Ulrich Riedel | Jüngst / Recently

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ulrich riedel j端ngst / recently


Die Umkehrung der benachbarten Anordnung Zu Ulrich Riedels Arbeiten der letzten Jahre „Ein Gotteseinfall. Eine Idee mit Hörnern. Sie sah demjenigen ähnlich, von dem sie kam, dem Unsichtbaren und Geistigen, dessen die Welt war und der Herr auf Erden war allenthalben So probierte denn Mose feurigen Kopfes in loser Anlehnung an die Marken der Sinaileute Zeichen aus an der Felswand für die lallenden, prallenden und knallenden, die zischenden und gischenden, schnurrenden und murrenden Laute mit seinem Stichel, und als er die Sigel in einer gewissen Gefälligkeit wohl unterschieden beisammen hatte sieh, da konnte man die ganze Welt damit schreiben, das, was da Raum einnahm, und was keinen Raum einnahm, das Gemachte und das Gedachte, reinweg alles.“1 Es ist nicht bekannt, ob Ulrich Riedel von derselben unbändigen Freude über seine Erfindung einer besonderen Form des Alphabets erfasst wurde wie der Moses in Thomas Manns alttestamentarischer Erzählung. Das zu thematisieren ist er wohl nicht der Typ – schliesslich schuf er anlässlich seiner Ernennung zum Meisterschüler in der Klasse Tony Cragg/ Florian Slotawa eine Arbeit mit dem Titel ICH HABE NICHTS ZU SAGEN/ I HAVE NOTHING TO SAY. Diese Verweigerungshaltung gegenüber dem Wunsch des Publikums nach persönlichem Ausdruck und authentischem Zeugnis stellt Riedel nicht zufällig in die Tradition der konkreten Kunst und Minimal Art, die sich diesen Forderungen ebenfalls entzog. So teilen Riedels Arbeiten mit der konkreten und minimalistischen Kunst denn auch neben der der Verwendung quasi-industrieller Herstellungsverfahren zur Reduktion von persönlicher Handschrift die modulare Gestaltung und Serialität. Gemeinsam ist den Arbeiten auch ein klares, rationales und vermittelbares Regelwerk als Grundlage, welches sie von der intuitiven Gestaltung expressiver Tendenzen abhebt.

Mann, Thomas: „Das Gesetz“, in: ders.: Sämtliche Erzählungen, Frankfurt am Main 1963, S. 642–696, S. 687f.

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Zweck dieses Regelwerks war und ist bei den Vertretern der konkreten Kunst ein eminent pädagogischer Impetus. So sprach der ehemalige Bauhauslehrer Josef Albers (1888-1976) angesichts der Divergenz von Wissen und Wahrnehmung im Falle seiner 1950 begonnenen, umfangreichen Serie der „Homage to the Square“ von „Factual Fact“ und „Actual Fact“: Wir wissen zwar, dass die Bilder dieser Serie aus mehreren ineinander geschachtelten, quadratischen Farbfeldern bestehen („Factual Fact“); dennoch erscheint es uns, als schwebten die unterschiedlich farbigen Quadrat in räumlicher Distanz voreinander („Actual Fact“). Das Ziel dieser Unterscheidung war es, die Bedingtheit unserer Wahrnehmung durch die physiologisch-psychologische Wirkung der Farben zu verdeutlichen. Auch weisen Riedels Werke eine Nähe zu Design und Produktgestaltung auf, wie man sie beispielsweise im Schaffen des Konkreten Max Bill (1908-1994) und des Minimalisten Donald Judd (1928-1994) findet. Beide scheuten sich nicht, neben ihrem bildkünstlerischen und plastischen Werk auch Gebrauchsgegenstände zu schaffen, die ihre künstlerischen Vorstellungen unmittelbar in den Alltag tragen sollten und damit zur modernen Utopie einer Gestaltung der gesamten Lebenswelt gehören. Entsprechend konnte Ulrich Riedel bei seinem Lehrer Tony Cragg lernen, dass Ornament kein Verbrechen ist, und wurde bei Florian Slotawa im entspannten Umgang mit Alltagsprodukten und ihren skurrilen Abkömmlingen in dessen Werken geschult. Doch als Kind seiner Zeit – gewissermassen Ur-Enkel von Max Bill – wird Riedel nur mehr bedingt von pädagogischem Eros und sozialreformerischem Anspruch umgetrieben. Denn die Ideen der Avantgarde vom Künstler als allwissendem Heiler und voranmarschierendem Revolutionär sind in die Jahre gekommen, und die Suche nach der guten Form für die breite Masse ist längst keine Domäne der Künstler mehr, sondern wird von Designern und Marketingfachleuten zur Absatzsteigerung betrieben. Riedel verwendet die aufgeführten Vorgaben denn auch anders als seine Vorgänger nicht für formale Analysen oder solche des Sehaktes, sondern für die Untersuchung von sozialen Konventionen der digitalen Gesellschaft, ihrer Produkte und deren Heilsversprechen.


So thematisierte die 2010 entstandene Arbeit S M L XL das reduzierte Design des auch im Kunstbereich allgegenwärtigen Statussymbols Laptop. Anders als beispielsweise bei Automobilen, wo demonstrativer Konsum durch Elemente wie Spoiler etc. dem Besitzer einen Statusgewinn bringen soll, ist in der Computerbranche die Gestaltung inzwischen auf einem Standard angelangt, gemäß dem gerade das Schmucklose, Reduzierte, durch die Farbe Weiß oder unbearbeitet erscheinendes Metall sich selbst bis zum Verschwinden Bringende das Gesuchte ist. Dementsprechend sind Riedels vier Reliefobjekte den Titel gebenden Größenangaben S, M, L, XL zum Trotz völlig identisch – eine vermeintlich demokratische Gleichheit, die Vorstellungen vom besonderen Künstlerindividuum obsolet erscheinen lässt, der aber in Wahrheit die teuer zu bezahlenden Unterschiede in der Leistungsfähigkeit der Computer Hohn sprechen. Andere Regelwerke sind bei Riedel basiert auf Schrift als Informationsmedium; hierfür entwickelte er einen Code aus der simplen Form eines in Gehrung angeschnitten quadratischen oder rechteckigen Vierkantstabes. Dieser Vierkantstab steht je nach Wendung des Anschnittes und Länge des Stabes für einen Buchstaben des Alphabetes. Dass es dabei nicht um eine esoterische Geheimschrift geht, zeigt, dass neben den so entstehenden Reliefs jeweils die Schrifttafel mit dem entsprechenden Text zu sehen ist. Nur wird der Betrachter die Elemente nicht gleich als unterschiedliche Erscheinungsformen derselben Information identifizieren. Hat er dies getan, so wird seine Aufmerksamkeit automatisch auf das Faktum der Information selbst gelenkt. Diese beruht im digitalen Zeitalter samt und sonders auf einfachsten Grundelementen wie + und -, ja und nein, 0 und 1 etc., wie auch in Riedels kinetischer Arbeit ME – WE der Wechsel vom Ich zum Wir nur einer 180° Drehung des ersten Buchstabens bedarf.

Arbeit zugrunde liegt, ein Pangramm, also ein Satz, in dem jeder Buchstabe des Alphabets vorkommt. Der Text SATOR AREPO TENET OPERA ROTAS hingegen ist ein Satzpalindrom, das man als magisches Quadrat vorwärts und rückwärts, horizontal und vertikal lesen kann. Die Gestalt dieser Sätze ist demnach ihrem Inhalt gegenüber mindestens gleichrangig. In ihrer tautologischen Geschlossenheit gleichen sie den Kippfiguren, die Riedel immer wieder – so beispielsweise in Eigenheimwand, 2010, oder Coco und Igor, 2011 – verwendet. Derartige Umschlagmuster, also Muster, die immer wieder zwischen den verschiedenen Figur-Grund-Verteilungen hin- und herkippen, gehören zu den bevorzugten Themen der modernen Kunst, wie sich beispielsweise an Josef Albers’ Variationen zum sogenannten „Neckerschen Würfel“2 zeigen lässt. Diese optisch reichen Muster, bei denen jeder Anteil zugleich Figur und Grund ist und jede Linie zugleich nach aussen und innen Randwirkung hat, sind die Basis aller Ornamentik. Sie irritieren bewusst die unwillkürliche, „Ordnung“ stiftende Orientierung, welche zum Beispiel Bäume und ihr symmetrisches Spiegelbild im Wasser gegen jede Vernunft zu einer Einheit zusammenschliesst oder getarnte Dinge verschwinden lässt, obwohl sie doch da sind.3 Diese Fähigkeit der Umschlagmuster macht sie auch für zeitgenössische Künstler wie Riedel höchst attraktiv. Denn sie können als Beleg für die Einsicht gelten, dass es keine „richtige“ Sicht im Einklang mit der Natur des Sehens und des Sichtbaren gibt, keine unter der irrationalen Oberfläche der sichtbaren Realitäten liegende Rationalität.4 In der Vermittlung dieser Erkenntnis liegen denn wohl auch Grund und Sinn für Ulrich Riedels eingangs konstatierte Verweigerungshaltung. Dr. Heinz Stahlhut

Diese Indifferenz gegenüber den Inhalten der Sätze zeigt sich daran, dass sie entweder wie bei ICH HABE NICHTS ZU SAGEN/ I HAVE NOTHING TO SAY das Vorhandensein einer Botschaft von vornherein ausschliessen. Andere erscheinen auf den ersten Blick zwar semantisch gefüllt, aber erweisen sich bei näherem Hinsehen als Konstrukte, deren Schwerpunkt in der Syntax liegt. So ist der Satz THE QUICK BROWN FOX JUMPS OVER THE LAZY DOG, dem die gleichnamige

Beim Neckerschen Würfel handelt es sich um eine Würfelzeichnung, bei der alle Kanten gleich stark ausgezogen sind. Je nachdem, wohin der Betrachter seine Aufmerksamkeit lenkt, erscheinen bald die einen, bald die anderen Kanten als die vorderen. Der Neckersche Würfel ist eine Kippfigur und ein Beispiel für umkehrbare perspektivische Täuschungen 3 Merleau-Ponty, Maurice: „Das Kino und die neue Psychologie“ (1945), in: ders.: Sinn und Nicht-Sinn, München 2000, S. 65–83, S. 66. 4 Meyer, Christian: „Wahrnehmung und relative Blindheit“, in: Bildlicht. Malerei zwischen Material und Immaterialität, hrsg. von Wolfgang Drechsler und Peter Weibel, Ausst.Kat. Museum des 20. Jahrhunderts Wien, Wien 1991, S. 21–37, S. 24ff. 1


„Ein Gotteseinfall. Eine Idee mit Hörnern. Sie sah demjenigen ähnlich, von dem sie kam, dem Unsichtbaren und Geistigen, dessen die Welt war und der Herr auf Erden war allenthalben So probierte denn Mose feurigen Kopfes in loser Anlehnung an die Marken der Sinaileute Zeichen aus an der Felswand für die lallenden, prallenden und knallenden, die zischenden und gischenden, schnurrenden und murrenden Laute mit seinem Stichel, und als er die Sigel in einer gewissen Gefälligkeit wohl unterschieden beisammen hatte sieh, da konnte man die ganze Welt damit schreiben, das, was da Raum einnahm, und was keinen Raum einnahm, das Gemachte und das Gedachte, reinweg alles.“1 Es ist nicht bekannt, ob Ulrich Riedel von derselben unbändigen Freude über seine Erfindung einer besonderen Form des Alphabets erfasst wurde wie der Moses in Thomas Manns alttestamentarischer Erzählung. Das zu thematisieren ist er wohl nicht der Typ – schliesslich schuf er anlässlich seiner Ernennung zum Meisterschüler in der Klasse Tony Cragg/ Florian Slotawa eine Arbeit mit dem Titel ICH HABE NICHTS ZU SAGEN/ I HAVE NOTHING TO SAY. Diese Verweigerungshaltung gegenüber dem Wunsch des Publikums nach persönlichem Ausdruck und authentischem Zeugnis stellt Riedel nicht zufällig in die Tradition der konkreten Kunst und Minimal Art, die sich diesen Forderungen ebenfalls entzog. So teilen Riedels Arbeiten mit der konkreten und minimalistischen Kunst denn auch neben der der Verwendung quasi-industrieller Herstellungsverfahren zur Reduktion von persönlicher Handschrift die modulare Gestaltung und Serialität. Gemeinsam ist den Arbeiten auch ein klares, rationales und vermittelbares Regelwerk als Grundlage, welches sie von der intuitiven Gestaltung expressiver Tendenzen abhebt. Zweck dieses Regelwerks war und ist bei den Vertretern der konkreten Kunst ein eminent pädagogischer Impetus. So sprach der ehemalige Bauhauslehrer Josef Albers (1888-1976) angesichts der Divergenz von Wissen und Wahrnehmung im Falle seiner 1950 begonnenen,

Mann, Thomas: „Das Gesetz“, in: ders.: Sämtliche Erzählungen, Frankfurt am Main 1963, S. 642–696, S. 687f.

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umfangreichen Serie der „Homage to the Square“ von „Factual Fact“ und „Actual Fact“: Wir wissen zwar, dass die Bilder dieser Serie aus mehreren ineinander geschachtelten, quadratischen Farbfeldern bestehen („Factual Fact“); dennoch erscheint es uns, als schwebten die unterschiedlich farbigen Quadrat in räumlicher Distanz voreinander („Actual Fact“). Das Ziel dieser Unterscheidung war es, die Bedingtheit unserer Wahrnehmung durch die physiologisch-psychologische Wirkung der Farben zu verdeutlichen. Auch weisen Riedels Werke eine Nähe zu Design und Produktgestaltung auf, wie man sie beispielsweise im Schaffen des Konkreten Max Bill (1908-1994) und des Minimalisten Donald Judd (1928-1994) findet. Beide scheuten sich nicht, neben ihrem bildkünstlerischen und plastischen Werk auch Gebrauchsgegenstände zu schaffen, die ihre künstlerischen Vorstellungen unmittelbar in den Alltag tragen sollten und damit zur modernen Utopie einer Gestaltung der gesamten Lebenswelt gehören. Entsprechend konnte Ulrich Riedel bei seinem Lehrer Tony Cragg lernen, dass Ornament kein Verbrechen ist, und wurde bei Florian Slotawa im entspannten Umgang mit Alltagsprodukten und ihren skurrilen Abkömmlingen in dessen Werken geschult. Doch als Kind seiner Zeit – gewissermassen Ur-Enkel von Max Bill – wird Riedel nur mehr bedingt von pädagogischem Eros und sozialreformerischem Anspruch umgetrieben. Denn die Ideen der Avantgarde vom Künstler als allwissendem Heiler und voranmarschierendem Revolutionär sind in die Jahre gekommen, und die Suche nach der guten Form für die breite Masse ist längst keine Domäne der Künstler mehr, sondern wird von Designern und Marketingfachleuten zur Absatzsteigerung betrieben. Riedel verwendet die aufgeführten Vorgaben denn auch anders als seine Vorgänger nicht für formale Analysen oder solche des Sehaktes, sondern für die Untersuchung von sozialen Konventionen der digitalen Gesellschaft, ihrer Produkte und deren Heilsversprechen. So thematisierte die 2010 entstandene Arbeit S M L XL das reduzierte Design des auch im Kunstbereich allgegenwärtigen Statussymbols Laptop. Anders als beispielsweise bei Automobilen, wo demonstrativer


Konsum durch Elemente wie Spoiler etc. dem Besitzer einen Statusgewinn bringen soll, ist in der Computerbranche die Gestaltung inzwischen auf einem Standard angelangt, gemäß dem gerade das Schmucklose, Reduzierte, durch die Farbe Weiß oder unbearbeitet erscheinendes Metall sich selbst bis zum Verschwinden Bringende das Gesuchte ist. Dementsprechend sind Riedels vier Reliefobjekte den Titel gebenden Größenangaben S, M, L, XL zum Trotz völlig identisch – eine vermeintlich demokratische Gleichheit, die Vorstellungen vom besonderen Künstlerindividuum obsolet erscheinen lässt, der aber in Wahrheit die teuer zu bezahlenden Unterschiede in der Leistungsfähigkeit der Computer Hohn sprechen.

Quadrat vorwärts und rückwärts, horizontal und vertikal lesen kann. Die Gestalt dieser Sätze ist demnach ihrem Inhalt gegenüber mindestens gleichrangig. In ihrer tautologischen Geschlossenheit gleichen sie den Kippfiguren, die Riedel immer wieder – so beispielsweise in Eigenheimwand, 2010, oder Coco und Igor, 2011 – verwendet. Derartige Umschlagmuster, also Muster, die immer wieder zwischen den verschiedenen Figur-Grund-Verteilungen hin- und herkippen, gehören zu den bevorzugten Themen der modernen Kunst, wie sich beispielsweise an Josef Albers’ Variationen zum sogenannten „Neckerschen Würfel“2 zeigen lässt. Diese optisch reichen Muster, bei denen jeder Anteil zugleich Figur und Grund ist und jede Linie zugleich nach aussen und innen Randwirkung hat, sind die Basis aller Ornamentik. Sie irritieren bewusst die unwillkürliche, „Ordnung“ stiftende Orientierung, welche zum Beispiel Bäume und ihr symmetrisches Spiegelbild im Wasser gegen jede Vernunft zu einer Einheit zusammenschliesst oder getarnte Dinge verschwinden lässt, obwohl sie doch da sind.3

Andere Regelwerke sind bei Riedel basiert auf Schrift als Informationsmedium; hierfür entwickelte er einen Code aus der simplen Form eines in Gehrung angeschnitten quadratischen oder rechteckigen Vierkantstabes. Dieser Vierkantstab steht je nach Wendung des Anschnittes und Länge des Stabes für einen Buchstaben des Alphabetes. Dass es dabei nicht um eine esoterische Geheimschrift geht, zeigt, dass neben den so entstehenden Reliefs jeweils die Schrifttafel mit dem entsprechenden Text zu sehen ist. Nur wird der Betrachter die Elemente nicht gleich als unterschiedliche Erscheinungsformen derselben Information identifizieren. Hat er dies getan, so wird seine Aufmerksamkeit automatisch auf das Faktum der Information selbst gelenkt. Diese beruht im digitalen Zeitalter samt und sonders auf einfachsten Grundelementen wie + und -, ja und nein, 0 und 1 etc., wie auch in Riedels kinetischer Arbeit ME – WE der Wechsel vom Ich zum Wir nur einer 180° Drehung des ersten Buchstabens bedarf.

Diese Fähigkeit der Umschlagmuster macht sie auch für zeitgenössische Künstler wie Riedel höchst attraktiv. Denn sie können als Beleg für die Einsicht gelten, dass es keine „richtige“ Sicht im Einklang mit der Natur des Sehens und des Sichtbaren gibt, keine unter der irrationalen Oberfläche der sichtbaren Realitäten liegende Rationalität.4 In der Vermittlung dieser Erkenntnis liegen denn wohl auch Grund und Sinn für Ulrich Riedels eingangs konstatierte Verweigerungshaltung. Heinz Stahlhut

Diese Indifferenz gegenüber den Inhalten der Sätze zeigt sich daran, dass sie entweder wie bei ICH HABE NICHTS ZU SAGEN/ I HAVE NOTHING TO SAY das Vorhandensein einer Botschaft von vornherein ausschliessen. Andere erscheinen auf den ersten Blick zwar semantisch gefüllt, aber erweisen sich bei näherem Hinsehen als Konstrukte, deren Schwerpunkt in der Syntax liegt. So ist der Satz THE QUICK BROWN FOX JUMPS OVER THE LAZY DOG, dem die gleichnamige Arbeit zugrunde liegt, ein Pangramm, also ein Satz, in dem jeder Buchstabe des Alphabets vorkommt. Der Text SATOR AREPO TENET OPERA ROTAS hingegen ist ein Satzpalindrom, das man als magisches

Beim Neckerschen Würfel handelt es sich um eine Würfelzeichnung, bei der alle Kanten gleich stark ausgezogen sind. Je nachdem, wohin der Betrachter seine Aufmerksamkeit lenkt, erscheinen bald die einen, bald die anderen Kanten als die vorderen. Der Neckersche Würfel ist eine Kippfigur und ein Beispiel für umkehrbare perspektivische Täuschungen 3 Merleau-Ponty, Maurice: „Das Kino und die neue Psychologie“ (1945), in: ders.: Sinn und Nicht-Sinn, München 2000, S. 65–83, S. 66. 4 Meyer, Christian: „Wahrnehmung und relative Blindheit“, in: Bildlicht. Malerei zwischen Material und Immaterialität, hrsg. von Wolfgang Drechsler und Peter Weibel, Ausst.Kat. Museum des 20. Jahrhunderts Wien, Wien 1991, S. 21–37, S. 24ff. 1




















132/II

makrokristallin

2007 | gebeiztes Holz | stained wood

2011 | lackiertes Holz | lacquered wood

55 x 60 x 50 cm

20 x 15 x 13 cm; 40 x 30 x 26 cm; 80 x 60 x 52 cm; 160 x 120 x 104 cm

s m l xl

Ich sage ja immer, bei ( … ) Symmetrie fängt das Kunsthandwerk an.

2010 | beschichteter Stahl, Acrylglas, Lichttechnik | coated steel, acrylic glass, light

2011 | Ahornholz | maple wood

45 x 247 x 8 cm, vierteilig | four pieces

30 x 30 x 30 cm

me/we

Coco & Igor

2010-11 | beschichteter Stahl, Aluminium, Motor (1 rpm), Zeitschaltuhr | coated

2011 | geöltes Buchenholz | oiled beech wood

steel, aluminum, motor (1 rpm), timer clock

200 x 210 x 30 cm, je sieben Teile | seven pieces each

18 x 18 x 5 cm, Edition 7+1

Ich habe nichts zu sagen. I have nothing to say.

The quick brown fox jumps over the lazy dog. (270°)

2009 | lackiertes Holz, Acrylglas, Lichttechnik | lacquered wood, acrylic glass, light

2011 | Ahornholz, Acrylglas, Folienplot | maple wood, acrylic glass, film plot

133 x 345 x 210 cm, vierteilig | four pieces

35 x 21 x 20 cm & 35 x 21 x 1 cm, zweiteilig | two pieces

DOIMI EPMAM OTOXO (DEO OPTIMO MAXIMO)

schwarzaufweiß

2009 | lackiertes Holz, vergoldetes Kupferblech, Stahl, Acrylglas, Lichttechnik | lacquered

2011 | lackiertes Holz, Acrylglas, Lichttechnik | lacquered wood, acrylic glass, light

wood, gold plated copper sheet, steel, acrylic glass, light

50 x 163 x 175 cm, zweiteilig | two pieces

200 x 160 x 110 cm, zweiteilig | two pieces

Der Sämann Arepo (Sator Arepo)

Gott sei Dank.

2010 | beschichtetes Furniersperrholz | coated veneer ply wood

2011 | geöltes Holz, vergoldetes Kupferblech, Acrylglas, Folienplot | oiled wood,

100 x 380 x 110 cm, dreiteilig | three pieces

gold plated copper sheet, acrylic glass, film plot 40 x 48 x 96 cm & 40 x 48 x 24 cm, zweiteilig | two pieces

Taegukki

Ich traeume jetzt.

2009 | Holz, Acrylglas, Inkjektprint, Lichttechnik | wood, acrylic glass, inkjet print, light

2011 | geöltes Eichenholz, Folienplot | oiled oak wood, film plot

40 x 240 x 120 cm, dreiteilig | three pieces

12 x 100 x 24 cm, zweiteilig | two pieces

Eigenheimwand

zwei hoch neunundneunzig

2010 | geöltes Birkenholz | oiled birch wood

2012 | geöltes Birkenholz | oiled birch wood

275 x 285 x 22 cm, siebzigteilig | seventy pieces

330 x 340 x 12 cm, 99 + 1 Teile | 99 + 1 pieces

Ein Doppelhaus und seine vier halben Doppelhaushälften

633825300114114700748351602688

2009 – 11 | lackiertes MDF, Acrylglas mit Inkjetprint, Lichttechnik | lacquered MDF, acrylic

2012 | geöltes Gabunholz | oiled gabun wood

glass with inkjet print, light

88 x 120 x 40 cm

Größe variabel | variable dimension, siebenteilig | seven pieces


Ulrich Riedel ist 1979 in Berlin geboren, wo er lebt und arbeitet.

Ulrich Riedel was born in Berlin, where he lives and works, in 1979.

Ausbildung

Education

2001–02 Studium der Philosophie und Kunstgeschichte, Humboldt-Universität zu Berlin

2001–02

Studied Philosophy and History of Art, Humboldt-Universität zu Berlin

2002–07 Studium der Bildenden Kunst bei Michael Schoenholtz, Tony Cragg, Florian Slotawa und David Evison,

2002–07

Studied Fine Arts with Michael Schoenholtz, Tony Cragg, Florian Slotawa and David Evison,

Universität der Künste, Berlin

Universität der Künste, Berlin

2006 Sokrates Stipendiat, Sydney College of Fine Arts, Australien

2006

Socrates awardee, Sydney College of Fine Arts, Australia

2007 Absolvent der Klasse Tony Cragg

2007

Graduate class of Tony Cragg

2007-11 Studium des Lehramts Großfach Bildende Kunst

2007-11

Studied teaching post Großfach Bildende Kunst

2006–11 Tutor der Metallwerkstatt der UdK

2006–11

tutor work shop/ metal, UdK

2007–11 Tutor der Holzwerkstatt der UdK

2007–11

tutor work shop/ wood, UdK

2008–09 Meisterschülerjahr

2008–09

master class with Tony Cragg/ Florian Slotawa

2009 Ernennung zum Meisterschüler der Klasse Tony Cragg/ Florian Slotawa

2009

nomination master student

2011 Studienabschluss an der Universität der Künste Berlin; Erstes Staatsexamen

2011

degree at Universität der Künste Berlin; state examination

Einzel- und Doppelausstellungen (Auswahl)

Selected Solo and Double Exhibitions

2012 tiefen und höhen, Kunstverein Würzburg

2012

tiefen und höhen, Kunstverein Würzburg

2012 zweihochneunundneunzig, Berlin Art Projects

2012

zweihochneunundneunzig, Berlin Art Projects Gallery, Berlin

2011 schwarzaufweiß, Galerie Frey, Wien

2011

chwarzaufweiß, Frey Gallery, Vienna

– Translations, mit Yasam Sasmazer, Gesellschaft für Bildende Kunst Trier e. V.

Translations, with Yasam Sasmazer, Gesellschaft für Bildende Kunst Trier e. V.

2010 me/we, Berlin Art Projects, Berlin

2010

me/we, Berlin Art Projects Gallery, Berlin

2006 Uphigher, Sydney College of Fine Arts, Sydney, Australien

2006

Uphigher, Sydney College of Fine Arts, Sydney, Australia

Gruppenausstellungen (Auswahl)

Selected Group Exhibitions

2011 Art VS Disseny Disseny VS Art, Lluc Fluxa, Palma de Mallorca

2011

Art VS Disseny Disseny VS Art, Lluc Fluxa, Palma de Mallorca

– Folge der Generationen, Motorenhalle, Dresden

Folge der Generationen, Motorenhalle, Dresden

2009 DOMGOLD, Berliner Dom, Berlin

2009

DOMGOLD, Berliner Dom, Berlin

2007 Wish you were here, Meisterschülerausstellung, UdK, Berlin

2007

Wish you were here, Meisterschülerausstellung, UdK, Berlin

– I like to move it, Heidestraße 50, Berlin

I like to move it, Heidestraße 50, Berlin

2004 Von Stein bis Styropor, Koreanische Botschaft, Berlin

2004

Von Stein bis Styropor, Koreanische Botschaft, Berlin


Neuer Arbeitsraum | New working space


Berlin Art Projects GmbH & Co. KG Mehringdamm 33, 10961 Berlin www.berlinartprojects.de

Text: Dr. Heinz Stahlhut Redaktion: Anna v. Bodungen, Ulrich Riedel Fotos: Bernd Borchardt Gestaltung : Christine Gehrke Produktion: XXX Auflage: XXX Juni 2012 ISBN?

Š Berlin Art Projects / Ulrich Riedel


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