2021 02 Asphalt

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2,20 EUR davon 1,10 EUR Verkäuferanteil

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WISCHMEYERS LEBEN LANDLEBEN

ÜBERLEBEN

WEITERLEBEN

Wie der Satiriker aus Melle zur Eierfeile kam.

Ein weiteres Pilotprojekt gegen Obdachlosigkeit.

365 Tage im Jahr Frauenhaus24 in Hannover.


Nachdem Hannover im vergangenen Jahr viel Kritik für den Umgang mit Obdachlosen einstecken musste, starten Stadt und Region nun einen »Plan B«. Eine Annäherung.

Notizblock

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Petition: Öffnet die Hotels!

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Briefe an uns

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Aus der Szene

23 Das muss mal gesagt werden 24 Aus dem Leben von Asphalt-Verkäufer Uwe

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Rund um Asphalt/Impressum

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Gut zu wissen

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Betrogen & Verlassen Wenn indische Ehemänner vor ihren Frauen mit der Mitgift nach Übersee fliehen, helfen engagierte Frauen, diesen Betrug zu ächten. Eine Geschichte von einer weit verbreiteten Sitte und dem Kampf dagegen.

33 Marktplatz 34 Buchtipps

14 Theater oder Bäckerei?

36 Kulturtipps

Dietmar Wischmeyer hat alle wichtigen Fernseh- und Comedy-Preise erhalten. Wir haben mit ihm über die heute-show, das abenteuerliche Landleben und die Systemrelevanz von Satire gesprochen.

38 Silbenrätsel 39 Brodowys Ausblick

Titelbild: Gaby Gerster/www.feinkorn.de

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Ist da Platz?

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Das Asphalt-Prinzip

19 24/7 Frauensolidarität

Ein Bett, was zu essen, Sicherheit. Und parteiliche, vertrauliche Gespräche für Perspektiven. Das ist das Frauenhaus 24. 365 Tage im Jahr, 24 Stunden pro Tag. Ein Besuch ein Jahr nach dem Start.

Asphalt-Verkäuferinnen und -Verkäufer sind Menschen mit brüchigen Biographien. Irgendwann sind sie in ihrem Leben durch schwere Schicksale, Krankheiten oder traumatische Erlebnisse aus der Bahn geworfen worden. Heute versuchen sie, durch den Verkauf des Asphalt-Magazins ihrem Leben wieder Struktur und Sinn zu verleihen. Viele sind oder waren wohnungslos, alle sind von Armut betroffen. Sie kaufen das Asphalt-Magazin für 1,10 Euro und verkaufen es für 2,20 Euro. Asphalt ist eine gemeinnützige Hilfe-zur-Selbsthilfe-Einrichtung und erhält keinerlei regelmäßige staatliche oder kirchliche Zuwendung. Spenden Sie bitte an: Asphalt gGmbH bei der Evangelische Bank eG, IBAN: DE35 5206 0410 0000 6022 30, BIC: GENODEF1EK1.


Asphalt wird wieder auf der Straße verkauft. Von denen, die wollen. Von denen, die es brauchen. Mit besten Masken, möglichst kontaktlos, im Freien. Das ist erlaubt. Weil soziale Arbeit und Stabilität mittels Integration nicht im Homeoffice funktionieren. Die Entscheidung in der Sache war für uns nicht leicht. Auf der einen Seite steht der wichtige Gesundheitsschutz vor einem Virus. Ihm gegenüber der andere Gesundheitsschutz, der vor drohenden oder wiederkehrenden Depressionen, vor Rückfällen in die Sucht, vor Suiziden einer Gruppe vulnerabler, gestrauchelter Menschen, die aber eisernen Willen zeigen, ihr Leben durch den Verkauf auf der Straße zu verbessern. Mit dem Kauf dieser Zeitung haben Sie, liebe Leserinnen und Leser, den dafür so wichtigen Respekt bereits gezollt. Asphalt ist ein Respektprojekt. Danke, dass Sie auch in diesen schweren Zeiten Teil davon sind. Asphalt selbst passt wie immer auf: Wir haben analysiert, was die neue Unterbringungsstrategie der Landeshauptstadt für obdachlose Menschen leisten könnte. Wir haben die Aktiven, die »an der Front« arbeiten, zu Straßensozialarbeit gefragt, zu Gewalt an Frauen, zu den kleinen Hilfen, die den Alltag in der Krise erleichtern. Für die Menschen, die nicht zuhause bleiben können, weil sie keins haben. Und weil uns Norddeutschen in der Krise manchmal nur noch unser ganz eigener Humor und Sarkasmus helfen können, haben wir mit dem herzlichen Misanthropen und Profi-Nörgler Dietmar Wischmeyer gesprochen (Sie wissen schon: heute-show, Frühstyxradio, Günther, der Treckerfahrer). Und deshalb haben wir ihn glatt bei uns auf den Titel gehoben. Ein bisschen ernst ist das Interview dann aber doch geworden. Geht ja nicht anders. In diesen Tagen.

Bleiben Sie gesund und uns gewogen

Volker Macke · Redaktionsleiter

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Liebe Leserinnen, liebe Leser,

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NOTIZBLOCK

Foto: V. Macke

Kirche für Suizidhilfe?

Schlittendemo for Future Hannover. Unter dem Motto #wisstihrnochwarum haben KlimaaktivistInnen im Zentrum von Hannover an die drängende Klimaschutzproblematik erinnert. Mit Schlitten zogen die rund 200 Aktiven der Bewegung Fridays for Future vom zentralen Kröpcke zum Rathaus. »Der fehlende Schnee steht stellvertretend für die weiter voranschreitende Klimaerwärmung, beispielsweise war der November 2020 der heißeste November seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Noch können wir weitere gravierendere Folgen, wie sie zum Beispiel bei den Waldbränden in Australien zu sehen sind, aufhalten. Doch dafür muss die Politik endlich handeln«, sagte Carola Lienenklaus (17), Organisatorin der Aktion. Auch im vergangenen Jahr seien weder auf kommunaler noch auf Landes- oder Bundesebene ausreichende Maßnahmen ergriffen worden, um den Klimawandel zu stoppen und die 1,5 Grad-Grenze nicht zu überschreiten, so die AktivistInnen. Am offensichtlichsten seien die immer heißeren Sommer und die Winter, in denen es nachweislich immer weniger Schnee gibt. Und so mahnten die Demonstrierenden: Die anstehenden Kommunal- und Bundestagswahlen seien »die letzten, um das Überschreiten von so genannten Kipppunkten zu verhindern«. Kipppunkte bezeichnen den Beginn einer nach Naturgesetzen nicht mehr aufhaltbaren Entwicklung bei Eisschmelze, Wüstenbildung, Meereserwärmung. 2021 müsse zum Klimagerechtigkeitsjahr werden, so die Demon­strantInnen. MAC

Hannover. Sollen kirchliche Einrichtungen professionell beim Suizid assistieren? Eine Gruppe um Diakonie-Deutschland-Präsident Ulrich Lilie und Landesbischof Ralf Meister forderte jüngst, kirchliche Einrichtungen dürften sich dem freiverantwortlichen Wunsch einer Person nicht verweigern, ihrem Leben mit ärztlicher Hilfe ein Ende zu setzen. Landesbischof Meister sagte, es gebe ein Recht auf ein selbstbestimmtes Sterben. Der Kirchenpräsident der Evangelisch-reformierten Kirche, Martin Heimbucher, bekräftigte gegenüber dem Deutschlandfunk eine ablehnende Haltung zum assistierten Suizid in kirchlichen Einrichtungen. In Hospizen stünden die Mitarbeitenden palliativ den Sterbenden begleitend zur Seite bis zum Ende. Er warnte vor einem Trend, der den assistierten Suizid als »einen normalen Vorgang« betrachtet. Der Vorstandssprecher der Diakonie Niedersachsen, Hans-Joachim Lenke, sieht ein ethisches Dilemma. Auf der einen Seite wolle die Diakonie alles tun, um auch schwerkranken Menschen ein lebenswertes Leben zu ermöglichen. Auf der anderen Seite kenne er aus seiner langjährigen Praxis als Seelsorger Situationen, »die so verzweifelt waren, dass Menschen die Beendigung ihres Leids wünschten«, berichtete der Theologe: »Das ist schwer zu tragen, für alle Beteiligten.« Die enormen Fortschritte in der Hospiz- und Palliativversorgung hätten hier deutlich für Entlastung gesorgt. »Aber es bleiben Situationen, in denen dieser Wunsch stehenund offenbleibt.« So stelle sich die Frage, bis wohin Helfen und Begleiten gehen dürften. Eine Pflicht zur Beihilfe beim Suizid kann es laut Lenke nicht geben. Ebenso wenig komme eine Vergütung dieser Leistung infrage. EPD

Nothilfe für Arme gefordert Hannover. Wohlfahrtsverbände fordern unisono mehr finanzielle Unterstützung armer Menschen in der Corona-Krise. Stadt und Land müssten dringend pragmatisch für kostenlose FFP2-Masken für Hartz-IV-EmpfängerInnen und Geringverdienende sorgen. Denn gerade diese Menschen seien auf die Nutzung von Bus und Bahn angewiesen. »Einrichtungen der Drogen- und Wohnungslosenhilfe, Beratungsstellen und Sammelunterkünfte für Geflüchtete sollten kostenlose Masken erhalten, um auch die Menschen zu erreichen, die sonst durchs Netz fallen würden«, forderte Birgit Eckhardt, Vorsitzende des Paritätischen Wohlfahrtsverbands Niedersachsen. Dringend seien auch Ausgleichszahlungen zur Deckung von Mehrkosten für Strom und Wärme, Hygieneartikel und Lebensmittel, weil tausende Familien aufgrund von Homeschooling, Kurzarbeit und Jobverlust viel mehr Zeit zu Hause verbringen. MAC


Polizei gegen Darknet

Hannover. Niedersachsen will Vorreiter bei der Wasserstoff-Technologie werden. Das Bundesland habe dafür als logistisches Herz Europas und der energiewirtschaftlichen In­frastruktur beste Voraussetzungen, sagte Umweltminister Olaf Lies (SPD). So verfüge das Land bereits jetzt über ein hohes Potenzial an regenerativen Energien aus Sonne und Wind für die Herstellung von grünem Wasserstoff. Das Volumen an erneuerbarem Strom werde in den nächsten Jahren durch den dringend notwendigen Ausbau der Offshore-Windenergie noch extrem wachsen. »Wir wollen den Aufbau einer grünen Wasserstoff-Wirtschaft im industriellen Maßstab vorantreiben«, bekräftigte der Minister. Die Wasserstoff-Technologie ist das Konzept einer Energiewirtschaft, die hauptsächlich oder ausschließlich Wasserstoff als Energieträger verwendet. Da er in der Natur praktisch nicht in freier Form vorhanden ist, muss er erst mit Hilfe anderer Energiequellen produziert werden. Künftig soll Wasserstoff aus erneuerbaren Energien gewonnen werden, wodurch die neue Technologie weitgehend emissionsfrei sein könnte. EPD

Oldenburg. Der wohl bislang weltweit größte illegale Marktplatz mit rund einer halben Million Usern und rund 2.400 Verkäufern im sogenannten Darknet ist nach einer von der Zentralen Kriminal­ inspektion Oldenburg geführten Operation zerschlagen worden. Der Betreiber der Plattform, ein 34-jähriger Mann aus Australien, wurde in Deutschland festgenommen. Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius sagte: »Der Erfolg bestärkt uns in unserem konsequenten Weg, den wir mit der Einrichtung von sogenannten Taskforces zur Bekämpfung von Cybercrime beschritten haben. Gerade im Darknet fühlen sich Kriminelle besonders sicher, da die digitalen Spuren ihrer Taten teils kaum nachzuverfolgen sind.« Auf der Plattform war dem Vernehmen nach mit Drogen, Falschgeld und Schadsoftware im Wert von rund 150 Millionen Euro gehandelt worden. MAC

ZAHLENSPIEGEL »PUNSCH UND CO«

In keinem anderen der alten Bundesländer ist die Zahl der Rauschtrinker so stark gestiegen wie in Niedersachsen. Daten der KKH zeigen: 2020 wurden 48 %

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wegen Abhängigkeit, eines akuten Rausches oder psychischer Alkoholprobleme behandelt als 2010. Damit liegt Niedersachsen über dem Durch-

schnittsplus von 37 %. Der größte Anstieg ist mit 68 % in Sachsen-Anhalt, das geringste Plus von 18 % in Hamburg. Insgesamt rund 1,3

Mio.

Menschen in Deutschland haben dokumentiert Alkoholprobleme. In Niedersachsen sind 136.000 betroffen. Die Dunkelziffer ist wohl höher, denn Krankenkassendaten erfassen nur ärztlich diagnostizierte Fälle.

Beratung sofort nach Beitritt! Jetzt Mitglied werden! Kompetente Hilfe bei allen Fragen zum Mietrecht. Herrenstraße 14 · 30159 Hannover Telefon: 0511–12106-0 Internet: www.dmb-hannover.de E-Mail: info@dmb-hannover.de Außenstellen: Nienburg, Soltau, Hoya, Celle, Neustadt, Springe und Obernkirchen.

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Land fördert Wasserstoff

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Öffnet die Hotels für Obdachlose! In großen wie kleinen Städten ist die Verelendung von Obdachlosen so sichtbar

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GEMEINSAME PETITION DER STRASSENZEITUNGEN

wie nie zuvor. Sie leben auf der Straße und sie sterben auf der Straße – in Corona-Zeiten mehr denn je. Wir alle werden aufgefordert, zu Hause zu bleiben und Kontakte zu vermeiden. Was ist mit denen, die kein Zuhause haben? Wie sollen sie sich vor der Infektionsgefahr schützen, wenn sie tagsüber auf Wärmestuben und nachts auf Sammelnotunterkünfte angewiesen sind? Obdachlose brauchen mehr Unterstützung als je zuvor. Essenausgabestellen, Tagesaufenthaltsstätten, Arztpraxen und viele Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe haben ihr Angebot reduziert. Das hat dazu geführt, dass der Akku vieler Wohnungslosen schon im Sommer leer war. Deutlich wird diese Not an den vielen verstorbenen Menschen auf der Straße. Die Obdachlosen brauchen Schutz. Das ist nur in Einzelunterbringungen möglich. Gleichzeitig sehnen sich viele Hotels nach Gästen. In den leerstehenden Zimmern können sofort Wohnungslose untergebracht werden. In Hamburg, Hannover oder London gibt es mit dieser Lösung bereits gute Erfahrungen. Gleichzeitig ist das bestmögliche Wirtschaftsförderung: Hotels verdienen ihr Geld mit echten Gästen, statt allein auf Nothilfen angewiesen zu sein. Wir fordern die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten dazu auf, in diesem Pandemie-Winter Obdachlose endlich sicher unterzubringen, in Einzelzimmern. Wir dürfen es nicht zulassen, dass noch mehr Menschen auf unseren Straßen sterben. Zudem braucht es dringend eine aufsuchende Sozialarbeit, die zu den Menschen auf der Straße geht. Homeoffice hilft hier nicht weiter!

Die deutschen Straßenzeitungen im International Network of Streetpapers Asphalt, BISS, bodo, Donaustrudl, draußen!, Draussenseiter, fiftyfifty, Hinz&Kunzt, Jerusalëmmer, KiPPE, Straßenkreuzer, Strohhalm, Trott-war Bitte unterstützen Sie mit ihrer Unterschrift unsere Petition auf https://www.change.org/oeffnet_die_hotels

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Foto: U. Matthias

IST DA PLATZ? Ist das der Befreiungsschlag? Nachdem Hannover im vergangenen Jahr viel Kritik für den Umgang mit Obdachlosen einstecken musste, starten Stadt und Region nun einen »Plan B«. Wird jetzt alles besser? Eine Annäherung. Es lief nicht gut für Hannovers Oberbürgermeister Belit Onay. Erst die Niederlage in der nationalen Bewerbungsrunde zur Kulturhauptstadt Europas und dann dies: »Wir haben Platz«, sagte Onay im Hinblick auf Flüchtlinge in griechischen Lagern. Doch statt wie üblich Beifall, hagelte es öffentliche Kritik, auch von jenen, die diese Aussage prinzipiell für richtig halten. Aber nicht zu dieser Zeit, nicht unmittelbar nachdem Obdachlose in Hannover pünktlich zum Beginn der kalten Jahreszeit von der Stadt auf die Straße gesetzt worden waren. Für diese Menschen war offenbar kein Platz mehr in Hannover, zumindest keiner mit einem Dach darüber. Die Erkenntnis, dass da etwas nicht zusammenpasste, einte fast alle politischen Lager und bescherte der Stadt eine verheerende Presse. Verständlich, dass man nun auf Schadensbegrenzung aus war, auch wenn das Rathaus versichert, das

Konzept langfristig vorbereitet zu haben. »Plan B – OK«, so der etwas selbstgefällige Name des neuen Projekts (wobei OK für Orientierungs- und Klärungsangebot für Wohnungslose steht), kommt als großer Wurf daher. Das neue Modellprojekt solle die Situation obdachloser Menschen in Hannover nachhaltig verbessern, sagt Belit Onay zur Eröffnung von Plan B - OK. »Es knüpft an die Erfahrungen an, die wir in der Zeit der Unterbringung in der Jugendherberge und ab Juli im Hotel Central und im Naturfreundehaus gemacht haben.«

Kein Platz mehr? Was war da Positives geschehen? Die außerplanmäßige Unterbringung obdachloser Menschen ab dem Frühjahr 2020 diente


 Damit startet Plan B – OK: Sieben Wohnungen mit je drei Einzelzimmern und Gemeinschaftsküchen und -bädern in Hannover Döhren. Andrea Hanke, Uwe Thomas Christensen, Ricarda und Udo Niedergerke

derartige Sammelunterkünfte, in denen Menschen mit mehrfachen Handycaps und Schwierigkeiten zusammengepfercht und von Sicherheitsdiensten überwacht werden, stellen kein Umfeld dar, in dem jemand stabilisiert werden und sich neu orientieren könnte. Tatsächlich gibt es viele obdachlose Menschen, die lieber auf der Straße übernachten, als in den Notunterkünften der Stadt Hannover. Die sind deshalb auch nur zu maximal 60 Prozent ausgelastet.

Wir schaffen Platz So klingt das »wir haben Platz« gleich noch viel zynischer. Zumal die Menschen, die auf der Straße leben müssen, während der Pandemie nur noch eingeschränkt versorgt werden können. Die sonst rappelvollen Tagestreffs dürfen derzeit meist nur jeweils weniger als eine Handvoll Besucher und Besucherinnen einlassen, die zudem nicht lange verweilen dürfen. Damit auch die nächsten wenigstens kurz reinschauen können. Richtig warm wird so kaum jemand, der die ganze Nacht unter freiem Himmel verbracht hat. Für Beratung, ärztliche Versorgung, Hygiene und Gespräche ist kaum Platz, zumindest bleibt alles unerträglich erschwert unter Corona-Bedingungen. Wo also ist der behauptete Platz? Nun ist die Unterbringung von Obdachlosen in Hannover nicht nur eine Platzfrage, sondern zuerst eine der Zuständigkeit. Und da steht Hannover unter den deutschen Großstädten ziemlich einzigartig da. Verantwortlich ist hier nämlich nicht der Fachbereich Soziales, was naheliegend wäre und andern-

Foto: Jelca Kollatsch

zunächst der Vorsorge in Pandemie-Zeiten. Um auch hier die Kontaktbeschränkungen einzuhalten, setzte man ausnahmsweise auf Einzel- statt Massenunterkünfte. Relativ geräuschlos verlief zunächst die Anmietung einiger leer stehender Hotelzimmer, die von der Region Hannover finanziert wurde. Erst mit der Bereitstellung der ebenfalls unbenutzten Jugendherberge erlangte die Unterbringung Obdachloser während der Pandemie größeres öffentliches Interesse. In beiden Fällen wurden die obdachlosen Menschen intensiv durch Sozialarbeitende betreut. In den Hotelzimmern durch die SeWo (Selbsthilfe für Wohnungslose), in der Jugendherberge unter der Trägerschaft von Diakonie und Caritas. Danach quartierte die Stadt die verbliebenen Personen in das Naturfreundehaus um. Jeweils für drei Monate, damit den Untergebrachten keine Ansprüche auf Dauernutzung erwuchsen. Dennoch, der Erfolg der Maßnahmen war verblüffend: von 100 betreuten Bewohnern konnten, dank der guten Wohnbegleitung durch die Träger wie Diakonie, Caritas und SeWo, tatsächlich 83 in Wohnungen, teils in Arbeit oder wenigstens weiterführende Hilfen vermittelt werden. Das kam nicht für alle überraschend. Der Erfolg stellte sich ein, weil die Menschen erstmals seit Wochen oder Monaten zur Ruhe kamen, auch mal eine Tür hinter sich schließen konnten, nicht von der täglichen Sorge um einen Schlafplatz, um ihre Gesundheit und ihre wenige Habe getrieben wurden, nicht von einer Essenausgabe zum nächsten Tagestreff laufen mussten. Weil diese Ruhe ihnen dann erst den Raum gab, sich Gedanken zu machen, wie sie ihre Lage ändern könnten und weil ihnen in diesem Moment Sozialarbeitende mit Rat und Tat zur Seite standen. So konnte es also gehen, wusste man jetzt. Doch anstatt auf den gemachten Erfahrungen aufzubauen, wurden die verbliebenen 17 Wohnungslosen pünktlich zum Herbstbeginn wieder auf die Straße gesetzt. Das fast zeitgleich erfolgende »wir haben Platz« von Belit Onay klang da vielen wie Hohn und sorgte in Hannovers Stadtgesellschaft für eine spürbare Erschütterung. Warum auch nahm man den Leuten das Dach überm Kopf, wenn doch Platz vorhanden war? Und nicht zuletzt hatte man ja nun gesehen, wie durchschlagend die Kombination von (Einzel-) Unterbringung und Sozialarbeit zum Erfolg führte. Wieso wurde ein erfolgreiches Projekt dann beendet? Schwer vorstellbar, dass die Stadt nun einfach wieder in den alten Trott zurückfallen könnte. Und doch sah es einige Zeit so aus. Selbst angebotene Gelder aus der Stadtgesellschaft zur Fortsetzung der Einzelunterbringung wie von der Niedergerke-Stiftung wurden nicht angenommen. Ein Nachfolgeprojekt war nicht in Sicht, stattdessen ließ das Bauamt verlauten, die Kapazitäten für die Unterbringung von Wohnungslosen seien ausreichend. Zumindest nach den geltenden Standards, und die sehen derzeit unter anderem Mehrbettzimmer vor. Doch

Versorgung von Obdachlosen in Hannover durch den Kältebus der Johanniter (Archivfoto aus der Vor-Corona-Zeit).

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sowie Belit Onay (v.l.n.r.) präsentieren das Objekt in der Cäcilienstraße.

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angebot für wohnungslose Menschen in der orts auch so gehandhabt wird, sondern das »Das geht in die gesamten Region Hannover geplant. Für die Baudezernat. Und dem sagt man schon seit richtige Richtung, Immobilien und den Betrieb plant die Stadt langem nach, dass es in der Bewältigung dieist aber noch nicht Hannover Kosten in Höhe von ca. 2,25 Milliser Aufgabe nicht gerade die größte Leidender große Wurf.« onen Euro für drei Jahre ein. Die Region Hanschaft zeigt. Verantwortlich für die sozialen nover finanziert die Betreuung und beteiligt Hilfen wie Unterstützung und Betreuung ist Reinhold Fahlbusch, Vorsitzender der StiDU, Omsich an den Unterbringungskosten. Rund jedoch das Sozialdezernat, wenngleich nur budsstelle für Wohnungslose 600.000 Euro werden dafür über den Projektals ausführende Behörde, da hier die überzeitraum veranschlagt. Als Träger fungiert geordnete Region als örtlicher Träger der Sozialhilfe den Hut aufhat. Das gibt es so nirgends. Natürlich das DRK. Und mit dabei sind nun auch die Niedergerke- und nicht, es reicht ja, dass ein Dezernat andere Prioritäten setzt, als die MUT-Stiftung. »Die Stadt fühlte sich gedrängt, unser Angedas andere und schon ist Stillstand erreicht. So wie nach dem bot anzunehmen, nachdem sie wegen des Umgangs mit den Obdachlosen im Herbst viel Kritik einstecken musste«, sagte Sommer in Hannover. Für viele Bürger war die Untätigkeit der Stadt unerträg- Udo Niedergerke. »Ein Sturm der Solidarität« sei daraufhin in lich. Unter dem Label »Wir schaffen Platz« haben sich deshalb der Stadtgesellschaft ausgebrochen. Innerhalb kurzer Zeit seivier Träger – Diakonie, Caritas, SeWo und AWO – zusammen- en über 160.000 Euro Spenden zusammengekommen. Auch der geschlossen und 30 Hotelzimmer angemietet, um das Er- kürzlich erfolgte Dezernentenwechsel habe wohl zum Umdenfolgskonzept aus dem Sommer fortzusetzen. Dort werden die ken beigetragen. Das Konzept trifft in der Wohnungslosenhilfe auf ein verWohnungslosen wieder einzeln untergebracht und von Sozialarbeitenden betreut. Finanziert wird das Projekt durch die Ri- haltenes Echo. »Das geht in die richtige Richtung, ist aber noch carda und Udo Niedergerke-Stiftung und die MUT-Stiftung von nicht der große Wurf«, bilanziert Reinhold Fahlbusch, VorsitMaria und Uwe Thomas Carstensen. Die Zimmer werden zum zender der Ombudsstelle StiDU – Stimme der Ungehörten. halben Preis angemietet, was ungefähr dem Selbstkostenpreis Ähnlich äußert sich Axel Fleischauer, der als Sozialarbeiter entspricht und waren binnen kürzester Zeit belegt, wie Axel bei der SeWo arbeitet: »Grundsätzlich ist die Grundintention richtig, jetzt auf Einzelunterbringung zu setzen. Auch der BeFleischauer von der SeWo berichtet. »Der Bedarf ist riesig.« Die Finanzierung steht für vier Monate. Fleischauer hofft, treuungsschlüssel zuzüglich Einzelfallhilfe ist gut. Ich verstehe über das Sozialamt und das Jobcenter Gelder für eine Fortfüh- aber nicht, warum das als Modellprojekt aufgezogen wird. Wir rung akquirieren zu können, der Erfolg ist jedoch fraglich. In machen das schließlich schon lange so und das mit guten Erder Politik scheint derzeit keine Bereitschaft zu bestehen, das fahrungen.« Als »hart« empfindet Fleischauer die Frist von 30 Projekt zu unterstützen. Dabei ist die Stadt selbst noch längst Tagen für Osteuropäer, ihren Status zu klären und fürchtet, dass nicht so weit, den zur Zeit rund 500 obdachlosen Menschen viele von ihnen wieder auf der Straße landen. Andrea Hanke, Sozialdezernentin der Region sieht in Plan B eine wirkliche Perspektive zu bieten. Auch nicht mit dem Plan – OK jedoch einen Ansatzpunkt, mit diesen Menschen ins GeB – OK, der jetzt präsentiert wurde. spräch zu kommen und den spezifischen Hilfebedarf zu klären. »Nicht alle wollen dieses Angebot annehmen«, sagt sie, muss alPlan B – doch nicht ok? lerdings auch eingestehen, dass der Bedarf vermutlich doch viel größer ist, als das gegenwärtige Angebot. Hanke verwies auf die Der ist nämlich nur für 70 Personen konzipiert, die wieder nur Auswertung des Modellprojekts in drei Jahren. Eventuell verstänbis zu drei Monate untergebracht und in dieser Zeit intensiv dige man sich im Erfolgsfall auf eine Ausweitung des Projekts. betreut werden sollen. Allerdings sucht die Landeshauptstadt nach eigenen Angaben derzeit noch nach einer geeigneten Hannover hat Platz Unterkunft. Als Zwischenlösung stehen seit 20. Januar dieses Jahres 21 Plätze in der Döhrener Cäcilienstraße zur Verfügung. Auch für Menschen mit einem ungeklärten Leistungs- oder Bis dahin kommt das Angebot nur jeweils 21 Wohnungslosen Aufenthaltsstatus – zumeist EU-Bürger aus Osteuropa – sind zugute. Hannovers Oberbürgermeister versteht Plan B – OK dort Plätze vorgesehen, die aber nur 30 Tage Zeit bekommen, denn auch als Zusatzangebot. »Wir wollten uns nach den poihren Status zu klären. Für Frauen wird ein abgetrennter Wohn- sitiven Erfahrungen aus dem Sommer auch qualitativ verbesbereich eingerichtet. sern«, sagt Belit Onay vor der Eröffnung des Projekts in Döhren. Plan B – OK kommt als Modellprojekt daher mit einer Lauf- Zusammen mit den vorhandenen Angeboten sei man nun auszeit von drei Jahren. Im Erfolgsfall sei die Umsetzung als Regel­ reichend gut aufgestellt. In der Wohnungslosenhilfe sieht man


straße in Hannover wurden in den Jahren 1921-1923 erbaut und dienten als Obdachlosenunterkünfte. Sie sind in städtischem Besitz und stehen

Foto: privat

seit eineinhalb Jahren leer.

Auch am Geveker Kamp in Hannover gibt es einen Sanierungsstau bei städtischen Häusern, die für die Unterbringung wohnungsloser Paare und Einzelpersonen vorgesehen sind.

das allerdings anders. »Das ist angesichts von rund 500 obdachlosen Menschen in Hannover keine wirkliche Perspektive. Und selbst die Aufstockung auf 70 Plätze soll ja erst in zwei Jahren erfolgen«, kritisiert Fleischauer. Und Fahlbusch erklärt: »Die Stadt ist rechtlich verpflichtet, jedem ungewollt wohnungslosen Menschen ein Dach über dem Kopf anzubieten, auch tagsüber. Da sind die Kapazitäten insgesamt viel zu gering.« Aber wo könnten sie hin, die Obdachlosen? Irgendwann wird ja auch die Corona-Pandemie vorbei sein und die Hotels

Ulrich Matthias

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Foto: privat

Die roten Häuser des Architekten Paul Wolf an der Schulenburger Land-

wieder für den Normalbetrieb öffnen. Und dann? Wo sollte die Stadt dann angesichts des ohnehin schon angespannten Wohnungsmarktes weitere Unterkünfte schaffen und das auch noch schnell und preiswert? Die Antwort könnte überraschend einfach ausfallen: aus dem eigenen Bestand. Anfang Dezember erregte eine Hausbesetzung in Hannover Aufsehen. Die Stadt stellte Strafantrag, die Häuser wurden umgehend geräumt. Das Ganze dauerte nur ein paar Stunden und man könnte jetzt einfach zur Tagesordnung übergehen, wenn nicht der Ort der Besetzung ein kurzes Innehalten verdient hätte. Die Besetzer hatten sich nicht einfach irgendein leer stehendes Haus, sondern die roten Häuser in Hainholz an der Schulenburger Landstraße ausgesucht. Ein denkmalgeschütztes Ensemble des Architekten Paul Wolf in städtischem Besitz. Dabei handelt es sich um Obdachlosenunterkünfte von Beginn an, seit ihrer Fertigstellung vor fast hundert Jahren. Allerdings sind die Häuser weitgehend unbewohnt, geräumt von der Stadt zu Sanierungszwecken, heißt es dort. Doch geschehen ist bislang nichts. Darauf wollten die Besetzer aufmerksam machen. Während die Stadt angeblich noch nach passenden Immobilien sucht, stehen ausgewiesene Obdachlosenunterkünfte leer. Seit eineinhalb Jahren. Da zeigt sich die Öffentlichkeit über den Umgang mit den Obdachlosen entsetzt, schlagen die Hilfsorganisationen Alarm und fordert die Politik von der Stadtverwaltung Lösungsvorschläge gegen die Obdachlosigkeit, und die Stadt sitzt gleichzeitig auf leer stehenden Immobilien. Die Stadt sieht hier offenbar keinen Handlungsdruck: »Die Stadt Hannover plant weiterhin die Häuser an der Schulenburger Landstraße 167-225 zur Unterbringung obdachloser Familien zu nutzen. Aufgrund der baulichen Mängel und der Schadensbilder an den Gebäuden ist eine Gesamtsanierung notwendig«, so Stadtsprecherin Michaela Steigerwald« Ausschreibung und Planung seien sehr aufwändig und eine Zwischennutzung vor Fertigstellung der Sanierung nicht möglich, da die Häuser zu einem großen Teil nicht bewohnbar seien. Für Fahlbusch eine nicht nachvollziehbare Ausrede. Es komme schließlich nicht darauf an, Wunderwerke der Architektur zu schaffen, »sondern angemessenen Wohnraum bereitzustellen«. Zudem seien die roten Häuser nicht die einzigen freien Liegenschaften der Stadt. Fahlbusch zählt hier die Immobilien in der Kleefelder Straße und im Geveker Kamp als mögliche Standorte für die Unterbringung von Obdachlosen auf. Die Ratsfraktionen sollten von der Verwaltung eine Liste leer stehender Immobilien in städtischem Besitz verlangen, fordert StiDU. Platz ist also da in Hannover, jedenfalls mehr, als man denkt. Dennoch wird man auf den wirklich großen Wurf in der Landeshauptstadt wohl noch länger warten müssen.

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BRIEFE AN UNS

2,20 EUR davon 1,10 EUR Verkäuferanteil

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Zu Asphalt 12/20 »Was wirklich wichtig ist«

Belastbarkeit von Menschen unterschiedlich

FROHE WEIHNACHTEN AUF DER STRASSE

DURCH DIE KRISE

IM VERBORGENEN

Margot Käßmann wird zu Recht als engagierte Person des öffentlichen Lebens wahrgenommen und geschätzt. In ihrem Asphalt-Interview vom Dezember 2020 sind wichtige Kerngedanken jedoch so allgemein abgefasst worden, dass man ihnen in der geäußerten Form nur zustimmen kann. Wer würde beispielsweise ernsthaft widersprechen, wenn sie/er liest, dass das Leben gefährlich ist, dass der Mensch aber sehr viel aushalten könne, weil er belastbar ist? Den Menschen als feststehende, unwandelbare Größe gibt es nicht. Wichtig ist vielmehr die Erkenntnis, dass die Belastbarkeit von Menschen sehr unterschiedlich ist. Es gibt viele Menschen – und davon lesen wir immer wieder in »Asphalt« –, die viel mehr aushalten und verkraften müssen als andere. Diese Menschen in ihrer Besonderheit zu erkennen und sich ihnen helfend zuzuwenden, ist ein Gebot der Stunde. So wie es die Wanderer machten, die dem Obdachlosen in der Eilenriede Kaffee, Brötchen und etwas Geld brachten. Das ist ein sehr gutes, anschauliches Beispiel für gelebte Nächstenliebe im urchristlichen Sinne. In die gleiche Richtung weisen die Worte von Stefan Birkner, wenn er schreibt, er ginge gern auf die Asphalt-Verkäufer zu, um mit ihnen zu sprechen, ihre Geschichten zu erfahren und von ihren Sorgen und Nöten zu hören. Das ist es also, »was wirklich wichtig ist«. Hans-Georg Wendland, Hannover Neue Hilfen für junge Menschen unter 25 Jahren.

Mehr Achtsamkeit nach Corona hofft Margot Käßmann.

Alte christliche Traditionen überdauern in Japan.

Kritisch und ohne Polemik Ich war schon Käßmann-Fan, bevor ich das Interview in der Asphalt 12/20 gelesen habe. Vielen Dank für diesen Beitrag! Sie sagt so kluge und besonnene Dinge, die durchaus kritisch sind und ist dabei frei von Polemik. Das ist derzeit wirklich selten. Bianca Diener, Hannover

Zu Asphalt 12/20 »Meine Worte«

Sehr bemerkenswert Ich kaufe jeden Monat Asphalt bei meiner Verkäuferin und lese beinahe jeden Artikel. Heute möchte ich besonders die Gedichte, die die Teilnehmenden in der Schreibwerkstatt in der Dezemberausgabe veröffentlicht haben, hervorheben. Ich finde alle sehr bemerkenswert, einfach toll. Bitte leiten Sie mein Lob weiter. Ich freue mich schon auf die nächste Ausgabe. Karin Dronsch, Hannover

Zu Lockdown für Asphalt

Wunderbar Wir kaufen schon viele Jahre das Asphalt-Magazin bei dem Verkäufer in Leer. Leider haben wir diese Möglichkeit seit Corona nicht mehr. Wir haben jetzt das Magazin »Asphalt im Nordwesten« abonniert und freuen uns immer wieder auf die Post von euch. Es ist ein wunderbares Magazin. Vielen Dank dafür und für euer Engagement. Edith und Hermann Karbe, Grossefehn

Unbegründet Dieser Lockdown ist unbegründet. Die Asphalt-Zeitung ist auch und umso mehr lebensnotwendig, weil deren Verkauf für eine Anzahl Menschen eine Stabilisierung und ein »finanzielles Standbein« bedeutet. Ich habe bisher alle Verkäuferinnen und Verkäufer hier in Nienburg/Weser als sehr korrekt und höflich im Umgang mit mir als Stammkundin erlebt. Ich freue mich sehr auf den Tag, an dem die hier aktive Verkäuferin mir diese Zeitungen und das Wechselgeld wieder direkt in eine meiner Hände geben darf, statt beides auf der Mauer ablegen zu müssen, an der sie hier in Nienburg steht. Es gibt außer der Asphalt-Zeitung und anderen Straßenzeitungen keine Medien, die von Obdachlosigkeit betroffenen Menschen eine Stimme geben. Martina Gast, Nienburg


2,20 EUR davon 1,10 EUR Verkäuferanteil

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MIT BETEILIGUNG

OHNE ANGST

GEGEN ÜBERFLUSS

Bauen auf Industriebrachen: Anwohner fordern Mitsprache

Rechtsextremismus: MP Weil bezieht Position

Weniger ist mehr: Anne Weiss über Minimalismus

2,20 EUR davon 1,10 EUR Verkäuferanteil

Zum Weiterdenken

Nachdem ich den Leserbrief von Herrn Bracht in Asphalt 12/20 FABRIKEN ZU WOHNRAUM gelesen habe, konstatiere ich im Gegenteil, dass ich den Artikel sehr gut finde, da er sich sehr kritisch mit den Folgen der Corona-Maßnahmen auseinandersetzt. Er ist für Menschen zum Weiterdenken gedacht. Genau das finden wir in den meisten Pressestimmen nicht mehr! Corona ist da; die Frage ist, wie wir damit umgehen, und genau das wird in dem Artikel besprochen. Die meiste Nahrung, die es in den Supermärkten gibt, ist nicht dazu geeignet, den Körper zu stärken. Hier müsste es schon lange politische Maßnahmen geben, so verstehe ich Herrn Piquardt. Solidarität ist ein ausgesprochen missbrauchtes Wort. Das gilt spätestens an der Landesgrenze und bei Armen oder gar Obdachlosen nicht mehr. Maske aufsetzen und Angst zu schüren hat mit Solidarität nichts zu tun, wenn sonst nichts Gutes dabei herauskommt! Ich finde die Art, wie die Artikel in Asphalt geschrieben und gebracht werden und gerade so ein kritischer, sehr gut. Judith Gerdes, Kassel

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Zu Asphalt 01/21 »Große Familie«

Zu Asphalt 10/20 »Heilnahrung«

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Problemverschiebung

Wenn die es schaffen, die Menschen, die sich jetzt am WeißePLASTIKWELT kreuzplatz treffen, zu vertreiben, verlagert sich das Problem doch nur und konzentriert sich an den neuen Punkten noch mehr. Ist doch im Artikel auch gut beschrieben, dass es am Weißekreuzplatz jetzt unter anderem deswegen als problematischer empfunden wird, weil eben andere Treffpunkte anderer Gruppen ersatzlos weggefallen sind. Saskia Solter, Isernhagen DRECKIGER GLOBUS

SCHWACHES PROJEKT

FRECHER SCHNACK

Die andere Pandemie: Plastikmüll erstickt die Welt.

Der Plan B: Ein neues Konzept gegen Obdachlosigkeit.

55 ist kein Alter: Ina Müller über Dichtung und Wahrheit.

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Vielen Dank für Ihre Meinung! Die Redaktion behält sich vor, Briefe zur Veröffentlichung zu kürzen. Bitte vergessen Sie nicht, Ihre Absenderadresse anzugeben. Leserbriefe an: redaktion@asphalt-magazin.de oder postalisch: AsphaltMagazin, Hallerstraße 3 (Hofgebäude), 30161 Hannover. Zuletzt: Briefe, die Diffamierungen, Drohungen o.ä. enthalten, drucken wir nicht ab. Diese Qualitätskontrolle können wir uns im Print noch leisten.

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Foto: Gaby Gerster/www.feinkorn.de

THEATER ODER BÄCKEREI? Dietmar Wischmeyer hat alle wichtigen Fernseh- und Comedy-Preise bekommen. Nun beschreibt der Autor, Kolumnist und Satiriker in einem Buch das ganze Leben eines Niedersachsen, von der Wiege bis zur Bahre. Wir haben mit ihm über die heute-show, das abenteuerliche Landleben und die Systemrelevanz von Satire gesprochen. Herr Wischmeyer, Ihr neues Buch »Günther, aufgewachsen unter Niedersachsen« gewährt einen humorvollen Einblick in die Sprache, Kultur und Mentalität der Niedersachsen. Soll der Leser sich darin wiedererkennen?

Beim Lesen entsteht der Eindruck: Niedersachsen ist so komisch, dass dem Autor Wischmeyer immer wieder etwas Lustiges dazu einfällt. Neigen die Niedersachsen eigentlich selbst zur Komik?

Es ist ein Heimatbuch, aber auch der Blick eines Ethnologen in eine fremde Welt. Ein Freund von mir hat es seinen Kunden geschenkt, damit die mal sehen, wie er auf dem Land so aufgewachsen ist. Es war nicht beabsichtigt, aber man lernt aus dem Buch auch etwas über Niedersachsen.

Der Rheinländer macht Witze, wir haben Humor. Das ist der Unterschied. Ob man drei Tage im Jahr sich scheckiglacht und gegenseitig eine Pappnase aufsetzt – oder ob man das ganze Leben lustig findet. Es gibt eine Menge selbstironische Leute hier. Ich habe viele Verwandte, die mit dem Medienbetrieb nichts zu


Auf heutigem niedersächsischem Gebiet lagen einst die Länder Braunschweig, Schaumburg und Oldenburg ... Niedersachsen selbst ist eine Erfindung aus dem 19. Jahrhundert, um sich gegen die Besetzung durch Preußen identitätsmäßig zu wehren. Der niedersächsische Heimatbund zum Beispiel ist lange vor der Gründung des Bundeslandes entstanden. Das Schöne ist: Man kann sich als Niedersachse fühlen und trotzdem Ostfriese oder Braunschweiger bleiben.

Sie selbst sind in Oberholsten am Wiesengebirge aufgewachsen. Ein Kind der Provinz? Ja. Oberholsten hat 250 Einwohner und ist voller Superlative. Es hat zum Beispiel zwei Sternwarten, was selbst für eine Großstadt viel wäre. Aber es ist dort schon sehr – vorsichtig formuliert – »ländlich«.

Hat Ihre Großmutter Ihnen auch immer ein »wabbeliges Stück Schweine-Bauchfett« warmgemacht und an »Pferdebohnen und Stoppelrüben« serviert?

Foto: picture alliance

Nee, meine Großmütter waren beide schon tot, als ich auf die Welt kam. Aber ich bin ja in Oberholsten auf die Grundschule gegangen. Die Großmutter eines Freundes war der Chef de Cuisine, die hat all sowas gekocht. Die dörfliche Ernährung war autark. Grünkohl und Pinkel waren noch feste Nahrung, zwischendurch gab es aber jegliche Form von Schleim- und Specksuppen oder Steckrüben mit Schweinefüßen. Brot wurde selber gebacken. Es galt als Ausweis von Lebensqualität, dass man außer Salz und Maggi nichts kaufen musste. Wir haben selber Schweine und Hühner geschlachtet und Getreide angebaut, das wir dann zum Bäcker gebracht haben. Mein Vater hat sich in den 1960er und 1970er Jahren beim Schneider alle

zwei Jahre einen Anzug anmessen lassen und den mit Getreide bezahlt. Er und der Schuster haben sich gegenseitig die Haare geschnitten. Wir waren grün, nachhaltig und öko avant la lettre.

Ein Kapitel ist den »Blagenjahren« gewidmet. Wie haben Sie persönlich die Zeit bis zu Ihrer Entjungferung überbrückt? Meine Kindheit ist nicht zu vergleichen mit dem heutigen Dasein unter der Knute der Helikoptereltern. Man hat sich damals einen Scheiß für die Kinder interessiert; wir konnten im Grunde machen, was wir wollten. Natürlich gab es manchmal auch welche an den Hals. Aber ob wir die Schularbeiten erledigt hatten oder nicht, interessierte meine Eltern nicht. Der große Einschnitt der Blagenjahre war der Übergang zur weiterführenden Schule in der Kreisstadt.

War das dann eine ganz andere Welt? Ja. Da kamen natürlich aus den anderen Reservaten ähnlich absurde Existenzen wie ich hin, insofern hatte man Ansprechpartner. Aber man war ein Exot. In unserem Dorf standen zwei oder drei Neubauten. Diese Häuser hatten außen keine Türklinke. Das war mir völlig neu. Bei uns zuhause gingen die Fremden ja ein und aus. Da musste man nicht klingeln oder fragen, man ging einfach rein und schrie »Moin!«. Wenn sich keiner meldete, bediente man sich einstweilen am Korn.

Woher stammen Begriffe wie eine »richtig schnelle Eierfeile«? Das ist direkt aus der Jugendsprache der 1970er Jahre übernommen.

Haben Sie sich mit 16 auf dem Dorf eine »richtig schnelle Eierfeile« gekauft, damit Sie nicht mehr trampen mussten, wenn Sie »hackebreit ausser Disse nach Hause« fuhren? Seit meinem zwölften Lebensjahr bin ich Moped oder Motorrad gefahren. Das machten alle so. In den Scheunen der Bauern standen meist noch Nachkriegsmotorräder, die sie selber

Dietmar Wischmeyer … wurde 1957 in Melle bei Osnabrück geboren. Seine Comedyserie »Der Kleine Tierfreund« sowie das sonntägliche »Frühstyxradio« liefen 13 Jahre wöchentlich bei verschiedenen Sendern in Niedersachsen und Berlin. Wischmeyer hat bisher rund drei Dutzend Tonträger, 30 Bücher und mehrere Theaterstücke veröffentlicht. Er ging nacheinander mit Oliver Kalkofe und Oliver Welke auf Tournee und trägt seit acht Jahren regelmäßig zur Satiresendung »heute-show« im ZDF bei. Etwa mit »History ohne Prof. Dr. Guido Knopp« oder »Wischmeyers Logbuch der Bekloppten und Bescheuerten« sowie den »Wischmeyer Tapes« für den Online-Auftritt der Sendung. Nach dem Deutschen Comedy-Preis (2012) wurde er dafür 2014 und 2020 mit dem Deutschen Fernsehpreis ausgezeichnet. Dietmar Wischmeyer ist verheiratet und lebt in Niederwöhren bei Hannover. ON

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tun haben und zum Beispiel Bauern sind. Die nehmen nicht alles ernst von dem, was sie den ganzen Tag so machen. Ich kenne ein bisschen die Franken, weil mein Bruder da wohnt. Die sind viel ernster. Aber der Kölner ist schon ein lebenslustiger Mensch, sonst hält man es da ja gar nicht aus. Er ist mir lieber als der Hamburger, der sich in allem hoch lobt, was er so tut.

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Foto: picture alliance/Eventpress Hoensch | Eventpress Hoensch

Wischmeyer und Welke auf der Bühne. Seit acht Jahren ist Wischmeyer bei der heute-show zu Gast.

nicht mehr fuhren. Die 98er Miele Baujahr 38 haben wir uns wieder flott gemacht und die Schutzbleche abgesägt, damit sie mehr nach Easy Rider aussah. Die nächste nennenswerte Ansiedlung, wo auch mal was los war, war das zehn Kilometer entfernte Bad Essen. Da kam man nur mit dem Motorrad hin. Mein jüngerer Bruder hatte schon ein Mofa und damit seinen Bekanntenkreis dramatisch ausgeweitet. Meine Schulfreunde habe ich nachmittags nur zweimal im Jahr gesehen, wenn sie oder ich Geburtstag hatten. Im Emsland ging es aber noch ganz anders ab.

Wenn Sie außerhalb von Niedersachsen leben müssten, wo würden Sie es am ehesten aushalten? Das wäre ganz schlimm. Namibia finde ich schön. Aber Nordrhein-Westfalen ist mir viel zu dicht besiedelt, auch wenn ich die Leute sympathisch finde. Mit der bayerischen Mentalität käme ich vielleicht zurecht. Aber es hat eigentlich gar keinen Sinn, dass ich wegziehe. Ich kenne viel zu viele Leute hier. Das wäre ja die komplette Entwurzelung.

Das Schönste an Niedersachsen, heißt es im Buch, sei die Menge am Rohstoff unmalerischer Gegend. Ein Riesenstandortvorteil, weil man das öde Land bebauen könne, ohne dass jemand muckt. Wirkt sich diese Gegend auf die Mentalität der Menschen aus? Ja, das ist das Spröde am Niedersachsen. Sie wirkt sich sogar auf die Infektionszahlen aus. Im Norden befummeln sich die Leute nicht dauernd. Zwei Niedersachsen auf Armlänge, das geht schon in Richtung Sex. Bei uns im Dorf gab es zwei Bauern, die

nebeneinander liegende Äcker hatten, auf denen sie sich zueinander pflügten. Die Angst, dass der Nachbar von deinem Acker ein Stück Mutterboden abzieht und so langsam auf deine Seite rüberrakt, sorgte für Konflikte. Als diese beiden Bauern nach vielen Stunden auf zwei Metern Abstand waren, stiegen sie von ihren Treckern und schlugen sich gegenseitig Gummistiefel in die Fresse. Allein deshalb ist die größte niedersächsische Leistung die Streusiedlung.

Wie wichtig ist der Dialekt oder Sprache für die niedersächsische Identität? Beide haben nicht diesen Identifikationsrahmen wie in Schwaben oder Baden, wo ja selbst in den Daimler-Benz-Chefetagen Dialekt gesprochen wird. Hier war die niederdeutsche Verkehrssprache mit der Hanse vorbei. Ich bin noch mit Niederdeutsch als erste Sprache aufgewachsen, aber man kann sie nicht reaktivieren. Es ist schon schwer genug, das Hochdeutsche zu retten.

Eine Lebensweisheit aus Niedersachsen lautet: »Seg wat woar ist, drink wat kloar is, hierate wat dor is«. Das ist eine typische Haltung. Unser Nachbar zum Beispiel war seit 50 Jahren verheiratet. Er sagt, es ist halt passiert. Was willste da jammern. Ist nicht so wichtig.

Wenn sich alle an diese Lebensweisheit halten würden, dürfte es in Niedersachsen eigentlich keine Corona-Leugner geben ... Das stimmt, aber es gibt hier auch viele Zugereiste. In Niedersachsen wohnen nicht nur Menschen, die in Gummistiefeln geboren wurden. Es hat nach dem Krieg die meisten Vertriebenen und in jüngster Zeit auch sehr viele Flüchtlinge aufgenommen. Die hohe Geburtenrate im Landkreis Cloppenburg liegt an den tief gläubigen Russlanddeutschen aus den 1980er Jahren. Die verstehen gar kein Plattdeutsch oder Saterfriesisch, das rund um Friesoythe gesprochen wird. Das kann man alles auch nebenbei aus meinem Buch lernen.

Wie hat sich aufgrund von Corona Ihre Arbeit für die heute-show verändert? Die Beiträge schreibe ich nach wie vor zuhause, wobei sich das Thema aus aktuellem Anlass bis Donnerstagnachmittag noch ändern kann. Freitagmorgens fahre ich dann nach Köln, wo rigide Corona-Regeln herrschen. Maske überall und ständig, außer vor der Kamera. Desinfizieren und nur drei Leute pro Raum. Gottseidank gab es bisher noch keinen Corona-Infekt. Die Leute von der heute-show haben sich sehr schnell daran gewöhnt, dass das Publikum außen vor ist. Zuerst fanden sie es doof, ins Leere hineinzuwitzeln. Mittlerweile finden es aber alle eher gut, weil es vieles einfacher macht.


Nein, nicht im engeren Sinn. Systemrelevant ist etwas zu Essen, ein Dach über dem Kopf, Gesundheit, frisches Wasser und auch sich als jemand zu fühlen, der nicht völlig überflüssig ist. Die Kultur ist im weiteren Sinne auch systemrelevant, aber jedes eigene Stadttheater sicherlich nicht. Und jeder von den gefühlt 30.000 Comedians ist auch nicht systemrelevant. Wenn ich zum Beispiel nichts mehr schreibe und nicht mehr auftrete, interessiert das über den Fankreis hinaus keine Sau. Satire ist ein Stück Lebensqualität. In ihr die schönste Nebensache der Welt zu sehen, ist eine souveränere Haltung, als sich selbst mit Brot und Wasser gleichzustellen. Wenn es hart auf hart geht, würde wohl jeder eher ein Theater schließen als eine Bäckerei.

Was macht man den ganzen langen Tag, wenn man auf Geheiß der Bundesregierung sich selbst wegsperren soll? Viele Künstler sind davon betroffen, gar keine Frage, ich aber nicht so sehr. Bei mir sind zweieinhalb Tourneen verlegt worden, ein riesiger Verdienstausfall. Ich versuche, Streamings zu vermeiden, denn das macht den Markt kaputt. Ich zitiere Olli Welke: »Was früher Geld war, sind heute Clicks«. Die Situation ist durch Corona schlimmer geworden, weil Künstler jetzt umsonst im Netz auftreten. Ich arbeite zum Glück ja noch fürs Radio und Fernsehen und schreibe Bücher. Ich habe mich seit Corona nicht wahnsinnig gelangweilt, ich war nur häufig zuhause. So spannend ist das Tourneeleben nun auch wieder nicht. Man macht jeden Tag quasi dasselbe und starrt in Back­ stage-Räumen die Brötchen an. Die Techniker und Veranstalter sind davon viel mehr betroffen.

Was könnten zum Nichtstun verdammte Künstler in der Lockdown-Zeit Sinnvolles tun? Wenn man den Künstlern wirklich helfen wollte, jenseits von so genannten Novemberhilfen, sollte man ihnen vielleicht eine

Beschäftigung geben. Warum vermittelt das Jobcenter nicht darstellende Künstler? Sie könnten zum Beispiel Schülern beim digitalen Lernen helfen. Das könnten die besser als viele Lehrer. Warum stehen nicht Leute vor Altersheimen und führen Corona-Tests durch, damit die Bewohner Besucher empfangen können? Aber jeder will das behalten, was er ist. Über die USA wird viel gelästert, aber dort nimmt man niemandem übel, wenn er mal etwas anderes arbeitet zwischenzeitlich. Hier hat jeder Angst, dass er aus seinem Beruf raus ist, wenn er einmal seine Position aufgibt. Diese Unflexibilität rächt sich in Zeiten wie diesen.

Sie haben für 2021 und 2022 drei verschiedene Tourneen angekündigt. Befürchten Sie, dass vorerst nur noch Menschen, die eine Corona-Impfung nachweisen können, auf Veranstaltungen gehen dürfen? Das kann man nicht machen. Viele Leute werden sich ja nicht aus Gegnertum nicht impfen lassen, sondern weil sie noch nicht in der entsprechenden Impfgruppe sind. Wir haben eher das Problem, dass wir für manche Termine 500 Tickets verkauft haben, jetzt aber nur noch 250 Leute reinlassen dürfen. Wen lässt man rein, wem erstattet man das Geld zurück?

Vielen Dank für das Gespräch. Interview: Olaf Neumann

Wischmeyers Zeltmission 2021 15.08.2021 Rantum/Sylt - Meerkabarett 27.08.2021 Steinhude - Festzelt an den Strandterrassen 28.08.2021 Steinhude - Festzelt an den Strandterrassen 29.08.2021 Steinhude - Festzelt an den Strandterrassen 02.09.2021 Bad Zwischenahn - Park der Gärten 10.09.2021 Bramsche-Epe - Festzelt

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Ist Satire systemrelevant?

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Foto: Frauenhaus 24

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24/7 FRAUENSOLIDARITÄT Ein Bett, was zu essen, Sicherheit. Und parteiliche, vertrauliche Gespräche für Perspektiven. Das ist das Frauenhaus 24. 365 Tage im Jahr, 24 Stunden pro Tag. Ein Besuch ein Jahr nach dem Start. Häusliche Gewalt an Frauen hat viele Formen: Und die Zahlen steigen – auch in Hannover. Nach Angaben der Landeshauptstadt waren es 2015 noch 2.741 offiziell gemeldete Fälle, im Jahr 2019 schon 3.067 – aus dem Umland der Region Hannover kamen nochmal 1.643 registrierte Fälle obendrauf. Viele der betroffenen Frauen brauchen und suchen Schutz in Frauenhäusern. Hannover hat drei solcher Einrichtungen in Stadt

und Region und seit Februar 2020 auch das Frauenhaus 24. Ein Jahr nach dem Start zeigt sich: Die Nachfrage ist seit Jahren größer als die Zahl der zur Verfügung stehenden Plätze. Laut der »Istanbul-Konvention zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt«, einem völkerrechtlichen Vertrag des Europarats, bräuchte Hannover nach einem speziellen Berechnungsschlüssel 117 Sicherheitsplätze


Foto: Region Hannover

Foto: Region Hannover

Frauenhäuser sind in den 70er Jahren als Teil der Frauenbewegung entstanden – mit dem Ziel, patriarchaler Gewalt entgegen zu treten, betroffenen Frauen Schutzräume zu bieten und den Gewaltkreislauf zu durchbrechen. Mit dem Ziel, betroffene Frauen dabei zu unterstützen, ein eigenes, selbstbestimmtes Leben aufbauen zu können. Aus dieser Idee heraus ist im Jahr 1977 Hannovers erste Adresse dieser Art, das Frauenhaus Hannover – Frauen helfen Frauen e.V., entstanden. Es bietet seitdem Frauen und Kindern die von Gewalt betroffen sind, direkte Unterstützung und hat die Aufgabe gewaltförmige gesellschaftliche Strukturen aufzubrechen. Zwei weitere Einrichtungen kamen im Laufe der Zeit hinzu. Mit dem Frauenhaus 24 wurde im Februar 2020 der bisher letzte Baustein ins Hilfesystem eingepasst. Auch das Frauenhaus 24 hat, wie die anderen Frauenhäuser, eine Schutzanschrift, damit die Frauen und Kinder nicht weiter bedroht und verfolgt werden können. MAC

für bedrohte Frauen. Nur 66 Plätze gab es lange Zeit. Immer wieder mussten Frauen mit ihren Kindern in der Vergangenheit abgewiesen oder auf weiter entfernt liegende Frauenhäuser verwiesen werden. Das neue Frauenhaus 24 bietet seit einem Jahr nun 15 weitere Plätze für akut gefährdete Frauen und ihre Kinder. Das Besondere: Erstmals gibt es damit eine Rund-um-die-Uhr-Anlaufstelle, neben Hamburg einzigartig in Deutschland. Die 24/7-Versorgung erleichtert den Schritt in die Flucht enorm. Für die Flucht in den Schutzraum gebe es viele Gründe, so Frauenhaus-Mitarbeiterin Viktoria*1: »Das geht von körperlicher Gewalt wie Schlagen und Würgen sowie sexualisierter Gewalt und Nötigung zu sexuellen Handlungen über psychische Gewalt wie Mord- und Suizidandrohungen bis zu ökonomischen Themen wie finanzieller Abhängigkeit, fehlendem Zugang zu einem eigenen Konto oder Mietverträgen, die nur auf eine Person laufen, wo also eine Trennung gleich eine drohende Wohnungslosigkeit bedeuten würde. Das alles sind Gründe, zu uns ins Frauenhaus 24 zu kommen.« Und dieser Schritt ist wahrlich kein leichter für die betroffenen Frauen: »Sie stehen vor strukturellen Herausforderungen: Stellen sich Fragen wie: Wie bin ich in der Stadt, in der ich bisher gelebt habe, überhaupt noch sicher? Finde ich hier eine eigene Wohnung? Finde ich einen Platz im örtlichen Frauenhaus? Was ist, wenn nicht? Geht das mit einem eventuellen Jobverlust einher? Und müssen meine Kinder eventuell die Kita oder die Schule wechseln, verlieren also womöglich ihre bisherigen sozialen Kontakte?«, veranschaulicht Viktoria den großen Rahmen einer Fluchtentscheidung. Die Corona-Situation verschärft an vielen Stellen die Problematik noch, Angst vor Ansteckungsgefahr, drohender Verlust des Arbeitsplatzes. Aber trotz all dieser Gründe will Viktoria den Frauen Mut


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Foto: Region Hannover

machen, sich Hilfe zu holen. Das Angebot ist breit gefächert. »Auch in Zeiten der Pandemie arbeiten die Beratungsstellen weiter. Die Frauenhäuser nehmen weiter auf. Bundesweit gibt es das Hilfetelefon, das ist 24 Stunden erreichbar. In einer akuten Bedrohungssituation raten wir dazu, direkt die Polizei zu rufen. Wir im Frauenhaus sind dann der zweite Schritt, sobald die eigene Sicherheit der Frau gewährleistet ist«, so Viktoria. Frauen, die häuslicher Gewalt ausgesetzt sind, finden sich in allen gesellschaftlichen Schichten. »Laut Schätzungen erlebt jede vierte Frau mindestens einmal im Leben Gewalt durch einen Partner oder Ex-Partner«, weiß Friederike Kämpfe, Gleichstellungsbeauftragte der Landeshauptstadt Hannover. »Die Auswirkungen auf die betroffenen Frauen, ihre Kinder und Familien, das soziale Umfeld und am Arbeitsplatz sind gravierend.« Die Schärfung der öffentlichen Wahrnehmung sei darum ein wichtiges Thema, die Schaffung von mehr Plätzen für betroffene Frauen eine schlichte Notwendigkeit. »Wir haben nach wie vor das Problem, dass die normalen Frauenhäuser ausgelastet und teilweise überlastet sind. Häufig werden die Zimmer sofort nach dem Auszug einer Frau durch eine andere belegt. Auch gibt es das Problem, dass *1 Frauenhaus 24-Mitarbeiterin Frauen manchmal sehr Viktoria hat auch einen bürgerlilange im Frauenhaus verchen Nachnamen. Den aber will sie nicht gedruckt sehen: weilen, weil sie einen erhöhten Betreuungsbedarf »Wir mussten als haben«, sagt Kämpfe. Kriseneinrichtung Eine knappe Woche nach nun einem Jahr lang, so war das Konzept feststellen, dass wir seit Beginn vor einem Jahr, sollten die akut gedoch des Öfteren fährdeten Frauen im akuten Bedrohungen neuen Frauenhaus 24 ausgesetzt sind.« bleiben können, quasi als Durchgangseinrichtung. »Das reicht auch in den allermeisten Fällen«, weiß Andrea Hanke, Dezernentin für Soziale Infrastruktur der Region Hannover, die an der Finanzierung maßgeblich beteiligt ist. »Es gibt Ausnahmen – wenn zum Beispiel der Aufenthaltsstatus unklar ist, ein besonderer Schutz erforderlich ist oder die Frauen auf einen Platz in einem weiterführenden Angebot warten müssen. Auch coronabedingt haben sich in den vergangenen Monaten in manchen Fällen längere Wartezeiten er-

geben.« Im Frauenhaus 24 werden die misshandelten Frauen zunächst akut beraten. Gemeinsam mit ihnen klären Viktoria und ihre Kolleginnen so schnell wie möglich, welche Hilfe und Unterstützung die Betroffenen längerfristig brauchen. Notfalls ziehen diese dann in ein reguläres Frauenhaus um. Und weil diese nicht ausreichen, plant die Region Hannover den Bau eines weiteren Frauenhauses im Umland. Mit dann zusätzlichen 20 Familienplätzen. Wo und wann? Das ist noch unklar. Bislang habe sich keine Immobilie als geeignet herausgestellt, die Pandemie erschwere die Suche zusätzlich, so eine Regionssprecherin. Ebenfalls bisher nur als Plan vorhanden ist die von der Stadt Hannover in Aussicht gestellte Schutzeinrichtung speziell für Frauen im Alter von 18 bis 25 Jahren. So wird es noch dauern, bis die Vorgabe der Istanbul-Konvention in der Region Hannover gänzlich erfüllt sein wird. Claudia Fyrnihs/Volker Macke/StreetLIVE* *StreetLIVE ist eine Kooperation von und

Das Frauenhaus 24 ist unter der Telefonnummer 0800-7708077 für Frauen, die missbraucht, geschlagen, gequält werden, rund um die Uhr an sieben Tagen in der Woche erreichbar.


Foto: Caritas

AUS DER SZENE

Schlafen und aufwärmen Hannover. Seit Mitte Januar finden obdachlose Menschen eine zusätzliche Wärmestube in der Propstei St. Clemens in der Calenberger Neustadt am Rande der Innenstadt. Dieser geschützte Rückzugsraum ergänzt das Angebot des benachbarten Tagestreffpunkts für Obdachlose der Caritas Hannover. Neben warmen Getränken und Brötchen gibt es im Keller der Propstei jetzt auch einfache Tagesschlafplätze für vom Leben und Corona-Stress übermüdete Menschen der Straße. Das neue Angebot wird von Ehrenamtlichen getragen und unterstützt durch eine Sozialarbeiterin der Caritas. Das Angebot kann während der Öffnungszeiten des Tagestreffpunkts genutzt werden: montags von 8.30 bis 13 Uhr, dienstags von 13 bis 16 Uhr, mittwochs von 8.30 bis 17 Uhr, donnerstags von 8.30 bis 13 Uhr und freitags von 8.30 bis 13 Uhr. MAC

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Kältebus versorgt Obdachlose Hannover. Zehn Wochen nach dem Start ihres Kältebusses in die Saison blicken die Johanniter besorgt auf die Situation der Obdachlosen in Hannover. »Viele Menschen ohne Obdach sind zurzeit sehr frus­ triert«, sagte Dana Jörk, Fachbereichsleiterin Jugend und Ehrenamt bei den Johannitern. »In diesem Winter bekommen wir die Auswirkungen von Corona deutlich zu spüren.« Nicht nur in den Wohnungen, auch auf der Straße nehme die Einsamkeit zu. Der Kältebus versorgt dreimal pro Woche in Hannover obdachlose Menschen mit frischem Essen, heißem Tee, Hygienemitteln, Kleidung und warmen Decken. Die Aktion in der niedersächsischen Landeshauptstadt läuft seit fast zwanzig Jahren zwischen November und März. »Wir treffen regelmäßig zwischen 50 und 60 Personen an und geben pro Abend etwa 110 Portionen Essen aus«, sagte Jörk. Der Bedarf an Kleidung, Decken, Hygienemitteln und Masken sei in diesem Winter gestiegen. Durch die Corona-Pandemie gebe es weniger Aufenthalts- und reduzierte Waschmöglichkeiten. Ebenfalls gestiegen sei die Zahl der Personen, die sich am Kältebus medizinisch versorgen ließen. Aktuell seien es pro Einsatz etwa »eine Handvoll« Menschen, die meist mit offenen Beinen oder blutigen Stellen an den Händen um eine Wundversorgung bäten. EPD

Ökumenische Essensausgabe Hannover. Noch bis Ende Februar bietet die Ökumenische Essenausgabe warme Mahlzeiten in kalten Tagen. In Räumen der evangelisch-reformierten Kirchengemeinde Hannover in der Lavesallee 4 werden die kostenlosen Mahlzeiten für Obdachlose und Arme zur Verfügung gestellt. Jeweils montags bis freitags in der Zeit von 11 bis 13 Uhr. Koordiniert wird das Angebot vom Diakonischen Werk. Die Gesamtkosten von rund 60.000 Euro werden aus Spenden finanziert, die Helfenden engagieren sich bei der Ausgabe der Mahlzeiten vor Ort ehrenamtlich. Auch an der Essenszubereitung selbst beteiligen sich ehrenamtlich Gastronomen und Werkskantinen. Täglich werden im Durchschnitt 250 Essen ausgegeben. MAC


»Die ich rief, die Geister, werd‘ ich nun nicht los« (Goethe). Das sollten sich die Republikaner jeden Tag sagen und nicht vergessen, dass es ihr Präsident ist, der aus der Weltmacht Amerika eine Lachnummer gemacht hat. Aber nicht er allein ist schuld daran, was aus dem Land geworden ist, sondern auch all die, die nichts, aber auch gar nichts, dazu getan haben, diesen Mann zu stoppen. In Deutschland sollte uns das eine Lehre sein. Auch unsere Politikerinnen und Politiker müssen aufpassen, dass die Schere zwischen Arm und Reich nicht immer größer wird, wie es jetzt in Corona-Zeiten weiter passiert. Es sind die Vergessenen, die Verlierer, die sich zusammentun, die irgendwann aufstehen und sich wehren gegen die Ungerechtigkeiten und dann anfällig für populistische Parteien sind. Erst zu reagieren, wenn »das Kind in den Brunnen gefallen ist«, wird sich bitter rächen. Und um bei den Zitaten zu bleiben: »Wehret den Anfängen«, damit sich Situationen wie in Amerika bei uns gar nicht erst entwickeln.

Karin Powser

Karin Powser lebte jahrelang auf der Straße, bevor ihr eine Fotokamera den Weg in ein würdevolleres Leben ermöglichte. Ihre Fotografien sind mittlerweile preisgekrönt. Durch ihre Fotos und mit ihrer Kolumne zeigt sie ihre ganz spezielle Sicht auf diese Welt.

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Das muss mal gesagt werden …

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»ECHTER KUMPEL« Aus dem Leben: im Gespräch mit Asphalt-Verkäufer Uwe (66). Hallo Uwe, du gehörst bei Asphalt ja schon fast zum alten Eisen. Weißt du noch, wann du deine erste Zeitung verkauft hast?

Verletzt dich das?

Wenn ich das so genau wüsste. Aber 15, 16 Jahre, vielleicht auch 17, ist das bestimmt schon her. Als damals Harry Potter rauskam und Asphalt was dazu im Heft hatte, kurz davor habe ich bei Asphalt angefangen.

Natürlich. Ich sehe ab und zu so eine Sendung im Fernsehen: Ich vermisse dich!, oder so ähnlich. Da kriege ich schon manchmal Pipi in die Augen. Aber das ist wohl nicht zu ändern. Damit werde ich jetzt leben müssen. Dafür habe ich ja jetzt meinen Kater. Der ist seit drei Jahren mein Begleiter. Mit seinen 13 Jahren ist der ein richtiger Rowdy. Bei dem wohne ich.

Wie ist es dazu gekommen?

Du wohnst bei deinem Kater?

Weil ich chronisch pleite war. Ich habe damals viel Geld vertrunken. Mein Leben bestand ja fast nur aus Alkohol. Als ich dann bei Asphalt eingestiegen bin, hatte ich erstmal Startschwierigkeiten. Weil ich mich den Kunden gegenüber geschämt habe. Deshalb habe ich meine ersten zehn Zeitungen auch gleich weitergegeben.

Ja, ich wohne beim Kater. Der hat schließlich das Sagen. Ich bin ja nur sein Butler. (lacht) Wenn ich nach Hause komme und die Tür aufmache, sitzt er schon davor und bestellt sein Essen. Dann geht er erstmal zum Schrank, da wo sein Futter drin ist. So unter dem Motto: Mach mal hin! Aber er ist ein echter Kumpel für mich. Es macht viel Spaß mit ihm, obwohl ich ihn dreimal am Tag kündigen möchte. Er ist eben ein halbstarker Alter.

Wofür hattest du dich damals geschämt? Es war für mich ein komisches Gefühl, auf der Straße zu stehen. Ich kam mir zuerst vor, wie so einer, der irgendwo sitzt und bettelt. Deshalb bin ich auch erstmal wieder ausgestiegen. Kurz darauf bin ich doch wieder zu Asphalt gegangen. Heute sehe ich das Ganze positiv. Ich habe eine Beschäftigung für mich. Und ich habe ganz tolle Kunden. Wenn ich mal nicht an meinem Verkaufsplatz bin, fragen sie schon manchmal nach mir. Ohne meine Kunden wäre mir das heute nichts mehr.

Das hört sich gut an. Was hast du gemacht, bevor du Asphalt verkauft hast? Ich war lange Zeit arbeitslos, das bin ich ja heute auch noch. Durch die Trinkerei habe ich einen richtigen Job nie wirklich gebacken gekriegt. Ich hatte eigentlich immer ne Dauerfahne. Selbst zu Asphalt bin ich nicht gegangen, ohne morgens schon Alkohol getrunken zu haben. Bis mich einmal Helmut, der damalige Vertriebsleiter, ins Gespräch genommen hat. Der hat mir dann ins Gewissen geredet und gesagt, dass sich Kunden über mich beschwert hätten. Wahrscheinlich hat er da ein bisschen geflunkert, aber sieben Tage später war ich dann nüchtern. Bis heute. Und das ist jetzt über sieben Jahre her.

Glückwunsch! Hast du Familie? Nicht mehr. Ich hatte eine Frau. Und ich habe zwei Söhne. Aber die Familie hat unter meiner Trinkerei sehr gelitten. Irgendwann, das war 1987, gab es dann die Scheidung. Natürlich mit Recht. Danach durfte ich meine Kinder nicht mehr sehen. Ich hatte Besuchs- und Kontaktverbot. Meine Ex-Frau hat die Kinder dann alleine groß gekriegt. Hut ab davor. Jetzt sind die Jungs 43 und 40 Jahre alt, einer hat selbst schon zwei fast erwachsene Kinder. Aber die Zeit damals hat sie natürlich sehr geprägt. Die wollen mit mir nichts zu tun haben.

Und, gibt es eine neue Beziehung in deinem Leben? Nach meiner Scheidung war ich noch mit einer anderen Frau zusammen. Leider hat das nicht so lange gehalten. Es war eine tolle Zeit für mich. Es ist immer schön gewesen, zu wissen, da ist jemand zu Hause. Schön, etwas zusammen zu unternehmen. Ich denke noch sehr oft an diese Beziehung. Aber ich habe damals wohl Fehler gemacht. Vielleicht war ich zu fordernd oder habe sie zu sehr eingeengt. Im Moment, glaube ich, bin ich für eine neue Beziehung noch nicht bereit.

Mir ist aufgefallen, dass du immer eine Mütze oder einen Hut trägst. Das ist so, weil die Haare ausfallen. (lacht) Nein, im Ernst: angefangen habe ich mit so einer Klaus Meine-Mütze. Das fand ich irgendwie geil. Aber die habe ich mir dann übergetragen. Jetzt wechsle ich zwischen Hut und Mütze. Ich trage beides sehr gerne. Das gehört jetzt seit ein paar Jahren einfach zu mir.

Was machst du, wenn du nicht Asphalt verkaufst? Eigentlich gehe ich regelmäßig ins Fitness-Studio. Durch Corona geht das jetzt ja leider erstmal wieder nicht. Und ich gehe so oft wie möglich in den Saftladen auf der Podbi. Da bin ich unter Meinesgleichen, könnte man fast sagen. Früher hieß der noch Null-Laden. Nach meiner Scheidung hatte ich mich da beworben und ein Zimmer gekriegt. Ein Jahr lang habe ich dann dort gewohnt. Seitdem habe ich viele der Tagesgäste und auch Sozialarbeiter im Saftladen kennengelernt. Die helfen alle. Mit Computer-Schreibkram, mit Faxen, E-Mails und auch Anträgen. Dort habe ich die meisten sozialen Kontakte. Das ist so mein Ding. Interview: Grit Biele


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Foto: G. Biele

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Foto: privat

Uwe verkauft Asphalt vor Denn´s Biomarkt in der Nordstadt von Hannover.


RUND UM ASPHALT

Foto: U. Kahle

gesucht – gefunden Verkäufer Jürgen: Ich suche einen 80 cm Flachbildfernseher und einen Staubsauger, der ohne Beutel saugt. [V-Nr. 627/Hannover] Kontakt: 01575 – 6202394. Verkäufer Jörg »Yogi« Müller: Liebe Kundinnen und Kunden, ich wünsche Ihnen allen Frieden, Glück und Harmonie, bitte bleiben Sie alle gesund. Auf dass wir uns alle gesund und munter in 2021 wiedersehen. Ihr Verkäufer Jörg, am Nabel in Göttingen. [V-Nr. G-002/Göttingen] Verkäufer Stefan: Liebe Kundinnen und Kunden, ein ereignisreiches Jahr haben wir alle hinter uns und ein Ende der Corona-Pandemie ist mit dem neuen Impfstoff hoffentlich in Sicht. Ich wünsche Ihnen für das neue Jahr gute Gesundheit und vielen Dank für Ihre Treue zu mir und allen anderen Verkäufern in diesem schwierigen Jahr 2020. Ihr Verkäufer Stefan, Volksbank am Geismar Tor in Göttingen. [V-Nr. G-003/Göttingen] VerkäuferInnen Iosif und Ileana: Liebe Kundinnen und Kunden, meine Familie und ich wünschen Ihnen allen alles erdenklich Gute für 2021 und ich freue mich, dass wir Ihnen auch in 2021 den Asphalt/TagesSatz anbieten können. Ihre VerkäuferInnen Iosif und Ileana, Rewe Prinzenstraße und Edeka Gellersen, Göttingen. [V-Nr. G-001 und V-Nr. G-021/Göttingen]

Verkäuferausweise Bitte kaufen Sie Asphalt nur bei Verkäufer­Innen mit gültigem Ausweis! Zurzeit gültige Ausweisfarbe (Region Hannover): Gelb

Erstes für Elenas Enkelkind Elena war im Dezember bei uns im VerkäuferInnen-Portrait. Das Interview mit ihr hat unseren LeserInnen, Familie Majewski (Bild oben), keine Ruhe gelassen. Es ging um Elenas Enkelkind. Frau Majewski hat selbst auch rumänische Wurzeln und als Eltern zweier, kleiner Kinder kennen sie und ihr Mann die Bedürfnisse eines neugeborenen Babys. Gemeinsam haben sie zwei große, prall gefüllte Taschen gepackt und weitere Spenden zugesagt. »Erst mal gibt es die kleinsten Größen und wenn Bedarf ist, dann habe ich auch noch Stillkleidung abzugeben, das soll die Mutter dann selbst entscheiden, wenn das Baby da ist, was sie braucht. Dann bringe ich das gerne vorbei« erläutert Frau Majewski. »Unsere Kinder wachsen auch in Zukunft ja ständig aus etwas heraus, da ist der Nachschub, auch für die größeren Größen gesichert.« Den kleinen Winter-Overalls, Mützen, Pullovern und Hosen werden sicher noch viele Teile folgen und für ein wenig Spielzeug haben die Kinder auch gesorgt. Wir sagen im Namen von Elena und ihrer Tochter Danke! UKA

Impressum Herausgeber: Matthias Brodowy, Dr. Margot Käßmann, Rainer Müller-Brandes Gründungsherausgeber: Walter Lampe Geschäftsführung: Georg Rinke Redaktion: Volker Macke (Leitung), Grit Biele, Ute Kahle, Ulrich Matthias Gestaltung: Maren Tewes Kolumnistin: Karin Powser Freie Autoren in dieser Ausgabe: L. Bolyos, A. Fellinger, C. Fyrnihs, O. Neumann, A. Nortrup, B. Pütter, W. Stelljes Anzeigen: Heike Meyer Verwaltung: Janne Birnstiel (Assistentin der Geschäftsführung), Heike Meyer

Vertrieb & Soziale Arbeit: Thomas Eichler (Leitung), Romana Bienert, Sophia Erfkämper, Ute Kahle, Kai Niemann Asphalt gemeinnützige Verlags- und Vertriebsgesellschaft mbH Hallerstraße 3 (Hofgebäude) 30161 Hannover Telefon 0511 – 30 12 69-0 Vertrieb Göttingen: Telefon 0551 – 531 14 62 Spendenkonto: Evangelische Bank eG IBAN: DE 35 5206 0410 0000 6022 30 BIC: GENODEF1EK1

redaktion@asphalt-magazin.de vertrieb@asphalt-magazin.de goettingen@asphalt-magazin.de herausgeber@asphalt-magazin.de Online: www.asphalt-magazin.de www.facebook.com/AsphaltMagazin/ www.instagram.com/asphaltmagazin/ Druck: v. Stern’sche Druckerei, Lüneburg Druckauflage: Ø 26.500 Asphalt erscheint monatlich. Redaktionsschluss dieser Ausgabe: 25. Januar 2021 Für unaufgefordert eingesandte Manuskripte, Bilder und Bücher übernehmen wir keine Gewähr. Rücksendung

nur, wenn Porto beigelegt wurde. Adressen werden nur intern verwendet und nicht an Dritte weitergegeben. Unsere vollständige Datenschutzerklärung finden Sie auf www.asphalt-magazin.de/impressum. Alternativ liegt diese zur Ansicht oder Mitnahme in unserer Geschäftsstelle aus. Gesellschafter:

H.I.o.B. e.V. Hannoversche Initiative obdachloser Bürger


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GUT ZU WISSEN

Leitfaden zum Umgang mit Missbrauch Hannover. Die Landesstelle Jugendschutz hat einen neuen Leitfaden veröffentlicht, der Fachkräften im Fall von Kindesmissbrauch Informationen vermitteln und Handlungsoptionen aufzeigen soll. Sei ein Kind von sexuellem Missbrauch betroffen, bedürfe es besonderer Sensibilität und Professionalität, teilte das niedersächsische Sozialministerium mit. Die Fachkräfte in Schulen und Kitas seien neben den Eltern für viele Kinder die ersten Ansprechpersonen. »Wir setzen in Niedersachsen auf praxisgerechte Fort- und Qualifizierungsangebote und den kontinuierlichen Austausch untereinander. Mit dem Handlungsleitfaden gibt es jetzt ein fundiertes Nachschlagewerk für die Praxis«, so Sozialministerin Carola Reimann (SPD). Der Leitfaden erläutert, bei welchen Anhaltspunkten pädagogische Fachkräfte aufmerksam werden sollten, wie ein Gespräch mit einem betroffenen Kind verlaufen kann und welche Interventionsschritte anschließend sinnvoll sind. Ein zweiter Schwerpunkt der Broschüre betrifft die Prävention. Es gebe Anregungen für Projekte, Bücher oder Spiele zu Themen wie »Gefühle«, »Berührungen«, »Geheimnisse« und »Sexualität«. RED

Broschüre für Integration Göttingen. Für Menschen mit Zuwanderungsgeschichte hat das Büro für Integration der Stadt Göttingen die Publikation »Willkommen in Göttingen« herausgebracht. Die 270 Seiten starke Broschüre richtet sich an Neuzugewanderte sowie an Fachkräfte und Ehrenamtliche in der Integrationsarbeit. Sie informiert zunächst über wichtige Anlaufstellen in der Stadtverwaltung und stellt dann die verschiedenen Stadtteileinrichtungen und MigrantInnenselbstorganisationen vor. Die weiteren Einträge sind nach Lebenssituationen sortiert und informieren über Angebote aus den Bereichen Dolmetschen und Übersetzen, Migrationsberatung, gesellschaftliche Teilhabe, Bildung, Übergang Schule-Beruf, Arbeit und Beruf, Gesundheit, Sport, Kultur und vieles andere mehr. »Wir haben bereits innerhalb weniger Tage die Nachfrage von Beratungsstellen und Bildungseinrichtungen bekommen, die eine größere Stückzahl für ihre Klientinnen und Klienten haben möchten«, so Stadträtin Petra Broistedt, Dezernentin für Kultur und Soziales. Die Broschüre werde es bald auch in englischer Sprache geben. Sie ist kostenlos im Foyer des Neuen Rathauses und beim Büro für Integration erhältlich. Eine PDF-Datei ist auf der städtischen Website zum Herunterladen eingestellt. RED

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»Asphalt: Schritt ins Leben« Kerstin Tack, Mitglied des Nds. Landtags

»Asphalt ist für mich gelebte Solidarität. Für viele Menschen war oder ist Asphalt in seiner inzwischen fast 30-jährigen Geschichte ein wichtiger Schritt zurück in ein Leben mit Arbeit und Sozialer Teilhabe. Der Kontakt auf Augenhöhe zwischen den Verkäuferinnen und Verkäufern und ihrer Stammkundschaft ist für beide Seiten ein Gewinn. Diese Arbeit unterstütze ich gerne!«

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regelmäßige seine Arbeit ohne … dass Asphalt e finanziert? chliche Zuschüss öffentliche und kir enerlösen sind aufs- und Anzeig Neben den Verk Förderer die rer Freunde und die Spenden unse ierung. nz zur Gesamtfina wichtigste Stütze ende: indung für Ihre Sp Unsere Bankverb Asphalt-Magazin 30 0410 0000 6022 IBAN: DE35 5206 EK1 BIC: GENODEF1 nk Evangelische Ba ck: Perspektiven Verwendungszwe

… mehr als eine gute Zeitung!

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BETROGEN & VERLASSEN Wenn indische Ehemänner vor ihren Frauen mit der Mitgift nach Übersee fliehen, helfen engagierte und betroffene Frauen, diesen Betrug zu ächten. Mit Passentzug. Eine Geschichte von einer weit verbreiteten Sitte und einem neuen Kampf dagegen. In einem rosa gemauerten Raum eines Regierungsbüros am Fuße des Himalayas verbringen indische Frauen ihre Tage damit, die Pässe von abgehauenen Ehemännern zu annullieren. An einem Montagmittag erklärt der Vater einer Frau, die einen Handelsmarineoffizier geheiratet hat, wie der Ehemann gelogen hat, er sei ledig, und verschwiegen hat, dass er Kind und Haftbefehl hat. Der Fall, sagt Amritpal Kaur, sollte für die sofortige Beschlagnahme des Passes des Mannes wohl ausreichen.

Kaur ist nicht die übliche indische Bürokratin. Sie ist überhaupt keine Regierungsangestellte. Sie und die anderen Frauen, die in der Passbehörde arbeiten, sind verlassene Ehefrauen, die ihre Stunden im Büro ehrenamtlich leisten, um Frauen wie ihnen zu helfen. Sibash Kabiraj, der regionale Leiter des Passamtes in Chandigarh, der Hauptstadt des Bundesstaates Punjab, sagt, dass alles begann, als die Ehefrauen zu ihm kamen und um Hilfe


Die Ehefrauen sagen, dass viele der Männer Zehntausende von Dollar an Mitgift verlangen – und oft auch bekommen –, obwohl diese alte Praxis illegal ist. Die Ehemänner können dieses Geld nutzen, um sich im Ausland niederzulassen und eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung oder einen neuen Reisepass zu erhalten, während sie ihre Frauen und Kinder zurücklassen – und in der Schwebe halten. Eine verlassene Frau hat in Indien keinen Status, sagt Shiwali Suman, die in Neu-Delhi verlassene Ehefrauen vertritt. »Sind wir geschieden, ledig, verwitwet?«, fragt sie. »Was sind wir eigentlich? Wir sind nicht in der Lage, uns zu kategorisieren.« Frauen sowohl in der Stadt als auch auf dem Land haben begonnen, Proteste zu veranstalten. »In uns allen ist ein Feuer ausgebrochen«, tönte es jüngst auf einer Demo in Jalandhar, 150 Kilometer von Chandigarh entfernt.

»Ein Ehemann ist alles!« Reena Mehla war 24, als sie heiratete. Fünf Jahre später erzählte ihr Mann Rahul Kumar ihr, dass er an einem anderen Ort in Indien Sonderschichten arbeiten würde. In Wahrheit aber habe er Menschenschmuggler angeheuert, die ihn in die Vereinigten Staaten bringen sollten, sagt Reena Mehla. Rahul Kumar lebt jetzt in der Bronx. Reena schrieb an das indische Außenministerium, die US-Botschaft, den U.S. Citizenship and Immigra-

Markenbotschafter oder Betrüger? Im Ausland lebende Inder sind keine einfache Gruppe, mit der man sich anlegen kann. Sie schickten 2019 rund 82 Milliarden Dollar an Überweisungen nach Indien, die größte Summe derartiger Finanztransaktionen weltweit, so Daten der Weltbank. So zahlen sie letztlich für neue Straßen und das Schulgeld von Kindern, deren Familien zu arm sind, um es selbst zu bezahlen. Sie veranstalten Gemeindefeste. Sie schicken Bilder von Australiens Stränden zurück, kommen zu Besuch mit schnoddrigem Englisch und iPhones. Sie werden geführt als nicht-ansässige Inder, kurz NRIs. Premierminister Narendra Modi hatte NRIs erst jüngst beinahe feierlich die »Markenbotschafter Indiens« genannt. Die politische Denkfabrik der indischen Regierung, Niti Aayog, hingegen gab ihnen den Spitznamen »unzuverlässige indische Bräutigame«. Vermutlich stimmt beides.

Amritpal Kaur (links) und Reena Mehla (rechts) arbeiten gemeinsam an einem Schreibtisch im regionalen Passamt in Chandigarh, Punjab, Indien. Um betrügerischen Ehemännern ihre Pässe zu entziehen.

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baten. Als Beamter auf Lebenszeit mit einer Vorliebe für das Kleingedruckte erkannte Kabiraj sehr fix, dass das indische Gesetz es ihm erlaubt, die Pässe von indischen Männern aus Übersee, die ihre Frauen getäuscht hatten, auszusetzen – und sogar zu annullieren. Die Passbehörde benötigt in der Regel eine Genehmigung der Zentralregierung, um einen Pass einzuziehen, kann dies aber eigenständig vollziehen, wenn der Inhaber lügt oder Informationen zurückhält, oder wenn ein Haftbefehl oder eine gerichtliche Vorladung vorliegt. Aber es gab ein Problem in diesem großen Land, das für seine Bürokratie berühmt und berüchtigt ist. »Eine Aufhebung eines Reisepasses erfordert eine ganze Menge Papierkram«, sagt Kabiraj. Und so erklärte er den Frauen die Passgesetze, gab ihnen einen Raum mit Computer, Drucker und Faxgerät und sagte ihnen, wenn sie den Papierkram erledigen würden, würde er ihn unterschreiben. Das sei die beste Möglichkeit für die Frauen, Gerechtigkeit von ihren weit entfernten Ehemännern zu erlangen, sagt er. In den letzten anderthalb Jahren hätten die Frauen es geschafft, mehr als 400 Pässe auszusetzen und 67 weitere zu widerrufen, sagt Kabiraj. Insgesamt haben mehr als 5.000 Frauen beim indischen Außenministerium eine Klage wegen Verlassenheit eingereicht. Die Frauen in seinem Büro, sagt Kabiraj, hätten in mehreren fremden Ländern für ordentlich Unruhe gesorgt.

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tion Services und U.S. Immigration and Customs Enforcement, durchsuchte Facebook und fand ihn schließlich auf eigene Faust. Sie scrollt durch Dutzende von E-Mails, die sie daraufhin an ausländische Beamte geschickt hat, und den Brief, der zeigt, dass sein Pass eingezogen wurde; laut der Hotline des US-Justizministeriums für Einwanderungsfragen ist sein Status in diesem Land in der Schwebe. Dann zieht sie eines ihrer Hochzeitsfotos heran und küsst es. Auf die Frage, ob sie ihn immer noch liebt, streckt »Sogar unsere Reena die Arme aus und grinst. Seele ist nicht »Zu sehr!« erlaubt, denn ein Obwohl sie einen Master-Abschluss in Pädagogik Ehemann ist alles. hat, wirkt sie manchmal eher Ein Ehemann ist wie ein Teenager als wie eine wie Gott.« 30-Jährige. Sie bewahrt ihr Reena Mehla Smartphone in einer Minnie-Mouse-Hülle mit Schlappohren auf und kichert, wenn jemand auf ihr übertriebenes Hallo antwortet. Aber sie hatte die innere Kraft, ihr ländliches Zuhause zu verlassen und allein in die Landeshauptstadt Chandigarh zu ziehen, um als Freiwillige im Passamt zu arbeiten. Sie weiß, dass sie damit gegen die Traditionen in ihrer Heimat verstößt, wo verheiratete Frauen ohne männliche Verwandte das Haus nicht verlassen oder eine eigene

Verlassene Ehefrauen und UnterstützerInnen bei einer Demo gegen die NRI (nicht ansässigen indischen) Ehemännern in Jalandhar, Punjab, Indien.

Identität haben. »Sogar unsere Seele ist nicht erlaubt, denn ein Ehemann ist alles. Ein Ehemann ist wie Gott«, sagt sie. Sie teilt ihre Wohnung mit mehreren Frauen, darunter auch Amritpal Kaur. Der in Indien verbreitete Nachname Kaur bedeutet »Frau«. (Da die meisten Frauen in dieser Geschichte den Namen Kaur tragen, werden ihre Vornamen bei der zweiten Erwähnung verwendet, um Verwechslungen zu vermeiden. RED) Wenn Amritpal über ihre Ehe spricht, kommt sie immer wieder auf das Geld zu sprechen, das sie dafür ausgegeben hat: 28.000 Dollar habe sie für die Mitgift und die Hochzeit ausgegeben; drei Tage nach der Hochzeit, sagt sie, habe ihr Mann Kulpreet Singh ihr gesagt, sie solle noch 14.000 Dollar von ihrem Vater besorgen. Zwei Wochen nach der Hochzeit reiste er nach Australien. Noch Monate danach erzählte er ihr, er habe eine Überraschung. Sie war so aufgeregt, dass sie einen Diamantring für 3.500 Dollar für ihn bestellte. Seine Überraschung, sagt sie, waren die Scheidungspapiere. Amritpal teilt sich jetzt eine Mietwohnung in Chandigarh mit Reena und einigen anderen Frauen. Als Erinnerung an ihre Mission haben sie den Computerordner, in dem sich ihre Dateien befinden, »Mission Shakti« genannt, nach der göttlichen weiblichen Kraft im hinduistischen Glauben. »Shakti ist die spirituelle Kraft der Frauen, um dagegen zu kämpfen«, sagt Amritpal. »Wir wollen nicht, dass andere Frauen Opfer werden wie wir.« (Unsere Bitten um Stellungnahmen zum Sachverhalt ließen sowohl Rahul als auch Kulpreet unbeantwortet. RED)

Aussage gegen Aussage Jeden Tag strömen Frauen mit Eheproblemen in den Hof der Familie von Satwinder Kaur in einem Dorf, das von Senffeldern umgeben ist, die wie die Sonne leuchten. In Toosa leben nur ein paar tausend Menschen, aber ihre Beziehungen reichen über den ganzen Globus. Sie hilft fast 400 Frauen, die von ihren Männern verlassen wurden, sagt sie, und sorgt dafür, dass mehrere ihrer abgehauenen Ehemänner aus ihrer Wahlheimat abgeschoben und ins Gefängnis gebracht werden. Alle paar Minuten klingelt ihr Telefon. Satwinders eigener Mann Arvinder hat sie 2015 verlassen. Er lebt jetzt in Polen. In Toosa wagen sich die Frauen normalerweise nachts nicht eigenständig auf die Straße und werden selten allein zu Hause gelassen, selbst in den ummauerten Familienkomplexen. Satwinder durchbricht dies langsam – und ist dabei zum Symbol für eine neu entdeckte Bereitschaft geworden, sich gegen ein patriarchalisches System zu wehren. Sie betreibt eine WhatsApp-Gruppe und eine Facebook-Seite und erklärt Frauen aus dem ländlichen Punjabi, welche Papiere sie brauchen, um die Pässe ihrer Ehemänner zu annullieren. Selbst für Satwinder, die elf Gerichtsverfahren gegen ihren Mann angestrengt hat, ist es schwer, eine kinder-


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Die elfjährige Ekampreet (in ihrem Haus in Gurdaspur, Punjab) würde nichts lieber wissen, als warum ihr Vater sie verlassen hat.

lose Frau mittleren Alters zu sein, deren Mann sie verlassen hat. Ihre Wildheit steht im ständigen Kampf mit ihrer Angst. Sie schickt ihrem Mann jeden Tag WhatsApp-Nachrichten. An den kleinen blauen Häkchen kann sie erkennen, dass er jede davon gelesen hat, aber seit Januar hat er nicht mehr geantwortet. Nachbarn und sogar Verwandte nennen sie »Banj« – »verfaulter Schoß«, sagt sie. »In meinem eigenen Haus wurde ich so genannt.« Wenn sie darüber spricht, wird ihre Stimme erst laut, dann so leise, dass sie kaum zu hören ist, und dann beginnt sie zu weinen. Ihr Mann, Arvinder Pal Singh, Elektroingenieur, sieht das – auf Nachfrage – anders. Er sei wegen des Drucks, mehr zu verdienen, nach Europa gezogen, erzählt er. Er habe versucht, Satwinder mit einem Studentenvisum nach Europa zu holen, sei aber gescheitert und sei von den Problemen zwischen seiner Frau und seiner Mutter überrumpelt worden, als er zu einem Besuch nach Hause kam. Er habe seinen Job verloren und sei zweimal umgezogen. Er versprach Satwinder, er würde wieder Geld schicken, wenn er es hätte. Zwei Monate später erstatte-

te sie Anzeige. Später erhielt er einen Anruf von der indischen Botschaft, die ihm mitteilte, dass sein Pass annulliert worden sei. Er hörte auf, Geld zu schicken und reichte die Scheidung ein, die aber nicht durchkam. Arvinder sagt, er traue den Frauen nun nicht mehr und bezeichnet sich selbst als Flüchtling. »Ich habe keine Familie. Wenigstens ist sie bei ihrer Familie. Sie ist in ihrem Heimatland. Ich habe kein Land. Ich habe keinen Ort, an dem ich bleiben kann, und wo ich stehe, regnet es draußen«, sagt er. »Das ist die Hölle.« Käme er nach Indien zurück, würde er verhaftet werden, an eine faire Anhörung vor Gericht glaube er nicht, sagt Arvinder.

Geld und noch mehr Geld Der Ehemann von Sarbjeet Kaur hörte 2016 auf, Geld für das Schulgeld seiner Tochter zu schicken, als noch drei Monate des Schuljahres übrig waren. Sarbjeet verkaufte ihr Sofa und zwei Schränke, damit sie die Schule beenden konnte. Letztes


Jahr verkaufte sie die goldenen Ohrringe, die ihre El- also verpfändete sie auch den Schmuck ihrer Cousins, Tanten tern ihrer Tochter geschenkt hatten – wieder für das und Freunde für 700 Dollar. Er schickte zwar Geld zurück, aber Schulgeld, diesmal an ihrer neuen, billigeren Schu- nur für seine Herkunftsfamilie, sagt Sarjeet. Sie solle sich denle. »Ich führe ein Doppelleben«, sagt Sarbjeet und noch keine Sorgen machen, habe er gesagt. Sein neues Monatsgehalt sei gut genug, um den Schmuck weint, als sie erklärt, dass sie ihren zurückzukaufen und auch die Schulden bei Eltern nicht sagen konnte, dass sie »Wir wollen nicht, ihren Eltern zu begleichen. Warten solle die Ohrringe verkauft hatte, also dass andere sie. 2015 bat dann er um die Scheidung. Er sagte sie, sie hätte sie verloren. brauche nunmal diese Papierehe mit einer Sarbjeet heiratete Daler Singh im Frauen Opfer Kanadierin, damit er bleiben könne. Als SarJahr 2008. Erst als sie Ende 2009 werden wie wir.« bjeet die neue Frau in einer Reihe von Audio­ schwanger war, habe er davon geAmritpal Kaur nachrichten auf dem Facebook Messenger sprochen, ins Ausland zu gehen, konfrontierte, war von Papierehe keine Rede. sagt sie. Ihr Bruder war nach Italien gegangen, und es dauerte acht Jahre, bis er zu Sie werde um Daler kämpfen, habe die Kanadierin gesagt. »›Du einem Besuch zurückkam. Sie sagte entsprechend hast eine Tochter‹, sagte sie. ›Ich habe einen Sohn.‹« Sarbjeets nein. Er darauf: »›Es gibt hier nichts. Es gibt keine Ehemann, Daler Singh, nennt Sarbjeets Erzählungen gelogen. Jobs, kein Geld. Egal, welchen Job du machst, du Er sei 17 gewesen – also minderjährig – als er sie heiratete, und verdienst kein Geld.‹« Schließlich stimmte sie zu. Als dass sie nun seit einem Jahrzehnt getrennt seien. Und er habe ihr Geld und Eigentum gegeben. Auf Nachfrage, was genau er gegeben habe, antwortet er nicht mehr. Sarbjeet lebt im Zuckerrohrland an der Grenze zu Pakistan, wo die Schornsteine von Ziegelsteinfabriken gelegentlich grauen Rauch über die Felder pusten. Ihre Eltern halten Kühe. Sie will etwas Besseres für ihre Tochter und bot der neuen Frau einen Kompromiss an: Wenn Singh seine Tochter regelmäßig anrufen und ihr 142 Dollar pro Monat für ihre Ausgaben schicken würde, würde sie ihre Klage fallen lassen und aufhören, zu versuchen, seinen Pass zu annullieren. Das tat er eine Zeit lang, dann hörte er auf. Jetzt macht sich Sarbjeet ständig Sorgen um ihre blanke Existenz. Sarbjeet war Kosmetikerin, bevor sie heiratete. Heute näht sie einfache Kleider auf einer pedalbetriebenen Maschine neben ihrem Bett, um Geld zu verdienen. Für ein Kleid, für das sie zwei Tage braucht, verlangt sie 2 Dollar. Als ihre Tochter Ekampreet drei Jahre alt war, versuchte Sarbjeet Selbstmord zu begehen, trank Rattengift. Fünf Jahre später versuchte sie es erneut, schnitt sich die Pulsadern auf. Zweimal wurde sie wegen Depressionen in ein Krankenhaus in Amritsar behandelt. Jetzt endlich, betont sie, sei sie stärker. Im März beAktivistin Satwinder Kaur (mitte) spricht im Beratungsgespräch mit Frauantragte Sarbjeet, Singhs Pass beschlagnahmen zu lassen. Saten in ihrem Haus im Dorf Toosa, südlich von Ludhiana, Punjab, Indien. winder, die sie Ende letzten Jahres kennenlernte, half ihr dabei. Jüngst rief das Passamt an, um zu sagen, dass es erledigt sei: ihre Familie wütend wurde, erwiderte sie, dass Singh Daler ist kein Inder mehr. Wenn sie nach ihrem Vater gefragt wird, sagt Ekampreet nur, sie nie anlügen oder verlassen würde. Singh ging zunächst nach Südamerika, dann nach Mexiko, erzählt dass sie ihn fragen will, was sie falsch gemacht hat und warum Sarbjeet. Sie verkaufte ihren Schmuck für fast 5.000 er sie verlassen hat. Als sie einen Stapel Bilder durchblättert, Dollar, um ihm Ende 2010 bei der Einreise in die stößt sie auf ein Hochzeitsfoto ihrer Eltern, ihre Mutter in eiVereinigten Staaten zu helfen, sagt sie, und lieh sich nem leuchtend rot-goldenen Sari. Schnell vergräbt sie es im 3.600 Dollar von ihren Eltern, um ihm vier Jahre spä- angeschauten Stapel. ter bei der Einreise nach Kanada zu helfen. Sie woll- Text: Clare Baldwin | Fotos: Anushree Fadnavis te, dass ihre Tochter Ekampreet in Kanada studiert, Mit freundlicher Genehmigung von Reuters/INSP.ngo


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Festaurant-Aktion spendet 555 Essen Die anhaltende Corona-Pandemie betrifft viele. Unter anderem Restaurants, die ihr Gewerbe herunterfahren oder sogar schließen müssen. Daneben gibt es viele Menschen in Hannover, die aufgrund besonderer sozialer Schwierigkeiten teilweise ohne Obdach und geregelte Lebensmittelversorgung leben müssen. Die Idee: Auch die Menschen, die am wenigsten haben in unserer Gesellschaft, sollen ein schönes, warmes und leckeres Essen an den Feiertagen genießen können. Gleichzeitig sollen die zahlreichen Gastro-­ Betriebe in unserer Stadt unterstützt werden, die schwere Zeit zu durchleben. Dem Aufruf zur Festaurant-Aktion auf den sozialen Netzwerken folgte ein überragendes Feedback. Viele örtliche Restaurants machten mit. Sie würden an den Feiertagen das Essen für die Bedürftigen zubereiten und 96plus kommt mit dem Hauptpartner Clarios für die Kosten auf. Die Essen wurden an den Festtagen dann direkt zu den Unterkünften wie am Alten Flughafen (Bild) geliefert. Am Ende konnte 555 bedürftigen Menschen eine angemessene, warme Mahlzeit an Weihnachten geboten werden. Und für die Restaurants gab es die Einnahmen von je 10 € pro Essen in diesen schwie­ rigen Zeiten.

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Marktplatz

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BUCHTIPPS Zwischenbilanz Der eigentliche Modus der Pandemie ist Echtzeit: die täglichen Bulletins des RKI, die sich noch nie in solcher Taktung überschlagenden Erkenntnisse der weltweiten Wissenschafts-Community, atemloser Journalismus, ebenso atemlos hinter den Erkenntnisständen herhinkende Politik und Bürokratie. Dass da (Zwischen-)Ergebnissicherung und Reflexion zwischen zwei Buchdeckeln durchaus einen Wert haben, zeigt der vielstimmige Sammelband »Virenregime«, erschienen bei bahoe books in Wien. In drei Teilen untersuchen Wissenschaftler- und AutorInnen die politischen und sozialen Folgen der Pandemie. Nach einem Block zu globalen Großtrends und Fragen nach den Chancen für eine progressive Politik folgen erhellende Länderberichte und eine eigene Sektion zu Österreich, die aus deutscher Perspektive wegen der Gleichzeitigkeit von Nähe und Differenz ebenfalls hochspannend ist. »Virenregime« ist ein Zwischenstand, eine Flaschenpost und die Aufforderung, die politische und soziale Gestaltbarkeit der Welt wieder in den Blick zu nehmen. BP Thomas Schmidinger, Josef Weidenholzer | Virenregime. Wie die Coronakrise unsere Welt verändert. Befunde, Analysen, Anregungen | Bahoe Books | 524 S. | 24 Euro

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In Romanen schlurfen Obdachlose als Kolorit durch Großstadtkulissen, im Krimi sind sie klischeehafte Handlungstreiber; da, wo man es vorgeblich ernster mit ihnen meint, sind sie Projektionsfläche antibürgerlicher Lebensentwürfe. Freiheit, Moral, weiser Wahnsinn. Wird hingegen realistischer erzählt, entstehen, vorsichtig formuliert, nicht die bedeutenden literarischen Texte. Was Markus Ostermair in seinem Debüt erreicht, ist deshalb im wahren Sinne unerhört. »Der Sandler« ist ein Roman in der Münchner Szene, mit Obdachlosen als Protagonisten, beeindruckend kenntnisreich, psychologisch genau und literarisch auf allerhöchstem Niveau. Ostermair findet eine Sprache für die Härte, die Langeweile und das Misstrauen und für die Momente von Nähe und Solidarität. Er traut seinen Protagonisten, beschreibt die Komplexität der inneren Konflikte, von Schuld und Enttäuschung: Wer sich fragt, warum Menschen vor dem Weg aus der Unerträglichkeit der Straße zurück in eine Wohnung zurückscheuen, findet hier eine literarische Antwort. »Der Sandler« ist ein großer Roman. BP Markus Ostermair | Der Sandler | Osburg | 350 S. | 20 Euro


»Draußen auf dem Flur, nachdem ich die Türe hinter uns geschlossen habe, sagt Mutter unvermittelt mit fester Stimmte: ›Komm wir gehen sterben.‹« Auf Seite 27 geht los, was der Titel von Melitta Brezniks Roman verspricht – die »Chronik des Abschieds« von der Mutter. Die ist über achtzig, als Krebs in einem Stadium diagnostiziert wird, das keine Heilbarkeit mehr denkbar macht. Wie in vielen ihrer Bücher ist Breznik als Erzählerin beides: die Angehörige mit ihren Gefühlen und ihren Verpflichtungen – und die Ärztin mit ihrer Routine und ihrem Wissen. Ein Wissen (und Gewissen), das die Mutter auch gleich in Anspruch nimmt mit dem Verlangen nach Sterbehilfe. Die ihr, so viel sei verraten, verweigert wird. Brezniks Protokoll der letzten Wochen, die sie mit ihrer Mutter in deren Zuhause verbringt, ist ein öffentlicher Abschied. Verwoben ist darin sowohl die Erinnerung daran, als Kind sehr geliebt zu werden, als auch die Einsamkeit eines Kindes, dem vor allem die Haustiere als Verbündete erschienen; Verziehenes hat Platz, aber auch Unverziehenes. LIB Melitta Breznik | Mutter. Chronik eines Abschieds | Luchterhand | 159 Seiten | 18 Euro

Krisenkunst In der ersten Corona-Welle tauchten niedliche und etwas unförmige Geister an Hauswänden auf, schnell waren es mehrere Hundert. Sie trugen die damals noch irritierenden Gesichtsmasken. HausbesitzerInnen schäumten, Eltern machten mit ihren Kindern Geister-Schnitzeljagden durch ihr Viertel. Weltweit wurde innerhalb kürzester Zeit Street Art zur künstlerischen Sprache der Pandemie. Demokratisch, politisch, hochaktuell, mindestens in rechtlichen Grauzonen und nicht gebunden an coronabedingt geschlossene Ausstellungsräume. Die Durchlässigkeit der Kunstform bringt rund um den Globus Werke von großer Bandbreite in Form und Ausdruck hervor. In seinem Fotoband zeigt der Street-Art-Experte Xavier Tapies Arbeiten von Künstlern wie Pøbel aus Norwegen, John D’ow aus England, Jeremy Novy aus L.A., dem Kölner Tim Ossege (SeiLeise) oder C215 aus Paris. Und er zeigt Neues, etwa aus Sao Paulo, Shanghai oder Teheran. Eine Entdeckungsreise und ein Zeitdokument, leider nur mit äußerst knappen Texten. Tapies lässt die Bilder sprechen. BP Xavier Tapies | Street Art in Zeiten von Corona | Midas | 128 S. | 16 Euro

Omas Ressentiments Großmutter kommt aus Russland und hält sich mit Diktatorenrussisch und einem Sack voller Ressentiments in Deutschland über Wasser. Selbstredend hält sie hier alles für Unfug: das Essen, die Erziehung, das Bildungssystem, die Hygiene, überhaupt: die Leute. Ihren Enkel Mäxchen hält sie – bei aller (Über-)Fürsorge – für geistig und körperlich krank, zurückgeblieben. Darum nennt sie ihn auch abwechselnd Kopffüßler, Einzeller, Idiot, Krüppel, Schwachkopf und was der ›Kosenamen‹ mehr sind. Mäxchens Großvater ergeht es in der Empfangnahme von Diminutiven nicht viel besser, etwa wenn sie ihn ermahnt: »Pass auf den Jungen auf, du Henker.« Als der sich in die ersatzweise Aufpasserin und stellenweise Klavierlehrerin von Mäxchen verliebt und ein Kind mit ihr macht, gerät das restriktive Ordnungssystem der Großmutter in Unordnung. Alina Bronsky gelingt hier einmal mehr – wie in ihrem Debut »Scherbenpark« – eine rasante, abgründig aberwitzige Erzählung aus der Perspektive des Enkels. Aber Vorsicht: für Zartbesaitete eher ungeeignet. FEL Alina Bronsky | Der Zopf meiner Großmutter | Kiwi-TB | 224 Seiten | 11 Euro

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Wir gehen sterben

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KULTURTIPPS Ausstellung Barocke Welten

Gegen Gewalt

Auf dieser literarischen Zeitreise entführt Marie Dettmer die Besucher in die barocke Welt der Fürstenmacht und Gartenpracht der Herrenhäuser Residenz. Neben ausdrucksvollen Gemälden und barocken Kostbarkeiten gibt es auch Dinge des Alltags der Bewohner der Stadt Hannover zu dieser Zeit zu entdecken. Bei einem Rundgang durch die Museumsräume lässt die Rezitatorin Augen- und Zeitzeugen zu Wort kommen und trägt Literarisches aus der Feder verschiedener Autoren vor. Sonntag, 27. Februar, Beginn 14 Uhr, Treffpunkt 13.45 Uhr im Foyer, Museum Schloss Herrenhausen, Alte Herrenhäuser Straße 3, Hannover, Anmeldung erforderlich unter buchungen.hmh@ hannover-stadt.de oder telefonisch unter 0511 – 168-43945, Eintritt 6 Euro, Jugendliche ab 12 Jahre 3 Euro, Kinder bis 12 Jahre frei.

Von der Zeichnung über Tafelbilder bis zu skulpturalen Objekten sowie Installationen und Performance – trotz ähnlicher Thematik weisen die Arbeiten der beteiligten Künstlerinnen und Künstler der Sammelausstellung »gegen GEWALT?« eine große mediale Vielfalt und künstlerische Spannbreite auf. In ihren Werken setzen sich Viktoria Diehn, Swaantje Güntzel, Timo Hoheisel, Ingo Lie, Lotte Lindner & Till Steinbrenner sowie Martin Spengler kritisch mit der gesellschaftlichen Situation unserer Zeit auseinander. Sie wollen in sinnlicher Anschauung gegen das Vergessen, gegen gesellschaftliche Erstarrungen und Fehlentwicklungen angehen und Einsprüche zu gesellschaftlichen Entwicklungen und Prozessen, die langfristig das menschliche Leben und Zusammenleben gefährden, formulieren. Gleichzeitig sind sie aber auch von der Hoffnung getragen, mit ihren Einsprüchen eine Stimme für notwendige Veränderungen zu befördern. Zur Eröffnung der Ausstellung am 21. Februar findet um 10.30 Uhr ein thematischer Gottesdienst im Beisein der Künstlerinnen und Künstler statt. Sonntag, 21. Februar, bis Sonntag, 28. März, mittwochs bis sonntags von 13 bis 19 Uhr, Markuskirche Hannover, Lister Platz/Oskar-Winter-Straße 7, Hannover, Eintritt frei.

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Kunst im öffentlichen Raum

SO WHAT I F W E H AV E TO PART, WE’LL BE TOGET HER AGAIN! LOUIS ARMSTRONG

Was haben alte Fahrräder, Porzellangeschirr, Brotmaschinen, Bretter, Schrott, Müll und Metall gemeinsam? Diese und viele andere Gegenstände hat der ungarische Künstler János Nádasdy in einem Zeitraum von zehn Jahren dreimal während des Altstadtfestes aus der Leine gefischt. Jeweils im Anschluss daran ließ er seine Fundstücke zu Quadern pressen und auf einen Sockel und die bereits vorhandenen Elemente setzen. Sein Kunstwerk »Leineentrümpelung« entstand, zu sehen am Hohen Ufer, Höhe Pferdestraße. Insgesamt wurden mehr als 200 Skulpturen, Plastiken und Installationen von verschiedenen Künstlern im Laufe der Jahrzehnte im Stadtraum von Hannover platziert. Auf vier verschiedenen Routen lassen sich diese wunderbar auf einem Stadtspaziergang zu Fuß entdecken. Täglich rund um die Uhr, Kartenübersicht mit den entsprechenden Touren, Fotos und Infos zu den Kunstobjekten und den KünstlerInnen gibt es unter www.visit-hannover.com/ kulturforfree.


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Konzert

Bühne

Sphärischer Dreampop

Carmen 2.0

Rau und emotional ist ihre Stimme, tiefgründig und mehrsprachig sind ihre Texte – nach einer langen Kreativphase ist Singer-Songwriterin Lùisa zurück und bringt mit »Deep Sea State of Mind« ihre erste Single seit drei Jahren heraus. Als einzigartiges Multitalent überzeugt die Indiepop-Künstlerin ihr Publikum nicht nur als starke Sängerin. Sie beeindruckt ebenso als hervorragende Gitarristin und stilsichere Produzentin von sphärischen Dreampop-Arrangements. In der Konzert-Streaming-Reihe »Press Play – Livestream Konzerte« stellt die Wahl-Hamburgerin ihr Können erneut unter Beweis. Sonntag, 21. Februar, Beginn 20 Uhr, www.youtube.com/ channel/UC0gaKs6OozXt21ZbcrfqcZA, Tickets gibt es unter www.eventbrite.de, Teilnahme 5 Euro.

Sie ist George Bizets wohl berühmteste Oper – Carmen. In Hannovers Staatsoper hat sie nun ein neues Gewand bekommen. Auch wenn das Stück weitgehend original erklingt, inklusive der meisten Orchesterparts und Gesangsnummern, so nimmt Hausregisseurin Barbora Horákovás Carmen die zentralen Figuren der Oper in den Blick und erzählt von der hochmodernen Frage, ob wir in der Lage sind, unser eigenes Begehren zu beherrschen. Was wird aus unseren Sehnsüchten, wenn wir nicht aus unserer Haut können? Carmens absolute Freiheitsvorstellung bedeutet die Befreiung von Rollenbildern – aber um welchen Preis? Musikalisch rückt Komponist Marius Felix Lange mit Texten von Martin Mutschler Bizets Partitur in ein neues Licht. Bis 10. Mai um 12 Uhr jederzeit abrufbar, www.operavision.eu/ de/bibliothek/auffuehrungen/opern/carmen-staatsoper-hannover, Teilnahme frei. Anzeige

Musik online Sing man to, sing man to … vun Herr Pastor sien Koh, jo, jo – nur einer von mehreren Klassikern zum Mitsingen, zu finden und zu hören auf der Internetseite des Länderzentrums für Niederdeutsch mit Sitz in Bremen. Ein anderer ist »Dat du mien Leefsten büst«, und selbstverständlich fehlt auch der »Hamborger Veermaster« nicht, ursprünglich ein Kirchenlied, heute eine Pflichtnummer für jeden Shanty-Chor. Auf der Internetseite kann jede und jeder das Mitsingen üben, heimlich und zu Hause, oder doch wenigstens sein Plattdeutsch aufmöbeln. Aber auch wer kein Platt kann, hat vielleicht seine Freude an den Quizfragen, Marke einfach, oder einem Memory-Spiel zum Anklicken. www.länderzentrum-für-niederdeutsch.de/kategorie/ lieder-und-lyrik

Kultur in Corona-Zeiten Ob Ausflug, Ausstellung oder andere Veranstaltungen: Bitte Mund und Nase bedecken und die Abstandsregeln einhalten. Für eine Rückversicherung, ob Veranstaltungen wie geplant stattfinden können oder eine Anmeldung vorab nötig ist, nutzen Sie bitte die jeweiligen Telefonnummern oder InternetAdressen. Viel kulturelles Vergnügen!

Schütze die Menschenrechte mit deiner Unterschrift, deiner Spende, deinem Einsatz.

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SILBENRÄTSEL Aus den nachfolgenden Silben sind 19 Wörter zu bilden, deren erste und fünfte Buchstaben – jeweils von oben nach unten gelesen – ein Sprichwort aus Griechenland ergeben: baum – be – bel – bel – ber – berg – blu – bung – cir – cras – de – del – del – del – di – ei – ein – er – far – fle – gold – hei – hen – in – in – isa – isa – kasch – klang – kunst – la – lo – lu – mann – me – mir – nu – rei – rus – schmie – stre – sus – tos – tria – über – um – ven – we – woll – xi – zie

1. Stadt an der Unterelbe 2. Architekt (neue Gedächtniskirche in Berlin) 3. Begriff aus der Physik 4. Verarbeitung von Edelmetall zu Schmuck 5. ägyptische und indische Seerose 6. beim Konto gefährlich 7. Federwolke 8. weiches glänzendes Gewebe

Unter den Einsendern der richtigen Lösung verlosen wir dreimal den Gesellschaftsroman »Grand Hotel Europa« von Ilja Leonard Pfeijffer. Ein junger Schriftsteller bezieht sein Zimmer in diesem geheimnisvollen Hotel. Während er die eleganten Gäste kennenlernt, fragt er sich, wie er seine große Liebe Clio zurückgewinnen kann. Ein Buch über unsere europäische Identität und die Nostalgie am Ende einer Ära. Ebenfalls dreimal können Sie das Buch »Applaus dem Anarchismus« von James C. Scott gewinnen. Ein lebhaftes, oft amüsantes Plädoyer für eine anarchistische Sicht auf die Welt. Der renommierte Politologe erzählt Beispiele und Anekdoten aus dem sozialen und politischen Alltag und der Geschichte von Massenprotesten und Revolutionen, die den gesunden Menschenverstand, das Urteilsvermögen und die Kreativität der Leute feiern. Das wunderbare Bilderbuch »Jim ist mies drauf« von Suzanne Lang gibt es dreimal zu gewinnen. Jeder hat mal schlechte Laune – und manchmal lässt man die an seinen Freunden aus, obwohl man das gar nicht möchte. So geht es auch dem Affen Jim, der lernt, dass man Emotionen nicht unterdrücken sollte. Eine lustige und kindgerechte Geschichte über den Umgang mit Gefühlen wie Ärger und schlechter Laune, ab 4 Jahren.

9. Mädchenname 10. seltenes Metall 11. Angehöriger von Caesars Triumvirat 12. Stadt in Baden-Württemberg 13. besonders eifriger Schüler 14. Übereinstimmung 15. nicht dehnbar

Die Lösung des Januar-Rätsels lautet: Lass die Seele baumeln, habe den Mut zur Muße.

16. Biberratte

Das Silbenrätsel schrieb für Sie Ursula Gensch. Die Lösung (ggf. mit Angabe Ihres Wunschgewinnes) bitte an: Asphalt-Magazin, Hallerstraße 3 (Hofgebäude), 30161 Hannover; E-Mail: gewinne@asphalt-magazin.de. Einsendeschluss: 28. Februar 2021. Bitte vergessen Sie Ihre Absenderadresse nicht! Viel Glück!

17. tropisches Holzgewächs 18. leicht graugelb 19. wohlriechende Sträucher


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Der rechte Baron und die Lust am Lachen 120 Jahre ist es her, da öffnete in Berlin das erste Kabaretttheater auf deutschem Boden seine Pforten. In Frankreich gab es so etwas schon seit Jahrzehnten. »Cabaret« meint im Französischen eine kleine Schänke oder aber auch einen gefächerten, unterteilten Teller, die Hors d’Ouevre-Platte. Und so wie auf diesem Teller verschiedenste Gaumenspeisen kredenzt werden, präsentieren sich im Cabaret die verschiedensten Künste in Form einer Revue. Literarisch, satirisch, musikalisch, aber immer jenseits des klassischen Theaters oder der Oper. Der Mann, der als erster das Cabaret nach Deutschland brachte, war Baron Ernst von Wolzogen. Entsprungen einer Adels- und Theaterfamilie eröffnete von Wolzogen am 18. Januar 1901 in Anlehnung an Nietzsches Übermensch das Cabaret-Theater »Über-Brettl«. Dieses musste er allerdings im Jahr darauf schon wieder schließen, was nicht an einem Lockdown lag, sondern eher an einem Knockdown, denn im gleichen Jahr eröffneten in der Hauptstadt weitere 40 Cabaret-Bühnen. Konkurrenz zerlegt das Geschäft. In diesem Fall zumindest. Baron von Wolzogen war übrigens ein eher stieseliger Typ, rechts bis in die Knochen, ein erbitterter Demokratiegegner und später glühender Nationalsozialist. Im Völkischen Beobachter schrieb er 1932 einen Wahlaufruf zugunsten Hitlers. Da er 1934 starb, erlebte er die Konsequenzen seines Tuns nicht mehr. Das also soll der Vater des Kabaretts sein? Man sucht sich seine Väter nicht aus! Und die Geschichte lässt sich nicht revidieren. Aber vielleicht war er aus diesem Grunde auch nicht so erfolgreich wie Otto Reuter, Joachim Ringelnatz oder Kurt Tucholsky. Da die Nazis weder eine Neigung zur Selbstkritik noch die Befähigung zum befreienden Humor hatten, schwieg das Kabarett übrigens dann tausend Jahre lang. Im Nachkriegsdeutschland aber blühte es auf. Denken Sie nur an den Mann mit der Pauke, Wolfgang Neuss. Damals noch nicht mit ohne Zähne. Hanns Dieter Hüsch, Wolfgang Gruner oder Lore Lorentz, sie alle sorgten für Unterhaltung mit Haltung. Kabarett eben – inzwischen mit hartem T am Ende. Oder anders formuliert: Kabarett ist oben mit, Cabaret ist oben ohne. Und was ist nun der Unterschied zwischen Kabarett und Comedy? Ein Kollege formulierte es mal so: »Der Comedian macht es wegen dem Geld. Der Kabarettist wegen des Geldes.« So oder so – mit geschlossenen Theatern ist es gerade unmöglich geworden, überhaupt Geld damit zu verdienen. Hoffen wir, dass es in diesem Jubiläumsjahr auch noch mal anders wird. Nehmen wir also die Welt mit Humor, auch wenn es manchmal nur Galgenhumor sein kann. Und schließen wir mit Dieter Hildebrandt: »Statt zu klagen, daß wir nicht alles haben, was wir wollen, sollten wir lieber dafür dankbar sein, daß wir nicht alles bekommen, was wir verdienen!« Matthias Brodowy/Kabarettist und Asphalt-Mitherausgeber


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