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Gen- und Zelltherapie

August 2023
© Hryhoriystock.adobe.com

Gen- und Zelltherapie

· Nationale GCT-Strategie: Erfolg trotz Spätstart ·

· Interview: Prof. Dr. Zoya Ignatova, Universität Hamburg ·

· Digitalisierung in den Life Sciences ·

· Neue Wege in der Zelltherapie · Netzwerk aus Biobanken ·

· Guide-RNA sequenzieren · GCT-F&E für die Praxis ·

KOOPERATION

Rentschler ATMP Ltd. Partner in CGT-Cluster

Europas größter Zell- und GentherapieCluster Catapult (Stevenage, Großbritannien) gab Ende August eine Zusammenarbeit mit der britischen Tochter des Lohnherstellers Rentschler Biopharma SE (Rentschler ATMP Ltd., Stevenage) und dem Massenphotometriespezialisten Refeyn Ltd. (Oxford) bekannt. Ziel sei es, neue prozessanalytische Technologien zu entwickeln und die Herstellung von adeno-assoziierten Virus-Vektoren zu verbessern. AAV werden derzeit in 65% aller Gentherapien eingesetzt. .

ZULASSUNG

Gentherapie gegen MuskeldYstrophie

Ende Juni genehmigte die FDA die erste Gentherapie zur Behandlung von Duchenne-Muskeldystrophie. Mit einer Infusion des Wirkstoffes Delandistrogene moxeparvovec der Sarepta Therapeutics Inc. wird ein Gen in den Muskelzellen installiert, das die Stabilität der Muskeln verbessert und ihre Schwächung verhindert.

16,7

Mrd. US-Dollar soll der Anstieg des globalen OligonukleotidSynthesemarkts von 2022 bis 2027 laut MarketsandMarkets™ Inc.-Prognose, betragen.

BIOREAKTOR Erweiterung der Produktionsfläche

Die AGC Biologics GmbH hat die Produktionsfläche in ihrem Cell and Gene Center of Excellence in Mailand erweitert, das Dienstleistungen im Bereich der Zell- und Gentherapie anbietet. Die Erweiterung, die erstmals im Jahr 2021 angekündigt wurde, umfasst fünf Suspensions-Einweg-Bioreaktoren und ermöglicht bis zu vier iCellis500-adhärente Einweg-Bioreaktoren für die bevorstehenden GMP-Herstellungsprojekte für virale Vektoren.

AUFBAU

Neues Zentrum für Gen- und Zelltherapie

Im Juli fiel am Universitätsklinikum Heidelberg (UKHD) der Startschuss für den Aufbau eines Zentrums für Gen- und Zelltherapie, in dem gentherapeutische Behandlungsmethoden schnellstmöglich in die klinische Anwendung gebracht werden sollen. Im Fokus stehen Krebs-, Herz- sowie neurologische und immunologische Erkrankungen.

KONSORTIUM interventionelle Onkologie

Die Thermosome GmbH gab im Juni die Beteiligung am IMAGIO-Konsortium bekannt, in dem sie Innovationen in der Tumortherapie in Kombination mit Immunstimulation für eine gezielte Krebstherapie entwickeln wird. Thermosome wird mit 1,3 Mio. Euro gefördert und beteiligt sich an dem Projekt „Multimodal MR-HIFU (Magnet Resonance-High Intensity Focused Ultrasound) enabled therapy for sarcoma“ (Multimodale MRHIFU-Therapie für Sarkome).

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Erfolg trotz SpätStart

Bis 2028 soll der Zelltherapiemarkt von derzeit 4,2 Mrd. auf 7,8 Mrd. US-Dollar anwachsen. Zugleich steigen die Umsätze mit Gentherapien von 3,5 Mrd. auf 5 Mrd. US-Dollar – die Laborbranche, CDMOs und die Politik reagieren auf den wachsenden Bedarf.

Deutsche Entwickler haben den Trend zu Gen- und Zelltherapien sowie Zellersatz früh erkannt, hinken aber bei der Translation den stets flinkeren Tech-Transfer-Nationen USA, China und Großbritannien hinterher. Doch das soll sich nun ändern. Im April 2022 kolportierte der Berliner Tagesspiegel , was die Bayer AG und die Charité be -

reits ein Jahr zuvor vereinbart hatten: den Bau eines Translationszentrums für Gen- und Zelltherapien (GCT) am Berliner Nordhafen.

Dass die Ende 2022 vom BMBF für drei Jahre zugesagten 44 Mio. Euro (inklusive 4 Mio. Euro vom Berliner Senat) unter der Ägide des CharitéTranslationsarms BIH vollständig in

den vermeintlichen GCT-Leuchtturm fließen, gilt aber indessen als hochgradig unwahrscheinlich. Stattdessen ist seit Bekanntwerden von einer Nationalen Strategie zu Gen-und Zelltherapien (GCT) die Rede, bei der das BIH koordinierend tätig ist. Wofür und wie das Geld eingesetzt werden soll, dazu erwarten die Beteiligten aus

66 I Laborwelt. Gen- und Zelltherapie |transkript 3.2023 BD and the BD Logo ar Company or its affiliat Discover mor A partner you can trust at every level of cell therapy See your single cell analysis challenges addressed with deep expertise from discovery to commercialization are trademarks of Becton, Dickinson and affiliates. © 2023 BD. All rights reserved more at bdbiosciences.com

Akademia, Unternehmen, Zulassungsbehörden und Verbänden noch die Entscheidung. Doch sie alle sind über den unterdessen dritten Entwurf der Strategie begeistert. „Die Zusammenarbeit läuft erstaunlich rund. Wir ziehen an einem Strang“, so Dr. Pablo Serrano, Mitglied der Geschäftsführung für Innovationen vom derzeit mit dem Bundesverband der Arzneimittelhersteller fusionierenden Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie. Denn das Ziel und wirtschaftliche Potential der kausalen Gen-, RNA- und Exosomentherapien zur Korrektur mutationsbedingter Erbkrankheiten und der zellbasierten Behandlungsansätze für Krebs und degenerative Erkrankungen ist unstrittig. Da sind sich das BMBF, die beteiligten Life-Sciences-Verbände, Unternehmen und die Strategieautoren

Christopher Baum, Christian Gallus, Joachim Weber und Christof von Kalle (BIH/Charité), Daniel Besser und Claudia Waskow (German Stem Cell Network, GSCN), Hildegard Büning und Axel Schambach (Deutsche Gesellschaft für Gentherapie, DG-GT) einig.

Translationskette stärken

Wie genau die durch zähe Bürokratie, durch fehlende Musterverträge, gebremste Akademia-Chefarzt-Industrie-Kooperationen, unabgestimmt arbeitende Ethikkommissionen und bremsende indviduelle Auslegungen des Datenschutzes auf Länderniveau stockende Translation sich beschleunigen ließe, offenbart der Strategieentwurf. Nun warten alle auf die Umsetzungsvorschläge von acht im September zusammentretenden Arbeitsgruppen, die schon im Frühjahr 2024 Ergebnisse vorlegen werden. Dann wird das BMBF über den Einsatz der Fördermillionen entscheiden. Branchenkenner gehen von einer Fifty-fifty-Lösung aus, die 20 Mio. Euro für die Nationale Strategie bereitstellt – nicht mehr als ein Anreiz. Denn in die europäischen Vorbilder – das San Raffaele Telethon-Institut in Italien und Catapult, der weltweit drittgrößte GCT-Cluster – fließen seit mehr als ei-

nem Jahrzehnt ganz andere Summen. Weitere Geldakquisition wird einer der Aufgaben eines Netzwerkbüros sein, das nach Informationen von |transkript bereits weitgehend arbeitsfähig ist.

Das zentrale Ziel des Strategieentwurfs ist es, sämtliche Glieder der Wertschöfpungskette zu stärken, um den Technologietransfer in Deutschland voranzubringen. Denn es gibt erhebliches Potential, das bislang aber mangels Kommerzialisierungschance im Lande ins Ausland lizenziert wird (vgl. Interview S. 72).

Deutschland hat viel aufzuholen gegenüber den führenden Nationen USA, China und Großbritannien, dessen GCTCluster Catapult gerade nach Schottland expandiert hat und neben allen wichtigen klinischen Entwicklern auch Dienstleister wie die deutsche Rentschler Biopharma SE beherbergt. Um Abwanderung künftig tunlichst zu vermeiden, soll die innerdeutsche Konkurrenz vermindert und die Vernetzung verbessert werden. Zugleich werden acht identifizierte Handlungsfelder entlang der Wertschöpfungskette gestärkt. „Während Grundlagenforschung für GCT in Deutschland erfolgreich stattfindet, bleibt die Translation oder Überführung vielversprechender Ansätze im Bereich der GCT- Forschung in die Patientenversorgung eine besondere Herausforderung“, lautet das Fazit der Autoren des Strategie-Entwurfs.

Acht Handlungsfelder

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Im Zentrum der acht vorgeschlagenen Schwerpunkte der Nationalen Strategie steht die Vernetzung und Unterstützung der bisher nicht aufeinander abgestimmt agierenden Beteiligten an der Gen- und Zelltherapie-Wertschöpfungskette durch ein Netzwerkbüro, das im Austausch mit allen Beteiligten der Wertschöpfungsketten und mit den anderen sieben Arbeitsgruppen zu folgenden Schwerpunkten steht: Ausbildung und Kompetenzstärkung, Technologietransfer, Studienstandards und regulatorische Fragen, Ausbau von Qualität und Kapazitäten in der GMPgerechten Produktion, Forschung und Innovation
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Entwicklung, Übergang in die Versorgung und Interaktion mit der Gesellschaft.

Vernetzung zentral

Als zentral wird die Vernetzung aller Akteure auf Basis vorhandener Zentren, Verbände, Unternehmen und Patienten betrachtet. Die Expertengruppe des ersten Handlungsfeldes wird die im GCT-Feld tätigen Stakeholder sowie förderliche regulatorische Rahmenbedingungen identifizieren und in den Dialog mit der Politik einbringen. Ein kompetent besetztes Netzwerkbüro kümmert sich darum, Kommunikationsbarrieren zwischen den Welten der Investoren, Wissenschaftler und Entwickler, Behörden und Patientenorganisationen zu beseitigen und nach der nationalen auch die internationale Vernetzung voranzubringen.

Im zweiten Feld Ausbildung und Kompetenzstärkung geht es nicht nur um Employer Branding, sondern um Maßnahmen, die wissenschaftlichen Top-Nachwuchs, Fachkräfte und Spitzenkräfte trotz amtlich betonierter Behinderung beim Wechsel nach Deutschland (wie etwa Aufenthalts-, Arbeitsgenehmigung, mangelnde

Benefits etc.), der Beantragung und Durchführung klinischer Studien und bei der Nutzung digitalisierter Patientendaten zu locken.

Das dritte Handlungsfeld zielt darauf ab, einen ähnlich effizienten und kompetenten Technologietransfer zu etablieren wie in den führenden GCT-Ländern und die Aufnahme von Kapital für neue Unternehmen signifikant zu verbessern.

Als wichtig erachten die Autoren auch die Etablierung von international kompatiblen Standards für verantwortliche präklinische und klinische Entwicklung in Abstimmung mit den Zulassungsbehörden – verantwortlich deshalb, weil es neben den Spitzenclustern der führenden Nationen dort auch viele unseriöse Anbieter gibt. Zudem sollen föderale Regelungsstrukturen insoweit harmonisiert werden, dass nicht mehr der Eindruck mangelnder Planbarkeit entsteht und ein Netzwerk GMP-gerechter Produktionseinheiten die bei GCT schwierige Qualitätssicherung gewährleistet. Auch ein Rechtsrahmen für die dezentrale Herstellung autologer Produkte steht auf der Wunschliste.

Um den Engpass der GCT-Herstellung zu überwinden, sollen zunächst alle GMP-konformen Anlagen – ob an

öffentlichen Einrichtungen oder der Industrie – kartiert, Kooperationsmodelle entwickelt und Fachpersonal rekrutiert sowie eine abgestimmte Bestellung der Rohmaterialien organisiert werden.

Eine mit der Corona-Pandemie ins öffentliche Bewusstsein gerückte Schwäche des Standorts D soll im Handlungsfeld 6 beseitigt werden: Die Unfähigkeit, schnell adaptive Designs für klinische Studien zu etablieren und dabei datenschutzkonform registerbasierte Daten zur Validierung klinischer Studien mit kleinen Patientenkohorten nutzen zu dürfen. Eine Riesenherausforderung dürfte es werden, Klinikchefs und Entwickler in einen frühen Dialog zur Planung von Studien zu bringen, öffentlich geförderte Arzt-initiierte Studien brauchbar für die Weiterentwicklung und Dokumentation durch Unternehmen zu machen und Alleingänge von Ethikkommissionen und Landesdatenschützern durch ein klares Regelwerk zu unterbinden. Auch gezielte Förderprogramme in GCT-relevanten Zukunftsfeldern wie Synthetischer Biologie oder Künstlicher Intelligenz, in denen Deutschland international zurückliegt, sollen etabliert werden.

Versorgungsstrukturen

Das siebte Handlungsfeld holt die Diagnostikindustrie ins Boot. Hier sollen klinische Versorgungsstrukturen aufgebaut werden, die die systematische Erfassung von Real-world-OutcomeDaten klinischer GCT-Anwendungen diagnostisch und prognostisch auswerten zu können. Die Entwicklung von Stratifizierungsmethoden steht ebenfalls im Förderfokus. Auch die Nachbeobachtung soll ausgebaut werden, da dies als Voraussetzung für die Überführung von GCT in die Regelversorgung gesehen wird.

Im achten Handlungsfeld, der Kommunikation und Spendenakquisition, wird deutlich, wie wichtig es sein wird, das Netzwerkbüro mit kompetitiv bezahlten Experten statt mit mittelmäßigen Beamten zu besetzen. Denn genau wie beim Techtransfer liegt der Erfolg hier an den Menschen. TG

Bildnachweis: BIH 68 I Laborwelt. Gen- und Zelltherapie |transkript 3.2023
Das BIH moderiert und koordiniert die Diskussion zur Nationalen GCT-Strategie.
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digitalisierung in Life Sciences

Die digitale Transformation schreitet voran und macht auch vor der Life-Science-Branche nicht Halt: Dabei beschleunigen modernste Technologien wie Künstliche Intelligenz und die Cloud nicht nur Forschung und Entwicklung, sondern revolutionieren auch die Art und Weise der Patientenversorgung.

Life-Science-Unternehmen verfolgen die Vision, die besten Behandlungsergebnisse für Patienten zu erzielen. Gleichzeitig stehen sie unter dem Druck, Markteinführungen zu beschleunigen, Kosten zu kontrollieren und regulatorische Anforderungen zu erfüllen. Die folgenden Anwendungsfälle zeigen, wie innovative Technologien hier Vorschub leisten.

Einheitliche Cloud-Plattform

Der Einsatz modernster Technologien zur Verbesserung der Qualität und der schnelleren Bereitstellung neuartiger Medikamente ist ein absolutes Muss für innovative Pharmaunternehmen. Boehringer Ingelheim zeigt, wie vorausschauendes Denken und Handeln funktionieren. Das Biopharmaunternehmen arbeitet zusammen mit Cognizant daran, die Entwicklung medizinischer Therapien mit Hilfe einer einheitlichen Cloud-Plattform zu beschleunigen. Die One Medicine Platform setzt dafür auf die Technologie von Veeva und führt Prozesse und Daten zusammen. Das auf diese Weise vernetzte Ökosystem verbessert nicht nur die Therapieentwicklung, sondern auch die Zusammenarbeit zwischen klinischen, regulatorischen und Qualitätsmanagement-Bereichen.

Administration mit LLM Google Cloud und Cognizant treiben gemeinsam die Einführung von genera-

tiven KI-Lösungen im Gesundheitswesen voran. Ihre KI-Technologie, die auf Large-Language-Models (LLM) basiert, soll vor allem komplexe Verwaltungsprozesse in der Gesundheitsbranche vereinfachen. Da administrative Aufgaben im Gesundheitswesen oft sehr komplex sind, erfordern sie menschliche Experten, die Informationen für Leistungsanbieter, Patienten und die Administration interpretieren und verwalten.

LLM sind in der Lage, diesen Prozess zu vereinfachen, was wiederum die manuelle Arbeitsbelastung verringert, die Genauigkeit erhöht und die Kosten senkt. Beispielsweise kann LMM das Beschwerdemanagement oder die Patienten- und Mitgliederbeteiligung automatisieren und optimieren. Dies verbessert nicht nur die Nutzerer -

fahrung, sondern spart auch Kosten und verschlankt die oft komplizierten Prozesse im Gesundheitswesen. Von verbesserten Kundenerfahrungen über eine ausgebaute Cloud bis hin zur Datenanalyse – Gilead transformiert derzeit zusammen mit Cognizant sein komplettes Geschäft. Dabei sorgen Künstliche Intelligenz und Prozessautomatisierung nicht nur für eine höhere Produkteffizienz, sondern sie verbessern auch den Kundenservice. Zusätzlich eröffnen aktuelle Fortschritte in der generativen KI Patienten und Mitarbeitern auf der ganzen Welt mehr Einblick und Transparenz.

Digitale Abläufe und KI

Vom Einsatz generativer KI im Gesundheitssektor über die Etablierung einheitlicher Plattformen für medizinische Therapien bis hin zum Wandel der Pharmaindustrie durch digitale Transformation – es wird deutlich: Die Digitalisierung im Gesundheitswesen kommt sowohl Patienten als auch Unternehmen zugute. Insbesondere innovative KI-Lösungen ermöglichen es, große Datenmengen effizienter zu nutzen und das Kundenerlebnis zu verbessern. Dies führt nicht nur zu gesteigerter betrieblicher Effizienz, sondern unterstützt letztendlich vor allem Unternehmen bei ihrer eigentlichen Mission: Das Beste für die Patienten zu erreichen. •

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Bildnachweis: © Cognizant
CLAUDIA MAURER Head of Life Sciences Consulting bei Cognizant
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Stopp für Stopp-Codons

Die schlimmsten Erbkrankheiten sind oft die, bei denen ein Stopp-Codon in mRNAs codierender Gene gerät. LABORWELT sprach mit Prof. Dr. Zoya Ignatova, die eine Gentherapie entwickelt hat, die hilft, die unnützen Stoppschilder zu ignorieren.

transkript. Frau Professor Ignatova, im Juni hat Ihre Gruppe in n ature einen Ansatz zur Korrektur von NonsenseMutations-bedingten Erkrankungen vorgestellt. Könnten Sie bitte kurz erklären, wie er funktioniert?

Zoya Ignatova . Nonsense-Mutationen, also das Auftreten eines Stopp-Codons inmitten einer proteinkodierenden mRNA-Sequenz, führen zu einem sofortigen Abbruch der Proteinsynthese – bei den rund 11% der Erbkrankheiten, bei denen sie auftreten, oft mit verheerenden Folgen für die Betroffenen. Für durch den kompletten Funktionsausfall eines Proteins bedingte neurologische Erkrankungen wie Ataxien, respiratorische Erkrankungen wie Zystische Fibrose oder Muskelerkrankungen wie etwa spinale Muskelatrophie gibt es – wenn überhaupt – derzeit oft nur sehr beschränkte Behandlungsmöglichkeiten. Basierend auf der Entdeckung in den 1960er Jahren, dass Bakterien mit Hilfe sogenannter Suppressor-tRNAs Stopp-Codons quasi überlesen und somit die proteinkodierende mRNA trotz Nonsense-Mutation decodieren können, haben diverse Gruppen versucht, das Prinzip der SuppressortRNAs auf den Menschen zu übertragen. Allerdings war die Effizienz von etwa ein bis zwei Prozent wieder vollständig abgelesener mRNAs zu gering, so dass keine klinisch signifikante Besserung zu beobachten war. Uns ist es gelungen, durch Modifikation nativer tRNAs die Effizienz dieser tRNA-basierten Gentherapie

Universität Hamburg

in Zellkultur und Mausmodellen so zu verbessern, dass gute Aussicht besteht, erstmals eine signifikante klinische Verbesserung zu erzielen. Wir haben dazu eine zum Stopp-Codon passende tRNA maßgeschneidert und zugleich die Sequenz der tRNA verändert, die im ribosomalen Peptidyltransferase-Zentrum (PTC) mit dem Stopp-Codon interagiert, zum Beispiel durch Änderungen im tRNA-Stamm oder dessen Bindungsstelle für den Elongationsfaktor eEF1A. Wir konnten mit diesen tRNAs NonsenseMutationen im bei Mukoviszisdose relevanten CTFR-Gen mit wesentlich höherer Effizienz als bisher möglich überlesen. Underdessen ist uns dies auch bei anderen Krankheiten gelungen.

transkript. Gibt es bereits Interesse möglicher Lizenznehmer und wie sieht ihre Lizenzierungsstrategie für die PTCSuppression mit tRNAs aus?

Ignatova . Wir lizenzieren unsere tRNAs indikationsabhängig aus und haben bereits zwei Lizenzen an die Arcturus Inc. vergeben, die eigentlich auf die Verabreichung von mRNA-basierten Impfstoffen und Mukoviszidose-Arzneien mit Lipoproteinpartikeln, also LNPs, spezialisiert ist. Daneben gibt es Lizenznehmer, die auf die klassischen Adenoassoziierten Virusvektoren für Gentherapien, kurz AAVs, fokussiert sind. Beide Verabreichungsstrategien haben Vorund Nachteile. Da tRNAs in der Zielzelle eine Halbwertzeit von etwa einer Woche haben, müssen mit LNPs verabreichte tRNAs immer wieder re-adminstriert werden, was bei neurologischen Erkrankungen unkomfortabel und mit Risiken behaftet ist, bei besser erreichbaren Zielzellen aber den Vorteil hat, dass bei unerwünschten Nebenwirkungen die Therapie abgebrochen werden kann. AAVs gestatten zwar eine mehr oder weniger langfristige Expression in der Zielzelle – für immer klappt es natürlich nicht –, können dafür aber nicht re-administriert werden, weil das angeborene Immunsystem auf die AAVs reagiert. Derzeit laufen Verhandlungen mit vier Lizenznehmern, die AAVs nutzen.

transkript. Anders gefragt: Welche Firmen gibt es denn in diesem Bereich und auf welche Verabreichungsstrategie setzen sie?

Ignatova . Es gibt drei Firmen, die ausschließlich tRNAs im Portfolio ha -

Bildnachweis: © Nina Schober, Universität Hamburg 72 I Laborwelt. Gen- und Zelltherapie |transkript 3.2023
ZOYA IGNATOVA Geschäftsführende Direktorin des Instituts für Biochemie und Molekularbiologie,

ben: Tevard Biosciences, die tRNAs zur Behandlung erblicher neurologischer Krankheiten entwickeln; die Bostoner hcBiosience Inc. und das ModernaSpin-out Alltrna Inc. Während Alltrna ausschließlich LNP-basiert entwickelt, nutzen die anderen beiden US-amerikanischen Unternehmen AAV zur Verabreichung.

transkript. Ist Ihre Plattform eigentlich generisch einsetzbar, das heißt, ich habe die drei bekannten Stopp-Codons und dafür eine generell wirksame Suppressor-tRNA?

Ignatova . Die Antwort hierauf ist ein klares Jein. Das Ja bezieht sich auf die Strukturoptimierung des Elongationsfaktor-bindenden tRNA-Stamms, die generell dieselbe ist. Das Nein bezieht sich auf die anderen Teile der zu optimierenden tRNA-Struktur. Diese müssen den biophysikalischen Eigenschaften der

angehängten Aminosäure individuell angepasst werden und die tRNA hinreichend stabilitieren. Denn eine zu flexible tRNA wird abgebaut, eine zu starre tRNA nimmt nicht die L-förmige Funktionstruktur ein. Zudem muss die Aminoacylierung individuell angepasst werden.

transkript. Wie sieht Ihr Ausblick aus und wie sind Ihre nächsten Ziele?

Ignatova . Gentherapien auf Basis von tRNA werden aufgrund der Stabilität und geringen Größe der tRNAs bei akzeptablem Toxizitätsprofil sehr viel schneller an den Markt kommen als die altbekannten Genersatztherapien. Denn mit einem einzigen tRNA-Präparat lassen sich gleich mehrere Krankheiten behandeln. Das führt zu einer Bewegung in das tRNAFeld hinein, derzeit werden neue Firmen gegründet. Dabei spielt auch die jüngste Entscheidung der FDA eine Rolle, nicht länger zwingend Mausmodelle zur Beur-

teilung des Toxizitätsprofils einer Gentherapie einzufordern. Wir hoffen, dass auch die EMA nachzieht, denn gerade für die seltenen Krankheiten, bei denen tRNAs Wirkung zeigen könnten, gibt es kaum geeignete Mausmodelle. Aber genau wie in Sachen Entwicklung gibt es auch auf der Forschungsseite noch viel zu tun. Denn wir haben 15 Aminosäuren für die wir entsprechende tRNAs bräuchten, um trotz Stopp-Codons weiterzutranslatieren. Wie gesagt, gibt es keine Master-tRNA, an die wir diese anhängen könnten. Es bleibt also viel Arbeit, bis wir für alle krankheitsrelevanten Stopp-Codons eine Suppressor-tRNA haben, die zu einem klinischen Vorteil führt. Zudem versuchen wir, unsere Forschung auf die Bedürfnisse der Unternehmen abzustimmen, und zwar in punkto Modularität, Patientenzielgruppen etc. Mein persönlicher Wunsch wäre es, auch einmal eine europäische oder deutsche Firmengründung in diesem spannenden Feld zu sehen. TG

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Biometra TAdvanced

ILMAC

Die Branche trifft sich in Basel

Ein Highlight für die Entwickler von Research-Tools und für Pharmalogistiker erwartet Unternehmen aus der DACH-Region vom 26. bis 28. September 2023 im Biopharma-Cluster Basel. Die Ilmac und die in Halle 2 zum dritten Mal parallel veranstaltete Pharma Logistics werden vor allem neue Trends in der Chemie- und Life-Science-Branche, die die Digitalisierung des Sektors mit sich bringt, sowie Transportlösungen beleuchten – daneben aber auch verbesserte Lösungen für das klassische Wet Lab.

400 Aussteller

Im Ausstellungsteil der Ilmac präsentieren sich große Toolanbieter wie Agilent, Endress+Hauser, Integra, Mettler Toledo, Metrohm, Siemens und Skan neben innovativen Start-ups – insgesamt stellen rund 400 Unternehmen den rund 10.000 Fachbesuchern, die die Veranstalter in diesem Jahr erwarten, ihre Innovationen vor.

Start-ups und Life Science Research

Neu in die Kongressmesse integriert wurden eine Start-up-Area, die Ausstellung „Labor der Zukunft“, das Karrierezentrum „Job Connect“ und eine Speakers Corner.

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Parallel zur Ilmac Conference und Ausstellung finden zum dritten Mal die Pharma Logistics Days statt. „Unser Anspruch ist es, aktiv zum Wachstum und zur Förderung des Standorts beizutragen, indem wir diesem Industriesektor vor Ort mit Ilmac die Plattform bieten, welche die nötigen Impulse in das Ökosystem Gesundheitswirtschaft sendet und kontinuierliche Innovation ermöglicht“, so Roman Imgrüth, CEO MCH Exhibition & Events.

Ilmac Conference

Die dreitägige Ilmac Conference beleuchtet in Zusammenarbeit mit Swiss Chemical Society, Swiss Biotech Association und dem Schweizerischen Verband Diplomierter Chemiker FH aktuelle Entwicklungen wie die Digitalisierung, neue Biotechund Chemie-Methoden. .

Impression von der Ilmac Conference 2021

Bildnachweis: © MCH Group AG |transkript 3.2023
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Forschung

FÜR DIE PRAXIS

Am Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie (IZI) in Leipzig werden innovative zell- und gentherapeutische Technologien erforscht und praxistauglich entwickelt, so dass vielversprechende Ansätze in klinischen Studien erprobt werden können.

von Dominik Schmiedel, Thomas Schmid, Sandy Tretbar, Stephan Fricke, Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie (IZI)

In der GMP-Prozessentwicklung des Fraunhofer IZI erfolgt der Transfer neuer Therapieverfahren und Herstellungstechnologien für die klinische Anwendung.

Zell- und Gentherapien haben das Potential, bisher unheilbare Krankheiten erfolgreich zu therapieren. Das Fraunhofer IZI in Leipzig macht diese therapeutischen Ansätze praxistaug-

lich und bereitet sie für die klinische Anwendung vor.

Die Kompetenzen des Instituts umfassen Forschung und Entwicklung, präklinische Evaluierung sowie die Good Ma-

nufacturing Practice (GMP)-konforme Prozessentwicklung und -optimierung. Danach werden klinische Prüfmuster hergestellt und Produkte über alle Phasen der klinischen Forschung hinweg bis zur Zulassung begleitet. Das Institut betreibt Reinraumanlagen sowie Qualitätskontroll-Labore und verfügt über umfassende Erfahrung bei Zulassungsverfahren und der Erlangung von Herstellungsgenehmigungen. So wurden bereits mehr als 3.500 Prüfmuster, davon über 500 CAR-T-Zellprodukte, hergestellt und an Studienzentren weltweit ausgeliefert.

Expertise AUS LEIPZIG

Gemeinsam mit klinischen und Industrie-Partnern werden am Fraunhofer IZI zudem neue Technologien zur Modifi-

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Bildnachweis: © Fraunhofer IZI
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kation von Immunzellen (viral/nichtviral) sowie alternative Effektorzellen wie NK-Zellen und Makrophagen untersucht und geprüft.

RNA-BASIERTE THERAPIEN

Durch die Verwendung von mRNA-Molekülen können gezielt genetische Anweisungen in Zellen eingeführt werden, um die Produktion spezifischer Proteine zu steuern. Dies eröffnet vielversprechende Möglichkeiten, um Krankheiten mittels mRNA zu behandeln. Der Einsatz von mRNA in der Zelltherapie hat großes Potential in der Immunonkologie. Dabei wird durch das Einbringen von mRNA in die Immunzellen das körpereigene Immunsystem von Patienten dazu stimuliert, maligne Krebszellen zu zerstören.

Die mRNA kodiert dabei zum Beispiel für einen chimären Antigenrezeptor (CAR), der als Oberflächenanker auf die Immunzellen gebracht wird und nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip gezielt Oberflächenstrukturen auf den Krebszellen erkennt. Durch die Wiedererkennung und Vernetzung von Krebs- und Immunzellen kann die Krebszelle dann abgetötet werden. Obwohl die mRNA-Technologie für die CAR-Immunzelltherapie noch in den Anfängen steckt, verbinden sich große Hoffnungen mit dem neuen Ansatz: mRNAs könnten eine neue Ära der Präzisionsmedizin einläuten. Die

größten Herausforderungen sind hierbei die Stabilität von mRNA und deren effiziente Freisetzung in verschiedenen Immunzelltypen, wie zum Beispiel TZellen und NK-Zellen.

NATÜRLICHE KILLERZELLEN

Alle bisherigen gegen Krebs zugelassenen Zelltherapien basieren auf einer Herstellung aus den T-Zellen betroffener Patienten. Doch diese Methode ist nicht nur mit hohen Kosten und erheblichem Zeitaufwand verbunden. Es besteht auch ein erhöhtes Risiko für ein Fehlschlagen der Herstellung, da die Qualität der CART-Zellen vom Zustand der T-Zellen im Blut des Krebspatienten abhängt. Die T-Zellen können aber beispielsweise

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durch Medikamente, die im Rahmen der Krebstherapie eingesetzt werden, in ihrer Aktivität gestört werden.

Bei der Entwicklung neuer Zelltherapeutika fokussiert sich die Forschung deshalbauch auf andere Immunzelltypen, die von gesunden Spendern gewonnen und zur Behandlung von mehrerer Patienten genutzt werden können. Bei diesen allogenen Zelltherapien sind NK-Zellen von besonderem Interesse, da diese Immunzellen sicher und ohne schwere Nebenwirkungen zwischen verschiedenen Personen transplantiert werden können. Dementsprechend können NK-Zellprodukte aus dem Blut eines einzelnen Spenders in großem Maßstab hergestellt, eingefroren und für viele Patienten zugänglich gemacht werden. Damit würden sich die Kosten dramatisch verringern, die Produkte wären für Patienten schneller verfügbar, und die Produktqualität wäre vereinheitlicht.

CAR-NK-ZELLTHERAPIEN

Auch NK-Zellen können – wie T-Zellen – mit CARs modifiziert werden, um Tumor zellen spezifisch zu erkennen und abzutöten. Eine erste klinische Studie mit CAR-NK-Zellen in den USA zeigte vielversprechende Ergebnisse bei Leukämie-Patienten. [1] So können NK-Zell-basierte Heilungsansätze effektiv mit anderen Therapieformen,

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Herstellung eines CAR-T-Zelltherapeutikums am Fraunhofer IZI

beispielsweise Antikörper-basierten Therapien, kombiniert werden, um noch effizienter gegen die Krebszellen vorzugehen.

Trotz des großen Potentials dieser allogenen Zellprodukte sind weitere Forschung und klinische Studien notwendig, um deren Sicherheit und Langzeitwirksamkeit zu bestätigen.

Zudem sind allogene CAR-NK-Zellen nach der Transplantation weniger langlebig als autologe CAR-T-Zellen. Zudem vermehren sie sich weniger stark und lösen eine schwächere Entzündungsreaktion aus als T-Zellen, was sich zur Bekämpfung von Tumoren nachteilig auswirken könnte.

EFFEKTIVER THERAPIEREN

Deshalb müssen neue Mechanismen entwickelt werden, um die Wirkung der Zelltherapien weiter zu verstärken. Außerdem existieren aktuell keine zugelassenen Zelltherapien, um Patienten behandeln zu können, die beispielsweise an Lungenkrebs oder Darmkrebs leiden. Dementsprechend liegt ein Forschungsschwerpunkt am Fraunhofer IZI in der Etablierung von CAR-NK-Zellen gegen weitere Krebsarten sowie in der Verstärkung des Wirkungsgrades dieser Zellen.

So werden beispielsweise NK-Zellen durch neue CAR-Konstrukte und zusätzliche gentechnische Verfahren

langlebiger, resistenter und tumorreaktiver gemacht.

CHANCEN VON AAV

Auch Patienten mit schweren Erbkrankheiten können von neuen gentherapeutischen Medikamenten profitieren. So lassen sich beispielsweise erblich bedingte Blindheit, Muskeldystrophie und Hämophilie mit Gentherapien behandeln, die auf Adeno-assoziierten-Viren (AAV) basieren. Diese Viren sind keine Krankheitserreger, sondern ersetzen defekte menschliche Gene durch den Transport gesunder Gene. Rund 7.000 Erbkrankheiten könnten potentiell durch die Anwendung von AAV therapiert werden. Doch obwohl die Nutzung von AAV zu den bisher erfolgreichsten und sichersten Gentherapiemethoden zählt, sind in Europa bisher erst fünf AAV-basierte Medikamente zugelassen (Luxturna®, Zolgensma®, Upstaza®, Roctavian®, Hemgenix®). Die Herstellung notwendiger Prüfpräparate ist extrem anspruchsvoll – und die Ressourcen dafür sind sehr begrenzt. Im Fraunhofer IZI wird deshalb eine neue Reinraumanlage zur GMP-gerechten Herstellung von AAVbasierten Gentherapien errichtet.

SAXOCELL: IM VERBUND STÄRKER

Eine exzellente Forschungsinfrastruktur, fundierte Forschungs- und

Entwicklungsbasis, Expertise in der Prozessentwicklung und über zehn Jahre Erfahrung bei der pharmazeutischen Herstellung von Zell- und Gentherapeutika machen das Fraunhofer IZI in Leipzig zu einem zentralen Ansprechpartner in der Zell- und Gentherapieentwicklung. Die enge Kooperation des Instituts mit den Universitätskliniken Leipzig und Dresden sowie dem Klinikum Chemnitz gewährleistet den nahtlosen Transfer in die klinische Praxis. Aufgrund dieser Kompetenzen spielt das Fraunhofer IZI eine wichtige Rolle innerhalb des Innovationsclusters SaxoCell. Dieser Zusammenschluss sächsischer Forschungsinstitute, Krankenhäuser und Industriepartner möchte sicherere, wirksamere und erschwinglichere Therapien bereitstellen, um das Leben von Patienten nachhaltig zu verbessern.

Das Fraunhofer IZI und das Universitätsklinikum Leipzig organisieren gemeinsam die jährliche Leipzig Immune ONcology Conference LION (www.lionconference.com). Interessierte Leser sind dazu am 8./9. November 2023 herzlich eingeladen. •

Target Cell Killing

Is Your Assay Specific Enough?

Conventional assays do not distinguish between dying target or effector cells

The HiBiT Target Cell Killing Bioassay is designed for precise and sensitive measurement of target cell death in mixed cell cultures

The assay works with all formats: from monoclonal and BiTE antibodies to TCR-T and CAR-T cells

|transkript 3.2023 Gen- und Zelltherapie Laborwelt. I 79
©
IZI
Bildnachweis: Fraunhofer [1] Liu E et al. Use of CAR-Transduced Natural Killer Cells in CD19-Positive Lymphoid Tumors. N Engl J Med. 2020 Feb 6;382(6):545-553.
 To learn more,
www.promega.com/T-Cell-Immunotherapy
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Zugang nach China

Die Entwicklung und Inverkehrbringung von Gen- und Zelltherapeutika gelingt nur entlang einer globalen Wertschöpfungskette. Eine wichtige Rolle spielt dabei China, aber nicht nur als Hersteller, Zulieferer oder Markt, sondern auch als Brücke in die Welt.

transkript. Frau Simin He, ACROBiosystems hat ein breites Portfolio an Substanzen, Molekülen und Technologie für die Gen- und Zelltherapie und ihre Erforschung. Was macht ACRO besonders im internationalen Setting der Akteure?

Simin He . ACROBiosystems ist ein Biotechnologieunternehmen, das mit seinen Produkten und Geschäftsmodellen zu einem Eckpfeiler der globalen Biopharmazie- und Gesundheitsindustrie werden will. Als globales Unternehmen konzentrieren wir uns nicht nur auf den chinesischen Markt, sondern sind auch weltweit präsent. Wir haben Niederlassungen, Forschungs- und Entwicklungszentren und Produktionsstätten in zwölf verschiedenen Städten weltweit und bieten Produkte und Dienstleistungen für über 8.000 Kunden an.

transkript. Sie „zertifizieren“ auch Technologien und Ingredientien. Was ist darunter zu verstehen?

Simin He . Aus einer Perspektive mag es widersprüchlich erscheinen, die internationale Forschungsgemeinschaft mit Reagenzien zu versorgen und dieselben Reagenzien zu „zertifizieren“. Da Certify aber unser globales Programm ist, beziehen wir nicht nur Unternehmen aus China ein, um in andere Märkte einzutreten, sondern wir unterstützen auch internationale Unternehmen beim Eintritt in den chinesischen Markt. Beispielsweise beginnen wir nach den ersten Treffen damit,

unseren eigenen Kundenstamm zu befragen und eine Go-to-Market-Strategie zu ermitteln, die nicht nur unseren eigenen Qualitätsanforderungen, sondern auch denen unserer Partner entspricht.

transkript. Gibt es dazu ein Beispiel?

Simin He . Eines unserer besten Beispiele ist einer unserer Certify-Partner in den Vereinigten Staaten, der an neurologischen Sonden arbeitet. Die Zusammenarbeit im Rahmen von Certify beginnt mit mehreren Treffen nicht nur mit dem Geschäftsentwicklungsteam, sondern auch mit dem Produktentwicklungs- und Marketingteam, um den gesamten Prozess vollständig zu verstehen. Dabei stellten wir fest, dass diese Sonden sehr gut zu unserer eigenen neurologischen Produktlinie passten. Es meldeten sich mehrere Interessenten aus unserem Partnernetzwerk, das mit 4.000

Kunden über 60% des Marktes in China abdeckt.

transkript. In wieweit kann man sich ACRO als eine „Brücke nach China“ vorstellen?

Simin He . Unsere Büros und Produktionsstätten befinden sich in vier verschiedenen Städten (Peking, Suzhou, Hangzhou und Shanghai), wodurch wir die meisten Cluster der biopharmazeutischen Industrie abdecken können. Das sind unsere Brückenpfeiler. Darüber hinaus haben wir auch Büros und Produktionsstätten in den USA (Boston, San Jose und Newark) und in Europa (Basel, London). Wir sind der Meinung, dass ACRO somit nicht nur eine Brücke nach China, sondern eine Brücke in die Welt ist, auf der wir den Durchgang für beide Seiten ermöglichen, begleiten und unterstützen.

transkript. Der chinesische Markt gilt als schwierig für ausländische Unternehmen. Wie hilft ACROBiosystems dabei?

Simin He Im Gegensatz zu Europa ist China einer der größten nationalen Einheitsmärkte. Nur wenige große Unternehmen haben sich für den Aufbau eines lokalen Teams entschieden, und müssen dafür viel investieren. Für kleine oder mittlere biopharmazeutische Unternehmen, ist das keine gute Option, eine reine Vertriebspartnerschaft reicht selten weit genug. Mit Certify bieten wir hier einen besseren Weg. GK

80 I Laborwelt. Gen- und Zelltherapie |transkript 3.2023 Bildnachweis: © ACROBiosystems
SIMIN HE Global Marketing Director ACROBiosystems Group

Netzwerk aus Biobanken

In den BioKryo-Biobanken lagern wertvolle biologische und therapeutische Proben für Anwendungen in Wissenschaft, Diagnostik und Therapie.

gen sowie passgenauem Service und umfassender Beratung.

Darüber hinaus besitzt die BioKryo die Erlaubnis für die Lagerung therapeutischer Proben nach dem Arzneimittelgesetz (§20c AMG), eine Großhandelserlaubnis für Arzneimittel (§52a AMG), eine Akkreditierung der Association for the Advancement of Blood & Biotherapies (AABB) sowie ein ISO 9001-zertifiziertes Qualitätsmanagement-System auf GMP-Niveau.

Im Rahmen der personalisierten Medizin steigt der Bedarf, patientenindividuelles Probenmaterial über einen längeren Zeitraum für eine spätere therapeutische Anwendung vorzuhalten. Immer mehr biotechnologische Anwendungen, aber auch klassische Stammzelltherapien aus dem Bereich der Onkologie, erzeugen immer größere Probenvolumen, die häufig die Kapazitäten der beteiligten Unternehmen oder Kliniken übersteigen. Mit Hilfe der BioKryo-Dienstleistung können diese Bestände an die BioKryo GmbH ausgegliedert werden.

In etablierten kryotechnischen Kühlverfahren werden Proben und Präparate in Stickstofftanks bei -150° C oder in Freezern bei -80° C für spätere Anwendungen am Patienten oder in der Forschung gelagert. So setzen inzwischen zum Beispiel fünf Universitätskliniken die Infrastruktur der BioKryo GmbH für

die Lagerungen von autologen Stammzelltransplantaten von Krebspatienten oder Schilddrüsenzentren für die Lagerung von Nebenschilddrüsen (HyperPara) ein.

Passgenauer Service

Die BioKryo GmbH ist ein Spin-off des Fraunhofer-IBMT und bietet die GMPkonforme Kryolagerung (Lagerung unterhalb von -150° C) von therapeutisch wertvollem Material wie Stammzellen, Gewebeproben, Drug Substance oder Master- und Working Cell Lines an. Sie verbindet neueste Technologie mit über zwölfjähriger Praxiserfahrung in der Kryokonservierung und dem Transport von Zellen, Geweben und DNA. Die BioKryo vereint somit innovative Standards zur Langzeitlagerung von biologischen und therapeutischen Proben mit zukunftsweisenden Lösun-

Seit 2018 ist die BioKryo GmbH ein Teil der Air Liquide-Gruppe. Innerhalb des Konzerns wurde mit den bereits bestehenden Biobanken in Krefeld sowie in Paris und in Mailand die Biobanken Business Unit gegründet, die seit November unter dem gemeinsamen Namen BioKryo firmiert. Kunden der BioKryo haben seitdem die Möglichkeit, unter einem Vertrag Proben an zwei oder drei Standorten der Biobanken Business Unit einlagern zu können.

Im Jahr 2021 konnte die BioKryo nach elf Jahren nach Ausgründung aus dem Fraunhofer IBMT und nach einer Umbauphase von einem knappen Jahr den neuen, größeren Standort in Saarbrücken beziehen. In der Zinzinger Straße stehen nun 1.000 m² Kryolagerfläche zur Verfügung. Die hier installierte State-of-the-Art-Technik, komplettiert durch redundante Überwachungseinrichtungen, wird von den weltweit mehr als 100 Kunden geschätzt, sodass die BioKryo sich jetzt schon in der nächsten Ausbaustufe befindet. •

82 I LABORWELT. Gen- und Zelltherapie |transkript 3.2023
GMP-konforme Kryolagerung von therapeutischem Material bei BioKryo in Saarbrücken von Dr. Vincent von Walcke-Wulffen und Tanja Sagadin, BioKryo GmbH, Saarbrücken
Bildnachweis: © Vincent v. Walcke

Neue Wege in der Zelltherapie

Auch CDMOs können mit innovativen Technologien und effektiven Prozessen bezahlbare und wirksame Behandlungsformen unterstützen.

Wie das geht, erfahren Sie auf Seite 86!

GUIDE-RNA SEQUENZIEREN

Die Zahl an CRISPR-Cas-assoziierten Therapien steigt stetig und mit ihr die Anforderungen an die Pharmaindustrie wie etwa die vollständige Identifizierung der single guide RNA-Komponente durch MS/MS-Sequenzierung. Was sind die Trends aus Sicht eines CDMOs?

Das CRISPR-Cas-System ist spätestens seit dem Nobelpreis im Jahr 2020 von Emmanuelle Charpentier und Jennifer Doudna in den Fokus der biotechnologischen und pharmazeutischen Industrie gerückt. Die gezielte Manipulation von Genen birgt eine Fülle von Möglichkeiten in quasi allen Bereichen des Lebens. Angefangen von robusteren Pflanzen, die dem Klimawandel trotzen, bis hin zu langersehnten therapeutischen Optionen für schwere Erkrankungen. Damit das CRISPR-Cas-System seine Wirkung entfalten kann, ist eine exakte Sequenzabfolge dieser meist synthetischen Oligonukleotide äußerst wichtig. Ohne die korrekte Sequenzabfolge kann weder die Bindung an die Ziel-DNA noch die

Rekrutierung des Enzyms Cas9 stattfinden. Klassischerweise wurde die Sequenzbestimmung für reine RNAVerbindungen über Sanger-Sequenzierung oder Next Generation Sequencing durchgeführt. Da die OligonukleotidGemeinschaft bereits früh feststellte, dass gewisse Modifikationen der Stabilität der Moleküle zuträglich sind, sind auch die single guide RNAs (sgRNAs) nicht mehr nur reine RNA-Moleküle. Diese Modifikationen können durch die genannten Methoden nicht abgebildet werden.

Tandem-MS

In der Proteinforschung ist bereits seit Langem (Tandem)-Massenspektro -

Veranschaulichung der Prozesse

metrie die Methode der Wahl, um die Identität der Proteine und ihre posttranslationalen sowie chemischen Modifikationen zu untersuchen. Auch für kürzere Oligonukleotide wurde diese Technik schnell und erfolgreich adaptiert. Längere Oligonukleotide, wie die sgRNA mit circa 100 Nukleotiden Länge, sind eine Herausforderung. Damit diese Moleküle dennoch vermessen werden können, wurden verschiedene Techniken etabliert, um die Identität eindeutig zu bestätigen. Die einfachste und mit Sicherheit auch naheliegendste Technik ist die Top-Down-Technik, bei der versucht wird, das Molekül direkt der Tandem-MS-Messung zuzuführen. Da sgRNA im Vergleich zu anderen Oligonukleotiden sehr groß ist, kann nur mit neuester MS-Technologie eine Sequenzbestätigung – von etwa 80% –erreicht werden. Erfolgreicher ist aber ein von Goyon et. al. 2021 entwickeltes Verfahren was der Bottom-Up-Analytik gleicht. Hierbei wird die sgRNA durch RNAsen in kleinere Stücke verdaut und diese vermessen, ähnlich den klassischen Proteomikansätzen. Beim neuesten, genauesten Middle-Down-Ansatz, entstehen Produkte, die zwischen den beiden zuvor genannten Ansätzen liegen. Generell sind alle Ansätze für die Identitätsbestimmung geeignet; es wird aber noch einige Forschung und Entwicklung benötigen, um eine neue Standardmethode zu etablieren. •

84 I Laborwelt. Gen- und Zelltherapie |transkript 3.2023
von Dr. Michael Rühl und Dr. Jan Nickolaus, BioSpring GmbH, Frankfurt/Main
Bildnachweis: © BioSpring GmbH

TranslationsExpertise für Ihren Erfolg

Zell- und Gentherapien von der Forschung bis zur Marktreife zu begleiten ist nicht immer einfach. Deshalb brauchen Sie einen starken Partner an Ihrer Seite.

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Leipzig Immune Oncology Conference (LION), 8. - 9. November 2023

Zelltherapie –neue Wege

Lösungen für CDMOs zur Herstellung von Zelltherapeutika: Lentivirale Verpackungszelllinien zur Kostenreduktion.

Der Biotech-Sektor steht vor einem Umbruch in der Arzneimittelentwicklung. Die aktuellen Erfolge in der Zelltherapie bei der Behandlung hämatologischer Krebserkrankungen durch CAR-T-Zellen sind beeindruckend. Viele werden erstmals heilbar. Die Zahl der erfolgreich behandelten Patientinnen und Patienten in den Indikationen akute lymphatische BZell-Leukämie (B-ALL) und diffuses großzelliges B-Zell-Lymphom (DLBCL) ist hoch, mit sehr guter Prognose. Nach der ersten Zulassung 2017 (FDA) und 2018 (EMA) gibt es aktuell sechs in der EU und den USA zugelassene CAR-T-Zell-Produkte. Mit dem Jahresende 2023 könnten weltweit 13 weitere

Zelltherapien dazukommen. Im Sog der Erfolgswelle der ersten Zulassungen von CAR-T-Zell-Produkten ist die Zahl klinischer Studien förmlich explodiert. Derzeit sind mehr als 2.000 klinische Studien registriert, 200 davon befinden sich bereits in Phase III.

Hype und Realität

Dies darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die vorhandenen Therapien nur wenige, ausgewählte hämatologische Indikationen bedienen. Sie werden individuell aus patienteneigenen Zellen (autolog) hergestellt und sind sehr teuer. So kostet beispielsweise die Behandlung mit Kymriah® (Tisagenlecleucel) von Novartis in Deutschland

380.000 Euro und in den USA 475.000 US-Dollar. In Deutschland ist die Therapie aktuell leider nur für Patienten der späten Therapielinie verfügbar, die auf die konventionelle Behandlung nicht mehr ansprechen. Außerdem sind bisweilen kritische Nebenwirkungen zu beobachten, wie etwa die mit IL6RAntagonisten gut kontrollierbaren Zytokinstürme (Cytokine-Release-Syndrom, CRS) und das Immuneffektorzellassoziierte Neurotoxizitätssyndrom (ICANS).

hohe Produktionskosten

Die Produktion von Zelltherapeutika hat den industriellen Maßstab noch nicht erreicht – unter anderem, weil die Herstellung autologer Zellpräparate von der individuellen Patientenverfügbarkeit und der Nähe zur therapeutischen Einrichtung abhängt. Dies macht den industriellen Produktionsprozess schwer planbar; er bleibt bisher auf die patientenspezifische Herstellung beschränkt.

Ein weiteres Hemmnis der industriellen Skalierbarkeit: Für das Einbringen der Transgene in die therapeutischen Zellen dominieren aktuell lentivirale Vektorsysteme. Deren Bereitstellung ist ein signifikanter Posten bei den Herstellungskosten. Die Produktion erfolgt typischerweise in transienter Expression. Dazu werden Verpackungszelllinien wie HEK293 mit mehreren bakteriell hergestellten Plasmiden transient transfiziert. Dieser Prozess

86 I Laborwelt. Gen- und Zelltherapie |transkript 3.2023
Zelltherapieerfolge stehen eingeschränkter Anwendung und Nebenwirkungen gegenüber. von Dr. Alexander Karlas und Dr. Christoph Giese, ProBioGen AG, Berlin Bildnachweis: Probiogen AG

verbessern und Erkrankte können ohne Wartezeit behandelt werden.

Lösung Spenderzellen?

Zelltherapien können zudem günsti ger werden, indem Prozesse effizien ter aufgesetzt, orchestriert und neue, smarte Technologien entwickelt und eingesetzt werden. Denn bei aller Wirk samkeit müssen die innovativen The rapien sicher, bezahlbar und für den Patienten verfügbar sein. Alternative Produktionsverfahren zur Herstellung lentiviraler Vektoren, wie etwa durch die Verwendung stabil transfizierter Verpackungszelllinien, könnten zu einer deutlichen Kosteneinsparung führen. Auch hier kommen HEK293-

|transkript 3.2023 Bildnachweis: Probiogen AG

GCT: Weichen jetzt stellen

Die im Industrieverband VDGH organisierten deutschen Diagnostikhersteller sind maßgeblich an der Entwicklung von Gen- und Zelltherapien beteiligt. Sie fordern bessere Rahmenbedingungen.

Die Produkte der im Verband der Diagnostica-Industrie (VDGH) organisierten Diagnostikahersteller sind bei der Auswahl eines auf den Patienten abgestimmten Advanced Therapy Medicinal Products (ATMPs) unentbehrlich. Die unter ATMPs fallenden Gentherapien, somatischen Zelltherapien und biotechnologisch bearbeiteten Gewebeprodukte könnten die Therapie zahlreicher medi -

zinisch unterversorger Krankheiten radikal verändern. Doch trotz einer Führungsposition in der Grundlagenforschung hapert es in Deutschland oft bei der Umsetzung in marktreife Produkte. Dieser Schwäche können Technologietransferprogramme entgegenwirken. Die Politik muss aktiv werden, Förderprogramme initiieren und Public-Private-Partnerships fördern. Denn Patienten profitieren nur,

wenn akademischer in wirtschaftlichen Erfolg umgewandelt wird.

Zudem braucht es einen verlässlich n e rechtlichen Rahmen für die Entwicklung, Zulassung und Überwachung von ATMPs.

Regulatorischer Rahmen Aktuell herrscht Rechtsunsicherheit, da eine bundesweit einheitliche Auslegung durch Ethikkommissionen fehlt, die die Optimierung klinischer Studien und eine schnellere Zulassung eröffnen würden. Erschwerend kommt am Standort Deutschland hinzu, dass der Zulassungsprozess und die darauffolgenden Erstattungsverhandlungen mit Krankenkassen im internationalen Vergleich generell zu lange dauern.

Die Herstellung von Gen- und Zelltherapien (GCT) erfordert eine strenge Qualitätssicherung. Deutsche Hersteller brauchen daher klare und standardisierte Richtlinien, um die Weichen

88 I Laborwelt. Expertenstatement |transkript 3.2023

für eine europaweit harmonisierte GMP-konforme Produktion zu stellen. Dies umfasst etwa die GMP-konforme Skalierbarkeit von Prozessen oder die Qualitätssicherung mit Methoden wie dem Next Generation Sequencing. In Deutschland sollten notwendige Produktionskapazitäten genauestens geplant und frühzeitig angepasst werden, um den Standort für GCT-Entwickler atttraktiv zu machen. Aktuell sind die Herstellungskapazitäten für GCT eindeutig zu niedrig, um international wettbewerbsfähig zu sein. Um die Herstellungskosten zu reduzieren und so die Patientenversorgung mit den teuren Therapien künftig sicherzustellen, müssen Automatisierungs- und Digitalisierungstechnologien für die GCT-Produktion ausgebaut und gefördert werden. Automatisierung bei der Zellentnahme, modularer Produktionstechnologien sowie der finalen Formulierung und Abfüllung des Pro -

duktes benötigen neue Entwicklungen. Die Weiterentwicklung ist sowohl hardwareseitig als auch bei der Software notwendig. Für die Produktion von GCT und die damit verbundenen Daten müssen zukünftig Technologien wie integrierte Prozesskontrollen, Prozessbegleitung mittels „Digitalem Zwilling“ oder die Analyse sowie Pro -

zesssteuerung mittels Künstlicher Intelligenz (KI) berücksichtigt werden, um das volle Automatisierungspotential auszuschöpfen. In Forschung und Entwicklung muss deswegen weiter investiert werden.

Individuell stratifizieren Nicht zuletzt geht die therapiebegleitende Diagnostik zum Erkennen geeigneter Empfänger einer GCT über den Begriff der klassischen Begleitdiagnostik (Companion Diagnostics) hinaus. Sie muss individualisiert für eine einzelne Person angewendet werden. Daher sind die herkömmlichen Erstattungsmodelle für Begleitdiagnostik unzureichend; hier ist eine genauere Analyse und die Erwägung alternativer Modelle erforderlich. Weitergedacht werden muss auch die Vergütung der Therapiebegleitung oder der Patientennachsorge, denn auch hier helfen In-vitro-Analysen. •

|transkript 3.2023 Expertenstatement Laborwelt. I 89 Bildnachweis: VDGH / Bildschön Berlin
PETER SCHÜSSLER ist Mitglied im Vorstand des VDGH und der Fachabteilung Life Science Research.

Tools für die Produktion von Exosomen

Kultivieren und Expandieren von mesenchymalen Stromazellen/Stammzellen (MSCs) und die Produktion von extrazellulären Vesikeln (EVs) haben stark an Bedeutung gewonnen, sowohl in der Grundlagenforschung als auch in der regenerativen Medizin. Ein Faktor für den Erfolg ist die Wahl geeigneter Zellkulturmedien, welche die Expansion der MSCs und die Produktion von funktionalen EVs unterstützen.

Gebrauchsfertige Medien sparen Zeit und bieten den Vorteil der standardisierten Kultivierung von MSCs. Sie enthalten alle notwendigen Nährstoffe, Wachstumsfak-

toren, Hormone und Puffersysteme für eine optimale Expansion und/oder Produktion von Exosomen. Die Qualität der produzierten EVs hängt stark von den Kulturbedingungen und Medien ab. Gebrauchsfertige Systeme, die speziell für die EV-Produktion optimiert sind, können die Anzahl und Funktionalität der EVs erhöhen oder letztere erst ermöglichen.

Eines der hochwertigsten Supplemente am Markt ist das humane Plättchenlysat UltraGRO Pure GI GMP Grade oder auch das Exosomendepletierte UltraGro-PURE für die EV-Produktion mit MSCs.

Luziferase als Reportergen

Die Therapie mit RNA und DNA birgt viele pharmakologische Vorteile gegenüber dem Protein. Da der Körper selbst den eigentlichen Wirkstoff freisetzt, eröffnen sich völlig neue Therapieoptionen durch den Wegfall vieler Limitierungen. Allerdings gilt es eine Vektor-Formulierung zu finden, welche die Expression definierter Stärke im Zielgewebe über den gewünschten Zeitraum ermöglicht. Hierfür eignet sich die Luziferase als Reportergen.

Das Enzym Firefly Luciferase erzeugt aus dem Substrat Luziferin kaltes Licht (Biolumineszenz) in Abhängigkeit von seiner Menge und Aktivität. Da

hierfür keine externe Anregung notwendig ist, sind sowohl der Signalhintergrund als auch die Verluste durch Gewebeabsorption deutlich reduziert. Dadurch ist es ein leistungsfähiges und empfindliches Werkzeug für die wissenschaftliche Forschung, das im lebenden Organismus nicht invasiv beobachtet werden kann. Dabei sind Untersuchungen auf der Ebene von Zellen, Geweben und ganzen Tieren möglich.

Die kurze Halbwertszeit des Enzyms ermöglicht die Ermittlung einer semiquantitativen Expressionskinetik mittels In vivo Imaging. Durch Messung der Lumineszenz in Zell- und Gewe -

Wer eine Alternative sucht, setzt auf chemisch definierte Medien: CellCor EXO CD- oder CellCor CD MSC Medium wird ebenfalls sehr erfolgreich für die Isolierung, Expansion und MSC-abhängige EV-Produktion verwendet. Ein Medienwechsel von der Kultur bis zur Isolierung ist nicht erforderlich, und die mit CellCor EXO CD gewonnenen Exosomen bieten hohe Funktionalität und regenerative Effekte. Pelobiotech bietet zudem Supplemente von Humanplasma (AB-Serum) bis zu Thrombozytenlysat in verschiedenen Qualitäten an. www.pelobiotech.com

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behomogenaten kann eine präzise Quantifizierung der Enzymaktivität erfolgen. Auch auf RNA- und DNAEbene kann das Expressionslevel bestimmt werden, indem die Proben mittels real time-PCR analysiert werden. Auf Proteinebene kann die Luziferase durch spezifische Antikörper in Flow Cytometry und IHC, aber auch im ELISA detektiert werden.

Bei der Entwicklung von Vakzinen können zudem luziferasespezifische T-Zellen in der Milz und Lymphknoten durch ELISpot quantifiziert werden.

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90 I LABORWELT. produkte |transkript 3.2023
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Bildnachweis: © iStock-168586352 (PELOBiotech); Preclinics
Biolumineszenz von Luziferase auf allen Ebenen: im Tier (A), im Organ (B) und in Zellen (C).

Spezifischer Target Cell Killing-Assay

Ist der eingesetzte Zytotoxizitätstest spezifisch genug, um den Zelltod der Zielzelle in Co-Kultur nachzuweisen? Konventionelle Assays unterscheiden nicht zwischen Ziel- oder Effektorzelle. Promega empfiehlt daher die Nutzung des HiBiT Target Cell Killing Bioassays zum präzisen Zelltod-Nachweis, vermittelt durch CAR-T Zellen, monoklonale oder

bispezifische Antikörper. Der Assay basiert auf einer modifizierten Zielzelllinie, die ein HiBiT-Protein exprimiert. Durch die Effektorvermittelte Abtötung der Zielzelle wird das intrazelluläre HiBiT-Protein freigesetzt und kann mit dem HiBiT Extracellular Detection System quantifiziert werden. Das lumineszente Signal ist hochsensitiv und stabil, was

die Handhabung erleichtert. Eine große Auswahl an HiBiT-exprimierenden Zielzellen (Ramos, Raji, A549, H929 und andere) stehen im praktischen „Thaw-and-Use“Format zur Verfügung. Damit können die Zellen einfach wie Reagenzien verwendet werden, ganz ohne aufwendige Zellkultur.

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