Handelszeitung Special Standort Liechtenstein

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| 21. Januar 2016

Special

Standort Liechtenstein

Ländle 4.0 Industrie als Standortvorteil Seite 9 Adrian Hasler Liechtensteins Regierungschef über den Finanzplatz und die Innovationsförderung. Seite 5

Michael Hilti Der Verwaltungsrat des grössten Konzerns über die Vorzüge des sechstkleinsten Staates. Seite 21


Der Wirtschaftsstandort Stabil und schuldenfrei Ein AAA-Wirtschaftsstandort

Nur wenige Staaten sind schuldenfrei. Liechtenstein ist einer davon. Politische Kontinuität,

solide Finanzpolitik und grosse Kapitalkraft der

öffentlichen Hand überzeugen – auch die Analysten von Standard & Poor’s, die das Fürstentum 2015 wieder mit dem AAA-Rating auszeichneten.

Breit diversifiziert Ein unerwartet starker Industriestandort

Liechtenstein ist bekannt für seinen spezia-

lisierten, international stark vernetzten und stabilen Finanzplatz. Doch auch der hohe

Industrialisierungsgrad darf mit Stolz betont

werden. 40 % der Bruttowertschöpfung und 39 % der Arbeitsplätze entfallen auf Industrie und warenproduzierendes Gewerbe.

Gut vernetzt Inmitten von zwei Wirtschaftsräumen

Liechtenstein ist international sehr gut ver-

netzt. Die Zollunion mit der Schweiz und die

Mitgliedschaft im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) bieten beste Voraussetzungen

für ansässige Exportunternehmen. Als EFTA-

Mitglied profitiert das Fürstentum zudem von

einem der grössten Netzwerke an abgeschlossenen Freihandelsabkommen.

Liechtenstein Marketing Alles zum Wirtschaftsstandort Liechtenstein www.liechtenstein-business.li

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special standort liechtenstein

Der unbekannte Wirtschaftsnachbar

Impressum Der Magazin-Special «Standort Liechtenstein» ist eine redaktionelle Beilage der «Handelszeitung». Gesamtverantwortung Norman C. Bandi, Roberto Stefano Redaktionelle Mitarbeit Katrin Bachofen, Christian Hausmann, Dominique Jakob, Mélanie Knüsel-Rietmann, Daniel Küng, Pirmin Schilliger, Vera Sohmer, Klaus Tschütscher, Denise Weisflog, Robert Wildi Chefredaktor Stefan Barmettler Stv. Chefredaktor Marcel Speiser Ressortleitung Norman C. Bandi Stv. Ressortleitung Roberto Stefano Layout Roger Cavalli Korrektorat Urs Bochsler, Beat Koch Adresse Redaktion «Handelszeitung» Förrlibuckstrasse 70 8021 Zürich ­Telefon: 043 444 59 00 Fax: 043 444 59 30 Mail: redaktion@handelszeitung.ch Online: www.handelszeitung.ch

titelbild: liechtenstein marketing

Leitung Wirtschaftsmedien Uli Rubner Leitung Werbemarkt Beniamino Esposito Ringier AG Kreuzstrasse 26 8008 Zürich Telefon: 044 259 60 50 Fax: 044 259 68 94 Mail: salesservices@ringier.ch Online: go4media.ch Leitung Nutzermarkt Jörg Tobuschat Lesermarketing Ringier Axel Springer Schweiz AG, Förrlibuckstrasse 70, 8021 Zürich, Telefon: 043 444 58 95, Mail: kunden­service@handelszeitung.ch Adresse Verlag «Handelszeitung» Förrlibuckstrasse 70 8021 Zürich Telefon: 043 444 59 00 Mail: verlag@handelszeitung.ch Druck Swissprinters AG, Zofingen Herausgeberin Ringier Axel Springer Schweiz AG Bekanntgabe von ­namhaften Beteiligungen im ­Sinne von Art. 322 StGB: Le Temps SA

L

iechtenstein? Das bedeutet doch Fürstenschloss, Finanz­ platz und Steueroase? Nach wie vor sind dies die häufigsten Schlagworte, wenn man jeman­ den auf den 160 Quadratkilometer grossen Kleinstaat anspricht. Dass das Ländle seit Anfang Jahr den Automatischen Informa­ tionsaustausch kennt und damit bezüglich Steuerkooperation zu den Vorreitern ­gehört, ist dagegen weniger geläufig. Das ­Vorurteil als intransparenter Bankenplatz ­haftet an Liechtenstein wie an der Schweiz die Kuckucksuhren. Noch ruhiger wird es in der Regel, wenn die Frage nach Industriebetrieben im Land aufkommt. Wer mit dem Baugewerbe ver­ traut ist, nennt dann wahrscheinlich Hilti, den Werkzeugbauer mit den roten Koffern, als Beispiel. Dann folgt in der Regel Stille. Die zahlreichen Grossunternehmen und Hidden Champions – zum Beispiel Thys­ senKrupp Presta, Oerlikon Balzers oder Ivoclar Vivadent –­ werden nicht Liechten­ stein zugeordnet oder sind gänzlich un­ bekannt. Dabei machen die Industrie und das warenproduzierende Gewerbe rund 40 Prozent der Bruttowertschöpfung des

Roberto Stefano Stv. Ressortleiter «Handelszeitung»

Fürstentums aus und sind somit wichtiger als der Finanzsektor. Bei den Liechtensteiner Unternehmen handelt es sich oft um global führende Be­ triebe. Denn noch mehr als in der Schweiz sind diese – angesichts ihres äusserst klei­ nen Heimmarktes – gezwungen, schon früh den Schritt über die Grenzen zu wagen und sich auf die weltweiten Märkte auszurich­ ten. Dass sie trotzdem ihren Sitz im Ländle belassen, ist auf die unternehmensfreund­ lichen Rahmenbedingungen und die hohe Lebensqualität zurückzuführen. Ein wich­ tiger Aspekt ist auch, dass das Fürstentum gleichzeitig eng mit der Schweiz und über den EWR mit Europa verbunden ist. Dies macht das Land zu einem einzigartigen Wirtschaftsstandort.

Inhalt Adrian Hasler Der Regierungschef über den Finanzplatz und Innovationen. 5 Industrie Warum der Werkplatz für das Ländle wirtschaftlich überlebenswichtig ist. 9 Thomas Zwiefelhofer Der Wirtschaftsminister über Standortförderung und Fachkräftemangel. 13 Hidden Champions Auch wenn viele Namen von Firmen nicht geläufig sind, so leisten sie Grosses. 16

Kooperation Startups Wieso das Klima für Jungunternehmer im Fürstentum besonders vielversprechend ist. 18 Michael Hilti Der frühere Patron des gleichnamigen Weltkonzerns über den Wert Liechtensteins. 21 Finanzplatz Wie Banken, Stiftungen und neu auch Versicherungen aus dem Ländle operieren. 23 Marco Büchel Der Ex-Skirennfahrer wirbt als Markenbotschafter für seine Heimat. 27

Der Special «Standort Liechtenstein» ist eine Koope­ration der «Handelszeitung» mit Liechtenstein Marketing, die Organisation ist für die Vermarktung des Fürstentums als Wirtschaftsstandort und Tourismusdestination zuständig. Finanziell unterstützt und ermöglicht wurde die Beilage vom Ministerium für Inneres, Justiz und Wirtschaft des ­Fürstentums Liechtenstein. handelszeitung | Nr. 3 | 2016

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Adrian Hasler: Regierungschef des F端rstentums Liechtenstein.


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«Liechtenstein lohnt sich»

Markus Bertschi/13 Photo

Adrian Hasler Der Regierungschef des Fürstentums über den Zustand des Finanzplatzes, die zukünftige Strategie und die Bedeutung von Innovationen.

Interview: Roberto Stefano

Der Finanzminister

Liechtenstein war in den vergangenen ­Jahren als Finanz- und Wirtschaftsstandort stark gefordert. Wie läuft es derzeit? Adrian Hasler: Die vergangenen Jahre waren in der Tat sehr anspruchsvoll. Die Sanierung des Staatshaushalts, die Transformation des Finanzplatzes und die Umsetzung einer Vielzahl an Regulierungen haben nicht nur die Politik, sondern auch die Unternehmen stark gefordert. Das wirtschaftliche Umfeld hat sich seit dem Entscheid der SNB, die Franken-Untergrenze zum Euro aufzu­ heben, zudem markant verschärft. Das höre ich von allen Branchen, vom Finanzplatz über die Industrie bis zum Gewerbe. Dennoch, wir haben uns diesen Herausforderungen gestellt und sind auf Kurs.

Name: Adrian Hasler Funktion: Regierungschef ­Liechtenstein, Minister für ­Präsidiales und Finanzen Alter: 51 Wohnort: Triesen Familie: Verheiratet, zwei Kinder Ausbildung: Lizenziat in Betriebs­ wirtschaft, HSG St. Gallen

Als Regierungschef sind Sie gleichzeitig auch Finanzminister. Welche Vorteile sehen Sie aus dieser Kombination? In der aktuellen Situation ist es ein grosser Vorteil, nebst Regierungschef auch Finanzminister zu sein. Sinkende Einnahmen aufgrund der Finanz- und Wirtschaftskrise und eines starken Frankens bei gleichzeitig stetig steigenden Ausgaben haben den Staatshaushalt aus dem Gleichgewicht gebracht. Ein ausgeglichener Staatshaushalt ist für Liechtenstein jedoch existenziell. Wir h ­ aben die notwendigen Weichen gestellt, um die Handlungsfähigkeit des Staates und die Stabilität der Sozialwerke für die Zukunft zu ­sichern. Liechtenstein verfügt nach wie vor über ein AAA-Rating von Standard & Poor’s. Die Bestätigung des höchsten Länderratings zeigt die Verlässlichkeit und Stabilität Liechtensteins und wirkt sich positiv auf das Image des Wirtschaftsortes und auf den liechtensteinischen Finanzplatz aus. Was zeichnet den Finanzplatz Liechtenstein aus? Liechtenstein ist ein international anerkannter und verlässlicher Partner. Unsere

Der Regierungschef Die Regierung Liechtensteins ist für vier Jahre ­gewählt und besteht aus vier ­Regierungsräten und dem Regie­ rungschef. Diesem sind Vorrechte und Befugnisse, wie die Besorgung der vom Fürsten übertragenen ­Geschäfte, zugewiesen. Von Amtes wegen ist er Minister für Präsidiales und Finanzen. Die sachliche ­Zuständigkeit im Bereich Präsi­ diales ist breit gefächert, die Kern­ aufgaben bei den Finanzen sind ­Fi­nanzplatz- und Finanzmarktpolitik.

Finanzdienstleister verfügen über grosses Know-how. Angesichts der internationalen Entwicklungen und der zunehmenden Komplexität bei der grenzüberschreitenden Vermögensplanung wird diese Expertise immer wichtiger. Mit dem Finanzplatz Liechtenstein werden Werte assoziiert wie Stabilität, Verlässlichkeit, Solidität und ein traditionell hoher Schutz des Privateigentums und der Privatsphäre. Wie hat sich der Finanzplatz in den ­vergangenen Jahren verändert? Zwei Themen sind hier von Bedeutung. ­Einerseits haben wir die Transformation des Finanzplatzes vorangetrieben und bereits im Herbst 2013 den strategisch wichtigen Entscheid gefällt, den Automatischen In­

formationsaustausch umzusetzen. Damit haben wir frühzeitig Klarheit und Rechts­ sicherheit geschaffen. Die klare Strategie und die glaubhafte Umsetzung haben unsere Reputation international stark verbessert. Anderseits wurde der Finanzsektor mit ­einer Flut an EU-Regulierungen konfrontiert. Die Übernahme dieser Regulierungen ins nationale Recht und die Implementierung in die Geschäftsprozesse haben Behörden und Marktteilnehmer stark gefordert. Ist die Transformation abgeschlossen? Der Finanzplatz Liechtenstein ist heute ­bereit für das steuertransparente Umfeld. Der Veränderungsprozess ist jedoch noch nicht abgeschlossen. Die Finanzplatzakteure richten sich auf die veränderten Rahmen­ bedingungen aus und arbeiten an neuen Geschäftsmodellen. Mit der entsprechenden Kompetenz, die zweifellos vorhanden ist, wird unser Finanzplatz auch in Zukunft international relevant bleiben. Wie hat sich der Transformationsprozess auf die verwalteten Vermögen ausgewirkt? Es ist im Zuge der laufenden Transfor­ma­ tion des Finanzplatzes zu Abflüssen von ­Kundengeldern gekommen. Anderseits zeigt die Statistik, dass die liechtensteinischen Banken inklusive der Gruppengesellschaften die verwalteten Kundenvermögen stetig ­erhöhen konnten. Ende 2014 haben sie den Höchstwert aus dem Jahr 2007 übertroffen. Wie positioniert sich Liechtenstein als Standort für Unternehmen in Europa? Als kleine und stark exportorientierte Volkswirtschaft ist Liechtenstein gefordert, sich im internationalen Standortwettbewerb zu behaupten. Für mich als Regierungschef ist deshalb wichtig, die bestehenden Rahmenbedingungen zu erhalten und wo immer möglich weiter zu verbessern. Für Unternehmer kann Liechtenstein viel bieten, nicht in Form von Zuschüssen und Vergünstigungen, sondern in Form von attrakti- } handelszeitung | Nr. 3 | 2016

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e­ inen hohen Stellenwert. Diese Faktoren sind im Finanzbereich sehr wichtig. Wie kommt die Entwicklung neuer ­Geschäftsmodelle voran? Die stark veränderten Marktbedingungen und der verschärfte Wettbewerb der Stand­ orte fordern ständige Erneuerung. Für mich ist die Innovationsfähigkeit daher eine Schlüsselkompetenz, um diesen Heraus­

«Ich bin überzeugt, dass sich der Finanzplatz Liechtenstein positiv weiterentwickeln wird.»

Markus Bertschi/13 Photo

forderungen auch in Zukunft zu begegnen. Heute ist die Innovation auch für den Finanzplatz zu einer wichtigen strategi­ ­ schen Komponente geworden. Hierbei setze ich auf die Innovationskraft der Privatwirt­ schaft. Die Rolle des Staates sehe ich darin, ein attraktives Umfeld für Innovationen zu schaffen.

Adrian Hasler: «Liechtenstein ist für die kommenden Jahre gut gewappnet und vorbereitet.»

} ven Rahmenbedingungen. Von zentra­ ler Bedeu­tung für unsere Wirtschaft ist der Zugang zu den beiden Wirtschaftsräumen Schweiz und EWR. Dieser Zugang ist ein einzigartiger Standortvorteil innerhalb Eu­ ropas und eine Chance für unsere Unter­ nehmen. Speziell hervorheben möchte ich die politische Stabilität und Rechtssicher­ heit, die liberale Wirtschaftspolitik, das ein­ fache Steuersystem mit einer moderaten Unternehmens­besteuerung, die effiziente Verwaltung, die kurzen Entscheidungswege und den intakten Lebensraum. Kurz gesagt: Liechtenstein lohnt sich. Wie wichtig ist der Zugang zum EWR für die Zukunft des Finanzplatzes Liechtenstein? Der Zugang zum europäischen Markt ist nicht nur für den Finanzplatz, sondern für alle Branchen zentral. Als Land mit einem sehr kleinen Heimmarkt sind unsere Unter­ nehmen auf diesen Marktzugang ange­ wiesen. Mit dem EU-Pass haben unsere ­Finanzintermediäre vollen Zugang zum EUMarkt. Die Mitgliedschaft im EWR bedeutet

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jedoch auch, dass wir die EWR-relevanten Richtlinien und Verordnungen der EU über­ nehmen müssen. Dies führt auch zu Regu­ lierungen, die für unseren Finanzplatz nicht wirklich relevant sind. Die Vorteile der EWRMitgliedschaft überwiegen insgesamt aber eindeutig. Wo sehen Sie die Zukunft des Finanzplatzes Liechtenstein? Ich bin überzeugt, dass sich der Finanzplatz positiv weiterentwickeln wird. Sicher wird es zu Konsolidierungen kommen, da die ­Regulierungsdichte zunimmt und damit die Anforderungen weiter steigen werden. Ins­ besondere kleinere Unternehmen werden sich Gedanken machen über mögliche ­Kooperationen. Auf der anderen Seite sehe ich auch grosse Chancen. Unsere Finanz­ platzakteure haben spezifisches Know-how, ­haben einen hohen Qualitätsanspruch und verfügen über eine lange Tradition in der Betreuung von vermögenden Kunden. Wir bieten Rechtssicherheit und Stabilität, und die Privatsphäre hat bei uns nach wie vor

Wie möchten Sie die Innovation in ­Liechtenstein konkret fördern? Wir haben das Programm «Impuls Liechten­ stein» vorgestellt. Dieses besteht aus mehre­ ren Modulen. Ein Beispiel ist die Idee der In­ novationsclubs. Diese sind gewissermassen ein Kanal, damit Unternehmen direkt und unkompliziert Ideen zur Verbesserung der staatlichen Rahmenbedingungen bei uns einbringen können. Ein anderes Instrument ist das Regulierungslabor bei der Finanz­ marktaufsicht. Auch Geschäftsmodelle, die nicht ins bestehende Regulierungsschema passen, sollen eine passende Bewilligung er­ halten. Hierzu arbeitet ein Kompetenzteam der Finanzmarktaufsicht eng mit interessier­ ten Firmen, vor allem auch im Bereich Fin­ Tech, zusammen. Das ist gerade für Liech­ tenstein von entscheidender Bedeutung. Wo sehen Sie Liechtenstein in den ­kommenden fünf Jahren? Ich denke, dass Liechtenstein für die kom­ menden Jahre gut gewappnet und vorbereitet ist. Wir haben in dieser Legislatur die wichti­ gen Reformen angepackt und zum Teil bereits umgesetzt. Wir werden unsere Strategie zur Steuerkonformität jedenfalls fortsetzen und erwarten, dass wir die Früchte dieses Trans­ formationsprozesses ernten können. Ich bin überzeugt, dass sich Liechtenstein, gerade aufgrund der globalen Unsicherheiten, als Standort für Rechtssicherheit und Stabilität mit dem direkten Marktzugang in die EU und die Schweiz erfolgreich positionieren kann.


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Zahlen und Fakten

Gleich viele Stellen wie Einwohner Liechtenstein Im Fürstentum leben aktuell rund 37 000 Menschen, davon fast 5400 in der Hauptstadt Vaduz. Der Ausländeranteil liegt bei rund einem Drittel. Das Brutto­ inlandprodukt (BIP) kletterte 2013 von 5,1 auf 5,3 Milliarden Franken, dies entspricht pro Erwerbstätigem 172 800 Franken. 2014 zählte das Ländle gemäss Amt für Statistik 36 680 Beschäftigte: 25 315 stammten aus dem Ausland und 19 551 waren Zupendler.

Die umsatzstärksten Industriebetriebe Unternehmen

Hilti

Umsatz 2014 (in Mio. Fr.)

Mitarbeiter (weltweit)

4497 22248

Ivoclar Vivadent 761 3215 Hilcona

525 1850

Hoval Holding Kaiser*

356 1565 150 400

* Schätzung

Quelle: «Handelszeitung»/Bisnode Schweiz

Die zehn grössten Arbeitgeber im Ländle Unternehmen Hauptsitz Branche Mitarbeiter Veränderung (per Ende 2013)* (absolut) ThyssenKrupp Presta Eschen Automobilzulieferer 1810 +113 Hilti Schaan Bautechnologiekonzern 1564 –71 Ivoclar Vivadent Schaan Dentaltechnikfirma 840 –1 Hilcona Schaan Nahrungsmittelhersteller 832 +117 LGT Group Vaduz Finanzinstitut 825 +33 Ospelt Gamprin-Bendern Nahrungsmittelhersteller 785 –3 Oerlikon Balzers Balzers Beschichtungshersteller 713 +24 Swarovski Triesen Kristallgüterhersteller 705 –3 Liechtensteinische Landesbank Vaduz Finanzinstitut 554 –137 VP Bank Vaduz Finanzinstitut 495 –8 * total 9123

Quelle: «Wirtschaft Regional» (04/10/2014)

Die zehn bedeutendsten Finanzdienstleister Unternehmen Hauptsitz Bilanzsumme Verwaltete Vermögen Mitarbeiter 2014 (in Mio. Fr.) 2014 (in Mio. Fr.) (national) LGT Group Vaduz 30698 61268 771 Liechtensteinische Landesbank Vaduz 14452 50218 502 VP Bank Vaduz 9316 30939 472 Valartis Bank (Liechtenstein) Gamprin-Bendern 1997 3945 84 Centrum Bank* Vaduz 1928 7100 82 Bank Frick & Co. Balzers 1603 2621 38 Neue Bank Vaduz 1310 4616 55 Volksbank Schaan 662 1828 33 Kaiser Partner Privatbank Vaduz 559 2396 37 Raiffeisen Privatbank Vaduz 358 1132 37 * Fusion mit VP Bank per 30. April 2015

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Wir machen traditionelles Banking dynamisch. Mit performanceabhängigen Tarifen. Bewährtes pflegen und Neues bewegen – nach dieser Devise handeln wir als traditionsreichstes Finanzinstitut in Liechtenstein. Eine unserer Innovationen sind die neuen, performanceabhängigen Tarife bei den preisgekrönten LLB-Strategiefonds. Den variablen Tarifanteil bezahlen Sie nur dann, wenn sich das Fondsvermögen nach Abzug sämtlicher Kosten positiv entwickelt. Es zahlt sich aus, einen Termin mit uns zu vereinbaren. www.llb.li

Quelle: Liechtensteinischer Bankenverband


Klaus Risch: Seit 2007 Pr채sident der Liechtensteinischen Industrieund Handelskammer.


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Wirtschafts- und Werkplatzwunder

Industrie Die breit diversifizierte Volkswirtschaft des Fürstentums verfügt über einen ausgesprochen starken industriellen Sektor.

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Pirmin Schilliger

zvg

ie Industrie im Fürstentum ist überraschend vielfältig. Es gibt am Wirtschaftsstandort Liechtenstein über 600 indus­ trielle Unternehmen. Neben vielen kleinen und mittleren zählt Liechten­ stein auch rund ein Dutzend global ausge­ richtete Konzerne. Der grösste und bekann­ teste von ihnen ist Hilti. Der Maschinen­ bauer aus Schaan beliefert mit seinen ­Produkten die Bauindustrie weltweit in über 120 Ländern. Er beschäftigt rund 22 000 Mitarbeitende und ist so ein grösserer ­ A ­ rbeitgeber als die Liechtensteiner Industrie insgesamt. Für diese arbeiten im Ländle über alle Betriebe hinweg rund 14 000 Per­ sonen. Der Umsatz von Hilti – 2014 rund 4,5 Milliarden Franken – ist fast so hoch wie das Brutto­inlandprodukt (BIP) von Liechtenstein.

Halbes Dutzend Schwergewichte Weitere klangvolle Namen der Liechten­ steiner Industrie sind Oerlikon Balzers, ­Hoval, Hilcona, die Herbert-Ospelt-Gruppe und Presta. Wie bei Hilti handelt es sich bei den meisten um in Liechtenstein gegrün­ dete und über viele Jahrzehnte organisch gewachsene Konzerne, die sich in ihren j­ eweiligen Märkten gegen globale Konkurrenz mit Spitzenprodukten gut zu behaupten vermögen. «Der Werkplatz Liechtenstein hat sich von jeher über Technologie- und Qualitätsführerschaft und nie über Kosten­ führerschaft definiert», sagt Christian Haus­ mann, Leiter des Amts für Volkswirtschaft. Dafür ist Oerlikon Balzers ein gutes Bei­ spiel. Das Unternehmen ist mit weltweit 6000 Mitarbeitenden das umsatzstärkste Segment der Industriegruppe Oerlikon. Dessen Beschichtungstechnologie ist bei verschiedensten Anwendungen gefragt, im Autobau, in der Verpackungsindustrie, der Luftfahrttechnik oder im Medizinbereich. Ebenfalls Marktführerin, zumindest im Be­ reich Convenience Food in der Schweiz, ist Hilcona. Die Firma beschäftigt am Haupt­

sitz in Liechtenstein und an zwei weiteren Standorten in der Schweiz rund 2100 Perso­ nen. 2014 erwirtschaftete sie einen Umsatz über 500 Millionen Franken, nicht zuletzt dank dem Export in verschiedene europäi­ sche Länder. Hilcona gilt mittlerweile als ­eines der modernsten und innovativsten Lebensmittelunternehmen in Europa. «Für unsere täglich frisch produzierten Produkte sind abgestimmte Logistiklösungen und die Nähe zum Kunden entscheidend – diese ­Voraussetzungen finden wir in Liechten­ stein», betont Hilcona-Chef Martin Henck. Die Firma Hoval mit 1650 Mitarbeitern, davon 330 am Hauptsitz Vaduz, mit deren Produkten geheizt, gekühlt oder gelüftet

Industrialisierung

Hoher Anteil an Beschäftigten Wertschöpfung Die Industrie trägt in Liechtenstein zusammen mit dem warenproduzierenden Gewerbe knapp zwei Fünftel zur Wertschöpfung des Landes bei. Ebenso hoch ist deren Beschäftigtenanteil. Die Rate von 39 Prozent liegt ­jedenfalls deutlich über derjenigen der Nachbarländer Österreich (23 Prozent) und Schweiz (22 Prozent). Das Ländle ist also deutlich stärker industrialisiert als die meisten anderen westlichen Industriestaaten. Branchenschwerpunkte Die wichtigsten Zweige sind der Maschinen-, Fahrzeug- und Gerätebau, Nahrungsmittel, Dentalprodukte sowie das Baugewerbe. Das Rückgrat der liechtensteinischen Indus­ trie bilden neben einer überschaubaren Zahl von Grossunternehmen vor allem die vielen Klein- und ­Mittelbetriebe des Landes.

werden kann, steht für ein angenehmes Raumklima. Die Herbert-Ospelt-Gruppe fertigt Charcuterie-Produkte, Fertigpizzen und Tiernahrung. Der grösste Arbeitgeber in Liechtenstein selber, mit 2000 Beschäf­ tigten am Hauptsitz in Eschen, ist der Auto­ industriezulieferer Presta. Weltweit arbeiten für den Konzern, der zu ThyssenKrupp ­gehört, mehr als 7000 Leute. Jedes vierte Auto lenkt mit einer Lenksäule von Presta. «Der Mix der Nationalitäten ergibt bei uns eine ganz spezielle Firmenkultur mit äus­ serst kompetenten, motivierten und ein­ satz­freudigen Mitarbeitern», hebt PrestaChef Guido Durrer hervor.

Fast zwei Drittel Grenzgänger Zusammen beschäftigen die sechs Schwergewichte der Liechtensteiner Wirt­ schaft über 40  000 Mitarbeitende. Den grössten Teil der Produktion haben sie längst ins Ausland ausgelagert. Trotzdem bleibt der Bedarf nach Arbeitskräften auf dem Heimmarkt enorm. «Für die meisten Industrieunternehmen ist die Rekrutierung von Fachkräften die grosse Herausforde­ rung», gibt Hausmann zu bedenken. Noch in viel stärkerem Masse als die übrige Wirt­ schaft des Landes kommt der Werkplatz Liechtenstein nicht darum herum, sein Personal mehrheitlich im benachbarten ­ Ausland zu holen. Der Grenzgängeranteil in der Industrie liegt bei 64 Prozent. Allein aus der Schweiz bewegen sich täglich fast 5000 Personen in die Fabrik- und Gewerbehallen auf der ­anderen Seite des Rheins. Insgesamt sind es über 10 000 Pendler aus der Schweiz. Bei vielen Firmen, zum Beispiel auch Hilcona, arbeiten sogar mehr Leute mit Wohnsitz in der EU oder mit einer EU-Nationalität als Schweizer und Liechtensteiner. «Ohne diese Mitarbeitenden wäre es schlicht nicht ­möglich, in Liechtenstein in der heutigen Art und Weise zu wirtschaften», sagt Martin Henck. Der kleine Binnenmarkt lässt grös­ seren Firmen gar keine Wahl, als sich in j­eder Beziehung international und } handelszeitung | Nr. 3 | 2016

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Industriestandort: Blick auf Vaduz und Triesen.

} ­exportorientiert auszurichten. Das zeigen auch die Zahlen: Die der Liechtensteinischen Industrie- und Handelskammer (LIHK) angeschlossenen Betriebe beschäftigen in ­ihren Auslandniederlassungen in rund 70 Ländern 46 000 Mitarbeitende, fast viermal so viele wie im Heimmarkt. Die Gesamtexporte beliefen sich 2014 auf annähernd 3,5 Milliarden Franken oder 70 Prozent des Bruttoinlandprodukts von 5,3 Milliarden Franken.

Überschneidende Binnenmärkte Nicht enthalten in dieser Zahl sind die Exporte in die Schweiz. Es gibt darüber keine offiziellen statistischen Angaben, denn Liechtenstein ist seit dem Zollvertrag von 1923 Teil des Schweizer Zollgebiets und hat zudem ein Jahr später den Franken als gesetzliche Währung übernommen. Im Gegensatz zur Schweiz ist das Fürstentum 1995 dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) beigetreten. Seither überschneiden sich in Liechtenstein der Europäische Binnenmarkt und der Schweizer Wirtschaftsraum – eine einzigartige Situation. «Der Werkplatz kann so von vielen Freihandelsabkommen profitieren, der Standort Liechtenstein wird für Kooperationen von EU-Unternehmen mit inländischen Unternehmen hoch interessant», sagt Hausmann. So könnten Produkte mit genügend Verarbeitung in Liechtenstein zollfrei nach China exportiert werden, aber nicht aus der EU. Über den Zollvertrag finden im Warenverkehr mit Liechtenstein auch die von der Schweiz bilateral abgeschlossenen Freihandelsabkommen Anwendung. Nicht zuletzt ist das Fürstentum Mitglied der Europäischen Freihandelsorganisation (EFTA) und der Welthandelsorganisation (WTO).

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Gewisse Sorgen bereitet Hausmann die Masseneinwanderungsinitiative in der Schweiz. «Deren Umsetzung wird auch den liechtensteinischen Arbeitsmarkt verstärkt unter Druck setzen», befürchtet er. Umso wichtiger für die Personalrekrutierung dürfte in Zukunft die EWR-Mitgliedschaft werden. Zwar ist Wohnsitz für EU-Bürgerinnen und -Bürger im Fürstentum selber kontingentiert. Für die Unternehmen ist dies aber kein Hindernis, heute schon die benötigten Fachkräfte in ganz Europa zu holen – ein Trend, der sich weiter verstärken dürfte. Die internationale Verflechtung ist längst nicht der einzige Trumpf der exportierenden Industrie. Zu den wichtigen Standort-

Über den Zollvertrag gelten im Warenverkehr mit Liechtenstein die von der Schweiz vereinbarten Freihandelsabkommen. faktoren gehört ein generell unternehmerfreundliches Klima. «Wir rühmen uns, in der öffentlichen Verwaltung kurze Wege zu haben und effizient und schnell zu entscheiden», sagt Hausmann. Liberale ­ ­Arbeitsgesetze mit einer Höchstarbeitszeit von 45 Stunden sowie eine attraktive Firmenbesteuerung sind weitere Trümpfe des Werkplatzes. Der Ertragssteuersatz für die Firmen beträgt einheitliche 12,5 Prozent. Optimierungen ermöglicht die 2011 eingeführte sogenannte Lizenz-Box: Erträge aus geistigem Eigentum – Patente, Lizenzen oder Marken – sind folglich zu 80 Prozent

steuerbefreit. Die Regelung hat den schönen Nebeneffekt, dass die Unternehmen eine Summe, die rund 8,4 Prozent des BIP entspricht, in Forschung und Entwicklung investieren. «Daraus wiederum resultieren innovative Produkte mit hoher Qualität», sagt LIHK-Präsident Klaus Risch. Der Staat kann die tiefen Steuern guten Ge­wissens rechtfertigen. Er sitzt dank einer s­ oliden Finanzpolitik auf hohen Reserven. Ö ­ ffentliche Verschuldung ist ein Fremdwort. Das Fürstentum gilt bezüglich Kreditwürdigkeit und Sicherheit mit einem AAA-Rating als eines der verlässlichsten Länder überhaupt.

Zusammenarbeit über die Grenzen Ob all der klugen Wirtschaftspolitik sollte man nicht vergessen, dass der zwischen ­Alpen und Rhein scheinbar eingezwängte Kleinstaat auch verkehrsmässig ausgesprochen günstig liegt. Die Fahrt nach Stuttgart, München oder Mailand dauert gerade mal drei Stunden, nach Zürich eine Stunde. ­Zudem partizipiert das Fürstentum am trinationalen Wirtschaftsraum Alpenrheintal. Die Gegend zwischen Vaduz und dem ­Bodensee gehört zu den am höchsten ­industrialisierten Regionen Europas überhaupt. Die Zusammenarbeit über die Grenzen ist hier längst selbstverständlich. Seit ­einigen Jahren stärken die Regierungen des Fürstentums und des Kantons St. Gallen die Innovationskraft der Industrie in der Region zusätzlich durch das Forschungs- und I­nnovationszentrum Rheintal «RhySearch». Weitere wichtige Impulsgeber sind auch B ­ ildungsstätten wie die Fachhochschule Ostschweiz (FHO) und die Interstaatliche Hochschule für Technik (NTB) in Buchs SG sowie die Universitäten St. Gallen (HSG) und Liechtenstein.


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Angriff ist die beste Verteidigung

Export Wie sich Liechtensteiner Exporteure gegen die Frankenstärke wehren – auch dank der Hilfe von Switzerland Global Enterprise.

A

Daniel Küng und Christian Hausmann

ls eines der am stärksten industrialisierten Länder der Welt trifft Liechtenstein die ­erneute Frankenstärke vor einem Jahr hart. Besserung verspricht das Erschliessen neuer Absatzmärkte, insbesondere ausserhalb des Euro-Raums. Laut dem Liechtensteiner Konjunktur­ bericht fielen die Warenexporte bis zum Herbst 2015 um 7,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Auch im Fürstentum ist der Paukenschlag der SNB nicht ohne Wirkung geblieben. Der grösste Anteil der Exporte bleibt heute im Euro-Raum, allein nach Deutschland wird gut ein Viertel der Produkte ausgeführt. Österreich und Frankreich sind ebenfalls sehr wichtig. So spüren die Unternehmen die Euro-Schwäche deutlich. Die Beschäftigung im Land ging bis zum Sommer 2015 um 0,9 Prozent zurück.

Globale Herausforderungen Grundsätzlich ist zu sagen, dass die ­international aufgestellten Firmen in Liechtenstein von der Entscheidung der SNB zwar überrascht, aber nicht unvorbereitet getroffen wurden. Die SNB hatte immer wieder betont, dass die Verteidigung des EuroMindestkurses nicht für alle Zeit gelte. Die Massnahmen der Unternehmen zum Erhalt ihrer Wettbewerbsfähigkeit gestalten sich vielschichtig: Bonusverzicht für Kader und keine Lohnerhöhungen; Verlängerung der Wochenarbeitszeit; teilweise Umstellung auf Euro-Gehälter; vorläufiger Investitionsund Einstellungsstopp; Vorantreiben von Natural-Hedging-Massnahmen; Vorziehen von strategischen Projekten. Die letzten beiden Punkte beziehen sich vor allem darauf, neue Absatzmärkte zu ­erschliessen und so die Risiken, die sich in dem ein oder anderen Währungsraum er­ geben, auszugleichen – eine breitere Internationalisierung verspricht also eine Linderung der Währungsproblematik und somit neues Wachstum.

Ausfuhrdelle nach Frankenschock Jahr Warenexporte Veränderung (in Mio. Fr.)* (in Prozent) 2006 3604 +11,7 2007 4182 +16,0 2008 4245 +1,5 2009 3081 –27,4 2010 3325 +7,9 2011 3329 +0,1 2012 3368 +1,2 2013 3389 +0,0 2014 3453 +1,9 2015** 2355 –8,1 * ohne Schweiz; ** nur Januar bis September 2015 Quelle: Amt für Statistik, Fürstentum Liechtenstein

Insbesondere ein Trend wird sich sehr bedeutsam für die Liechtensteiner Exporteure erweisen: Begründet in einer rapiden Zunahme der Wirtschaftskraft und der Bevölkerungszahl in den Schwellenländern, erreichen global immer mehr Menschen ein Einkommen zwischen 10 000 und 12 000 Dollar pro Jahr. Bis 2030 wird sich die weltweite Mittelschicht von 2,5 auf 5 Milliarden Menschen verdoppeln, wobei zwei Drittel davon in Asien leben werden. Wo die Mittelschicht wächst, wachsen auch die Städte und mit ihnen die Anforderungen an öffentliche Dienstleistungen und die Infrastrukturnetze. Von der Medizintechnik über das Verkehrswesen bis zum nachhaltigen Bauen kreieren die neuen Aufsteiger auf indirekte Weise eine starke Nachfrage – die Liechtensteiner Produkte befriedigen können.

Liechtensteiner Antworten Die Regierung hat im Februar 2015 Massnahmen zur Abfederung der Frankenstärke erarbeitet und umgesetzt. Diese Mass­ nahmen lassen sich in liquiditätssichernde, ­kostensenkende beziehungsweise kostendeckelnde und die Wettbewerbsfähigkeit fördernde Massnahmen einteilen. Sie richten sich demnach auch analog in kurz-, mit-

tel- und langfristige Massnahmen. Weitere Massnahmen sind in laufender Prüfung auf Machbarkeit und Finanzierbarkeit. Direkt umgesetzt wurde Folgendes: Verschiebung der Erhöhung der Energieförderabgabe auf 1,5 Rappen pro Kilowattstunde um ein Jahr; Aufhebung der obligatorischen Liftkon­ trollen per 1. Januar 2016; Herabsetzung der Motorfahrzeug-Entsorgungsgebühr per 1. Januar 2016; Verschiebung der AHVG-­ Revision per 1. Januar 2017; Verdoppelung des Budgets für Innovations- und Exportschecks für das vergangene Jahr. Die Exportschecks stellen eine direkte Unterstützung für Unternehmen dar, um ­ihnen zu helfen, neue Absatzmärkte zu ­erschliessen. Von März bis Dezember 2015 wurden je 20 Innovations- und Exportschecks ausgegeben, zu einem Wert von je 7500 Franken. Damit lassen sich die ­Kosten für gemeinsam mit Switzerland Global Enterprise (S-GE), dem offiziellen In­ter­­na­tionalisierungsförderer für Liechtensteiner Unternehmer, lancierte Export­ projekte oder für Messeauftritte im Ausland mit S-GE oder anderen Anbietern rücker­ statten. Dies zog bereits 2011 interessante Er­ folgsgeschichten nach sich. Die Schekolin AG mit Sitz in Gamprin-Bendern zum Beispiel ist spezialisiert auf hochwertige Beschichtungen für Verpackungen aus Metall, Aluminium, Kunststoffen und Glas. Ihre Hauptabnehmer sind die Kosmetik-, Pharma-, Lebensmittel- und Getränkeindustrie. Im November 2012 nahm Schekolin im Rahmen des Messeangebots von S-GE im Swiss Pavillon an der Packtech India in Mumbai teil. Indien ist für die Firma ein ­bedeutender strategischer Markt. Die Teilnahme an der Packtech war für das Unternehmen wichtig, um sowohl die Kunden als auch den Markt besser kennenzulernen und seine Position dort weiter zu stärken. Daniel Küng, CEO, Switzerland Global Enterprise (S-GE), und Christian Hausmann, Leiter, Amt für Volkswirtschaft (AVW), Fürstentum Liechtenstein.

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Thomas Zwiefelhofer: Minister f端r Inneres, Justiz und Wirtschaft sowie Stellvertreter des Regierungschefs.


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«Wir brauchen neue Hiltis»

Thomas Zwiefelhofer Der Wirtschaftsminister über die Rolle der Industrie, die Vorteile des Standortes und die Suche nach zukünftigen Weltkonzernen.

Interview: Roberto Stefano

Der Wirtschaftsminister

Was viele nicht wissen: Der produzierende Sektor ist gemessen am BIP für Liechtenstein wichtiger als der Finanzplatz. Weshalb bleibt der Sektor in der öffentlichen Wahrnehmung hinter dem Finanzplatz zurück? Thomas Zwiefelhofer: Skandalmeldungen, wie es sie früher beim Finanzplatz leider ab und zu gab, werfen höhere Wellen als ­Erfolgsgeschichten. Vielen ist nicht bewusst, dass mit Hilti, Oerlikon Balzers, Ivoclar ­Vivadent oder ThyssenKrupp Presta ver­ schiedene weltweit führende Unternehmen aus Liechtenstein stammen und hier pro­ duzieren. Diese Unternehmen florieren und geben entsprechend wenig Anlass für auf­ fällige Berichterstattung.

Name: Thomas Zwiefelhofer Funktion: Regierungschef-Stell­ vertreter Liechtenstein, Minister für Inneres, Justiz und Wirtschaft Alter: 46 Wohnort: Vaduz Familie: Verheiratet, drei Kinder Ausbildung: Architekt, ETH Zürich; Doktor der Rechtswissenschaften, HSG St.Gallen

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Wie beurteilen Sie das produzierende ­Gewerbe in Liechtenstein? Die Situation auf dem Werkplatz Liechten­ stein ist grundsätzlich gut, vor allem dank Innovation und Technologieführerschaft. Doch der starke Schweizer Franken macht uns, wie der Eidgenossenschaft, zu schaffen. Liechtenstein hat praktisch keinen Binnen­ markt und die produzierenden Unterneh­ men sind deshalb fast zu 100 Prozent im ­Export tätig. Wenn sie ihre Güter in die EU verkaufen und in Franken abrechnen, dann ergibt sich im Vergleich zum Umrechnungs­ kurs vor dem 15. Januar 2015 eine Differenz von 10 bis 20 Prozent. Das belastet die ­Unternehmen nach wie vor stark. Welche Massnahmen ergreifen Sie zur ­Abfederung der negativen Auswirkungen? Im Rahmen der Standortstrategie ver­suchen wir die Rahmenbedingungen für die Unter­ nehmen so günstig wie möglich zu g­ estalten. Wir wollen möglichst wenig neue Kosten ­generieren und so wenig zusätzliche Regu­ lierungen wie möglich einführen. Im Kon­ text mit der EWR-Zugehörigkeit ist dies nicht ganz einfach. Gleichzeitig versuchen wir die Bürokratie zu reduzieren und die

Das Ministerium Drei unterschied­ liche Politikbereiche sind im Ministerium für Inneres, Justiz und Wirtschaft zusammengefasst. Zum ­Aufgabenportfolio im Bereich Wirtschaft gehören insbesondere die Förderung von Industrie und Gewerbe sowie die Förderung ­ von industrieller und gewerblicher Forschung und Entwicklung.

Verwaltung so schlank wie möglich zu ­halten. Statt drei Behördengänge für eine ­bestimmte Bewilligung soll in Zukunft bei­ spielsweise nur noch einer nötig sein. Wir haben auch aktiv versucht, Kosten für die Unternehmen zu stabilisieren oder gar zu senken. Beispielsweise werden wir die Er­ höhung der Abgabe für erneuerbare Ener­ gien, die per 1. Januar 2016 geplant war, auf­ grund der Frankenstärke erst im nächsten Jahr durchführen. Die Verschiebung dieser Strompreiserhöhung um ein Jahr entlastet die fünf grössten Unternehmen als grösste Energiekonsumenten um rund 2 Millionen Franken. Das ist sehr gut angekommen. Was halten Sie von der Einführung von ­Euro-Löhnen, wie es einzelne Unternehmen getan haben? Nicht viel. Es ist nicht die richtige Mass­ nahme, um das Problem zu lösen. Einzelne

wenige Betriebe, die fast zu 100 Prozent in den Euro-Raum exportieren und deren Ar­ beitnehmer hauptsächlich als Grenzgänger aus dem EU-Raum stammen, haben EuroLöhne eingeführt. Die Regierung hat an die Wirtschaft appelliert, dass Euro-Löhne die Ultima Ratio sein sollten und es wichtig sei, dass die Sozialpartner gemeinsam Lö­ sungen suchen. Einen gesetzlichen Eingriff ­gegen Euro-Löhne, wie er von einzelnen Parteien gefordert wurde, haben wir aber vorläufig abgelehnt. Viele liechtensteinische Unternehmen sind Technologie- und Weltmarktführer in ihrem Gebiet. Welchen Anteil hat der ­Standort Liechtenstein an dieser Position? Eine Qualität ist sicherlich die politische Stabilität, die für konstant gute Rahmen­ bedingungen gesorgt hat. Seit dem Ersten Weltkrieg hatten wir in Landtag und Regie­ rung immer stabile Mehrheitsverhältnisse bürgerlicher Parteien, die sich stark für die Wirtschaft eingesetzt und günstige ­Rahmenbedingungen wie tiefe Steuern und ­wenig Bürokratie gewährleistet haben. Sie wollen neue ausländische Unternehmen in Liechtenstein ansiedeln. Welche Anreize können Sie diesen bieten? Grundsätzlich sind die Voraussetzungen in Liechtenstein zwar gut, einzelne Faktoren sind aber nicht unbedingt günstig. Wir ha­ ben ein vergleichsweise hohes Lohnniveau, eine restriktive Zuwanderungspolitik und höhere Grundstückpreise als die Schweiz. Daher ergibt es wenig Sinn, grössere aus­ ländische Produktionsbetriebe anzulocken. Wir wollen kleine, innovative Keimzellen für das Wachstum der Zukunft hierherholen oder hier entstehen lassen. Wir brauchen «neue Hiltis», also innovative Betriebe, die klein anfangen und sich dann organisch entwickeln. Heute sind dies vor allem kleine Startups, die im Umfeld der bestehenden grossen Betriebe, sozusagen der Mutter­ schiffe, gross werden. Bei kleinen Firmen } handelszeitung | Nr. 3 | 2016

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Thomas Zwiefelhofer: «Wir haben hier die höchste Unternehmensdichte der Welt. Auf neun Einwohner gibt es ein tätiges Unternehmen.»

} spielen die hohen Grundstückspreise und das beschränkte Potenzial in Sachen Niederlassung noch keine so entscheidende Rolle. Gleichzeitig finden sie hier Rahmenbedingungen, die für Startups, vor allem aus dem Hightech-Bereich, sehr fruchtbar sind. Wichtig scheint uns auch, auf hohe Wertschöpfung zu achten. Wie sprechen Sie diese Keimzellen an? Mit gezielter Werbung. Und indem wir die Rahmenbedingungen so gestalten, dass es sich von selber herumspricht, dass Liechtenstein attraktiv ist. Wir haben hier die höchste Unternehmensdichte der Welt. Auf neun Einwohner gibt es ein tätiges Unternehmen. In den USA als Nummer zwei liegt das Verhältnis bei einem Betrieb auf 15 ­Einwohner, in der Schweiz sind es 24 Einwohner. Die Liechtensteiner haben das ­Unternehmertum im Blut. Das soll auch in ­Zukunft so bleiben. Wie erfolgreich sind Sie damit? In den vergangenen Jahren sind hier viele erfolgreiche Firmen entstanden. Das Umfeld mit dem Technikum in Buchs oder der Universität Liechtenstein sowie den grossen bestehenden Unternehmen wie Hilti oder ThyssenKrupp Presta ist für kleinere Hightech-Firmen sehr gut. Haben sich daraus Cluster entwickelt? Startups aus dem Maschinenbau, der Präzisionsmechanik oder dem Werkzeugbau siedeln sich vornehmlich im Umfeld von Hilti und ThyssenKrupp Presta an. Um Ivoclar Vivadent hat sich ein Zahntechnik-Cluster

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gebildet, während sich Firmen aus dem Bereich Oberflächenbeschichtung und ­ Optik um Oerlikon Balzers ansammeln. ­ ­Viele Firmen sind auch als Spinoffs von den Grossen entstanden. Wo lassen sich die Firmen angesichts des knappen Landes nieder? Land ist schon noch vorhanden, es ist aber sehr teuer. Wer grössere Flächen benötigt, für den wird es schwierig. Die fehlende Personenfreizügigkeit ist ebenfalls ein Problem, auch für die bestehenden Betriebe. Liechtenstein kann den Unternehmen keine

«Eine Einführung der Personenfreizügigkeit scheint derzeit nicht mehrheitsfähig zu sein.» grössere Zahl an Aufenthaltsbewilligungen anbieten. Wir haben damals mit der EU eine Begrenzung der Zuwanderung vereinbart, sollte Liechtenstein ein Teil des EWR werden. Ohne das Zugeständnis einer Sonderlösung durch die EU wäre der Beitritt zum EWR in der Volksabstimmung wohl nicht angenommen worden. Damals wie heute leben viele Ausländer in Liechtenstein, die hiesige Bevölkerung empfindet den Ausländeranteil von rund 34 Prozent als genügend hoch. Die Lösung ist das Grenzgänger-Modell. Heute kommen schon 53 Prozent der Arbeitnehmer am Morgen in

das Land und verlassen es am Abend wieder. Es wäre aus Sicht der Staatseinnahmen natürlich schön, wenn wir mehr Leute hätten, die hier ihren Lohn versteuern und zur Wertschöpfung im Land beitragen würden. Eine Einführung der Personenfreizügigkeit scheint aber derzeit nicht mehrheitsfähig zu sein. Sind Änderungen bezüglich Raum­planung vorgesehen? Grund und Boden in Liechtenstein ist ein sehr emotionales Thema. Derzeit haben wir kein Raumplanungsgesetz. Manche sehen dies als Mangel, andere finden dies gut. Wer durch Liechtenstein fährt, sieht, dass es raumplanerisch die eine oder andere Herausforderung zu meistern gäbe. Wir haben durch die erwähnte Grenzgängerthematik ein Verkehrsproblem, vor allem mit Staus zu den Berufsverkehrszeiten, sowohl auf den Rheinbrücken als auch am wichtigsten Grenzübergang zu Österreich. Dieses Verkehrsproblem mag im Vergleich zu anderen Regionen gering sein, für hiesige Verhältnisse ist es eine Belastung. Wie geht Liechtenstein mit dem ­anhaltenden Fachkräftemangel um? Unser Arbeitsmarkt ist das Rheintal, inklu­ sive St. Gallen, Graubünden und Vorarlberg. Die meisten neuen Arbeitskräfte, die in Liechtenstein einen Job finden, sind wie ­bereits erwähnt Grenzgänger, vor allem aus dem Raum Werdenberg und dem weiteren St. Galler Rheintal. Ungefähr ein Drittel ­davon sind EU-Bürger, die zwecks Arbeit ins Rheintal kommen. Für die Gemeinden in


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der Schweiz und Vorarlberg hat dieses ­Modell den Vorteil, dass es sich häufig um gut ausgebildete Fachkräfte mit guten Löh­ nen handelt, die dort ihre Steuern zahlen. Liechtenstein profitiert also davon, dass die Schweiz und Österreich die Personenfrei­ zügigkeit kennen; es ist aber eine Win-winSituation. Wenn die Schweiz im Rahmen der Umsetzung der Masseneinwanderungs­ initiative die Personenfreizügigkeit aufgibt, wäre dies nicht nur für Liechtenstein ein

«Wir brauchen Arbeitsplätze für weniger qualifiziertes Personal, auch darum ist der Erhalt von Produktionsbetrieben wichtig.» Problem. Unserem Land würden Fachkräfte fehlen, während im Rheintal neue und gute Steuerzahler fortblieben. Deshalb sind wir genauso wie unsere Schweizer Nachbarn daran interessiert, dass die Masseneinwan­ derungsinitiative so umgesetzt wird, dass das Rheintal als Region weiterhin wachsen und wirtschaftlich erfolgreich sein kann.

Staatsoberhaupt Seit 1989 ist Fürst HansAdam II. von und zu Liechtenstein Herrscher im Fürstentum. Seit 2004 obliegen die Staatsgeschäfte allerdings dem Erbprinzen Alois von und zu Liechtenstein. Neben Alois gingen aus der Ehe mit ­Gräfin Marie Kinsky von Wchinitz und Tettau die Prinzen Maximilian und ­Constantin sowie Prinzessin Tatjana ­hervor. Als Staatsoberhaupt verfügt der ­Landesfürst über zahlreiche Rechte, was die Politik im Kleinstaat mit rund 37 000 Einwohnern auf einer Fläche von 160 Quadratkilo­metern betrifft. Er kann b ­ eispielsweise den Landtag auf­ lösen oder vom P ­ arlament und vom Volk b ­ eschlossene Gesetze w ­ iderrufen. Politisches System Die gesetzgebende Gewalt liegt beim Landesfürsten und beim Landtag. Dieser besteht aus 25 Abgeordneten, die nach dem Proporzwahl-

recht für vier Jahre vom Volk gewählt werden. Die Exekutive bildet die fünf­ köpfige Regierung, der Regierungsrat. Parteien Die Politik von Liechtenstein wird vornehmlich durch die beiden gros­ sen Parteien Vaterländische Union und Fortschrittliche Bürgerpartei geprägt, die zusammen eine Koalition bilden und die Regierung stellen. Zurzeit sind auch ­Mitglieder der «Freien Liste» und Abgeordnete der unabhängigen Gruppierung «DU!» im Parlament vertreten. Gliederung Liechtenstein gliedert sich in elf Gemeinden, die auf die beiden ­Wahlkreise Unterland (Eschen, Gamprin, ­Mauren, Ruggell und Schellenberg) und Oberland (Balzers, Planken, Schaan, ­Triesen, Triesenberg und Vaduz) verteilt sind. Die politische Zweiteilung des ­Landes ist historisch bedingt.

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Wie wird sich die liechtensteinische ­Wirtschaft in Zukunft entwickeln? Ich bin grundsätzlich optimistisch. Es gibt natürlich Herausforderungen wie zum Bei­ spiel der starke Franken, das hohe Lohn­ niveau oder die Fachkräftethematik, was dazu führen kann, dass wir Produktions­ betriebe verlieren. Wir brauchen aber auch Arbeitsplätze für weniger qualifizierte ­Arbeitnehmer, auch darum ist der Erhalt von Produktionsbetrieben wichtig. Wir müssen eine Deindustrialisierung ver­hin­ dern. Dazu müssen wir zusätzliche Kos­ tenbelastungen für unsere Unternehmen abwehren. Bei den Reformen der Sozialwer­ ke, die Auswirkungen auf die Lohnneben­ kosten haben werden, braucht es daher ­Augenmass.

Erbmonarchie mit demokratischer Grundlage

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Hatten Sie bisher keine Probleme, an die ­nötigen Fachkräfte heranzukommen? Doch, bei gewissen Fachkräften ist es eine Herausforderung, sie in das Rheintal zu locken. Es fehlt ein urbaner Raum. Bei ­ bestimmten Top-Leuten ist es deshalb ­ schwierig, sie für einen Umzug ins Rheintal zu motivieren. Gefragt sind beispielsweise internationale Schulen, weshalb wir zusam­ men mit St. Gallen die International School in Buchs fördern. Wir wollen für internatio­ nale Top-Leute attraktiv sein, aber es gibt Grenzen. Alles können wir hier nicht bieten. Die Lebensqualität ist aber vor allem für ­Familien sehr hoch.

Das Fürstentum

BERUFSBEGLEITENDE WEITERBILDUNG EXECUTIVE-MASTERSTUDIENGÄNGE (LL.M. / EMBA)

LL.M. im Gesellschafts-, Stiftungs- und Trustrecht Nationales und Internationales Gesellschaftsrecht; Stiftungsrecht: FL, AT, CH, DE; Trustrecht: FL, UK sowie ergänzend HK, SG, US

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LL.M. in Banking and Securities Law Liechtensteinisches, europäisches und internationales Bank- und Finanzmarktrecht, UCITS, AIFM und MiFID II

EMBA in International Asset Management Asset und Wealth Management, Derivate, Risikomanagement, Investmentstrategien, Alternative Investments, Investmentfonds

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Bescheidene Bestseller

Hidden Champions Viele Firmen im Fürstentum gehören zur Weltspitze, ohne dies an die grosse Glocke zu hängen. Fünf Beispiele im Fokus.

ass Spritzen zur Verabreichung von Medikamenten ­eines Tages überflüssig werden, tönt nach Science-Fiction. Aber Pantec Biosolutions aus Ruggell entwickelte ein Gerät, welches eine schmerzlose Behandlung ermöglicht: Es wird P.L.E.A.S.E genannt und steht für Präzise Epidermale Laser-Anwendung. «Das Alleinstellungsmerkmal unserer Methode ist, dass sie zwei Dinge miteinander vereint: Zum einen wird die Wirkung der Medikamente gesteigert und beschleunigt. Zudem ist die Verabreichung einfacher und sicherer», beschreibt Reinhard Braun, Chef der Pantec-Gruppe, das Sensationelle der Erfindung.

Das Lasergerät erzeugt winzige Mikro­ poren in der Haut, ohne Schmerzen oder Schäden. Nach dieser sogenannten Mikro­ pora­tion wird ein Medikamentenpflaster platziert. So kann der Wirkstoff zur gewünschten Hautschicht vordringen, wo er gezielt von den angepeilten Zellen und Rezeptoren aufgenommen wird. Bereits nach 24 Stunden schliessen sich die Mikroporen wieder. Dieser neuartigen Behandlungsmethode ist eine langwierige Entwicklungsphase ­vorausgegangen. Gemäss Braun hat Pantec Biosolutions seit der Gründung der Firma im Jahr 2005 bereits mehr als 20 Millionen Franken von Investoren erhalten, die den Durchbruch dieser medizinischen Neuheit erkannten. Der Marktfokus liegt zunächst in der Dermatologie. Doch die Anwendungs-

Ivoclar Vivadent

Dentaltechnikfirma mit Weltformat Unternehmen Was 1923 mit der Herstellung künstlicher Zähne begann, ist heute eines der weltweit führenden Dentalunternehmen mit integralen Produktsystemen für Zahnärzte und Zahntechniker: Ivoclar Vivadent gehört mit weltweit 3300 Mitarbeitern zu den grössten Arbeitgebern im Ländle. Erfolgsrezept Ein schönes Gebiss ­gehört längst zu den Statussymbolen unserer Zeit. Was auch erklärt, dass dieses Schaaner Unternehmen Jahr für Jahr zulegt und zu den Outperformern der Branche gehört. Ivoclar-VivadentChef Robert Ganley verrät das Erfolgsrezept: «Wir hören den Kunden zu. Sie wünschen sich ein schnelles, einfaches und ästhetisches Resultat. Das genau garantieren unsere Produkte.» Ein Blick auf die Angebotspalette zeigt, dass diesbezüglich keine Wünsche

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­ ffenbleiben. Ivoclar Vivadent ist mit o kompletten Produktsystemen in drei Bereichen tätig: Füllungsmaterialien sowie festsitzende und abnehmbare Prothetik. Perspektiven Bei so vielen technologischen Spitzenerzeugnissen stellt sich die Frage: Wohin geht die Reise? Kann noch etwas verbessert werden? Dazu Robert Ganley: «Die Digitalisierung im Dentallabor und in der Zahnarztpraxis wird weiter rasch voranschreiten. Wir haben die richtigen Produkte und CAD/CAM-Systeme, um an dieser ­Entwicklung teilzunehmen. Unser Ziel ist es, das Angebot kontinuierlich zu optimieren und auszubauen – ganz im Sinn der vorhin erwähnten Devise: Hohe Produktivität, verlässliche Resultate und natürliches, ästhetisches ­Ergebnis.»

möglichkeiten sind vielseitiger, etwa in der Onkologie, der Behandlung von Allergien oder in der therapeutischen Vakzinierung. Marktbeobachter schätzen das Potenzial weltweit auf 80 Milliarden Dollar pro Jahr. zvg

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Mélanie Knüsel-Rietmann

Aus der Scheune zum Marktführer Das erste Domizil der Neutrik, erfolgreichste Anbieterin von elektrischen Steckverbindungen und -systemen, befand sich in einem alten Bauernhaus in Schaan. Im Wohnbereich wurden die Büros der Gründer Bernhard Weingartner und Werner Bachmann eingerichtet. Die Scheune diente als Lager. Der ehemalige Stall war Werk­ stätte und Montageraum zugleich. Ein paar Strassen weiter steht der heutige Firmensitz. Ein Gebäude aus Glas und Stahl, das in seiner Eigenwilligkeit den Innova­ tionsdrang der Bauherrschaft verkörpert. Stellt man die Aufnahme des Bauernhauses daneben, ist eigentlich alles ausgesagt über die Entwicklung vom Zwei-Mann-­Betrieb zu diesem weltweit führenden Anbieter von Audio-, Koaxial-, Strom- und Rundsteckverbindern, das knapp 1000 Mitarbeitende rund um den Erdball beschäftigt. «Ich wollte schon als Bub etwas werden, das mit Konstruieren zu tun hat», erzählt Bachmann. Der HTL-Absolvent hat mit Weingartner alle Entwicklungsepochen von Neutrik begleitet. Die beiden tüftelten ­unentwegt – auch an XLR-Steckern, welche noch heute in mehrmals verbesserter und abgewandelter Form zum Hauptumsatzträger im grossen Sortiment von Klinkensteckern, Klinkenbuchsen, Lautsprechersteckern, Patch-Panels und LichtwellenleiterVerbindungssystemen gehören. Pro Woche werden 1,5 Millionen Steckverbinder produziert und weltweit versandt. Bachmann ist wie alle unsere Gesprächspartner von bestechender Bescheidenheit: «Hauptsache, die Leute arbeiten gerne bei uns und die Kunden sind zufrieden.» So ­zufrieden, dass viele von ihnen seit 40 Jahren Neutrik treu sind.


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Ivoclar Vivadent: Mit weltweit 3300 Mitarbeitern gehört das Unternehmen mit Sitz in Schaan zu den grössten Arbeitgebern im Ländle.

Öfen der Frima Messina Metall in Triesen sind fantastische Feuerskulpturen. Elmar Bargetze, der das Unternehmen zusammen mit seinem Bruder Silvio aufgebaut hat, ist für die Kreation und die Feuertechnik verantwortlich. Er verehrt Hephaistos: Der Schmied der Götter im griechischen Olymp, gleichzeitig zuständig für Pyromanisches, inspiriert ihn immer wieder.

Trilogie der griechischen Heroen Nicht umsonst hat Bargetze mit seinen Stahlgrafiken – eine zweite Leidenschaft neben dem Design und der Verwirklichung von Feuerskulpturen – eine Trilogie der drei bekannten griechischen Heroen Hephaistos, Athene und Aphrodite ge­ schaffen. Sie verkörpern sein Berufsethos: Hephaistos die Hingabe an die Schmiedekunst, Athene, Göttin des Wissens, steht stellvertretend für das hohe technologische Know-how, das hinter seinen Öfen steckt. Und Aphrodite, Sinnbild für Schönheit und Ästhetik, ist gleichbedeutend mit dem ­optischen Eindruck, den der Betrachter empfindet. Bargetzes Grosseltern heizten noch mit einem Kachelofen. Stundenlang hat der Enkel das Feuerchen angeschaut und die wohlige Wärme auf sich einwirken lassen. Als es darum ging, ein eigenes Haus zu bauen, hat er seinen Traum verwirklicht: Ein Ofen, der die Eigenschaften dieser ­Wärmequelle und jene eines Kunstobjekts vereint. «Wir produzieren nur Unikate», betont er. Zwar hat ihn Omas Kachelofen in­ spiriert, wenn es um eine langanhaltende Wärmeabgabe geht. Aber er wollte mehr.

Seine Produkte sollten raumgestaltende Elemente sein. Kein Wunder, findet man sie heute in Wohnräumen von Catania bis Hamburg und von Rostock bis Paris. Seine Kunden schätzen Bargetzes Streben nach Symbiose von Kunstwerk und einer aus­ geklügelten, umweltfreundlichen Holzverbrennungstechnik. Die weltweite Technologieführerin bei Mobil-Schreitbaggern, Fahrzeugen für die Kanalreinigung und industrielle Entsorgung, wurde vor mehr als 100 Jahren ­gegründet. Markus Kaiser führt das gleichnamige Unternehmen aus Schaanwald in der dritten Generation.

Weil der Heimmarkt für diese Produkte beschränkt ist, trifft man heute sogar im Tibet auf Schreitbagger aus dem Ländle. Die Firma Kaiser ist eine typische Vertreterin von inhabergeführten Familien­ betrieben, die es dank einem ungebremsten Innovationsgeist an die Weltspitze ­geschafft haben. Wie ein roter Faden zieht sich der Wunsch nach einer immer noch besseren Problemlösung durch die Firmengeschichte. Schon Kaisers Grossvater war ein begnadeter Tüftler. Dieses Talent erbte sein Sohn Josef. Auf einer Geschäftsreise in Italien sah er Bauern, die Gülle mit Fässern auf Rädern austrugen, und fand ­heraus, wie das funktionierte. Wenig später

stellte er selber solche landwirtschaftlichen Geräte her. Stets auf der Suche nach neuen Produkten, befasste er sich auch erfolgreich mit der Entwicklung von Schreitbaggern. Das sind jene Maschinen, die «Spiderman-like» die verrücktesten Hindernisse wie Steilwände oder dschungelähnliche Gebiete spielend überwinden. Weil der Heimmarkt für diese Produkte beschränkt ist, wurde schon bald eine InternationalisierungsStrategie verfolgt. Heute trifft man sogar im Tibet auf Schreitbagger aus dem Ländle. Markus Kaiser erklärt einleuchtend, wieso: «Schreitbagger eignen sich für Alpregionen mit schwierigen Hanglagen und sind für ­einen sanften Eingriff in die Natur unersetzbar.» Das gesteigerte Umweltbewusstsein fördert den Absatz dieser Maschinen, die an Mondlandefahrzeuge erinnern.

Immer eine Nasenlänge voraus Auch mit Kanalreinigungs-Fahrzeugen sind die Liechtensteiner in Europa und weltweit führend – dank einer raffinierten Methode, mit der eingesetztes Kanalwasser recycliert und wieder in den Reinigungsprozess zurückgeführt wird. «Das reduziert den Wasserverbrauch um rund 24 Millionen ­Liter pro Jahr und Fahrzeug», erklärt Kaiser, der auch die «inneren» Zusammenhänge der beiden Paradeprodukte in seinem Unternehmen aufzeigt: Weil man dem Stand der Technik immer eine Nasenlänge voraus ist, werden im einen Fall Wasserressourcen und im anderen die Landschaften geschont – ganz im Sinn einer zukunftsweisenden, umweltfreundlichen Wirtschaftsweise. handelszeitung | Nr. 3 | 2016

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Brutstätte für Firmengründer

Startups Kurze Wege, unkomplizierte Ämter, fachkundiges Coaching: Liechtenstein ist für Jungunternehmer attraktiv.

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Vera Sohmer

ür seine Firmengründung hätte sich Oliver Stahl, geboren in Deutschland, aufgewachsen in Liechtenstein, keine bessere Ausgangslage wünschen kön­ nen. Als vor sieben Jahren seine Geschäfts­ idee feststand, Firmen mit Snacks zu ver­ sorgen, aktivierte er seinen Bekanntenkreis. Die Idee ging im Ländle um wie ein Lauffeuer und schon waren die ersten 50 Snackboxen platziert. Gut kam nicht nur deren ­Inhalt an – Gummibärchen, Nüsse, Schokoriegel. Sondern auch das Pick-and-Pay-Prinzip, bekannt vor allem im angelsäch­ sischen Raum: Man wählt seine Zwischenverpfle­ gung und wirft den Geldbetrag dafür in eine eingebaute Kasse. Im Gegensatz zu Snack-Automaten ist das Bezahlen also ­Vertrauenssache. Sympathisch zudem: 2 Prozent des Erlö­ ses spendet Stahls Firma für Kinderprojekte ans Rote Kreuz, und die Holzboxen, in ­denen Süsses und Salziges präsentiert wird, produzieren behinderte Menschen im Heil­ pädagogischen Zentrum in Schaan. «Wenn das Produkt stimmt, lässt sich von Liechten­ stein aus schnell wachsen», sagt Stahl. In Kürze hatte er 200 Boxen installiert. Der ­heimische Mark gab bald zu wenig her; der Sprung über die Landesgrenze bot sich an. Inzwischen beliefert der «Snackbox-Ex­ press» auch Schweizer Firmen in den Kan­ tonen Graubünden, Glarus, St. Gallen und Zürich – mehr als 1000 Boxen sind mittler­ weile aufgestellt.

Auf verlässliches Netzwerk bauen Dass man sich kennt im rund 37 000 Ein­ wohner zählenden Fürstentum und auf ein verlässliches Netzwerk bauen kann, schätzt auch Thomas Vogt, Geschäftsführer der 2001 in Balzers gegründeten Firma Adlos, die elektronische Baugruppen entwickelt und produziert. Diese regeln beispiels­ weise Temperatur und Luftfeuchtigkeit in Saunen, steuern Motoren oder optische

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I­nspektionssysteme für Kanalisationen, auszug. Wer nicht vor Ort ist, kann sich die finden sich im Küchenbau ebenso wie in Formulare auf einem Portal herunterladen der Medizinaltechnik oder der Unterhal­ und sie gleich online einreichen. tungselektronik. «Unternehmensgründer zu unterstützen Die heute 13-köpfige Firma wird gerne betrachten wir als Dienstleistung, sie sollen als Vorzeigebeispiel genannt, wenn von nicht vor hohen Hürden stehen», so Thomas ­erfolgreichen Firmengründungen in Liech­ Moll, Leiter des an der Uni Liechtenstein angesiedelten KMU-Zent­ tenstein die Rede ist. Symbo­ lose rums. Es bietet kosten­ lisiere Adlos doch auf beste Erstberatungen für Studie­ Weise die Innovationskraft KMU-Zentrum rende und andere Personen und Kompetenz, welche man aus der Region, welche sich ­hinter mancher unauffälligen bietet kostenlose Firmenfassade vielleicht gar Erstberatung für selbstständig machen wol­ len. Oder es bereits sind und nicht vermutet, hiess es im Personen aus der Rat brauchen in der Wachs­ «Liechtensteiner Vaterland». Region. tumsphase oder dann, wenn Grosses Aufheben zu machen um seinen Werdegang, ist Tho­ sich die Marktbedingungen mas Vogts Sache tatsächlich ändern. Rund 200 Coachings nicht. Und wird er nach den Schlüsseln sei­ führt das KMU-Zentrum pro Jahr durch – nes Erfolgs gefragt, klingt es bescheiden und «das ist viel für ein kleines Land». Das Zen­ bodenständig: Herzblut, Durchhaltever­ trum richtet darüber hinaus zum zwölften mögen, sich nicht zu schade sein, «dem Mal einen Businessplan-Wettbewerb mit Nachbarn den Rasen zu mähen», Fixkosten Preisgeldern von insgesamt 40 000 Franken im Griff behalten und auf kontinuierliches, aus. Adlos gehörte zu den Gewinnern des gesundes Wachstum achten. ersten Wettbewerbs. Wie viele Interessierte nach einer Bera­ Anlaufstellen für Jungunternehmer tung dann tatsächlich ein Unternehmen Seine Heimat als Firmenstandort zu gründen, darüber wird bislang keine Sta­ wählen, wertet Thomas Vogt als goldrichtig. tistik geführt. Was indessen feststeht: Bei Weil es wichtig sei, sich als Unternehmer in ­Studierenden der Uni Liechtenstein ist die einem wirtschaftlich gesicherten und poli­ ­ Absicht gross, dereinst Unternehmer zu tisch stabilen Umfeld niederzulassen. «Sie werden, wie der GUESS-Bericht 2013 bestä­ brauchen einen verlässlichen Partner an tigt. Direkt nach dem Studium wollen zwar ­ihrer Seite.» Nach mehreren Jahren im Sili­ nur 9 Prozent in die Selbstständigkeit oder con Valley wollte er zurück nach Europa. eine eigene Firma. Fünf Jahre nach dem Stu­ Der Anruf eines Kollegen kam damals dium steigt der Wert aber auf 41 Prozent – ­gerade recht. «Er fragte mich, ob ich mit ihm ein Spitzenwert im deutschsprachigen eine Firma gründen will. Einen konkreten Raum. Bei den bereits umgesetzten Grün­ Plan, womit, hatten wir damals nicht.» Die dungen hat Liechtenstein mit einer Quote zündende Idee liess aber nicht lange auf von 13,3 Prozent ebenfalls die Nase vorn. sich warten. Die Firmengründung sei dann Es liegt damit knapp 10 Prozent vor den schnell über die Bühne gegangen – ein deutschsprachigen Nachbarländern. ­weiterer Standortvorteil. Die richtigen An­ Die hohe Gründungsneigung liegt nahe. sprechpartner seien schnell gefunden und Die Uni Liechtenstein, das belegen Ran­ sehr hilfsbereit. Das Amt für Volkswirtschaft kings, ist gut darin, aus Studierenden Unter­ etwa unterhält extra Anlaufstellen und hilft nehmer zu machen. Sie bietet das Mas­ bei allen Formalitäten – von der Gewerbe­ terprogramm Entrepreneurship an. Etwas bewilligung bis hin zum Handelsregister­ ­Vergleichbares gibt es laut Thomas Moll im


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Thomas Vogt: Chef des ­Vorzeigebeispiels Adlos.

Umkreis von 200 Kilometern nicht. Der Studiengang ist international gefragt. 80 ­ Prozent der Interessenten kommen aus der Schweiz, Österreich, Deutschland, Polen oder China. 35 Studierende werden jährlich ins Programm aufgenommen. Jeder Vierte gründet noch während des Studiums oder die ersten Jahre danach seine eigene Firma.

Praxisnahe Ausbildung Im Masterprogramm lernen angehende Unternehmer und Unternehmerinnen nicht nur theoretisch. Sie setzen Ideen praktisch um. Geschäftsmodelle, Business- und Marketingpläne werden hier auf Tragfähigkeit

geprüft, Kontakte zu künftigen Kunden geknüpft. Vom praxisorientieren Modell ­ hat auch Oliver Stahl profitiert. Seine (neue) Geschäftsidee, Firmen neben Snacks mit Früchten zu beliefern, war öfter Gegenstand des Unterrichts. Stahl, ursprünglich Französischlehrer, hat an der Uni Liechtenstein seinen Master of Science in Entrepreneurship absolviert und arbeitet im Moment an ­seiner Abschlussarbeit für den MBA. Sie ist ebenfalls aus der Praxis gegriffen: Kundenpflege beim «Früchtebox-Express». Auch in diesem Geschäftsfeld läuft es rund, sagt der Firmengründer. Und räumt ein: «Anfangs haben wir Lehrgeld bezahlt.»

Johann Baptist Dallinger von Dalling, Detail aus «Der Hof des Reitstallgebäudes in Eisgrub», 1819 © LIECHTENSTEIN. The Princely Collections, Vaduz–Vienna

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Mit Snacks zu handeln, die lange haltbar sind, sei etwas völlig anderes, als Früchte zu zu liefern, die schnell verderben. Inzwischen aber funktioniere die Logistik mit kühlbaren Lieferwagen einwandfrei. Pro Monat werden 4500 Früchteboxen kommissioniert. «Sonntag und Montag sind unsere Actiontage», sagt Stahl. Insgesamt arbeitet er mit 2000 Stellenprozenten, was zirka 20 Arbeitsplätzen entspricht. Zu den Kunden zählen Firmen aus dem Rheintal, Zürich und Basel. Und ein grosser Player aus dem Fürstentum: Werkzeughersteller Hilti ordert pro Woche 100 Boxen, um seine Belegschaft mit Vitaminen zu versorgen.


Michael Hilti: Sohn des Unternehmensgr端nders sowie Verwaltungsrat des Milliardenkonzerns.


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«Die Nähe ist ein Vorteil» Michael Hilti Der Verwaltungsrat des Bautechnikkonzerns über die Vorzüge eines Kleinstaates, die Herausforderungen bei der Personalsuche und den Faktor «Made in Liechtenstein». Interview: Roberto Stefano

Liechtenstein hat seit der Krise am Finanzplatz turbulente Jahre hinter sich. Wie hat sich das Land seither verändert? Michael Hilti: Die gravierenden Veränderungen auf dem Finanzplatz waren nötig, denn das Geschäftsmodell der Vergangenheit funktionierte nicht mehr. Durch den Wandel ist es zu einer Verlagerung gekommen. Neben Treuhand-Dienstleistungen werden heute vermehrt Versicherungs-, Vermögensverwaltungs- oder Fondsservices angeboten. Bei den Banken ist es zu einer Konsolidierung gekommen. Und selbst für die Indus­trieunternehmen haben sich die Rahmenbedingungen verändert und wir müssen vor allem wertschöpfende Tätigkeiten ausführen. Trotz diesen massiven Veränderungen ist die Zahl der Beschäftigten in Liechtenstein gestiegen. Heute bietet das Land über 36 000 Arbeitsplätze. Wie spürt die Bevölkerung den Umbruch? Auch das Fürstentum weist inzwischen ein Staatsdefizit aus. Das kannten wir vorher nicht. Und die Konsequenzen davon sind klar: Der Staat muss Kosten sparen und versuchen, zusätzliche Mittel zu generieren.

Frank Blümler

Weshalb war der Wandel richtig für Liechtenstein? Als Kleinstaat sind wir besonders exponiert. Einen Skandal wie jenen bei VW hätte das Land wohl nicht überlebt. Dies ist ein ­grosser Nachteil eines Kleinstaates. Auf der anderen Seite bringt er den Vorteil, dass wir sehr schnell reagieren können und dies auch getan haben. Die Krise hat unser Selbstbewusstsein zudem positiv verändert. Welche Vorteile bietet der Kleinstaat ­eigentlich einem Unternehmen wie Hilti? Einerseits besteht eine enge Beziehung zur EU über die Mitgliedschaft im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR). Zudem sind wir mit der Schweiz eng verbunden, unter ande-

rem über den Zollvertrag. Diese Position ist einzigartig. Weitere Pluspunkte sind der stabile Staat mit einer hohen Rechtssicherheit, eine sehr gute Sozialpartnerschaft ­sowie eine hohe Leistungsfähigkeit und ein gehobenes Bildungsniveau. Wichtig ist auch die hohe Differenzierung der Wirtschaft mit verschiedenen Hightech-Firmen, die weltweit in ihren Nischen unter den Marktführern sind. Was bringt dem Fürstentum die Nähe zu ­Europa über den EWR? Der EWR hat Stabilität und Ruhe sowie Wirtschaftswachstum gebracht. Es ist schade, dass es die Schweiz verpasst hat, dem EWR beizutreten. In Liechtenstein hatten damals alle Gemeinden dafür gestimmt. Eine an­ dere Lösung kann ich mir heute nicht ­vorstellen, zumal wir als Kleinstaat den bilateralen Weg nicht hätten gehen können. Hilti ist ein Weltkonzern. Wie wichtig ist ­dabei der Faktor «Made in Liechtenstein»? Wir produzieren global an verschiedenen Standorten und die Produkte werden weltweit verkauft. Für die Kunden macht es ­keinen Unterschied, wo unsere Produkte produziert werden. Er erwartet von Hilti die Qualität, für die wir einstehen. Entscheidend ist daher vielmehr die Marke und weit weniger das Ursprungsland. Welche Bedeutung hat Liechtenstein für ­Hilti aus historischer Sicht? Wir sind eng mit Liechtenstein verbunden. Hilti wurde hier gegründet, und es hat bisher keinen Grund gegeben, unseren Stammsitz zu verlegen. Historie ist schön und gut, entscheidend für die Entwicklung des Unternehmens und für all seine Mitarbeitenden sind aber die Gegenwart und die Zukunft. Sollte der Standort eine solche Entwicklung nicht mehr erlauben, dann müssten wir entsprechend reagieren. Hat das Kleinräumige von Liechtenstein Hilti nie eingegrenzt?

Der Unternehmer Name: Michael Hilti Funktion: Verwaltungsratsmitglied Hilti Aktiengesellschaft Alter: 69 Wohnort: Schaan Familie: Verheiratet, eine Tochter Ausbildung: Studium Betriebswirtschaft, HSG St.Gallen Das Unternehmen Die Hilti-Gruppe beliefert die Bauindustrie weltweit mit Produkten, Systemen und Dienstleistungen in der Befestigungstechnik. Berühmt sind die ­roten Maschinenkoffer mit weissem Schriftzug. Die 1941 gegründete Firma beschäftigt 22 000 Mitarbeiter in über 120 Ländern, der Hauptsitz ist in Schaan, Liechtenstein. Hilti erwirtschaftete 2014 einen Umsatz von 4,5 Milliarden Franken.

Nein. Wir waren schon sehr früh gezwungen, die Weltmärkte anzusprechen, da der Heimmarkt zu klein für uns wurde. Mit der Internationalisierung des Geschäftes kam auch die Internationalisierung der Belegschaft, denn es ist selbstredend, dass das notwendige Potenzial nicht im Lande in ausreichendem Masse verfügbar war. Infolge der sehr rigiden Zuwanderungsbestimmungen war das Schwergewicht immer auf Brain Capital ausgerichtet und nicht auf ­billige Arbeitsplätze. Das kam auch Liechtenstein zugute. Der Kleinstaat hat noch ­einen weiteren Vorteil: die Nähe. Wir können die Regierungsmitglieder und selbst den Fürsten direkt ansprechen, wenn uns etwas beschäftigt. Dem Fürstenhaus liegt viel daran, dass sich das Land erfolgreich entwickelt, und so ist das Fürstenhaus wie der Fürst selbst ein sehr stabilisierendes } Element. handelszeitung | Nr. 3 | 2016

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Wie gelingt es Ihnen, die nötigen Fachkräfte zu rekrutieren? Am Hauptsitz in Schaan arbeiten Menschen aus rund 60 Nationalitäten, darunter viele Spezialisten und Führungskräfte. Es ist na­ türlich auch für uns eine Herausforderung, diese Fachleute hierher zu bringen. Ent­ scheidend ist, wie attraktiv ein ­Unternehmen als Arbeitgeber ist, wie das Arbeitsumfeld ausgestaltet ist und dass ein innovatives und attraktives Produkteprogramm vorhanden ist. Das erzeugt Iden­tifikation und die emo­ tionale Bindung, den Antrieb, die Extramei­ le zu gehen. Hilti zählt gemäss dem Institut Great Place to Work zu den 25 besten multi­ nationalen Arbeitgebern der Welt. Dies zahlt sich bei der Rekrutierung aus. Wie fällt die Reaktion bei potenziellen ­Mitarbeitern aus, wenn Sie erstmals nach Liechtenstein kommen? Es ist sicherlich eine schwierigere Aufgabe, jemanden für das kleine Land beziehungs­ weise unsere Region zu begeistern, der aus einer Metropole kommt. Grösstenteils ­gelingt es dennoch. Und häufig ist es dann so, dass sie nicht mehr wegwollen. Das tolle Freizeitangebot, die hohe Lebensqualität und allgemein die Sicherheit werden sehr geschätzt. Aufenthaltsbewilligungen vergibt das ­Fürstentum jedoch nur sehr restriktiv. Das ist so. In der Vergangenheit haben wir stark von der Regelung mit dem Kanton St. Gallen profitiert. Wenn aber die Schweiz die Masseneinwanderungsinitiative wie

«In den vergangenen Jahren ­haben wir am Hauptsitz viel ­investiert. Wir glauben an den Standort Liechtenstein.» g­ efordert umsetzt, werden wir als angren­ zende Region erhebliche Probleme haben. Viele unserer Mitarbeitenden wohnen in der Schweiz. Sollten die Auswirkungen gra­ vierend sein, dann muss Liechtenstein eine neue Lösung suchen und die Zuwande­ rungsregelung anpassen. Wenn wir das nötige Personal nicht mehr bekommen, ­ müssten wir schlimmstenfalls Ver­la­ge­run­ gen von Tätigkeiten ins Auge fassen. Nun macht den Liechtensteiner Firmen ­zusätzlich der starke Franken zu schaffen. Das Problem kennen wir wie die Schweizer Firmen bereits seit 2011. Wir mussten Mass­ nahmen ergreifen, von denen wir heute pro­ fitieren – wie beispielsweise Verlagerungen

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Frank Blümler

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Michael Hilti: «Unsere Firma zählt zu den 25 besten multinationalen Arbeitgebern der Welt.»

von Tätigkeiten und Beschaffung in den ­Euro-Raum mit dem Ziel eines natürlichen Hedgings des Euro. Als global agierendes Un­ ternehmen haben wir natürlich einen Vorteil gegenüber lokalen Firmen, deren Kosten ­primär in Franken anfallen. Auf der anderen Seite machen uns heute andere Währungen wie zum Beispiel der Yen, der Rubel, der bra­ silianische Real oder auch der australische und der kanadische Dollar zu schaffen, wo praktisch kein «natural hedging» möglich ist. Eine Verlagerung Ihres Standortes aus Liechtenstein kommt nicht in Frage? Wir haben andere Pläne. In den vergan­ genen Jahren haben wir am Hauptsitz viel ­investiert und beispielsweise ein neues Innovationszentrum mit mehr als 400 ­ ­Arbeitsplätzen gebaut. Wir glauben an den Standort Liechtenstein. Haben Sie Alternativen geprüft oder ist Liechtenstein eine Herzensangelegenheit? Wir haben auch Alternativen geprüft, schliesslich verfügen wir über Entwick­ lungsstandorte in Deutschland, den USA und China. Für uns war aber schnell klar, dass die Forschung und ein Teil der Ent­ wicklung hier bleiben müssen. Denn die Entwickler brauchen die Nähe zu unseren Geschäftseinheiten und zur Fertigung, nicht zuletzt auch wegen der engen Verflechtung von Produktentwicklung und der Entwick­ lung neuer Produktionsverfahren. An unse­ rem Hauptsitz ist über die Jahrzehnte ein enormes Fachwissen gewachsen, das wert­ voll ist und nicht ohne Weiteres anderswo­ hin transferiert werden kann. Und last, but not least, Liechtenstein liegt in Europa doch sehr zentral. Welche Rolle haben die Universität Liechtenstein und die umliegenden Hochschulen in diesen Überlegungen gespielt?

Wir arbeiten in der Region wie auch in­ter­ national mit zahlreichen Universitäten und Hochschulen zusammen. Bei dem an der Universität Liechtenstein ange­ siedelten ­ Hilti-Lehrstuhl für Business ­Process Management geht es darum, die Möglichkeiten der fortschreitenden Digi­ talisierung und damit der steigenden Be­ deutung der Informationstechnologie wie auch von Geschäftsprozessen aufzuzeigen und zur Steigerung der Produktivität zu nutzen. Die Universität Liechtenstein ist zwar klein, arbeitet diesbezüglich aber in verschiedenen Projekten mit uns zu­ sammen. Und sie ist natürlich auch eine Ressource, um Nachwuchskräfte zu re­ krutieren. Wie beurteilen Sie die Zukunft von ­Liechtenstein? Grundsätzlich positiv. Selbstverständlich ist Liechtenstein gefordert. Wie viele andere Staaten müssen wir inzwischen ein Defizit ausgleichen. Das bedingt, dass man sich von Liebgewonnenem unter Umständen trennen muss, dass man restrukturiert und unter Umständen auch neue Wege gehen muss – Stichwort z. B. Gemeindefusionen. Veränderungen sind auch im Bildungs­ wesen erforderlich sowie bei den Sozialsys­ temen, die langfristig nicht mehr gesichert sind. Diesen Herausforderungen müssen wir uns stellen. Was muss das Fürstentum tun, um für ­Firmen auch zukünftig attraktiv zu bleiben? Grundsätzlich laufen die heutigen Be­­stre­bungen in die richtige Richtung, und Liechtenstein als Kleinstaat hat auch die Möglichkeit, schneller zu reagieren. So­lan­ge Liechtenstein für die Betriebe attraktive und ­zukunftsorientierte Rahmenbedingungen bietet, bleibt es ein guter Standort.


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Der Standort zieht an

Finanzplatz Die Transformation der Branche ist nicht abgeschlossen. Dennoch erreichten die verwalteten Vermögen einen Rekordstand.

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Roberto Stefano

er Schock war riesig im Fürstentum, als 2008 die Liechtensteiner Steueraffäre öffentlich wurde. Und die Wellen, die diese Erschütterung auslöste, führten auf dem traditionsreichen Finanzplatz zu schwerwiegenden Umwälzungen. Angesichts der neuen Ausgangslage wählte das Fürstentum die Flucht nach ­ vorne und setzte dabei auf die Weissgeldstrategie. D ­ iese führte zu einem tiefgreifenden Transformationsprozess. Mit der Einführung des Automatischen Informationsaustauschs Anfang des Jahres setzte Liechtenstein den jüngsten Meilenstein – und zählt damit zu den Vorreitern in Sachen Steuertransparenz.

Transformationsprozess läuft weiter Noch ist der Transformationsprozess auf dem Finanzplatz aber nicht abgeschlossen, da die Bereinigung einer Kundenbasis, die über mehrere Jahrzehnte aufgebaut wurde, sehr aufwendig und beratungsintensiv ist. Dennoch konnten die Liechtensteiner ­Banken einschliesslich der ausländischen Gruppengesellschaften hinsichtlich der verwalteten Vermögen einen neuen Höchstwert erreichen. Gemäss den aktuellsten ­Daten aus dem Jahr 2014 wurde in diesem Jahr mit 216 Milliarden Franken die Rekord­ summe aus dem Jahr 2007 sogar übertroffen. Dass trotz schwierigem Marktumfeld und hohen regulatorischen Anforderungen

Neugelder angezogen werden konnten, wird vielerorts als positives Zeichen für die Attraktivität des Finanzplatzes Liechtenstein gewertet. Weniger erfreulich ist die Entwicklung bei den Erträgen der Finanzhäuser, die mit 223,9 Millionen Franken im Jahr 2014 nur noch rund ein Viertel des Wertes vom 2007 ausmachen. Entsprechend erwarten Experten eine anhaltende Konsolidierung auf dem Bankenplatz, insbesondere bei den jüngeren Finanzinstituten, die erst nach dem Beitritt des Fürstentums zum EWR entstanden sind. Weniger Bedenken haben sie für die grossen Traditionshäuser Liechtensteinische Landesbank, LGT und VP Bank.

AIA

Das Gesetz ist in Kraft Vorläufer Anfang Jahr hat Liechtenstein den Automatischen Informationsaustausch (AIA) in Steuersachen eingeführt. Ab 2017 soll dann der Datenaustausch mit der EU stattfinden. Damit gehört das Fürstentum zu den führenden Staaten bezüglich internationaler Steuerkooperation. Die Schweiz wird die ersten Daten ausländischer Kunden ab 1. Januar 2017 sammeln.

Doch nicht nur die Banken haben gelitten. Auch andere Finanzintermediäre haben die Veränderungen am Markt zu spüren bekommen. Zwar ist es einigen Marktteilnehmern gelungen, im Rahmen dieser Jahre der Transformation erfolgreich alternative Geschäftsmodelle zu entwickeln und ­wieder neue Kunden nach Liechtenstein zu ­holen. Vor allem kleinere Finanzdienstleistungsunternehmen, insbesondere aus dem Treuhandsektor, blieben aber auf der Strecke.

Besonderheit als Pluspunkt Heute setzt der Finanzplatz, der für 24 Prozent des Bruttoinlandproduktes des Fürstentums verantwortlich ist und rund 5000 Personen oder 16 Prozent der Erwerbstätigen im Land beschäftigt, verstärkt auf die Standortvorteile des Kleinstaates, wenn es um die Akquisition neuer Gelder geht. Neben Werten wie Tradition im Finanzgeschäft, hohes Fachwissen und Qualität der Dienstleistungen oder politische Stabilität besitzt das Fürstentum eine Besonderheit: Dank der Zugehörigkeit zum Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) sowie einem Zollvertrag mit der Eidgenossenschaft verfügen die Finanzdienstleister aus Liechtenstein über einen Marktzugang zur EU und zur Schweiz. So profitieren die Banken in Liechtenstein beispielsweise von der Schweizer Finanzmarktinfrastruktur, wie dem Zahlungsverkehrssystem oder der Börse, sind im Vertrieb ihrer Produkte in der EU aber nicht benachteiligt, wenn sie die regulatorischen Vorgaben der EU erfüllen.

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Innovative Ansätze

Stiftungen Welche Aufsicht einer modernen Stiftungsrechtsordnung gut ansteht.

Dominique Jakob und Klaus Tschütscher

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as Fürstentum Liechtenstein ist traditionell als Privatstiftungsrechtsordnung bekannt und hat sich in den Wirren der Steueraffären fast unbemerkt zu einer hochmodernen Stiftungsrechtsordnung aufgeschwungen. Dies zeigt sich am neuen Governance-System, das der Privatautonomie der Beteiligten eine nochmals gesteigerte Bedeutung zumisst. Schon der Stifter kann durch das Aus­ tarieren gemeinnütziger und privatnütziger Zwecke eine grundsätzliche Entscheidung hinsichtlich der Modalitäten von Errichtung und Aufsicht treffen: Überwiegend gemeinnützige Stiftungen unterstehen einer öffentlichen Stiftungsaufsicht; bei überwiegend privatnützigen Stiftungen wird die Aufsicht im Grundsatz durch die Begünstigten wahrgenommen. Macht der Stifter von der Möglichkeit Gebrauch, private Kontrollorgane zu installieren oder die Stiftung freiwillig der Staatsaufsicht zu unterstellen, können die Begünstigtenrechte wieder auf einen Kernbereich reduziert werden. Zudem haben die Stiftungsbeteiligten Antragsrechte an die Behörde respektive das Gericht. Zusam­ men­fassend kann eine ganz grundsätzliche und neuartige Weichenstellung festgestellt werden: Stiftungsaufsicht ist nicht mehr ­exklusiv einer Behörde vorbehalten, sondern wird als ein privatautonomes Gestaltungsanliegen verstanden. Dies ist modern, weil es die notwendigen Standards wahrt, die ö ­ ffentliche Hand entlastet und Privat­ autonomie und staatliche Aufsicht in einem subtilen Zusammenspiel vereint.

Voneinander lernen und profitieren Während durch den Ansatz in Liechtenstein die «Governance-Ebenen» des Gesetzgebers und des Stifters einfallsreich ver­ woben werden, setzt die Schweizer Innovationskraft auf der Ebene der Handlungs­ organe an. Letzteren wurde mit dem «Swiss Foundation Code» eine ehrgeizige, wenngleich flexible und freiwillige Benchmark gegeben. Der privat entwickelte Code wurde im Jahre 2015 neu gefasst und gehört zu den innovativsten und modernsten Gover-

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nance-Kodizes in Europa. Hiervon können andere Stiftungsrechtsordnungen, wie etwa Liechtenstein, profitieren. Nicht nur die liechtensteinischen Gerichte, auch der Markt der (vor allem gemeinnützigen) Stiftungen kann durch die Orientierung an einer Governance-Benchmark einen Schritt nach vorne tun. Der Wunsch des Fürstentums und seiner Marktteilnehmer, zukünftig ein «Hub» für gemeinnützige Stiftungen zu sein, würde mit weiterem Leben gefüllt. Doch auch die Schweiz kann lernen. Überschiessende oder vorauseilende Umsetzungen, etwa der inhaltlich unter Ex­ perten hoch umstrittenen Empfehlungen der bei der OECD angesiedelten Financial ­Action Task Force (FATF), drohen das hohe Gut der Stifterfreiheit und Privatautonomie im Schweizer Stiftungswesen zu erdrücken. Es ist elementar, innovative Ansätze in der Wissenschaft und gelungene Beispiele in der Nachbarschaft zur Kenntnis zu nehmen. Dies betrifft die Rechte von Beteiligten, die eine Aufsichtsfunktion wahrnehmen, aber auch gemischte Stiftungsmodelle, deren Potenzial in der Schweiz weitgehend brachliegt.

StiftungsZweck

Gemeinnützige Vehikel legen zu Totalrevision Die Zahl gemeinnütziger Stiftungen und Organisationen steigt weltweit. Dies gilt auch für das Fürstentum Liechtenstein, welches das Stiftungsrecht im ­Rahmen der liechtensteinischen ­Finanzmarktstrategie total revidiert hat. Das Stiftungswesen in ­Liech­tenstein ist, anders als in der Schweiz, traditionell stark auf ­privatnützige Zwecke ausgerichtet. Zahlen Per Ende 2014 zählte die Aufsichtsbehörde in Liechtenstein 20 317 nicht einge­tragene Stif­ tungen und 1765 eingetragene ­Stiftungen, wovon 1239 ­gemein­nützige Stiftungen waren.

Im Wettbewerb der Rechtsordnungen wird jener Standort reüssieren, der die ­Leitwertungen Transparenz und Vertraulichkeit, Privatautonomie und Governance in die bestmögliche Konkordanz bringt. Zwar werden in der Schweiz immer wieder Diskussionen geführt, in die strate­ gischen Schnittstellen wagt man sich aber nicht.

Mögliches Erfolgsrezept für alle Das Stiftungswesen verändert sich. Das betrifft privatnützige Stiftungen, die weiter die Nachwirkungen der Schwarzgeldkrisen der letzten Jahre spüren. Aber auch gemeinnützige Stiftungen stehen unter Legitimitätsdruck. Sie wurden nicht nur in den Empfehlungen der FATF als missbrauchsgefährdet gebrandmarkt. Auch der aufkommende «Philanthropiekapitalismus» wird kritisch gesehen, weil er als ichbezogenes Investmentvehikel und Steuersparmodell zu Lasten der Allgemeinheit verwendet werden kann. Die Folge ist ein Streben nach Transparenz und fortschreitender Regu­ lierung, häufig ohne Problembewusstsein und zivilgesellschaftliche Diskussion. Dabei sind Stiftungen bedeutsamer denn je: Nicht erst die Flüchtlingskrise zeigt, dass hochentwickelte Staaten an ihre Grenzen gelangen und die Initiative Privater für das Fortkommen der Gesellschaft entscheidend sein kann. Von dieser Warte aus darf die private Vermögensstrukturierung unter Einbezug von geeigneten (Stiftungs-) Standorten kein verpöntes Thema sein. Gemeinnützigkeit und Privatnützigkeit ­ schliessen sich nicht aus, sondern können voneinander abhängen und sich harmonisch ergänzen. Die Frage lautet daher: Was ist der Zweck von Transparenz und wie steht er zu den anderen wichtigen Wertungen, etwa der Vertraulichkeit? Das In-Einklang-Bringen von Wertungen ist die Kunst unserer Zeit und bestimmt Wettbewerb und Erfolg der Stiftungsstandorte. Der Governance-Ansatz in Liechtenstein ist hierfür ein gutes Beispiel. Dominique Jakob, Ordinarius für Privatrecht, Leiter Zentrum für Stiftungsrecht, Universität Zürich, und Klaus Tschütscher, Ex-Regierungschef Liechtenstein, Verwaltungsrat, u.a. Swiss Life und DMG Mori Europe.


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Zielmarkt Europa

Versicherungen Weshalb sich die noch junge Branche am Standort Liechtenstein zu einem wichtigen Faktor entwickelt hat.

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der diversen Gesetzgebungen im Ausland aufgebaut. Zielmärkte sind insbesondere er an den Finanzplatz Deutschland, Österreich, die Schweiz, Liechtenstein denkt, der Grossbritannien, Italien und Schweden, die denkt nach wie vor zu- mit einer breiten Palette an Versicherungserst an Banken, Stiftun- lösungen bedient werden. gen und VermögensverNoch ist die Grösse des Versicherungswalter, die im Fürstentum über eine jahr- sektors im Vergleich zum Bankenplatz zehntelange Tradition verfügen. Doch nicht ­bescheiden. Die verwalteten Kundenvernur Finanzinstitute schätzen die Standort- mögen der Assekuranzen beliefen sich Ende vorteile des Kleinstaates. Seit Mitte der 2014 auf 30 Milliarden Franken, jene der 1990er-Jahre ist im Ländle die Versiche- Banken ohne Gruppengesellschaften lagen rungsindustrie zu einem ernst zu nehmen- bei 133 Milliarden Franken. Gleichwohl den Faktor gewachsen. Und zählt das Fürstentum im Janudie Zeichen stehen gut, dass ar 2016 bereits 41 Anbieter im das Wachstum in der Branche Bereich Lebens- und Sach­ Liechtenstein auch in den kommenden Jahversicherungen sowie sogeerwartet neue ren fortgesetzt werden kann. nannte Captives. Die Zahl ist Anders als beim Bankenüber die vergangenen zehn Ansiedlungen platz ist die Geschichte des von Versicherern Jahre stetig gewachsen, soVersicherungsstandorts Liechdass die Versicherungsbrantenstein noch relativ jung. Den aus dem Ausland. che zu e­inem bedeutenden Grundstein dazu bildeten die Arbeit­geber im Ländle geworUnterzeichnung des EWR-Abden ist. «Der gesamte Versikommens im Jahr 1995 sowie die anschlies­ cherungs- und Vorsorgebereich bietet über sende Anpassung der Versicherungsgesetz- 800 Arbeitsplätze, 600 davon arbeiten bei gebung an die europäischen Normen. Versicherungsunternehmen», so Voigt. Die ­Dadurch erhielten Assekuranzen aus dem Branche gehöre zu den grössten und proFürstentum den Zutritt zum gesamten duktivsten Wirtschaftszweigen des Landes. EU-Raum sowie zur Schweiz, mit der ein ­Direktversicherungsabkommen abgeschlos- Versicherungsfreundliches Umfeld Vor allem internationale Sachversicherer sen werden konnte. «Liechtenstein ist nach wie vor das einzige Land mit Zugang zum haben die Vorzüge des Versicherungsstandgesamten europäischen Markt inklusive der orts Liechtenstein entdeckt. Entsprechend Schweiz», sagt Caroline Voigt Jelenik, Prä­ sind vor allem bei Schadenversicherungen sidentin des Liechtensteinischen Versiche- die Prämieneinnahmen in den letzten Jahrungsverbandes (LVV). ren gestiegen. «Dieser Trend wird unserer Diese Ausgangslage nutzen die Versiche- Einschätzung nach anhalten und wir rechrer, indem sie aus dem Fürstentum ihre Pro- nen mit weiteren Ansiedlungen», erwartet dukte in die verschiedenen Märkte vertrei- die LVV-Präsidentin. Interessant ist für ben. Die regulatorischen Vorgaben der EU ­Versicherer, laut Voigt, die Möglichkeit des werden dabei strikte umgesetzt. Angesichts gleichzeitigen Betreibens einer Lebens- und der geringen Grösse des Heimmarktes rich- Nichtlebensversicherung, da das Fürstentete sich die Branche im Fürstentum schon tum im Rahmen der Solvency-II-Richtlinien früh auf die internationalen Absatzmärkte das Spartentrennungsgebot aufgelockert aus. Entsprechend haben sie eine Expertise hat. «Unter gewissen Bedingungen darf ein

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Roberto Stefano

Caroline Voigt Jelenik: Präsidentin Liechtensteinischer Versicherungsverband (LVV).

Lebensversicherungsunternehmen auch das Unfall- und Krankenversicherungsgeschäft betreiben und umgekehrt», sagt sie. Unterstützt wird der Ausbau des Ver­ sicherungsplatzes durch die Regierung. Sie erarbeitet gemeinsam mit den Marktteilnehmern und den Verbänden eine Strategie für die Zukunft mit dem Ziel, die Bedeutung des Versicherungsstandorts weiter zu stärken. Die Voraussetzungen dazu sind im Fürstentum dank versicherungsfreundlichen Rahmenbedingungen durchaus gegeben. So profitieren sowohl die Kunden als auch die Versicherungsgesellschaften von einem modernen Steuersystem und einer ­liberalen Gesetzgebung. «Mit der einheit­ lichen Ertragssteuer von 12,5 Prozent für Unternehmen sind sämtliche Fiskalabgaben abgegolten», sagt Voigt. Neben den steuerlichen Vorteilen profitieren die Ver­ sicherer auch von der politischen Stabilität und der soliden finanziellen Situation des Landes. Ebenfalls positiv zu werten ist, dass das Fürstentum eine strikte Weissgeldstrategie verfolgt und sich zum Automatischen Informationsaustausch (AIA) bekennt – die Gefahr von negativen Schlagzeilen im ­Zusammenhang mit Steueroptimierungen kann dadurch minimiert werden. «Wir gehen davon aus, dass es in Liechtenstein in den nächsten Jahren zu Neugründungen kommen wird», erwartet die LVVPräsidentin. Der Standort sei für Lebens-, Schadens- und Rückversicherungen optimal. Zudem sei noch viel Potenzial im Markt vorhanden. «Der demografische Wandel, der Bedarf an Altersvorsorge sowie die Zunahme an Naturkatastrophen zeigen, dass der Bedarf und die Nachfrage nach Versicherungen hoch bleiben werden», so Voigt. handelszeitung | Nr. 3 | 2016

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Marco «Büxi» Büchel: Ex-Skirennfahrer und Markenbotschafter für Liechtenstein.


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Das Gesicht des Ländles

Marco Büchel Er ist Frohnatur, Kommunikator sowie Antreiber in einem – und Markenbotschafter für das Fürstentum Liechtenstein.

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Robert Wildi

Matthias Kummer

nter den pfeilschnellen Pis­ tenathleten mit ihren haut­ engen Renndressen und ver­ bogenen Stöcken trug er den Spitznamen «Tante Trudi». Marco Büchel war über Jahre nicht nur ein begnadeter Allrounder im Ski-Weltcup, son­ dern auch eine redselige Stimmungskanone im sonst ernsten Profisportgeschäft. «Ich ­erzählte meinen Kollegen zwar selten Mär­ chen, aber dafür sonst so einiges, was sie häufig zum Lachen brachte», erinnert sich der schweizerisch-liechtensteinische Dop­ pelbürger, den die TV-Zuschauer als «Büxi» aus Interviews im Zielgelände in bester Er­ innerung haben. In seiner 19-jährigen Ski­ profikarriere von 1991 bis 2010 reichte es «Büxi» zu vier Weltcup-Siegen in Abfahrt und Super-G, 18 Podestplätzen und 1999 ­sogar zu WM-Silber im Riesenslalom. Seine Racing-Skis und Rennanzüge hat Büchel inzwischen im Keller verstaut. Das Talent zum Kommunizieren ist ihm geblie­ ben. «Irgendwie scheint mir das gute Mund­ werk angeboren. Zum Glück, denn mein handwerkliches Geschick ist eher beschei­ den», lacht der verheiratete 44-Jährige. Kör­ perlich ist Büchel nach wie vor topfit und durchtrainiert. Auf den Skipisten trifft man ihn kaum mehr, stattdessen bezwingt er die Berge heute lieber in der umgekehrten Richtung: Auf winterlichen Skitouren durch den Tiefschnee oder im Sommer als Berg­ läufer in Joggingschuhen. «Wenn möglich trainiere ich täglich, halte mich dabei aller­ dings nicht mehr an Pläne, sondern an mein Lust-und-Laune-Prinzip.»

Gefragt an allen Ecken und Enden Gute Laune, aber auch Kompetenz und fundiertes Wissen verbreitet Marco Büchel heute auf verschiedenen TV-Stationen. Das ZDF hat den Liechtensteiner als Experten und Ko-Kommentator für die Ski-WeltcupLiveübertragungen unter Vertrag genom­ men. Auf SRF 2 moderiert «Büxi» die zwölf­

teilige Dokumentation «Mein Weg nach Rio» und begleitet zwei Jahre lang Schweizer Teilnehmende der Sommerolympiade 2016 aus unterschiedlichen Sportarten. Sein ­direkter und emphatischer Zugang zu den Athleten kommt gut an. Er sei eben ein Men­ schenfreund und stets neugierig, indivi­ duelle Geschichten und Schicksale zu er­ fahren. «Das Medium Fernsehen fasziniert mich ohnehin von jeher», räumt Büchel ein. Doch allein das Talent zum Reden reicht bei seinen heutigen Tätigkeiten nicht aus. In verschiedenen Moderations- und Kom­ munikationsschulungen lernte er, worauf es beim Fernsehen ankommt. Nämlich, die

«Ich bin froh, grundsätzlich mit einem sonnigen und optimistischen Gemüt durch die Welt gehen zu können.» Botschaft in möglichst kurzen und präzisen Sätzen wiederzugeben. Als klassischer Sport­ moderator sieht er sich nicht, zu gross ist sein Respekt vor dieser anspruchsvollen Aufgabe. Lieber wird er weiterhin spannende Hintergrundgeschichten realisieren. Gefragt ist auch Büchels grosser Erfah­ rungsschatz als ehemaliger Spitzenathlet. Etwa auf Rednerbühnen, wo er eloquent über Themen wie Disziplin, Motivation und Ehrgeiz spricht. Ausserdem ist er Mitglied der Arbeitsgruppe «Material und Sicher­ heit» des Internationalen Skiverbands FIS, Athletenbotschafter der Stiftung «Right to Play» sowie Stiftungsrat bei Special Olym­ pics Liechtenstein.

Werbeträger für das Fürstentum Freude bereitet «Büxi» die Tatsache, dass ihm verschiedene Organisationen auch mehr als fünf Jahre nach dem letzten Welt­ cuprennen als Werbeträger die Treue hal­ ten. Dazu gehören nicht nur Unternehmen

wie Audi, Head oder die LGT Bank, sondern auch sein Heimatland, das Fürstentum Liechtenstein. Als offizieller Botschafter für Liechtenstein Marketing ist Büchel so etwas wie das Gesicht des Ländles. Eine schöne Aufgabe für ihn. «Ich darf Liechtenstein bei internationalen Auftritten repräsentieren, Gäste wie Staatsangestellte, Botschafter oder Politiker aus dem Ausland hier bei uns betreuen und versuche dabei stets, eine sympathisch emotionale Verbin­ dung zu unserem Land herzustellen.» Das gelingt Büchel aus persönlicher Überzeu­ gung. «Liechtenstein ist ein interessanter Standort, zentral gelegen im Herzen Euro­ pas mit einer einzigartigen politischen und wirtschaftlichen Stabilität.» Auch mit Ver­ tretern der nationalen Wirtschaft kommt der Ex-Sportler oft in Berührung. Etwa wenn sich liechtensteinische Firmen an ausländi­ schen Events und Messen präsentieren und dafür Büchels Präsenz erwünschen. «Bei solchen Gelegenheiten trete ich auch mal mit Anzug und Krawatte auf.»

Sport als Ventil Das Repräsentieren bereitet ihm wenig Mühe. «Ich bin froh, grundsätzlich mit ­einem sonnigen und optimistischen Gemüt durch die Welt gehen zu können», charakte­ risiert er sich selbst. Natürlich gebe es Tage, an denen ihm das Lachen nicht so einfach über die Lippen gehe. «Dann ziehe ich mich nach Möglichkeit gerne in die Berge zurück und benutze den Sport als Ventil.» Büchels Bewegungstrieb ist ausgeprägt. Schon als Skirennfahrer ging er zum Tief­ seetauchen und stürzte sich als wagemuti­ ger Fallschirmspringer und Base-Jumper aus Flugzeugen und von Klippen. Das Alter hat ihn ruhiger gemacht. Wandern, Motor­ radfahren und Bergläufe füllen heute seine Freizeit aus. Auch weiss «Büxi» dank dem intensiven Studium verschiedener Tages­ zeitungen bestens über das Weltgeschehen Bescheid und taucht gern in ein gutes Buch. Wer viel kommuniziert, braucht eben auch stets neue Nahrung fürs Gehirn. handelszeitung | Nr. 3 | 2016

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Klein, aber fürstlich

Tourismus Ein neues Marketing- und Produktmanagement soll die Ferien-, Ausflugs- und Business-Travel-Destination Liechtenstein attraktiver machen.

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Denise Weisflog

etzten Oktober verabschiedete der Liechtensteiner Landtag ein neues Gesetz zur Standortför­ derung. Zu den drei Geschäfts­ bereichen, die darauf unter dem Dach von Liechtenstein Marketing geschaf­ fen wurden, gehört auch der Tourismus. Hauptziel der neuen Strategie ist es, da­ für zu sorgen, dass Liechtenstein als Ferien-, Ausflugs- und Business-Travel-Destination attraktiver vermarktet werden kann. Um dies zu erreichen, sollen das Berg- und das Talgebiet mit einem eigenen Marketing-

und Produktmanagement für unterschied­ liche Angebote ausgestattet werden. Dabei werden die Berge als Region für naturnahe und sportliche Ferien positioniert, während die Werbung für das Tal auf den Geschäftsund Kulturtourismus fokussiert. Die Ziele sind für beide Gebiete dieselben: Das tou­ ristische Angebot soll stetig erweitert, zu­ dem sollen neue Vertriebswege wie Internet oder Online-Marketing aufgebaut und wei­ tere Gästesegmente erschlossen werden.

Schweizer an der Spitze Heute lässt sich die relative Bedeutung des liechtensteinischen Tourismus mit je­

Malbun: Das Bergrestaurant Sareis auf 2000

ner in Regionen des Schweizer Mittellandes vergleichen. Beispielsweise mit dem Kanton Baselland oder Teilen des Kantons Waadt und des Berner Juras. Laut einer Grund­ lagenstudie, die das Zürcher Beratungs­ unternehmen BHP – Hanser und Partner vor gut einem Jahr durchführte, beträgt die jährliche direkte und indirekte touristische Wertschöpfung in Liechtenstein 57 bis 75 Millionen Franken oder 1,1 bis 1,4 Prozent der Bruttowertschöpfung der Gesamtwirt­ schaft. 490 bis 720 Vollzeitäquivalente hän­ gen von der ausländischen Nachfrage nach touristischen Leistungen im Fürstentum ab, was 1,6 bis 2,3 Prozent aller auf Normal­

LIECHTENSTEINER Premiumhotels

Park Hotel Sonnenhof 4 Sterne Superior Das am höchsten zertifizierte Haus Liechtensteins ist das Park Hotel Sonnenhof. Die feine «Relais & Châteaux»-Residenz liegt auf der Höhe des Schlosses oberhalb von Vaduz und überblickt die Weinberge, das Rheintal sowie die Alpen. Sie verfügt über eine hoteleigene Parkanlage, 29 Zimmer und Suiten in verschiedenen Stilen sowie einen 40 Quadratmeter grossen Konferenzraum samt Terrasse. Das Gourmetrestaurant Marée ist zurzeit mit einem Michelin-Stern und zwei GaultMillau-Hauben ausgezeichnet.

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Familienhotel Gorfion 4 Sterne Das familiäre Haus mitten im Naturschutzgebiet Malbun auf 1600 Metern über Meer richtet sich an Familien mit Babys, ­Kindern und Teenagern. Unter anderem bietet das «Gorfion» einen Ausschlafservice, Kinderbetreuung, Freizeitangebote für alle Altersgruppen, ElternKind-Erlebnisse und ein KidsRestaurant. Im Wellnessbereich mit Sonnenterrasse findet man Hallenbad, Dampfbad, Whirlpool und Sauna. Alle Zimmer des Hotels sind neu renoviert.

Gasthof Löwen 4 Sterne Das denkmalgeschützte Gebäude mit Baujahr 1380 ist das älteste Hotel im Ländle. In der über 600-jährigen Geschichte hat es schon viele berühmte Gäste beherbergt. Am Nordrand des Vaduzer Zentrums ­gelegen, verfügt das Haus mit Rebberg über acht Zimmer mit Stilmöbeln und ein Restaurant mit marktorientierter Küche. In den verschiedenen Stuben und Sälen, die teilweise mit ­Deckenmalereien und Nibelungentäfer ausgestattet sind, können Seminare, Bankette und Feiern abgehalten werden.

Hotel Hof Balzers 4 Sterne Im Zentrum von Balzers gelegen, der südlichsten Gemeinde Liechtensteins, ist das Hotel Hof Balzers Ausgangspunkt für Wanderungen und Ent­ deckungsfahrten in die lokale Bergwelt und das benachbarte Heidiland. In der Umgebung befinden sich die Golfplätze von Gams, Bad Ragaz sowie Domat/Ems. Neben 28 Einzel-, Doppel- und Familienzimmern umfasst das Haus etwa einen Fitnessraum, ein Dampfbad, ein Restaurant und eine Bar.


fotos: zvg

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Metern über Meer – mit Gaststube und Sonnenterrasse.

arbeitszeit umgerechneten Beschäftigungs­ verhältnisse im Land entspricht. Wie Marlene Engler, Projektleiterin Marketing/Kommunikation bei Liechten­ stein Marketing, erklärt, sind die touristi­ schen Leistungserbringer für die liechten­ steinische Wirtschaft dennoch ein wichti­ ger Faktor und tragen viel zur gut ausge­ bauten Infrastruktur des Landes bei. «Zu­ dem ist das Liechtensteiner Berggebiet mit seinem Hauptort Malbun im Sommer und Winter nicht nur bei Gästen aus dem Aus­ land ein beliebtes Reiseziel, sondern dient auch der regionalen Bevölkerung als alpi­ nes Naherholungsgebiet», so Engler. Selbst

Hotel Meierhof 4 Sterne Rund einen Kilometer südlich von Vaduz liegt das klassische Businesshotel Meierhof direkt an einem Waldrand in Triesen. Zur Verfügung stehen 43 mo­ derne Nichtraucherzimmer, Suiten und Appartements mit Schreibtisch und Telefon, kos­ tenlose Parkplätze, ein Fitness­ raum mit einer Sauna sowie eine Brasserie und eine Bar. Im Übernachtungspreis inklusive sind Frühstück, Garage oder Parkplatz und auch das WLAN. Tagungen und Events sind für bis zu 85 Personen machbar.

Personen aus den Ballungszentren Zürich und Basel betrachten das Fürstentum als Ausflugsziel. 2014 entfielen im Übernach­ tungsbereich 31,4 Prozent der rund 110 000 Logiernächte auf Schweizer. Damit sind sie vor den Deutschen die wichtigste Besu­ chergruppe im Ländle. Im Schnitt bleiben sie 1,5 Nächte im Tal (alle Gäste: 2,0 Näch­ te) beziehungsweise 3,9 Nächte in den Ber­ gen (alle Gäste: 3,7 Nächte). Die Zahlen illustrieren die unterschied­ liche Ausrichtung der Regionen. Während das alpine Berggebiet Ferien- und Ausflugs­ gäste anzieht, entfällt der Grossteil der Übernachtungen auf Geschäftsreisende. Vom touristischen Nachbarland Schweiz will sich Liechtenstein gemäss Engler vor allem durch die in Europa einzigartige ­ Staatsform mit dem Fürstenhaus abgrenzen,­ weshalb in der Vermarktung das «Fürstliche»­ besonders hervorgehoben wird. Daneben spielen die Tourismuswerber gezielt mit der Kleinheit des Landes, dem historischen Hintergrund sowie den kurzen Distanzen zwischen alpinen und urbanen Erlebniswelten. «Gäste können zum Bei­ spiel am Vormittag in Vaduz die Museums­ meile mit sechs Museen geniessen, an­ schliessend in Gehdistanz Wein verkosten, im Gourmetrestaurant zu Mittag essen und bereits am Nachmittag – nach nur wenigen Fahrkilometern und auf 2000 Metern Höhe

Hotel Residence 4 Sterne Das 2003 erbaute Haus befin­ det sich in der verkehrsfreien Fussgänger- und Kulturzone von Vaduz. Geschäfts- und ­Individualreisenden bietet es vier Zimmerkategorien verteilt auf 29 Unterkünfte. Der Konfe­ renzraum eignet sich für klei­ nere Meetings und Präsentatio­ nen. Für das kulinarische Wohl sorgt das Restaurant Residence mit 13 Gault-Millau-Punkten. Fürst­liche Andenken findet man im hauseigenen Souvenir­ shop. Es sind sowohl Kurzals auch Langzeitaufenthalte möglich.

– auf Wanderschaft gehen», erklärt Engler die Kompaktheit der Destination. Weitere Pfeiler des Tourismusmarketings seien Natur-, Kultur- und Genusserlebnisse. «Echte Geheimtipps im Bereich Natur sind die Adlerwanderung der Falknerei Galina in Malbun, auf der man die Möglichkeit hat, einen Steinadler hautnah zu erleben, sowie die 48 verschiedenen Orchideenarten, die Wanderer in Liechtenstein begeistern», sagt Engler. Kulturinteressierten empfiehlt sie das kleine, feine Theater am Kirchplatz in Schaan, das 1970 gegründet wurde und nach eigenen Angaben eine der ältesten Kulturinstitutionen des Landes ist. Genies­ sern rät Engler, Restaurants wie das «Marée» im Parkhotel Sonnenhof oder das «Torkel» in Vaduz aufzusuchen. Unbedingt probieren­ solle man zudem eine ordentliche Portion des Nationalgerichts «Käsknöpfle» und den Liechtensteiner Dry Gin oder Whisky.

Neuartiges Hotelkonzept Insgesamt stehen 40 Hotels mit mehr als 1000 Betten zur Verfügung. Als neues Haus kommt diesen April das «b_smart» mit 57 Zimmern in Gamprin-Bendern dazu. Die Initianten setzen auf ein innovatives Check-in-Konzept, das sich von traditionel­ len Betrieben unterscheidet: Der Gast kann seine Zimmerkarte zu jeder Tages- oder Nachtzeit an einem Terminal abholen.

Hotel Schatzmann 4 Sterne Im August des vergangenen Jahres hat das ehemalige, mit einem Michelin-Stern und 17 Gault-Millau-Punkten ausge­ zeichnete Gourmetrestaurant in Triesen seine Türen geschlos­ sen, der Hotelbetrieb wird ­jedoch von der Tochter der ­Besitzerfamilie weiter geführt. Zur Auswahl stehen 29 helle, individuell gestaltete und ruhig gelegene Zimmer und Suiten, darunter eine Hochzeits-Turm­ suite. Neu gibt es herzhafte Snacks.

Hotel Schlosswald 4 Sterne Südlich von Vaduz befindet sich das Businesshotel Schloss­ wald mit Blick auf das Rheintal. Am Waldrand von Triesen bie­ tet es 33 Zimmer, von denen zwei rollstuhlgängig sind, eine Hotelbar, eine Gartenterrasse, einen grossen Aufenthalts­sowie einen Tagungsraum. Das «Schlosswald» sagt von sich: «Harmonische Architektur, ­dezente Farben und eine ­gepflegte Ausstattung sorgen für die charmante Ambiance.»

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Special standort liechtenstein

Am Anfang steht ein klarer Gedanke

Hugo Marxer Er denkt italienisch und arbeitet germanisch diszipliniert: Der Liechtensteiner Bildhauer widerlegt das Bild des chaotischen Künstlers.

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ie erste Überraschung: Ar­ beitszimmer und Ateliers sind fein säuberlich aufgeräumt und so angelegt, dass Hugo Marxer blitzschnell finden kann, was er gerade benötigt. Während des Gesprächs muss der Besucher höllisch ­aufpassen, dass sein Blick nicht an all den vielen Dingen hängenbleibt, mit denen das Büro von unten bis oben vollgestopft ist. Aber wie gesagt, nicht in einem grossen Durcheinander, sondern systematisch an­ geordnet: Gespitzte Bleistifte, altmodische Federkiele, Stempel, viele Erinnerungszet­ tel, ebenfalls klar strukturiert an die Wand geheftet, Miniaturausgaben von Werken der Weltliteratur und Stiche, welche Hugo Mar­ xer wahrscheinlich inspirieren. Eine ganze Wand ist seinen Enkeln gewidmet, die schon eine erstaunlich künstlerische Ader haben.

Abstand gewinnen «Da heisst es doch immer, Kunst habe ihre Wurzeln im Chaos», sagt Hugo Marxer, als er realisiert, dass diese peinliche Ord­ nung irritiert. «Für mich gilt das Gegenteil. Am Anfang steht nicht das Unkontrollierte, sondern ein klarer Gedanke», präzisiert er und holt einen kleinen weissen Zettel aus einem Behälter. Erstaunlich, dass auf einem solchen Fetzen Papier Entwürfe für monu­ mentale Werke entstehen, die mehrere ­Tonnen wiegen können. «Wenn ich jeweils morgens in der Frühe, das ist etwa um vier Uhr, in dieses Arbeitszimmer komme, zeichne ich nieder, was mich umtreibt.» Das können Entwürfe für eine grosse Skulptur, für eine Lithografie oder für ein Gemälde sein. Und diese morgendlichen Geistesblitze werden mit einem Stempel versehen, der viel über den Künstler aus­ sagt: Ein M und ein H, raffiniert kombiniert mit einem kleinen Abstand zu einem Punkt. Der leicht versetzte Punkt steht für das «o»

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Mélanie Knüsel-Rietmann

«Zwischen dem Wasser und Carrara liegt nur ­Freiraum für neue Ideen.» Hugo Marxer Bildhauer

von Hugo und symbolisiert gleichzeitig, was sich wie ein roter Faden durch seine Werke zieht. Für Marxer ist es wichtig, immer wieder Abstand zum eigenen Schaffen und damit zu seiner Optik zu gewinnen. «Etwas von ganz nah zu betrachten, ist wichtig, aber ­genauso viele schöpferische Kräfte werden geweckt, wenn man seine Betrachtungs­ weise vom Objekt hinweg verlegt.» Was auch erklärt, dass seine Skulpturen – von ­allen Seiten betrachtet – immer wieder neue Anhaltspunkte für einen Dialog mit dem Kunstwerk vermitteln. Als Beispiel sei Vene­ dig erwähnt, einer der vielen Kraftorte für ihn. «Ich lasse mich ab und zu von einer Gondel durch die Lagunenstadt fahren und entdecke immer wieder neue Aspekte für meine Arbeiten.» Was auch sein breit­

gefächertes Talent erklärt. Namhafte Kunst­ kritiker vergleichen ihn daher mit Renais­ sance-Grössen. Ein weiterer Kraftort für ihn sind Carrara und das Meer. Marxer hat viel Zeit seiner Kindheit in Italien verbracht und ist später auch immer wieder dorthin zurückgekehrt. In Carrara, wo der weltberühmte Marmor abgebaut wird, auf den schon Michelangelo schwor, wurde Marxer zum Steinmetz ­ausgebildet und bekam seine erste grosse Chance für die Gestaltung eines giganti­ schen Frauenkopfs, der ihn in die interna­ tionale Kunstwelt katapultierte. «Wenn ich am Strand sitze, kann ich stundenlang das Meer vor mir betrachten, zwischen dem Wasser und Carrara gibt es einfach nichts, das meine Gedankenwelt stört – da liegt nur Freiraum für neue Ideen.»

Der Stein lehrt Langsamkeit Und diese Ideen scheinen eine unver­ siegbare Quelle zu haben: In einem speziel­ len Raum bewahrt er Maketten für seine Kunstwerke auf, die er immer als «Probe­ lauf» anfertigt. Sie stehen auf sechs Etagen in Viererkolonne. Es müssen Tausende sein. Wie viele sind es genau? Marxer schüttelt den Kopf. «Ich zähle sie nicht mehr, das ­können einmal ­andere tun.» Und dann fügt er rasch hinzu, indem er an seinen Fingern reibt: «Aber meine Hände spüren, dass es viele sind.» Unverkennbar ist seine Passion zu Stein, obwohl er auch mit Holz und Bronze arbei­ tet. Was die Liebe zu Stein angeht, lassen wir ihn selber sprechen: «Ein kleiner, mit dem Pinsel auf Papier aufgetupfter Farbklecks kann schon eine enorme Wirkung haben. Bis man aber bei der Bearbeitung eines Steins ein Minimum an Gestaltung sehen kann, muss der Bildhauer mit Hammer und Meissel kräftig und dauerhaft zuschlagen.» In den bildenden Künsten gibt es tatsäch­ lich keine andere Tätigkeit, die so viel Kraft und Geduld erfordert. Daher sagt Marxer: «Der Stein hat mich Langsamkeit gelehrt.»


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Fürst Hans-Adam II.: Herr über eine der schönsten privaten Kunstsammlungen.


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Prächtige Tradition Kunst Ein musisches Fürstenhaus, ein reiches Erbe und eine kleine, aber lebendige Kunstszene sorgen im Ländle für kulturelle Vielfalt.

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KATRIN BACHOFEN

Hilti Art Foundation: Im Mai 2015 mit einer Sonderausstellung glanzvoll eröffnet.

Markus Bertschi/13 Photo

Fürstlicher Kunstschatz in Wien Die Sammlungen des Fürstenhauses von und zu Liechtenstein umfassen Werke aus fünf Jahrhunderten, von der Renaissance bis zur Romantik. Als besonders bedeutend gilt die Altmeister-Kollektion mit namhaften Werken von Rubens. Die Anfänge der Sam­ meltätigkeit gehen bis ins 17. Jahrhundert zurück, als man dem Ideal eines kunstsinni­ gen fürstlichen Mäzenatentums huldigte. Im Zweiten Weltkrieg verlor das Fürsten­ haus dann allerdings den grössten Teil ­seiner Besitzungen. Als Hans-Adam II. im Jahr 1989 Fürst wurde, stellte er die solide wirtschaftliche Grundlage des Hauses wieder her. Denn diese hatte durch die Enteignungen von 1945 dermassen stark gelitten, dass selbst die berühmte Kunstsammlung zeitweilig als «Notgroschen» herhalten musste. Als Folge der Gründung und internationalen Ausrich­ tung der Privatbank LGT Group konnte der Fürst auch die Kunstsammlung wieder durch Zukäufe ergänzen.

Anne Gabriel-Jürgens © Hilti Art Foundation

it einer ganzen Anzahl an Museen pflegen die Liech­ tensteiner liebevoll das kulturelle Erbe ihres Lan­ des, wozu auch eine der wohl schönsten Privatsammlungen der Welt gehört. Das kleine Städtchen Vaduz teilt sich mit der österreichischen Metro­ pole Wien die millionenschwere Sammlung des Liechtensteiner Fürstenhauses, welche ­international als einmalig gilt. Ein Bruchteil davon wird permanent im Wiener Palais der Fürstenfamilie gezeigt, die meisten Werke sind jedoch eingelagert. Die Schätze der fürstlichen Kunstdepots sind so zahlreich, dass bisweilen der Platz in den hoheitlichen Residenzen knapp wird. So wie 2008, als man bei Christie’s in Lon­ don mehr als 1000 Möbel, Gegenstände und Altmeistergemälde versteigern liess. Ins­ gesamt brachten die auf drei Auktionen ­verteilten Verkäufe aus dem Kunstdepot rund 8 Millionen Euro – alles in allem ein bescheidener «Zustupf» für ein Fürsten­ haus, dessen Gesamtvermögen auf rund 6 bis 7 Milliarden Euro geschätzt wird.

Der grösste Teil der Sammlung des ­ ürstenhauses, dessen jahrhundertelanges F ­Interesse an Österreich historisch bedingt ist, befindet sich in Wien. 2004 wurde das Liechtenstein-Museum im Wiener Garten­ palais mit «The Princely Collections», der weltweit grössten Privatsammlung, eröffnet. 2012 wurde der Museumsbetrieb mit fixen Öffnungszeiten mangels Besuchern aller­ dings wieder eingestellt. Die Glanzstücke der fürstlichen Kollektion können jedoch im Rahmen von gebuchten Veranstaltungen und Führungen weiterhin besichtigt wer­ den. Im Gartenpalais Liechtenstein sind Meisterwerke von der Frührenaissance bis zum Barock ausgestellt, während die High­

lights von Klassizismus und Biedermeier im 2013 eröffneten Stadtpalais Liechtenstein in Wien untergebracht sind. In Vaduz selbst ist die fürstliche Samm­ lung regelmässig mit Sonderausstellungen im Kunstmuseum Liechtenstein zu Gast. Das Museum für zeitgenössische Kunst mit seinen Wurzeln in der Moderne spannt so als Nationalgalerie den Bogen zur Welt der Alten Meister. Der im Jahr 2000 eingeweihte futuristische Museumsbau der Architekten Morger, Degelo und Kerez bildet hierfür ­einen würdigen Rahmen und steht in auf­ fallendem Kontrast zum markant über dem Städtle thronenden fürstlichen Schloss. Der schwarze Basaltkubus beherbergt ausser­ dem die renommierte staatliche Sammlung mit Kunst der klassischen Moderne bis zur Gegenwart, die auch zahlreiche Skulpturen, Objekte und Installationen umfasst.

Highlight Hilti Art Foundation Seit Mai 2015 präsentiert zudem die Hilti Art Foundation ihre international bedeu­ tende Sammlung mit moderner Kunst in einem­eigenen Ausstellungsgebäude mitten in Vaduz. Es handelt sich dabei um eine ­Erweiterung des Kunstmuseums Liechten­ stein, die dieses um die hochrangige Privat­ sammlung von Michael Hilti ergänzt, einem der entscheidenden Initiatoren des Kunst­ museums Liechtenstein. Seit seiner Grün­ dung vor 15 Jahren besteht zwischen dem Kunstmuseum und der Hilti Art Foundation eine enge Zusammenarbeit mit einer Ergän­ zung der unterschiedlichen Sammlungs­ schwerpunkte. So bildet auch das von den Basler Architekten Morger + Dettli entwor­ fene neue Gebäude in Form eines weissen hochkantigen Kubus, in dem die Hilti Art Foundation ihre Werke ausstellt, eine Ein­ heit mit dem schwarzen liegenden Kubus des Kunstmuseums. Rund 200 Werke von der klassischen Mo­ derne bis zur Gegenwart umfasst die Samm­ lung der Hilti Art Foundation derzeit, } handelszeitung | Nr. 3 | 2016

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Publikumsmagnet: Das Kunstmuseum Liechtenstein in der Hauptstadt Vaduz.

Barbara Bühler © Kunstmuseum Liechtenstein

etabliert. Aus den rund 450 Eingaben hat die Jury 76 Künstler und Künstlerinnen ausge­ wählt. Neben der Kunst Halle Sankt Gallen und dem Kunstmuseum St. Gallen sind neu das Kunstmuseum Liechtenstein und der Kunstraum Engländerbau in Vaduz als Aus­ stellungsorte dabei.

} unter anderem von Gauguin, Picasso, Beckmann, Giacometti, Fontana und Knoe­ bel. Für die aktuelle Ausstellung wurden 50 Skulpturen, Plastiken und Objekte aus­ gewählt, die noch bis zum 9. Oktober 2016 auf den drei Etagen des neuen Hauses ­präsentiert werden. Themenschwerpunkt ist die individuelle Darstellung des Men­ schen in der bildenden Kunst.

Kunstschaffende aus der Region Im Kunstraum des sogenannten Eng­ länderbaus gegenüber dem Kunstmuseum Liechtenstein zeigen Kunstschaffende aus der Region ihre Arbeiten. Seit 2002 werden hier auf einer Fläche von rund 400 Quadrat­ metern Ausstellungen, Installationen, Per­

formances und andere künstlerische Pro­ jekte realisiert. Der Kunstraum versteht sich als Ort der Begegnung und will die zeitge­ nössische Kunst einer breiten Öffentlichkeit zugänglich machen. Renommiertes wie Neues, Bewährtes wie Experimentelles, Überraschendes wie Herausragendes findet hier gleichermassen Platz. Momentan ist noch bis zum 21. Februar 2016 die aktuelle Ausstellung «Heimspiel» zu sehen. Die im Dreijahresrhythmus statt­ fin­ dende jurierte Ausstellung hat sich als ­vielbeachtete Plattform für das regionale zeitgenössische Kunstschaffen aus den Kan­ tonen St. Gallen, Thurgau, Appenzell Aus­ serrhoden und Innerrhoden, dem Fürsten­ tum Liechtenstein und aus dem Vorarlberg

Kein eigentlicher Kunstmarkt Ebenfalls in unmittelbarer Nachbar­ schaft des Kunstmuseums Liechtenstein und in Sichtweite des Schlosses Vaduz hat sich die 1986 gegründete Galerie am Lin­ denplatz als eine der wenigen Galerien im Ländle über die Landesgrenzen hinaus ­einen Namen als Institution für moderne und zeitgenössische Kunst gemacht. Auf rund 200 Quadratmetern werden hier ­jährlich sechs Ausstellungen gezeigt mit den Schwerpunkten Konkrete Kunst und Plastik des 20. Jahrhunderts. Im Fokus stehen ­renommierte Künstler wie Max Bill, Gott­ fried Honegger und Heinz Mack, aber auch junge experimentelle Tendenzen ­sowie ­lokale künstlerische Positionen. Trotz seinem reichen kulturellen Erbe existiert im kleinen Fürstentum kein eigent­ licher Kunstmarkt. Neben Auktionshäusern für Briefmarken, Wertschriften und Immo­ bilien findet sich hier einzig das 2010 ­gegründete «auktionsbuero.li», das Kunst und Antiquitäten jedoch ausschliesslich im ­Internet anbietet. Und auch der 2006 ins ­Leben gerufene, in Liechtenstein domizi­ lierte Kunstfonds «The Art Fund» hat die ­Finanzkrise nicht überlebt – er wurde 2009 bereits wieder liquidiert.

Schatzkammer

Einmalig Sechs Angebote auf rund 600 Metern – das ist die Vaduzer Museumsmeile. Neben der Hilti Art Foundation ist im letzten Jahr auch die Schatzkammer Liechtenstein dazugestossen. Das im Alpenraum einzigartige Museum zeigt unter dem Titel «Vom Fürstentum über die Welt ins Weltall» einmalige ­Objekte, die eng mit dem Ländle verbunden und nirgendwo sonst in dieser Konstellation zu finden sind.

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Noch ein Museum auf der Meile


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