2016 11 Asphalt

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2,20 EUR davon 1,10 EUR VerkÀuferanteil

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DIE WILDEN TIERE KOMMEN REVIERWECHSEL

Fuchs, WaschbĂ€r und Biber erobern die Großstadt.

IRRWEG

Salafisten locken Kinder in den »heiligen« Krieg.

FREIGEIST

Autor Wladimir Kaminer ĂŒber Russland und seine Mutter.


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Notizblock

6 Angespitzt 7

Die wilden Tiere kommen

Biber, Fuchs und WaschbÀr auf dem Weg in die Stadt.

10 Wie im Paradies

Ratten und ihr komfortables Leben in der Kanalisation.

13 Briefe an uns 14 Wer war eigentlich 
? 15

Zukunft am Hindukusch?

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Armut. Macht. Flucht.

In Afghanistan herrscht Krieg, aber die Bundesregierung redet die Situation schön. Eine Reise in ein geschundenes Land. Die Landesarmutskonferenz Niedersachsen diskutiert ĂŒber globale und regionale Ungleichheiten.

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Im Bann der Hassprediger

Wie radikale Salafisten Kinder und Jugendliche verfĂŒhren.

22 Aus der Szene 23 Das muss mal gesagt werden 24 Aus dem Leben

von Asphalt-VerkÀufer Martin

26 Rund um Asphalt 29

»Ich schÀme mich«

Erfolgsautor Wladimir Kaminer im Interview. Asphalt verlost Karten zur Lesung.

31 Impressum 32 Die LesebĂŒhne

Judith Simon-Graf: L’ivresse

34 Buchtipps 35 November-Tipps 38 Impressum/Ihr Engagement Titelfoto: REUTERS/ Thomas Peter

39 SilbenrÀtsel Das Asphalt-Prinzip

Asphalt-VerkĂ€uferinnen und -VerkĂ€ufer sind Menschen mit brĂŒchigen Biographien. Irgendwann sind sie in ihrem Leben durch schwere Schicksale, Krankheiten oder traumatische Erlebnisse aus der Bahn geworfen worden. Heute versuchen sie, durch den Verkauf des Asphalt-Magazins ihrem Leben wieder Struktur und Sinn zu verleihen. Viele sind oder waren wohnungslos, alle sind von Armut betroffen. Sie kaufen das Asphalt-Magazin fĂŒr 1,10 Euro und verkaufen es fĂŒr 2,20 Euro. Asphalt ist eine gemeinnĂŒtzige Hilfe-zur-Selbsthilfe-Einrichtung und erhĂ€lt keinerlei regelmĂ€ĂŸige staatliche oder kirchliche Zuwendung.


haben Sie den Adler in der Altstadt gesehen? Oder den Fuchs in der FußgĂ€ngerpassage? Und neulich, die Wildschweine im Stadtpark? Nicht? Ok – noch sind solche Begegnungen Fiktion. Unbestritten aber ist, dass immer hĂ€ufiger wilde Tiere in unsere StĂ€dte kommen. Deshalb sind sie diesmal Titelthema. Marder, WaschbĂ€ren, Schleiereule und Biber zieht es in Wohnsiedlungen, in leerstehenden Fabriken finden sie ruhige PlĂ€tzchen fĂŒr ihre Jungen und stillgelegte Bahngleise werden zu neuem Lebensraum. Kein Wunder, Tiere folgen immer der Nahrung. Unsere MĂŒlltonnen bieten da allerlei, KleingĂ€rten mit Obst und GemĂŒse, Komposthaufen und Industriebrachen sowieso. Einige Ökologen schwĂ€rmen bereits von besonderer »BiodiversitĂ€t« in unseren StĂ€dten, hier wĂŒrden Vögel, FĂŒchse und Wildschweine nicht gejagt und unser Abfall ernĂ€hre sie trefflich. Aber die wirkliche Ursache fĂŒr ihren Zug in unsere NĂ€he ist das nicht. Sie sind nicht einfach bequem und verfressen. Nein, sie haben in der Natur schlicht immer weniger Platz! Weil wir WĂ€lder und Wiesen mit Schnellstraßen oder Bahnstrecken zerschnitten haben, weil wir durch landwirtschaftliche Monokulturen ihr Futter wegnehmen, weil wir mit schweren Maschinen BrutplĂ€tze zerstören, weil wir FlĂŒsse, Seen und Grundwasser mit GĂŒlle extrem belasten. Viele Tierarten sind deshalb lĂ€ngst ausgestorben, andere weichen aus – eben in unsere StĂ€dte. Das bedeutet nicht, dass sie hier jetzt geschĂŒtzt sind. Sie sterben bei AutounfĂ€llen, wachsende Wohnsiedlungen nehmen ihnen weiteren Lebensraum, vollverglaste HochhĂ€user sind fĂŒr Vögel tödliche Fallen. NaturschĂŒtzer haben darauf reagiert. Sie beraten BĂŒrger, wie mit den Wildtieren umzugehen ist, vorsichtig und respektvoll nĂ€mlich. FĂŒchse dĂŒrfen nicht gefĂŒttert und auch der sĂŒĂŸeste WaschbĂ€r nicht gestreichelt werden. Wilde Tiere sind keine Haustiere. Sie bleiben wild, haben Scheu vor Menschen und suchen einfach nur Platz zum Leben. Das Projekt »StĂ€dte wagen Wildnis«, das unsere Autorin Ihnen im Heft vorstellt, stimmt mich da hoffnungsvoll. Außerdem bereichert uns die neue NĂ€he wilder Tiere. Es ist faszinierend, sie zu beobachten. Sie sind geschmeidig, mutig, schnell. Und – mal ehrlich – möchten Sie auf diese Weise tief im Innern nicht auch gerne ein kleines bisschen wild sein? Ihre

Hanna Legatis · Mitherausgeberin von Asphalt

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Liebe Leserinnen, liebe Leser,

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Foto: Picture-Alliance/chromorange

Notizblock

Asse-Salz fĂŒr die Elbe Hannover/WolfenbĂŒttel. Salzhaltiges Wasser aus dem AtommĂŒlllager Asse soll in die Elbe entsorgt werden. Das sieht ein Plan des Bundesamtes fĂŒr Strahlenschutz (BfS) vor. TĂ€glich muss aus dem ehemaligen Asse-Bergwerk rund zwölf Kubikmeter Salzlauge entfernt werden, damit das Atomlager dort nicht absĂ€uft. Bisher wurde das nach Auskunft des BfS nicht strahlende Gemisch im stillgelegten Bergwerk MariaglĂŒck bei Celle versenkt. Doch diese LangerstĂ€tte ist bald voll. Daher mĂŒsse die Salzlauge nun in die Elbe, so das BfS. Alternativ wird noch die Einleitung in die ohnehin schon mit Salz belastete Weser geprĂŒft. Die in Niedersachsen mitregierenden GrĂŒnen halten das Einleiten in FlĂŒsse fĂŒr »ökologisch nicht sinnvoll«. MAC

FDP fĂŒr legales Kiffen

Mehr Sicherheit fĂŒr Pendler

Hannover. Die FDP-Fraktion im Landtag will Kiffen in Niedersachsen entkriminalisieren. Nicht, um Kiffen zu fördern, sondern um den Schwarzmarkt zu bekĂ€mpfen und die Justiz und Polizei von Verfahren zu entlasten, so FDP-Chef Stefan Birkner. Die bisherige Drogenpolitik sei in Sachen Cannabiskonsum auf breiter Front gescheitert. LĂ€ngst sei Kiffen in allen Bevölkerungsschichten weit verbreitet. Entsprechend will die FDP kĂŒnftig fĂŒr kontrollierten legalen Handel in lizensierten Shops Ă€hnlich wie in den Niederlanden eintreten. Samt Steuern auf den Handel mit solchen Produkten, die dann komplett in mehr Jugendschutz und DrogenprĂ€ventionsarbeit investiert werden sollen. Ein Antrag wurde im Oktober in den Landtag eingebracht. Ob die GrĂŒnen, die seit Jahren fĂŒr die Legalisierung weicher Drogen streiten, und zumindest Teile der SPD zustimmen werden, wie Birkner glaubt, ist noch unklar. Immerhin hatte die SPD jĂŒngst auch erst verlautbart, Cannabis sei in der Gesellschaft angekommen. Niedersachsens Sozialministerin Cornelia Rundt Ă€ußerte sich vorab bereits eher ablehnend. MAC

Hannover/Oldenburg. Mehr VerlĂ€sslichkeit fĂŒr Pendler fordert die niedersĂ€chsische Landesnahverkehrsgesellschaft (LN VG) von den Bahnunternehmen Metronom und Nordwestbahn. LokfĂŒhrermangel bei beiden Unternehmen habe in den vergangenen Wochen zu zahlreichen ZugausfĂ€llen gefĂŒhrt. Die LNVG ist fĂŒr die Betriebserlaubnis der Unternehmen zustĂ€ndig und will nun mit ZuschusskĂŒrzungen in Millionenhöhe die Unternehmen zu einer kundenfreundlicheren Personalpolitik zwingen. »Wir stellen uns aktuell die Frage, ob wir bei kĂŒnftigen Ausschreibungen eine großzĂŒgigere Personalreserve zum Gegenstand machen«, sagte LNVG-Sprecher Rainer Peters. MAC


Schwarze Null

Loccum. Als »faulen Kompromiss« zugunsten Vermögender bezeichnet Gerhard Wegner, Direktor des Sozialwissenschaftlichen Instituts der Evangelischen Kirche Deutschland (EKD) in Loccum, die Reform der Erbschaftssteuer. »Das Bundesverfassungsgericht hatte der Politik eigentlich aufgegeben, fĂŒr mehr Gleichheit zu sorgen«, sagte der. Wenn aber Reich­ tĂŒmer vererbt wĂŒrden und sich weiter anhĂ€uften, wachse die Ungleichheit. TatsĂ€chlich bestĂ€tigen neuere ökonomische Studien diesen Mechanismus. »Die aus der Vergangenheit stammenden ReichtĂŒmer vermehren sich ohne Arbeit schneller, als die ReichtĂŒmer, die durch Arbeit geschaffen und angespart werden können«, analysiert der französische Wissenschaftler Thomas Piketty die Situation in Westeuropa. In einer aktuellen Umfrage des Ifo-Instituts meinten 71,8 Prozent, die Reform berĂŒcksichtige nur »schwach« oder »sehr schwach« den Aspekt Steuergerechtigkeit. Rund drei Billionen (sic!) Euro werden in den nĂ€chsten Jahren in Deutschland vererbt. UM

Hannover/Frankfurt. Deutschland investiert immer weniger in seine Bildungseinrichtungen. Wurden vor 20 Jahren noch mehr als 45 Prozent der kommunalen Gesamtausgaben in den baulichen Erhalt der Schulen investiert, waren es 2015 nur noch rund 25 Prozent, stellt jetzt die Kreditanstalt fĂŒr Wiederauf bau (Kf W) fest. Insgesamt schĂ€tzen die deutschen Kommunen ihren Investitionsbedarf in die Schulinfrastruktur inzwischen auf 34 Mrd. Euro. Allein in Hannover belĂ€uft sich der Bedarf fĂŒr die nĂ€chsten 10 Jahre auf 850 Mio. Euro. Im aktuellen Investitionsprogramm der Stadt sind gerade einmal 415,6 Mio fĂŒr Schulen und Kitas vorgesehen. Nur 4,2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes fließen in Deutschland in die Bildung. Insgesamt haben zwei Millionen junge Menschen zwischen 20 und 34 Jahren keine Berufsausbildung. Bildungserfolg und soziale Herkunft hingen in Deutschland weiter so eng zusammen wie in kaum einem anderen Staat, kritisiert die GEW-Vorsitzende ­Marlis Tepe. UM

Insgesamt 89.506

BĂŒcher wurden 2015

veröffentlicht. Bei den Neuerscheinungen ent­­

Zahlenspiegel »Lesepublikum«

fallen 14.165 Titel auf die Belletristik allgemein und 10.638 Titel auf die deutsche Literatur. Mit 9.081 Erstauflagen folgen Kinder-

und Jugend­bĂŒcher mit einem Anteil von

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11,9 % an der Jahresproduktion. Aus anderen Sprachen wurden

10.179 Werke ins Deutsche

ĂŒbersetzt. FĂŒr all diese BĂŒcher – sagt das Statisti­ sche Bundesamt – interessieren sich nur 10,1 % der Deutschen. Diese BĂŒcherleser wenden tĂ€glich 1 Stunde und 9 Minuten fĂŒr ihre LektĂŒre auf. Dabei verbringen die MĂ€nner mit 1:15 Std. etwas mehr Zeit beim BĂŒcherlesen als die Frauen (1:06), aber insgesamt greifen mit 11,8 %

mehr

Frauen zum Buch (aber nur 8,2 % der MĂ€nner).

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Reiche werden reicher

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Angespitzt

Der Affe an sich neigt ja zur SelbstgenĂŒgsamkeit. Vom Schimpansen wissen wir, dass er sich fĂŒr kulturellen Austausch wenig interessiert und sein kleines Revier gegen Fremde auch mal mit dem KnĂŒppel verteidigt. Überhaupt scheinen die Primaten eine besonders aggres­ sive SĂ€ugetierfamilie zu sein. So weisen spanische Wissenschaftler darauf hin, dass auch die GewaltausĂŒbung des Homo Sapiens in prĂ€historischen Gesellschaften noch extrem hoch gewesen und erst im Prozess der Zivilisation zurĂŒckgegangen sei. Morde, Kannibalis­ mus und tödliche RevierkĂ€mpfe seien eben ein Erbe der evolutio­ nĂ€ren Vergangenheit des Menschen. Damit bestĂ€tigen die Forscher frĂŒhere Untersuchungen, denen zufolge sogar das 20. Jahrhundert mit seinen zwei Weltkriegen und dem Holocaust weniger gewalt­ same TodesfĂ€lle im Vergleich zur Bevölkerungszahl hervorgebracht habe, als die Jahrhunderte bis zum WestfĂ€lischen Frieden. Dennoch zeigen diese und heutige Exzesse: Auch wenn die Gewalt

»Das Erbe unserer VÀter«

seit der AufklĂ€rung zunehmend geĂ€chtet wurde, blieb sie doch immer latent. Schon Sigmund Freud warnte vor dem dĂŒnnen Firnis der Kultur. WĂ€hrend Humanismus und Veganismus immerhin begrĂŒndete Hoffnungen auf eine dauerhafte Überwindung des Kannibalismus wecken, erweisen sich RevierkĂ€mpfe gegen Fremde offenbar als hartnĂ€ckige, gattungsgeschichtliche Relikte. Ende September wurde ein BĂŒrgermeister im schleswig-holsteinischen Oersdorf mit einem KnĂŒppel niedergeschlagen. Zuvor hatte er schon Drohbriefe wegen der geplanten Aufnahme einiger FlĂŒchtlinge im Dorf erhalten. »Oersdorf den Oersdorfern« heißt es darin. Die Vergangenheit lebt. Ulrich Matthias


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Foto: dpa

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Urbane Wildnis Biber, Fuchs und WaschbĂ€r erobern die Stadt. Die besten Gebiete an der Alten Leine sind schnell verge- Region Hannover und dem nördlichen Landkreis Hildesheim ben, als sich 65 ehrenamtliche Kartierer des Naturschutz- stetig gestiegen. »Etwa 120 bis 150 Biber leben mittlerweile bund (Nabu) Laatzen im Winter 2016 auf die Suche nach hier«, sagt die Biberexpertin Anika May vom Nabu Laatzen. Biber­spuren machen. Das westliche Stadtgebiet von Hanno- Acht der 37 Reviere, die der Nabu im Winter 2016 erfasst hat, ver erscheint hingegen wenig erfolgsversprechend. So macht liegen sogar im Stadtgebiet. Damit folgt das streng geschĂŒtzte sich Kai-Olaf KrĂŒger allein auf den Weg. Einer muss es eben Nagetier einem Trend: Die Wildnis kommt in die StĂ€dte. Ehemachen, der VollstĂ€ndigkeit halber, denkt der Biologe. Doch mals scheue Waldtiere wie FĂŒchse oder Wildschweine werden bald schon stĂ¶ĂŸt er direkt am Ufer der Leine, keine 500 Meter immer hĂ€ufiger in Wohngebieten beobachtet. Lange Zeit galt von der nĂ€chsten Stadtbahn-Haltestelle entfernt, auf eine »Natur« als etwas, das fernab der StĂ€dte zu suchen war, auch fĂŒr gefĂ€llte Weide mit den charakteristischen Biss-Spuren eines Wissenschaftler. Seit einigen Jahren jedoch rĂŒcken die StĂ€dte in den Fokus von Ökologen. Immer wieder zeigen sie seitdem Bibers – Volltreffer. Fast 200 Jahre war der Biber in Niedersachsen ausgerottet. in Studien, dass die Artenvielfalt verschiedenster Tiergruppen Seit im Jahr 2005 wieder der erste Biber an der Leine gesichtet in StĂ€dten zum Teil sogar besonders hoch ist im Vergleich zum wurde, ist der Bestand des grĂ¶ĂŸten Nagetiers Europas in der Umland, das intensiv landwirtschaftlich genutzt wird.


Foto: icture-Alliance/Eibner-Pressefoto

Niedersachsen verantwortlich. Dabei dokumentiren JĂ€ger in ihren Revieren Tiere wie Fuchs und Hase, die auf natĂŒrliche Weise verendet sind. Danach leben in der ganzen Region Hannover beispielsweise rund 3.000 FĂŒchse. Wie viele Wildtiere in den nicht bejagbaren Stadtgebieten leben, kann Strauß nur schĂ€tzen. »Der Fuchs ist ĂŒberall«, sagt der Biologe. »Vielleicht nicht direkt am Kröpcke. Wegen der vielen Parks und GĂ€rten ist die Dichte aber höher als im Umland und nimmt immer mehr zu.«

Der WaschbÀr kommt

Das Bild könnte sich StĂ€dtern in Zukunft hĂ€ufiger bieten: In Wohnsiedlungen suchen WaschbĂ€ren bevorzugt in MĂŒll­ tonnen nach Essensresten.

»StĂ€dte sind oft Horte der BiodiversitĂ€t«, sagt auch Reinhild Muschter vom Team Naturschutz der Region Hannover. »Hier gibt es die unterschiedlichsten Lebens- und RĂŒckzugsrĂ€ume fĂŒr Tiere.«

In Hannover noch ruhig In Hannover-Kirchrode etwa verlĂ€uft an einem unauffĂ€lligen Hang an der Mardalstraße die Grenze zwischen dem niedersĂ€chsischen HĂŒgelland und der Ebene des Tieflands. Mitten in der Stadt prallen hier nĂ€hrstoffreiche Böden der Börden auf die sandige Moorgeest. Seit den 1980er-Jahren wird die FlĂ€che geschĂŒtzt. Jetzt wartet eine bunte Pflanzenvielfalt auf die Neubesiedlung durch seltene Schmetterlinge und Vögel. Rebhuhn, Wachtel und Feldlerche fĂŒhlen sich in den KalklebensrĂ€umen am Kronsberg wohl. Der Stadtwald Eilenriede ist ein bedeutender Lebensraum fĂŒr FledermĂ€use. Die renaturierte Ihme und Leine sind ein Paradies fĂŒr den Biber. Im Vergleich zu anderen StĂ€dten wie Berlin, wo Wildschwein-Horden ohne Scheu durch die Straßen ziehen, ist es in Hannover noch ruhig. Als im August in der Eilenriede ein rĂ€udiger Fuchs auftaucht, wird aber wieder einmal deutlich, dass auch hier grĂ¶ĂŸere Wildtiere versteckt leben. »Im Siedlungsbereich gibt es eine hohe Dichte an Wildtieren«, sagt Egbert Strauß von der TierĂ€rztlichen Hochschule Hannover. Der Biologe ist fĂŒr die Wildtiererfassung in

Neben den heimischen Wildtieren wie Fuchs, Steinmarder und Wildschwein zieht es auch Tiere, die aus anderen Regionen der Erde stammen, in die Stadt wie etwa die WaschbĂ€ren. »Noch gelten die Tiere hier als sĂŒĂŸ und nett«, sagt Strauß. »Doch wir sind erst in der Anfangsphase. Es werden noch deutlich mehr werden.« Im Umland von Hannover verzeichnet das Wildtiermonitoring bereits steigende WaschbĂ€rzahlen. Das ZĂ€hlen der Wildtiere ist jedoch schwierig. Die Biberkartierer aus Laatzen orientieren sich vor allem an den Spuren der Nager. Selbst die Experten sehen nur selten eines der nachtaktiven und extrem scheuen Tiere. Daher suchen sie bei ihren Kartierungen nach Zweigen, deren Rinde abgenagt ist, nach Biberburgen und DĂ€mmen, nach gefĂ€llten BĂ€umen. Aus den gesammelten Hinweisen errechnen sie dann die ungefĂ€hre Bestandszahl der Tiere. Auch in anderen StĂ€dten sind ehrenamtliche Naturfreunde und Anwohner der Stadtnatur auf der Spur. In Berlin oder Hamburg gibt es beispielsweise Artenkataster und SĂ€ugetieratlanten, die sich auf Tierbeobachtungen von BĂŒrgern stĂŒtzen. Mit teils ĂŒberraschenden Ergebnissen: Im »SĂ€ugetieratlas von Bremen«, einem ehrenamtlichen Projekt des Bremer Naturwissenschaftlichen Vereins und der Hochschule Bremen, zeigte sich etwa, dass Schweinswale und Seehunde hĂ€ufiger in die Stadt kommen, als bisher bekannt war. In Berlin statten Forscher des Leibniz-Instituts fĂŒr Wildtierforschung FĂŒchse mit Sendern aus, um so deren Wege durch die Stadt aufzuzeichnen. Das Zusammenleben von Mensch und Tier fĂŒhrt in StĂ€dten jedoch immer wieder zu Konflikten. Oft haben die Tiere das Nachsehen: »Biber kommen am hĂ€ufigsten bei AutounfĂ€llen ums Leben«, sagt Anika May. Auch Frischlinge, Rehkitze und trĂ€ch-


Wildnis wagen Teilweise entstehen Konf likte zwischen Mensch und Tier schlicht aus Unwissenheit. Hier setzt beispielsweise der Nabu Laatzen an, der seit 2012 sogenannte Biberberater ausbildet. Sie erklĂ€ren Kindern und Erwachsenen die Lebensweise des Bibers und vermitteln im Konfliktfall zwischen Behörden und Betroffenen; beispielsweise bei Überschwemmungen wie im letzten Herbst in der Leineaue zwischen Hemmingen und Laatzen. In solchen FĂ€llen befĂŒrworten die Biberberater auch Eingriffe ins Biber­ revier wie Drainagen, mit denen das vom Biber angestaute Wasser abgeleitet werden kann. GrundsĂ€tzlich empfiehlt Biberberaterin May: »Den Tieren Raum gewĂ€hren. Biber entfernen sich bei der Futtersuche nur maximal zehn bis 20 Meter vom Wasser.« DĂŒrfe der Nager in einem solchen Schutzstreifen »wĂŒten«, wie es die Expertin scherzhaft nennt, erhalte der Mensch kostenlose Naturschutzarbeit dazu: Die Bauwerke des Bibers verlangsamen die Geschwindigkeit des Wassers, NĂ€hrstoffe fĂŒr Fische sammeln sich, seltene Tiere wie Eisvogel und Fischotter siedeln sich wieder an. UnterstĂŒtzung bekommen die tierischen NeubĂŒrger Hannovers in den kommenden Jahren auch von der Stadtverwaltung: Im Rahmen des deutschlandweiten Projekts »StĂ€dte wagen Wildnis« sollen elf ProjektflĂ€chen in Hannover zur urbanen Wildnis werden. »Generell ist in unserer Landschaft fĂŒr jeden Quadratmeter festgelegt, was da zu stehen

hat«, erklĂ€rt Projektleiter Michael Reich vom Institut fĂŒr Umweltplanung der Leibniz UniversitĂ€t. »Die Idee ist, Teilbereiche der Stadtlandschaft der Natur zu ĂŒberlassen.« Die Wissenschaftler und Vertreter der Stadt sind gespannt, welche Pflanzen und Tiere sich in den nĂ€chsten fĂŒnf Jahren dort von allein ansiedeln werden. Besonders spannend wird allerdings, wie sich die menschlichen Stadtbewohner mit der Wildnis vor ihrer HaustĂŒr anfreunden. Eva Maria Mentzel

Der Fuchs fĂŒhlt sich nicht nur in WĂ€ldern, sondern auch in stĂ€dtischer Umgebung wohl.

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Foto: Picture-Alliance/blickwinkel

tige Ricken in der Leineaue leben gefĂ€hrlich. So erhĂ€lt Reinhild Muschter von der Region Hannover im FrĂŒhjahr immer wieder Meldungen und Fotos von Tieren, die von Hunden gerissen wurden. »Die Leinenpflicht fĂŒr Hunde ist in der Leineaue eigentlich ganzjĂ€hrig gĂŒltig, doch bei Hundehaltern gibt es teilweise wenig Einsicht«, sagt Muschter. Auch wer als vermeintlicher Tierfreund FĂŒchse oder WaschbĂ€ren anfĂŒttert, tut sich und seinen Nachbarn keinen Gefallen. »Man muss den Tieren mit Respekt und Vernunft begegnen«, sagt Wildtierbiologe Strauß. FĂŒchse oder WaschbĂ€ren mögen niedlich aussehen und zum FĂŒttern verleiten, doch sind sie immer noch Wildtiere. So seien FĂŒchse im Umland Hannovers immer hĂ€ufiger vom fĂŒr den Menschen gefĂ€hrlichen Fuchsbandwurm befallen, warnt Strauß. WaschbĂ€ren könnten SpulwĂŒrmer auf Haustiere ĂŒbertragen.

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Foto: Picture-Alliance/blickwinkel

Sie sind unter uns Ratten und ihr paradiesisches Leben im Untergrund. Nach der Party wird aufgerĂ€umt: der ĂŒbriggebliebene Nudelsalat im Klo heruntergespĂŒlt – aus den Augen, aus dem Sinn. Einige Meter unter der Erde freut sich eine Rattengroßfamilie ĂŒber den willkommenen Segen von oben. Kanalratten lassen nichts umkommen. Sie sind Allesfresser und gute Futterverwerter. Gut genĂ€hrt können sie sich rasant vermehren: Ein Wanderrattenweibchen kann es in zwölf Wochen auf 100 Nachkommen bringen. Seit Jahrhunderten begleiten Ratten und MĂ€use den Menschen, und seitdem ist ihr Ekelfaktor mindestens so hoch wie bei Spinnen und Schlangen. Unappetitlich sind Ratten vielen Menschen vor allem wegen ihrer Lebensweise, die sie zu KrankheitsĂŒbertrĂ€gern

macht. Wanderratten (Rattus norvegicus) leben in der Kanalisation und auf MĂŒlldeponien. »SchĂ€tzungsweise eine Viertelmillion Euro in jedem Jahr lĂ€sst sich die StadtentwĂ€sserung die RattenbekĂ€mpfung in ihrem 2500 Kilometer umfassenden Kanalnetz kosten«, berichtet Alexander Behrens von der StadtentwĂ€sserung Hannover. Oft beobachten nĂ€chtliche HundespaziergĂ€nger eine Ratte auf der Straße oder auf einem GrundstĂŒck und melden sie der Behörde. »Da gilt die Faustregel: â€șWenn man eine Ratte sieht, ist im Umkreis von 50 Metern ein Nestâ€č.« Ratten tummeln sich auch dort, wo sie nicht direkt vermutet werden: »Wer Enten fĂŒttert, mĂ€stet damit oftmals viel mehr die Ratten«, warnt Behrens. Nehmen die Ratten dann


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ĂŒberhand, verdrĂ€ngen sie nĂ€mlich die bodenbrĂŒ- Aus Rattensicht ist die Kanalisation eine tolle Erfintenden Enten. dung: Man sitzt trocken und vor Katzenangriffen FrĂŒher wurden ausgeklĂŒgelte Fallen konstru- geschĂŒtzt und bekommt das Essen frei Haus gelieiert und Terrier gezĂŒchtet, oder es wurde Arsen, mit fert. »Bei der in Deutschland ĂŒblichen SchwemmZucker vermischt, auf Dachböden deponiert. Die kanalisation bleiben die Lebensmittel lĂ€nger fĂŒr die Menschen fingen eine Ratte lebend und quĂ€lten Ratten zugĂ€nglich. Auf den Bermen, den AbsĂ€tzen sie in der Falle mit spitzen Stöckchen, bis sie einen im Schacht zu den Kanalnetzen, sitzen die Tiere Schrei ausstießen, der alle Artgenossen im Umkreis wie an einem RattenbĂŒffet«, erklĂ€rt Behrens. »Rund die Flucht ergreifen ließ. Anfangs waren es die Ver- 3.500 Tonnen bleiben jĂ€hrlich in den Rechen der wandten der heutigen Kanalbewohner, die als Nah- KlĂ€ranlage hĂ€ngen, neben Papier und Plastikabfall rungskonkurrenten verhasst waren: In Kornspei- auch ganze Gurken, WĂŒrstchen und Tomaten.« chern und auf Dachbösen fanden die Hausratten Der von der Party ĂŒbriggebliebene Nudelsalat wird (Rattus rattus) einen idealen Lebensraum vor. Sie vorsichtshalber von einem Vorkoster, gewöhnlich waren geschickte Kletterer und intelligent, so dass sie sich der Verfolgung durch ihre Nahrungskonkurrenten leicht entziehen konnten. Heute sind die Vertreter dieser Gattung, die sehr viel kleiner als die Wanderratten sind, in Niedersachsen vom Aussterben bedroht.

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KrankheitsĂŒbertrĂ€ger Die im frĂŒhen 13. Jahrhundert durch Handelsschiffe von SĂŒdostasien nach Europa eingeschleppten Hausratten – die auch Dachratten oder Schwarze Ratten genannt wurden – machten sich nicht nur ĂŒber die VorrĂ€te der Menschen her, sondern sie verunreinigten sie auch und sorgten zusammen mit dem Rattenfloh fĂŒr die zĂŒgige Verbreitung der tödlichen Pest in Europa. Doch Ende des 18. Jahrhunderts war ihre Zeit gekommen: In dem Buch »Die wunderbare Reise des kleinen Nils Holgerrsson mit den WildgĂ€nsen« von Selma Lagerlöf wird beschrieben, wie Rattus norvegicus, die Wanderratte mit ihrer eher unterirdischen Lebensweise die KletterkĂŒnstler ĂŒberwĂ€ltigt. Ihre bevorzugten Territorien sind KellerrĂ€ume, die Kanalisation und MĂŒllhalden. Damit werden sie zu idealen KrankheitsĂŒbertrĂ€gern. In einem Faltblatte der Region Hannover »Hilfe! Ratten« wird auf die Gefahr von Salmonelleninfektionen, Leptospirose und Toxoplasmose hingewiesen. Eine Ansteckung der Bevölkerung ist zwar bislang noch nicht nachgewiesen worden, doch die Mitarbeiter der StadtentwĂ€sserung mĂŒssen strenge Hygienevorschriften beachten, um sich vor der »Kanal­ arbeiterkrankheit«, der durch Bakterien im Ratten­ urin ausgelösten Weilschen Krankheit, der Lepto­spirose, zu schĂŒtzen. Als hervorragende SchnĂŒffler markieren Ratten ihre Laufwege mit ihrem Urin, sind aber gegen viele Krankheitserreger immun.

ZEITUNGS ZUSTELLER g e s uc h t

(m/w)


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Foto: Picture-Alliance/AP Photo

einem jĂŒngeren MĂ€nnchen, getestet und reicht fĂŒr die ganze Sippe. Bleibt der Nahrungsnachschub aus, kann es durchaus vorkommen, dass ein Mitglied der Familie wagemutig nachsehen kommt, ob an der Quelle solcher GenĂŒsse nicht noch mehr

»Wenn man eine Ratte sieht, ist im Umkreis von 50 Metern ein Nest«: Eine ganze Rattenfamilie freut sich ĂŒber weggeworfene Lebensmittel.

zu holen ist. So gelangen die Ratten sogar bis in den dritten Stock eines Mehrfamilienhauses. Außer der Maßnahme, keine Essensreste in der Toilette, sondern im HausmĂŒll zu entsorgen und keine Pommes oder Pizzareste auf der Straße liegen zu lassen, empfiehlt Behrens, keine eiweißhaltigen Essensreste auf den Komposthaufen zu werfen, denn Ratten sind ganz wild auf Fleisch, Fisch, Eier, KĂ€se – und außerdem auf SĂŒĂŸes. Gift dagegen ist nur bedingt wirksam. »Gegen das lange Zeit erfolgreich verwendete Warfarin, ein Mittel, das die Blutgerinnung verhindert, sind die Tiere mittlerweile immun geworden, und andere Gifte dĂŒrfen nur professionelle SchĂ€dlingsbekĂ€mpfer einsetzen«, erklĂ€rt der Erxperte. Haus- und GrundstĂŒcksbesitzer sind gesetzlich verpflichtet, gegen Ratten vorzugehen. »Die Profis wissen, ebenso wie unsere Mitarbeiter, wie die Giftköder ausgelegt und gesichert werden mĂŒssen, damit Kinder und Haustiere nicht gefĂ€hrdet werden.« Vorerst genĂŒgt es aber auch, den ĂŒbriggebliebenen Nudelsalat noch einen Tag in den KĂŒhlschrank zu stellen – vielleicht findet sich ja noch ein menschlicher Abnehmer. Sabine Szameitat

Die Ratte in der Forschung Ihre NĂ€he zum Menschen hat der Ratte viel Leid gebracht: Im 19. Jahrhundert entdeckten Wissenschaftler, dass sich die zahmen Albino-Nachkommen der Wanderratte als Versuchstiere eigneten. Wenngleich die Zahlen kontinuierlich leicht zurĂŒckgehen, sind 2014 in Deutschland nach Information des Vereins Ärzte gegen Tierversuche 362.530 Laborratten getötet worden. »Ratten sind wegen ihrer sagenhaften Reproduktionsrate, ihrem meist freundlichen Wesen und ihrer handlichen GrĂ¶ĂŸe beliebte Testtiere«, sagt Professor Michael Fehr von der Klinik fĂŒr Heimtiere der TierĂ€rztlichen Hochschule Hannover. »Sie sind an den Menschen gewöhnt, lassen sich einfach ernĂ€hren und trinken nicht so viel wie beispielsweise Kaninchen.« Die AnfĂ€lligkeit fĂŒr Krebs sei den Farbratten entgegen der Vermutung von Tierfreunden nicht extra angezĂŒchtet worden. »Rattenweibchen haben MilchdrĂŒsengewebe ĂŒberall am Körper, das zu Tumoren entarten kann«, betont Michael Fehr. Viele Laborratten mussten Arzneimittel und Kosmetika am eigenen Leib testen. Doch bei der Beobachtung der intelligenten Tiere entdeckten Wissenschaftler auch ganz andere FĂ€higkeiten: An der University of Minnesota in Minneapolis demonstrierten Ratten, dass sie ihre Entscheidungen reflektieren und falsche Entscheidungen bereuen können. Sogar als Lebensretter betĂ€tigen sich die vielfach so verhassten Tiere: In Kambodscha erschnĂŒffeln »HeroRats«, speziell ausgebildete Riesenhamsterratten, Landminen. In Afrika diagnostizieren sie mit ihrer feinen Nase Tuberkulose. Ihr hoch entwickeltes Sozialleben ist schon lĂ€nger bekannt. Forscher der japanischen Kwansei Gakuin University fanden sogar heraus, dass Ratten einen Artgenossen vor dem Ertrinken retten und dafĂŒr auf Futter verzichten. Ratten lieben Körperkontakt und leben gern bei »ihrem« Menschen, den sie sehr wohl von anderen unterscheiden können. Sie können trösten und haben nach Ansicht von Professor Jaak Panksepp von der UniversitĂ€t Ohio sogar Humor. Der Psychologe und Neurobiologe erforscht den Zusammenhang von Spiel und sozialem Erfolg und hat das Lachen der Ratten fĂŒr Menschen hörbar gemacht.


Zur September-Ausgabe 2,20 EUR davon 1,10 EUR VerkÀuferanteil

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Umdenken erforderlich!

Wieder einmal ist euch eine wunderbar informative Ausgabe gelungen. Ich gehöre der Generation an, in der PolitikerInnen noch Visionen hatten (und nicht zum Arzt gingen, wie Helmut Schmidt ihnen geraten hatte) ĂŒber die Gestaltung von Europa oder die Umsetzung des Menschenrechts auf eine gute Wohnung. Wann endlich gibt es ein Umdenken in der Wohnungsfrage, fĂŒr das Ulrich Matthias einen Anstoß gegeben hat. Vielleicht nach der Kommunalwahl? Karin Dronsch, Hannover MOGELPACKUNG

Sozialer Wohnungsbau in Hannover nur angetÀuscht

SYSTEMFEHLER

Niedersachsen gehen die Grundschulleiter aus

STANDPAUKE

Varoufakis rechnet ab mit BrĂŒssel und Berlin

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Briefe an uns

Raumes wieder gefahrlos nutzen. »Es geht nicht darum, Menschen zu vertreiben. Der Platz bietet aber viel mehr Möglichkeiten. Das werden wir ausloten«, kĂŒndigte OB Schostok an. Bei den PlĂ€nen fĂŒr einen neuen Weißekreuzplatz sollen auch Anwohner ein Wort mitreden dĂŒrfen. »Zudem brauchen wir Anlaufstellen fĂŒr Trinker, möglicherweise einen eigenen Trinkertreff«, sagte der stellvertretende BezirksbĂŒrgermeister Norbert Gast (GrĂŒne). Dem ist zuzustimmen. Und abzuwarten, ob und wie die Politik nun handelt, um die BedĂŒrfnisse möglichst aller Beteiligten zu berĂŒcksichtigen. Norbert Wertheim, Hannover

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Vielen Dank fĂŒr Ihre Meinung! Die Redaktion behĂ€lt sich vor, Briefe zur Veröffentlichung zu kĂŒrzen.

Zum »Angespitzt« in der September-Ausgabe

Warum denn nicht? »Gestrandete, die hier auf einigen der schönen BĂ€nke der Tristesse des eigenen Lebens zu entfliehen suchen« – so wurden in dem Artikel die Trinker bezeichnet, die sich seit geraumer Zeit auf dem »StĂ€dtischen Platz« aufhalten. Gemeint ist wohl der Weißekreuzplatz in Hannover? Und dann wird angespitzt vermutet, dass der dort geplante Kinderspielplatz wohl Teil einer Kampagne namens »Kinder gegen Trinker« sei. Die Kinder sollten dann den Trinkern mit ihrer Lebensfreude den Fokus auf die eigene Tristesse vergĂ€llen. Na ja, wenn man den Anwohnern und GeschĂ€ftsleuten glauben darf, ist es wohl ein wenig mehr als nur Tristesse: Das GebrĂŒll sei kaum zu ertragen, Randale und SchlĂ€gereien auch vor den GeschĂ€ften, Austausch von IntimitĂ€ten, Tetrapacks mit Alkoholika bereits am Vormittag etc. »Die Trinkergruppe verschließt sich der Sozialarbeit«, sagt der zustĂ€ndige Sozialarbeiter. Und die Polizei: »Wir sprechen auch Platzverweise aus, aber nach ein bis zwei Stunden sind die Leute wieder da«. Ist es daher, neben der vermuteten »Kampagne Kinder gegen Trinker«, nicht auch so, dass nach einem Weg gesucht wird, um den Platz fĂŒr Kinder und Familien wieder sicherer zu machen? Durch den Vorschlag der Anwohner, auf dem Areal einen Spielplatz anzulegen, könnte ein Alkoholverbot durchgesetzt werden und Familien könnten einen Teil des öffentlichen

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a m n e s t y a f t e r wo r k Schreiben Sie fĂŒr die Menschenrechte – gegen Verfolgung, Gewalt und Folter

Gemeinsam fĂŒr die Menschenrechte Sie können helfen: Wir laden Sie herzlich ein, uns montags zu besuchen. Lassen Sie Ihren Tag mit einer guten Tat bei Kaffee, Tee und GebĂ€ck ausklingen, indem Sie sich mit Faxen, Petitionen oder Briefen gegen Menschenrechtsverletzungen in aller Welt einsetzen. Öffnungszeiten: Montag 18 bis 19 Uhr after work cafe Dienstag 11 bis 12 Uhr, Donnerstag 18.30 bis 19.30 Uhr amnesty BezirksbĂŒro Hannover Fraunhoferstraße 15 · 30163 Hannover Telefon: 0511 66 72 63 · Fax: 0511 39 29 09 · www.ai-hannover.de Spenden an: IBAN: DE23370205000008090100 · BIC: BFSWDE33XXX Verwendungszweck: 1475


wer war eigentlich 



 Elsa BrĂ€ndström? Foto: Wikimedia Commons/Bundesarchiv, Bild 183-R06836/CC-BY-SA 3.0

»Von den Eiszapfen an der Decke Kriegsgefangenen bis an ihre Grentropfte das Wasser. Kranke und zen: Sie ĂŒberstand eine Flecktyphus­ Gesunde lagen so dicht beieininfektion und entging nach der Oktoander, dass man in den GĂ€ngen berrevolution 1917 nur knapp der ĂŒber ihre Körper steigen musste.« Erschießung. Erst 1920 kehrte sie In ihren TagebĂŒchern und ihrem nach Schweden zurĂŒck, als die RĂŒckBuch »Unter den Kriegsgefangenen kehr der Kriegsgefangenen geregelt in Russland und Sibirien« berichwar. tet die Schwedin Elsa BrĂ€ndström Ihr Engagement war damit nicht von den unvorstellbaren ZustĂ€nden beendet. »Hilfe zur Selbsthilfe« in den Gefangenenlagern des Erswar fĂŒr Elsa BrĂ€ndström ein wichten Weltkrieges. Fleckfieber, Typhus, tiges Prinzip. In Deutschland richErfrierungen, Durchfall und ­Hunger tete sie zum Beispiel zwei Sanatowaren hier an der Tagesordnung. rien ein, in denen traumatisierte Und mittendrin die junge SchweKriegsheimkehrer bei einfacher Gardin, geboren 1888 in St. Petersburg, ten- und Feldarbeit wieder in ein Tochter eines schwedischen Diplonormales Leben zurĂŒckfinden sollmaten. »Engel von Sibirien« nannten. In einem Kinderheim in Sachten die ĂŒberwiegend deutschen und sen nahm sie Kriegswaisen auf, fast österreichischen Gefangenen Elsa 3.000 bedĂŒrftige Kinder kamen bis BrĂ€ndström. Viele junge Damen aus zur Schließung 1931 zur Erholung St. Petersburg ließen sich zu Beginn des Krieges in Kurz- hierher. Um alles zu finanzieren, schrieb BrĂ€ndström das Buch programmen zu Krankenschwestern ausbilden, um in den ĂŒber ihre Erfahrungen in den Gefangenenlagern und samLazaretten »die Kissen aufzuschĂŒtteln, den Ver w unde- melte bei monatelangen Vortragsreisen in die USA und nach ten die Stirn zu trocknen und ihr Haar zu kĂ€mmen«, wie Schweden insgesamt 100.000 Dollar ein. BrĂ€ndström schrieb. Sie selbst hingegen wollte nicht die Elsa BrĂ€ndström wurde als Heldin gefeiert. Mehrere Uni»Parodie einer Krankenschwester« geben. Ihre Mutter war versitĂ€ten ehrten sie mit Doktortiteln, zwischen 1922 und kurz zuvor gestorben und Elsa hatte bereits an der Seite ihres 1929 wurde sie fĂŒnfmal fĂŒr den Friedensnobelpreis nomiVaters reprĂ€sentative und organisatorische Aufgaben fĂŒr die niert. Auch Adolf Hitler schlug ein Treffen vor, das BrĂ€ndström schwedische Botschaft ĂŒbernommen. Ab 1915 reiste die 27-JĂ€h- aber ablehnte. Mit dem Nationalsozialismus konnte sie nichts anfangen. Zusammen mit ihrem Mann, dem Dresdner PĂ€d­ agogik-Professor Robert Ulich, und ihrer zweijĂ€hrigen Tochter Der Engel von Sibirien Brita emigrierte BrĂ€ndström 1934 in die USA. Auch hier schlug ihr Herz weiter fĂŒr die BedĂŒrftigen: BrĂ€ndström grĂŒndete ein rige mit dem Schwedischen Roten Kreuz und auch privat quer Restaurant, das FlĂŒchtlingen aus Europa erste Orientierung durch Russland bis in die sibirischen Lager. Den Lagerkom- und ArbeitsplĂ€tze bot. Kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs mandanten trat sie mutig entgegen, um die Lage der Gefange- sammelte sie Kleidung fĂŒr notleidende Kinder, die sie in Holzkisten verpackt nach Deutschland schickte. Daraus entstanden nen zu verbessern. Mit Erfolg: Die medizinische Versorgung besserte sich die Hilfsorganisationen Care und Cralog. Geplante Hilfsaktio­ langsam, Hilfslieferungen erreichten ihr Ziel, die Gefange- nen im zerstörten Nachkriegsdeutschland konnte sie aber nen schöpften neuen Mut. »Il faut payer de sa personne« lau- nicht mehr umsetzen: Elsa BrĂ€ndström war an Krebs erkrankt. tete zeitlebens BrĂ€ndströms Motto: »Man muss sich mit seiner Sie starb 1948 kurz vor ihrem 60. Geburtstag. ganzen Person einsetzen«. So ging sie in ihrem Einsatz fĂŒr die Eva Maria Mentzel


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Zukunft Am Hindukusch? Das AuswĂ€rtige Amt warnt vor der Terrorgefahr in Afghanistan. Gleichzeitig will die Bundesregierung die Afghanen mit einer Werbekampagne animieren, in der Heimat zu bleiben. Ein Reisebericht aus einem Land zwischen Furcht und Ungewissheit. Vor der DĂ€mmerung, so gegen sechs, wenn sich die Sonnenstrahlen auf den Rasen hinter der Blauen Moschee legen wie ein zartes Tuch aus gelber Seide, wenn es aussieht, als hĂ€tte Gott oder Allah flĂŒssiges Gold langsam auf die Erde gegossen – dann steht die Zeit still in Mazar-i-Sharif. Die Rufe des Muezzins werden leiser, und die Kuppeln der Moschee glĂ€nzen, als hĂ€tte sie ein Maler gerade eben mit nasser Ölfarbe bepinselt. Wie ein unsichtbarer, magischer Schleier liegt Abend fĂŒr Abend der Frieden ĂŒber der Blauen Moschee in Mazar. Er berĂŒhrt so tief, weil GlĂŒcksmomente so selten sind in diesem Land, in dem die Angst vor dem Tod omniprĂ€sent ist, in dem

man keine öffentlichen Verkehrsmittel benutzen darf, Menschenmengen meiden muss, und in dem man beim Betreten eines Restaurants von WachmĂ€nnern am ganzen Körper nach Waffen abgetastet wird. »Willkommen«, sagt der Mann am Eingang der Moschee. Er gibt jedem Besucher einen Zettel. Beim Verlassen der Moschee bekommt der Gast damit seine Schuhe zurĂŒck, die der Mann beim Eintritt in wabenförmigen Regalen stapelt. Probleme mit den Taliban gĂ€be es hier selten, sagt er. Die Afghanen glauben, dass die Blaue Moschee sie vor dem Terror bewahrt. Beim Mausoleum in Mazar soll es sich um die BegrĂ€bnisstĂ€tte von Ali ibn Abi Talib handeln, er war


»Resolute Support« in Afghanistan bleiben. Die Bundeswehr stockt ihre Truppe sogar von 850 auf bis zu 980 Soldaten wieder auf. Das Hauptziel war nie der Krieg gegen die Taliban, deutsche Soldaten sollen ihre afghanischen Kollegen ausbilden. Dass ein Taliban-KĂ€mpfer viel mehr verdient als ein Soldat von Ashraf Ghanis Armee, und dass viele Leute aus reiner Not zu den Islamisten ĂŒberlaufen – darĂŒber denkt scheinbar niemand nach. Um Kundus toben bis heute noch KĂ€mpfe. VorĂŒbergehend konnten die Taliban sogar die Stadt Kundus wieder unter ihre Kontrolle bringen. Auch in Kabul hĂ€ufen sich Attentate. Nach einem großen Anschlag vor zwei Jahren kam es zuletzt vor ein paar Monaten zu Demonstrationen, nach einem neuen brutalen Mord von Islamisten. Mehrere tausend Menschen waren auf den Straßen. Fast keiner der HauptstĂ€dter hat noch Vertrauen in die eigene Regierung. Eine Zukunft? Sicherheit? Die wenigsten glauben daran.

Die blaue Moschee in Mazar-i-Sharif gilt allen Volksgruppen in Afghanistan als heiliger Ort.

Die Bundesrepublik sieht das anders. Darum hat sie Geld in eine zweischneider Schwiegersohn Mohammeds. Vermutlich stimmt diese dige Angelegenheit investiert – nicht in Legende zwar nicht, sondern die Gebeine des Propheten Zara- die so genannte zivile Hilfe, sondern in thustra liegen hier, aber alle Volksgruppen glauben an die eine Werbekampagne. »Afghanistan verÜberlieferung. Kein AufstĂ€ndischer wĂŒrde es wagen, diesen lassen? Sind Sie sich sicher?« Das steht auf Plakaten, die an breiten Straßen in heiligen Ort mit Bomben zu entweihen. Ein paar Kilometer weiter ist von der einmaligen Atmo- Kabul, Herat und Mazar hĂ€ngen. Links sphĂ€re nichts mehr zu spĂŒren. Am Fuße des Hindukusch liegt unten auf den Tafeln steht der Hashtag das Camp Marmal. Das Quartier der Bundeswehr. FrĂŒher gab #rumoursaboutgermany – und ein Hines auf dem 300 Hektar großen Areal – zwischen Wohncontai- weis auf eine Facebook-Seite, auf der das nern und Zelten – ein Fitnesstudio, Bars, Beachvolleyball- AuswĂ€rtige Amt versucht, den AfghaFelder, einen Frisör, einen Lebensmittelladen und einen nen zu erklĂ€ren, dass sie in DeutschMassagesalon fĂŒr die bis zu 6.000 Soldaten. Nach dem Abzug land keine »Bleibeperspektive« haben. In vieler EinsatzkrĂ€fte wurden die Schotterfelder zwischen den Videoclips und TV-Spots erzĂ€hlen junge Bretterbuden grĂ¶ĂŸer. Die Taliban ermutigte die Leere offenbar Leute im Auftrag der deutschen Regiezu einem Angriff: Am 24. April 2015, gegen 5.52 Uhr mitteleu- rung, warum sie in Afghanistan bleiben. ropĂ€ischer Sommerzeit, wurde der Flugplatz des Lagers – ver- Eine Frau sagt, sie wolle Ärztin werden. Kinder schwĂ€rmen von ihrer schönen mutlich mit einer Rakete – beschossen. Ende 2015 beschloss die NATO, den geplanten Truppen- Heimat, im Hintergrund lĂ€uft romantiabzug wieder zu stoppen. Verteidigungsministerin Ursula sche Musik. In den Straßen von Kabul ist es stauvon der Leyen bezeichnete den geplanten RĂŒckzug als Fehler. Jetzt sollen 12.000 Soldaten fĂŒr den Ausbildungseinsatz big, laut und heiß. Von dem Idyll, das die


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Kinder beschwören, sieht man nichts. Viele LĂ€den Auf einem Platz in der Mitte des Dorfs haben sich haben geschlossen. Wer Salat und GemĂŒse einkau- um die vierzig MĂ€nner aus der Umgebung versamfen will, geht jetzt schnell zu den StĂ€nden auf der melt. Die Menschen hier sind sehr gastfreundlich Straße und meidet SupermĂ€rkte, die noch vor ein und neugierig. Aber sie interessieren sich nicht fĂŒr paar Jahren als Zeichen eines bescheidenen Wohl- ihre Regierung, ĂŒber Jahrzehnte waren Stammestands galten. »Uns behandeln die fremden Trup- sobere ihre Befehlshaber. Die Straße, die hier noch pen doch wie Tiere«, regt sich ein BĂ€cker auf. Er sagt, im Jahr 2010 von deutschen Ingenieuren ausgebaut dass er kein Geld fĂŒr Schlepper habe, sonst wĂ€re er wurde und die zu einem Basar fĂŒhrte, können die lĂ€ngst geflohen. Im Jahr 2015 kamen rund 200.000 MĂ€nner heute nicht mehr regelmĂ€ĂŸig benutzen, zu Afghanen in die EU, 80.000 mussten bislang wie- groß ist die Gefahr von ÜberfĂ€llen und EntfĂŒhrunder zurĂŒckkehren. Bis Ende August wurden im lau- gen mittlerweile. Ein Mann fragt, wie das Leben in Deutschland fenden Kalenderjahr rund 101.000 AsylantrĂ€ge von afghanischen Schutz­s uchenden registriert. Viele sei. Ob es bei uns auch Morde gebe. Immer wieder davon waren noch 2015 eingereist. Die Anerken- verschwinden Jungen, sagt er, die Taliban rekrunungsquote fĂŒr Asylbewerber aus Afghanistan liegt tieren sie. Sie bringen ZwölfjĂ€hrigen bei, wie man in Deutschland bei 44,9 Prozent. Mehr als die HĂ€lfte schießt, SprengsĂ€tze bastelt und schicken sie dann, vollgepumpt mit Heroin, in Schlachten gegen ihre der AntrĂ€ge wird also abgelehnt. Statt den FlĂŒchtlingen in Deutschland zu hel- eigenen Verwandten. In den Filmchen der Bundesregierung ist davon fen, oder wenigstens vor Ort die Zivilgesellschaft zu stĂ€rken, pumpt die Bundesregierung weiter Geld nicht die Rede. »Ich liebe Afghanistan und möchte in fragwĂŒrdige Projekte, zum Beispiel in Theater- meinen Teil beitragen. Lasst uns den Wandel vorkurse fĂŒr MĂ€dchen, die das Bundesministerium fĂŒr antreiben«, sagt eine junge Frau in einem Clip. Der wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Wandel, er ist im Moment ein RĂŒckfall. Eine bessere gefördert hat. Auch die Korruption hat sich durch Zukunft ist am Hindukusch nicht in Sicht. Vielleicht die zivile Hilfe verstĂ€rkt. Um ĂŒberhaupt etwas könnte sie gelingen, wenn man die FlĂŒchtlinge, die aufbauen zu können, versickerte viel Geld in den schon in Deutschland sind, in Schulen und auf UniTaschen von Warlords, deren Schutz sich die Helfer versitĂ€ten gehen lassen wĂŒrde, bevor man sie wieder in den Flieger nach Kabul setzt. erkaufen mussten. Der zwölf Jahre dauernde Einsatz der Bundes- Text und Fotos: Isa Hoffinger wehr hat nicht viel gebracht. Gekostet hat er 8,8 Milliarden Euro. Das geht aus einer vertraulichen Aufstellung des Verteidigungsministeriums hervor. Im Zuge des Endes des ISAF-Einsatzes wurde Material im Wert von rund 28 Millionen Euro verkauft, verschrottet oder an die afghanischen StreitkrĂ€fte und an Behörden oder Hilfsorganisationen verschenkt. In dieser Summe enthalten ist auch GerĂ€t im Wert von vier Millionen Euro, das aus SicherheitsgrĂŒnden komplett zerstört wurde. Und das jetzt, wo der Einsatz verlĂ€ngert werden soll, vielleicht wieder gebraucht werden wird. Wir fahren durch die Provinz Badachschan. Im Schritttempo schaukelt unser Jeep ĂŒber metertiefe Erdspalten. Immer weiter schraubt sich die schmale Schotterpiste ins Gebirge hinauf, vorbei an sandfarbenen HĂŒgeln, die so weich ineinanderfließen wie DĂŒnen und an deren HĂ€ngen Dörfer kleben wie Schwalbennester. Rund um den Ort Fargambol gibt es kaum fruchtbare Böden, nur Steppen, auf denen Schafherden der Nomaden weiden.

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In Fargambol, in der Provinz Badachschan haben sich die MĂ€nner des Dorfes versammelt. Sie interessieren sich nicht fĂŒr die Regierung.


Armut. Macht. Flucht. Ungleichheit ist das Thema auf der Fachtagung der Landesarmutskonferenz.

Foto: U. Matthias

Weit sollte der Blick gehen, nicht nur ĂŒber den eigenen Tellerrand, sondern auch ĂŒber den Horizont hinaus. Das versprach die Landesarmutskonferenz Niedersachsen (LAK), die ihre diesjĂ€hrige Fachtagung am 17. Oktober, dem Weltarmuttag durchfĂŒhrte. Gleich zu Beginn nahm JĂŒrgen Maier vom Forum Umwelt und Entwicklung aus Berlin die globale

Diskutierten ĂŒber SpielrĂ€ume der Sozialpolitik (v. l. n. r.): Renate Geuter, Reinhold Hilbers, Lars Niggemeyer, Matthias GĂŒnther und Moderator Torben Hildebrandt.

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Perspektive ein, als er sich in seinem Vortrag dem Tagungsmotto widmete. Armut und Ungleichheit als Auslöser von Migrationsbewegungen seien beispielsweise auch eine Folge von Freihandelsabkommen, die weltweit das Recht des StÀrkeren durchsetzten. Wenn in Westafrika die Landwirtschaft kollabiere, weil

die MĂ€rkte zu 80 Prozent von subventionierten EU-Importen beherrscht wĂŒrden, löse dies eine Landflucht aus, die am Ende auch die Migrations­bewegungen nach Europa verstĂ€rke. Aber auch in den IndustrielĂ€ndern nehme die Ungleichheit zu. Die Sorgen vieler Menschen, durch die vermehrte Zuwanderung weiter ins soziale Abseits zu rutschen, sollte auch die Zivilgesellschaft ernst nehmen. »Wir mĂŒssen wieder ĂŒber das Fressen reden, nicht nur ĂŒber die Moral«, sagte Maier. Man dĂŒrfe den Rechtspopulisten nicht einfach das Feld ĂŒberlassen. In einer gemeinsamen ErklĂ€rung griff die LAK diesen Gedanken auf und beklagte den sozialen Kahlschlag der vergangenen Jahre, wĂ€hrend Steuern auf große Vermögen und hohe Einkommen gesenkt wurden. »Die Spaltung verlĂ€uft aber nicht zwischen FlĂŒchtlingen und Einheimischen, sie verlĂ€uft zwischen Arm und Reich«, heißt es darin. Gefordert wird u. a. die Regulierung des Arbeitsmarktes, um prekĂ€re BeschĂ€ftigungsverhĂ€ltnisse einzudĂ€mmen, die Einrichtung eines sozialen Arbeitsmarktes in den Bereichen Erziehung, Pflege, Bildung, Gesundheit und Kultur, bezahlbarer Wohnraum fĂŒr alle und verbesserte Gesundheitsleistungen auch fĂŒr FlĂŒchtlinge. Abschließend wurde in einer Podiumsdiskussion mit Vertretern von SPD und CDU ĂŒber die Umsetzung dieser Vorhaben diskutiert. Dabei krankte die Debatte vor allem an den wenig konkreten Sachaussagen der Politiker. Kein Wunder, denn Renate Geuter und Reinhold Hilbers (beide MdL) sind nicht die sozial-, sondern die finanzpolitischen Sprecher ihrer Parteien. Der Blick ĂŒber den eigenen Tellerrand, hier wurde er versucht und endete im Nirgendwo. Haushaltsmittel fĂŒr soziale Zwecke seien nicht ausreichend verfĂŒgbar, weil sie keine PrioritĂ€t genießen und deshalb nicht eingeplant wurden. Das ahnte man auch vorher schon. Wie es in anderer Besetzung vielleicht hĂ€tte funktionieren können, deutete Matthias GĂŒnther vom Eduard Pestel Institut aus Hannover an. Er wies darauf hin, dass es nicht um die Frage gehe, was bezahlbar sei, denn Geld sei genug vorhanden. Stattdessen warf er die Frage auf: »Wie gehen wir in diesem Land verteilungspolitisch mit Reichtum um?« Genau diese Frage kann man aber nicht der Finanzpolitik ĂŒberlassen. Veranstaltet wurde die L AK u.a. von Arbeiterwohlfahrt, Caritas, Diakonie, FlĂŒchtlingsrat, Rosa-Luxemburg-Stiftung, Sozialverband Deutschland, Verband Entwicklungspolitik, Ver.di und VHS. Ulrich Matthias


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Foto: Ralph Peters/Picture Alliance

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Im Bann der Hassprediger Radikaler Salafismus bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen nimmt zu. Ursachen und Folgen des deutschen Islamismus am Beispiel von Safia S. Safia S. ist gerade mal 15, als sie im Februar dieses Jahres am Hauptbahnhof einen Polizisten mit einem Messer angreift. Im August erhebt die Staatsanwaltschaft Anklage: versuchter Mord. Ihr Motiv bestĂŒnde darin, eine MĂ€rtyrerin zu werden, die Tat eine Â»Ăœberraschung fĂŒr die UnglĂ€ubigen«, basierend auf der Ideologie eines extremen Salafismus. Entsetzen in den Medien, ein 15-jĂ€hriges MĂ€dchen als radikale Salafistin? Safia S.’ Mutter, aus Marokko stammend, ist strengglĂ€ubige Muslimin, ihr deutscher Vater ist zum Islam konvertiert. Das

MĂ€dchen wĂ€chst mit der Religion auf. Streng glĂ€ubig, ansonsten als schĂŒchternes, nettes MĂ€dchen bekannt. Safia ist in Hannover geboren und geht auf das Gymnasium. Sie ist eine gute, unauffĂ€llige SchĂŒlerin. Als sie im Januar 2016 aber ihren beiden Ă€lteren BrĂŒdern in die TĂŒrkei hinterherreist, womöglich um sich mit ihnen der Terrormiliz »Islamischer Staat (IS)« anzuschließen, ist ihre Mutter alarmiert. Sie hatte ihre Tochter zunĂ€chst bei der Polizei vermisst gemeldet, einen möglichen salafistischen Hintergrund


Foto: Uli Deck/Picture Alliance/dpa

Der Salafistenprediger Pierre Vogel – hier auf einer Kundgebung in Pforzheim – gilt als einer der gefĂ€hrlichsten Islamisten in Deutschland.

der Reise bereits vermutet. Schließlich reiste sie ihr Wie kommt es aber zu diesen Radikalisierungen hinterher. Am Flughafen nehmen Polizisten Safia S. und welche Ursachen tragen sie? Ahmad Mansour, ihr Handy ab. Sie sei nur aus touristischen GrĂŒnden Psychologe und Autor hat darauf klare Antworten. in der TĂŒrkei gewesen, wird ihr nicht geglaubt. Zu Als junger PalĂ€stinenser in Israel neigte er selbst belastend sind die Nachrichten ihrer ChatverlĂ€ufe zum radikalen Salafismus, konnte sich aber rechtauf dem Smartphone. Auch informiert der Schul- zeitig von dieser Ideologie lösen. Heute lebt er in direktor von Safia S. den Verfassungsschutz ĂŒber Deutschland und gilt als einer der bekanntesten die Reise seiner SchĂŒlerin. Trotzdem bleibt sie wei- Islamismus-Experten. ter unbeobachtet und kann vier Wochen nach ihrer Reise einen Polizisten mit einem GemĂŒsemesser Radikalisierung als Prozess lebensbedrohlich verletzen. Niemand mag nachvollziehen, weshalb sich das »Wir mĂŒssen lernen, Radikalisierung als ProMĂ€dchen innerhalb kurzer Zeit so radikalisieren zess zu verstehen«, sagt er. »Das beginnt unsichtkonnte, dass sie sich dem IS anschließen und mögli- bar und schon dort, wo demokratische Werte in cherweise im Namen ihrer Religion töten wollte. Frage gestellt werden«. Die Ursachen mĂŒsse man auf drei verschiedenen Ebenen betrachten: Von der psychologischen Ebene her trĂŒge die Familie Zahlen und Fakten einen wichtigen Teil zu einer möglichen RadikaliSalafismus bezeichnet zunĂ€chst eine ultrakonser- sierung bei. Gewalterfahrungen, emotionale Vervative Strömung innerhalb des Islams. Die Besin- nachlĂ€ssigung, Bindungsprobleme und fehlende nung auf die Altvorderen. Die wortgetreue Aus­ Vaterfiguren verunsicherten die Jugendlichen. legung von Koran und Sunna bildet die alleinige Dazu komme die ideologische Ebene. Die JugendGrundlage. Viele setzen den Begriff mit den Moti- lichen seien anfĂ€llig fĂŒr den Wunsch nach klarer ven des Islamischen Staates gleich. Dabei muss Hierarchie, Halt, und einfachen Opfer- und Feindjedoch zwischen puristischem, politischem und bildern. Mit den paradiesischen, naiven Vorstellunjihadistischem Salafismus unterschieden werden. gen und autoritĂ€ren Strukturen wĂŒrde die Ideologie Der puristische bezieht sich auf die Regelung des radikalen Salafismus zum idealen Familienerprivater Lebensbereiche, wĂ€hrend nur der politi- satz. Auf soziologischer Ebene komme Anerkensche Salafismus antidemokratisch agiert und das nung und IdentitĂ€t innerhalb der Gemeinschaft Ziel eines eigenen Staates verfolgt. Die Umsetzung hinzu. soll gewaltfrei erfolgen. Erst der jihadistische Safia S. lebte ausschließlich bei ihrer Mutter, ihre Salafismus strebt eine globale Revolution unter Eltern hatten sich frĂŒh getrennt. Eine fehlende Gewaltanwendung an. Salafismus bewegt sich also Vaterfigur – sie ist Teil ihrer Biografie. Bereits mit von einer konservativen religiösen Strömung bis hin 7 Jahren tritt sie mit dem bekannten Salafistenzu einer gewalttĂ€tigen Ideologie. Diese Ideologie Prediger Pierre Vogel im Internet auf. Stolz singt sie aber erfĂ€hrt in letzter Zeit immer mehr Zuwachs. einige Verse aus dem Koran, erzĂ€hlt, dass ihre MutIns­besondere Jugendliche und junge Erwachsene ter tĂ€glich mit ihr ĂŒben wĂŒrde. radikalisieren sich zum Salafismus, 550 FĂ€lle aus Niedersachsen sind dem Ver fassungsschut z Digitale Sozialarbeit bekannt, bislang sind 75 junge Menschen zwischen 15 und 30 Jahren ausgereist, um in den Reihen »Offensichtlich sind Salafisten die besseren Sozialjihadistischer Organisationen in den Kampf zu zie- arbeiter«, so Mansour. »Sie holen die Jugendlichen hen. Immerhin 24 Prozent davon sind weiblich, ab, wo sie stehen. Vom Fußballplatz, aus der Schule. mehr als 80 Prozent unter 30 Jahre. Die Herkunfts- Sie hören zu, und sie geben klare und einfache Antregionen konzentrieren sich auf Wolfsburg/Braun- worten auf alle Lebensfragen. Wer heute â€șIslamâ€č und schweig und Göttingen/Hildesheim. Aus dem Groß- â€șSinn des Lebensâ€č bei Google eingibt, landet sofort raum Hannover kamen 9 Prozent der Ausgereisten. auf salafistischen Seiten. Was wir brauchen, ist eine Deutschlandweit sind bisher 870 Menschen in den digitale Sozialarbeit, die die Jugendlichen genau Jihad ausgereist. dort anspricht, wo die AngriffsflĂ€che am GrĂ¶ĂŸten ist, in den sozialen Netzwerken.«


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Foto: Boris Roessler/Picture Alliance/dpa

Zu dieser digitalen Sozialarbeit sieht nur Europa mĂŒsse einen gegenseitigen Erfahrungsaustausch Prof. Dr. Christian Pfeiffer, Kriminologe ermöglichen, insbesondere die arabischen LĂ€nder um Saudiund ehemaliger Justizminister auch die Arabien, Katar und die Emirate mĂŒssten in die Diskussion mit Schulen in der Verantwortung. Diese einbezogen werden, so Pfeiffer. sollten Selbstverwirklichung und IdentitĂ€t der Jugendlichen stĂ€rken. Er unterEine »Herkulesaufgabe« suchte in einer noch nicht veröffentlichten quantitativen Studie die Faktoren Psychologische Faktoren allein fĂŒhren noch lange nicht zu »Liebe« und »Gewalt« in Familien und einer salafistischen Radikalisierung Jugendlicher oder junihren Einfluss auf die Variablen »Gewalt- ger Erwachsener. Dazu gehört offenbar eine Zivilgesellschaft, tĂ€tigkeit« und »SuizidalitĂ€t« bei Jugendlichen. Offensichtlich wĂŒrden Jugendliche, die wenig Liebe und viel Gewalt in der Familie erfĂŒhren, öfter zu Gewaltanwendung und SuizidalitĂ€t neigen. Und wer bei diesen Variablen einen hohen Wert habe, sei natĂŒrlich eher anfĂ€llig fĂŒr AmoklĂ€ufe oder radikale Ideologien, die mit dem Wunsch nach einem möglichen »MĂ€rtyrertod« einhergingen. OberflĂ€chlich gleichen die Schlussfolgerungen den GrĂŒnden, die Mansour auf der psychologischen Ebene nennt. Außerdem könnten Diskriminierungserfahrungen den Effekt massiv verstĂ€rken, so Pfeiffer. Ein OhnmachtsgefĂŒhl entstĂŒnde, das fĂŒr einige in der Radikalisierung mĂŒnde. Zudem mangele es an Stellungnahmen oder Diskussionen innerhalb der Moscheevereine und Islamischen VerbĂ€nde. »Die lĂ€ngst fĂ€llige Diskussion von Tabuthemen, wie SexualitĂ€t, findet nicht statt«, so Pfeiffer. Es entstehe eine Diskrepanz zwischen dem Glauben und dem realen Leben, beispielswiese in Deutschland. Auch Mansour kritisiert die Rolle der Vereine scharf und fordert: »Niemand ist bereit, sich mit dem ganz Wesentlichen auseinanderzusetzen, die Frage zu diskutieren: â€șWie konnte so ein die Diskriminierung und Ausgrenzung zulĂ€sst und AngriffsUngeheuer in unserem Namen entste- f lĂ€chen schafft. Außerdem eine Ideologie, die SehnsĂŒchte hen?â€č«. Die islamischen Vereine seien ein bedient und innerislamisch nicht diskutiert wird. Man mĂŒsse wichtiger Akteur in der Debatte, die ihrer anfangen die Ideologie des Salafismus zu bekĂ€mpfen, nicht Rolle momentan nicht gerecht wĂŒrden. bloß die Organisationsstruktur, sagt Mansour. »Eine HerkuDazu gehörten vor allem der weitere Aus- les-Aufgabe. Die wir jetzt angehen mĂŒssen.« tausch der Akteure auf internationaler Der Prozess von Safia S. hat am 20. Oktober begonnen, ein Ebene. Zu wenig wĂŒrden sich beispiels- Urteil wird frĂŒhestens im Januar 2017 erwartet. weise Beratungsstellen und VerbĂ€nde Lara Gildehaus vernetzen. Dabei sei die InternationalitĂ€t der Debatte mehr als deutlich. Nicht

Kinder auf einer Kundgebung des Salafisten Pierre Vogel in Frankfurt.


Aus der Szene

Kunst am (Sozial-) Bau Hannover. Street Art trifft Sozialwohnraum. Das Haus an der Hamburger Allee, Ecke Celler Straße ist jetzt ein wahrer Hingucker. Die Fassade wurde von ParizOne und MrDheo aus Portugal gestaltet, zwei weltweit bekannten GraffitikĂŒnstlern. An die Leine gelockt wurden sie von der KĂŒnstlerin Mansha Friedrich, die ihre ersten Graffitis in den 1980er Jahren in Hannover sprĂŒhte. Seitdem hat sich viel getan, Street Art erfreut sich heute durchaus einiger WertschĂ€tzung. DafĂŒr ist sie auch nicht mehr umsonst zu haben. Ohne das Engagement der Firma Gundlach wĂ€re das Projekt daher nicht möglich gewesen. Allerdings ist dieses Haus auch kein x-beliebiges aus dem Portfolio des Unternehmens: Vor 25 Jahren wurde es als erstes Objekt der Sozialen Wohnraumhilfe (SWH) fĂŒr die Vermittlung an Wohnungslose zur VerfĂŒgung gestellt. Seither hat sich eine Kooperation zwischen SWH und Gundlach entwickelt, die sich sehen lassen kann. Nun auch in mehrfacher Hinsicht. UM

Kein Obdach im Winter Hannover. Die kalte Jahreszeit beginnt und die Tagestreffs fĂŒr Wohnungslose mĂŒssen schließen. Seit Monaten suchen das DÜK (»Dach ĂŒber’m Kopf«) und der Nordbahnhof aufgrund gekĂŒndigter MietvertrĂ€ge nach neuen RĂ€umen. Bislang waren alle Appelle vergebens. »Wir suchen dringend 250 bis 300 Quadratmeter«, sagt Petra Tengler von der Selbsthilfe fĂŒr Wohnungslose (SeWo). WĂ€hrend der Nordbahnhof im Norden Hannovers angesiedelt ist, bietet das DÜK im Innenstadtbereich Aufenthaltsmöglichkeiten fĂŒr Wohnungslose. Beide Einrichtungen ergĂ€nzen sich auch von den Öffnungszeiten her. Diakoniepastor Rainer MĂŒller-Brandes sieht deshalb ein gut aufgebautes Hilfenetz gefĂ€hrdet. Vermietern verspricht er »sichere und langjĂ€hrige MietverhĂ€ltnisse«. UM

Foto: U. Matthias

Essensausgabe sucht Ehren­ amtliche Hannover. Im Winter tut eine warme Mahlzeit gut. Von Dezember bis MĂ€rz bietet die ökumenische Essenausgabe des diakonischen Werks und der Caritas ein warmes Mittagessen fĂŒr BedĂŒrftige an. Montags bis samstags, von 11 bis 13 Uhr, gibt es dort nicht nur ein abwechslungsreiches MenĂŒ. Auch Sozialarbeiter stehen bei Fragen oder Problemen fĂŒr ein persönliches GesprĂ€ch zur VerfĂŒgung. In den letzten Jahren ist die Nachfrage stark gestiegen. WĂ€hrend im Jahr 2012 etwa 130 Menschen tĂ€glich die Möglichkeit nutzten, sind es nun mehr als 200. »Damit wir das Angebot weiterhin halten können, brauchen wir dringend UnterstĂŒtzung«, erklĂ€rt Dagmar Nowak. ­I nteressierte können sich bei ihr unter essenausgabe@zbs.de melden. LG


Wie titelte die Neue Presse am 29. September so schön: »Schröder macht Politik fĂŒr 96 – Hannovers Großunternehmen sollen sich stĂ€rker engagieren«. Da sitzt er nun, der Schröder, in der Loge der MillionĂ€re, und fordert weitere Investitionen fĂŒr Hannover 96. Durch seine Agenda 2010 wurde den SozialhilfeempfĂ€ngern das Kleidergeld (Sommer/Winter) sowie finanzielle Hilfe fĂŒr die Renovierung der Wohnung gestrichen. Außerdem hat uns Schröders Politik auch noch 100 D-Mark Weihnachtsgeld geraubt. Da stellt sich mir die Frage, ob sich Schröder nicht besser fĂŒr diejenigen stark machen sollte, denen er alles ­genommen hat, statt populistisch fĂŒr Hannover 96? Seit Schröders Kanzlerzeit mĂŒssen wir jeden Monat von 400 Euro noch etwas zur Seite legen. Wahrscheinlich braucht man nach dessen Logik im Sommer nichts zum Anziehen, da kann gespart werden, um im Winter einen warmen Mantel oder Schuhe kaufen zu können! Bald ist Weihnachten, der Gedanke, dass auch wir schrecklich gern irgendeinem netten Menschen, der das Jahr ĂŒber freundlich zu uns war, eine kleine Überraschung bereiten wĂŒrden, liegt dem Schröder sicherlich so fern wie die Sonne der Erde. Karin Powser

Karin Powser lebte jahrelang auf der Straße, bevor ihr eine Fotokamera den Weg in ein wĂŒrdevolleres Leben ermöglichte. Ihre Fotografien sind mittlerweile preisgekrönt. Durch ihre Fotos und mit ihrer Kolumne zeigt sie ihre ganz spezielle Sicht auf diese Welt.

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Das muss mal gesagt werden


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»Ziemlich geradeheraus« Aus dem Leben: Im GesprĂ€ch mit Asphalt-VerkĂ€ufer Martin (62). Martin, du bist vor Kurzem von den anderen Asphalt-Ver- Wovon lebst du? kĂ€uferinnen und -VerkĂ€ufern zum derzeitigen VerkĂ€ufer- Ich lebe von Hartz IV und von Asphalt. Außerdem habe ich sprecher gewĂ€hlt worden. noch einen kleinen Nebenjob am Bahnhof. Ich habe nicht viel Ich bin eigentlich nicht gern jemand, der von sich aus in die erste Reihe tritt, aber ich bin vorgeschlagen und gewĂ€hlt worden. Und jetzt bin ich natĂŒrlich auch gerne bereit dazu. Allerdings ist es meine Art, oft ziemlich geradeheraus zu sein. Ich weiß, dass ich damit anecken kann. Andererseits weiß so gleich jeder, woran er bei mir ist.

Welche Aufgaben hat der VerkÀufersprecher? Ich sehe mich als Bindeglied zwischen VerkÀufern und Vertrieb bzw. Mitarbeitern von Asphalt. Aber auch als Vermittler, wenn es mal unter den VerkÀuferinnen und VerkÀufern Unstimmigkeiten gibt. Da können sie gerne auf mich zukommen.

Du engagierst dich auch in anderen Bereichen. Ja, politisch zum Beispiel. Und wie es sich fĂŒr ein ­ordentliches CDU-Mitglied gehört, bin ich auch in der Kirche aktiv. Ich war beim Kirchentag und gehöre zur MĂ€nnergemeinschaft in ­meiner katholischen Gemeinde St. Oliver in Laatzen. Wir machen AusflĂŒge, Grillfeste, Chorauftritte, Weihnachtsaktionen und so weiter.

Bist du auch christlich aufgewachsen? Ich komme aus einem urkatholischen Elternhaus. Bei uns war sonntags Kirchgang Pflicht. Meine Eltern waren katholisch, meine BrĂŒder sind katholisch und ich auch.

Geld, aber ich jammere nicht.

Wie bist du zu Asphalt gekommen? Ich habe 2008 in der Stadt Asphalt-VerkÀufer HaDe kennengelernt. Ich dachte wie viele andere, Asphalt könne nur von Obdachlosen verkauft werden. Aber er hat mir erklÀrt, dass das nicht stimmt: Hartz IV oder Grundsicherung oder eine vergleichbare Sozialleistung sind die Voraussetzungen. Ich war seit 2007 arbeitslos und hab angefangen Asphalt zu verkaufen, um mir etwas dazu zu verdienen.

Und wie geht es dir damit? Ganz gut. Es hilft mir, nicht jeden Cent umdrehen zu mĂŒssen. Ich gebe mein Geld weder fĂŒr Drogen noch fĂŒr Alkohol aus – es ist mir wichtig, dass die Leute das wissen!

Wie sah deine berufliche Karriere vorher aus? Ich habe an der Fachhochschule studiert und 1995 mein ­Diplom geschrieben. Ich bin Dokumentar und habe im Archiv­ wesen gearbeitet. Aber das ist ein Job, den heute kaum noch einer bezahlen will. Als Ein-Euro-Job vielleicht, aber nicht mehr als richtige Festanstellung.

Liegt das an der zunehmenden Digitalisierung?

Das wĂŒrde ich nicht sagen. Wir haben in Niedersachsen ein Archivgesetz. Die Kommunen und die öffentliche Hand sind eigentlich dazu verpflichtet, Archivgut zur VerfĂŒgung zu stelWie viele BrĂŒder hast du? Wir waren drei, jetzt sind wir nur noch zwei. 1994 lag ich an len. Aber das Geld wird fĂŒr andere Dinge ausgegeben. Ich habe meinem 40. Geburtstag mit einem meiner BrĂŒder in der Kli- mich quer durch Deutschland beworben, nicht zu knapp. Ich nik. Ich habe ihm Knochenmark gespendet, aber es hat nichts bin jetzt zwar 62 Jahre alt, wĂŒrde aber trotzdem ganz gern genĂŒtzt. Wir mussten ihn beerdigen. Das war und ist ein großer noch in meinem erlernten Beruf arbeiten. Vielleicht auch als Archivar auf Honorarbasis. Wer UnterstĂŒtzung braucht, soll Verlust fĂŒr mich. sich bei mir melden!

Wissen die Leute in deiner Kirchengemeinde, dass du Asphalt-VerkÀufer bist?

Wie sieht deine private Situation aus?

Ja klar, die finden das gut. Die kaufen teilweise auch das Magazin bei mir, und wir klönen ein bisschen an meinem Verkaufsplatz. Asphalt zu verkaufen ist immer wie ein Spagat fĂŒr mich: Auf der einen Seite habe ich meine unterschiedlichen sozialen und gesellschaftlichen Kontakte, die ich pflege, auf der anderen Seite zeige ich durch den Asphalt-Verkauf öffentlich, dass ich zu den Armen, zu den â€șBedĂŒrftigenâ€č gehöre.

Ich war verheiratet, bin seit 2002 geschieden und habe leider keine Kinder. Ich bin auf mich alleine gestellt. Eigentlich wĂŒrde ich gern mal wieder eine Frau kennenlernen, aber mit Asphalt? Wenn ich die Initiative ergreife und eine Frau zum Kaffee einladen möchte, dann ist sie ganz schnell weg. Obwohl mich sonst immer alle so sympathisch finden! Interview und Foto: Jeanette Kießling


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Asphalt-VerkĂ€ufer Martin steht im Hauptbahnhof an den Rolltreppen bei Rossmann, donnerstags auf dem Wochenmarkt an der Lutherkirche und samstags Geibelstraße/Hildesheimer Straße an der Geibel-Apotheke.


Rund um Asphalt

Foto: Hamburg Dungeon

Pilgerfahrt zum Papst

»Sehenswert hoch drei« Insgesamt 22 Asphalt-VerkĂ€uferinnen und -VerkĂ€ufer fuhren am Donnerstag, den 29. September, mit dem Zug nach Hamburg ins Erlebnis-Museum »Dungeon«. Das Dungeon ist ein lebendiges Museum, das die dunkle Stadtgeschichte, wie das große Feuer in der Stadt im Jahre 1842, die Inquistion oder Klaus Störtebekers Verrat und Hinrichtung mit Schauspielern erzĂ€hlt. Diese Show ist sehenswert hoch drei und mit Bildern und Darstellern fantastisch umgesetzt. Wir bedanken uns herzlich beim Autohaus Giesche in Fuhrberg, sowie bei allen tatkrĂ€ftigen UnterstĂŒtzern, ohne die dieser Ausflug nicht möglich gewesen wĂ€re! Asphalt-VerkĂ€ufer Hasso Diedrich

Egon Görg * 3. Juli 1957   † 6. Oktober 2016 Wir trauern um unseren langjĂ€hrigen Asphalt-VerkĂ€ufer, der nach schwerer Krankheit verstorben ist. Alle Asphalt-VerkĂ€uferinnen und -VerkĂ€ufer und das gesamte Team

AnlĂ€sslich des »Heiligen Jahres der Barmherzigkeit« empfĂ€ngt Papst Franziskus vom 10. bis zum 13. November mehrere tausend Pilger, die in prekĂ€ren Situationen leben oder gelebt haben. Sie kommen aus der ganzen Welt. Dank einer Kollekten-Spende des Diakonischen Werks haben auch sechs Asphalt-VerkĂ€uferinnen und -VerkĂ€ufer die Möglichkeit, diese außerordentliche Reise anzutreten. VerkĂ€ufersprecher Martin, der zu den Rom-Reisenden zĂ€hlt, freut sich schon sehr: »Bei Asphalt sind alle Konfessionen vertreten und diese Pilgerfahrt bietet uns die Möglichkeit, die Ökumene zu leben.« Neben der Besichtigung der ewigen Stadt erwarten die Teilnehmer viele weitere Programmpunkte. Das Highlight: Papst Franziskus hĂ€lt eigens fĂŒr die Pilger eine Messe. SKO

Kommen Sie mit – zum sozialen Stadtrundgang!

Unsere VerkĂ€uferinnen und VerkĂ€ufer fĂŒhren Sie zu Orten, an denen Wohnungslose keine Randgruppe sind. Ein außergewöhnlicher Stadtrundgang – von ExpertInnen der Straße gefĂŒhrt! NĂ€chster Termin: 25. November 2016, 15 Uhr. Treffpunkt: Asphalt, Hallerstraße 3, 30161 Hannover. Bitte anmelden: 0511 – 30 12 69-20. Teilnahme auf Spendenbasis: ab 5 Euro/Person. Gruppen verein­ baren bitte gesonderte Termine! Auf Nachfrage auch in englischer Sprache!


VerkĂ€ufer Olaf: Wer verschenkt einen nicht zu alten Laptop, um z.B. Windows 7 zu installieren? [V-Nr. 1612] Kontakt: 01577 – 952 48 77. VerkĂ€ufer Michael: Ich suche fĂŒr meinen spĂ€teren beruflichen Werdegang folgende BĂŒcher: »KunststĂŒcke Demenz: Ideen – Konzepte – Erfahrungen« von Klaus Bremen und Ulrich Greb, »Aktiv und fit von Kopf bis Fuß. Ganzheitliches GedĂ€chtnistraining fĂŒr Senioren« von Helga Schloffer und Mag. Monika Puck, »Seniorenspielbuch: Reaktivierung Dementer in Pflege und Betreuung« von Ursula Stöhr. Außerdem suche ich die CD ­»Progressive Muskelentspannung« vom VIBP Verhaltens­ therapie-Institut Bad Pyrmont. Vielen Dank im Voraus. [V-Nr. 1115] Kontakt: 0177 – 496 69 54.

Foto: Archiv

VerkĂ€ufer JĂŒrgen: Suche einen gĂŒnstigen Flachbildfernseher (70 cm) und eine gut erhaltene Matratze. MĂŒsste gebracht werden. [V-Nr. 627] Kontakt: 01575  –  620 23 94.

Wieder da! In unserer Juli-Ausgabe verabschiedete sich AsphaltVerkĂ€ufer Wolfgang Seeger von allen Kundinnen und Kunden. Nun ist er wieder da und steht an seinem alten Verkaufsplatz: donnerstags und samstags auf dem Wochenmarkt in Barsinghausen. Viele Stammkunden freuen sich, Wolfgang wiederzusehen, fĂŒr ihn hat die RĂŒckkehr allerdings einen traurigen Anlass: »Meine Stieftochter hatte Krebs und starb Ende Juni. Sie lebte bei mir mit ihrer Tochter, um die ich mich jetzt als Stiefopa kĂŒmmern muss. Meine Frau Gisela hatte schon drei SchlaganfĂ€lle und ist nicht mehr so rĂŒstig. Die zusĂ€tzliche Belastung mit dem Biergarten war einfach zu viel fĂŒr mich.« Wolfgang Seeger hatte gemeinsam mit Asphalt-VerkĂ€uferin Elke das Gartenlokal »Zur Sonne« im Schrebergartenverein Steintormasch ĂŒbernommen. Jetzt ist es wieder leer in der »Sonne« – ohne Wolfgang hat auch Elke nicht weitergemacht. Der langjĂ€hrige Asphalt-VerkĂ€ufer kann dem Ganzen aber auch Gutes abgewinnen: »Bei Asphalt, bei all meinen Kunden und auf dem Markt in Barsinghausen so herzlich wieder begrĂŒĂŸt worden zu sein, zeigt mir, wie viele Freunde ich habe!« KIE

VerkĂ€ufer Guido: Ich suche einen FahrradanhĂ€nger. [V-Nr. 1907] Kontakt: 0160  – 696 05 55. VerkĂ€ufer Frank: Suche ein Kinderfahrrad (24er) fĂŒr meine achtjĂ€hrige Nichte, wenn möglich rot. Vielen Dank. [V-Nr. 957] Kontakt: 0176  – 97 53 41 18. VerkĂ€ufer Mario: Ich suche einen Laptop und eine Wasch­ maschine. [V-Nr. 1970] Kontakt: 01575  –  543 35 09. VerkĂ€ufer Reinhold: Ich suche Arbeit als Hausmeister, in der Gartenpflege (Winter-, Baum- und Heckenschnitt) oder als Maler. [V-Nr. 137] Kontakt: 0175  – 802 22 23. VerkĂ€ufer JĂŒrgen: Hallo Leute, mir ist die Waschmaschine kaputtgegangen. WĂŒrde mich freuen, wenn jemand eine Maschine abzugeben hat. [V-Nr. 2265] Kontakt: 0170  – 108 49 53. VerkĂ€ufer Bernd: Wir haben Nachwuchs bekommen und suchen eine 3-Zimmer-Wohnung in Linden oder einem anderen Stadtteil. [V-Nr. 2151] Kontakt: 0160 – 97 70 46 36 oder 0160 – 97 71 20 60. In eigener Sache: Sozialarbeiter Christian sucht fĂŒr die AsphaltFahrradwerkstatt noch gut erhaltene FahrrĂ€der zur Weitervermittlung an unsere Verkaufenden. Kontakt: 0171 –  623 62 10.

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gesucht – gefunden

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Foto: Archiv

Rund um Asphalt

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Weihnachtsmarkt mit Herz FĂŒr Menschen, die das Besondere lieben, gibt es auch in diesem Jahr wieder den ganz besonders schönen Adventsbasar in der Kreuzkirche in Hannovers Altstadt. Hier gibt es liebevoll gefertigtes Kunsthandwerk, wunderbaren Weihnachtsschmuck und köstliche Delikatessen. Zwischen Weihnachtsengeln, Advents­ gestecken, Brotaufstrichen und warmen Socken lĂ€sst sich mit einem heißen Tee oder Kaffee zur selbstgebackenen Torte die vorweihnachtliche AtmosphĂ€re genießen. Wer hier keine Geschenke fĂŒr sich und seine Lieben findet, der findet sie nirgends. Und das alles auch noch fĂŒr den guten Zweck – denn die Einnahmen des Weihnachtsmarktes kommen wie immer Asphalt zugute! Ein großes Dankeschön geht an die Organisatoren im Diakonischen Werk Hannover und die vielen, vielen Menschen, die monatelang mit Liebe und Hingabe wunderbare Eigenkreationen herstellen und zubereiten. KIE

Das Fahrgastfernsehen. · Goethestraße 13 A · 30169 Hannover · (0511) 366 99 99 · redaktion@fahrgastfernsehen.de

Freitag, 25. November, 13 bis 18 Uhr, Kreuzkirche Hannover /Altstadt.


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»Ich schĂ€me mich« Wladimir Kaminers neuestes Buch heißt: »Meine Mutter, ihre Katze und der Staub­sauger«. Der Erfolgsautor im GesprĂ€ch ĂŒber das VerhĂ€ltnis zu seiner Mutter, zu seiner Heimat Russland und zu seiner Wahlheimat Deutschland. Vor fĂŒnf Jahren schrieben Sie ein Buch ĂŒber Ihre kauka- furchtbar! Am Ende haben wir uns darauf geeinigt, dass wir sische Schwiegermutter, und jetzt gibt es auch eines ĂŒber ihren Pullover mit einem Computerprogramm verĂ€ndern. Ihre Mutter. Hat sie auf Gleichbehandlung gedrĂ€ngt? Nein, im Gegenteil. Sie wollte zuerst ĂŒberhaupt kein Buch. Und Wie findet Ihre Mutter das Buch? dann hat sie alles sehr ernst genommen, allein schon fĂŒr das Foto auf dem Cover mussten wir viel durchmachen. Es war

Ich glaube, es ist das einzige deutschsprachige Buch, das sie vollstÀndig gelesen hat. Sie wollte unbedingt wissen, was ich


Fotos: Urban Zintel

und da kroch meine Mutter mit einem Glas Peter­ silienkartoffeln durch den Schnee.

Haben Sie Ihrerseits auch Ihre Mutter unterstĂŒtzt? Ja, zum Beispiel als sie nach Deutschland kam. Zuerst wohnten wir zusammen, das war nicht so gut, aber dann habe ich ihr eine eigene Wohnung zwei Straßen weiter besorgt. Sie war die ganze Zeit in meiner NĂ€he. Auch heute telefonieren wir noch jeden Tag.

Gab es in Ihrer Jugend auch Konflikte zwischen Ihnen und Ihrer Mutter? Meine Mutter nahm alles mit gebĂŒhrender Gelassenheit hin. Als ich beschlossen hatte, in eine Kommune zu ziehen, brachte sie mir sogar eine dicke rote Decke vorbei, damit ich nicht friere. Die meisten Konflikte zwischen den Generationen ent­stehen dadurch, dass erwachsene Menschen ver­s uchen, ihre Kinder zu lenken und zu biegen. Ich finde, der Charakter eines Menschen sollte sich auf natĂŒrliche Weise herausbilden. Meine Mutter war immer sie selbst, ich glaube, ich habe ihre Gelassenheit geerbt.

Hat sie sich in Deutschland schnell einleben können?

Seit fast zwanzig Jahren liefert er einen Bestseller nach dem

ĂŒber sie geschrieben habe. Anschließend sagte sie zu mir: »Jetzt weiß ich endlich, was fĂŒr ein aben­ teuer­­liches Leben ich eigentlich habe«.

Meine Mutter scheute sich nicht vor kleinen Jobs. In den ersten Jahren trug sie zum Beispiel Pizzawerbung aus oder half bei der Altkleidersammlung. Dabei musste sie eigentlich gar nicht arbeiten, denn ihre Lebensarbeitszeit wurde bei der Rente anerkannt. Aber sie wollte nicht zu Hause sitzen. Inzwischen ist sie 84 und immer noch abenteuerlustig, obwohl ihre Gesundheit nicht mehr mitmacht.

anderen: Wladimir Kaminer hat nun auch ein Buch ĂŒber seine Mutter geschrieben.

Die Beziehung zur Mutter ist angeblich die schwierigste, komplizierteste und wichtigste des Lebens. Wie empfinden Sie das?

Lassen Sie sich von Ihrer Mutter viel von ihren Erfahrungen und den alten Zeiten erzÀhlen?

Meine Mutter hat mir so ziemlich alles von sich Meine Beziehung zu meiner Mutter war immer erzĂ€hlt. Angefangen von ihrer Kindheit ĂŒber ihre sehr liebevoll. Egal, in was fĂŒr eine schwierige Situ- Eltern bis hin zu ihrer ersten Liebe und alles, was ation ich geriet, stets kam meine Mutter mit einem danach war. Solche GesprĂ€che sind ĂŒberhaupt das Glas voll gekochter Kartoffeln mit Petersilie an und Beste im Leben. hat mich gefĂŒttert. Ob ich es nun im Pionierlager wegen zu strenger Disziplin nicht aushalten konnte Wie groß ist Ihre russische Familie? oder aber in der Armee: Dort war ich an einem Außer in Russland und in der Ukraine, wo wir viele RaketenabwehrstĂŒtzpunkt stationiert; wir durften Verwandte haben, gibt es noch Familienmitglieder keinen Besuch empfangen. Aber im Wald hatten wir in Israel, Amerika und in Australien. Ein entfernter an einer Stelle Stacheldraht auseinandergerissen, Verwandter aus Israel hat mich angeschrieben, er


Zustimmung in der Bevölkerung sogar noch einen Tag vor seinem Sturz bei 99 Prozent.

Wie wirkt sich der Konflikt zwischen Russland und der Ukraine auf Ihre Familie aus?

Welches konkrete Ereignis fĂŒhrte dazu, dass Sie 1990 Ihre Heimat verließen?

Mir gefĂ€llt das Wort »Konf likt« in diesem Zusammenhang nicht. Konf likt bedeutet, dass beide Seiten einander etwas antun. Aber in diesem Fall hat Russland sein Nachbarland ĂŒberfallen, es war eine Annexion. Ist das ein Konflikt? Dann könnte man den Beginn des Zweiten Weltkriegs auch als einen Konflikt bezeichnen. Der Ukraine wurde ein Teil ihres Territoriums geraubt mit der Absicht, ihr noch grĂ¶ĂŸere Teile wegzunehmen. Das hat nicht geklappt. Jetzt steht der Dieb da, mit der Hand in der fremden Tasche, und alle Welt sagt ihm, er solle die Hand da wieder rausnehmen. Aber Russland sagt, vor 200 Jahren gehörte diese Tasche seinem Großvater. Das ist eine sehr peinliche Situation fĂŒr Russland.

Das war ein Ratschlag von einem Onkel meines Freundes, der selbst nach Amerika wollte. Er meinte zu mir und einem Freund, die neue DDR-Regierung gewÀhre Juden aus der Sowjetunion humanitÀres Asyl. Mit dieser Information, zwei D-Mark und einem sowjetischen Pass fuhren wir nach Berlin. In der Sowjetunion war es wie Knast, alle wollten weg.

Wie gehen Sie persönlich damit um? Ich schĂ€me mich, weil ich 20 Jahre lang in Deutschland versucht habe darzulegen, was fĂŒr wunderbare Menschen die Russen sind, die in großen Schritten auf ein europĂ€isches Zusammenleben zusteuerten. Und dann passiert sowas. Vor 25 Jahren versuchten die KGB-GenerĂ€le und der Innenminister gegen Gorbatschow zu putschen. Damals gingen Hunderttausende auf die Straße und stellten sich vor die Panzer. Sie wollten auf keinen Fall zurĂŒck in die sozialistische Diktatur. Und heute, 25 Jahre spĂ€ter, stellen sie fest, dass der Putsch eigentlich gelungen ist. Die gleichen GenerĂ€le haben durch die HintertĂŒr die Macht ergriffen und steuern das Land jetzt in die Vergangenheit. Man kann kaum noch etwas Gutes darĂŒber schreiben.

Reisen Sie noch regelmĂ€ĂŸig in die Heimat? Vor zweieinhalb Jahren war ich das letzte Mal in Russland und habe in St. Petersburg fĂŒr Arte einen Gartenfilm gedreht. Durch meine politische Haltung liege ich jetzt im Clinch mit den Machthabern. Es ist fĂŒr mich kein guter Zeitpunkt, dort hinzureisen. Wie soll man mit Menschen, die durch Propaganda bearbeitet wurden, diskutieren? Sie beziehen ihre Informationen und Wertvorstellungen aus dem russischen Fernsehen. Und das ist eine sehr scharfe Waffe! FĂŒr mich ist das sogar ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Die russischen Journa­listen berichten nicht mehr, sondern schreien ihre Nachrichten heraus.

Wie beliebt ist Putin beim russischen Volk wirklich? Viele Menschen glauben dem Fernsehen. Trotzdem kann man nicht wissen, wie beliebt Putin ist. Menschen, die in Unfreiheit leben, darf man so etwas nicht fragen, sie können ja keine unabhÀngigen Antworten geben. Bei Ceausžescu lag die

Was ist Deutschland fĂŒr Sie rĂŒckblickend? Inzwischen habe ich lĂ€nger in Deutschland gelebt als in der Sowjetunion. Deutschland hat sich in dieser Zeit verĂ€ndert, aber auch ich. Ich habe alle möglichen Ecken des Landes gesehen. FĂŒr die Fernsehsendung »Kulturlandschaften« bin ich vom AllgĂ€u bis nach Friesland gefahren und habe auf meinen Lesereisen viele interessante Menschen kennengelernt. Mir liegt es nicht, patriotische GefĂŒhle zu pflegen, aber ich muss sagen: Ich liebe Deutschland wirklich!

Sie werden nĂ€chstes Jahr 50. Was schenken Sie sich selbst? Ich habe ja eigentlich alles. Auf unserem GrundstĂŒck in Brandenburg, wo meine Frau den Garten hat, pflanzt sie stĂ€ndig aus und ein, aber ich habe da wenig zu tun. Deshalb schenke ich mir dort zum Geburtstag eine Sauna. Interview: Olaf Neumann

! Gewinne Mit Asphalt zu Kaminer Am 13. Dezember um 20 Uhr stellt Wladimir Kaminer die Geschichten rund um seine Mutter, ihre Katze und den Staubsauger im hannoverschen Kultur­ zentrum Pavillon vor. Der Abend ist nahezu ausverkauft. Möchten Sie trotzdem hin? Asphalt verlost 3 x 2 Karten! Schreiben, mailen oder faxen Sie uns unter dem Stichwort »Wladimir Kaminer« an Asphalt-Magazin, Hallerstraße 3 (HofgebĂ€ude), 30161 Hannover; gewinne@ asphalt-magazin.de, Fax: 0511 – 30 12 69-15. (Bitte vergessen Sie Ihre Absenderadresse nicht!) Viel GlĂŒck!

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betreibt Ahnenforschung und hat sehr viele neue Verwandte entdeckt. Ich weiß gar nicht mehr, wohin damit.

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Die LesebĂŒhne – Poeten in Asphalt

L’ivresse Von Judith Simon-Graf

N e u lich

erwachte ich im Bett des Perlmuttfar- entgegen, allesamt mĂ€nnlich und menschlich. Nicht ein verbenen. EbenmĂ€ĂŸig nackt lag er neben mir und sein hasster Hound war dabei. Sie grölten und pöbelten und waren selbstzufriedenes Brummen verriet tiefen Schlaf. ausgesprochen hĂ€sslich anzusehen. Ich bereute meinen voreiVom Bier schwirrte mir der Kopf. Ich erhob mich ligen Entschluss und sah mich schnell nach einer AusweichmĂŒhsam, suchte Louise’ Kleidung zusammen und möglichkeit um. Doch ehe ich mich meiner verdammten Resteinmal mehr fasste ich in dieser Nacht den Ent- betrunkenheit wegen dazu entschließen konnte, wohin ich schluss, möglichst wenig Gewohnheiten der Ande- ausweichen könnte, hatten sie mich schon entdeckt und wankren fĂŒr mich selbst zu nutzen. Eine davon war das ten lauthals auf mich zu. »Ja hallooo, wen hamwa denn da
? Biertrinken. »Alteeer, was ne heiße Braut 
 heyhey, waddewaddema 
 Trotz Blutalkohol gelang mir mein geĂŒbtes Schleichen recht gut, lautlos und komplett bekleidet wie heisstn du, ey?« Und so weiter und so weiter. Es war jene ĂŒble Art von verließ ich ThĂ©os Wohnung, tappte die drei Stockwerke hinab und trat durch die schwere Eingangs- An­mache, die mir schon damals als Andere Ă€ußerst zuwider tĂŒr auf die nĂ€chtliche Großstadtstraße hinaus. Ich gewesen war, und die mich auch schon damals empfindlich zögerte kurz, wie ich mich wohl bewegen sollte, ent- wĂŒtend gemacht hatte. Ich behielt mein Tempo bei und starrte schloss mich aber – etwas fahrig - noch ein wenig durch sie hindurch bis ans Ende der Straße. Als ich sie passiemenschlich zu bleiben, zog die Stiefel ĂŒber und pol- ren wollte, trat mir ein besonders ErbĂ€rmlicher in den Weg und terte los. Klackediklack in Louise’ Schuhwerk. Auf- fasste mich beim Ellenbogen. »Lass mich los«, fauchte ich. Er aber zog mich dichter zu recht. Offen. Weithin sichtbar. Coole Stadtteile wie dieser schliefen nie. Über- sich heran. Ich konnte seinen miesen Atem riechen. »Willste ficken
Wir könnten dir 
alle hier
’n Gefall « all schlenderten Leute. Je frĂŒher der Morgen, desto Mein Schlag kam völlig ĂŒberraschend. Blut schoss ihm lauter erschienen sie, und als ich um die zweite Ecke bog, kam mir ein Trupp betrunkener Jugendlicher aus der Augenbraue, er ließ sofort los, stand wie erstarrt und


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Foto: Photocase

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schon schlug ich ein zweites Mal zu. Diesmal erwischte ich ihn am Ohr. Wieder einmal mehr ĂŒberrascht darĂŒber, wie scharf meine FingernĂ€gel tatsĂ€chlich waren, ließ ich das Ohr auf den Gehweg fallen, sprang zur Seite und griff mir den NĂ€chsten. Es war ja wirklich ein zu leichtes Spiel mit ihnen! Allesamt waren sie zu langsam, zu doof, zu betrunken und zu ĂŒberrascht, um sich wehren zu können. JĂ€h fĂŒhlte ich mich vollkommen nĂŒchtern, absolut lebendig und extrem wohl in meiner rasierten Haut. Ich trennte den Zweiten von seiner Nasenspitze, riss dem Dritten eine Menge Haupthaar vom Kopfe und stĂŒrzte mich auf den Vierten, der wie ein Sack zu Boden ging und mir auf ­d iesem Wege seinen blassgelben Bierbauch prĂ€sentierte. WĂ€hrend ich mein Werk vollendete, flĂŒchteten Nummer fĂŒnf und sechs. Über die Balkone der Nachbarn kletterte ich lautlos in Louise’ Wohnung zurĂŒck. Ihre dĂ€mlichen Stiefel hatte ich im GebĂŒsch verstaut. Dort lagen auch ihre restlichen KleidungsstĂŒcke, die mich beinahe die ganze Nacht beengt und gequĂ€lt hatten und ĂŒberdies nun ziemlich blutgetrĂ€nkt waren. Sauber und nackt, aber bereits mit einem Hauch von Bartschatten am Leib, kroch ich durchs Schlafzimmerfenster, zu ihr ins Bett und weckte sie zĂ€rtlich. Immer noch war ich berauscht. Doch es war nicht das Bier, was mich in jenen glĂŒckseligen Rausch verfallen ließ, der

meine Sinne anspitzte, mein Blut pulsieren ließ und meiner Kehle ein andauerndes Brummen entlockte. »Schau mal, Louise«, schnurrte ich, »was ich dir mitgebracht habe.« Und ich legte ihr mein Geschenk auf die Brust.

Geboren in den letzten ZĂŒgen der 60er, wuchs Judith Simon-Graf samt zwei Geschwistern relativ wohlbehĂŒtet auf. Der Bruder ein Freak, die Schwester eine ewige Schönheit, sie, die Mittlere, mit jeder Menge Haarfarben und ­Frisuren samt Grenzerfahrungen. Stets mit genĂŒgend Phantasie im Kopf. Ihre 90er waren frĂŒh rebellisch, spĂ€ter besetzt durch zwei FrĂŒchte ihrer Lenden. KreativitĂ€t wurde zugunsten nackten Überlebens hintangestellt. Seit 2007 schreibt sie. Gelesen hat sie leise und auch mal laut, vor Publikum, und auch im Theater. Zurzeit ist es ruhiger in ihr geworden. Sie schreibt trotzdem. Oder gerade deshalb.


Buchtipps Abstiegsgesellschaft In fĂŒnf Kapiteln beschreibt der 1975 in Unna geborene Ökonom und Soziologe ­O liver Nachtwey die historische Entwicklung von der Klassengesellschaft zum Sozialstaat sowie dessen Verwandlung in das, was er Abstiegsgesellschaft nennt. Die soziale Moderne, die fetten Jahre zwischen 1950 und 1973, in denen stetiges Wachstum einen »kollektiven Fahrstuhleffekt« (Ulrich Beck) ermöglichte, enden mit der ersten weltweiten Wirtschaftskrise Mitte der siebziger Jahre. Mit dem Ausbleiben von Wachstum wird die soziale von einer regressiven Moderne abgelöst, »ein Fortschritt, der den RĂŒckschritt in sich trĂ€gt«. Nachtweys Befund ist dĂŒster: »Unter der OberflĂ€che einer scheinbar stabilen Gesellschaft erodieren seit Langem die Pfeiler der sozialen Integration, mehren sich AbstĂŒrze und Abstiege.« Die Folge sei eine gesellschaftliche Polarisierung, die schließlich das demokratische Gemeinwesen an sich bedrohe. Einzig: »Was den Protesten bisher fehlt, ist eine Idee von einer gelingenden Zukunft.« Die kann auch Nachtwey nicht liefern. DafĂŒr eine kluge, differenzierte Bestandsaufnahme aus linker Perspektive. BP Oliver Nachtwey · Abstiegssgesellschaft. Über das Aufbegehren in der regressiven Moderne · Suhrkamp · 18 Euro

Was ist Populismus? Anzeige

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Populismus erscheint einerseits als fast epidemisch auftretende politische RealitĂ€t und andererseits als ĂŒberaus unscharfer Kampfbegriff. Der in Princeton lehrende Politologe Jan-Werner MĂŒller entwickelt in seinem Essay eine Theorie des Populismus als Anti-Pluralismus und damit eine so handhabbare wie normative Definition: Populismus sei eine ­»Politikvorstellung, laut der einem moralisch reinen, homogenen Volk stets unmoralische, korrupte und parasitĂ€re Eliten gegenĂŒberstehen.« Er folge einer Logik, nach der die Aussage »Wir sind das Volk!« moralisch statt empirisch argumentiere und meine: »Wir – und nur wir – reprĂ€sentieren das Volk.« Diese politiktheoretische PrĂ€zisierung schafft einerseits Klarheit. Im Verteidigungskampf der pluralistischen Demokratie schlĂ€gt sie Pflöcke ein. Andererseits erklĂ€rt sie nichts. Woher kommt die Wut, der neue Irrationalismus? Wie kommt es zur Wiederkehr eines Konstrukts wie des eines »wahren Volkswillens« von Erdogan bis AfD? MĂŒllers Verzicht darauf, sich mit der Krise des Politischen selbst zu beschĂ€ftigen, lĂ€sst so die Strategien gegen den weltweiten Aufstieg populistischer Konzepte blass bleiben. BP Jan-Werner MĂŒller · Was ist Populismus? Ein Essay · Suhrkamp · 15 Euro


Ausstellung

Bis hierher lief’s noch ganz gut

Fix und Foxi

Eine junge Frau mit libanesischem Hintergrund, die das Herkunftsland ihrer Eltern noch nie besucht hat, fĂ€ngt plötzlich an, die Schulkorridore mit Hisbollah-Flaggen zu bekritzeln. Der 18-jĂ€hrige Halbiraner, der sich lange mit Drogen betĂ€ubte, besucht nun die Koranschule und trainiert Kampfsport. Ulrike GĂŒnther hat ein TheaterstĂŒck fĂŒr Jugendliche ab 14 Jahren entwickelt, das sich speziell mit der Situation in sozialen Brennpunkten Hannovers auseinandersetzt. DafĂŒr hat sie Interviews mit Sozialarbeitern, Lehrern, Jugendlichen und Polizisten gefĂŒhrt. Sie untersucht, wie Armut, Chancenlosigkeit und das GefĂŒhl des Ausgeschlossenseins dazu fĂŒhren können, dass Jugendliche in ihrer verzweifelten IdentitĂ€tssuche beginnen, sich zu radikalisieren. 13., 15. und 18.11., 19.30 Uhr, Ballhof Zwei, Knochenhauerstraße 28, Hannover. Eintritt: 8 bis 22 Euro, mit HannoverAktiv-Pass 4,20 bis 6,20 Euro.

Die bis heute erfolgreichste deutsche Comic-Reihe »Fix & Foxi« startete im Oktober 1953. Die Ausstellung im Wilhelm Busch Museum bietet erstmals in Deutschland einen Einblick in das zeichnerische, gestalterische und unternehmerische Universum des Fix-und-FoxiErfinders Rolf Kauka. Die ausgewĂ€hlten Originalzeichnungen der Geschichten und die farbigen TitelentwĂŒrfe stammen von verschiedenen KĂŒnstlern wie Dorul van der Heide, Ludwig Fischer oder Walter Neugebauer. Zusammen mit Dokumenten und historischem Material lĂ€sst sich die Entwicklung des Comics rund um die beiden FĂŒchse verfolgen – von den AnfĂ€ngen bis zur heutigen Etablierung als Comic-Kultfiguren im Fernsehen. 12.11.2016 bis 26.3.2017, Dienstag bis Sonntag 11 bis 18 Uhr, Wilhelm Busch Museum, Georgengarten, Hannover. Eintritt: 6 Euro, ermĂ€ĂŸigt 4 Euro.

Kino No Land’s Song Seit der Islamischen Revolution von 1979 ist es Frauen im Iran verboten, öffentlich Solo zu singen – zumindest vor einem mĂ€nnlichen Publikum. Die junge Komponistin Sara Najafi widersetzt sich Zensur und Tabus und ist fest entschlossen, in ihrer Heimatstadt Teheran ein offizielles Konzert fĂŒr weibliche SolosĂ€ngerinnen zu organisieren. Regisseur Ayat Najafi begleitete sein Schwester zwei Jahre lang wĂ€hrend ihres Kampfes fĂŒr Gleichberechtigung und Freiheit. Entstanden ist dieser international beachtete, vielfach ausgezeichnete Dokumentarfilm. Am 30. November ist Regisseur Ayat Najafi zu Gast im KĂŒnstlerhaus. 27. und 30.11., 18 Uhr, Kino im KĂŒnstlerhaus, Sophienstraße 2, Hannover. Eintritt 6,50 Euro, ermĂ€ĂŸigt 4,50 Euro. Mit Hannover-Aktiv-Pass Eintritt frei.

Foto: Your Familiy Entertainment AG

Theater

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Kulturtipps

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Offene Ateliers in der List

Busy Girl – Barbie macht Karriere Die Barbiepuppe gehört seit 50 Jahren zu den meistverkauften Spielzeugen weltweit. Dabei ist sie auch umstritten: Ein Vorwurf lautet, dass Barbie sich weiblicher Rollenklischees bediene und so eine falsche Identifikationsfigur fĂŒr junge MĂ€dchen bilde. TatsĂ€chlich nahm die Barbiepuppe aber auch eine Rolle als Vorbild, Zeugin oder Vorreiterin ein. Sie wurde in immer neuen Berufsbildern auf den Markt gebracht, die zu ihrer Zeit oft nicht dem gĂ€ngigen gesellschaftlichen Frauenbild entsprachen – von der PalĂ€ontologin ĂŒber die Astronautin oder PrĂ€sidentin zur Lehrerin oder zum Rockstar. Die Ausstellung stellt die Entwicklung der Puppe von der deutschen »BILD«-Lilli zur Kultikone Barbie dar und verdeutlicht dabei auch die gesellschaftspolitischen Entwicklungen. 20.11. bis 17.4.2017, Montag, Mittwoch bis Sonntag 10.30 bis 16.30 Uhr, Bomann-Museum, Schloßplatz 7, Celle. Eintritt: 8 Euro, ab 15.30 Uhr 5 Euro, Familienkarte 12 Euro, ab 15.30 Uhr 8 Euro. Kinder und Jugendliche bis 14 Jahre sowie SchĂŒler Eintritt frei. Mittwochs Eintritt frei.

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Muss man hören: Hertzliches Hannover das Wohnungslosen-Magazin. Immer am 2. Montag im Monat, 17 Uhr. ... auf UKW 106.5 oder Kabel 102.5 und bei www.leinehertz.de

Kunstliebhaber können sich beim Atelierrundgang in der List die dort entstandenen Bilder, Skulpturen, Grafiken, Zeichnungen und Installationen direkt an­schauen und mit den KĂŒnstlerinnen und KĂŒnstlern persönlich ĂŒber ihre Arbeiten sprechen. Am Tag des »offenen Ate­liers« öffnen diesmal Franz Betz, Leiv Warren Donnan, Michaela Hanemann, Helene Janke, Guido Kratz, Francesco Lamazza, Johannes LĂŒhn, R. F. Myller, Janos Nadasdy, Wilfried Ohrenberg, Wiebke Otte, Dietlind Preiß, Michael Scheller, Eva Maria Stockmann und Holle Voss ihre TĂŒren. Wie im letzten Jahr gibt es auch wieder eine Gemeinschaftsausstellung im Studio FrĂźa Hagen; dort liegt auch eine BroschĂŒre mit Karte aus. 6.11., 11 bis 18 Uhr, Gemeinschaftsausstellung, Studio FrĂźa Hagen, Kollenrodt­ straße 10 A (HofgebĂ€ude), Hannover. Eintritt frei.

Kinder Schwerelos durch die LĂŒfte Das Geheimnis eines guten Papierfliegers liegt in der Falttechnik. Die wichtigsten Handgriffe und Kniffe können Kinder ab acht Jahren an diesem Sonntag unter Anleitung von Leopold und Yvonne Zein erlernen. Gemeinsam bauen die jungen Teilnehmerinnen und Teilnehmer verschiedene Modelle und lassen sie dann fliegen. Welches fliegt wohl am weitesten? Anmeldung unter 0511 –  89 73 34 66 oder -67 oder per E-Mail an info@kindermuseum-hannover.de. 20.11., 11.30 bis 13 Uhr, Kindermuseum Zinnober, Badenstedter Straße 48, Hannover. Eintritt: 5 Euro (inkl. Ausstellung). Mit Hannover-Aktiv-Pass Erwachsene 2,50 Euro, Kinder Eintritt frei.


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Musik 25 Jahre It’s M.E. AnlĂ€sslich ihres 25-jĂ€hrigen JubilĂ€ums laden die Urgesteine der hannoverschen Musikszene zu einem ganz besonderen Konzert mit jeder Menge Rock, Blues und Soul ein. Die beiden GrĂŒndungsmitglieder der Band It’s M.E. Martina Maschke (Gesang) und Ecki HĂŒdepohl (Keyboard und Gesang) sowie Schlagzeuger Werner Löhr verstĂ€rken sich extra fĂŒr diesen Abend mit Pitter Schwaar an der Gitarre und Kay Bremer am Bass. Gemeinsam stellen sie das JubilĂ€ums-Album »Roadmovie« vor und spielen einen Best-Of-Mix. Außerdem erwarten die Jubiliare diverse Ex-Mitglieder und Gastmusiker – darunter auch die beiden Gitarristen Ferdy Doernberg und Arndt Schulz. Den Auftakt macht Robby Ballhause an der Akustik­ gitarre. 25.11., 20 Uhr, LUX, Schwarzer BĂ€r 2, Hannover. Eintritt 17,70 Euro.

Ektomorf Die Band Ektomorf wurde 1993 von SĂ€nger und Gitarrist Farkas in einer kleinen ungarischen Stadt nahe der rumĂ€nischen Grenze gegrĂŒndet. Der Sinti-Hintergrund des Bandleaders sorgte dafĂŒr, dass sich Ektomorf von Beginn an mit Rassismus und Vorurteilen konfrontiert sah. Die Songtexte handeln von Diskriminierung, gesellschaftlichen Problemen, Schmerz und Hass, zeigen aber auch einen starken Willen, diese MissstĂ€nde zu ĂŒberwinden. Auf ihrer aktuellen »Aggressor«-Tour erhalten die Thrash-Metaller UnterstĂŒtzung von Hemlock und Hot Beaver. 6.11., 20 Uhr, Mephisto, Kulturzentrum Faust, Zur Bettfedernfabrik 3, Hannover. Eintritt: 20 Euro zzgl. GebĂŒhren (VVK), 25 Euro (AK). Mit Hannover-Aktiv-Pass (nur bei Ticketerwerb vor Ort im VVK) 10 Euro.

Literatur Förster, mein Förster Ein Mann kurz vor seinem fĂŒnfzigsten Geburtstag. Zwei Freunde, die sich seit vierzig Jahren kennen und streiten. Eine greise Saxophonspielerin mit Post aus der Vergangenheit, ein Hamster namens Edward Cullen und ein Trip ans Meer. Frank Goosens neuer Roman »Förster, mein Förster« ist ein tragikomisches LesevergnĂŒgen fĂŒr alle, die einfach mal weg wollen: Nach Iowa, ins Outback oder zumindest an die Ostsee. 23.11., 20 Uhr, Kulturzentrum Pavillon, Lister Meile 4, Hannover. Eintritt: 16,40 (VVK), 17 Euro (AK), ermĂ€ĂŸigt 14 Euro (AK). Mit HannoverAktiv-Pass (nur bei Ticketerwerb vor Ort) 8,20 Euro (VVK), 8,50 Euro (AK).

36 Am Lindener Berge 38 30449 Hannover Telefon 45 44 55 www.jazz-club.de

November 2016 Donnerstag, 3. November Jazz Club by Gartenheim prĂ€sentiert: ROSSANO SPORTIELLO & FRANK ROBERSCHEUTEN QUARTET Eintritt: 20 Euro, ermĂ€ĂŸigt 15 Euro Samstag, 5. November Die Gesellschaft der Freunde des Jazz prĂ€sentiert: ED MOTTA Eintritt: 20 Euro, ermĂ€ĂŸigt 15 Euro Mittwoch, 9. November ALLAN HARRIS & US BAND Downbeat Winner 2015 Eintritt: 20 Euro, ermĂ€ĂŸigt 15 Euro Samstag, 12. November Die Gesellschaft der Freunde des Jazz prĂ€sentiert: THE GIPSY TENORS feat. Rick Margitza, Gabor Bolla & Tony Lakatos Eintritt: 20 Euro, ermĂ€ĂŸigt 15 Euro Montag 21. und Dienstag 22. November Die Sparkasse Hannover prĂ€sentiert: AL DI MEOLA Eintritt: 30 Euro Mittwoch, 30. November Die Sparkasse Hannover prĂ€sentiert: RICHARD BONA MANDEKAN CUBANO Eintritt: 25 Euro

Konzertbeginn jeweils um 20.30 Uhr, Einlass ab 19.30 Uhr

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ihr engagement

Machen Sie mit! Impressum

Herausgeber: Prof. Dr. Heiko Geiling, Hanna Legatis, Rainer MĂŒller-Brandes

GrĂŒndungsherausgeber: Walter Lampe

GeschĂ€ftsfĂŒhrer: Reent Stade

Redaktion: Volker Macke (Leitung), Jeanette Kießling, Svea Kohl, Ulrich Matthias

Fotografin/Kolumnistin: Karin Powser

Freie Mitarbeit dieser Ausgabe: L. Gildehaus, I. Hoffinger, E. M. Menzel, O. Neumann, B. PĂŒtter, W. Stelljes, S. Szameitat, K. Zempel-Bley

Anzeigen: Heike Meyer

An jedem letzten Dienstag im Monat trifft sich die Runde der Ehren­­ amtlichen in den hannoverschen Asphalt-RedaktionsrĂ€umen. Da werden Veranstal­tungen organisiert, Info-StĂ€nde geplant und Ideen gesammelt, um die Arbeit von Asphalt engagiert zu unterstĂŒtzen. Besonders fĂŒr unsere Asphalt-VerkĂ€ufe­rin­nen und -VerkĂ€ufer ist es wichtig zu spĂŒren, dass viele Menschen hinter ihnen stehen – und ich freue mich, wenn Sie sich dieser lebendigen Runde anschließen möchten! Das nĂ€chste Treffen ist am Dienstag, 29. November 2016, um 17 Uhr. Rufen Sie mich einfach vorher an: 0511 – 30 12 69-26. Herzlichst, Ihr Reent Stade, Asphalt-GeschĂ€ftsfĂŒhrer

Verwaltung: Janne Birnstiel (Assistentin der GeschĂ€ftsfĂŒhrung), Heike Meyer

Vertrieb & Soziale Arbeit: Thomas Eichler (Leitung), Romana Bienert, Christian Ahring (Sozialarbeiter)

Asphalt gemeinnĂŒtzige Verlags- und Vertriebsgesellschaft mbH Hallerstraße 3 (HofgebĂ€ude) 30161 Hannover Telefon 0511 – 30 12 69-0 Fax 0511 – 30 12 69-15 Spendenkonto: Evangelische Bank eG IBAN: DE 35 5206 0410 0000 6022 30 BIC: GENODEF1EK1

Online: www.asphalt-magazin.de redaktion@asphalt-magazin.de vertrieb@asphalt-magazin.de herausgeber@asphalt-magazin.de Herstellung: eindruck, Hannover

Druck: v. Stern’sche Druckerei, LĂŒneburg

Druckauflage: Ø 25.000

Asphalt erscheint monatlich.

Redaktionsschluss dieser Ausgabe: 24. Oktober 2016

FĂŒr unaufgefordert eingesandte Manuskripte, Bilder und BĂŒcher ĂŒbernehmen wir keine GewĂ€hr. RĂŒcksendung nur, wenn Porto beigelegt wurde.

Asphalt dankt: U. + G. Mesch, B. + W. Heise, W. Riechers, R. + U. Birkwald, B. Goretzky, K. + C. Quisdorf, E. Sennert, S. + A. Schorsch, A. Hanken-Bonin, S. Hinrichs, H.-J. Reischel, B. Ermerling, F. Doelle, W. Roeschmann, H. Schulz, K. + K. Stemmwedel, W. Ruether, B. Nelk, G. Fluegge, E. Hedemann, K. Dieselhorst, E. Windolph, L. + E. Dunst, K. Kammann, G. + E. Mueller, A. Tsikas, U. Wegner, C. Pontone, I. Reps, M. Beuse, S. + G. Meyer, H. Pape, D. Grulke, E. Wiesner-Friedrichsen, G. Angerin, I. Dietsch, G. Mackensen, R. Uhlenhut, J. + E. May, U. Ahlborn, W. Nohrhoff, I. Pfaff, R. + H. Sebrecht, C. Koettgen, R. Paland, C. + A. Bergmann, S. Kelterborn, W. Heinecke, W. Leistner, A. Lachmann, G. Kindereit, D. Vatterott, D. Rodewig, C. Schattauer, D. Flockenhaus, F.-M. Kloas, V. Grahn-Waterstradt, I. Schwenke, E.  +  G. Stellpflug, G. Luebke-Beimdiek, J. Maehl, H. + H. Herbst-Kulf, W. Purrello, H. + C. Oltmanns, A. E. Goldmann, K. + W. Stock, H. Spiess, M. J. Graf v. d. Goltz, G. Sparringa, J. Ernst, U. + H. Gaep, W. Bamming, H. Lieske, H. Harms, T. Boemke, M. Mueller, H.-K. + M. Schoenhagen, G. Borkenhagen, H.-W. Goehlich, D. Thuermann, S. + Dr. C. Decker, E. Fischer, B. Hoffmann, H.-C. Meyer, K. Schur, B. Ritter, R. Baumgart, J. + U. Gappa, M. + G. Sonnenberg, H. + H. Rodiek, I. Mbow, H. + K. Schaeumer, S. Nemitz, H. Garbe, F. + I. Tegtmeyer, U. Laven, K. Keck, K. Walter, S. + C. Hermann, C. Hohfeld-Stoutjesdijk, G. Westphal, E. Mueser, K. Lange, B. Gerth, J. Lachmann, R. Behler, G. Niedermeier sowie allen anonymen Spendern und allen Asphalt-Patinnen und -Paten.

Gesellschafter:

H.I.o.B. e.V. Hannoversche Initiative obdachloser BĂŒrger

VerkÀuferausweise

Bitte kaufen Sie Asphalt nur bei Ver­kĂ€uferInnen mit gĂŒltigem Aus­weis! Zurzeit gĂŒltige Ausweisfarbe (Region Hannover): Rosa


Aus den nachfolgenden Silben sind 19 Wörter zu bilden, deren erste und vierte Buchstaben (Achtung: ck = 1 Buchstabe; Ă€ = ae; ĂŒ = ue) – jeweils von oben nach unten gelesen – ein Zitat von J. W. v. Goethe ergeben: aus – aus – be – be – cke – dech – di – dig – dung – ei – ein – ent – er – freu – ga – ge – gen – he – ibe – il – keit – klei – land – ler – licht – lig – me – mor – nah – ne – nen – neu – pla – rei – rei – rer – rin – schein – se – se – se – ßen – sin – son – sonn – tag – tes – trau – tritt – un

1. weglaufen 2. Oper von Lortzing 3. in jeder Jahreszeit möglich 4. Helligkeit am Beginn des Tages 5. Verlassen einer Gemeinschaft 6. kleines Reptil 7. GefĂŒhlszustand

Unter den Einsendern der richtigen Lösung verlosen wir dreimal das Sachbuch »Geplanter VerschleiĂŸÂ«. Christian Kreiß erklĂ€rt darin, wie die Industrie ihre Kunden zu immer mehr und immer schnellerem Konsum antreibt – und wie Sie sich dagegen wehren können. Drucker, Mobiltelefon oder Fernseher, bereits kurz nach Ablauf der Garantie sind viele GerĂ€te reif fĂŒr den MĂŒll. Kalkuliert sorgen Hersteller dafĂŒr, dass ihre Produkte frĂŒhzeitig kaputtgehen. Ökonom Kreiß erklĂ€rt, warum das gesamtwirtschaftlich eine völlig unsinnige Strategie ist. Ebenfalls dreimal haben wir das Grundkochbuch von Dr. Oetker fĂŒr Sie. Schritt fĂŒr Schritt geht es damit zu Kocherfolg und Genuss. In dem Standardwerk vereinen sich alle wirklich wichtigen Rezepte, auch Neulinge können direkt loslegen: von Bratkartoffeln ĂŒber Fisch im Bierteig bis hin zu Roter GrĂŒtze. Raffiniert zubereitet, kreativ gewĂŒrzt und liebevoll gerĂŒhrt. Viermal bewegen wir uns schon Richtung Jahresausklang und verlosen das Hörspiel »Der kleine Hase feiert Weihnachten« fĂŒr Kinder ab 3 Jahre. Der kleine Hase ist ganz aufgeregt: Weihnachten steht vor der TĂŒr, alles ist wunderbar verschneit. Ob er den roten Schlitten bekommt, den er sich gewĂŒnscht hat? In seinem Nikolausstrumpf ist er nicht, auch nicht unter dem Weihnachtsbaum. Aber was steht da draußen im Schnee? Die Lösung des Oktober-RĂ€tsels lautete: Wer das Tiefste gedacht, liebt das Lebendigste. Das SilbenrĂ€tsel schrieb fĂŒr Sie Ursula Gensch. Die Lösung (ggf. mit Angabe Ihres Wunschgewinnes) bitte an: Asphalt-Magazin, Hallerstraße 3 (HofgebĂ€ude), 30161 Hannover; Fax: 0511 – 30 12 69-15. E-Mail: gewinne@asphalt-magazin.de Einsendeschluss: 30. November 2016. Bitte vergessen Sie Ihre Absenderadresse nicht! Viel GlĂŒck!

8. besonderer Teil der Woche 9. Urbevölkerung Spaniens 10. zu Spenden bereit 11. Textilien 12. eine Menge vermindern 13. Nebenfluss der Donau 14. Kanton der Schweiz 15. Petition 16. unerforschtes Gebiet 17. Leiden nach einem Verlust 18. Prophetin 19. große MĂŒhe

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SilbenrÀtsel

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