Selbstreflexion als Führungshilfe

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BILDUNGaktuell

Das eMagazin f端r Management, Personalwesen und Weiterbildung

#01 13.01.2015

Mit den Mitarbeitern auf Augenh旦he, das eigene Verhalten selbstkritisch im Blick. Was F端hrung heute braucht. Ab Seite 8 Ein Medienprodukt der karp | communication company

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F端hrungshilfe Selbstreflexion


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Die Fähigkeit und Bereitschaft vieler Führungskräfte, das eigene Verhalten zu reflektieren und zu optimieren, ist eher gering ausgeprägt. Um als Führungskraft zu bestehen, brauchen Chefinnen und Chefs jedoch zunehmend ein dynamischeres Führungsselbstverständnis. Dazu kommt, dass sie ähnlich wie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf der wertschöpfenden Ebene, regelmäßig reflektieren müssen, inwieweit ihr Verhalten zielführend ist. Was Sie darüber wissen sollten, schreibt Klaus Kissel ab Seite 8

Zukunft Lernen.

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Wollen Sie auch morgen im Job fit und erfolgreich sein? Dann sollten Sie eines wissen: Lernen auf Vorrat geht kaum noch, da scheinbar aktuelles Wissen rasch veraltet beziehungsweise irrelevant ist. Was Sie trainieren sollten, sind aber Kompetenzen, die Sie strategisch handeln und denken lassen und Ihnen das Know-how geben, sich schnell auf neue Situationen einzulassen. Was Ihnen sonst noch hilft, um in einer Welt zu bestehen, in der das Wissen stets im Wandel ist, erläutert Dr. Nico Rose ab Seite 6

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Bevor Sie ein aktives Empfehlungsmarketing betreiben, sollten Sie wissen, welche Personen oder Organisationen Sie als Kunden haben möchten. Wer dann noch in der Lage ist, die Bedürfnisse dieser Kunden richtig einzuschätzen, ist schon auf dem besten Weg, um sich guten Gewissens weiterempfehlen zu lassen. Die besten Tipps, um die Zufriedenheit bereits bestehender Kunden für Ihr Unternehmen zu nutzen, erhalten Sie von Ingo Vogel ab Seite 3

27. – 29. Januar 2015 Messe Karlsruhe

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Grundlegende Richtung: Journalistisch unabhängige Berichterstattung und Hintergrundberichte zu den Themen Aus- und Weiterbildung, Karriere, Selbstorganisation, Personalmanagement, Pädagogik, Schule, Universität, Bildungspolitik.

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Mit den besten

Empfehlungen

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Empfehlungen sind ein wichtiges Marketing- und Verkaufsinstrument. Wie Sie die Zufriedenheit bereits bestehender Kunden fĂźr den Verkaufs- und Vertriebsprozess nutzen, weiĂ&#x; Ingo Vogel. Hilfreiche Tipps, die Sie ausprobieren sollten.

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Eine Voraussetzung für Empfehlungen ist: Der Kunde ist von Ihrem Produkt und Ihrer Leistung begeistert. Sie können jedoch nicht alle potenziellen Kunden für sich und Ihre Leistungen begeistern. Dafür sind deren Wünsche und Bedürfnisse zu verschieden. Analysieren Sie deshalb, bevor Sie ein aktives Empfehlungsmarketing betreiben: Wer sind unsere Zielkunden? Welche Personen oder Organisationen wollen wir als Kunden haben, weil …? Analysieren Sie danach, welche Bedürfnisse diese Kunden haben; außerdem, was Sie (und Ihre Mitarbeiter) tun müssen, um ihnen in ihren Augen eine Top-Leistung zu bieten.

Tipp 2: Beachten Sie dabei: Die Erwartungen Ihrer Zielkunden beziehen sich nie nur auf Ihr Produkt beziehungsweise Ihre Dienstleistung – dieses oder diese könnten die Kunden auch woanders oder dort oft sogar günstiger kaufen. Die Erwartungen der Kunden beziehen sich auch darauf, wie Sie (und Ihre Mitarbeiter) zum Beispiel den Verkaufsprozess sowie den Kontakt mit ihnen gestalten und welchen Service Sie ihnen nach dem Kauf Ihrer Leistungen bieten. Gestalten Sie deshalb alle Prozesse in Ihrem Unternehmen so, dass sie bei Ihren Zielkunden, soweit möglich, Begeisterung auslösen.

Tipp 3:

Vermitteln Sie Ihren Mitarbeitern mit (und ohne) Kundenkontakt, wie wichtig zufriedene oder sogar begeisterte Kunden, die Ihr Unternehmen weiterempfehlen, für den Erfolg Ihrer Unternehmung sind; außerdem, dass sie es letztlich sind, die diese Begeisterung bei den

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„Wenn Sie und Ihre Leistungen empfohlen werden, sind Sie Ihren Mitbewerbern stets einige Schritte voraus und können den Kaufentscheidungsprozess oft erheblich abkürzen.“ Ingo Vogel Kunden auslösen – durch ihr Verhalten und dadurch, wie Sie den Kontakt mit den Kunden gestalten.

Tipp 4: Vermitteln Sie Ihren Mitarbeitern auch, dass der zentrale Faktor, der bei Kunden Begeisterung auslöst, das Gefühl ist: „Ich werde als Individuum mit meinen ganz persönlichen Wünschen und Bedürfnissen wahr- und ernstgenommen. Und ich kann mich mit meinen Wünschen und Bedürfnissen diesem Unternehmen/Verkäufer anvertrauen.“ Erarbeiten Sie mit Ihren Mitarbeitern, wie Sie dieses Gefühl Ihren Kunden im Kundenkontakt und Verkaufsgespräch vermitteln – sei es Face-to-face oder per Mail und Telefon. Tipp 5: Wenn Kunden zum Beispiel von einem Fachhändler begeistert sind, dann empfehlen sie diesen Freunden, Verwandten und Bekannten auch eigeninitiativ weiter – sofern diese einen entsprechenden Bedarf haben. Sie können und sollten das Geben von Empfehlungen aber auch stimulieren. Zum Beispiel, indem Sie Kunden, nachdem sie einen größeren Einkauf in Ihrem Geschäft tätigten zwei Gut-

scheine à 5 Euro (nicht einen à 10 Euro) überreichen – beispielsweise mit den Worten: „Ich würde mich freuen, wenn ich Sie in naher Zukunft wieder als Kunde bei uns begrüßen könnte. Deshalb gebe ich Ihnen zwei Gutscheine á 5 Euro. Gerne können Sie einen Gutschein einem Bekannten oder Verwandten schenken.“ Damit erreichen Sie zweierlei. Erstens: Sie arbeiten darauf hin, dass der Kunde Ihr Geschäft bald wieder besucht. Und zweitens: Sie stimulieren ihn, einen Bekannten zu motivieren, Ihr Geschäft ebenfalls aufzusuchen.

Tipp 6:

Bei komplexen Produkten und Dienstleistungen speziell im B2B-Bereich ist das Generieren von Empfehlungen meist schwieriger. Ein zentraler Grund hierfür ist: Die Kunden befürchten, ihre Bekannten könnten sauer sein, wenn zum Beispiel ein von ihnen empfohlener Handwerker beim Einbauen der Heizung oder ein von ihnen empfohlener Betrieb beim Konzipieren der Maschinenanlage „Mist baut“. Entsprechend vorsichtig und zögerlich sind Kunden häufig mit dem Aussprechen von Empfehlungen. Vergewissern Sie sich deshalb, bevor Sie einen Kunden um eine Empfehlung

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Tipp 1:

bitten, stets: Ist der Kunde zu 100 Prozent mit Ihnen und Ihrer Leistung zufrieden? Zum Beispiel, indem Sie den Kunden zunächst direkt fragen: „Sind Sie mit unserer Leistung voll zufrieden?“ Und: „Gibt es Dinge, die wir noch verbessern können?“ Und erst nachdem der Kunde seine 100-prozentige Zufriedenheit artikuliert hat, fragen Sie ihn: „Würden Sie uns auch weiterempfehlen?“ „Ja! Das freut mich! Haben Sie schon eine Person/Organisation im Auge, die ….“

Tipp 7: Drängen Sie zögernde Kunden nie, eine (schriftliche) Empfehlung auszusprechen oder zu formulieren. Denn ihr Zögern zeigt: Sie sind noch unsicher. Fragen Sie sich vielmehr: Warum zögert der Kunde? Und: Was muss/ kann ich noch tun, damit er tatsächlich von uns begeistert ist und/oder gerne eine Empfehlung gibt?

Tipp 8: Sagen Sie Kunden, wenn Sie diese um eine schriftliche Empfehlung bitten, stets, wie Sie diese verwenden möchten. Möchten Sie diese zum Beispiel für jeden sichtbar auf Ihre Webseite stellen oder nur vereinzelt schriftlichen Angeboten beilegen? Je gezielter beziehungsweise selektiver Sie Empfehlungen einsetzen, umso bereitwilliger sind Kunden in der Regel, solche zu geben.

Tipp 9: Beachten Sie: Jede persönliche Empfehlung eines Kunden ist eine Verpflichtung für Sie als Empfehlungsnehmer. Die Empfehlung beinhaltet sozusagen das Versprechen Ihrerseits: „Ich tue alles mir mögliche dafür, » Seite 4


dass Ihr Bekannter oder Verwandter mit meiner Leistung mindestens ebenso zufrieden ist, wie Sie es sind.“ Wenn Sie dieses Versprechen nicht einlösen, ist Ihr Kunde zu Recht verärgert – und Sie haben nicht nur den „neuen“, sondern auch den „alten“ Kunden verloren. Vermitteln Sie dieses Bewusstsein auch Ihren Mitarbeitern.

Tipp 10: Da Kunden gerade bei komplexen Produkten und Dienstleistungen mit dem Formulieren von Empfehlungen eher zurückhaltend sind, sollten Sie hier oft Umwege gehen. Laden Sie zum Beispiel Kunden und Noch-nicht-Kunden zu einer Kundenveranstaltung ein. Dann unterhalten diese sich beim gemeinsamen Kaffee-Trinken und Häppchen-Essen auch darüber, welche Erfahrungen sie bisher mit Ihnen, dem Veranstalter, gesammelt haben. Und hierbei werden viele Empfehlungen ausgesprochen, die Ihnen nie schriftlich gegeben würden.

Tipp 11: Kunden sind „vergesslich“ und „emotional wechselhaft“. Das heißt: Wenn sie heute von Ihnen und Ihrer Leistung begeistert sind, bedeutet das nicht, dass sie dies in zwei, drei Monaten oder gar einem Jahr noch sind. Überlegen Sie sich deshalb, wie Sie dafür sorgen können, dass Ihre Kunden Sie nicht vergessen und Ihnen langfristig emotional gewogen bleiben. Senden Sie ihnen zum Beispiel regelmäßig einen Newsletter mit wertvollen Tipps, wie sie … Und diesen Newsletter dürfen sie selbstverständlich an Freunde und Verwandte weiterleiten. Oder laden Sie sie regelmäßig zu Kundenevents ein, zu denen sie selbstverBILDUNGaktuell 01/2015

ständlich auch Freunde und Verwandte mitbringen dürfen.

Tipp 12: Investieren Sie gerade als Anbieter komplexer Produkte und Dienstleistungen (die in der Regel auch hochpreisig sind und bei denen der Kaufentscheidungsprozess recht lange dauert) viel Zeit und Geld in das Empfehlungsmarketing. Denn wenn Sie und Ihre Leistungen empfohlen werden, sind Sie Ihren Mitbewerbern stets einige Schritte voraus und können den Kaufentscheidungsprozess oft erheblich abkürzen.

Tipp 13:

Hegen Sie jedoch – zumindest wenn Sie mit Ihrem Unternehmen einen Wachstumskurs verfolgen – nicht die Illusion, mit Empfehlungen allein könnten Sie Ihre Auftragsbücher füllen. Dies ist und bleibt meist eine Illusion. Das Empfehlungsmarketing sollte nur eine, wenn auch wichtige Säule in Ihrem Marketingund Vertriebskonzept sein. Daneben sollten Sie und Ihre Mitarbeiter weiterhin die Leistungen Ihres Unternehmens aktiv vermarkten und verkaufen. Dies gilt insbesondere für Newcomer im Markt. Denn wenn noch niemand Erfahrungen mit Ihnen gesammelt hat, kann Sie auch niemand empfehlen. ■ Ingo Vogel ist Verkaufstrainer und gilt als Experte für emotionales Verkaufen und emotionale Kommunikation. Er ist auch Autor des Bestsellers „Top Emotional Selling – Die 7 Geheimnisse der Spitzenverkäufer“.

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ZUKUNFT

LERNEN

Alles VUCA oder was? Wir leben in einer VUCA-Welt. Der Begriff wurde vom U.S.-Militär für besondere Gefechtssituationen geprägt, wird nun aber auch auf die BILDUNGaktuell 01/2015

Wirtschaftswelt übertragen. VUCA steht für „volatile, uncertain, complex, ambiguous“. Volatilität bedeutet hier: Wir wissen, dass sich etwas ändert, Natur, Geschwindigkeit, und Ausmaß des Wandels sind jedoch nicht vorhersehbar. Unsicherheit: Ursache und Wirkung einer Veränderung sind weitgehend bekannt, es ist aber nicht klar, ob sie auch tatsächlich eintritt. Komplexität: Ursache und Wirkung sind unbekannt, und/oder es gibt nicht-lineare, oder sich gegenseitig verstärkende Wirkmechanismen, und/oder es gibt (zeitverzögerte) Neben- und Fernwirkungen. Ambiguität schließlich bedeutet hier, dass zwar zum Teil verstanden wird, was passiert, gleichzeitig aber der größere „Sinn des Ganzen“ im Unklaren bleibt. Die Elemente von VUCA sind überlappend und/oder bedingen sich gegenseitig. Die Attribute können einzeln oder gruppiert auftreten. VUCA heißt im Klartext: „Wir haben null Ahnung, »

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Es wird kolportiert, dass Wissen in der Welt verdoppele sich alle paar Jahre. Das mag aus Sicht eines universellen Beobachters stimmen. Für den einzelnen Menschen erhöht sich allerdings exponentiell das Nicht-Wissen. Es gab Zeiten, da konnte ein Mensch alles wissen, was es als Mensch so zu wissen gibt. Wir aber leben in einer Welt, in der sich selbst fleißige Experten nur noch in einer Unterkategorie einer Unterkategorie ihres Gebietes wirklich gut auskennen. Weil das theoretisch verfügbare Wissen exponentiell wächst, vergrößert sich die Herausforderung, „am Ball zu bleiben“ mit jeder Minute. Das Wachstum des (Nicht-)Wissens ist aber nur ein Teil der Herausforderung.

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Die Welt von morgen, für die wir heute lernen, ist kaum noch vorhersagbar. Scheinbar aktuelles Wissen ist in dem Moment, in dem wir es verarbeiten, schon veraltet. Was Sie dennoch fit für die Zukunft macht, weiß Dr. Nico Rose.

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die Wahrscheinlichkeit, dass sich das zeitnah ändert, geht gegen null – und jetzt lass uns entscheiden, was zu tun ist.“ Wir müssen davon ausgehen, dass VUCA kein vorübergehender Zustand ist. Globalisierung, Digitalisierung, wachsende Kapazität von Prozessoren und damit einhergehende Vernetzung von „allem mit allem“ lassen sich nicht zurückdrehen. Insofern ist es legitim zu fragen, was und wie in einer solchen Welt zu lernen sei, um erfolgreich zu sein. Das „Wie“ ist nicht Gegenstand dieses Artikels; nur so viel: Begriffe wie Curriculum, Bildungskanon und „Lernen auf Vorrat“ haben in einigen Jahren nur noch nostalgischen Wert. Natürlich werden Menschen weiterhin Universitäten besuchen, aber silohafte Fachbereiche und Abschlüsse werden massiv an Bedeutung verlieren. Berufsbezogenes Lernen wird parallel zum bzw. „on the job“ stattfinden. Es wird ad hoc und selbstorganisiert ablaufen; wichtigster Lernpartner sind einerseits intelligente Computer, die noch vor dem Lernenden erkennen, was der Lerner als nächstes Lernen sollte; andererseits weltweite (Online-)Communities, in denen Menschen einander auf Augenhöhe begleiten.

Wer SMARDD ist, gewinnt Bleibt die Frage nach dem Was? Manche behaupten, wir lebten in der Welt der Wissensarbeit. Tatsächlich aber erleben wir seit der Jahrtausendwende den Aufstieg des Nicht-Wissensarbeiters. Diese Menschen arbeiten nicht mit dem Wissen, welches sie besitzen, sondern mit jenem, dass sie sich ad-hoc erarbeiten. Vor diesem Hintergrund prognostiziere BILDUNGaktuell 01/2015

Natürlich werden Menschen weiterhin Universitäten besuchen, aber silohafte Fachbereiche und Abschlüsse werden massiv an Bedeutung verlieren. Dr. Nico Rose ich, dass die folgenden erlernbaren Kompetenzen äußerst wichtig werden, um in der VUCAWelt zu reüssieren. Strategisches Denken und Handeln Obwohl die Welt zunehmend komplexer ist, folgt daraus nicht, dass strategische Weitsicht überflüssig wird. Vom Ende her denken, das große Ganze im Blick behalten – auch: einladende Visionen zu kreieren; dies wird in der VUCA-Welt umso wichtiger. Sklavische Planung hingegen wird praktisch irrelevant. Iteratives Vorgehen, basierend auf flexiblen Zielen, dafür umso zentraler. Hierbei wird der Technik des computergestützten Szenario-Lernens hohe Bedeutung zukommen. Multiperspektivisches Denken und Handeln Einer überkomplexen Welt kann man nicht mit unterkomplexem Handeln begegnen. Projektteams werden divers sein müssen. So, wie es bereits im „Design Thinking“ praktiziert wird, werden immer mehr Fachfremde und „Laien“ in die Problemlösung mit einbezogen. Dies erfordert den Abbau von Hierarchien, Kommunikationsschranken, und Denkverboten.

Agiles Denken und Handeln Wir werden erleben, dass agile Entwicklungstechniken (z.B. Scrum, Rapid Prototyping) über die Softwareentwicklung hinauswachsen. Wird die Welt immer volatiler, müssen auch Großunternehmen wieder ein Stück weit wie Start-ups agieren. Schnelle Strategiewechsel, „auf Sicht fahren“, und Selbstorganisation werden an Bedeutung gewinnen. Dies erfordert den komfortablen Umgang mit neuen Führungsmethoden, z.B. Führung auf Zeit, oder Führung ohne Führungskräfte. Resilienz im Angesicht hoher Ambiguität und Turbulenz Weniger gefühlte Kontrolle im Angesicht von Unsicherheit und unvermeidbaren Rückschlägen erfordern eine hohe psychische Belastbarkeit, ein funktionierendes mentales Immunsystem. Das gilt für Individuen wie auch Organisationen als Ganzes. Resilienz ist jedoch keine festgelegte Eigenschaft, sondern kann trainiert werden, z.B. mit Techniken aus der sogenannten positiven Psychologie. Designzentriertes Denken und Handeln Wenn Produkte qualitativ immer austauschbarer werden, entscheiden Design, emotionale Aktivierung und Nutzerfreundlichkeit über Erfolg und Misserfolg von Produkten und Dienstleistungen. Marktforschung im stillen Kämmerlein wird an Bedeutung verlieren, das frühestmögliche Einbinden verschiedener Nutzergruppen, ebenso Crowd-Sourcing über fast alle Bereiche unternehmerischen Handelns, zum Normalfall.

Datenmodellierung und „methodische Tugend“ In vielen Studiengängen gibt es Vorlesungen zur Methodenlehre und Wissenschaftstheorie. Entsprechende Kompetenzen im Zeitalter von Big Data werden zu neuer Blüte gelangen. Altbekannte Fragen wie „Unter welchen Umständen darf ich in welcher Weise kausale Schlüsse aus meinen Daten ziehen“ werden überlebenswichtig. Besonderes Augenmerk gilt dabei den immer „intelligenteren“ Rechnern. Es wird der Tag kommen, an dem unsere größte Herausforderung darin besteht, zu verstehen, wie und warum selbstlernende Algorithmen auf eine Lösung gekommen sind. Ebenso kann es lange dauern, bis wir solche Lösungen überhaupt verstehen werden. Sich trotzdem intuitiv darauf einzulassen, wird der nächste große Schritt in unserem Verhältnis zur Technik sein. ■ Dr. Nico Rose ist Dipl.-Psychologe und verantwortet das konzernübergreifende Employer Branding der Bertelsmann-Gruppe. Zudem arbeitet er als Coach und Berater und wurde mit dem deutschen „Coaching Award“ ausgezeichnet. Dr. Rose ist Autor des Buches „Lizenz zur Zufriedenheit – Positive Psychologie in der Praxis“ (Junfermann). Dr. Nico Rose hält am 29. Januar 2015 auf der LEARNTEC 2015 den Vortrag „Generation Y: Lernanforderungen für 2020“. Klick! www.excellis.de ÒÒ Klick! www.learntec.de ÒÒ Seite 7


WARUM FÜHRUNGSKRÄFTE JETZT UMDENKEN MÜSSEN

Die Kernaufgabe von Führung lautet: Führungskräfte müssen sicherstellen, dass der ihnen anvertraute Bereich seinen Beitrag zum Erreichen der Unternehmensziele leistet. Daran hat sich in den zurückliegenden Jahrzehnten nichts geändert. Radikal gewandelt haben sich jedoch die Rahmenbedingungen, unter denen Führungskräfte diese Aufgabe wahrnehmen – aufgrund der Veränderungen in den Unternehmen selbst und der Veränderungen, die sich in deren Umfeld vollzogen haben. Und diese Rahmenbedingungen werden sich künftig in noch kürzeren Zeitabständen ändern. Deshalb gelangten in den »

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Mitarbeiter sollen effektiv und flexibel arbeiten. Und die Chefs? Ohne dass sich das Selbstverständnis vieler Führungskräfte ändert, wird es schwierig, die Anforderungen in modernen Unternehmen umzusetzen. Wie es besser geht, weiß Klaus Kissel.


Ebene 1: Selbstführung und Führungsentwicklung Im Kontakt mit Führungskräften stellt man immer wieder fest: Sie stellen an ihre Mitarbeiter Forderungen, die sie selbst nur bedingt erfüllen. Eine dieser Forderung lautet: Die Mitarbeiter sollen ihre Arbeit effektiv und zielführend organisieren – so dass möglichst wenig Zeit und Geld verschwendet wird. Eine weitere Forderung lautet: Die Mitarbeiter sollen sich als Lernende verstehen und regelmäßig reflektieren, inwieweit ihr Vorgehen und Verhalten zielführend ist. Analysiert man jedoch das Verhalten der Führungskräfte, dann registriert man oft: Ihre eigene Fähigkeit und Bereitschaft, ihr Verhalten zu reflektieren und optimieren, ist eher BILDUNGaktuell 01/2015

gering ausgeprägt. Nur selten stellen sie sich Fragen wie: „Trage ich mit meinem Verhalten etwa dazu bei, dass meine Mitarbeiter nicht das gewünschte Arbeitsverhalten und Engagement zeigen? Sie recht unselbstständig agieren? Oder bei ihrer Arbeit nicht die übergeordneten Ziele vor Augen haben und permanent Aufgaben an mich zurückdelegieren? Eine zentrale Ursache hierfür ist: Viele Führungskräfte fordern zwar von ihren Mitarbeitern, bei Bedarf Denk- und Verhaltensroutinen über Bord zu werfen, sie selbst verstehen sich jedoch nicht als Lernende, die ihr Verhalten und Wirken reflektieren und optimieren müssen. Dabei wäre dies nicht nur nötig, um die eigene Performance mit System zu steigern, sondern auch um das entsprechende Verhalten bei den Mitarbeitern auszulösen. Denn nach wie vor haben Führungskräfte eine Vorbildfunktion für ihre Mitarbeiter. Die Fähigkeit zur Selbstreflexion, die wiederum die Voraussetzung für eine Selbstführung und gezielte Selbstentwicklung ist, wird künftig eine Voraussetzung für erfolgreiche Führung sein. Denn wenn die Rahmenbedingungen von Führung sich schneller ändern, müssen sich auch die Führungskräfte häufiger fragen: Erziele ich mit meinem Verhalten noch die gewünschte Wirkung? Und: Ist eine Einstellungs- und Verhaltensänderung nötig, um meine Wirksamkeit – also die Relation von investierter Zeit und Energie und erzielter Wirkung – als Führungskraft zu erhöhen? Denn sonst können Führungskräfte ihr Verhalten nicht steuern. Also geraten sie, da sich die Rahmenbedingungen und somit Anforde- »

Die Fähigkeit und Bereitschaft vieler Führungskräfte, das eigene Verhalten zu reflektieren und zu optimieren, ist eher gering ausgeprägt. Fragen Sie sich manchmal, ob Ihr Verhalten dazu beiträgt, dass Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter das gewünschte Engagement zeigen? Seite 9

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zurückliegenden Jahren viele Unternehmen zur Erkenntnis: Unsere Führungskräfte brauchen ein dynamischeres Führungs(selbst-)verständnis. Und: Sie müssen künftig, ähnlich wie die Mitarbeiter auf der wertschöpfenden Ebene, regelmäßig reflektieren, inwieweit ihr Verhalten (noch) zielführend ist – auch um die Relation Input an Zeit und Energie und Output zu optimieren. Oder anders formuliert: Die Führungskräfte müssen sich fragen, wie sie ihre Wirksamkeit in der Organisation erhöhen können. Das Streben nach einem kontinuierlichen Erhöhen der Wirksamkeit in der Organisation setzt seitens der Führungskräfte ein gewandeltes Selbstverständnis und Verhalten auf drei Ebenen voraus: » Selbstführung und -entwicklung » Mitarbeiterführung und -entwicklung » Teamführung und -entwicklung.


rungen an sie ändern, immer wieder in Situationen, in denen sie an ihre (Belastungs-)Grenzen stoßen – jedoch weniger aufgrund der zu bewältigenden Führungsarbeit, sondern weil ihr Verhalten nicht mehr den Rahmenbedingungen entspricht, was zu überflüssiger Mehrarbeit führt.

Ebene 2: Mitarbeiterführung und -entwicklung Führung ist ein Prozess, der sich zwischen Menschen vollzieht. Daraus folgt: Wenn sich die Mitarbeiter ändern, dann muss sich auch Führung wandeln. Dasselbe gilt, wenn sich zum Beispiel die Arbeitsstrukturen und somit Arbeitsbeziehungen ändern. Auch dann muss sich Führung wandeln. Das ist vielen Führungskräften nicht bewusst. Viele haben zum Beispiel noch nicht ausreichend verinnerlicht, dass sich in den zurückliegenden Jahrzehnten die Lebensstile der Menschen in unserer Gesellschaft stark ausdifferenziert haben. Das heißt: Ihnen sind im Leben und somit auch bei der Arbeit unterschiedliche Dinge wichtig. Zudem akzeptieren sie nicht mehr fraglos Autoritäten, die sie nicht selbst gewählt haben. Deshalb befolgen gerade hochqualifizierte und entsprechend selbstbewusste Mitarbeiter nicht mehr blind die Anweisungen von Vorgesetzten. Sie hinterfragen vielmehr mehr oder minder offen deren Anordnungen und Entscheidungen. Zumindest wollen sie eine in ihren Augen plausible Erklärung haben, warum aus deren Warte gewisse Dinge nötig sind. Für die Führungskräfte bedeutet dies: Sie müssen mehr und anders als früher mit ihren MitBILDUNGaktuell 01/2015

Je flacher die Hierarchie in einem Unternehmen ist und je vernetzter, zum Beispiel aufgrund der Komplexität der Aufgaben, die Strukturen in ihm sind, umso stärker wird die Leistung im Team erbracht. Klaus Kissel arbeitern kommunizieren. Statt einem Erteilen von Anweisungen top-down ist heute ein Einbeziehen der Mitarbeiter in die Entscheidungsprozesse und eine Kommunikation mit ihnen auf Augenhöhe nötig. Und wenn dies nicht möglich ist? Dann müssen die Führungskräfte zumindest akzeptieren, dass ihre Mitarbeiter außer ihren Entscheidungen auch ihr Verhalten hinterfragen – ebenso wie sie dies umgekehrt häufig bei Mitarbeitern tun. Ein verändertes Führungsverhalten ist auch nötig, weil eine zentrale Forderung an die Mitarbeiter lautet: Sie sollen ihre Aufgaben weitgehend eigenständig und -verantwortlich erfüllen. Das setzt voraus, dass die Führungskräfte ihren Mitarbeitern die nötigen Entscheidungsund Handlungsspielräume gewähren; des Weiteren, dass sie die Kompetenz der Mitarbeiter entwickeln, diese professionell zu nutzen. Denn nur dann können sie im Betriebsalltag die Aufgaben loslassen und zur weitgehend eigenständigen Bearbeitung an ihre Mitarbeiter delegieren – was zu einer Entlastung der Führungskräfte führt. Die gewonnene Zeit? Diese sollten die Füh-

rungskräfte für ein sinnstiftendes Kontrollieren und Feedbackgeben nutzen statt, wie heute oft üblich, nur defizitorientiert dort zu kontrollieren, wo sie Fehler vermuten. Denn insbesondere in Bürojobs leiden auch die guten Mitarbeiter heute häufig darunter, dass sie abends oder am Monatsende nicht wissen, welchen Beitrag sie tagsüber oder im Verlauf des Monats zum Erreichen der Ziele des Unternehmens geleistet haben. Diesen Sinn-Zusammenhang über die reinen Zahlen hinaus ihren Mitarbeitern zu vermitteln, ist heute auch eine Aufgabe von Führung.

Ebene 3: Teamführung und -entwicklung Je flacher die Hierarchie in einem Unternehmen ist und je vernetzter, zum Beispiel aufgrund der Komplexität der Aufgaben, die Strukturen in ihm sind, umso stärker wird die Leistung im Team erbracht. Das heißt: Die einzelnen Mitarbeiter sind beim Erledigen ihrer Aufgaben auf die Kooperation mit und Zuarbeit von Kollegen angewiesen. Und: Je besser die Zusammenarbeit funktioniert, umso höher ist die (gemeinsame) Performance. Also lautet eine zentrale Aufgabe von Führung nicht nur die einzelnen Mitarbeiter zu entwickeln, sondern auch die erforderlichen Rahmenbedingungen und Strukturen zu schaffen, damit Teamarbeit funktioniert. Eine Grundvoraussetzung hierfür ist, dass die Führungskraft mit den Mitarbeitern, gerade weil diese so verschieden sind, eine gemeinsame Vision entwickelt, welche Ziele bei der Arbeit zu erreichen sind, und von welchen Maximen und Wertmaßstäben sie sich bei der (Zu-

sammen-)Arbeit leiten lassen. Denn nur dann können die Mitarbeiter das „Silo-Denken“ überwinden und ihre Aktivitäten so aufeinander abstimmen, dass die übergeordneten Unternehmensziele erreicht werden. Eine zentrale Aufgabe von Führung ist es auch, im Betriebsalltag Foren und Systeme zu installieren, die sicherstellen, dass die Mitarbeiter gemeinsam ihre (Zusammen-)Arbeit reflektieren, um Optimierungsmöglichkeiten zu identifizieren. Denn nur dann kann das Streben nach Verbesserung als stabiler Prozess in ihrem Bereich verankert werden, so dass sich das Team allmählich zu einem High-Performance-Team entwickelt, das nach kontinuierlicher Verbesserung strebt – und zwar weitgehend eigenverantwortlich und -ständig, was auch die Führungskraft entlastet. Das heißt, statt mit routinemäßig wiederkehrenden Aufgaben im Betriebsalltag, und seien diese noch so komplex, kann sich die Führungskraft zunehmend mit Fragen befassen, die den Bereich und das Unternehmen mittel- und langfristig nach vorne bringen. Das heißt wiederum: Statt Managementaufgaben und solchen klassischen Führungsaufgaben wie Anweisen und Kontrollieren nimmt die Führungskraft zunehmend Leadership-Aufgaben wahr. ■ Klaus Kissel ist Geschäftsführer des ifsm Institut für Sales- und Managementberatung. Er ist Autor des Buchs „Das Prinzip der minimalen Führung“. Einmal pro Jahr startet ifsm eine offene Ausbildung zu diesem Thema. Klick! www.ifsm-online.com ÒÒ Seite 10


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