Ukraine:natur, tradicionen,kultur

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UKRAINE N AT U R TRADITIONEN K U LT U R

Verlag “Baltija Druck”



UKRAINE

Das Staatswappen der Ukraine ist das staatliche Symbol der Ukraine. Das wichtigste Element des großen Staatswappens der Ukraine ist das Zeichen des Staates des Großfürsten Wolodymyr (das sogenannte kleine Staatswappen der Ukraine)

Chernigiv Luts’k Rovno L’viv

Zhytomyr

Ternopil’ Chmel’nyts’kyi

Ivano-Frankivs’k Uzhgorod Chernivtsi

Sumy

Kyiv Cherkasy

Vinnytsia Kirovograd

Poltava

Dnipropetrovs’k

Lugans’k Donets’k

Zaporizhzhia

Mykolaiv Odesa

Charkiv

Cherson

Simferopol’

Die Ukraine besteht aus 24 Gebieten (Oblasts), 2 Städten mit republikanischem Status (Kiew und Sewastopol) und der Autonomen Republik Krim. Die Hauptstadt der Ukraine ist Kiew

Die Staatsfahne der Ukraine ist das staatliche Symbol der Ukraine. Es ist ein Banner aus zwei gleich großen horizontalen Streifen in Blau und Gelb



ALLGEMEINE DATEN GEOGRAPHISCHE DATEN

INSTITUTIONEN DER STAATSMACHT

Die Ukraine ist ein Staat im Süden Osteuropas. Sie ist flächenmäßig das größte Land in Europa. Die Fläche der Ukraine beträgt in ihren gegenwärtigen Grenzen 603700 km2.

Die Grundlagen der Staatsordnung sind in der Verfassung der Ukraine verankert. Die Ukraine ist eine Republik. Das Staatsoberhaupt ist der Präsident. Der Regierungschef heißt Premierminister. Das Gesetzgebungsorgan ist die Werchowna Rada (der Oberste Rat).

Der größte Teil des Territoriums ist eine weite Ebene mit einzelnen Hügeln, die bis auf 300 m über dem Meeresspiegel ansteigen. Im Westen der Ukraine erheben sich die Karpaten; hier befindet sich der höchste Gipfel des Landes — der Berg Howerla (2061 m). An der Südküste der Krim ragt das Krimgebirge in den Himmel; hier erreichen die Berge eine Höhe von 1545 m (der Berg Roman-Kosch). Der tiefste Punkt der Ukraine befindet sich auf dem Grund des Schwarzen Meeres (2245 m). Fast alle Binnenflüsse der Ukraine fließen gegen Süden und gehören zum Becken des Schwarzen und Asowschen Meeres. In der Ukraine gibt es nahezu 4000 Flüsse, deren Länge mehr als 10 km beträgt. Die größten davon sind: der Dnipro im Zentrum des Landes mit der Gesamtlänge von 2201 km, von denen 981 km auf die Ukraine entfallen; der Siwersky Donez im Osten (Gesamtlänge — 1053 km, davon 672 m innerhalb der Ukraine); die Donau im Süden (Gesamtlänge — 2859 km, Ukraine-Anteil — 172 km). Nur der Westbug (Gesamtlänge — 834 km, Ukraine-Anteil — 401 km) fließt gegen Norden. Er mündet auf polnischem Gebiet in die Wisla. KLIMA Die Ukraine befindet sich größtenteils in der gemäßigten Klimazone, nur die südliche Krimküste gehört zum subtropischen Gebiet. Die Durchschnittstemperaturen liegen im Januar zwischen –8 o C im Osten und Norden und +2 o C im Süden der Krim; die Durchschnittstemperaturen im Juli bewegen sich im Bereich von +17 o C im Westen und Norden bis +25 o C im Süden. Das Niederschlagsaufkommen nimmt von Norden nach Süden ab: in den Karpaten beträgt es 1500 mm pro Jahr, an der Schwarzmeerküste liegt dieser Wert bei weniger als 300 mm pro Jahr. GROßSTÄDTE Kiew — 2611 Tausend Einwohner. Charkiw — 1470 Tausend Einwohner. Dnipropetrowsk — 1065 Tausend Einwohner. Odessa — 1029 Tausend Einwohner. Donezk — 1016 Tausend Einwohner. Saporischja — 815 Tausend Einwohner. Lwiw — 733 Tausend Einwohner. BEVÖLKERUNG Die Bevölkerung der Ukraine zählt 48457 Tausend Menschen (nach Angaben der Volkszählung von 2001). Von der Bevölkerungszahl hernimmt die Ukraine den 5. Platz in Europa (nach der Bundesre­ publik Deutschland, Italien, Großbritannien und Frankreich) und den 22. Platz in der Welt ein. Der Anteil der Stadtbevölkerung beträgt 67%, der der Landbevölkerung — 33%. Die durchschnittliche Bevölkerungsdichte liegt bei 81 Menschen pro km2. Die Aufteilung nach dem Geschlecht ist: 46% Männer und 54% Frauen. Die durchschnittliche Lebenserwartung beträgt 66 Jahre. ETHNISCHE ZUSAMMENSETZUNG Auf dem Gebiet der Ukraine leben Vertreter von fast 130 Nationalitäten, darunter: Ukrainer — 78% Polen — 0,3% Russen — 17% Ungarn — 0,3% Belorussen — 0,6% Rumänen — 0,3% Moldauer — 0,5% Griechen — 0,2% Krimtataren — 0,5% Juden — 0,2% Bulgaren — 0,4% Sonstige — 1,7% Die Staatssprache ist Ukrainisch.

RELIGION Orthodox — 72% Griechisch-katholisch — 18% Evangelisch — 5% Katholisch — 4% Andere — 1% Die Währungseinheit heißt Hrywnja; 1 Hrywnja = 100 Kopeken. Der Nationalfeiertag (Tag der Unabhängigkeit) wird am 24. August begangen. Zeitzone: +1 Stunde zu MEZ, +2 Stunden zu GMT. 1 Ausflug 2 Geographische Säule am Hauptpostamt

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NATUR Die Natur dieses Landes wurde von vielen Dichtern besungen. Sie wirkt nie zu bunt oder grell, dafür aber sanft und reizvoll! Das milde Klima, die ausgiebige Sonne, das saftige Grün und das abwechselungsreiche Landschaftsbild hielten seit jeher Wanderer, Dichter und Maler in Bann. Der französische Schriftsteller Honore de Balsac nannte die Ukraine “das grüne Blumenreich”. In alten Mythen leben bis heute Vorstellungen von der Ukraine fort als einem Schlaraffenland mit Flüssen aus Milch und Honig, Wäldern und Feldern voll von wunderschönem Vogelgesang, von einem Land, wo sich irdische und himmlische Wunder treffen. Innerhalb der Ukraine folgen drei wichtige Naturgebiete aufeinander: der Wald, die Waldsteppe und die Steppe. Ihre Landschaften, einheitlich in der Komposition, sind mit Variationen eines musikalischen Motivs vergleichbar. Die dicht bewaldeten Gebiete der Ukraine — die Polissja (vom ukr. “lis” — Wald: Anm. des Übers.) — erstrecken sich im Norden

der Ukraine (25 % der Gesamtfläche). Im Westen schließt sich geographisch Wolhynien der Polissja an. Wiesen mit üppigem Grün, dichte Kiefernwälder, das flüssige Silber der Gewässer — die Natur scheint hier ihren bunten Faden ausgesponnen und ein bizarres, buntscheckiges Landschaftsgeflecht geschaffen zu haben. Dieses Territorium war einst von einem Gletscher bedeckt. Überall sind deutliche Spuren der Vereisung zu sehen. Ringsumher zieht sich unüberblickbares sumpfiges Flachland hin. Über den Sumpf erheben sich hier und da kleine Hügel, dazwischen liegen flache Gewässer: die einzigen reinen Süßwasserseen in der Ukraine. Überall sind Rollsteine verstreut, 5 Chinesische Brücke im “Oleksandrija”-Park 6 –7 Krimlandschaften 8 Winterlandschaft 9 Herbstlaub


NATURSCHUTZGEBIETE UND PARKANLAGEN Die natürlichen Landschaften der Ukraine wurden weitgehend durch die wirtschaftliche Tätigkeit der Menschen geprägt. Bezüglich des Verhältnisses der Gesamtfläche des Ackerlandes zur Gesamtfläche des landwirtschaftlich nutzbaren Bodens übertrifft die Ukraine Deutschland, Frankreich, Italien, die USA und Japan. Aufgrund dieses Umstandes und angesichts des kleinen Waldbestandes (nur 13% der Gesamtfläche des Landes) besteht in der Ukraine keine Möglichkeit, zahlreiche und flächenmäßig größere Naturschutzgebiete zu schaffen. Die unter Schutz stehenden Gebiete machen lediglich 4% des Territoriums der Ukraine aus. In einer malerischen Ecke der wolhynischen Waldgebiete (Polissja) liegt der 1986 geschaffene Nationale Naturschutzpark Schazk. Ein Fünftel der Gesamtfläche dieses Parks nehmen die berühmten Seen von Schazk (insgesamt mehr als 30) ein. Ihr Wasser ist rein und trinkbar. In den Seen sind 28 Fischarten beheimatet. Der seenreiche Landstrich Schazk ist die einzige ukrainische Region, in der Aale gezüchtet und gefangen werden, deren Heimat ansonsten die warmen Gewässer des Sargassmeeres im Atlantischen Ozean sind. An den Seeufern sieht man Erholungsheime, Sanatorien, Sport- und Kinderferienlager. Es gibt Raststätten für Touristen und Angelplätze. Ein Besuch des Parkes hinterlässt unvergessliche Eindrücke von malerischen Landschaften, reiner Luft und der Gastfreundlichkeit der Polissja-Bewohner. Im sumpfigen Teil der waldreichen wolhynischen Region wurde 1999 das Nationale Naturschutzgebiet Riwne geschaffen, in welchem alle Sumpfarten der Polissja zu besichtigen sind. Auf dem Gelände des Naturschutzgebiets befindet sich Kremjane, die größte Torflagerstätte der Ukraine, wo die Torfschicht an manchen Stellen über 5 m dick ist. Im zentralen Teil der Polissja, am Oberlauf des Flusses Ubort, ist das 1968 gegründete Naturschutzgebiet Polissja angesiedelt. Auf seinem Gelände herrschen mit Flechten und grünem Moos bedeckte Sümpfe vor. Auf weiten Flächen wachsen hier Heidel- und Moosbeeren sowie Heidekraut. Die Tierwelt dieses Naturreservats zählt 40 Tierarten. An den Flüssen leben Ottern und Biber in freier Wildbahn, die anderswo in der Ukraine nur selten anzutreffen sind. Im Walddickicht kann man Luchse sehen. Hier bauen Schwarzstörche und Auerhähne ihre Nester. In den östlichen Randgebieten der Polissja (Nowgorod-SiwerskiPolissja) wurde 1999 der Nationale Naturschutzpark “DesnaStarogut” angelegt. Herren der hiesigen Wiesen, Sümpfe und Flußtäler, die von Zeit zu Zeit überschwemmt werden, sind Biber, Otter und Hermelin. Kleinere Flächen im tiefen Westen der ukrainischen Waldsteppe nimmt das Naturschutzgebiet “Rostotschja” (Flussquellgebiet — Anm. des Übers.) ein. Seine Bezeichnung geht auf die Lage des Ortes an der wichtigsten europäischen Wasserscheide zurück, wo viele Flüsse entspringen. In den ihrer Vielfalt nach einmaligen Landschaften sind Wald-, Wasser-, Wiesen- und Sumpf-Ökosysteme zu einer Ganzheit verschmolzen. Über 100 Jahre alte Bäume stehen hier unter Schutz. Verbreitet sind Lurche und Reptilien. Im Landschaftsbild der Podiljaplatte zeichnet sich besonders klar eine schmale Hügelkette — Towtry — ab. Der bewaldete Teil 21 Die Seen von Schazk 22 “Schwalbennest” in der Nähe von Jalta


des Hügelgeländes ist reich an honighaltigen Pflanzen. Daher rührt die Bezeichnung des 1990 an diesem Standort geschaffenen Naturreservats “Medobory” (honigtragende Gegend) her. Hier haben sich Urwälder aus Eiche, Buche und Hagebuche erhalten; hier wachsen mehr als Tausend Pflanzenarten. In den Wäldern gibt es Hasen, Füchse, Rehe, Elche und Hirsche. Mit einer Fläche von 261,3 Tausend Hektar ist das Nationale Naturschutzgebiet “Podilski Towtry” das größte in der Ukraine. Es wurde 1996 auf dem Territorium des Gebiets Chmelnyzky und der benachbarten Gebiete geschaffen. Ein einzigartiges Naturdenkmal ist das Flußtal des Dnister mit seinen linken Nebenflüssen. Tief in die Kalkschichten der Berge einschneidend fließen die Flüsse in Schlangenlinien meandernd zwischen canyonartigen Steilhängen dahin. Besonders stolz kann dieses Naturreservat auf die Anlagen der altertümlichen Stadt Kamjanez-Podilsky sein, die von historischem und kulturellem Wert sind: die Festung, die armenische Kirche, das Franziskaner- und das Dominikanerkloster,

die katholische Kathedrale mit dem türkischen Minarett, das von einer christlichen Madonna gekrönt ist. Den Reisenden werden Fahrrad-, Boots- und Auto-Touren angeboten, Wanderungen zu Fuß, zu Pferd und auf Skiern. Zum Programm gehört der Besuch des Felsenklosters Bakotsky Kloster, von Höhlen, Parkanlagen, Mineralquellen und Waldhütten. Im mittleren Teil des Dnipro-Gebietes, entlang des rechten Dnipro-Ufers, ziehen sich die Kaniw-Berge hin. Seit vielen Jahrtausenden verbindet sich in diesem Raum die Geschichte der Natur und des Menschen zu einem organischen Ganzen. Ein unikales Naturdenkmal sind die Ablagerungen aus früheren geologischen Formationen mit Überresten der ausgestorbenen Tier- und Pflanzenwelt. Auf schattigen Nordhängen sind Reliktpflanzen zu finden, die sich seit der Eiszeit erhalten haben. Der Laubwald in diesem Gebiet bildet die östliche Grenze der Buche in Europa. Seit 1923 befindet sich hier das Naturschutzgebiet Kaniw. Die Einmaligkeit des Landschaftsbildes, die unvergleichliche 23–26 Im Dendropark “Olexandrija”

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Naturparks in den Karpaten Der größte Park in den Karpaten, der Nationale KarpatenNaturpark (50300 Hektar), wuchs Schritt für Schritt im Laufe eines halben Jahrhunderts, bis er das gegenwärtige Aussehen annahm. Im Park sind ca. 60 % der gesamten Pflanzenwelt der ukrainischen Karpaten konzentriert. In seinen Wäldern kann man den Herren der Karpatenwälder, den Braunbären, sehen. Eine faszinierende Wirkung üben die Dowbusch-Höhlen auf Touristen aus, sowie der 12 m hohe Wasserfall “Wellenschlag” in Jaremtscha und die huzulischen Holzkirchen aus dem 16. bis 18. Jahrhundert aus. Der zweitgrößte Nationale Naturschutzpark dieses Gebiets heißt “Synewyr”. Er liegt auf dem majestätischen Gebirgszug Gorgany, auf einer Höhe von 600 bis 700 Metern über dem Meeresspiegel. Hier haben sich Urwälder mit reicher Tier- und Pflanzenwelt bewahrt. In Gewässern tummeln sich Forellen. Der Name des Parks rührt von der Bezeichnung eines Hochgebirgssees her, der als Sinnbild eines unglücklichen Schicksals zweier Verliebter — Syn und Wyra — gilt. Der See ähnelt einem Auge, das in den blauen Himmel schaut: der Wasserspiegel ist dabei dem Augapfel ähnlich, eine kleine Insel im See der Pupille und die üppigen Bergtannen den Augenbrauen. Aus allen Ecken und Enden kommen hierher Besucher, um diese herrliche Schöpfung der Natur zu bewundern. Der See befindet sich in der Höhe von 989 m über dem Meeresspiegel. Einst wurde hier durch einen Bergsturz ein kleiner Fluß gestaut. Die Fläche des Sees beträgt 4 Hektar; an der tiefsten Stelle werden 24 m gemessen. Das Wasser hat eine konstante Temperatur von +11 oC. Auf dem Schwarzen Fluss wurde im vorigen Jahrhundert Holz vom Gebirge in das Tal geflößt. Hier befindet sich das einzige Museum für Holzflößerei in Europa, in dem das Werkzeug tapferer Holzfäller und Flößer ausgestellt ist. 1968 wurde in den Ostkarpaten das Biosphärenreservat Karpaten geschaffen. Dazu gehören fünf gesonderte Gebirgswaldflächen und das einzigartige flache Tal der Narzissen. Wilde Urwälder bieten hier zuverlässigen Schutz für viele seltene und untergangsgefährdete Tier- und Pflanzenarten. 1995 entstand in Bukowina der Nationale Naturpark Wyshnyzja. Eine echte Zierde des Parks sind die Steilwände des DnisterCanyons, der silberne Wasserspiegel und die brausenden Wasserfälle der stürmischen Bergflüsse Prut und Tscheremosch, das smaragdgrüne Kleid der Natur und die geheimnisvollen unterirdischen Gänge in den Hügeln von Chotyn und Tscherniwzi. Die unter Schutz stehenden Buchen- und Bergkiefernwälder sind voll von Wild. “Hätte sich Gott zu einem Urlaub auf der Erde entschieden, würde er bestimmt die Bukowina dafür wählen”; dieser alte Spruch bringt treffend die faszinierende Kraft der Natur in dieser Gegend zum Ausdruck. Über Urwälder und Steilhänge zieht sich der Nationale Naturschutzpark “Skoliwski Beskydy” hin. Er besteht seit 1999. Jahrhundertalte Buchen-, Bergkiefern- und Bergtannenwälder bilden eine unüberwindbare Mauer. Hier gibt es Wild, und 1995 wurden aus Bjeloweshskaja Puschtscha in Belarus 10 Wisente hergeholt, die sich hier gut eingelebt haben. 37 Winter in den Karpaten 38 Karpatenmuseum für Flößerei



Die Visitenkarte des Parks ist ein Bild des TrembitaBläsers am Straßenrand. Das ist die Heimat begabter Meister der Volksgewerbekunst, deren eigentümliche Werke (Holzschnitzereien, Stickereien, Teppiche, Halsketten, Keramik) weit über die Karpatengrenzen hinaus geschätzt werden. Eine geheimnisvolle Zauberkraft von Beskydy zieht zahlreiche Touristen an. Hier haben sich die Überreste einer unikalen TustanFestung des 9.–13. Jahrhunderts erhalten. Ihre 15 m hohe Mauer zog sich um einen 50 m hohen Fels. Hier waren einst die Truppen der Waldbrüder (Opryschky) von Olexa Dowbusch im Einsatz. 1988 wurde das Internationale Naturschutzgebiet Ostkarpaten angelegt, dem Naturschutzregionen in der Ukraine, Polen und der Slowakei angehören.

Naturparks der Krim Der größte Naturpark auf der Krim heißt Naturschutzgebiet Krim. Er besteht seit 90 Jahren. Bereits 1913 wurde in einem schwer zugänglichen Teil des Krimgebirges ein Wildreservat für die Zarenjagd eingerichtet, wo wilde Tiere aus dem Kaukasus, aus AskanijaNowa und aus Bjeloweshskaja Puschtscha gehalten wurden. Jetzt schließt das Naturschutzgebiet die Wald- und Gebirgspartie mit den Schwaneninseln rund um die Meeresbucht Karkanit ein. Auf dem Gelände des Naturparks sind 30 seltene Tierarten beheimatet. Das zweitgrößte, 1973 gegründete Naturreservat ist unter dem Namen Gebirgs- und Waldschutzgebiet Jalta bekannt. Es zieht sich in Form eines dünnen Streifens (ca. 40 km) an der südlichen Krimküste entlang. Nach der Zahl seltener Arten hat dieser Biotop nicht seinesgleichen in der Ukraine. Hier wachsen Zypressen, Platanen, immergrüne Sträucher. Das 1979 angelegte Naturschutzgebiet Karadag befindet sich im nordöstlichen Teil des Krimgebirges. Die unvergleichliche Schönheit des Karadag ist seiner vulkanischen Herkunft zu verdanken. 1659 Schmetterlingsarten flattern durch die Luft; im bunten Gras kann man seltene Reptilien sehen. Im zentralen Teil der südlichen Krimküste, in der Nähe von Jalta, wurde 1973 ein kleines (240 Hektar) Naturreservat “Kap Martjan” geschaffen. Es handelt sich faktisch um eine Fortsetzung des Botanischen Nikitski-Gartens. Ein enger, von Mulden und Schluchten durchschnittener Landesstreifen zieht sich vom Gebirgszug bis zum Meer hin und bricht in hohen Stufen ab. Hier wachsen typische Mittelmeerpflanzen, die mit geöffneten Knospen überwintern. An Reptilien sind hier die seltene Krimeidechse, Hekkon, Sheltopusik und Leopardennatter anzutreffen. Auf der Halbinsel Kertsch wurde 1998 das Naturrreservat Opuky mit einer Gesamtfläche von 1592 Hektar eingerichtet. Hier bauen seltene Vogelarten wie der Kormoran, und der Jagdfalke ihre Nester. Auf dem Kap Kasantip, das vom Asowschen Meer umspült wird, wurde 1998 das Naturschutzreservat Kasantip (480 Hektar) geschaffen. Der größte Reichtum dieses Reservats ist die Vielfalt seiner Tierund Pflanzenarten (insgesamt 58). 39 Chersones-Ruinen 40 Eine Allee im Park 41 Promenade in Jalta. 42 Im Massandra-Park

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ARCHITEKTUR Die Ukrainer haben sich in ihrer jahrhundertealten Geschichte als ein durchaus kreatives und zugleich für fremde Kultureinflüsse empfängliches Volk gezeigt. Vertreter ältester Zivilisationen haben ihre Spuren auf ukrainischem Boden hinterlassen. Bis heute wird man beim Anblick von wundersamen, fast phantastisch anmutenden Grabstätten — Grabhügel genannt — in Erstaunen versetzt. Sie sind älter als die ägyptischen Pyramiden. Bereits vier Jahrtausende vor unserer Zeitrechnung gab es in der Ukraine riesige Siedlungen mit einigen Tausend Gebäuden, von denen manche sogar zweistöckig waren. Man wird durch die Ausmaße der prähistorischen Bilsky Siedlung aus dem 6–4 Jh. v.u.Z. verblüfft, auf deren Gelände solche berühmten Städte der damaligen Zeit wie Troja, Babylon und Athen hätten Platz finden können. An der Küste des Schwarzen und des Asowschen Meeres sind die Ruinen der antiken Städte erhalten geblieben, die von griechischen Kolonisten gegründet worden waren. Unter dem Einfluß der christlichen Kultur greift im 10.–13. Jahrhundert in der Ukraine immer mehr der Steinbau um sich. Stein wurde vor allem beim Tempelbau benutzt. Fundamente wurden aus Bruchsteinen gelegt; beim Bau von Wänden kamen dünne Ziegelsteine (Plinthen) zum Einsatz. Als Bindemörtel diente Ziegelstaub vermischt mit Kalk. Der Boden wurde mit Marmorplatten ausgelegt. Die älstesten gemauerten Kirchen wurden aus Byzanz übernommen. Orthodoxe Kirchen unterschieden sich von anderen Bauten durch Kuppeln — kugelförmige helmähnliche Dächer. Die Zahl der Kuppeln konnte zwar unterschiedlich sein, doch dem Bauplan lag immer die Form des Kreuzes zugrunde. Im Inneren war die Kirche in Schiffe unterteilt, die durch Säulen oder Bogengänge voneinander getrennt wurden. Die damaligen Baumeister haben Glanzleistungen bei der Überdachung von größeren Innenräumen mit Bögen vollbracht. Bemerkenswert ist auch die Tatsache, dass die ukrainische Kirche immer höher aussieht, als sie es in der Tat ist. Dieser illusorische Eindruck wurde durch eine schrittweise Verengung von Geschossen und durch rhythmische Wiederholung von Linien und Verzierungen erzeugt. Der Innenraum der Kathedrale wurde mit Malereien geschmückt, die einem Analphabeten die Bibel ersetzten. Die Kathedralen dienten als Schatzkammern, Bibliotheken, Grabstätten für den Adel; während des Krieges verwandelten sie sich in Festungen. Einen herausragenden Platz unter den Bauten aus der Zeit der Fürstenherrschaft nimmt die Heilige Sophienkathedrale in Kiew ein. Wie einst der Parthenon in Athen, wurde sie zu Ehren des Sieges über den Feind errichtet: an dieser Stelle schlug der Kiewer Fürst Jaroslaw der Weise den kriegerischen Nomadenstamm der Petschenegen vernichtend. Die goldenen Kuppeltürme sind von allen Hügeln des heutigen Kiew aus zu sehen. Das Gebäude der Kathedrale besteht aus fünf Schiffen. Der größte Teil ist durch zwei Galerienreihen umschlossen, deren offene Bögen das Bauwerk mit dem umliegenden Raum verbinden. Der Bau wird von dreizehn Kuppeln mit einer zentralen Hauptkuppel gekrönt. Die Innenräume der Kathedrale gehören mit ihren Freskenmalereien und Mosaiken zu einem der besten und wertvollsten künstlerischen Ensembles des frühen Mittelalters. 43 Festungsanlagen in den Felsen von Kamjanez Podilsky 44 Dreifaltigkeitskathedrale des Klosters in Hustyn 45 Himmelfahrtskathedrale des Kiewer Höhlenklosters 46 Sophienkathedrale

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anmutenden Turm und an die Kirche schließt sich der romantische Bau der Dreiheiligenkapelle an. Italienische Architekten beteiligten sich auch am Bau des berühmten Khan-Palastes in Bachtschissarai, der bis heute eines der bemerkenswertesten Baudenkmäler des 16.–18. Jahrhunderts auf der Krim bleibt. Im 17.–18. Jahrhundert entsteht in der Ukraine unter dem Einfluß westlicher Tradition ein Stil, der in die Geschichte der Architektur als “ukrainischer Barock” eingegangen ist. Die außerordentliche Vorliebe für Prunk und Pracht kommt in erhabenen Kathedralbauten zum Ausdruck, welche die zahlreichen Siege der Kosaken verherrlichen sollten. Die Wände dieser Bauten wurden mit senkrechten Dekorstreifen geschmückt, die den Eindruck von gestickten Relief-Handtüchern erweckten, oder völlig mit Ornamenten und symbolischen Darstellungen bedeckt waren und einem Steinteppich ähnelten. Die Fruchtbarkeit der ukrainischen Erde fand in Blumen- und Blattgirlanden ihren Ausdruck. Durch einen besonders dekorativen Prunk zeichneten sich die zu Zeiten der Herrschaft von Masepa errichteten Bauten aus. Zu den Zeiten der Hetman-Herrschaft wurden Kirchen zum Gegenstand besonderer Sorge und des gesellschaftlichen Ehrgeizes in der Ukraine. Jede Stadt- oder Dorfgemeinde sah ihre Ehrenpflicht darin, die möglichst beste Kirche in ihrem Heimatort zu bauen. Diesen Bemühungen sind architektonische Meisterwerke in den Randgebieten zu verdanken, die selbst Einwohner der Hauptstadt mit Neid erfüllten: die Verklärungskirche im Dorf Welyki Sorotschynzi im Gebiet Poltawa, zu deren Mitbegründern der Hetman Danylo Apostol gehörte, die Dreifaltigkeitskathedrale des Klosters Hustyn im Gebiet Tschernihiw, die Verklärungskathedrale des Klosters Mgar in der Nähe der Stadt Lubny im Gebiet Poltawa und die Kathedrale Mariä Schutz und Fürbitte in Charkiw. Stellvertretend für den Übergang vom üppigen und prunkvollen Barock zum leichten und sorgenfreien Rokoko, der sich Ende des 17. bis Anfang des 18. Jahrhunderts vollzog, steht der Glockenturm und das Tor in der Mauer der heiligen Sophienkathedrale, die von dem deutschen Architekten Johann Schedel erbaut wurden. Die höchste künstlerische Leistung von Schedel im direkten und übertragenen Sinn dieses Wortes verkörpert der Glockenturm des Kiewer Höhlenklosters. Es ist das höchste Bauwerk (96 m) in der Ukraine. Die erste architektonische Schöpfung im reinen Rokoko-Stil auf dem ukrainischen Boden ist die Andreaskirche in Kiew, die nach dem Entwurf des Baumeisters am Zarenhof, Bartolomeo Rastrelli, errichtet wurde. Durch ihre leichten Formen und Proportionen ist sie eher einem Parkpavillon als einem Kultbau ähnlich. Auf einem Steilhang am Dnipro gelegen, scheint sie hoch in der Luft zu schweben. Der Marienpalast in Kiew bleibt lange durch seine prunkvollen Portale, Giebel, Tore, mit Ornamenten dekorierte Fenster und Türen in Erinnerung. Einer der Schöpfer dieses Meisterwerks war der ukrainische Schüler von J. Schedel — Iwan Hryhorowytsch Barsky. In den Steinbauten der westlich des Dnipro gelegenen Ukraine herrschte der westeuropäische Barock vor, doch auch hier tragen die herausragenden Baudenkmäler — das Ensemble der Lawra zu Potschajiw in Wolhynien und der Kathedrale des heiligen Jura in Lwiw — unverkennbare nationale Züge. 51 Innenräume der Wolodymyr-Kathedrale 52 Opernhaus in Lwiw 53 Marienpalast in Kiew 54 Michaelsplatz in Kiew aus der Vogelperspektive

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SPRACHE Die ukrainische Sprache wird heute in der Welt von ca. 45 Millionen Menschen gesprochen. Sie gehört zur slawischen Gruppe der indoeuropäischen Sprachenfamilie. Die ukrainische Sprache hat sich — wie auch das Russische und das Belorussische — aus den Mundarten der altrussischen Sprache entwickelt. Die wichtigsten phonetischen, grammatischen und lexikalischen Besonderheiten bildeten sich noch zu Zeiten der Kiewer Rus heraus. Insgesamt zählt man in der gegenwärtigen Sprache ca. 2000 urslawische Vokabeln, die ohne Änderungen erhalten geblieben sind, und ca. 15 000 von ihnen abgeleitete Wörter und Entlehnungen aus Fremdsprachen. Im ukrainischen Wortschatz gibt es aber zugleich viele Vokabeln, die anderen slawischen Sprachen fremd sind. Die Vorfahren der Ukrainer beherrschten die Schrift bereits im 6.–8. Jh. Sie benutzten zwei Alphabete: die Glagoliza (die altkirchenslawische Schrift — Anm. des Übersetzers) und die Kyrilliza (die kyrillische Schrift — Anm. des Übersetzers). Nach der Einführung des Christentums bürgerte sich das kyrillische System ein.

Die ältesten Sprachzeugnisse haben sich in zahlreichen Liedern und Dumen (Duma — ein schwermütiges episches ukrainisches Volkslied — Anm. des Übersetzers) sowie in Kosakenchroniken erhalten. 1643 wurde die erste Grammatik der altukrainischen Sprache verfasst (“Slawische Grammatik” von Iwan Uschewytsch). Die Entwicklung der neuen ukrainischen Literatursprache begann mit dem Schaffen des Dichters und Dramatikers, des Vaters der ukrainischen Bühnendichtung Iwan Kotljarewsky; ein entscheidender Beitrag dazu wurde von Taras Schewtschenko geleistet. Der nationale ukrainische Dichter war an keine bestimmte Mundart gebunden; vom Volksmund las er die gängigsten Wörter und grammatischen Fügungen ab. Zudem wusste er auch die Vorzüge des Altukrainischen geschickt zu nutzen, ergänzte den Wortbestand mit nötigen Neubildungen und Fremdwörtern.

68 Der Geschichtsschreiber Nestor 69–71 Blätter alter Chroniken

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URALTER VOLKSGLAUBE Unsere Vorfahren sonderten sich aus der Umwelt nicht aus; sie versuchten, in ihr ihren eigenen Platz zu finden, und wenn sie sich mit etwas Fremdem konfrontiert sahen, so gaben sie sich Mühe, es in ihren eigenen Lebensraum zu integrieren, ihr Verhältnis dazu durch Opfergaben, Rituale, Sitten und Gebräuche oder in Worten in eine friedliche Bahn zu lenken. Naturgewalten wie Feuer, Wind, Wasser, Erde, Himmelskörper wie Sonne, Sterne und Mond, Pflanzen und Bäume, Tiere und Vögel wurden von unseren Urahnen angebetet. Bruchteile dieser uralten Lebensauffassung haben sich bis heute in der ukrainischen Volkskunst, in der Gesamtheit von Sitten und Gebräuchen des ukrainischen Volkes erhalten. Auch heute noch gibt es Zaubersprüche, die an Insekten und Tiere, an Mond und Regen gerichtet werden, sowie Donnerrituale. Christliche Chronisten schreiben ironisch über Heiden, dass diese “an jeden Schneuzer und an Rabenschrei glauben”. Und tatsächlich wurden zahlreiche mittelalterliche handschriftliche Sammlungen von nützlichen Ratschlägen mit Beschreibungen magischer und mystischer Handlungen und verschiedener Wunder, und mit so genannten Hagel-, Donner- und Blitzsprüchen kopiert; sie lebten im Volk bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts fort. Bis vor kurzem grüßte man sich z.B. in der Region Schytomyr bei Sonnenaufgang mit den Worten: “Gott sei Dank, es ist wieder hell geworden”, in denen die Freude über die Sonne am Himmel, den neuen hereinbrechenden Tag und über die Möglichkeit weiterzuleben zum Ausdruck kam. Bis heute tragen in den tiefen Waldgebieten von Wolhynien viele Häuser an den Giebeln kleine Sonnen als Schmuck; das Sonnenbild beschützt, wie man hier glaubt, das Heim vor jedem Unheil. Mit dem gleichen Ziel wurde früher in einem typischen ukrainischen Haus an Tragbalken ein Abbild der Sonne, manchmal auch zusammen mit Abbildern des Mondes und der Sterne, später auch des Kreuzes, ins Holz geschnitzt. Im Winter schläft die Natur, die Sonne wärmt nicht, ihre Strahlen sind karg; deshalb ist es gut für die Zukunft, Unwetter und Schneestürme zu beschwören, den Menschen keinen Schaden anzutun. Frost und Schneegestöber wurden “zum Weihnachtsbrei” eingeladen, um sie zu befrieden und zu besänftigen und um im Frühling oder im Sommer von ihnen nicht überrumpelt zu werden. In Chroniken werden auch zahlreiche Fälle der Verehrung von Quellen und Bächen erwähnt. Ohne Wasser wird die Erde zur Wüste, deshalb wird bis heute jeder kleine Brunnen in der Ukraine sorgfältig gepflegt, mit Brunnenkästen oder Schwengeln — einem kranichähnlichen Holzwerk — geschmückt, weil auch Kraniche einst von unseren Vorfahren verehrt wurden. Im Volk glaubte man, dass diese Vögel bei der Rückkehr aus fernen Ländern Wärme und Frühling auf ihren Flügeln in die Heimat zurückbrachten. Die Vorstellungen über den Weltbaum, dessen Wurzeln bis tief in die Erde dringen und dessen Wipfel bis an den Himmel reicht, prägen das Weltbild nicht nur der Slawen, sondern auch anderer Völker der Welt. Hier bildet alles eine Einheit — die Verstorbenen, die in die Unterwelt hinabgestiegen sind, die lebenden Menschen der sichtbaren Mittelwelt und die Götter in himmlischer Höhe. Die Abbildung des Weltbaumes, der auch als Stammbaum begriffen wurde, ist oft in volkstümlichen Stickereimotiven der Region Poltawa, im Hausdekor, u.a. in der inneren Bemalung der Häuser von Podilja zu finden (wobei die Darstellung der so genannten Blumentöpfe eine vereinfachte 76 Sbrutsch-Idol mit Abbildern heidnischer Götter: Mokoscha, Weles, Perun und Lada 77 Heidnische Opferstätte

Version des Weltbaumes ist). In der Vorstellung unserer Vorfahren war diese Welt außer von Menschen auch von verschiedenen Geistern bevölkert, die dem menschlichen Auge unsichtbar waren. In den Wäldern waren Waldnymphen, Waldgeister und herumirrende Waldgespenster zu Hause, in Gewässern lebten Wassermänner, rote und weiße Nixen, die auch durch Felder streichen konnten, in Häusern — Kobolde. Es gab einen ungeschriebenen Verhaltenskodex, der die Beziehungen mit Vertretern dieser geheimnisvollen und unsichtbaren Welt regelte. Wenn man sich an ihn hielt, konnte man unerwünschte Kontakte vermeiden. So durfte beispielsweise der “Hauptbaum” des Waldes nicht abgeholzt und Müll nicht ins Wasser geworfen werden. Zu Pfingsten durfte man nicht aufs

Feld; es war verboten, Streichhölzer auf den Tisch zu legen usw. Poetische Vorstellungen unserer Ahnen über die Natur, die bis heute in der Volksdichtung und in der Kultur des alltäglichen Lebens erhalten geblieben sind, zeugen von einer gewissen Umweltfreundlichkeit der volkstümlichen Kultur, in der die persönliche Verantwortung für schlimme Taten, die als möglicher Auslöser von Naturkatastrophen im Volk angesehen wurden, als das höchste Gebot galt. Der Schöpfer selbst wurde von den Menschen in der Gestalt der Natur als Gottes Schöpfung verehrt und besungen. Ihm gebührte der Dank des Volkes für Regen und Sonne, für die Schönheit des jungen Mondes, für einen neuen anbrechenden Tag.

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VOLKSTÜMLICHE FESTE, SITTEN UND GEBRÄUCHE Die an bestimmte Tage des Kalenders gebundenen Sitten und Gebräuche sind eine der ältesten Kulturschichten des ukrainischen Volkes. Sie wurden durch praktische Bedürfnisse des Ackerbauern ins Leben gerufen; ihnen lagen besondere Zustände der Natur an den Tagen der Sonnenwende und bei Übergängen von einer Jahreszeit zu einer anderen zugrunde. Mit der Übernahme des Christentums gingen diese Feste in den Kirchenkalender ein, wobei sie erheblichen Änderungen unterzogen wurden. Früher wurde Neujahr in der Ukraine im Frühling gefeiert und fiel mit dem Beginn der Feldarbeiten zusammen. Das neue Jahr fing für den Ackerbauern zu Mariä Lichtmess (am 2. Februar nach der alten Zeitrechnung, des Weiteren: a. Z.) an. An diesem Tag treffen sich nach volkstümlichen Überlieferungen der Winter und der Frühling und fechten untereinander einen Kampf aus. Tauwetter an diesem Tag deutete auf einen baldigen Frühling und ein ergiebiges Weidejahr hin. Zum Fest von Mariä Lichtmess wurden an Brunnen das Wasser und in der Kirche eine Kerze (“Donnerschutzkerze”) geweiht, die bei Gewitter angezündet wurde. Der Frühling wurde von Hügeln aus, manchmal mit einem Rundbrot in der Hand, “herbeigerufen”; “fließende” Frühlingslieder und lustige Reigentänze sollten die Erde zum Erwachen bringen und die Wärme anlocken. Ende Februar — Anfang März wurde Fasching gefeiert. Auf dem Scheiterhaufen wurde “Kostrub” — ein Strohmann — als Verkörperung des Winters verbrannt. Überall wurden Pfannkuchen zubereitet, die in Form und Farbe der Sonne ähnlich sein sollten. Im Volk glaubte man, dass der Erzengel der Gottesmutter am Tag Mariä Verkündigung eine freudige Botschaft gebracht habe; Gott segnet jährlich an diesem Tag Erde, Pflanzen und “jeden Hauch”. Nach huzulischen Überlieferungen steckt er seinen Kopf in die Erde, um sie aufzuwärmen und bringt sämtliche Lebewesen, die in der Erde schlummern, zum Erwachen. Bis zu diesem Fest waren Feldarbeiten jeder Art verboten.

am fünfzigsten Tag nach Ostern, am Tag der Ergießung des heiligen Geistes — gefeiert. Am Vortag dieses Festes wurden Häuser mit grünen Ahorn- und Birkenzweigen geschmückt; an Toren pflanzte man Ruten aus Aspe als Schutz vor bösen Geistern auf. Als Restformen der Pfingstbräuche sind die Traditionen der Pappel- und Buschreigen erhalten geblieben. Ein Mädchen, als Baum oder Busch verkleidet, wurde mit Gesang durchs Dorf geführt; den Hausherren, die man besuchte, wünschte man dabei Glück. In der Pfingstzeit steigen Wassernymphen ans Land, irren

Am Palmsonntag wurden in der Kirche Weidenruten geweiht; dann schlug man sich gegenseitig damit und wünschte sich Gesundheit und Reichtum. Die Weidenruten wurden auf dem Hof an dem Brunnen befestigt oder auf dem Feld in die Erde gesteckt. Mit der geweihten Rute wurden Kühe zur ersten Weide getrieben und das Osterbrot angebräunt. Am Vortag des Osterfestes wurden Eier gefärbt und mit bunten Mustern bemalt; auch Osterbrot wurde gebacken. Im Volk glaubte man, dass die Sonne am Ostertag in ihrer vollen Pracht strahlt und glänzt, und beim Glockengeläut, das die Auferstehung Christi verkündet, Wasser in Flüssen und Brunnen heilkräftig wird. Die gesamte Umwelt schien sich in der freudigen Empfindung des frühlingshaften Erwachens zusammenzuschließen: Verwandte besuchten einander, Taufpaten brachten Geschenke für ihre Patenkinder, Kinder küssten sich dreimalig und beglückwünschten Verwandte und zogen mit den Nachbarn zum Fest. Das heidnische Fest des üppigen Grüns — der Grüne Sonntag (Grünzweigsonntag) — wandelte sich in Pfingsten um und wird 78 Pfingsten — Abschied vom Winter 79 Frühlingsmädchen 80 Reinigende Kraft des Kupala-Feuers

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VOLKSKULTUR Volkskundler wiesen schon immer auf die vielfältigen Begabungen des ukrainischen Volkes hin, auf sein feines Gefühl für das Schöne und ästhetisch Volkommene. Dazu trugen eine äußerst malerische Natur sowie eine große Vielfalt von Bräuchen bei, die aufs engste mit der Natur und den Jahreszeiten verbunden waren. Familien- und gesellschaftliche Gebräuche wurden wie eine Theateraufführung in einigen Akten gestaltet. Dadurch machten sich Kinder von klein auf Modelle der Welt und des Verhaltens zu eigen. Die wichtigste Pflicht der Eltern bestand darin, ihren Kindern “die Kenntnis der Sitten und Gebräuche” beizubringen. Dies nicht getan zu haben galt als eine große Sünde, genauso sündhaft wie dem Gottesdienst fernzubleiben. Eine echte ukrainische Niederlassung kann man heute nur noch in den (Freilicht-) Museen für Volksarchitektur und volkstümliche Sitten und Gebräuche erleben. Es gibt derzeit fünf Museen dieser Art in der Ukraine: in Kiew, Lwiw, Ushgorod, PerejaslawChmelnyzky und Tscherniwzi. Ehemals wurden Siedlungen in windgeschützten Flußtälern oder in Schluchten gebaut. Im Schatten üppig grüner, verstreut an Berghängen wachsender Bäume und Sträucher schimmerten weiß die berühmten ukrainischen Bauernhäuser, die chaty — Lehmhütten unter einem Strohdach. Das Bauernhaus war für einen Ukrainer nicht etwa ein gewöhnlicher Lebensraum. In ihm waren volkstümliche Vorstellungen vom Aufbau der Welt verkörpert. Dach und Decke symbolisierten die geistige Himmelswelt; Wände, Fenster und Türen das reale irdische Leben und die menschlichen Kontakte; Fußboden und Schwellen wurden als Grenze zwischen der irdischen und unterirdischen Welt begriffen. Das Haus wurde außen und innen geschmückt: weißgetüncht war es im unteren Teil mit Farbe bemalt und mit Blumenornamenten verziert. Dies hatte nicht nur eine ästhetische, sondern auch eine magische Bedeutung: ein geschlossener Kreis schützte die Familie vor bösen Geistern und sonstigen Übeln. Die Grundsteinlegung, der Bau und der Einzug ins neue Haus gehörten zu den besonderen Bräuchen. Im ukrainischen Haus gab es immer einen sakralen Platz, den Ofen (Pitsch), der als Familienherd galt. Mit dem Ofen ging man wie mit einem lebendigen Wesen um, das der Familie Wärme, Gemütlichkeit und Wohlbefinfen brachte. In der Ecke, gegenüber dem Ofen und zur Sonnenseite gewandt, wurde ein Platz für Gebete (Pokut’) mit Hausikonen und Kerzen eingerichtet. Unter Ikonen stand der Tisch. Dies war der Platz für besonders ehrenvolle und willkommene Gäste und für Verlobte. Fenster waren die “Augen” des Hauses, mit denen es in die Welt sah. Scheiben wurden ursprünglich aus Ochsenblase, Glimmerstücken und erst später aus Glas gemacht. Die Schwelle war der Anfang und das Ende des Hauses. Sie spielte eine besondere Rolle beim Gang zur kirchlichen Trauung oder beim letzten Geleit für Familienangehörige. An der Schwelle oder über der Tür nagelte man ein Hufeisen fest, das nach dem Volksglauben der Familie Glück brachte. Es galt als ein schlechtes Vorzeichen, über die Schwelle hinweg ein Gespräch zu führen oder etwas über die Schwelle hinüberzureichen. Ein besonderer Wert wurde dem Bau und dem Schmuck von Kultbauten — Kirchen und Glockentürmen — beigemessen. 85 Am Ziehbrunnen 86 Dorfkirche 87 Traditionelles ukrainisches Haus 88 Ikonenecke im Haus — Pokut’

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begrüßt; mit einem bestickten Handtuch betritt man eine neue Unterkunft, in ein gesticktes Handtuch wickelt man Neugeborene ein, und mit einem bestickten Handtuch werden Verlobte bei der Trauung aneinander gebunden. Auf bestickten Handtüchern wird der Sarg in die Grube hinuntergelassen; mit ihnen umwickelt man beim Leichenschmaus Kreuze und deckt Grabsteine ab. Für Speisen und Getränke wurde besonderes Geschirr hergestellt. Teller, Löffel, Becher und Schöpfkellen wurden aus festen und gemaserten Holzsorten wie Birke, Linde und Birne gemacht. Sie wurden aus Holzstücken gehobelt, gewetzt, geschliffen und danach mit goldähnlicher und dunkelroter Farbe bemalt und reich mit stilisierten Mustern dekoriert. Das bemalte keramische Geschirr, das von der Töpferscheibe kam — Töpfe, Schüsseln, Milchkrüge, Mörser, kleine Fässer und Ziergefässe — zeichneten sich durch feine Formen und reichen Schmuck aus. Zu älteren Zeiten gab es in der Ukraine viele Zentren des Töpferhandwerks, doch nur wenige haben bis heute überdauert. Traditionelle Erzeugnisse aus Keramik (Geschirr, dekorative Plastiken, Kinderspielzeug) werden in Opischnja im Gebiet Poltawa hergestellt.

Noch zu Zeiten der Fürstenherrschaft gab es in der Ukraine kunstfertige Glasbläser. Als Rohstoffe wurden Quarzsand, Kreide, Kalk, schwer schmelzbare Lehmarten, Holzkohle, Teer und Pottasche benutzt. Flaschen, Feldflaschen, Karaffen, Schnapsgläschen, Gläser und Vasen wurden mit erfindungsreichem Schmuck (Geflecht, Bänder, Rosetten, siegelförmige Medaillons aus Glas) verziert und mit Emaille, ja auch mit Gold bemalt. Die Traditionen der Kunstglasherstellung werden in der Ukraine bis heute gepflegt. Auch die Produktion der Schmiede und Metall-Gießer — Bauteile für Karossen, Mauerpforten und Holztore, Türen sowie Glocken — wurde künstlerisch gestaltet. Unter den Händen der Gold- und Silberschmiede entstanden Ohrringe, Damen- und 94 “Binde erst ein Knötchen, wenn du flechten willst” 95 Töpfer 96 Geschnitzte Holzwerke 97 Hauswebstuhl

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von Ohrringen zu ermöglichen. Der Schmuck wurde als Familienkostbarkeit von Generation zu Generation bewahrt. Die Ukrainer gelten als ein musikbegabtes Volk. Bis jetzt bezaubern ukrainische Kapellen die ganze Welt mit ihrer Kunst, und ukrainische Volkschöre gehören weltweit zu den besten. Eine der schönsten Gesangsarten ist der ukrainische Kirchengesang. Die überwiegende Mehrheit der Ukrainer singt ohne jeglichen musikalischen Unterricht und bedient sich nur des angeborenen Gehörs. Besonders verbreitet ist der a capella Gesang ohne musikalische Begleitung. Typische Volksmusikinstrumente sind Kobsa und Bandura. Sie haben lange Baßsaiten, die längs am Griffbrett gespannt und kurze Saiten, die über dem Schallboden gespannt sind. In der Westukraine ist Trembita verbreitet, ein rohrförmiges Horn mit einer weiten Öffnung (bis zu 2,5 m lang) aus einem ganzen Holzstück, das mit Birkenrinde umhüllt ist. Die Trembita erzeugt einen wehmütigen und starken Ton, der in 10 km Entfernung zu vernehmen ist. Das Tamburin — Bubon — ist ein breiter, mit einem Fell überspannter Reifen. In Einschnitte am Rand sind Schellen eingesetzt, und in der Mitte ist kreuzweise ein Draht mit metallenen Plättchen gespannt. Diese Schellentrommel nutzt man, um mit Hand und Fingern den Takt zu schlagen. Eine Handtrommel, eine Geige und eine Bassola — ein celloähnliches Musikinstrument — bilden ein Trio, die sogenannte “Dreierkapelle”, die immer bei volkstümlichen Festen spielt. In der grauen Vergangenheit wurde jede Naturerscheinung und jeder Arbeitsgang mit Musik- und Gesangsritualen sowie Kalenderund Hochzeitsliedern begleitet. Zu Zeiten der Fürstenherrschaft wurden Sagen und epische Lieder zu Ehren der Heldentaten sagenhafter Recken gedichtet. Aus den Zeiten der Kosaken stammen Dumen — lyrische und epische Volkslieder über den Kampf gegen Tataren, Türken, Polen und andere Unterdrücker der Ukraine. Merkwürdigerweise gibt es darin fast keine Stellen, in denen über Kämpfe oder Blutvergießen berichtet wird. Traurig klingt in ihnen der Schmerz über Zerstörung; besungen werden Unbeugsamkeit, Willensstärke, Freiheitsdrang und das Streben nach einem glücklichen Leben. Jahrhundertelang wurden Dumen von Kobsa-Spielern von Generation zu Generation weitervermittelt. Die von Feinden geblendeten Sänger begleiteten das Heer und verbreiteten den Ruhm der Kosaken in der ganze Ukraine. Dumen wurden nicht gesungen, sondern mit Begleitung eines Musikinstruments — der Kobsa bzw. der Bandura — im Rezitativ vorgetragen. Jeder Kobsa-Spieler — Kobsar — schrieb eigene Melodien dazu. Das Lied ist bis heute ein tragendes Element der ukrainischen nationalen Identität. In verschiedenen Regionen des Landes finden Volkslied-Festivals statt. Die ukrainische Volksmalerei wurde durch das Bild “Kosak Mamai” weltberühmt. Seit dem 18. Jahrhundert wurde es auf Hauswände, Türen, Schreine, Geschirr und Leintücher gemalt. Das Bild stellt einen sitzenden Kosaken mit einer Kobsa in der 111 Ein alter Kobsa-Spieler 112 Kosak Mamai 113 “Spiel, Musik, spiel…”

Hand vor einer ukrainischen Landschaft im Hintergrund dar. Daneben steht sein treuer Freund, das Pferd. Der Text auf dem Bild berichtet in Versen über Heldentaten der Kosaken. Jedes Jahr wird im August in der Heimat des großen Schriftstellers und Mystikers des 19. Jahrhunderts, Mykola Gogol, der berühmte Sorotschynzi-Jahrmarkt abgehalten. Wie Jahrhunderte zuvor kommen im Dorf Sorotschynzi aus allen Ecken und Enden Käufer und Verkäufer zusammen. Man kann hier ein amüsantes Kleintier aus Keramik, ein lebendiges Schwein, einen Brotkrob aus Stroh und einen modernen Mähdrescher erwerben. Heute ist der Sorotschynzi-Jahrhmarkt zugleich ein lebendiges Museum und ein Freilichttheater. Die unvergleichliche Atmosphäre der Gogol-Zeit lebt wieder auf in sauberen, weißgetünchten Bauernhäusern mit Strohdächern, in idyllischen Windmühlen und in Scheunen mit Schilfdächern. Sie bilden einen schönen Hintergrund für Theatervorstellungen und Auftritte verschiedener Volkskunsttruppen aus der ganzen Ukraine.



TRADITIONELLE KÜCHE Im Volk herrscht die Meinung: wer tüchtig ißt, der ist auch ein tüchtiger Arbeiter. Zur Zeit zählt man ca. 70 traditionelle ukrainische Gerichte, die heute so beliebt sind wie früher. Das wichtigste tägliche Nahrungsmittel der Ukrainer war und bleibt Brot. Mit einem Laib Brot wurde ein neues Haus betreten; man begrüßte damit liebe Gäste und begleitete Verlobte zur Trauungszeremonie. Es galt als Sünde, ein Stück Brot nicht zu Ende gegessen oder zu Boden geworfen zu haben. Vorwiegend wurde Roggenbrot gegessen; Weizenbrot wurde bei feierlichen Anlässen gebacken. Das Alltagsbrot hieß Paljanyzja (eigentl. gebranntes Brot, vom ukr. “palyty”( brennen) — Anm. des Übersetzers). Paljanyzja wurde in einem heißen Ofen aus Sauerteig gebacken; unter den Laib legte man Kohlblätter. Das fertige Brot blieb einige Wochen lang weich und duftig. Die traditionelle Art des Brotbackens hat sich in manchen Dörfern bis heute erhalten. Auf einer ukrainischen Hochzeit ist immer das runde Festbrot — Korowai — zu sehen. Es ist viel größer als Paljanyzja, wird aus besseren Mehlsorten gemacht und auf der Oberseite mit symbolischen Ornamenten aus Teig verziert. Ein weiteres Festbrot heißt Paska. Dieses Süßbrot wird einmal im Jahr — zum Osterfest — gebacken. Warenyky (handgemachte Teigtaschen — Anm. des Übersetzers) gehören zum Alltagsessen jeder ukrainischen Familie. Dieses Nationalgericht ist in der Ukraine seit dem 16. Jahrhundert bekannt. Echte Warenyky werden aus ungesäuertem, gekochtem Teig zubereitet, der mit Fleisch, Kohl, Quark, Bohnen, Sauerkirschen, Äpfeln, Pflaumen, Mohn oder Schneeballbeeren gefüllt wird. Fügt man den mit Quark, Früchten oder Beeren gefüllten Warenyky saure Sahne oder Honig hinzu, kann man sich eine bessere Speise kaum vorstellen. “Wie ein Warenyk in saurer Sahne schwelgen” — dieser Spruch ist jedem Ukrainer bekannt. Damit verbinden sich Vorstellungen von einem reichen und sorgenfreien Leben. Eine weitere Lieblingsspeise der Ukrainer sind Haluschky — kleine in Wasser oder in einer Brühe gekochte, handgemachte Teigklümpchen. Ihnen werden gebratene Speckstücke und Zwiebelscheiben beigegeben. Sie werden zusammen mit der Brühe gegessen. Haluschky werden in der Ukraine aus ungeklärten Gründen vor allem mit der Region Poltawa in Verbindung gebracht. Vielleicht ist dies auf einen Vorfall während des russisch-schwedischen Krieges zurückzuführen, als Frauen aus dieser Region in wenigen Stunden die ganze Armee des Zaren Peter des Ersten mit Haluschky gesättigt haben. Bis heute werden in der Ukraine Kartoffeln “zweites Brot” genannt. Der Kartoffelanbau verbreitete sich in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Kartoffeln werden gebacken, gekocht, gebraten, selbständig und zusammen mit anderen Speisen serviert. Allgemein bekannt ist die Vorliebe der Ukrainer für Speck. Man pflegt ihn mit Brot zu genießen. Speck ist ein unentbehrliches Element des Kosakenbreis — Kulisch, der traditionell aus Gries zubereitet wird. Viel Speck auf dem Tisch galt im Volk als Merkmal des Wohlstandes: “Wäre ich ein reicher Mann, würde ich Speck als Vorspeise und als Hauptgericht essen”. Doch war und bleibt der Borschtsch der Inbegriff der ukrainischen Küche. Die Zubereitung des Borschtsch setzt nicht 114 Wenn du bei der Arbeit schwitzest, dann schmeckt auch das Essen 115–117 Speisen zum Fest: Grießbrei am Heiligen Abend, gefüllte Teigtaschen (Warenyky) zum Neujahr und Osterbrot (Paska)

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KULTUR Theater Das ukrainische Theater ist tief im ukrainischen Volksschaffen verwurzelt und vom eigentümlichen romantischen Geist der ukrainischen Lebensauffassung geprägt. Es hat einen schwierigen Entwicklungsweg zurückgelegt: vom Theater der Barockzeit bis zur Herausbildung eines professionellen Theaters in der Zeit des stürmischen Aufschwungs der Dramaturgie Ende des 19. Jahrhunderts. Sein Werdegang wurde in entscheidendem Maße von Regisseuren wie Jossyp Stadnyk, Mykola Sadowsky und Les Kurbas mitbestimmt. Das gegenwärtige Theatergeschehen in der Ukraine ist vielfältig. Die Palette der verschiedenen Strömungen und Genres reicht von der klassischen Komödie bis zur Tragödie, von der avantgardistischen Suche um die Jahrhundertwende, vom Theater des Absurden bis hin zu postmodernen Dramen. Auf dem Spielplan der Schauspielhäuser in Kiew, Lwiw, Odessa, Dnipropetrowsk und anderen ukrainischen Städten stehen Inszenierungen von Werken sowohl ausländischer (E. Olby, Th. Mann, S. Beckett, A. Tschechow, O. Ostrowski, W. Nabokow, L. Hašek, J. Joice, L. Pirandello, E. Ionescu u.a.) wie auch einheimischer (I. Franko, W. Stefanyk, L. Ukrainka, G. Skoworoda, W. Stus, L. Kostenko u.a.) Autoren. Das gegenwärtige experimentelle ukrainische Theater ist durch eine Besonderheit geprägt: es tendiert zu orientalischen Reminszenzen (was in seiner Sensibilität gegenüber der Metaphysik und Meditation, der Vertiefung in das Überirdische und Geheimnisvolle zum Ausdruck kommt) in Verbindung mit europäischen Stilvarianten. Die Verehrer einer erlesenen Bühnenkunst und einer perfekten schauspielerischen Leistung besuchen immer gern die Vorführungen des “Theaters eines Schauspielers” in Lwiw, das dem Kunstverband “Theater im Korb” angehört. Einen unvergeßlichen Eindruck hinterlassen auch Solo-Aufführungen des Kiewer Theaters “Akteur”. Das spirituelle Theater “Auferstehung” aus Lwiw setzt sich zum Ziel, die sakrale Berufung der Bühne weiterzupflegen. Hier werden Theaterstücke nach Werken von Calderon, Byron, Strindberg u.a. auf die Bühne gebracht. Sie regen zum Nachdenken über das Verhältnis zwischen dem Spirituellen und dem Künstlerischen an. Ukrainische Theatertruppen sind engagierte Teilnehmer ukrainischer und internationaler Bühnenfestspiele.

Filmkunst Bereits Anfang des 20. Jahrhunderts wurden in der Ukraine erste Versuche unternommen, eine nationale Filmkunst ins Leben zu rufen. Der Weltruhm der einheimischen Filmkunst wurde jedoch erst mit dem Schaffen des Filmregisseurs Olexander Dowshenko in den 20-er und 30-er Jahren des 20. Jahrhunderts begründet. In die 60-er und 70-er Jahre des 20. Jahrhunderts fallen die ersten internationalen Erfolge des ukrainischen Kinos (15 Preise bei internationalen Filmfestspielen für den Film “Schatten vergessener Vorfahren” des bekannten ukrainischen Filmemachers Serhi Paradshanow; der höchste internationale Preis für den Film von Juri Iljenko “Weißer Vogel mit schwarzem Fleck” usw.). 122 Eine Szene aus einer Aufführung des Opern- und Baletthauses in Dnipropetrowsk 123 Dowshenko-Denkmal in der Heimat des Künstlers



Liederwettbewerbs “Eurovision” gekürt. Damit hat sich die ukrainische Musikkultur ins Bewußtsein der internationalen Musikgemeinschaft gebracht und die Wettbewerbsfähigkeit der modernen ukrainischen Pop-Musik unter Beweis gestellt.

Bildende Kunst Die Einführung des Christentums durch den Fürsten Wolodymyr im 10. Jahrhundert leitete die Entwicklung der Ikonenmalerei auf dem Gebiet der Kiewer Rus ein. Die hiesigen Meister nahmen sich dabei byzantinische Traditionen der Ikonenmalerei zum Vorbild. Mit der Zeit bildeten sich eigene, völlig unabhängige und eigenständige Schulen der Ikonenmalerei heraus. Die feinste und raffinierteste unter ihnen war die Kiewer Schule. Die meisten Werke der Malerei des frühen Mittelalters gingen leider mit der Zeit verloren. Nur in einigen Chroniken leben Erinnerungen an wundertätige Werke hervorragender Ikonenmaler, u.a. des Mönchs des Kiewer Höhlenklosters Alipi, weiter. Die herausragendsten Denkmäler der monumentalen Malerei sind die Mosaiken und Fresken der Kiewer Sophienkathedrale. Zu

Zeiten der Herrschaft des Fürsten Jaroslaw des Weisen errichtet, wurde diese Kathedrale zum Symbol einer der ersten originären Spitzenleistungen der altrussischen Baukunst und Malerei. Nach dem Einbruch des Tataren- und Mongolenheeres und dem Verfall des altrussischen Staates wurden die Traditionen der Malerei im Fürstentum Halytsch-Wolhynien aufgegriffen und weitergepflegt. Gerade aus Wolhynien stammt ein Meisterwerk jener Zeit: die Ikone der “Wolhynischen Gottesmutter”. Der nächste Aufschwung der ukrainischen Kunst fällt in das 16. Jahrhundert. Humanistische Ideen der Renaissance dringen tief in die Kultur ein. Gleichfalls wird die Kunst immer stärker 128 Ikone “Wolhynische Gottesmutter”. 13. Jh. 129 Ikone “Georg der Drachentöter”. Anfang des 16. Jahrhunderts 130 Porträt von Michal Potozky. Maler Miris 131 Porträt von Viktoria Pozej. Maler F. Pawlikowytsch

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WISSENSCHAFT UND TECHNIK Die größten wissenschaftlichen und technischen Errungenschaften der Ukraine waren bis vor kurzem mit der Rüstungsindustrie verbunden. Im Hinblick auf die Kultur der wissenschaftlichen Forschungen, die Ausbildung des Nachwuchses und den Einsatz von intellektuellen Kräften waren ukrainische Rüstungsunternehmen im Bestand des sowjetischen Militär- und Industriekomplexes in der Tat ein tragender Teil der ukrainischen Wissenschaft und Technik insgesamt. Heute haben sich aus den vormals größten rüstungsorientierten Forschungs- und Produktionsvereinigungen Unternehmen entwickelt, in denen moderne Flugzeuge, Raketen und Weltraumtechnik gebaut werden, aber auch Schiffs- und Maschinenbaubetriebe, elektrotechnische Werke, Unternehmen in den Bereichen Gerätebau, Informationstechnik, Funktechnik, Telekommunikation, elektro­ nische Datenverarbeitung, Energiewirtschaft u.a. Ukrainische Konstruktionsbüros für Flugzeugbau haben mit einigen innovativen Lösungen, insbesondere im Bereich des Transportflugverkehrs, einen wichtigen Beitrag zum technischen Fortschritt in der Welt geleistet; der Großteil dieser Lösungen ist das Verdienst der Belegschaft des in der Nachkriegszeit in Kiew gegründeten Antonow-Entwicklungsbüros, das inzwischen weltweit Rang und Klang erworben hat. Man kann auch von einer konsequenten und folgerichtigen Entwicklung der Weltraum-Industrie der Ukraine sprechen. Das Interesse der begeisterten Jugend für die Erschließung des Weltalls ging in den Forschungsarbeiten der 30-er Jahre des 20. Jahrhunderts in Erfüllung. Maßgeblich war hier die bahnbrechende Tätigkeit von Olexandr Schargej. Um politische Verfolgungen zu vermeiden, ließ er sich Dokumente auf den Namen Juri Kondratjuk ausstellen. Sein 1929 in Poltawa geschriebenes Buch “Eroberung des interplanetarischen Raums” wurde von US-amerikanischen Forschern bei der Landungsvorbereitung auf dem Mond genutzt, wo auf ihre Initiative hin der Name des ukrainischen Wissenschaftlers verewigt wurde. Der aus Odessa gebürtige W. P. Hluschko schuf bereits Anfang der 30‑er Jahre eine Reihe von Raketentriebwerken. Die Sowjetunion hat ihre Erfolge bei der Weltraumerschließung Ende der 50-er, Anfang der 60-er Jahre auch dem herausragenden ukrainischen Flugzeugkonstrukteur S.P. Koroljow zu verdanken. In dem von ihm geleiteten Konstruktionsbüro Süd (SKB “Piwdenne”) wurden strategische Raketen entwickelt, auf deren Grundlage später künstliche Erdsatelliten: “Kosmos”, “Zyklon”, “Zenit” entstanden.

Wis­sen­schaftler und Forscher haben sich unter anderem besonders stark in den Bereichen Werkstoffkunde, Elektroschweißen, Pulvermetallurgie, Produktion von Kunstdiamanten und Werkzeugen aus Kunstdiamanten profiliert. Ukrainische Wissenschaftler beteiligen sich an der internationalen modernen Grundlagenforschung zum Aufbau des Weltalls. Kiew ist zu einem international anerkannten Zentrum der nichtlinearen Theorien und der Turbulenztheorie geworden, die bei der Entwicklung neuer Ansätze in der Physik des Makrokosmos und der Kosmologie maßgeblich sind. Nach der Rehabilitierung der Kybernetik, die zu Sowjetzeiten verpönt war, wurde 1957 in Kiew das Datenverarbeitungszentrum der Akademie der Wissenschaften der Ukraine geschaffen. 1961 entstand hier das Institut für Kybernetik mit einem jungen und begabten ukrainischen Wissenschaftler W. M. Hluschkow an der Spitze. Im 20. Jahrhundert gelang der Ukraine ein gewaltiger Sprung in Bildung, Forschung und Technik. Heute gehört die Ukraine zu den vier führenden Staaten der Welt (neben den USA, der Russischen Föderation und der China) im Bereich der Weltraumtechnik und Weltraumtechnologien. Mit ihren fast 50 Millionen Bürgern verfügt die Ukraine über riesige Möglichkeiten für einen nachhaltigen zivilisatorischen Fortschritt. In ihrer überwiegenden Mehrheit sind es gut ausgebildete Fachleute mit großem Sachverstand und geschickten Händen. Die Ukraine ist das Land unbeschränkter Möglichkeiten.

Aus der Rüstungsindustrie ist auch die nukleare Energetik hervorgegangen. 1971–1975 wurden beim Bau der meisten Kernkraft­ werke in der Ukraine Kernkraftanlagen genutzt, die unter Leitung des Akademiemitglieds A. P. Alexandrow für kernkraftbetriebene U‑Boote entwickelt worden waren. An der Geschichte der nuklearen Energetik, die sich viele Jahre lang unumkehrbar auf das Unglück von Tschernobyl hinbewegte, lassen sich jene eklatanten Mängel verfolgen, die dem wissenschaftlich-technischen Fortschritt in einer totalitären und posttotalitären Gesellschaft innewohnen. Die mit der Rüstungsindustrie verbundenen Spitzenleistungen in Wissenschaft und Technik waren selbstverständlich nur ein Kernstück der industriellen Kultur. In der Ukraine waren und sind Tausende von Geologen, Bauingenieure, Metallurgen, Brücken­ bauer, Energiewirtschaftler, Chemiker u.a. tätig. Ukrainische 144 Testflug der neuen AN-148 145 Die AN-225 nimmt Fracht an Bord in Kabul 146 Museum für Raumfahrt in Schytomyr

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SPORT Der Sport ist in der Ukraine ein besonderes Phänomen. Und nicht etwa nur deshalb, weil die besten Athleten des Landes weltweit bekannt sind, sondern auch weil dieser sportliche Ruhm Ausdruck einer besonderen sportlichen Begabung der gesamten Nation ist, die vielleicht nur mit ihrer Singfreudigkeit zu vergleichen ist. Am beliebtesten ist in der Ukraine, wie auch fast überall in der Welt, der Fußball. Ein Löwenanteil an Erfolgen in dieser Sportart gehört dem Kiewer Verein “Dynamo”, dessen Geschichte 1924 begann. Die Mannschaft aus der Hauptstadt der damaligen Sowjetukraine war der renommierteste Fußballklub in der sowjetischen FußballOberliga; sie holte 13 mal den Landesmeistertitel, gewann zweimal den europäischen Pokal der Cupgewinner (1975 und 1976) und einmal den UEFA-Supercup (1975). Diese Erfolge sind mit dem Namen des legendären Fußballspielers und Couch Waleri Lobanowsky verbunden. Drei seine Zöglinge — Oleg Blochin, Ihor Bjelanow und Andri Schewtschenko — wurden als beste Fußballer Europas mit dem “Goldenen Ball” geehrt. Mit der Erlangung der Unabhängigkeit änderte sich kaum etwas an dieser Lage: die Kiewer Fußballspieler setzen die siegreichen Traditionen fort und besitzen bereits 11 Landestitel. Somit erwarben sie das heißersehnte Recht, an T-Shirts einen Stern zu tragen. Es wäre jedoch verkehrt, sich bei der Beschreibung des ukrainischen Fußballs nur auf einen Klub zu beschränken, denn es gibt weitere ernst zu nehmende Mannschaften, die sich auf europäischer Ebene zu profilieren beginnen. Hier sind vor allem “Dnipro” aus Dnipropetrowsk und “Schachtar” aus Donezk zu erwähnen. Auch die Nationalelf hat sich in der letzten Zeit als durchaus durchsetzungsfähig bewährt. Einen wichtigen Anstoß zur weiteren Entwicklung des Fußballs in der Ukraine können die Europameisterschaften im Jahre 2012 geben. Die Ukraine kann außerdem noch auf einen Sportverein stolz sein, der in das Guiness-Buch der Rekorde eingetragen ist: die Frauenhandballmannschaft “Spartak”, den 20-fachen Meister der UdSSR in ununterbrochener Reihenfolge und den 13-fachen Gewinner des Pokals der europäischen Landesmeister. Diese Siege sind von dem Namen einer weiteren hervorragenden Persönlichkeit aus der Zunft der Trainer nicht zu trennen: Ihor Turtschyn. Seine Frau Sinaida Turtschyna wurde zur besten Handballerin des XX. Jahrhunderts gekürt. Auch heute verfügt die Ukraine über eine große Gruppe von talentierten Sportlerinnen, die während der Olympischen Spiele in Athen Bronzemedaillen errungen und im Wettkampf um den dritten Platz die aktuellen Weltmeisterinnen, die französische Nationalmannschaft, geschlagen haben. Großer Wert wird auch der Entwicklung individueller Sportarten beigemessen; es ist praktisch nicht möglich, alle ukrainischen SportStars aufzuzählen. Die Namen der Boxer Witali Klitschko — des WBC-Weltmeisters im professionellen Boxen — und Wolodymyr Klitschko — des Olympiasiegers — sorgen seit je für Schlagzeilen in der ukrainischen und internationalen Presse. Auch die ukrainische Schwimmerin Jana Klotschkowa ist in die Olympia-Geschichte eingegangen: sie ist die einzige Sportlerin in der Geschichte der Olympischen Spiele, der es geschafft hat, Goldmedaillen auf zwei gleichen Schwimmstrecken — 200 m und 147 Jana Klotschkowa — Superstar des modernen Schwimmens 148 Liebling der Fußball-Fans Andri Schewtschenko

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I nhalt Allgemeine Daten 5 Wichtige Daten der ukrainischen Geschichte 6 Natur 9 Naturschutzgebiete und Parkanlagen 19 Architektur 35 Sprache 47 Uralter Volksglaube 51

Volkstümliche Feste, Sitten und Gebräuche 55 Volkskultur 59 Traditionelle Küche 73 Kultur 79 Wissenschaft und Technik 95 Sport 97

UKRAINE Kunstband Rezensent Myroslaw Popowytsch Textautoren Oleksandr Bilousko Übersetzt von Wolodymyr Schwed Fotografen Juri Buslenko, Andri Denyskiw, Jewhen Derlemenko, Swjatoslaw Kolesnykow, Ihor Kropywnytsky, Andri Mossijenko, Andri Sowenko, Kostjantyn Starodub, Wiktor Chmara, Oleksandr Tschapzew Generadirektor Ruta Malekinaite Chefredakteur Wirginijus Strolja Verantwortlicher Redakteur Olena Kirjatska Umschlaggestaltung Vitalii Mashkov Satz und Druckvorbereitung Ihor Artemenko

Verlag “Baltija Druck”, wul. A. Barbjusa, 51/2, Kiew, Ukraine 03150 Tel.: 5021047 e-mail: baltija@ukr.net, www.baltia.com.ua

© Verlag “Baltija Druck”, 2005. ISBN 966-8137-21-3


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