zu empfehlen. Denn Radabstellplätze sind in jeder Hinsicht vergleichsweise billigst.

3.600 auf dem fahrrad (Personen pro Stunde auf 3 Meter Fahrbahn)

24.000 mit der u-bahn (Personen pro Stunde auf 3 Meter Fahrbahn)

»Die Automobilität hat uns zu einer Verzichtgesellschaft gemacht. Wir verzichten wegen des Straßenlärms darauf, bei geöffnetem Fenster zu schlafen, wir verzichten aus Angst vor Unfällen darauf, unsere Kinder draußen spielen zu lassen, wir verzichten auf ausgedehnte Fußwege in der Stadt, wir verzichten auf ungetrübte Blicke auf Architektur. Es ist Zeit, in unserer Gesellschaft mit dem Verzichten aufzuhören.« — Dr. Willi Nowak, Mitbegründer und Geschäftsführer des Verkehrsclub Österreich (VCÖ), über Infrastrukturen für nachhaltige Mobilität.

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Corporate Social Responsibility

interview

Martin Riedl

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Sig Ganhoer

Nicht mit der GieSSkanne Dem eigenen Geschäftsbereich entsprechen oder den lokalen Umständen eines Marktes – wie schafft man es als globales Unternehmen, beides zu berücksichtigen? Corporate Social Responsibility was never easy.

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orporate Social Responsibility (csr) oder auch: unternehmerische Verantwortung für die Gesellschaft versucht den Spagat zwischen unternehmerischer Kernkompetenz und dem, was der Markt verlangt. Darüber, welche Art von Corporate Social Responsibility eigentlich zu einem Telekommunikationsunternehmen passt, über Selbstverständnis und Philanthropie hat biorama mit der Leiterin der csr-Abteilung der Telekom Austria Group und A1, Petra Gallaun, und mit ihrer Vorgängerin, Daniela Winnicki, gesprochen.

biorama: Wie freiwillig kann man Corporate Social Responsibility-Aktivitäten bei einem Konzern mit etwa 17.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nennen? petra gallaun: Corporate Social Responsibility ist

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immer freiwillig. Alles, was über Gesetzesgrundlagen hinausgeht, das ist csr an sich. Um vielleicht ein pla katives Beispiel zu nennen: Handy-Recycling. Wir sind in Österreich gesetzlich verpflichtet, dass wir Handys zurücknehmen, wir sind aber nicht verpflichtet, pro zurückgegebenem Handy etwas zu spenden. Wir machen das aber, wir spenden vier Euro pro zurückgegebenem Handy für Sozialinstitutionen. Lange hielt sich das Gerücht, csr sei Effekthascherei und Marketingtool von Großunternehmen. petra gallaun: Früher reduzierte sich csr oft auf einzelne PR-Initiativen oder Spenden. Wir versuchen, csr entlang unsers Kerngeschäft zu machen. Wir wollen, dass sich gesellschaftliche und umweltbezogene Aspekte nachhaltigen Wirtschaftens wie ein roter Faden durch unser unternehmerisches Wirken ziehen und nicht auf Einzelinitiativen reduziert sind.

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daniela winnicki: Es hat sich viel verändert in der Gesellschaft in den vergangenen Jahren. Man merkt, dass die globalen Probleme solche sind, die auch Unternehmen in Angriff nehmen müssen. Insofern passen die Ansätze »Wir agieren nach dem Gießkannenprinzip« oder »Wir unterstützen philanthropisch« konkret gar nicht zu uns. Unternehmen nehmen mittlerweile das Thema Verantwortung anders wahr und fragen: »Was kann ich noch tun, um in dem Gefüge Gesellschaft-Ökonomie-Ökologie gut und langfristig zu bestehen?« Muss man, wenn man csr macht, zwangsweise in den Beeten jäten, in denen man zu Hause ist – also Aktivitäten setzen, die dem eigenen Geschäftsbereich entsprechen? petra gallaun: In Österreich verfolgen wir eine Strategie entlang des Kerngeschäfts. Im Bereich Umweltschutz haben wir beispielsweise als Informations- und Kommunikationstechnikunternehmen selbst großes Potenzial, dem Klimawandel entgegenzuwirken. Gleichzeitig geht es aber auch darum, unseren eigenen Fußabdruck zu verringern. Natürlich sehen wir uns in den Ländern lokal die gesellschaftlichen Herausforderungen an und fragen: Wo gibt es Bedarf? Da kann ein Schwerpunkt ein Entminungsprojekt in Kroatien sein …

daniela winnicki:  … in Mazedonien hat es einen Mangel an Inkubatoren gegeben, also wurde das unterstützt. In Weißrussland wurde auch eine Klinik unterstützt. Man muss sich die Märkte anschauen, das kann man nicht über einen Kamm scheren. Wir verfolgen hier eine sehr logische und stringente Policy, indem wir sagen: »Think global, act local«. Es gibt ein Strategiedach für ein gemeinsames Verständnis und gemeinsame Ziele. Gleichzeitig lässt man den Ländern die Autonomie, marktkonform zu agieren.

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Gibt es irgendetwas, wo Sie sagen: Das würde zu weit gehen, das können wir nie machen? petra gallaun: Unser Ansatz ist, weniger zu alimentieren als vielmehr zu befähigen. Projekte im gesellschaftlichen Bereich sollen in Summe den Menschen die Möglichkeit geben, danach ihr Leben besser zu meistern. Wie unterscheidet sich csr hier in Österreich von den osteuropäischen Märkten?

petra gallaun:  Es ist teilweise noch ein etwas anderes Verständnis, beispielsweise im Bereich Klimaund Umweltschutz. Dabei sind wir in Österreich sicher schon einen Schritt weiter. Zertifizierte Umweltmanagementsysteme haben wir aber auch in Slowenien, Kroatien oder Serbien. In anderen Märkten wie etwa in Weißrussland, Mazedonien oder Bulgarien gehen wir jetzt erst die ersten Schritte. Darum arbeiten wir auch derzeit gruppenweit an der Vereinheitlichung und Erweiterung der Konzernkennzahlen zur Umweltperformance und Ausbau der Umweltmanagementsysteme in allen Ländern. daniela winnicki: Während man in den usa und bei uns schon vom Shared-Value-Prinzip redet – es muss ein Nutzen sein fürs Unternehmen und für die Gesellschaft, entlang des Kerngeschäftes – kommt das in manchen Ländern sehr stark aus dem philanthropischen Ansatz: Dort Unterstützung anzubieten, wo sie auch am dringendsten notwendig ist. Das ist eine Frage der sozioökonomischen Zustände eines Landes. Darauf zu reflektieren halte ich für essenziell.

Eine Langversion des Gesprächs ist auf www.biorama.eu nachzulesen.

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Bisher waren das Kind und das Elternteil so gut wie immer zusammen. Und jetzt gibt es da plötzlich Dinge, die nur das Kind macht, ganz für sich. Ein seltsames Gefühl. Aber auch ein Luxus.

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elternalltag / Ursel Nendzig

»Auch so ein luxus: Eine Cola-Dose trinken.«

einfach mal drauflos gefreut, dass das Kind in ein paar Monaten dort sehr gut untergebracht sein würde. Hat sich aber irgendwie nicht so richtig vorstellen können, was das ganz genau bedeutet: Sich voneinander zu lösen, wenn auch nur für ein paar Stunden. Und dass das ganz schön schmerzhaft ist. Dass eit fast drei Monaten geht das Kind in den Kindergarten. Was. Für. Ein. Luxus. Zwar es einen kleinen Stich ins Herz gibt, wenn das Kind weint und sagt: »Die sind es nur drei Stunden, zieht man die Zeit fürs Hinbringen und Abholen und kurz Mama ist eh da!« oder »Der Papa Aufräumen und kurz Einkaufen und dann noch holt mich gleich ab!« Oder, auch so kurz Arbeiten und, ach ja, das kleine Baby stillen, eine Sache: Wenn das Kind nach dem Kindergarten nach der Pädagogin dufab, bleibt nicht sehr viel Zeit übrig. Aber trotzdem. tet, was bedeutet, dass es den Großteil Der wahre Luxus (für das Elternteil, das Kind profitiert in ganz anderen Dimensionen davon!) des Vormittags – während sich das Elist, das machen zu können, was man selber geternteil ein Cola reingezischt hat – auf nau jetzt machen möchte. Das Baby läuft ja ohihrem Schoß verbracht hat. Schrecklinehin irgendwie mit und beschwert sich auch che Momente sind das. Da hilft es auch noch nicht über das Vormittagsprogramm. Der nicht, dass alle »Profis« sagen, dass es suLuxus besteht auch darin, in – gefühlt – Lichtper läuft und ganz normal ist und sich der geschwindigkeit mit allem fertig zu sein. Wie Kleine nach zehn Sekunden beruhigt hat und er viel vom Kindergarten und den ankurz es eigentlich dauert vom Entschluss, kurz was besorgen zu fahren bis zum Besteideren Kindern und den Kindergärtnerinnen und den Spielsachen erzählt und auch gerne gen des Autobusses! Wahnsinn. Und, auch wieder hingehen möchte. so ein Luxus: eine Coladose trinken. Wenn das Kind nämlich zuhause wäre, würde das Aber jeden Morgen ist es so eine kleine Überwindung, alleine dort zu bleiben, das gar nicht gehen. »Mama, was trinkst du da? Ich mag auch kosten.« »Aaah nein, das geht spürt das Elternteil. nicht, das ist ungesund.« »Kann ich kosGenauso wenig hilft es da, dass das Kind mit ten?« Die Elternteile haben mittlerweile Zeichnungen (auf denen nichts zu erkennen ist, eine perfide Strategie bei der Hand, um aber darum geht es ja nicht) oder einer selbst trotzdem ab und zu ein Cola zu trinken, (von einer der Kindergärtnerinnen, ist zu vermueinfach, weil das ab und zu sein muss. ten) gebastelten Laterne nachhause kommt. Weil Und zwar wird dann der »kalte Kaffee« es einfach in der gemeinsamen Lebensgeschichte in eine Kaffeetasse geleert, dieser nämseit neuestem Dinge gibt, die das Kind macht, ohne lich juckt das Kind überhaupt nicht. dass das Elternteil dabei ist. Wie viel und was und Alles kein Problem, während das wie es gegessen hat, zum Beispiel. Was es so redet, Kind im Kindergarten ist. Was sich mit seinen neuen Freunden. Was für Lieder und Geso einfach hinschreibt, aber gar schichten es hört und abspeichert (und manchmal, beim Autofahren oder Spielen, plötzlich wiedergibt: nicht so einfach ist. Das Elternteil hat sich beim Ersehr süß!). Weil es jetzt einfach ein eigenes Leben führt, gattern des Kindergartenplatzes drei Stunden am Tag. Drei Luxus-Stunden.

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Emil – die Flasche®: Ein Herz aus Glas ist seine Stärke Kein Verpackungsmüll! Schon 1990 hatte man bei Familie Weiß die Nase voll vom allgemeinen Verpackungsmüll. Deswegen erfand Agnes Ziegleder-Weiß Emil – die Flasche®, die wiederverwendbare, transportsichere Pausenflasche aus Glas, damit ihre Tochter Magdalena in der Schule weder PET- oder Aluminium-Flaschen noch Dosen benutzen musste. Tochter Magdalena arbeitet heute in der Geschäftsleitung des Familienunternehmens mit. Das Herz aus Glas Nur Glasflaschen erhalten die Energie, den Geschmack und die Reinheit eines Getränks in vollem Umfang. Deswegen ist das Herz von Emil® eine immer wieder befüllbare Glasflasche, sicher „verpackt“ in einem schützenden und zierenden BottleSuit© aus Thermobecher und Textilhülle (Bio-Baumwolle oder Öko-Tex 100). Emil® gibt es in drei Größen (300ml, 400ml und 600ml) sowie als Säuglingsflasche. Tolle Designs Emil® hat nicht nur einen hohen Nutzwert, sondern sieht auch noch gut aus! Die Außenhülle gibt es in über 30 Designs für alle Gelegenheiten und alle Altersstufen.

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Bio-Innovationen

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Dokumentation

Sandra Adler & Katharina Wiesler

hannes schabbauer

Bio in Österreich Wie kommen Bio-Lebensmittel beim Konsumenten an? Wir haben Produzenten, Vermarkter, große und ganz kleine Handelsbetriebe befragt, worauf sie und ihre Kunden Wert legen. Ein qualifizierter Blick auf Innovationen in der österreichischen Bio-Branche.

Gemüsekistl statt Milchwirtschaft: Simon Vetter (Vetterhof, Vorarlberg) verkauft das, was auf seinen Feldern wächst.

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(Hofladen Annahof, Laab im Walde) »Wir haben den Laden ausgebaut. Die Kunden fühlen sich durch die Modernisierung noch wohler. Ich habe unter anderem die Kühltechnik erneuert, da ich hauptsächlich auf frische Produkte, wie Milch und Fleisch, spezialisiert bin. Das Besondere ist, dass wir am Hof schlachten, alles ist genau zu hinterfragen, wenn der Kunde es wissen will. Ebenso haben wir für unsere Kunden auch die Stalltüren offen, das heißt, man kann alles anschauen. Wir haben auch Schulkinder bei uns, die den Hof besichtigen. Toll ist, dass die Kunden oftmals zuerst zu uns zum Hofladen kommen und danach für das, was sie nicht bekommen haben, in den Supermarkt gehen.«

mareike nossol (Denn’s, Österreich) »Wir bemerken allgemein, dass sich immer mehr Menschen gerne biologisch ernähren und bewusst BioLebensmittel suchen. Frühere Randsortimente wie Bio-Tiernahrung oder Bio-Tiefkühlkost werden vermehrt nachgefragt. Ebenso bemerken wir, dass man wieder öfter mit traditionelleren Gemüsesorten wie Pastinaken oder Schwarzwurzeln oder vegetarisch bzw. vegan kocht. Ein Dauertrend sind regionale Lebensmittel. Wir sind auch stets auf der Suche nach neuen Lieferanten aus Österreich und freuen uns, wenn sich jemand meldet. Für uns ist es wichtig, dass viele Produkte aus Österreich kommen. Natürlich führen wir auch namhaf-

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Vetterhof te Bio-Marken wie z.B. Rapunzel, die ihren Firmensitz in Deutschland haben. Aber uns ist es wichtig, bei jedem Produkt eine regionale Alternative aus Österreich anzubieten. Wir möchten mit unserem Konzept – Bio-Produkte in der modernen Atmosphäre eines Supermarkts als bewusste Ergänzung zum traditionellen Bio-Laden – die Marktdurchdringung von Bio erweitern. Es wird aber weiterhin beides geben. Kleinere Läden haben ein begrenztes, dafür spezialisiertes Sortiment, eine intimere Atmosphäre und sie sind definitiv beratungsintensiver. Wir führen ein breites Vollsortiment, wo man alles bekommt, und sprechen ein anderes Publikum an, bei uns kann man anonymer durchspazieren und wird nicht gleich angesprochen. Wer Beratung möchte, erhält diese natürlich auch bei uns.«

für die Milchproduktion bekannt ist, sehr untypisch. Die haben wir vor über zehn Jahren aufgegeben und unseren Schwerpunkt auf Gemüse gesetzt, aber nicht nur mit einer einzigen Kultur. Wir probieren alles, was in Mitteleuropa wächst. Manches davon müssen wir unter Folientunnel anbauen, weil es auf Grund der Niederschlagsmengen nicht anders geht. Vorarlberg ist eine anspruchsvolle Gegend für den Gemüseanbau. Vermarktet wird unser Gemüse über den Hofladen, den Wochenmarkt und die Bio-Kisten. Von anderen Bio-Kisten-Anbietern unterscheiden wir uns insofern, dass es bei uns lediglich bei der Größe eine Wahlmöglichkeit gibt. Wir sind kein Handelsunternehmen, wir kaufen keine Produkte hinzu. In der Kiste landet das, was gerade Saison hat und auf unseren Feldern wächst. Im Hofladen gibt es Eier, Milch usw. von benachbarten Betrieben, aber das hält sich in Grenzen.«

rupert matzer

martin fiedler (www.biofiedler.at, Wr. Neustadt) »Ich bin grundsätzlich skeptisch, auch bei meinen Zulieferern. Einige habe ich schon besucht. Kämme und Bürsten beziehe ich z.B. von einem deutschen Kammmacher, der hauptsächlich Holz benutzt und hohe Qualität liefert. Produkte aus dem Großhandel, die gerade noch als Bio gelten und die zu Dumping-Preisen angeboten werden, versuche ich zu meiden. In letzter Zeit neu ins Sortiment aufgenommen habe ich selbst produziertes Convenience-Food im Glas. Außerdem haben wir ein Restaurant eröffnet. Im Umkreis von 50 km gab es kein Bio-Restaurant. Wir verstehen uns als Bio-Kaufhaus, das zwar überwiegend Lebensmittel, aber auch Kosmetik und Gebrauchsgegenstände, sowie neuerdings ökologische Kleidung anbietet. Ich habe mir die BioladenLandschaft von Berlin bis Südtirol angesehen und kam dann darauf, es so aufzuziehen. Es war eigentlich eine Bauchentscheidung.«

simon vetter (Vetterhof, Bio-Hof, Lustenau) »Wir sind ein gemischter Betrieb und für Vorarlberg, das

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(Bio-Laden und G’sundes Kistl, Graz) »Trends versuchen wir generell zu vermeiden und nicht mitzumachen. Aber was ich erkennen kann, ist, dass die Menschen auf Regionalität achten, was an und für sich gut ist. Dabei wird aber vergessen, dass Tomaten aus beheizten steirischen Glashäusern einen höheren CO2Ausstoß verursachen als der lkw, der Bio-Tomaten aus Süditalien bringt. Es ist zu beobachten, dass auch zur kalten Jahreszeit alles verfügbar sein sollte.«

nicole berkmann (Natur Pur, Bio-Eigenmarke Spar) »Die Trends im Bio-Bereich decken sich mit den allgemeinen Trends im Lebensmittelhandel: Zum einen schauen die Kunden immer stärker auf die Herkunft der Produkte. Regionale Produkte sind sehr gefragt. Zum anderen gibt es in immer mehr Bereichen auch Angebote in Bio-Qualität. Das reicht von den ConvenienceProdukten bis zum Waschmittel. Unser Sortiment wird laufend erweitert. Ganz aktuell sind zum Beispiel die neuen Winterjoghurt-Sorten: »Natur pur« Bio-Joghurt Lebkuchenzauber und »Natur pur« Bio-Dessertjoghurt Maroni. Wir achten darauf, dass so viele unserer BioProdukte wie möglich aus Österreich kommen. Manchmal geht das aus verschiedenen Gründen nicht. Die »Natur Pur«-Bioprodukte von Spar dürfen nur mit gültiger Bio-Zertifizierung erzeugt werden. Dafür gibt es

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52 internationale Kontrollinstitute, die die Einhaltung der geforderten Richtlinien weltweit kontrollieren. Um die Rohstoffe kümmern wir uns, außer beim Fleisch und beim Obst und Gemüse, aber nicht selbst, das machen die Hersteller.«

merle weber (Gutding Regionalladen, St. Pölten) »Es geht eindeutig zurück zur Einfachheit. So wird z.B. gern wieder Milch in Flaschen gekauft. Wir streben danach, möglichst viele Produkte von Bauern aus der Region anzubieten. Die Menschen sehnen sich nach der alten Greißlerei, nach einem Tratscherl, danach, dass man weiß, welches Brot dem Kunden am liebsten ist und welchen Käse er letzte Woche gekauft hat. Mit unserer Philosophie, Produkte zu verkaufen, die so regional wie möglich, bio, ressourcensparend und fair hergestellt wurden, sind wir in St. Pölten recht allein auf weiter Flur.«

maria teichmann (www.greisslerei.org, St. Pölten) »Die Bauern, deren Produkte ich online anbiete, suche ich persönlich aus. Sie sollten kleinstrukturiert arbeiten und Bio-Landwirtschaft aus Überzeugung betreiben. Für viele Bauern ist es schwer zu bestehen, daher legen die von mir ausgewählten Bauern den Preis ihrer Waren selbst fest, so ist auch die Bezahlung adäquat. Meine Waren sind keine Massenwaren, sie werden von den Bauern selbst veredelt.«

sonja ehrne (Bio-Laden, Feldkirch-Gisingen) »Die Kunden legen verstärkt Wert darauf, Waren aus der Nähe zu kaufen. Regionale Waren sind transparent und geben ein sicheres Gefühl. Unsere Priorität besteht darin, Produkte aus Vorarlberg und der näheren Umgebung anzubieten – etwa Äpfel vom Bodensee. In erster Linie ist die Qualität wichtig, das EU-Bio-Siegel ist mir zu

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wenig. Bio ist ein zu weitläufiger Begriff geworden. Wer Bio produziert, muss mit seiner ganzen Überzeugung dahinterstehen und auch den Mut haben, sich ständig zu hinterfragen und zu verbessern. Meine Erfahrung: Die Kunden reagieren sehr sensibel auf Echtheit und Ehrlichkeit – wir freuen uns darüber.«

martina hörmer (Ja! Natürlich, Biomarke von Rewe) »Dadurch, dass wir die erste Bio-Marke Österreichs waren und immer noch die umsatzstärkste Marke im österreichischen Lebensmittelhandel sind, haben wir hier von Anfang an eine Vorreiterrolle eingenommen und setzen in Bio die Trends. Allgemein spielen Regionalität und Heimat eine immer wichtigere Rolle für die Kunden. Ebenso wichtig ist das Thema Nachhaltigkeit – z.B. ob etwas umwelt- und ressourcenschonend hergestellt wird. Was bedeuten diese Trends für uns? Für das gesamte »Ja! Natürlich«-Vollkornmehl beispielsweise haben wir das traditionelle und schonende Steinmühlverfahren wieder aufgegriffen, welches früher einmal die gängige Art war, Getreide zu mahlen. Damit haben wir einen Trend aufgegriffen und Tradition sozusagen neu interpretiert. Ein weiteres Beispiel wären unsere Frucht-Joghurts mit regionalen Früchten wie Rosenrhabarber, Sirius-Apfel, etc, die bei den Österreichern sehr gut angekommen sind. Auch bei den Verpackungen verfolgen wir einen nachhaltigen Ansatz. Statt Verpackungsmaterial, welches auf dem Rohstoff Erdöl basiert, verwenden wir solches basierend auf Holz – etwa Folien aus Cellulose oder Kartonagen aus Pappe. Ganz aktuell sind wir dabei, Netze aus Naturfasern zu entwickeln.«

christa ettl (Weingut Ettl, Podersdorf am See) »Seit 2006 haben wir uns auf naturnahen Wein-Anbau konzentriert. Damit geliebäugelt hatten wir schon länger. Als unser Sohn mit der Schule fertig war und in die Landwirtschaft mit eingestiegen ist, haben wir die Gelegenheit genutzt. Wir haben diesen Weg aus persönlichem Interesse eingeschlagen, nicht für die Kunden umgestellt. Mittlerweile bieten wir auch unterschiedliche, regionale Produkte an, ganz einfach, weil wir in dem großen Verkaufsraum Platz dafür haben. Ich war nicht auf der Suche danach. Auch das kam über persönliche Beziehungen zustande, z.B. Bekannte und Freun-

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53 dinnen, die Marmelade oder Eingemachtes hergestellt haben. Wir sind ein Bio- und Familienbetrieb und wollen auch nicht größer werden.«

dukten, mittlerweile gibt es über 100 Bio-Lebensmittel im Sortiment von »Bio vom Berg«. Wir entwickeln dort gemeinsam mit den Bauern sinnvolle neue Produkte und geben sie nicht vor, wie es bei den großen Handelsketten der Fall ist.«

manuela raidl -zeller (Sonnentor) »Die Konsumenten werden bewusster. Es ist wichtig, welche Werte mit dem Produkt transportiert werden und woher die Dinge stammen. Was bei uns super funktioniert: unsere Bio-Flagshipstores und unser FranchiseKonzept. Wir können die Produkte dadurch unmittelbar erlebbarer machen. Wir haben eine große Produktpalette und durch ein eigenes Geschäft kann diese durch die Mitarbeiter und die Stimmung im Geschäft gut transportiert werden. Auch über die österreichischen Grenzen hinaus ist Sonnentor mit Franchise in München oder Partnerladen-Konzepten in Tschechien vertreten. Dieses erfolgreiche Shop-in-Shop-Konzept möchten wir noch stärker in den internationalen Markt tragen.«

otto bauer (Natürlich für uns, MPreis, Zielpunkt, etc.) »Bio alleine reicht nicht mehr. Es wird immer wichtiger, dass Lebensmittel regional sind und dass eine hohe Rückverfolgbarkeit besteht. Auch die Saisonalität wird immer wichtiger. Die große Herausforderung besteht darin, das Wissen um die Lebensmittel zu vermitteln, der positiv kritische Konsument sucht nach den Gesamtzusammenhängen. Das Wort Nachhaltigkeit wird langsam immer mehr mit Leben befüllt, die Kunden möchten wissen, wie die Produktionsbedingungen sind, ob das Trinkwasser geschont wird und wie die Arbeitsbedingungen aussehen.«

ingrid heinz

michaela bartl

(MPreis, Supermarkt-Kette, v.a. Tirol) »Wir sind ein Tiroler Familienunternehmen. Eine vergleichbare kleine Supermarkt-Kette gibt es so sonst nicht. Exklusiv bei uns erhältlich sind Produkte der Marke »Bio vom Berg«, aber dabei handelt es sich nicht um eine Eigenmarke, sondern diese wurde von einer Genossenschaft von Bio-Bauern gegründet. Deren Mitglieder produzierten bereits vorher ökologisch, hatten aber Vertriebsprobleme. Es handelt sich dabei um 600 überwiegend klein strukturierte Tiroler Betriebe, etwa 80 % davon im Nebenerwerb betrieben, die an MPreis herangetreten sind. Angefangen hat es mit Milchpro-

(Bio Rosen- und Kräuterhof Bartl, Wallern) »Am Biobauernmarkt auf der Wiener Freyung besteht die höchste Dichte an Bio-Anbietern auf einem Markt in Europa – wenn nicht sogar weltweit. Hier ist alles bio und wir Verkäufer sind eine Marktgemeinschaft, wir passen zueinander. Wir haben eine sehr große Stammkunden-Klientel, weil wir auch eine soziale Komponente und besondere Atmosphäre bieten. Was zu beobachten ist: Der klassische Marktkunde stirbt aus. Zu uns kommen berufstätige Marktgeher – Bio kann man ja nicht nur an Speis und Trank festmachen. Gebe ich mir Zeit für mich selber?«

Bio-Fach Bio ist von einer Bewegung längst auch zur Industrie geworden. Bester Beweis ist die alljährliche Branchenmesse Bio-Fach im Nürnberger Messezentrum. Auf einem Gemeinschaftsstand bietet die Wirtschaftskammer Österreich (WKO) auch heuer wieder Start-ups und kleinen Produzenten, die sich das Abenteuer Bio-Fach alleine nicht leisten könnten, die Möglichkeit, sich der Branche zu präsentieren. Bio-Fach 2013, 13.–16. Februar im Messezentrum Nürnberg, »Österreich-Abend« (mit Musik und Bio-Spezialitäten) am 14. Februar (ab 18.00 Uhr), Österreich-Stand —— www.biofach.de

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Entgeltliche Einschaltung

Foto: ATM

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Lebensmittel sind viel zu kostbar, um achtlos weggeworfen zu werden. Trotzdem landen in Österreich jährlich rund 157.000 Tonnen verpackter und unverpackter Lebensmittel sowie Speisereste im Restmüll. Produkte wie Brot, Fleisch, Milchprodukte, Wurst, Obst, Gemüse und vieles mehr, die eigentlich auf den Teller statt in Mülltonne gehören würden. Pro Haushalt und Jahr sprechen wir hier von Waren im Wert von 300 Euro, die einfach weggeworfen werden. Die Gründe sind unterschiedlich. Oft werden Nahrungsmittel weggeworfen, weil der Einkauf zu wenig überlegt getätigt wurde, die Ware zu Hause verdirbt oder einfach nicht optimal gelagert wurde. Lebensmittel im Abfall sind ein ethisches, aber auch wirtschaftliches und soziales Problem mit enormen Auswirkungen auf unsere Umwelt. Mit der Initiative „Lebensmittel sind kostbar!“ möchte das Lebensministerium aufklären, informieren und das Bewusstsein für die Wertschätzung von Nahrungsmitteln schärfen. Das Ziel: Lebensmittelabfälle in Österreich nachhaltig zu verringern. Wir alle können Verantwortung übernehmen und unseren Beitrag zur Vermeidung und Verringerung von Lebensmittelabfällen leisten. Lebensmittel sind kostbar. Bereits mit kleinen Maßnahmen kann man eine große Wirkung erzielen – der Umwelt und der Brieftasche zuliebe. Nähere Informationen unter: www.lebensministerium.at/lebensmittelsindkostbar

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ihr beitrag gegen die verschwendung von Lebensmitteln: richtig einkaufen: Der richtige Einkauf beginnt bereits zu Hause. Nur wer sich bereits daheim einen Überblick verschafft, weiß, welche Produkte und Mengen eingekauft werden müssen. • • • • •

Überprüfen Sie Ihren Kühlschrank und Ihre Vorräte. Schreiben Sie eine Einkaufsliste. Seien Sie bei Aktions- und Lockangeboten kritisch. Benötigen Sie wirklich eine Großpackung? Achten Sie bereits beim Einkauf auf das Haltbarkeits- bzw. Verbrauchsdatum. Erstellen Sie nach Möglichkeit einen Wochenspeiseplan.

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interview

Reinhard Geßl Wilfried Oschischnig

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Geßl, Fibl Österreich

Der Bioladen Europas Franz Fischler kann man nicht gerade als Bio-Freak bezeichnen und dennoch gilt er als ein Vater des österreichischen Bio-Booms. Ein Gespräch über Landwirtschaft(spolitik) mit einem der wenigen österreichischen Politiker von Weltruf.

biorama: Herr Fischler, warum sind Sie eigentlich nicht korrupt? franz fischler: Ich habe für mich einen persönlichen Ehrenkodex. Da hat nicht einmal der Hauch von Korruption Platz. Korruption scheint aber heute zum Arbeitsprogramm eines Politikers zu gehören? Sie reden primär von Österreich? Da müssen Sie ein bisschen unterscheiden. Seit der Zeit, als Präsident Kirchschläger gesagt hat, man müsste in Österreich die Sümpfe trocken legen, hat sich wieder viel aufgestaut. Das bricht jetzt auf – und die Bevölkerung bekommt den Eindruck, es gäbe nur mehr Korruption und Leute, die für die eigene Geldtasche arbeiten. Aber in Österreich gibt es nach wie vor viele korrekte Politiker. Korruption spielt in Ihrem Leben keine Rolle – dafür aber die Zahl Fünf. Wie ein Blick auf ihren Lebenslauf zeigt, vollzieht sich Ihre Karriere in einem FünfJahres-Rhythmus. Das ist richtig, war aber nicht so geplant. Im alten Rom hat man übrigens diese Fünf-Jahres-Schritte »Lustren« genannt. Ich bin als Fünfjähriger zur Volksschule gegangen, habe dann noch ein Jahr Hauptschule gemacht – also fünf Jahre. Auf dem Untergymnasium habe ich auch fünf Jahre gebraucht, statt vier. Und wenn man den Militärdienst zum Obergymnasium dazurechnet, macht das wieder fünf Jahre. Gute fünf Jahre habe ich studiert – und danach fünf Jahre an der boku als Assistent gearbeitet. Fünf Jahre war ich in der Kammer Angestellter und fünf Jahre Direktor. Und fünfeinhalb Jahre war ich Minister – dann noch zweimal fünf Jahre in Brüssel.

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In ihre Zeit als Landwirtschaftsminister fällt die politische Geburtsstunde des Biolandbaus. Warum haben Sie damals auf Bio gesetzt? Erstens fand ich, man muss den biologischen Landbau entideologisieren. Da geht es ja nicht um ein Glaubensbekenntnis, sondern eine Möglichkeit, wie man Landwirtschaft betreiben kann – eine besonders unterstützenswerte Landwirtschaft. Und zweitens sah ich das Riesenpotenzial. Daher habe ich auch die finanziellen Bedingungen dafür deutlich verbessert: Als ich 1989 ins Ministerium kam, umfasste das Budget für den biologischen Landbau gerade einmal zwei Millionen Schilling – am Ende meiner Ministerzeit gab es dann 200 Millionen Schilling. Sehr wichtig war auch, dass wir die Bioprodukte in die Supermarktketten gebracht haben. Auf diese Karte habe ich gesetzt – und das war entscheidend für das Wachstum des biologischen Landbaus. Sind Sie mit der gegenwärtigen Entwicklung des Biolandbaus zufrieden? Ja! Wir liegen mit einem Bio-Anteil von über 15 Prozent meilenweit vor allen anderen Staaten in Europa. Andererseits darf man sich auch nicht zu große Illusionen machen. Ich glaube, der biologische Landbau wird in zehn, zwanzig Jahren bei einer Größenordnung von 20–25 % Fläche oder Umsatz sein Limit erreicht haben. Als Minister haben Sie damals auch den Landwirten den EU-Beitritt schmackhaft gemacht … Es war wichtig, den Biolandbau und die Bergbauern – also alle, die mit Benachteiligungen arbeiten müssen – förderfähig zu machen. Deshalb haben wir beim heimischen Fördersystem ziemlich viel umgestellt. So konnten wir bei den Beitrittsverhandlungen verlangen, dass

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unser Förderniveau auch nach dem EU-Beitritt beibehalten werden kann. Am Ende der Verhandlungen hat es dazu geführt, dass Österreich, im Verhältnis zur Größe seiner Landwirtschaft, bis heute die größte ländliche Entwicklungsförderung hat. Ein anderes wichtiges strategisches Element waren die österreichischen Marktordnungen. Die stammten noch aus der Nachkriegszeit, mit dem Milchwirtschaftsfonds, dem Getreidewirtschaftsfonds etc. Die hatten sich längst überlebt. Ich habe dann den bevorstehenden EU-Beitritt als Argument benutzt, um die Dinge zu ändern. Viele österreichische Bauern, vor allem aber so g’scheite Missionare aus Bayern versuchten ja den Leuten einzureden, wir würden mit EUWaren überrannt werden. Und was tut man gegen »g’scheite Missionare«? Ja, was tut man dagegen? Wir haben die Naturnähe, also die Stärken der österreichischen Lebensmittel positioniert. Und zusätzlich – auch auf meine Initiative hin – die Agrarmarkt Austria, die ama, gegründet, also ein Marketinginstrument aufgebaut, um den Patriotismus bei den österreichischen Konsumenten zu nutzen. Ist das heutige ama-Gütesiegel eine PatriotismusPickerl? Reicht das als Qualitätszeichen für die österreichische Landwirtschaft? Ich bin der Meinung, dass das ama-Gütesiegel heute die Standardware aus Österreich repräsentiert. Eine Ware, die das ama-Gütesiegel nicht trägt, ist eigentlich schon fast eine Problemware. Wenden wir uns der europäischen Landwirtschaft zu. Welche Akzente haben Sie da als EU-Kommissar gesetzt? Angefangen hat es mit einem wichtigen, leider sehr negativen Punkt: der bse-Krise. 1996 ist in London vom Gesundheitsminister zum ersten Mal verkündet worden, dass bse auf den Menschen übertragbar ist. Was natürlich zu einem Riesenskandal geführt hat. Unser Problem war, dass man sich bei einer Krankheit in erster Linie auf wissenschaftliche Ergebnisse stützen muss – nur die gab es nicht. Das war wie Fahren im Nebel. Man musste sozusagen mit dem Hausverstand überlegen, was die sinnvollsten Maßnahmen sind. Das war eine extrem schwierige Situation, die wir aber gut gemeistert haben. 2003 kam dann Ihre große EU-Agrar-Reform … Der Kern dabei war, dass ich mit der Verbindung zwischen Produktion und Förderung in der sogenannten »ersten Säule« Schluss gemacht habe. Bis dahin war es so, dass die Förderung die Produktion angeheizt hat. Ich war aber der Meinung, das muss unbedingt neutralisiert werden. Was unterm Strich auch für die Landwirte besser war – und darüber hinaus noch einen wichtigen

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Aspekt hatte: Uns ist damit auch gelungen, dass die EUFörderung zu 90 % in Übereinstimmung mit dem wtoRecht ist, also nicht mehr als wettbewerbsverzerrend galt. Eine ketzerische Frage zu diesem Thema: Bei jeder Agrar-Reform gibt es nur jammernde Bauern und erboste Bürger – warum streicht man nicht gleich das ganze Agrarbudget? Das hätte gravierende Folgen! Nicht, weil es keine Lebensmittelproduktion mehr gäbe. Das würde nicht geschehen, aber die Landwirtschaft würde sich aus den ungünstigen Standorten, z.B. den Bergbauerngebieten, zurückziehen und dafür an den günstigeren Standorten weitaus intensiver produzieren. Mit dieser Intensivierung steigt dann der Druck auf die Böden und auf die Grundwasser-Qualität. Das wäre das eigentliche Problem – die enormen Umweltschäden. Und wenn in den schwächeren Regionen die Landwirtschaft aufhört, gehen auch die Attraktivität der Landschaft und damit der Tourismus zum Teufel. Intensität – sprich möglichst hohe Erträge – ist auch das Zauberwort bei der grünen Gentechnik. Wie stehen Sie dazu? Ich versuche an diese Frage nicht ideologisch, sondern pragmatisch heranzugehen. Wenn ich mir anschaue, was die jetzige grüne Gentechnik kann, bringt sie dem österreichischen Bauern überhaupt nichts. Daher ist es in Österreich sinnlos, grüne Gentechnik einzusetzen. Ist grüne Gentechnik nicht generell sinnlos? Der Grund, warum mittlerweile auf der Welt 180 Millionen Hektar mit gentechnisch verändertem Saatgut bestellt werden, ist, dass sich in Übersee, sowohl in Nord- als auch in Südamerika die Pflanzenproduktion, also die Anbautechnik völlig geändert hat. Während man bei uns nach wie vor klassischen Ackerbau betreibt – also pflügt, den Acker herrichtet und sät – kommt in Übersee die ganze Bodenbearbeitung ohne Pflügen aus. Und für diese Bauern wird auf einmal die grüne Gentechnik interessant, weil bei dieser pfluglosen Methode der Unkrautdruck steigt. Daher ist es interessant, dass ich Sorten habe, die tolerant gegen das Totalherbizid Roundup sind. Konkret heißt das, dass alle Unkrautarten eingehen, außer den Roundup-verträglichen Pflanzen. Anders gefragt: Ist der Einsatz von grüner Gentechnik für Sie bedenkenlos? Nochmals: In Europa, mit unserem klassischen Ackerbau, bringt Gentechnik nichts. Und weil man bestimmte gentechnisch veränderte Soja- oder Maissorten zugelassen hat, ist das kein Argument, auch gleich andere zuzulassen. Das muss sehr sorgfältig von Fall zu Fall

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geprüft werden. Dass es hier zu Fehlern kommen kann, das kann man nicht mit hundertprozentiger Sicherheit ausschließen. Die Heilsverkünder der Gentechnik möchten damit den Welthunger besiegen … Ein absoluter Unsinn! Das Niveau, auf dem Landwirte in Afrika und sonst wo operieren, ist ein völlig anderes. In den Ländern, die vom Hunger betroffen sind, helfen keine Gentechnik-Konzepte. Ein Beispiel dazu: Der Maisertrag in Burkina Faso beträgt 100 Kilogramm pro Hektar, in Österreich sind es 11 Tonnen. Selbst wenn Sie dort gentechnisch verändertes Saatgut verwenden würden, wären es trotzdem nur 100 Kilogramm und nicht mehr. Garantiert! Weil es dort an ganz anderen Dingen mangelt: zum Beispiel an einer vernünftigen Wasserversorgung, an einer einfachen Düngung, an besseren Erntemethoden etc. Diese Dinge muss man verändern. Es ist geradezu fahrlässig, die Landwirte dort mit zugekauftem Saatgut abhängig zu machen. Abschließend ein Blick zurück nach Österreich, ganz konkret in ihren Kühlschrank: Wie viele Bio-Lebensmittel sehen wir da? Da müssen Sie meine Frau fragen. Aber an BioLebensmittel sind es hauptsächlich Obst und Gemüse, Fruchtsäfte. Wir sind keine absoluten Bio-Freaks, aber wir sind Regional-Freaks.

ad personam Franz Fischler, geboren 1946 in Tirol, ist Präsident des Europäischen Forums Alpbach, Vorsitzender der Raiffeisen Klimaschutz-Initiative sowie Ehrenpräsident des Ökosozialen Forums und der österreichischen Global Marshall Plan-Initiative. Von 1995–2004 war er Mitglied der Europäischen Kommission, zuständig für Landwirtschaft, ländliche Entwicklung und Fischerei, davor övpBundesminister für Land- und Forstwirtschaft (1989– 1994). Er ist Gastprofessor an drei Universitäten und Berater zahlreicher Regierungen und der oecd.

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reiseführer

interview

Manuel Fronhofer

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Tony & Maureen Wheeler

»Ein bisschen …

… weiter gehen« Vor 40 Jahren ist mit »Across Asia on the Cheap« der erste Lonely-Planet-Reiseführer erschienen. Geschrieben und – so will es die Legende – handgefertigt in einer kleinen Wohnung in Sydney, gilt er als Grundstein für den größten Reisebuchverlag der Welt. Tony Wheeler, dessen Mitbegründer, über das Erwachsenwerden mit den Lesern und dem Erfolg.

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Tony und Maureen Wheeler 1972 auf Reisestopp in Exmouth, North-West Cape, Australien.

biorama: Ich nehme an, du hast die Entstehungsgeschichte von Lonely Planet schon tausend Mal erzählt – welche Erinnerungen hast du, wenn du an den allerersten Reiseführer zurückdenkst, den du gemeinsam mit deiner Frau Maureen vor 40 Jahren geschrieben hast? tony wheeler: Woran ich mich am besten erinnern kann, ist unser erster Trip durch Asien. Es war eine spannende Zeit um unterwegs zu sein, es war eine lange Reise, wir waren jung und unerfahren – all das hat die Sache so interessant gemacht. Was war spannend an dieser Zeit? Es waren die frühen 70er Jahre. Die Nachkriegs-Babyboomer, von denen ich einer gewesen bin, waren Anfang 20. Die Route durch Asien wurde »Hippie Trail« genannt. Viele Länder waren damals noch relativ unbekannt, die Horizonte waren irgendwie weiter. Dort unterwegs zu sein, erschien neu und sehr aufregend. In etwa zu dieser Zeit waren auch die Beatles in Indien – es war eine Ära! Seit damals hat sich Lonely Planet zu einer international bekannten Marke entwickelt. Was war der Wendepunkt, an dem sich der Verlag von einem ungezwungenen Projekt junger Globetrotter zu einem weltweit agierenden Unternehmen wandelte? Ich denke, das ist nicht an einem einzelnen Punkt festzumachen. Es war nicht wie bei vielen Unternehmen heutzutage, Facebook oder etwas in der Art, die aus dem Nichts plötzlich 100 Millionen Dollar wert sind. Viele Jahre lang ist Lonely Planet sehr langsam gewachsen. Aber es gab ein paar Meilensteine. Etwa unser zweites Buch, ein Reiseführer für Südostasien. Er wird immer noch gedruckt und hat über die Jahre hinweg viele Exemplare verkauft. Das hat uns gezeigt, das wir etwas machen können, das Kontinuität und Bestand hat. Ähnlich war es bei unserem ersten Indien-Guide – die Leute haben ihn geliebt. Was war deiner Einschätzung nach der Grund für diesen Erfolg? Einer der Gründe war wohl, dass wir Bücher gemacht haben, die sonst keiner gemacht hat. Es gab diese großen Verlage in London, New York etc. Wir jedoch waren ein kleines Unternehmen am anderen Ende der Welt. Also mussten wir nach Destinationen suchen, die die anderen Verlage nicht behandelt haben. Außerdem war

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unser Fokus nur auf das Reisen gerichtet. Andere Verlage deckten dieses und jenes ab – und eben auch die Reisesparte. Für uns hieß es hingegen: travel or nothing. Denkst du, dass für das Reisen als Rucksacktourist, für das Lonely Planet lange Zeit gestanden ist, ein Reiseführer auch notwendiger war? Insbesondere weil die Länder, über die ihr geschrieben habt, über eine eher schwache Infrastruktur verfügten. Das stimmt sicherlich. Ganz zu Beginn haben wir Bücher für Leute gemacht, die – so wie wir – in ihren frühen 20ern waren und kein Geld hatten. Wenn man auf diese Art reist, erhält man aber ein viel besseres Bild der Realität. Ich glaube, das war auch ein Faktor für den Erfolg des Unternehmens in seinen frühen Tagen. Wie würdest du den typischen Lonely-Planet-Nutzer beschreiben? Ich denke, den gibt es heutzutage gar nicht mehr. Früher hätte ich gesagt, es ist jemand in seinen 20ern, der individuell reist und eher länger unterwegs ist. Wir haben zwar immer noch dieses RucksacktouristenImage, aber das trifft nicht mehr wirklich zu. LonelyPlanet-Reisende können mittlerweile alles Mögliche sein – etwa auch jemand mit Familie oder ältere Leute. Unsere Leser sind definitiv mit dem Verlag erwachsen geworden. Aber ich gehe davon aus, dass viele der Reisenden, die unsere Bücher verwenden, noch diesen Sinn für Abenteuer haben – sie wollen ein bisschen weiter gehen, die Dinge ein wenig realistischer erleben. Lass uns über zwei Themen sprechen, für die Lonely Planet in der Vergangenheit immer wieder Kritik einstecken musste. Zum einen dafür, dass Reiseziele empfohlen wurden, in denen sich die politische Führung nicht sonderlich um die Einhaltung der Menschenrechte schert. Das Land, das in diesem Zusammenhang immer genannt wird, ist Burma. Wir hatten viele Kontakte dorthin und dachten, dass der Tourismus für Burma eine gute Sache wäre. Ich glaube, ein Teil des Wandels, der dort stattgefunden hat, ist auf die Leute zurückzuführen, die das Land bereist haben. Die Regierung hat erkannt, dass es verrückt wäre, einfach so weiter zu machen wie bisher, dass sie demokratischer handeln muss. Und der Tourismus hat dabei meiner Meinung nach eine Rolle gespielt.

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reiseführer

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Ich hoffe, dass wir unsere Leser dazu angespornt haben, auf nachhaltigere, respektvollere Art zu Reisen. Tony Wheeler

Viele Orte, die ihr empfohlen habt, waren bis dahin auch eher unberührt. Die Touristen brachten dann aber negative Auswirkungen für die Umwelt mit sich. Das stimmt, aber wir waren nur ein Teil der Veränderungen, die ohnehin stattgefunden hätten. Viele Regionen sind nun mal im Wandel. Nimm etwa Asien: Okay, die Reisetätigkeit hat stark zugenommen, aber alles andere hat sich auch verändert. Es gibt viel mehr Industrie, viel mehr Jobs – das Reisen ist nur ein Teil davon. Und auch wenn wir keine Reiseführer machen würden, würden die Leute trotzdem noch reisen. Ich hoffe aber, dass wir unsere Leser dazu angespornt haben, auf nachhaltigere, respektvollere Art zu reisen und das Land, in dem sie unterwegs sind, besser zu verstehen. Ist Nachhaltigkeit im Bereich Tourismus etwas, das die Menschen beschäftigt? In jedem Fall. Wir alle denken die ganze Zeit darüber nach, welche Auswirkungen die Dinge, die wir tun, haben. Es wird uns immer mehr bewusst, dass so ziemlich jeder Atemzug irgendeinen Einfluss auf die Umwelt hat. Beim Tourismus stellt sich diesbezüglich die Frage: Ist er alles in allem eine gute oder eine schlechte Sache? Und ich denke, er ist eine gute Sache. Klar, er verursacht Schaden, aber in vielerlei Hinsicht bringt er auch Positives mit sich. Lass uns am Ende des Interviews zu dir zurückkommen. Ich nehme an, du genießt es immer noch, zu reisen und gibst auch immer noch gerne Reisetipps? Ja, so sehr wie eh und je. Für den Rest meines Lebens werde ich nirgends mehr hinfahren können, ohne Notizen zu machen – das ist etwas, nach dem ich wirklich süchtig geworden bin.

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Verrätst du uns, welcher Ort auf der Welt dein liebster ist? Ich habe keinen dezidierten Lieblingsort, aber in Nepal bin ich wohl öfter gewesen als in sonst einem Land. Ich bin gerne zu Fuß unterwegs – man erlebt die Orte mit einer vernünftigeren Geschwindigkeit, als wenn man fährt oder fliegt –, und Nepal ist ein großartiges Land, um zu Fuß zu reisen. Auch in Burma bin ich ich viele Male gewesen – wegen der Schwierigkeiten, die uns das Land gebracht hat, ist mein Interesse daran wohl besonders ausgeprägt. Aber ich mag alle möglichen Arten des Reisens: Ich mag »zivilisierte« Erste-WeltTrips durch Europa und ich mag die ungewöhnlichen und wunderbaren Orte. Ich reise überall hin! Ein All-Inclusive-Resort kommt aber nicht in Frage, oder? Ich bin schon in einem gewesen! Wir waren vor ein paar Jahren in Kuba, und da das ein Land ist, in dem ein großer Teil des Tourismus aus Europa in All-InclusiveResorts stattfindet, dachten wir, wir sollten das mal ausprobieren. Und dein Resümee? Naja, jetzt, da ich es probiert habe, muss es nicht noch einmal sein.

Ihre Anteile an Lonely Planet haben Maureen und Tony Wheeler im Verlauf der letzten Jahre an BBC Worldwide, ein Tochterunternehmen der britischen Rundfunkanstalt, verkauft. Obwohl sie nicht mehr ins Tagesgeschäft des Verlags involviert sind, stehen sie ihm nach wie vor beratend und für öffentliche Auftritte zur Verfügung. Ihr Engagement gilt aktuell auch der von ihnen ins Leben gerufenen Stiftung Planet Wheeler, die Hilfsprojekte in Entwicklungsländern finanziert. — www.planetwheeler.org

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IN DER NACHBARSCHAFT VON ELSTERN Als wir wiederum nicht wussten was zu tun, wohin sich wenden liefen wir stundenlang umher auf den Alleen und am Ende …

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Arnold Pöschl

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… kamen wir zu einem Fluss dessen Lauf uns dorthin führte wo wir noch nicht gewesen sind es schien zumindest so wir verspürten leichten Schwindel legten uns ins hohe Gras in der Nachbarschaft von Elstern weiter waren wir noch nie.

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69 ... kamen wir zu einem Park an dessen Tor zwei Sphinxen wachten so verbrachten wir die Zeit mit dem Gef端hl von leichtem Schwindel setzten uns auf eine Bank deine Hand schloss meine Augen und der Tag verschwand im Dunkel.

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Marktplatz Naturparfüms

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Nina Daniela Jaksch

Destillierte Gef hle In unserem Gehirn, genauer gesagt im limbischen System und dem Hypothalamus, sind Geruch und Gefühl Geschwister. Umso besser, wenn beides auf Natur anspringt.

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ber 10.000 verschiedene Düfte vermag der Mensch zu unterscheiden und die Lust auf Duft bewegt uns schon seit Urzeiten. Ein Parfüm, das ist per definitionem eine alkoholische Flüssigkeit, in der Riechstoffe gelöst sind. Diese Duftstoffe werden durch Expression, Extraktion oder Destillation gewonnen und je nach Konzentration dieser Duftstoffe nennt man das Parfüm »Eau de Parfum« (15–20 %), »Eau de Cologne« (3–6 %) oder Splash (1–3 %). Also ätherisches Öl plus Alkohol und Wasser = Parfüm? Schön wär’s. Denn herkömmliche Parfüms enthalten oft Chemiekeulen: synthetische bzw. problematische Duftstoffe wie Cashmeran, denaturierten Alkohol mit Vergällungsmittel wie z.B. dep (Diethylphthalat, das im Verdacht steht, Leber und Nieren zu schädigen), polyzyklische Moschus- und Nitromoschus-Verbindungen, UV-Filter, Farbstoffe usw. Naturparfümeure sind also gefordert. Die Komposition natürlicher Parfüms setzt profunde Kenntnisse voraus, denn statt mehreren tausend synthetischen Duftstoffen der herkömmlichen Parfümerie stehen der Naturparfümerie nur ein paar hundert natürliche Essenzen zur Verfügung. Natürliche Düfte können nicht standardisiert werden, je nach Ernte variieren die Duftnuancen. Sie sind viel flüchtiger und haften weniger lang, verbinden sich aber mit dem Duft der Trägerin zu natürlicher Ausstrahlung. Noch ist die Bezeichnung Naturparfüm nicht per Gesetz geschützt und der Kunde muss auf die Verantwortung des Herstellers bei der Auslobung vertrauen. Doch es gibt sie: Anbieter, die ganz auf Chemie-Cocktails verzichten, die natürliche und kontrolliert biologische Inhaltsstoffe einsetzen und feinste Duftkompositionen anbieten.

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Hannah Schmidt

1 // Glückseligkeit schnuppern Das Herz der Berliner Designerin Christine Mayer schlägt für die Verschmelzung von Mode und sozialem Engagement und Mode und Parfüm, das lag schon bei Coco Chanel und anderen Couturiers nahe beisammen. So ergänzt ihre neue Kreation, das Bliss Naturparfüm, eine ihrer Kollektionen. Das Eau de Parfum Bliss ist ein veganes Naturparfüm aus rein natürlichen Essenzen, ätherischen Ölen und Bio-Alkohol. Die feine Komposition aus Weihrauch, edlen Hölzern und Citrusnoten duftet sinnlich und herb-würzig. Besonders liebevoll finden wir die Verpackung: Jede ist ein elegantes Einzelstück, handgemacht aus besticktem, recyceltem Leinen. www.mayer-berlin.com

2 // Federleichte Frische Blätter von grüner Minze, Estragon, Zedernholz, Kräuter, Moschuskörner – was klingt wie der Inhalt eines Herbariums, sind die Inhaltsstoffe des Naturparfüms Nu Green. Nu Green duftet klar, leicht nach frischer Minze, kühlem Gras und Frühlingsmorgen. Für das junge, 2008 gegründete Pariser Unternehmen French Ecological Perfumes bekam die bekannte Parfümeurin Olivia Giacobetti den Auftrag und damit die Herausforderung, 100 % natürliche und kunstvolle Düfte zu kreieren. Giacobetti sammelte Erfahrungen mit rein natürlichen Duftstoffen und entwickelte die »Haute Parfumery of Natural« – und eine Kollektion ungewöhnlicher und authentischer Naturparfüms aus Bio-Rohstoffen. Sexy Angelic, Honorés Trip, Chamans Party und Nu Green sind liebevoll in kleine Glastöpfchen verpackt. www.honoredespres.com

3 // Magischer Luxus Katharina von Nagy liebt Düfte, ist inspiriert von der Lehre des Ayurveda und dem klassischen Wissen der Parfümeure. In über 20 Jahren schuf sie eine große Palette an Pflegeprodukten und Duftkreationen in ihrem Naturkosmetik-Unternehmen, das Sozial- und Bio-Anbauprojekte in mehreren Ländern unterstützt. »Luxus beginnt da, wo das Einerlei aufhört«, so Nagys Philosophie für ihre Parfümkreationen. Im Naturparfüm Dhuup verbinden sich nach ayurvedischer Überlieferung komponierte Noten aus Weihrauch und Myrrhe mit der weichen Feinheit der Mimose und der Fülle des Lavendels zu einem warm-würzigen, ausdrucksstarken und tiefgründigen Duft. 95 % der Gesamtrezeptur stammt aus Bio-Anbau. www.lakshmi.de

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4 // Duftreise nach Ägypten Bioparfums und herkömmliche Parfums sind komplett verschiedene Welten, sie können nicht miteinander verglichen werden, so die Philosophie des jungen Genfer Naturparfüm-Herstellers. Im Eau de Parfum Isiris wie in der gesamten Linie werden ausschließlich auserlesene natürliche Rohstoffe eingesetzt, mehr als 95 % davon stammen aus kontrolliert biologischem Anbau. Die Parfüms sind von Ecocert zertifiziert und tragen das Cosmebio-Label, es wird bewusst auf überflüssige Verpackung wie Zellophan verzichtet. Isiris wurde in Zusammenarbeit mit dem Parfümeur Jean-Claude Gigodot aus Grasse entwickelt und lädt ein in die Duftwelt des Orients – angefangen vom Flakondesign mit Kalligraphie bis hin zu den üppigen, fruchtig-blumigen, später weichen und warmen Noten von Citrus, Verbena, Geranie, Iris, Lavendel. www.shantara.ch

5 // Japan-Duft À la belle époque: Die Duftmanufaktur unter der handwerklichen und künstlerischen Leitung von Roland Tentunian fühlt sich der europäischen Parfümeurskunst des 17. Jahrhunderts verpflichtet und arbeitet mit kostbaren Blütenessenzen und selbst hergestellten Pflanzenauszügen. Das Duftkonzept der Linie Eco Parfums lehnt sich

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an die Kultur Japans an – an zurückhaltende, feine Ästhetik, an die Poesie der Zengärten und Teezeremonien. Iki, ein klassisches ästhetisches Ideal in Japan, wird durch die empfindsame, lebenskluge Geisha verkörpert. Das Eau de Toilette Iki ist eine subtile Unisex-Duftnote aus weichen, aromatischen und würzigen Holznoten (100 % natürliche ätherische Öle). www.florascent.de

6 // Adonisduft Über 25 Jahre Erfahrung in punkto Naturkosmetik, Aromatherapie und Duftherstellung sind die Basis für die natürlichen Pflanzendüfte von Farfalla. Das Vetiver Natural Eau Fraîche des Schweizer Duftpioniers zählt zur Duftfamilie holzig und ist eine Hommage an klassische Herrendüfte wie seinen berühmten Namensvetter von Guerlain. Es duftet angenehm frisch mit einer warmen, männlich-sinnlichen Note. Aus dem Wurzeln der asiatischen Süßgrases Vetiver wird das erdig, süßlich-herb duftende ätherische Öl destilliert. Wie die anderen Eaux de Parfums der Linie besteht auch Vetiver aus naturreinen, ätherischen Ölen, Bio-Blüten- und Kräuterwasser (Hamamelis und Kamille) sowie Bio-Alkohol. 100 % natürlich, über 85 % Bio-Anteil. bdih-Zertifizierung. www.farfalla.ch

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DiY-Rezept

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Parvin Razavi

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Arnold Pöschl

das rezept im bild. diesmal:

Weihnachtlicher Milchreis mit pochierten Kaffeebirnen und Kaffeesirup

Wenn der Duft von Vanille und Zimt durch die Räume zieht, ist die Zeit gekommen, sich auf Weihnachten einzustimmen. Eine Kombination aus aromatischen Gewürzen, intensivem Kaffee und der feine Geschmack süßer Birnen – schlicht und überraschend ist dieses Dessert.

Milch, Reis, Zucker, Vanille und Gewürze in einen Topf geben und langsam aufkochen lassen. Immer wieder rühren damit der Reis nicht am Topfboden anklebt. Durch das ständige Rühren gibt der Reis Stärke ab und es entsteht eine sämig cremige Konsistenz. Nach etwa 30 Minuten ist der Milchreis fertig und kann in kleine Schüsseln verteilt werden.

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ZUTATEN Milchreis

Pochierte Kaffeebirnen

» 1 Liter Milch » 200 g Milchreis » 30 g Vollrohrzucker » 2 Kardamomkapseln » 1 Vanillestange, halbieren und das Vanillemark mit dem Messer auskratzen Tipp: Vanilleschote in ein Glas mit Zucker geben, Deckel zuschrauben und schon bald ist das selbstgemachte Vanillezucker fertig!

» 3–4 Birnen, Kaiser Alexander oder Abate Fetel » 650 ml Espresso » 80 g Vollrohrzucker » 5 (weiße) Kardamomkapseln » 2 Zimtstangen » 1 Sternanis » 2 Gewürznelken

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Espresso, Zucker, Kardamomkapseln, Zimtstangen und andere Gewürze in einen Topf geben und vorsichtig aufkochen, bis der Zucker sich auflöst.

Die Birnen mit einem Sparschäler schälen und in den Topf mit der Espressomischung geben. Mit einer Lage Backpapier abdecken und mit einem Teller beschweren. Die Birnen 20 Minuten pochieren, den Topf vom Herd nehmen und die Birnen darin abkühlen lassen, dann kaltstellen.

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Die Espressomischung abseihen, 350 ml der Flüssigkeit bei mittlerer Hitze zu einem Sirup einkochen und abkühlen lassen. Milchreis und Birnen auf einem Teller anrichten, mit etwas Sirup beträufeln und servieren.

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Marktplatz orientalische Küche

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Sultans Entzücken Sie bietet intensive Geschmacksrichtungen, ist bunt und überaus vielfältig. Die Gewürzfülle der orientalischen Küche schmeichelt Auge und Gaumen.

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iese Zutaten klingen wie aus dem Märchen: Rosenwasser, Safran, Schwarzkümmel, Sumach, Kardamom oder Zimt – damit können unsere Sinne auf Entdeckungsreise gehen. Impulse aus der Küche des Orients haben seit Langem Einzug gehalten in unsere Ernährungsgewohnheiten: In der Weihnachtsbäckerei (Marzipan), in Imbissbuden (Falafel) und in der modernen vegetarischen Küche, wo Couscous, Bulgur und Hummus unverzichtbar geworden sind. Die Zutaten der orientalischen Küche sind oft schlicht, aber – gekonnt zubereitet – überaus genussvoll: MultiTalente wie Linse, Sesam oder Mandel bieten vielfältigste Zubereitungsmöglichkeit und in Verbindung mit Früchten wie Dattel, Aprikose, Quitte und Berberitze überraschende Gaumenfreuden. Ein Beispiel aus der Reihe dieser schlichten Stars: die Kichererbse. Sie glänzt im Salat und in der Tajine (Schmortopf ), sie gibt Suppen und Gemüsegerichten Substanz, ihre Paste veredelt Vorspeisen und Brotaufstriche und aus ihrem gewürzten Brei wird Falafel geformt.

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1 // Schneller Teller Für die einfache Küche: Nur 1 EL Butter, 1 Liter Wasser und 20 Minuten braucht es, um den Kichererbsen-Topf orientalisch zu genießen. Schmeckt süßlich-scharf, nach Zimt, Piment und Kardamom. www.davert.de

2 // Blühendes Gold Einst Würzgold aus dem Orient genannt, gedeiht er nicht nur unter südlicher Sonne, sondern auch (wieder) an der Donau. In der Wachauer Safranmanufaktur wird das edle Gewürz zu feinen Spezialitäten verarbeitet. Safran-Honig verzaubert Speisen und verleiht Desserts eine märchenhafte, orientalische Note. www.crocus-austriacus.at

3 // A la marocaine Bio-Gewürzpionier Hans Dieter Gasper verbindet seit 35 Jahren kräuterkundliches Wissen, kulinarische Kompetenz und erlesene Bio-Zutaten. Ein besonderes High-

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Nina Daniela Jaksch

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Hannah Schmidt

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light in seinem Gewürzsortiment: das edle, ursprünglich aus Marokko stammende Rosengewürz Ras-el-Hanout. Es verkörpert den Duft der Souks und kombiniert mit über 20 Zutaten die Finesse der Rose mit scharfen, süßen und bitteren Aromen. www.heuschrecke.com 12

4 // Gaumenschmaus Zergeht auf der Zunge: Pâté Gegrillte Aubergine, rein pflanzlicher Aufstrich auf Basis von Tofu und Hefe, passt am besten zu frischem Fladenbrot. www.tartex.de

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5 // Feuriges Verzehren Aus scharfen roten Pfefferschoten, Gewürzen, Knoblauch, Apfelessig, Öl und Salz wird die wärmende Würzpaste Harissa in Demeter-Qualität zubereitet. Sie passt zu Teigwaren, Mezze und Reisgerichten. Kenner lieben das Chili-High dieser feinen Paste, Ungeübte sollten lieber sparsam dosieren. Erhardt, keine website

6 // für moderne nomaden In ihrer Heimat sind Datteln eine nahrhafte Wegzehrung der Nomaden, weltweit gibt es 1.500 Sorten der Oasenfrucht. Datteln sind lange haltbar, bieten schnelle Energiezufuhr, ob pur als Rohkost oder morgens im Müsli. Dattel Deglet Nour verfeinert aber auch Tajines, bindet Gerichte sämig und verleiht Desserts honigartige, aromatische Süße. www.denree.de

7 // Sultans Risotto Berberitzenfrüchte waren schon bei den persischen Königen beliebt. Zusammen mit wild wachsenden Pistazien, Rosinen, Safran, Koriander und Kumin verfeinern sie den Langkornreis im orientalischen Reispilaw. Mit etwas Sesamöl schmeckt’s noch besser. www.marap.at

8 // Frittierte Genussbällchen Wem Kichererbsen-Einweichen zu mühsam ist, der greift zur fixfertigen Falafel-Mischung. Sie hat einen sehr hohen Kichererbsenanteil, schmeckt angenehm nussig, ist vegan und weizenfrei und schnell zubereitet. www.bohlsener-muehle.de

9 // Aus 1001 Nacht Aus 100 % feingemahlenen Sesamsamen wird Tahin, das Sesam-Mus, gewonnen. Die würzig-nussige Paste ist un-

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verzichtbarer Bestandteil des Hummus, sie verfeinert Dips, Dressings und Brotaufstriche. Tahin ist reich an B-Vitaminen und Calcium. www.rapunzel.de

10 // Für Naschkatzen Sesam gilt als Kraftspender und Grundnahrungsmittel des Orients. Halva, aus Sesam und Honig, ist eine traditionelle Köstlichkeit aus gerösteten, gemahlenen Sesamsamen und feinem Bienenhonig. Wird zusammen mit Joghurt oder Dickmilch zu landestypischen Süßspeisen zubereitet. Schmeckt aromatisch-nussig. www.allos.de

11 // Gewürzbazar Sie verfeinern Couscous-, Gemüse-, aber auch Fleischgerichte und viele ihrer Zutaten stammen aus dem ägyptischen Demeter-Projekt sekem. Gewürzmischung Tajine Arabica würzt Schmor- und Eintopfgerichte, Carna Orientala passt gut zu Fleischgerichten. www.lebensbaum.de

12 // Haremstrunk Mandelmus ist reich an Vitaminen, Eisen und Spurenelementen und vielseitig einsetzbar als Verfeinerung von Saucen, Gemüsegerichten, Milch-Shakes und Desserts. Besonders lecker finden wir Mandelmilch: 2 EL Bio-Mandelmus, 1 TL Orangenblütenwasser mit 200 ml Wasser (oder Milch), einer Prise Zimt und 5 Datteln (oder etwas Agavendicksaft, Honig) im Mixer pürieren. www.rapunzel.de

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Speis & Trank

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Micky Klemsch

guten App-etit Handgekritzelte Einkaufslisten und schlabbrige Post-its waren gestern. Shopping 2k funktioniert mit dem Smartphone und bringt mit sinnvollen Apps Zusatznutzen.

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Jahre hat es gedauert, bis sich Mobiltelefone, die anfänglich neben dem Telefonieren gerade als Uhr – später auch als Musikplayer oder schlechter Fotoapparat – dienten, zu mobilen Computern im Hosentaschenformat entwickelt haben. Mit Programmen, sogenannten Apps, kann man sein Smartphone zu einem Helfer in vielen Lebenslagen machen. Von kostenlosen Service-Apps bis zu kompliziert entwickelten Programmen, die fünf Euro oder mehr kosten, lässt sich im App-Store viel auf ein Smartphone laden, das beim Einkaufen hilfreich ist. Du möchtest wissen, wo du in der Umgebung einen Naturkostladen findest? Mit der App »Bio und Naturkostfinder« wirst du schnell zum nächsten Bioshop geleitet. Unsicherheit vor dem Regal? Mit »Codecheck« findest du durch Fotografieren des ean-Codes eine Bewertung der Inhaltsstoffe. Andere Entwickler arbeiten schon an Erweiterungen. Sylvie Chin versucht mit »ClearKarma« auf spezielle Ernährungsbedürfnisse einzugehen. Anwender speichern ihre Allergien oder auf Religion basierenden Vorschriften (lactosefrei, glutenfrei, koscher, halal u.ä.). Sie erfahren nicht nur, ob das gescannte Nahrungsmittel entspricht, sondern bekommen notfalls auch passende Alternativen empfohlen. »ClearKarma« soll weltweit funktionieren und benötigt dafür Unmengen von Daten. Im April 2013 soll das Programm in der französischen Gastronomie starten.

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sinnlose Verschwendung von Lebensmittel versuchen zwei aktuelle Projekte durch Apps einzuschränken: Auf der Crowdfunding-Plattform Indiegogo wird nach Investoren gesucht, die eine Umsetzung ihrer Ideen verwirklichen können: »App-gelaufen« wird die Verwaltung der eingekauften Lebensmittel unterstützen und den Konsumenten erinnern, bevor ein Nahrungsmittel verdirbt. Rezepte werden aus den vorhandenen Dingen vorgeschlagen. Auch das Projekt »Fricoo« will vermeiden, dass wertvolle Lebensmittel weggeworfen werden und wird eine Tauschplattform für Reste anbieten, die im eigenen Haushalt nicht mehr gebraucht werden. Und auch im Run um die Abnehmwütigen tun sich besondere App-Blüten hervor: Mit »MealSnap« fotografiert man sein Essen und kurz später wird die ungefähre Menge an Kilokalorien der Mahlzeit angezeigt. Es funktioniert wirklich. Trotzdem reihe ich dies eher in die Kategorie PapperlapAPP.

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2./3. NOV. 2013 Stuttgart

16./17. NOV. 2013 Berlin

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Biorama Nº. 22

illustration Nana Mandl 22_70-84.indd 82

Erinnerungen an die Kindheit sind oft nicht wahr – und manchmal wie die Sommer von damals: Wie ich lernte, die Hendln zu lieben.

082 Trauma und Dreck

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und hinter mir die sintflut / Johanna Stögmüller

»Könnte ja sein, dass sie glauben, die Welt sei ganz in Ordnung.«

I

ch kann nicht mehr sagen, ob ich jemals ein von ihnen gelegtes Ei gegessen habe – geschweige denn, eines der Hühner selbst. Ich weiß auch nicht mehr, ob sie dunkelbraun oder hellbraun gefiedert waren, wie viele es waren und: War da ein Hahn? Die Hühner gehörten meiner Oma. Und sie waren ein essenzieller Bestandteil meiner Kindheit: Ich hasste sie. Es war ein trotziger, kindlicher Hass, keiner aus tiefstem Herzen. Ich führte einen Territorialkampf, dessen Sinn und Zweck es war, die Wiese vor dem Haus nicht ihnen und – dem eigentlichen Grund allen Übels – ihrem Hühnerdreck zu überlassen. Unzählige Male hatten sich meine zarten, sommerlich nackten Kinderfüße die gleichen wenigen Quadratzenzarten, sommerlich nackten Frauenfüße timeter Wiese wie zuvor eines der Hühner die gleichen vier Quadratzentimeter Wiese ausgesucht. Jedes Mal eine kleine Niederlawie zuvor eine der Enten aus. Da war er also ge: der Augenblick, wie sich die kalte, grauwieder, der Augenblick, aber die Erinnerung, grausliche Masse ihren Weg zwischen den die war eine andere. Denn: Ich dachte an die Hühner, an die Wiese, an die vielen NachmitZehen bahnte, die doch zuvor noch von der tage, an die Oma mit ihrer Schürze und ihren wohlig-weichen Wiese gekitzelt worden Augen, die klein wurden, wenn sie lachte und waren – dieser Augenblick sollte sich für ihre Arme, die im Sommer von der Sonne ganz ewig in mein Gedächtnis brennen. braun und faltig waren und rau. Da war ich doch GroSSe Wiese, kleine FüSSe tatsächlich auf einen Haufen Scheiße getreten und Irgendwann gab’s keine Hühner das weckte Erinnerungen an warme Sommer und mehr. Nur das Trauma, das war noch liebe Menschen. da. Lange konnte ich auf dieser WieIch kann also nicht mehr sagen, ob ich jemals ein se keinen Fuß vor den anderen setvon ihnen gelegtes Ei gegessen habe – geschweige zen, ohne bei jedem Schritt das denn, eines der Hühner selbst. Ich weiß auch nicht Schlimmste zu erwarten. Und dann, mehr, ob sie dunkelbraun oder hellbraun gefiedert Jahre später und an einem ganz anwaren, wie viele es waren und: War da ein Hahn? Ich weiß nur: Die Hühner gehörten meiner Oma. Und sie deren Ort, als ich im Donaustrandbad das Eis vom Kiosk zur Liegewaren ein essenzieller Bestandteil meiner Kindheit: wiese trug, da suchten sich meine Immerhin hab ich das Trauma überwunden.

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