2018 02 Asphalt

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2,20 EUR davon 1,10 EUR Verkäuferanteil

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NICHT GETRÄUMT ZEITLOS

ZEITZEUGEN

ZEITZEICHEN

40 Jahre Nena – ein Leben mit Musik

Das Erbe der Shoa-Überlebenden wird weitererzählt

Neuer Diakonie-Chef Lenke mahnt zum Kampf gegen Armut


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Notizblock

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Angespitzt

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Raubkunst auf der Spur Provenienzforscher spüren der Herkunft von Kunstwerken nach. Neben Fälschungen oder Diebesgut soll so vor allem auch NS-Raubkunst identifiziert werden.

11 Die Z(w)eitzeugen Erna de Vries hat zwei Konzentrationslager überlebt. Katharina Spirawski sorgt dafür, dass ihre Geschichte auch in Zukunft noch gehört wird.

14 Wer war eigentlich …? 15 »Danke!« 40 Jahre Bühne, vier Kinder, drei Enkelkinder, Weltstar: Nena. Im Interview spricht die 57-jährige Künstlerin über Gott und die Welt. Und die Musik.

19 »Stimme sein!« Hans-Joachim Lenke (59) ist der neue Vorstandvorsitzende der Diakonie Niedersachsen. Asphalt stellt ihn vor.

22 Aus der Szene 23 Das muss mal gesagt werden 25 aktiv & engagiert – Initiativen, die Beachtung verdienen 26 Wir verlosen Karten für den Zoo 26 Rund um Asphalt 30 Bauer, Turm und Königin In einem Armenviertel der ugandischen Hauptstadt Kampala lernen Kinder Schach.

34 Buchtipps 35 Februar-Tipps 38 Impressum/Ihr Engagement

Titelfoto: Kristian Schuller

39 Silbenrätsel

Das Asphalt-Prinzip Asphalt-Verkäuferinnen und -Verkäufer sind Menschen mit brüchigen Biographien. Irgendwann sind sie in ihrem Leben durch schwere Schicksale, Krankheiten oder traumatische Erlebnisse aus der Bahn geworfen worden. Heute versuchen sie, durch den Verkauf des Asphalt-Magazins ihrem Leben wieder Struktur und Sinn zu verleihen. Viele sind oder waren wohnungslos, alle sind von Armut betroffen. Sie kaufen das Asphalt-Magazin für 1,10 Euro und verkaufen es für 2,20 Euro. Asphalt ist eine gemeinnützige Hilfe-zur-Selbsthilfe-Einrichtung und erhält keinerlei regelmäßige staatliche oder kirchliche Zuwendung.


wie beschämend! Deutschland hat Jahrzehnte gebraucht, um die verbrecherischen Kunst-Raubzüge des NS-Regimes aufzuklären und die Opfer zumindest teilweise zu entschädigen. Wie das in Oldenburg versucht wird, beleuchten wir in diesem Heft. 600.000 Kunstwerke stahlen die Nationalsozialisten jüdischen Eigentümern, Sammlern und Galeristen. Oder sie zwangen sie, ihren kostbaren Besitz weit unter Wert zu verkaufen. In Deutschland, Österreich, in West- und Osteuropa. Hitler selbst, Hermann Göring, Josef Goebbels, Albert Speer und Baldur von Schirach um nur einige zu nennen - verleibten sich Gemälde und Plastiken für private Sammlungen ein, andere Werke wurden versteigert, um die NS-Staatskassen zu füllen. Nach 1945 erklärten die Alliierten die Raubzüge der Nazis zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit und bestanden auf Rückgaberegelungen. Die wurden in Deutschland aber nur unzureichend umgesetzt. Erst 1999 verpflichteten sich Bund, Länder und Kommunen dazu, intensiv nach geraubten Kunstwerken zu suchen und sie an die Eigentümer oder ihre Erben zurückzugeben. Auch das war keine deutsche Initiative, sondern fußte auf einer internationalen, der »Washingtoner Erklärung«. Damit gerieten neben Privatbesitzern nun ebenfalls alle Museen und Galerien in den Blickpunkt. Doch die Rückgabe verläuft keineswegs überall reibungslos. Das nenne ich beschämend. Die Regelung von 1999 ist kein Gesetz, sondern nur eine Aufforderung. Von der Bundesregierung zwar mit Geld und Forschung ausgestattet, aber jedes Museum entscheidet selbst, ob und wie es dieser moralischen Verpflichtung nachkommt. Unser Umgang mit NS-Raubkunst ist insofern ein Beispiel unter vielen dafür, dass wir in Deutschland noch lange nicht fertig sind mit der Aufarbeitung der nationalsozialistischen Verbrechen. Umso wichtiger, sie immer wieder zu benennen. Wir tun das mit einem weiteren Thema: »Z(w)eitzeugen«. Beschrieben wird hier der Versuch, die Erinnerungen Holocaust-Überlebender wach zu halten. Die meisten von ihnen sind mittlerweile sehr alt, viele bereits gestorben. Ihre Geschichten im Bewusstsein jüngerer Generationen dennoch präsent werden zu lassen, ist schwierig. Lassen Sie sich von dem Versuch anregen. Herzlich Ihre

Hanna Legatis · Mitherausgeberin von Asphalt

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Liebe Leserin, lieber Leser,

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Foto: Stefan Sauer/dpa

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Teure Tiere Hannover/Cloppenburg. Höhere Preise für Fleisch, Milch und Eier hat Niedersachsens neue Agrarministerin Renate Otte-Kinast (CDU) zugunsten von mehr Tierwohl angekündigt und damit den Kurs ihres Vorgängers Christiaan Meyer (Grüne) fortgesetzt. Außerdem will sie die Gülleproduktion im Land reduzieren. Der Zeitdruck sei «extrem«, »Havariefälle« mit Gülle drohten, so überraschend drastisch hat die Ministerin die Probleme mit zu viel Gülle aus den Mastbetrieben im Nordwesten des Landes jüngst skizziert. Weil rund um Vechta und Cloppenburg massenweise Tiere für die Fleischproduktion in Agrarfabriken hergestellt werden, fallen in Niedersachsen überdurchschnittlich viel Tierexkremente an, die als Gülle im Land auf Wiesen und Feldern verspritzt werden müssen. Laut Ministerium wurden im Jahr 2017 70.000 Tonnen zu viel Stickstoff und 30.000 Tonnen zu viel Phosphat produziert. Die Gülle auf den Feldern hat in manchen Gegenden das Grundwasser dermaßen verunreinigt, dass jeder dritte Brunnen geschlossen werden musste. Der BUND hat deshalb gefordert, deutlich weniger Fleisch zu produzieren. MAC

Arbeitskreis für Wohnen Hannover. Ein »Bündnis für bezahlbaren Wohnraum« soll Niedersachsen aus der selbstverschuldeten Wohnraummisere helfen. Das hat Niedersachsens Bauminister Olaf Lies (SPD) jetzt angekündigt, nachdem zuletzt von verschiedenen Seiten mit besonderer Dringlichkeit der Bau von mehr Wohnraum angemahnt worden war. Gemeinsam mit der vdw, dem Verband der Wohnungswirtschaft in Niedersachsen Bremen, sowie unterschiedlichen Interessengruppen und Praktikern aus den Kommunen will Lies für baldige Entspannung am Wohnungsmarkt sorgen. »Mir ist wichtig, dass die Preise für Wohnraum sowohl in den Städten als auch im ländlichen Raum nicht explodieren«, sagte der Minister ohne konkrete Mietobergrenzen oder geplante Fertigstellungen zu nennen. Damit die Wohnungswirtschaft überhaupt erst wieder im preisgünstigen Segment aktiv werde, müssten die Investitionsanreize erhöht, mehr günstiges Bauland bereitgestellt und für Bauauflagen »pragmatische Lösungen« gefunden werden. Zuletzt hatten Caritas und Mieterverein auf baldigen Bau von mehr Sozialwohnungen gedrängt. »Das Problem hat die Mitte unserer Gesellschaft erreicht«, warnte Caritas-Präsident Peter Neher. Nach Berechnungen der landeseigenen N-Bank wird die Zahl der Sozialwohnungen von 90.000 im Jahr 2016 um zwei Drittel auf 30.000 Sozialwohnungen im Jahr 2020 sinken, wenn nicht gebaut wird. Nur für 5.000 bis 7.000 neue Sozialwohnungen seien im vergangenen Jahr Fördergelder bereitgestellt worden, kritisierte der Justiziar beim Deutschen Mieterbund in Hannover, Reinhold von Thadden. »Wir haben inzwischen Mieten, die jenseits von Gut und Böse sind.« MAC

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ZAHLENSPIEGEL »LEIHARBEIT MACHT KRANK«

Mehr Aussiedler

Rotenburg/Hannover. Das Niedersächsische Sozialministerium hat zwei Studien in Auftrag gegeben, um möglicherweise Fracking-Bohrungen als auslösende Faktoren für die Entstehung spezieller Blutkrebsarten zu untersuchen. »Der Schutz der örtlichen Bevölkerung hat oberste Priorität – wir haben an renommierte Institute Aufträge vergeben, um mehr Informationen bezüglich der möglichen Ursachen für Krebserkrankungen zu gewinnen«, sagte Niedersachsens Gesundheitsministerin Carola Reimann. Hintergrund: Auswertungen des Epidemiologischen Krebsregisters Niedersachsen (EKN) in den Jahren 2014 und 2015 hatten im Landkreis Rotenburg (Wümme) eine erhöhte Neuerkrankungsrate bei Blutkrebserkrankungen von Männern gezeigt. Die Krebserkrankungen könnten mit der wohnlichen Nähe zu Erdgasförderanlagen und deren Bohrschlammgruben in Zusammenhang stehen. Die Studien sollen diesen Verdacht nun genauer überprüfen. Ergebnisse werden für Anfang 2019 erwartet. MAC

Friedland. 7.134 Menschen sind im vergangenen Jahr im bundesweit einzigen Aufnahmelager Friedland bei Göttingen angekommen. Zehn Prozent mehr als im Vorjahr. Die sogenannten Spätaussiedler sind deutschstämmige Bürger von Ländern der einstigen Sowjetunion. Die meisten der jüngst Angekommenen sind junge Familien, die im Rahmen des Familiennachzugs zu ihren bereits in Deutschland lebenden Verwandten wollen. Allein in Kasachstan leben heute noch 160.000 Nachkommen ehemals deutscher Auswanderer. MAC

Neue Stromtrasse Emden/Nordhorn. Eine neue Starkstromtrasse von den Windparks der Nordsee ins Rheinland will der Trassenbauer Am­ prion verlegen. Unterirdisch. Für zwei Milliarden Euro. Der jetzt vorgeschlagene Verlauf beginnt bei Emden und führt über Rheda, Nordhorn, Bad Bentheim, Vreden und Borken nach Düsseldorf. Der metergenaue Korridor soll im März bei der Bundesnetzagentur beantragt werden. Die Trasse soll im Jahr 2025 Strom liefern. Widerstand wird vor allem von Landwirten erwartet. Im Westen Niedersachsens wehren sich Bauern gegen die bis zu 40 Meter breiten und zwei Meter tiefen Anlagen aus Angst vor minderen Ernten in der Nähe der Trassen. MAC

Rund 90.000 Menschen arbeiten in Nieder­ sachsen in Leiharbeit, in Bremen 18.000. In

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Niedersachsen sind das 2,8 % aller Beschäftigten, in Bremen 4,7 % – Spitzenwert in Deutschland. Leiharbeiter sind Laut Barmer Gesundheits­report um 30 %

häufiger aus psychischen Gründen

krankgeschrieben als die Stammbelegschaft.

Psychopharmaka wurden befristet Ange­ stellten 20 % häufiger verordnet als dem Durch­ schnitt. Und Leiharbeiter waren um 60 % länger wegen psychischer Störungen im Kranken-

haus als Kollegen der Stammbelegschaft.

Beratung sofort nach Beitritt! Jetzt Mitglied werden! Kompetente Hilfe bei allen Fragen zum Mietrecht. Herrenstraße 14 · 30159 Hannover Telefon: 0511–12106-0 Internet: www.dmb-hannover.de E-Mail: info@dmb-hannover.de Außenstellen: Nienburg, Hoya, Celle, Neustadt, Springe und Obernkirchen.

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Land prüft Krebsfälle

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ANGESPITZT

Die Wissenschaft hat festgestellt, dass Krokodile wahre Überlebens­ künstler sind. Dass sie nämlich auch eisigste Temperaturen komplett schadlos überstehen. Im Sumpf amerikanischer Südstaaten von außergewöhnlicher Kälte überrascht, froren jüngst die Nachfahren der

»DIE KUNST DES ÜBERLEBENS«

Dinosaurier komplett im Eis ein. Gefangen, erstarrt, scheintot. Nur die

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große Klappe blieb an der frischen Luft. Jedem Warmblüter wäre die bittere Kälte binnen Minuten zum Verhängnis geworden, nicht aber den Krokodilen. Denn diesen fehlt von jeher die eigene Körperkerntempera­ tur. Der Stoffwechsel wird kurzerhand quasi auf Null gestellt, und dann heißt es warten. Auf bessere Zeiten. Oder auf die neue Zeit. Nun ist die SPD ja sozusagen der Dino unter den Parteien. Lange fragte man sich, wie die sozialdemokratischen Grokodile angesichts der ihnen entgegenschlagenden Eiseskälte im politischen Sumpf der letzten Jahre so gut überleben konnten. Kaum noch Zuneigung, wenig Wärme, kalte Herzen seitens der Wählerschaft hätten sie eigentlich längst dahinraffen müssen. Doch es kam anders. Vielleicht hat das ja auch irgendwie mit dieser Kerntemperatur zu tun. Volker Macke


ASPHALT 02/18 Foto: picture-alliance/akg-images

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RAUBKUNST AUF DER SPUR Provenienzforscher spüren der Herkunft von Kunstwerken nach. Neben Fälschungen oder Diebesgut soll so vor allem auch NS-Raubkunst identifiziert werden. Boykotte, Berufsverbote, Enteignungen. Der Holocaust hatte eine Vorgeschichte fortschreitender Diskriminierungen und Entrechtungen der jüdischen Bevölkerung seit Beginn der NS-Herrschaft 1933. Die Nazis drängten die Juden nicht nur aus dem öffentlichen Leben, sondern hatten es von Beginn an auch auf deren Besitz abgesehen. In vielen Kunstsammlungen finden sich auch 72 Jahre nach Kriegsende noch Objekte, die ihren Vorbesitzern gewaltsam geraubt wurden oder die im Rahmen des nationalsozialistischen Unrechtsregimes scheinbar legal, aber tatsächlich unter dem Druck zunehmender Verfolgung den Eigentümer wechselten. Dr. Marcus Kenzler überprüft seit sieben Jahren, ob sich im Oldenburger Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Raubkunst aus der Zeit des Nationalsozialismus befindet. Die Provenienzforschung ist Voraussetzung für die Durchsetzung

von Restitutionsansprüchen, also Forderungen nach Rückgabe oder Entschädigung. »Die besagten Objekte fanden sich anschließend in Museen aber auch in privaten Haushalten wieder. Wertvolle und kulturhistorisch bedeutende Stücke wurden aussortiert und entweder auf Auktionen an ein kunstinteressiertes Publikum verkauft oder an Museen des Reiches mit entsprechenden Sammlungen überwiesen«, beschreibt der Provenienzforscher den damaligen Umgang mit den geraubten Werken. Jüngstes prominentes Beispiel ist der inzwischen verstorbene Kunstsammler Cornelius Gurlitt, der im Besitz zahlreicher Bilder war, deren Herkunft teilweise als belastet gilt und die derzeit durch Provenienzforscher geklärt wird. Auch in Oldenburg und der Region profitierten Menschen von beschlagnahmten Gütern deportierter Juden aus besetzten Gebieten in Holland,

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Foto: K. Zempel-Bley

Vielen Menschen ist das Problem überhaupt nicht bewusst Belgien, Luxemburg und Frankreich. Das Raubgut – gewesen. Dass es jetzt offensiv angegangen und darüber aufgein diesem Zusammenhang klärt wird, findet großes öffentliches Interesse. »Schließlich hat wurde der Begriff »Hol- sich die Wahrnehmung verändert und es wird begrüßt, dass wir landgut« geprägt – wurde unserer historischen Verantwortung nachkommen«, ergänzt an zentralen Orten gesam- Marcus Kenzler. So bezeichnet Rainer Stamm die Provenienzmelt und später an kinder- forschung in Oldenburg nach sieben Jahren als Erfolgsmodell, reiche Familien oder Bom- zumal der Funke auch auf die anderen Museen in der Stadt Olbengeschädigte verteilt denburg übergesprungen ist. Man befindet sich mittlerweile in einem sehr regen Ausoder auch verkauft. Allein nach Oldenburg kamen tausch. Außerdem ist auf Initiative von Marcus Kenzler und Dr. 884 Waggons mit »Hol- Andreas von Seggern, Direktor des Stadtmuseums Oldenburg, landgut«. Bis heute, ist zu 2014 eine Sondersammlung für belastetes Kunst- und Kulturvermuten, befindet sich güter aus jüdischem Vorbesitz entstanden, die sich bis heute noch in manchem Haus- in Privatbesitz befinden. Sie dient dazu, dass Privatpersonen halt »Hollandgut«, ohne vermeintliches Raubgut in treuhänderische Verwahrung geben Marcus Kenzler zeigt das Apothekendass ihre Besitzer wissen, können, damit es im besten Fall jene Menschen finden, denen gefäß, das im Zuge der Provenienzdass es sich um Raubgut das Objekt tatsächlich gehört. Die Werke gehen also nicht in forschung mit einer eindeutig belasden Besitz des Museums über. »Wir nehmen sie lediglich in handelt. teten Herkunft identifiziert wurde. Die Kulturstaatsminis- Obhut mit dem Ziel, sie ihren rechtmäßigen Eigentümern beterin des Bundes, Monika Grütters, die Kulturmi- ziehungsweise Erben auszuhändigen«, erklärt Andreas von nisterinnen und -minister der Länder und Vertreter Seggern. Erste Objekte befinden sich bereits in der Sammlung. Doch zurück zur Oldenburger Provenienzforschung. der kommunalen Spitzenverbände haben deshalb am 1. Januar 2015 ein »Deutsches Zentrum Kultur- »Durch Marcus Kenzlers Arbeit erfährt das Museum auch sehr gutverluste« in Magdeburg gegründet. Alle öffent- viel über die Geschichte seiner Sammlungen. Wenn wir die Gelichen Einrichtungen sind seither aufgerufen, ihre schichte unserer Objekte nicht kennen, können sie nicht spreKulturgutbestände zu überprüfen und unklare be- chen«, macht Rainer Stamm klar. Provenienzforschung hat zuziehungsweise verdächtige Vorgänge offen zu legen, dem viel mit Qualitätskontrolle zu tun«, fährt er fort und findet es wichtig zu wissen, dass alles, was im Museum gezeigt und was durch die Provenienzforscher erfolgt. Das Thema ist bis heute heikel, »aber die Öffent- eingelagert ist, dem Haus auch rechtmäßig gehört. Der Provenienzforscher konnte bis heute zwölf Werke und lichkeit hat ein Recht darauf, alles über die Herkunft unserer Objekte zu erfahren«, meint der Direktor des Objekte als dringende Verdachtsfälle identifizieren, zwei KeraOldenburger Landesmuseums, Rainer Stamm. Des- mikobjekte aus der kunstgewerblichen Sammlung des Museums wurden bereits an ihre rechthalb hat ihn nichts davon mäßigen Besitzer zurückgegeben. abgehalten, sich für die »Wenn wir die Geschichte unDie Spurensuche ist oftmals komProvenienzforschung in serer Objekte nicht kennen, pliziert und erfordert nicht nur viel seinem Haus stark zu makönnen sie nicht sprechen.« Kompetenz und Erfahrung – auch in chen und er erhielt zudem Hinblick auf die Spezifika der RegiUnterstützung von der Rainer Stamm, Landesmuseum Oldenburg on – sondern auch kriminalistischen Niedersächsischen Lan­ desregierung. »Es geht bei dieser Arbeit keineswegs Spürsinn. Oft führen die Spuren über die Landes- und Bundesum Gutmenschentum, sondern wir wollen wissen, grenzen hinaus bis auf andere Kontinente. Das Oldenburger Landesmuseum verfügt über mehr als ob uns alles, was sich in unseren Ausstellungen und Depots befindet, rechtmäßig gehört«, stellt er klar 30.000 Objekte, von denen rund 20.000 auf den Prüfstand geund spricht von der Provenienzforschung als ei- stellt werden müssen. »Überprüft werden alle Erwerbungen ner seriösen Ergänzung der Objektgeschichte. »Wir von 1933 bis heute«, erklärt Marcus Kenzler. So zum Beispiel möchten unserer historischen Verantwortung nach- das Gemälde »Die Rückkehr der Heiligen Familie aus Ägypten« kommen und streben faire und gerechte Lösungen von Wolfgang Heimbach aus dem Jahr 1657. Es ist eines seiner an«, stellt er klar und stößt nach anfänglicher Skep- herausragenden Gemälde und befindet sich in der landesgeschichtlichen Dauerausstellung des Schlosses. sis inzwischen auf viel Zustimmung.


Foto: K. Zempel-Bley

Ob Inventarbücher, Briefe, Postkarten oder andere Schriftstücke – für die Provenienzforschung beinhalten sie mitunter eine heiße Spur.

Aufkleber, Stempel und Schriftzeichen können wichtige Hinweise für die Herkunft eines Objektes sein.

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Marcus Kenzler gelang es jedoch, die Herkunft des Bildes zweifelsfrei zu klären und zwar mit Hilfe einer Kollegin des Museum of Modern Art in New York, die dort in die Archive ging und Marcus Kenzler wichtige Unterlagen und Informationen zukommen ließ. Objekte, die dem Museum nicht rechtmäßig gehören und die in Ausstellungen zu sehen sind, deren Erben aber nicht ausfindig gemacht werden können, werden im Landesmuseum gekennzeichnet, damit die Besucher über den Hintergrund informiert sind.

Foto: K. Zempel-Bley

»Es ist mir buchstäblich vor die Füße gefallen«, sagt der Forscher. Denn laut der Inventarbücher, die seit der Gründung des Museums akribisch geführt wurden und vollständig erhalten sind, ist das Gemälde im August 1941 in Holland von der einflussreichen Amsterdamer Kunsthandlung D.A. Hoogendijk & Co. erworben worden. Zudem ist bekannt, dass die Kunsthandlung an den Raubzügen der Nazis verdient hat. Auf der Rückseite des Gemäldes befinden sich verschiedene Stempel, unter anderem mit dem Reichsadler und dem Schriftzug »Hauptzollamt Oldenburg« sowie dem Schriftzug »Monsterzegel Amsterdam No.8«. Marcus Kenzlers Recherche ergab, dass das Gemälde 1935 auf dem Pariser Kunstmarkt angeboten worden ist. 1939 wurde es von Richard Goetz an Hoogendijk verkauft. 1941 erwarb es das Oldenburger Landesmuseum. Richard Goetz war ein deutscher Emigrant gewesen, der seit der Jahrhundertwende als Maler in Paris lebte. 1940 emigrierte er in die USA. Warum, das muss der Provenienzforscher herausfinden. Gab es einen Verfolgungsgrund oder nicht? Musste er möglicherweise vor der deutschen Wehrmacht fliehen, die in Paris einmarschierte? »Ich weiß inzwischen, dass er am Black Mountain College in North Carolina gelehrt hat, aber weshalb er Paris verlassen hat, weiß ich derzeit noch nicht«, berichtet Marcus Kenzler. Somit wird der Kunsthistoriker seine kriminalistischen Fühler in den USA ausstrecken müssen. Zum Glück kennt er dort Kollegen, die ebenfalls die Provenienz erforschen und kann auf Amtshilfe hoffen. Fällt Marcus Kenzlers Verdacht beispielsweise auf ein Gemälde, so nimmt er es buchstäblich auseinander. Vor allem die Rückseiten der Rahmen und Werke weisen mitunter Spuren auf. Da sind Stempel und Schriftzüge zu entdecken, kleben Zettel mit Zahlen oder es wurden Zahlen und Buchstaben darauf geschrieben, die dem Kunsthistoriker aufgrund seiner Erfahrung sofort etwas mitteilen und er die Spur aufnehmen kann. Mitunter entdeckt Marcus Kenzler Briefe und andere Dokumente, die wertvolle Hinweise auf die Herkunft eines Objektes geben. Eine besondere Spannung machte sich im Museum bei der Überprüfung des »Stilllebens mit Reiterfigur« von Emil Nolde aus dem Jahr 1919 breit, das im Prinzenpalais des Landesmuseums hängt. Auch hier bestand Zweifel am rechtmäßigen Besitz. »Solch ein Bild aus der Sammlung möglicherweise zu verlieren, wäre sehr hart. Aber uns geht es um die Restitution von Raubkunst unabhängig von ihrem Wert«, stellt Marcus Kenzler klar. »Das heißt, es wird unsererseits alles versucht, um derartige Kunstwerke ihren rechtmäßigen Eigentümern beziehungsweise Erben zurückzugeben. Das kann eine Holzkommode oder eben ein Nolde sein. Hätte ich herausgefunden, dass das Gemälde unrechtmäßig in unser Haus gekommen ist, hätten wir sofort nach den rechtmäßigen Erben gesucht und das Bild aus der Sammlung genommen.«

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Im Zuge der Provenienzforschung wurde ein Apothekenge- und legen Standards fest. So hat sich das Oldenburger Landesfäß aus dem späten 18. Jahrhundert – auch Albarello genannt museum weit über die Landesgrenzen hinaus einen Namen ge– inzwischen mit einer eindeutig belasteten Herkunft identi- macht. Auch die Universität Oldenburg mit ihrem Fachbereich fiziert. Dennoch konnte es in der Sammlung verbleiben, weil für Sprach- und Kulturwissenschaften hat die Bedeutung der das Museum das Gefäß mit Hilfe der Oldenburgischen Land- Arbeit des hiesigen Provenienzforschers erkannt und das Theschaft rechtmäßig von dem Erben erwerben konnte. Bei dem ma in den Lehrplan der angehenden Museumswissenschaftler aufgenommen. Seit vier Jahren Gefäß war Marcus Kenzler schnell lehrt Marcus Kenzler an der Hochklar, dass er fündig geworden war. »Die Öffentlichkeit hat ein Recht schule. Damit ist die Universität Der Albarello stammt aus den Niedarauf, alles über die Herkunft neben der FU Berlin bundesweit derlanden und wurde Ende des unserer Werke zu erfahren.« Vorreiterin, und das Interesse an 18. Jahrhunderts hergestellt. 1942 Provenienzforschung seitens der hat der damalige GründungsdirekRainer Stamm, Landesmuseum Oldenburg Studierenden ist sehr groß. tor des Landesmuseums für Kunst Um der Öffentlichkeit einen Einblick in die Provenienzforund Kulturgeschichte, Dr. Walter Müller-Wulckow, das Gefäß in Amsterdam für 800 Gulden (rund 3.600 Euro) von dem ihm gut schung zu ermöglichen, zeigt das Oldenburger Landesmuseum bekannten jüdischen Kunsthändler Mozes Mogrobi erworben. noch bis zum 25. Februar 2018 die Ausstellung »Herkunft verBereits 1947 leitete die britische Militärregierung das Restitu- pflichtet! – Die Geschichte hinter den Werken«. Sie informiert tionsverfahren »Dutch Restitution Claim No 8073« gegen das darüber, was Provenienzforschung ist, was sie will und welche Landesmuseum Oldenburg ein. Angesichts des Widerstands Resultate sie in den letzten Jahren erzielt hat. durch Walter Müller-Wulckow, der den Erwerb des Albarello Katrin Zempel-Bley als rechtmäßig bezeichnete, wurde das Verfahren jedoch ergebnislos eingestellt. »Er fühlte sich zu Unrecht angegriffen«, Anzeige erzählt Marcus Kenzler. So schrieb er 1947 an den Amsterdamer Kunsthändler und bat ihn um eine offizielle Bescheinigung, dass der Kauf rechtmäßig von statten gegangen sei. Der Brief in Kopie befindet sich im Landesmuseum. Das Original kam nie zurück, obwohl Mozes Mogrobi zu dieser Zeit schon drei Jahre tot war. Er wurde Schreiben Sie für die Menschenrechte – 1944 in Auschwitz von den Nazis ermordet. »Tatsächlich war gegen Verfolgung, Gewalt und Folter der Kunsthändler 1942, als der Verkauf vollzogen wurde, nicht mehr Herr seines Geschäfts. Er handelte unter dem Druck der Nazis, die längst die Oberhand hatten. Mogrobi hat auch von dem Erlös des Gefäßes nicht mehr profitiert. Somit war der Erwerb nicht rechtmäßig«, macht Marcus Kenzler deutlich. Den Brief von 1947, das weiß der Kunsthistoriker inzwischen, erhielt Mogrobis Frau, die das Konzentrationslager überlebt hatte. Die Rückgabe des Gefäßes stellte sich einfach dar, was meistens nicht der Fall ist. Die Haager Restitutionskommission half Gemeinsam für die Menschenrechte Marcus Kenzler, weil der Erbe des Kunsthändlers Mozes MoSie können helfen: Wir laden Sie herzlich ein, uns montags zu grobi bereits 2007 im Rahmen eines Restitutionsverfahrens 14 besuchen. Lassen Sie Ihren Tag mit einer guten Tat bei Kaffee, Tee Objekte vom niederländischen Staat ausgehändigt bekam, die und Gebäck ausklingen, indem Sie sich mit Faxen, Petitionen oder Briefen gegen Menschenrechtsverletzungen in aller Welt einsetzen. seinem Großvater gehört haben. Marcus Kenzler nahm Kontakt zu dem Enkel des Kunsthändlers auf und weihte ihn in die Öffnungszeiten: Geschichte des Albarellos ein. Der zeigte sich angenehm überMontag 18 bis 19 Uhr after work cafe Dienstag 11 bis 12 Uhr, Donnerstag 18.30 bis 19.30 Uhr rascht, dass ein deutsches Museum von sich aus auf ihn zuamnesty Bezirksbüro Hannover kommt und bot seinerseits den Erwerb an, weshalb das Gefäß Fraunhoferstraße 15 · 30163 Hannover seither rechtmäßig in der kunstgewerblichen Abteilung steht. Telefon: 0511 66 72 63 · Fax: 0511 39 29 09 · www.ai-hannover.de Die rund 175 Provenienzforscher in Deutschland, von deSpenden an: IBAN: DE23370205000008090100 · BIC: BFSWDE33XXX nen zwölf mittlerweile fest beschäftigt sind, leisten derzeit Verwendungszweck: 1475 Pionierarbeit. Sie entwickeln bundesweite Handreichungen

a m n e s t y a f t e r wo r k


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DIE Z(W)EITZEUGEN Erna de Vries hat die Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau und Ravensbrück überlebt. Katharina Spirawski sorgt dafür, dass ihre Geschichte auch in Zukunft noch gehört wird. Mit ihren 94 Jahren ist Erna de Vries noch immer eine vielbeschäftigte Frau. Aber wenn sich eine Lücke in ihrem Terminkalender finden lässt, lädt sie gerne zum Gespräch. Zu erzählen hat die adrett gekleidete, betagte Dame wahrlich viel. Als junge Frau überlebte sie den Holocaust, im Vernichtungslager Auschwitz verlor sie ihre Mutter. Davon berichtet Erna de Vries heute jedem, der sie danach fragt. Und so bittet sie, neben ihr Platz zu nehmen, auf dem braunen Ledersofa in der guten Stube ihres

Hauses. Von hier kann sie raus in den Garten schauen, es ist ihr Lieblingsplatz. Ihre Geschichte beginnt mit einer glücklichen Kindheit in Kaiserslautern. Ihre Mutter ist Jüdin, ihr Vater Christ, der Familie gehören Anteile an einem Speditionsbetrieb. Als der Vater kurz vor der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten stirbt, führt die Mutter, Jeanette Korn, das Unternehmen weiter. Was dann geschieht, füllt Geschichtsbücher: Unter den Nazis


wird Juden in Deutschland eine Teilnahme am öffentlichen Leben erst massiv erschwert, dann gänzlich unmöglich gemacht. Die Anteile am Unternehmen muss Erna de Vries’ Mutter abgeben, Erna selbst hat von der christlichen Privatschule in eine jüdische Sonderklasse zu wechseln. Am Morgen nach der Reichspogromnacht im Jahr 1938 wird die Wohnung der Familie von einem antisemitischen Mob verwüstet. Fünf Jahre später wird Jeanette Korn deportiert. Tochter Erna gilt den Nationalsozialisten wegen des christlichen Vaters als »Halbjüdin« und soll deshalb zunächst verschont bleiben. Doch weil sie die Mutter nicht alleinlassen will, geht sie mit – bis nach Auschwitz-Birkenau. Dort wird die junge Frau einige Zeit später von ihrer Mutter getrennt und in das Frauen-Konzentrationslager Ravensbrück gebracht. Jeanette Korn wird kurz darauf ermordet. So gefasst »Du wirst überleben und Erna de Vries bei ihrem Vortrag wirst erzählen, was man auch wirkt, wenn sie vom Vermit uns gemacht hat.« lust ihrer Mutter berichtet, ist sie Jeanette Korn bis heute noch den Tränen nah. Noch immer begleiten sie die letzten Worte, die ihre Mutter an sie richten konnte: »Du wirst überleben und wirst erzählen, was man mit uns gemacht hat.« Erna de Vries überlebt tatsächlich. Als das Lager Ravensbrück im April 1945 evakuiert wird, werden die Häftlinge auf einen Todesmarsch geschickt. Nach mehreren Tagen werden die Frauen von alliierten Soldaten befreit. Mehr als fünf Jahrzehnte später ist der Auftrag der Mutter ihr zur LebensErna de Vries hat Auschwitz überlebt. aufgabe geworden: Berichten, Jetzt möchte sie ihre Erfahrungen an die was damals passiert ist und jüngeren Generationen weitergeben. damit das kollektive Erinnern an die Schrecken der Nazizeit aufrechterhalten. Zunächst jedoch musste Erna de Vries sich selbst ein neues Leben aufbauen. Zwei Jahre nach Kriegsende lernt sie in Köln, wo sie bei Verwandten unterkommt, Josef de Vries kennen. Sie heiratet ihn und zieht mit ihm in seinen Heimatort Lathen, nahe der niederländischen Grenze, wo sie bis heute lebt. Auch er ist ein Holocaust-Überlebender, er hat seine Eltern, seine erste Frau und seinen jungen Sohn verloren. Bis zu Josef de Vries’ Tod 1981 führt das Paar eine glückliche Ehe und bekommt drei Kinder. Mittlerweile sind diese selbst über 60. »Ich habe sechs ganz tolle Enkelkinder«, erzählt Erna de Vries mit einem erfüllten Lächeln im Gesicht.

1998 spricht sie zum ersten Mal öffentlich über die grausamen Erlebnisse in ihrer Jugend. »Ich hätte gerne schon vorher darüber gesprochen, aber niemand hat mich danach gefragt«, erklärt sie. Und sie wollte sich nicht aufdrängen. »Das war mir zu dumm.« Ihr erster Vortrag in einer Volkshochschule in Kaiserslautern tritt eine Lawine los. Sofort wird sie erneut gebeten, ihre Geschichte zu erzählen. Und dann wieder. Und wieder. Auch fast 20 Jahre später füllen Vortragseinladungen noch immer ihren Kalender. Es vergeht kaum eine Woche, in der Erna de Vries nicht in mindestens einer Schule spricht, in einem Rathaus oder einer Kirche referiert. »Ich mache das, solange ich noch kann«, sagt sie. »Als Warnung und damit nicht vergessen wird, was geschehen ist. Und damit die Menschen nicht vergessen werden, die Hunger, Prügel und Tod erleiden mussten.« Doch was passiert mit ihrer Geschichte, wenn sie selbst sie nicht mehr erzählen kann? Die Zahl der noch lebenden Zeitzeugen wird mit jedem Monat kleiner. Katharina Spirawski gehört zu einer Gruppe junger Menschen, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, Geschichten wie die von Erna de Vries zu bewahren. Während die Überlebende erzählt, hört die 29-Jährige ihr gebannt zu. Wie Erna de Vries besucht auch Katharina Spirawski regelmäßig Schulen. Nicht als Zeit-, sondern als sogenannte Zweitzeugin. »Ich habe Erna 2011 zum ersten Mal erlebt, damals sprach sie mit einer Grundschulklasse«, erzählt die Doktorandin der Religionspädagogik. »Ein Junge fragte sie, wie denn die Gasduschen funktioniert hätten. Alle Erwachsenen im Raum schämten sich. Bis auf Erna, die hat das einfach erklärt.« Die Frau, die trotz all der erlebten Grausamkeit so stark war, faszinierte Katharina Spirawski. Etwa zeitgleich beschäftigte sie sich in ihrer Universitätsstadt Osnabrück in einem anderen Zusammenhang mit demselben Thema: Zwei befreundete Fotografie- und Designstudentinnen hatten Holocaust-Überlebende in Israel fotografiert und deren Geschichten aufgeschrieben. Katharina Spirawski organisierte mit ihnen zusammen eine Ausstellung. »Wir wollten auch Schulen einladen«, erklärt sie, die zu dem Zeitpunkt noch Grundschullehramt studierte. Aus einer Ausstellung für Schulklassen wurde die Idee, selbst die Geschichten der Überlebenden in die Schulen hineinzutragen. Bald folgen die ersten Projekttage in Klassenzimmern. Und die Überlegung: Warum sprechen wir nicht zusätzlich noch mit Holocaust-Überlebenden in


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Katharina Spirawski besucht Erna de Vries regelmäßig. Sie erzählen sich gegenseitig aus ihrem Leben.

Deutschland? Daraufhin kontaktierte Spirawski Erna de Vries. Diese lud die engagierten jungen Frauen zu sich ein. »Wir haben Erna besucht, ihr zugehört und sie interviewt«, erzählt Spirawski. Zwischen Erna de Vries und ihr ist seitdem längst eine Freundschaft entstanden. »Wir siezen uns zwar immer noch, aber vor allem, weil sie eine super feine Dame ist. Das ist so’n Omma-Ding«, sagt Spirawski und lacht. Was Erna de Vries ihnen berichtete, geben Katharina Spirawski und ihre Kolleginnen nun an ihrer Stelle an Schülerinnen und Schüler weiter, an Viertklässler wie an Abiturienten. »Ich erzähle immer auch davon, wie es ist, Erna zu treffen und was für ein Mensch sie ist«, sagt Zweitzeugin Spirawski. Das bringt die Geschichte näher, als ein Film oder ein Schulbuch es kann. Vor vier Jahren gründeten Katharina Spirawski und andere Zweitzeugen einen Verein: die »Heimatsucher«. So war bereits der Titel der ersten Ausstellung. Alle Portraitierten hätten durch den Holocaust ihre Heimat verloren, erklärt Spirawski. Als Überlebende hätten sie sich dann auf die Suche nach einer neuen gemacht. Zum Repertoire des Vereins gehören mittlerweile mehr als ein Dutzend Geschichten von Überlebenden. »Wir erzählen in den Schulklassen immer eine Geschichte sehr ausführlich. Das ist unsere Aufgabe als Zweitzeugen«, sagt Spirawski. Anschließend erarbeiten die Schülerinnen und Schüler anhand des mitgebrachten Materials noch weitere Überlebensgeschichten und stellen diese dem Rest der Klasse vor. »Danach sprechen wir darüber, warum diese Geschichten auch 80 Jahre

später noch wichtig sind.« Vor allem Kinder, die zum Beispiel als Migranten selbst schon Ausgrenzung und Rassismus erlebt hätten, sagt die Zweitzeugin, könnten sich häufig gut mit den Geschichten der Überlebenden identifizieren. Ein Ersatz für einen guten Geschichtsunterricht ist das nicht. Ebenso wie die Arbeit der Zweitzeugen das direkte Zeugnis der Überlebenden nicht ersetzen kann. »Wir können es ergänzen«, sagt Spirawski. »Aber es »Jeder, der heute einem entsteht definitiv Zeugen zuhört, wird irgendwann eine selbst ein Zeuge werden.« Lücke.« Wichtig ist Katharina SpirawEli Wiesel, Schriftsteller, Friedensnobelpreisträger und Holocaust-Überlebender ski vor allem, dass Erna de Vries und die anderen Zeitzeugen mit ihrer Arbeit zufrieden sind. Sie sieht das als einen Auftrag der Überlebenden. »Mir bedeutet das sehr viel. Ich bin froh, dass es junge Menschen gibt, die sich dieser Sache annehmen«, sagt Erna de Vries. Auch wenn sie einmal nicht mehr da ist, wird es Menschen geben, die sich ihrer Lebensaufgabe verpflichtet fühlen. Text: Felix Huesmann, Fotos: Daniel Sadrowski


WER WAR EIGENTLICH …

© William Salter, Porträt August Kestner, Öl auf Leinwand, Rom, 1831-1833, Museum August Kestner

... AUGUST KESTNER? Anne Viola Siebert vom MuseEs muss ein besonderer Anblick um August Kestner in Hannogewesen sein, selbst in der bever. Er habe nicht nur um des sonderen Stadt Rom. Wer August Sammelns Willen gesammelt, er Kestner Mitte des 19. Jahrhunhabe sich auch inhaltlich mit der derts in seiner Dienstwohnung Kunst auseinandergesetzt. im Palazzo Tomati unweit der August Kestner war ein Pispanischen Treppe besuchte, der onier im Bereich der Archäolomusste an ein Museum denken. gie, sein Fokus lag auf der AntiNeffe Hermann Kestner schrieb ke, nicht zuletzt, weil er im Jahr an die Heimat, die Wohnung 1829 in Rom das Instituto di enthalte »herrliche Schätze und Corrispondenza Archeologica, würde jede hannöversche Natidas spätere Deutsche Archäoonal-Galerie hinter sich lassen«. logische Institut, mitbegründeDamals ahnte er noch nicht, dass te. Doch sein Blickwinkel war einmal in Hannover ein Musebreiter: Sein Sammeln begann um nach seinem Onkel benannt mit Stichen und Radierungen, werden würde. antiken Münzen, Gemälden August Kestner wurde 1777 aus verschiedenen Epochen. in Hannover geboren, sein Vater Kestner betrieb aber auch Muwar Jurist und Archivrat, seine sikforschung und hat einige Mutter, Charlotte Sophie, galt Volkslieder selbst notiert. Seine Goethe als Vorbild für die Figur der Lotte im »Werther«. Das Elternhaus war ein wichtiger Ort Sammelleidenschaft brachte ihn immer wieder auch in finander Stadtgesellschaft, in die der junge August wie selbstver- zielle Schieflagen, für ein Gemälde hat er auch schon mal ein ständlich hineinwuchs. Kestner folgte dem Vater und wurde Pferd verkauft, manchmal unterstützte ihn auch der Bruder. Jurist, blieb dabei aber zunächst wenig glücklich und war häu- August Kestner gab alles für die Kunst, denn am Geld an sich fig krank. Eine Erholungsreise nach Italien im Jahr 1808 brach- lag dem Gutverdiener nichts, und als Junggeselle hatte er keine te Besserung – und weckte endgültig die Liebe für Italien, die Familie zu ernähren. Am Ende seines Lebens hatte August Kestner viele Tausend Kunst und besonders die Antike. Die Reise wurde zur »Grand Tour«, zur Entdeckungsreise, einer Mode dieser Zeit, und dau- Kunstgegenstände, Bücher, Gemälde, Stiche, Skulpturen und vieles mehr zusammengetragen, nach seinem Tod verpackt erte ein Jahr lang. Nach dem Wiener Kongress (1814-15) kam für Kestner die in 47 Überseekisten. »Die Sammlung Kestner gehört sicher zu Gelegenheit, nach Rom zurückzukehren. Denn Hannover wur- den wichtigsten privaten Sammlungen des 19. Jahrhunderts«, sagt Anne Viola Siebert. Eigentlich de zum Königreich mit katholischen sollte Kestners Erbe der Universität Gebieten – und damit brauchte es Göttingen zugehen, aber er selber eine Delegation, um kirchliche FraDiplomat mit Liebe zur Kunst: entschied sich noch zu Lebzeiten gen mit dem Papst klären zu können. An eigenem Geld lag dem Gutanders. Im Jahr 1889 wurde das ersKestner, der Jurist, der Italienisch verdiener nichts. te städtische Museum in Hannover sprach, war dabei und blieb bis zu eröffnet, die Sammlung Kestner geseinem Tod 1853 in Rom. August Kestners Positionen wurden immer wichtiger, sein Einkommen hörte zum Grundstock. Seit 2007 heißt es Museum August Keststieg, besonders in der Zeit der Personalunion, als er sozusagen ner. In seinem Testament hatte der Namensgeber das Ziel klar auch als Diplomat für London in Rom agierte. Was er verdiente, formuliert: ein öffentlich zugängliches Haus, um den »Sinn für setzte er in Kunstgegenstände um. »Kestner war ein Schöngeist das Schöne zu wecken«. par excellence, ein sehr kunstsinniger, feinsinniger Mann«, sagt Gerd Schild


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»DANKE!« 40 Jahre Bühne, vier Kinder, drei Enkelkinder, Weltstar: Nena feiert ihr Leben mit einer ausgedehnten Tournee und einem Album ihrer größten Hits. Im Interview spricht die 57-jährige Künstlerin über Gott und die Welt. Und die Musik. Nena, Ihre Jubiläumstournee unter dem Motto »Nichts versäumt« ist Ihre längste Konzertreise seit 2010. Was treibt Sie nach 40 Jahren auf der Bühne noch an? Tourneeleben ist für mich meistens bunt, aufregend und schön. Ich bin seit 40 Jahren auf der Bühne, und es bleibt spannend. Immer noch ist jedes Konzert neu und anders. Es ist herrlich, mit den Leuten, die in unsere Konzerte kommen, im direkten Austausch zu sein. Was mich auch immer wieder fasziniert, ist, dass man in den letzten Minuten vor einem Auftritt nicht einfach aussteigen kann. Man kann sich nur noch voll auf das Abenteuer einlassen, ohne zu wissen, was genau passieren wird.

Foto: Ester Haase

Wie sind Sie auf Tour unterwegs? Wir sind jetzt wieder rock´n´roll-mäßig mit dem Nightliner unterwegs und kommen immer frühmorgens an der Halle an. Dann wird da erstmal geduscht. Meistens erlaufe ich mir die Natur ringsherum, wenn es welche gibt. Manchmal lasse ich mich auch in irgendeinen Wald fahren. Hauptsache, ich bin ein Mal am Tag so richtig draußen.


sikleidenschaft. Mit sechs schenkte er mir ein Akkordeon, zwei Jahre später lag eine Akustik-Gitarre unterm Tannenbaum, und irgendwann brachte er sogar ein Klavier mit nach Hause. Mit meinen eigenen Kindern hab ich‘s genauso gehalten.

Foto: Kristian Schuller

Foto: Kristian Schuller

Wie gehen Sie heute mit Ihren erwachsenen Kindern um?

»Ich hatte schon in meiner Kindheit eine ganz andere Beziehung zu Gott. Frei von Schuld und voller Liebe.«

Sind Sie eine strenge Chefin? Das kommt drauf an. Wenn es um das Konzert geht und alles, was dafür wichtig ist, bin ich super streng. Aber auf eine Art, dass man es streng genommen locker sieht. Es muss natürlich schon professionell laufen. Ich gehe aber nicht mit der Haltung auf die Bühne: »Ich habe jetzt 40 Jahre auf dem Buckel und weiß, wie es geht«. Sondern eher mit einem Amateur-Feeling gemixt mit einem ordentlichen Schuss meiner langjährigen Live-Erfahrung. Damit schaffe ich mir Raum für Spontanität und Unvorhergesehenes.

Welches Verhältnis haben Sie zu Ihren Songs? Ein Song wie »99 Luftballons« ist auch ein Wesen. Es wird für mich nach wie vor keine Show ohne ihn geben. Die Kunst ist, diesem und anderen Songs, die mich schon so lange begleiten, den Raum zu geben, sich auch weiterzuentwickeln.

Hatten Sie als Kind in Ihrer Familie ein leuchtendes Beispiel, was die Musik betrifft? Mein Vater interessierte sich sehr für Musik. Er war Studiendirektor an einem Jungengymnasium und unterrichtete Latein, Biologie, Altgriechisch und Sport. In seinen Abiturklassen setzte er sich zur Beruhigung aller oft ans Klavier und klimperte ein bisschen darauf rum. Er hatte großes Verständnis für meine Mu-

Ich habe durch die Bank sehr temperamentvolle Kinder. Und ich bin auch nicht gerade der ruhige Typ. (lacht) Meine Kinder sind genauso direkt wie ich. Wenn wir uns streiten, geht richtig die Post ab. Meistens ist nach einer halben Stunde aber alles wieder im Lot.

Bei vielen Künstlern, die früh starten, ist das Erwachsenwerden die schwierigste Phase. Wie sind Sie mit dem Erfolg klar gekommen? Ich war 17, als ich meine erste Band gründete, und von da an hab ich praktisch im Proberaum gewohnt. Wenig später standen wir als Band mit unserem allerersten Live-Konzert auf der Bühne. Noch bevor wir groß drüber nachdenken konnten, standen plötzlich ein paar A&R-Jungs (Artists and Repertoire, Plattenfirma-Abteilung, Anm. d. Red.) vor der Tür und wollten uns unbedingt einen Plattenvertrag aufschwatzen. Es hatte ihnen gereicht, uns einmal live zu sehen. Sie wollten es unbedingt, und wir wollten es auch. Jugendlicher Leichtsinn war für mich immer ausschließlich positiv besetzt. Und diese Kraft führt mich auch heute noch in tolle Abenteuer.

Was haben Sie sich damals als erstes geleistet? Von dem Geld kauften wir uns eine erste eigene PA (Musikanlage für Auftritte, Anm. d. Red.) und einen alten Bus. Da passte alles rein: Mein Hund, die Instrumente, die PA, ein paar Taschen und die komplette Band natürlich. So sind wir erst mal ein Jahr lang an jedem Wochenende durch Deutschland getourt. Angebote gab es genug, ausgelassen haben wir nichts. Während dieser Zeit waren wir auch im legendären Hotline-Studio in Frankfurt und haben unser erstes The Stripes-Album aufgenommen. Von dort aus ging‘s für mich wenig später direkt nach Berlin und ich gründete die Nena-Band. Unser Durchbruch war der TV-Auftritt im Musikladen 1982. »Nur Geträumt« verkaufte sich gleich am nächsten Tag 40.000 mal. Und von da an waren wir erst mal die Mega-Stars. Wenn man Schritt für Schritt auf etwas hinarbeitet, woran man glaubt, kommt man mit einem solch immensen Erfolg super klar. Es war die große Freude für uns alle. Und es sollte ja auch nicht so schnell wieder aufhören.

So mancher Popstar stürzte in jungen Jahren grandios ab. Hatten auch Sie eine Sex- & Drugs- & Rock´n´Roll-Phase? Entschuldigen Sie bitte, in dieser Phase stecke ich immer noch! (lacht) Ich trage in mir 40 Jahre Bühnenerfahrung, aber das hält mich nicht davon ab, jede Überraschung im Leben zu genie-


Erinnern Sie sich noch an Ihr allererstes Konzert? Ich erinnere mich an alles. Den Tag, den Ort, die Leute, die da waren... Das war im Hasper Jugendheim. Ich hatte damals noch keinen Führerschein und spielte vor 28 Menschen. 24 davon waren Family und Friends, drei oder vier Leute hatten sich ein Ticket gekauft. Ich ging mit Mega-Respekt auf die Bühne und dachte, das wird eine krasse Herausforderung für mich. Und dann stand ich plötzlich da oben. In dem Moment wusste ich: Das ist es!

Was haben Sie von dieser Erfahrung für Ihr späteres Leben mitgenommen? Klar, an dem Tag war mir kotzübel und ich fühlte diese schlimme Prüfungsangst in mir, die ich aus der Schule kannte. Aber in dem Moment, wo ich die drei Stufen zur Bühne hochging, war alle Angst verschwunden. Ich spürte, in dieser Welt fühle ich mich zuhause. Hier kann ich mich entfalten. Wenn man die Herausforderung annimmt, verschwindet die Angst. Sie löst sich komplett auf. Schon damals habe ich entschieden, ich möchte nicht mit Angst auf die Bühne gehen. Das so genannte Lampenfieber ist bei mir voller positiver Energie. Die Motoren laufen hoch, und es fühlt sich ein bisschen so an, wie im Winter in ein eiskaltes Bett zu springen.

Welche Erfahrungen haben Sie 2016 auf Ihrer USA-Tour gemacht? In den 80ern haben wir überall auf der Welt Konzerte gespielt, nur in Amerika nicht. Warum das so war, weiß keiner, und ich wollte das nun unbedingt mal nachholen. Auf diesem ersten Trip ging es nach San Francisco, LA und NYC, und es war toll, das zu erleben! Die Konzerte waren voll und die Leute haben alles auf deutsch mitgesungen. Zwei Monate später waren wir noch mal da für ein großes Achtziger-Live-Festival in LA, wo ich unter anderem meinen alten Freund Howard Jones wieder getroffen habe und den Sänger von Spandau Ballet. Spandau Ballet hatte ich das letzte mal in den Achtzigern in England bei »Top Of The Pops« getroffen.

Viele Künstler geben offen zu, Workaholics zu sein. Sind Sie schon mal auf eine Tournee gegangen, obwohl Sie sich müde und ausgebrannt fühlten? Ich arbeite sehr gerne und viel, aber ich passe auch auf mich auf. Außerdem habe ich auch genug Zeit, mich auf eine Tournee vorzubereiten. Und meine Nichts-Versäumt-Tour ist mein Highlight des Jahres. Dafür tue ich alles, um komplett am Start zu sein. Ich werde alles geben und freue mich auf die Leute, die in die Konzerte kommen, auf das Herumreisen mit meiner Band-Familie und die Musik, die uns alle verbindet!

Wie tanken Sie wieder auf? Wie bereiten Sie sich vor?

An nichts. Würde ich während einer Show anfangen zu denken, wüsste ich, ich bin nicht wirklich drin. Die genialsten Dinge passieren, wenn man nicht denkt. Sportler, die gerade einen Rekord aufstellen, reflektieren in dem Augenblick mit Sicherheit nicht. Der Flow ist für mich der schönste Zustand. Man handelt rein intuitiv und Dinge kommen wie ein Blitz zu einem.

Ich gehe auch auf Tourneen morgens raus aus den Hotels und suche mir den nächsten Wald, durch den ich laufen kann. Außerdem feiern wir viel und ausgiebig, das ist mindestens genauso wichtig wie die regelmäßige Bewegung an der frischen Luft. Konzerte zu spielen ist immer wieder ein Abenteuer. Und auch wenn ich darin jede Menge Erfahrung habe, wird mir das bis heute nicht zur Routine. Es ist wichtig, mit einem guten Gefühl und Freude auf die Bühne zu gehen. Wenn der Vorhang aufgeht, spielt nur noch das Jetzt eine Rolle. Alles andere muss dann für mindestens zwei Stunden in der Garderobe auf mich warten.

Warum schaut man manchen Künstlern völlig gebannt zu, während andere einen kalt lassen?

Apropos Natur: Kommt alle Musik aus einer höheren Sphäre?

Die innere Haltung ist der Schlüssel. Und wie viel ein Mensch von sich zeigt und rauslässt. Man kann Musik ausschließlich konsumieren und sich damit berieseln lassen oder man erlebt die Schwingung der Töne ganz tief und fühlt sie. Und wenn ich von mir nichts zeigen will, kann ich auch nicht erwarten, dass Menschen mich spüren. Das ist mein Anspruch. Ich will nicht einfach nur irgendwas runtersingen.

Lieder wie »In meinem Leben«, »Wunder gescheh’n«, »Leuchtturm« und viele andere, die ich geschrieben habe, sind zu mir gekommen. Da hatten die höheren Sphären auf jeden Fall auch ihre Finger mit im Spiel.

Woran denken Sie, wenn Sie auf der Bühne stehen?

Verschwinden Sie bestenfalls ganz und gar im Song? Ja.

Welche Rolle spielt Gott in Ihrem Leben? Für mich spielt ein Herr Gott eine große Rolle. Ich bekomme definitiv klare Ansagen aus dem Universum. Diese setze ich um in meiner Musik und in meinen zwischenmenschlichen Beziehungen. Manchmal kriege ich auch für andere eine klare Ansa-

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ßen. Sobald das Gefühl von Gewohnheit und Routine zu stark wird, sorge ich für Bewegung. Diese Offenheit erwarte ich auch von meiner Band. Jedes Publikum ist anders. Selbst wenn ich in einer Stadt schon zigmal gespielt habe, gehe ich wieder komplett neu auf die Bühne.

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»Ich habe immer das realisiert, was mir wirklich wichtig war.«

te geschickt, und dafür musste ich mir irgendwelche Sünden ausdenken. (lacht) Und die ziehen das heute immer noch so durch... Ich hatte schon in meiner Kindheit eine ganz andere Beziehung zu Gott. Frei von Schuld und voller Liebe.

Gemeinsam mit Ihrer Tochter Larissa sind Sie wieder Coach bei der neuen Staffel von »The Voice Kids«. Schauen Sie sich die Sendungen regelmäßig im Kreis Ihrer Familie an? Na klar, wir schauen uns das gerne alle zusammen immer an. Für solche Anlässe holen wir sogar den Fernseher raus.

Foto: Fryderyk Gabowicz/picture alliance

Kommentieren Ihre Kinder Ihre Arbeit?

Nena ist seit den 80er Jahren in Bewegung.

ge. Das nennt man einen guten Rat. Das ist Intuition und weit weg von kompliziertem Denken.

Also ist Gott männlich? Es gefällt mir, in Gott das männliche Prinzip zu sehen. Es funktioniert aber nie ohne das Weibliche. Es ist wie eine Einheit.

Da es nicht nur mein Beruf, sondern inzwischen auch der meiner Kinder ist, urteilen sie aus der Sicht eines professionellen Musikers. Wir unterstützen und stärken uns gegenseitig. Und wir sehen auch, wo die Dinge nicht so gut laufen. Darüber reden wir ganz offen.

Was kritisieren Ihre Kinder an Ihnen? Wir kritisieren uns nicht, wir geben uns Feedback und reden Klartext miteinander.

Waren die frühen 80er Jahre eine gute Zeit für den Karrierestart? In meinem Fall ja offensichtlich schon. Nur dass ich nicht morgens beim ersten Augenaufschlag gesagt hab: »Nena, du musst jetzt Karriere machen«. Das war bei mir nie die Motivation. Es ist eben dann einfach passiert. Als ich meine allererste Band hatte, wusste ich nicht mal, dass es goldene Schallplatten gibt. Aber ich habe immer auch gern Erfolg gehabt. Es ist auch ein mega Erfolg für mich, dass ich seit 40 Jahren auf der Bühne stehe und die Konzerte immer voll sind. Danke!

Welche wichtigen Ziele konnten Sie in Ihrem Leben nicht realisieren?

Was sagt Ihnen Ihr Glaube: Wird Ihre seelische Energie nach diesem Leben irgendwo weiterleben?

Ich habe immer das realisiert, was mir wirklich wichtig war. Und so geht‘s auch weiter. Das trägt mich durchs Leben.

Nicht nur nach meinem irdischen Leben, das passiert alles gleichzeitig. Man hat in jeder Sekunde die Möglichkeit, sich dem Göttlichen zuzuwenden. Weil Gott auch in mir und nicht irgendwo da oben ist. Es ist nicht so, wie die katholische Kirche es mir in meiner Kindheit mit auf den Weg geben wollte: dass Gott für mich nur erreichbar ist, wenn ich ein braves Mädchen bin. Ich wurde als Kind zur Beich-

Verstehen Sie eigentlich, was die Leute an Ihnen gut finden? Darüber denk ich nicht nach. Aber besonders freut mich, dass viele auch das mögen, was ich an mir mag.

Und das ist was? Mein Bedürfnis, beweglich zu bleiben. Interview: Olaf Neumann


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»STIMME SEIN!« Für Gerechtigkeit tritt er an. Für Würde, Anerkennung von wahren Leistungsträgern und das Nutzen von Spielräumen einer reichen Gesellschaft. Hans-Joachim Lenke (59) ist der neue Vorstandvorsitzende der Diakonie Niedersachsen. Asphalt stellt ihn vor. Herr Lenke, seit wenigen Tagen sind Sie Chef der Diakonie im Land, kommen quasi direkt aus dem beschaulichen Schwäbisch Hall nach Hannover. Wie war das, als Sie das erste Mal am Bahnhof angekommen sind, was haben Sie da gesehen? Schlimme Szenen. Der Tunnel neben dem Hauptbahnhof ist ja quasi ein Camp. Da zieht es ganz erbärmlich, es ist hundekalt und da campieren all die Obdachlosen. Das empfand ich ehrlich gesagt als sehr bedrückend. Diese Vorstellung, dass diese Menschen Tag für Tag so leben, ist bedrängend. Im idyllischen, reichen Schwäbisch Hall war das kein Thema. Jetzt in Hannover, der Landeshauptstadt, fällt mir das extrem auf. Mag sein, dass sich so mancher hier an den Anblick leider schon gewöhnt hat, ich aber sage: Wir müssen dringend Ideen entwickeln, wie wir dort noch besser helfen können.

dass die Spreizung der Gesellschaft in arm und reich in den letzten Jahren größer geworden ist.

Was kann Diakonie tun? Zunächst konkrete Unterstützung leisten. Wie in dem Fall der Schulbedarfe für arme Kinder. Da haben wir kürzlich seriös berechnet, wie hoch der tatsächliche Bedarf ist. Jetzt begleiten wir ganz direkt vier Familien, die über den Weg der Musterklagen diesen Bedarf gerichtlich feststellen lassen wollen. Wir helfen dabei, dass die Familien das durchstehen. In der Obdachlosenarbeit ist zuallererst auch direkte tätige Hilfe nötig, wie wir sie zusammen mit anderen Verbänden ja bereits mit viel Engagement leisten. Aber eine meiner persönliche Aufgaben ist es zudem, für diese Themen zu sensibilisieren.

Haben Sie das schon auf ihrer Agenda?

Also quasi als Lobbyist im Niedersächsischen Landtag beispielsweise?

Auch das. Es ist ja leider überhaupt nicht mehr zu übersehen,

Wenn Sie so wollen, ja, als Lobbyist. Im gesellschaftlichen und


»Schlimme Szenen«: Rund um den hannoverschen Hauptbahnhof wird die wach­sende Obdach­ losigkeit sichtbar.

politischen Raum muss die Diakonie die Stimme derer sein, die sich nur schwer Gehör verschaffen können. Dazu gehört insbesondere die Bekämpfung der Armut und ihrer Folgen. Dafür müssen wir an all die Menschen ran, die sonst nicht direkt mit Armut in Berührung kommen. Auch und gerade in der Politik.

Hatten Sie schon ihren Antrittsbesuch beim Ministerpräsidenten?

»Mein Job ist es, die Politik zu sensibi­ lisieren.«

Haben Sie Kinder? Einen erwachsenen Sohn.

Waren Sie eher der strenge Vater oder haben Sie das Strengsein ihrer Frau überlassen? Ich habe das Motto eines Freundes beherzigt, der sagte: Kinder leben von der Konsequenz ihrer Väter und der Liebe ihrer Mütter. Das war unsere Aufteilung.

Ist schon vereinbart.

Wenn Sie Urlaub machen: Meer oder Berge? Konkret schlagen jetzt manche in der Politik einen Paradigmenwechsel in der Obdachlosenhilfe vor: Housing first, eine Konzeptidee aus den USA, hat gerade Aufwind. Motto: Erst jedem die Wohnung, dann ambulant die Sozialarbeit. Das ist eine spannende Diskussion, die gerade aktuell geschieht. In unseren Fachgremien beschäftigen wir uns mit dem Thema intensiv. Als Diakonie werden wir uns dazu nach sorgfältiger Prüfung äußern.

Kleiner Exkurs ins Private: Was ist der neue Diakoniechef überhaupt für ein Mensch? Sind sie verheiratet? Ja.

Nicht festgelegt. Nach Lust und Laune.

Wenn Sie Freizeit haben, was sind ihre Hobbys? Briefmarken, Werkstatt oder Hera Lind-Romane? Oh Gott, da ist ja überhaupt nichts für mich dabei. Ich mache gern Sport. Das ist eine Riesenhilfe für den Alltag.

Welche Musik haben Sie gehört als sie jung waren? Und was würden Sie niemals freiwillig hören? Die Stones. Und Queen. Heute noch mit großer Zuneigung. Und Rap bleibt mir wohl fremd.


Ja. Da bin ich sehr strukturiert. Jeden Morgen lese ich einen biblischen Text, lese einen Psalm und bete für das, was mir wichtig ist.

unmöglich machen, mit dem Patienten auch die letzte Strecke gemeinsam zu gehen. Da müssen wir, da muss die Politik dringend ran, damit der an sich sehr schöne Pflegeberuf wieder zufrieden macht und sinnstiftend wirken kann.

Klingt nach morgendlichem Fokussieren, nach Konzentration.

Am 20. Februar ist UN-Tag der sozialen Gerechtigkeit, was geben Sie zu diesem Anlass den Asphalt-Lesern mit?

Mir ist wichtig, nicht in den Tag hineinzustolpern. Es gibt von Luther diesen schönen Satz: Heute habe ich viel zu tun, also muss ich heute viel beten. So halte ich das auch. Dafür sollte man sich Zeit nehmen, denn das trägt.

Das Thema soziale Gerechtigkeit muss ohnehin wieder stärker ins Blickfeld gerückt werden. Dazu gehört für mich zum Beispiel, dass man – wenn man es aufgrund des Einkommens kann und soll – auch eine gewisse Freude daran entwickeln möge, dass man viel Steuern zahlt, und nicht versucht, sich dieser Herausforderung zu entziehen, indem man sich auf windige Wege begibt, die Steuerlast zu senken. Da ist ja eine ganz merkwürdige Kultur des Jammerns über viel Steuern entstanden anstatt sich darüber zu freuen, dass es einem doch so gut geht, dass man zum Gelingen des Ganzen viel beitragen kann.

Vielen Dank dafür. Anderes Thema: Ihr Einstand in der niedersächsischen medialen Öffentlichkeit vor wenigen Tagen war eine Pressemitteilung zur Arbeitsverdichtung in der Pflege. Ist das für Sie als bis vor kurzem noch Leiter des Diak, eines Krankenhaus- und Altenpflegeverbunds, das Leib- und Magen-Thema als neuer Diakoniechef?

In der Tat. Zumindest wenn man wie die Diakonie tariftreu ist. Letztlich ist es ein Refinanzierungsthema. Es kann doch beispielsweise nicht sein, dass der Pfleger nach wochenlanger Pflege einen Menschen dann, wenn es vielleicht doch ans Sterben geht, diesen Patienten an ehrenamtliche Hospizhelfer weiterleiten muss, weil die Rahmenbedingungen es ihm

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Vielen Dank für das Gespräch. Interview und Fotos: Volker Macke

Pflege ist einfach das Rückgrat eines jeden Krankenhauses. Und wir haben hier in Deutschland einen Schlüssel Pflegekräfte zu Patienten, der unverhältnismäßig schlecht ist. In meiner vorigen Tätigkeit habe ich viele Pflege»Die Arbeits­ kräfte kennen gelernt. Und wenn mir immer wieder gestandene Pfleger verdichtung in sagen, dass sie ihre Arbeitszeit auf 70 der Pflege ist oder 80 Prozent reduzieren müssen, inakzeptabel.« wenn sie wieder das Gefühl haben wollen zu leben und Freude an der Arbeit finden, dann heißt das auf der anderen Seite, dass der Druck, der auf den Pflegenden lastet, zu groß ist. Dann heißt das, dass die Rahmenbedingungen in der Pflege nicht akzeptabel sind.

Da gibt es doch nur zwei Möglichkeiten: Mehr Lohn, damit die Arbeitszeitverkürzung zumindest für Familienernährer überhaupt erst möglich wird, oder aber bessere Arbeitsbedingungen, sprich mehr Kräfte pro Patient. Beides kostet Geld.

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AUS DER SZENE

Hartz IV: Keine Kürzung mehr für Mietkaution?

Foto: U. Matthias

Ist dies das Ende einer fragwürdigen Praxis? Jahrelang haben die Jobcenter Hartz-IV-Beziehern die Regelsätze, also das Existenzminimum, um jeweils zehn Prozent gekürzt, um Darlehen für eine Mietkaution in monatlichen Raten abzahlen zu lassen. Obwohl die Bedarfe für Unterkunft (und darum handelt es sich hier) nicht im Regelsatz inbegriffen sind. Nun schert das Jobcenter Regensburg aus. »Wir wenden diese Regelung nicht mehr an«, erklärt Christian Lichtinger, stellvertretender Geschäftsführer des Jobcenters Landkreis Regensburg gegenüber Asphalt. Bereits im Juni 2017 hat das Landessozialgericht NRW (L 7 AS 607/17) entschieden, dass eine Kürzung der Regelsätze über Monate hinweg ohne regelwidriges Verhalten des Beziehers unzulässig sei. Tatsächlich entspräche die bisherige Praxis ja einer Sanktionierung allein aufgrund einer Notlage, wie Sozialverbände schon länger kritisieren. Der Hartz-IV-Puffer zur Ansparung von Ersatzbeschaffungen würde komplett für die Ratenzahlung entfallen. Im Schadensfall müssten die Bezieher weitere Darlehen beantragen, die zu neuerlichen Kürzungen führen würden. Die Betroffenen würden so gezwungen, dauerhaft unterhalb des Existenzminimums zu leben. Dieses Urteil war das vorerst letzte einer ganzen Reihe von ähnlich lautenden Gerichtsentscheidungen, die von den Jobcentern aber weitgehend ignoriert wurden. So auch in der Region Hannover. Das Jobcenter Region Hannover gewähre Mietkautionen grundsätzlich als Darlehen (gemäß § 22 Abs. 6 Satz 3 SGB II), bestätigt Regionssprecherin Carmen Pförtner. Die Tilgung des Darlehens erfolge durch Kürzung des Regelsatzes um monatlich 10 Prozent. »Aktuell gibt es keine Überlegungen, das neue Regensburger Modell zu übernehmen. Die Aufrechnung der Mietkautionsdarlehen basiert auf § 42a Abs. 2 SGB II. Im Falle der neuen Regensburger Vorgehensweise müsste das Jobcenter nach Beendigung des Mietverhältnisses die Rückführung der Mietsicherheit gegenüber dem Vermieter/ der Vermieterin betreiben. Da Vermieter aus einem Mietverhältnis stammende, offene Forderungen jedoch mit der Mietsicherheit aufrechnen dürfen, wäre eine Rückzahlung der Mietsicherheit auf diesem Wege nicht in jedem Fall gewährleistet«, so Pförtner. Demgegenüber stellt des Landessozialgericht NRW fest: »§ 42a Abs. 2 Satz 1 SGB II ist indes auf Mietkautionsdarlehen gem. § 22 Abs. 6 Satz 1, 3 SGB II nicht anwendbar«. Es gebe im Übrigen »keine Grundlage, dem SGB II eine Zielsetzung zu entnehmen, die Betroffene dazu anhalten soll, sich einem Vermieter gegenüber vertragsgemäß zu verhalten. Dies hat der Gesetzgeber […] nicht intendiert«. Das sieht man in Regensburg offenbar nun auch so. »Natürlich müssen die Darlehen auch weiterhin zurückgezahlt werden«, betont Lichtinger, »in der Regel handeln wir Abtretungserklärungen gegenüber den Vermietern aus«. Mit anderen Worten: die Kautionen fließen nach Beendigung des Mietverhältnisses zurück an das Jobcenter, auf eine Reduzierung des Regelsatzes unter das Existenzminimum kann verzichtet werden. Soweit ist man in Hannover noch nicht. An rechtlichen Gründen kann es jedenfalls nicht liegen.

Kommentar Ohne Mietkaution keine Wohnung. Allein für ihre Notlage, dafür Darlehen in Anspruch nehmen zu müssen, werden Hartz-IV-Bezieher sanktioniert. Bestraft für Armut. Verpflichtet sind die Jobcenter dazu nicht, das zeigt Regensburg. Die inhumane Praxis ist eine politische Entscheidung der Region Hannover. Und sie ist vor allem: ein Skandal. Ulrich Matthias

Ulrich Matthias

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Muss man hören: Hertzliches Hannover das Wohnungslosen-Magazin. Immer am 2. Montag im Monat, 17 Uhr. ... auf UKW 106.5 oder Kabel 102.5 und bei www.leinehertz.de


Endlich ist es da, dieses neue Jahr, und ich blicke durchaus positiv in die Zukunft. Zwar haben wir noch keine neue Regierung, aber das schaffen wir schon! Sie hat es doch immer geschafft, die Frau Merkel, da wird sie es auch 2018 schaffen. Und finanziell ist doch auch Erfreuliches festzustellen: Endlich geht es den ewigen Jammerern wieder gut. Immerhin haben sie über eine Milliarde Euro für Feuerwerkskörper erübrigen können und begeistert eine Rakete nach der anderen in den Himmel geschossen - das sieht doch ganz klar nach Aufwind aus! Und da wird sich doch dieses Jahr nicht lumpen lassen, bei einer derartigen Begrüßung. Ja - ich wiederhole mich - da bin ich durchaus zuversichtlich, bei allem, was wir von diesem Jahr erwarten können. Mit etwas Glück bekommen wir vielleicht auch einen oder gar zwei Euro mehr im Monat; nicht auszudenken, was wir uns dann alles leisten können! Bis zum nächsten Monat verbleibe ich erst einmal voller Neugier darauf, ob wir dann schon wissen, wer die Zukunft in Deutschland gestaltet. Karin Powser

Karin Powser lebte jahrelang auf der Straße, bevor ihr eine Fotokamera den Weg in ein würdevolleres Leben ermöglichte. Ihre Fotografien sind mittlerweile preisgekrönt. Durch ihre Fotos und mit ihrer Kolumne zeigt sie ihre ganz spezielle Sicht auf diese Welt.

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Das muss mal gesagt werden …

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Foto: U. Matthias

24 AKTIV & GIERT A G N E

FÜR LEIB & SEELE In unserer Reihe »Aktiv und Engagiert« stellen wir diesmal die Initiative »Kochen für Obdachlose« (KfO) vor. Das sind professionelle Helfer mit Herz und langem Atem. Und was bei KfO auf die Teller kommt, wärmt nicht nur den Bauch. Man kennt sich: »Hallo Suppenkoch, kommst du im Winter wieder?«, begrüßt die Asphalt-Verkäuferin in Hannover den Koch und Hotelier Cord Kelle vom Langenhagener Jägerhof. Seit sechs Jahren beliefert Kelle mit seinem Kompagnon Dick van Beuzekom die ökumenische Essenausgabe mit Gerichten aus der eigenen Küche und ist auch in diesem Jahr mit seinem Verein KfO natürlich wieder dabei. Aber Suppenkoch, nein, das trifft es nun wirklich nicht. »Wir liefern nur, was man mit Messer und Gabel essen muss«, sagt Kelle und schmunzelt über die Begrüßung, an die er sich dennoch gern erinnert. Es gibt von KfO also weder Eintopf noch Suppe, sondern Frikadellen, Schnitzel, Gemüse und Kartoffeln. Oder auch, wenn es wie heute mal schneller gehen muss, Nudeln mit Sauce Bolognese. »Die Leute«, sagt Kelle »die sind schon gebeutelt genug. Denen wollen wir wenigstens zwei anständige Mahlzeiten in der Woche bieten«. Das sei auch ein Zeichen der Wertschätzung für die Armen und Wohnungslosen, die sich in der Essenausgabe, zwischen Dezember und März, ihren Teller abholen dürfen. Wer dort einmal bei der Heilsarmee am Marstall in Hannover vorbeigeschaut hat, kann bestätigen: das kommt bei den Empfängern der Rationen auch so an. Begonnen hatte alles mit einer Idee, die aus Köln herüberschwappte und unter hannoverschen Gastronomen bald Nachahmer fand: die Ärmsten der Gesellschaft wenigstens an den kalten Tagen mit warmen Mahlzeiten zu versorgen. Nicht aus der Gulaschkanone, sondern aus der Restaurantküche, für diejenigen, die sich ein derartiges Essen sonst nicht leisten können. »Die Resonanz in der Öffentlichkeit war riesig«, erinnert

sich Kelle, aber als das Medieninteresse nachließ, seien die Kollegen einer nach dem anderen abgesprungen. Geblieben ist nur einer: Cord Kelle. Aber das ist nicht ganz richtig, denn zu KfO gehört auch der ehemalige Gastronom Dick van Beuzekom. Mindestens einmal pro Woche hilft er Kelle in der Küche beim Zubereiten der Speisen. Morgens in der Frühe ab sieben Uhr, bevor der eigentliche Betrieb losgeht. Gekleckert wird dann höchstens auf die Hose, sonst wird geklotzt: mehr als 9.000 Essen hat KfO in 2016 geliefert, die Zahlen für das abgelaufene Jahr werden ähnlich ausfallen. Das kostet nicht nur Zeit, das kostet auch Geld. Ohne Unterstützung ließe sich das Engagement nicht aufrechterhalten. Viel läuft über Firmen, die Lebensmittel spenden oder für KfO günstige Preise machen und Privatpersonen, die sich finanziell einbringen. »Netzwerke sind ganz wichtig«, sagt Kelle. Dazu zählt nicht zuletzt die Zusammenarbeit mit den Tafeln in Hannover und Langenhagen. Bei den Gästen des Jägerhofes kommt die Initiative gut an. Inzwischen werden bei KfO auch Kleider und Weihnachtspakete für die Obdachlosen abgegeben. Das soll auch im neuen Jahr so bleiben. »Wir hoffen, dass die Unterstützung für unsere Arbeit anhält«, sagt Kelle, »schön wäre es aber auch, wenn sich wieder Kollegen zum Mitkochen fänden«. Ulrich Matthias Kontakt: Verein KfO Hannover, Tel.: 0511 77 96 0, Internet: info@kfo-verein-hannover.de. www.kfo-verein-hannover.de.

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RUND UM ASPHALT

Veltens Leben

Internationale Verkäuferwoche

Immer wieder hat er notiert, was ihm passiert ist. Damals in der DDR und danach - im Westen - als Asphalt-Verkäufer in Celle. Tom Velten hat jetzt ein Buch geschrieben. »Bankgeflüster« nennt er seine Sammlung von Anekdoten, Gesprächsfetzen und Überlegungen zur Zeit. Launig bis tiefgründig geschrieben, Augenzwinkern nicht ausgeschlossen. Anklagen aber auch nicht, denn Velten hat viel erlebt, auf der Straße, in Sozialämtern und mit seiner Herkunftsfamilie. Das alles auf zunächst 129 Seiten. Gut Ding braucht offenbar Weile: Vor 17 Jahren entstand die Idee, die Erlebnisse zu Papier zu bringen, jetzt hat der 54-Jährige sie endlich verwirklichen können. Herzlichen Glückwunsch! Fortsetzungen sind schon in Arbeit. MAC Tom Velten · Bankgeflüster – Realitäten nahe gebracht · Verlag epubli · ISBN: 9783745072389 · 7,49 Euro. Foto: Joachim Göres

Vom 6. bis 12. Februar ist internationale »VendorWeek«. Die Woche, in der rund um den Globus auf soziale Straßenzeitungen und ihre Verkäuferinnen und Verkäufer aufmerksam gemacht wird, ist ein Projekt des Internationalen Netzwerks der Straßenzeitungen INSP. Asphalt ist von Anfang an Mitglied in diesem Dachverband. Er dient der gegenseitigen Unterstützung, dem Erfahrungsaustausch und der Hilfe beim Neugründen einer Straßenzeitung. Auch Asphalt stand schon Pate für eine Neugründung anderswo. Genau in diesem Moment, an einem beliebigen Tag im Februar 2018 verkaufen in 34 Ländern rund um den Erdball etwa 9.300 Menschen Ausgaben von einer von aktuell gut 100 aktiven Straßenzeitungen. Im vergangenen Jahr wurden von all diesen Vendors (engl. für Verkäufer) 24 Millionen Exemplare einer sozialen Straßenzeitung verkauft. Eine stolze Leistung. Seit der zeitgleichen Gründung von Asphalt und INSP im Jahr 1994 haben Straßenzeitungen weltweit 300.000 (ehemals) Obdachlosen geholfen. Mehr unter www.insp.ngo. MAC

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Gewinnsp

Asphalt verlost 10 x 2 Karten für den Zoo Hannover

Von der Schraube in der Werkstatt bis zum Stofftier im Shop – bei der jährlichen Inventur muss alles gezählt werden. Im Zoo gehören auch alle tierischen Bewohner dazu, da heißt es wie bei den Brillenpinguinen (Foto): Aufstellen und möglichst stillhalten! Fazit der Jahresabschlusszählung 2017: Im Zoo Hannover leben 2.039 Tiere von 173 unterschiedlichen Arten. Im Vergleich zum Vorjahr sind das rund 200 Tiere mehr. Neu hinzugezogen sind z. B. die Brazza-Meerkatzen der neuen Themenwelt Afi Mountain sowie die Rußköpfchen, Moorenten und Senegaltauben, der neuen Afrika-Voliere. Alle Tiere werden aber nicht nur gezählt, sondern auch vermessen: die Größte von allen ist Giraffenkuh Shahni mit 4,30 Metern Höhe, der Schwerste ist Elefantenbulle Nikolai mit 5,5 Tonnen und der Älteste ist mit 53 Jahren Schimpanse Max. Mit Asphalt können Sie zwei Tagestickets für den Zoo Hannover gewinnen! Beantworten Sie uns einfach folgende Frage: Wie heißt das schwerste Tier von allen?

Foto: Zoo Hannover

Alles aufstellen!

Schicken Sie uns eine Postkarte, eine E-Mail oder ein Fax mit Ihrer Antwort und dem Stichwort „Zoo“ bis zum 28. Februar 2018 an: Asphalt-Redaktion, Hallerstr. 3 (Hofgebäude), 30161 Hannover, gewinne@asphalt-magazin.de, Fax 0511 301269-15. Bitte vergessen Sie Ihre Absenderadresse nicht! Die Lösung unseres letzten Zoo-Rätsels lautete: Bis 11. Februar 2018.


Foto: V. Macke

Korrektur In der vergangenen Ausgabe hatten wir über die neue Flüchtlingshilfeinitiative »Menschen verbinden Menschen« berichtet. Sie sucht ehrenamtliche Paten für Flüchtlinge. Dabei hatten wir als deren Zielmarke für Ende 2018 2.000 Helfende genannt. Das ist nicht richtig, so der Geschäftsführer der Initiative, Tornike Murtskhvaladze. Im laufenden Jahr möchte die Initiative zunächst rund 500 Paten für die Hilfe von Zuwanderern gewinnen. MAC

gesucht – gefunden Verkäufer Olaf: Wer verschenkt ein Musik-Mischpult, egal wie alt? [V-Nr. 1612] Kontakt: 01577–9524877. Verkäufer Uwe: Suche Kleiderschrank, zwei Meter breit. [V-Nr. 1865] Kontakt: 0157–51993769. Verkäufer Reinhold: Suche Arbeit als Hausmeister oder in der Gartenpflege. Erfahrung vorhanden: Hecken- und Baumschnitt, Laubenrenovierung, Holzbau, Dach- und Malerarbeiten. Außerdem suche ich einen großen Fahrradanhänger, sowie einen Benzinrasenmäher. [V-Nr. 137] Kontakt: 0175–8022223. Verkäufer Wolfgang: Ich suche einen DVB-T2 [V-Nr. 597] Kontakt: 0177–9164290.

HD-Receiver.

96plus stärkt edelMut Bereits bei den 96-Heimspielen gegen Hoffenheim und Leverkusen sammel­ten ehrenamtliche Mitarbeiter von edelMut gemeinsam mit 96plus Kleidung vor der HDI Arena und informierten über das Projekt. Auch 96plus-Schirmherr und Regionspräsident Hauke Jagau unterstützte das Projekt und brachte eigene Kleidungsstücke zum Aktions­ stand von edelMut und 96plus. „Gutes Leben mit gutem Handeln verbinden“ - ist das Motto von edelMut, einer Initiative des Diakonischen Werk Hannover und verschiedener örtlicher Kirchengemeinden. Neben hochwertiger Designer-Seconhandkleidung erhält man im edelMut-Laden in der Friesenstraße 57 in der Oststadt zudem auch fairgehandelte Spezialitäten bei den ehrenamtlichen Mitarbeitern des Projekts. Der gesamte erwirtschaftete Erlös geht in regionale Projekte des Diakonischen Werks und tut damit Gutes für benachteiligte Menschen in der Stadt und Region Hannover. Ein ganz besonderes Highlight haben sich edelMut und 96plus für den Februar ausgedacht. Aber noch wird nichts verraten. Für weitere Informationen schaut auf www.edelmut.net oder www. hannover96. de/96plus

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Seit seiner Gründung vor 22 Jahren steht der Lions Club Hannover Victoria Louise solidarisch an der Seite von Asphalt. Konkret: an der Seite der Asphalt-Verkäufer. Mit direkten Hilfen und Spenden. Kurz vor Weihnachten waren Brigitte Hammerich (re. im Bild) und Sabine Grune (li.) wieder mal mit guten Wünschen und Kaufhaus-Gutscheinen für Hannovers Asphalt-Verkäufer vorbeigekommen. 50 mal 20 Euro. Die Gutscheine sind das Ergebnis eines wunderbaren Secondhand-Basars des honorigen Clubs. »Wir erwirtschaften nämlich alles was wir spenden komplett selbst, und es geht zu 100 Prozent direkt an ausgewählte Projekte«, sagte Grune. Neben Asphalt werden das Frauenhaus und Projekte des Kinderkrankenhauses auf der Bult regelmäßig bedacht. Asphalt-Geschäftsführer Georg Rinke war begeistert von der langjährigen Verbindung der Lions-Damen zu Asphalt. MAC

Foto: Lars Kaletta

Treue Unterstützerinnen

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RUND UM ASPHALT

DER NÄCHSTE SCHRITT Ohne Arbeit, ohne Wohnung, ohne Hoffnung: Immer wieder werden Menschen aus der Bahn geworfen. Der Weg zurück ist nicht immer leicht und dauert bisweilen lange. Doch Asphalt unterstützt. Seit 23 Jahren mit Erfolg. So wie diese vier. Der Zeitarbeiter Job verloren, auf der Straße gelandet - Wohnung gefunden, Job gefunden: Vom tiefen Fall bis zur kompletten Selbstaufrichtung hat Jürgen Büttner kaum zwei Jahre gebraucht. »Man darf sich nie, niemals darf man sich unterkriegen lassen«, ist das Credo des Mannes, der vor Kurzem noch am Bahnhof Asphalt verkauft hat. Mit Festigkeit und einem Lächeln vertritt der gebürtige Westerwälder das. Vielleicht hat ihm dies die Türen wieder aufgemacht, nachdem im Winter 2015/16 die Eigenbedarfskündigung im Briefkasten lag. Kurz vorher hatte der Tischler auch noch seinen damaligen Job verloren, die Firma war umgezogen, er konnte nicht mit. Zu viel auf Mal. Also auf die Straße. Doch von Selbstaufgabe keine Spur. Jede Woche hat der Obdachlose Inserate in Zeitungen durchforstet. »Genau 95 Wohnungen habe ich besichtigt.« Dann der Glücksfall: eine kleine Kellerwohnung, bezahlbar, im edlen Zooviertel. Der Asphalt-Verkauf brachte Geld und eine Aufgabe. Zudem hat er noch das Wochenblatt in Briefkästen gesteckt. »Man darf sich nicht zu schade sein«, ist auch so ein Satz von Jürgen. Jetzt hat er einen Zeitarbeitsvertrag. Arbeit als Lagerist, als Monteur, als Tischler. MAC

Die »Perle« Ihre Heimat Rumänien vermisst sie sehr, »aber da ist zu viel Armut. Das ist nicht gut für die Kinder«, sagt Ionela, die eine neunjährige Tochter und einen 13-jährigen Sohn hat. Ionela und ihr Mann haben in Rumänien keine Perspektive mehr gesehen. Ihren Kindern soll es später einmal bessergehen. Deshalb sind sie ausgewandert – in die Niederlande. Sieben Jahre waren sie dort, fanden aber keine bezahlbare Wohnung, in der sie auch bleiben wollten. Weiter nach Deutschland: wieder bei null anfangen. Eine Weile waren sie wohnungslos: schliefen in einer Kirche, später im Auto. Durch Asphalt legten sie dann den Grundstein für eine bessere Zukunft. Es war eine Asphalt-Käuferin, die ihr einen Minijob als Reinigungskraft bei einem privaten Pflegedienst in Schwarmstedt anbot. Seit zwei Jahren ist Ionela jetzt dort beschäftigt. Ihr größter Wunsch: dass aus dem Minijob eine Vollzeitstelle wird. SKO


Jahrelang hat er Straßenzeitungen verkauft. War eins der Unikate bei Asphalt und auch draußen. »Aber jetzt arbeite ich so richtig, mit Vertrag«, sagt Fisch-Micha. Michael wird in Asphaltkreisen schon seit jeher Fisch-Micha genannt, weil er leidenschaftlich gern Zierfische und Lurche züchtet. »Dem Leben dienen« sagt er dazu. Neuerdings dient er jetzt auf noch anderer Ebene, im Seniorenheim. Michael ist dort der Mann für gute Zeiten. Betreuungskraft nach § 87b SGB XI steht auf seinem Zertifikat. Die Weiterbildung hat ihm das Arbeitsamt finanziert, auf seine eigene Initiative hin. »Der Kursus war so klasse, da habe ich auch viel über mich selbst gelernt. So viel, dass ich endlich auch den Tod vieler meiner Freunde von der Straße akzeptieren kann.« Nach der Ausbildung kam im Frühsommer die Einladung zum Bewerbungsgespräch, es folgte ein Praktikum für vier Wochen, dann der Arbeitsvertrag. Seit sieben Monaten ist Micha jetzt dabei. »Wir tun das, wofür die Pfleger keine Zeit haben. Bieten den Leuten im Heim ein bisschen Abwechslung, bereiten ihnen eine wenn auch manchmal kurze schöne Zeit mit Erinnerungen«, sagt Micha. »Ich glaub‘ das kann ich ganz gut, meine Vergangenheit als gesellschaftlicher Außenseiter hilft mir sehr, mich in die Situation der Menschen, die keiner mehr zu brauchen scheint, hinein zu fühlen.« MAC

Der Sesshafte 27 Jahre lang hat Frank Schröder auf der Straße gelebt. Mit allem was die Straße an Gefahren und Zumutungen so mit sich bringt. »Da will ich aber nicht mehr näher drüber reden«, sagt der Asphalt-Verkäufer, »jetzt hat nämlich die neue Zeit begonnen«. Denn jetzt hat Frank ein Dach überm Kopf. Eine kleine Einzimmerwohnung im Osten von Hameln. Und das kam so: »Es war im letzten Sommer, völlig durchnässt kam ich in Hameln an. Eigentlich wollte ich sehr bald weiterziehen, wollte wie all die Jahre zuvor nie irgendwo länger bleiben. Aber dann war ich doch öfter im Tagestreff der ambulanten Hilfe. Das sind tolle Leute da.« Die Mannschaft um Jörg Fischer hat neben aller fachlichen Hilfe dem Obdachlosen sogleich auch Asphalt zum Verkauf nahegelegt. »Damit man was zu tun hat und ein bisschen Geld verdient«, sagt der Asphalter vom Hefehof. Die neue Struktur, die kleine feine Perspektive in Franks Alltag hat dazu geführt, sein bisheriges Leben auf den Prüfstand zu stellen. »Ich bin jetzt 50, ich will das jetzt anders«, lautete der Entschluss nach nur einem Monat in Hameln. Also hat er eine Wohnung gesucht. Und überraschend bald gefunden. »Mein Vermieter war ohne Vorurteile und hat mit mir einen korrekten Mietvertrag gemacht. Nach 27 Jahren meine erste eigene Wohnung, ich bin so stolz.« MAC

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Der Lebensdiener

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Wenn Lydia Nakato mit den anderen Kindern aus Katwe Schach spielt, tauscht sie Armut und Tristesse gegen Hoffnung und Selbstbewusstsein.


In einem Armenviertel der ugandischen Hauptstadt Kampala lernen Kinder Schach. »Nur wer vorausdenkt, erreicht am Ende sein Ziel«, sagen die Trainer, die viel mehr vermitteln wollen.

Jeder zweite Bewohner von Katwe hat pro Tag weniger als 1 US-Dollar zur Verfügung.

Ein kleiner Hinterhof in Kampala, Ugandas Hauptstadt. Hühner picken nach Körnern, Wäsche trocknet auf einer Leine, Schuhpaare liegen verstreut vor einer Treppe. Wer den fünf Stufen nach oben folgt, findet sich in einem Raum wieder, in dem ein Dutzend Mädchen und Jungs auf Holzbänken sitzt. Dazwischen: Schachbretter. Die Mädchen und Jungs schauen gebannt darauf, überlegen ihre nächsten Züge. Niemand redet, denn das lenkt nur ab, raubt einem die Konzentration. Und gewinnen will schließlich jeder.

Schachlehrer Richard Tugume.

In dem kleinen Raum befindet sich die SOM Schach-Akademie von Missionar Robert Katande. Mitten in Katwe, einem Armenviertel in Kampala, verteilen Freiwillige kostenloses Mittagessen und bringen Kindern das Spiel bei. Schach sei wie das Leben, sagen die Trainer: »Nur wer vorausdenkt, erreicht am Ende sein Ziel.« Das Ziel im Schach ist das Schachmatt. Das Ziel im Leben kann unterschiedlich sein, später zu studieren oder aber einen Beruf zu erlernen. Wichtig sei es, ein Ziel zu haben und dieses mit Eifer zu verfolgen.

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BAUER, TURM UND KÖNIGIN

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Ihren ersten Pokal hütet die 13-jährige Jugendmeisterin Lydia Nakato wie einen Schatz.

Katwe ist die erste Schach-Akademie und mittlerweile eine von acht in Uganda. Mehr als 1.000 Kinder lernen hier, wie sie ihren König schützen und Bauern, Springer, Turm, Läufer und die Dame am klügsten einsetzen. Katwe selbst ist eine Ansammlung von Blechhütten, ein Viertel mit einem schlechten Ruf. Die Kriminalitätsrate ist hoch, ebenso die Arbeitslosigkeit. Viele Eltern, die hier leben, können sich den Schulbesuch ihrer Kinder nicht leisten. »Die Kinder schauen dann den ganzen Tag fern oder streunen durchs Viertel und haben Blödsinn im Kopf«, sagt Richard Tugume. Um ihnen Beschäftigung und eine Aufgabe zu geben, arbeitet der 25-Jährige als Schachtrainer. Er ist einer von rund zehn Lehrern, die Kindern das Spiel erklären und mit ihnen Taktik besprechen. »Wir wollen, dass sie später anderen etwas beibringen«, sagt er, »sie sollen selbst Vorbil-

der sein«. Die Kinder des Viertels kommen gerne, sie laufen oft eine Stunde zu Fuß, um den Hinterhof zu erreichen. Aber ist Schach nicht ein Brettspiel für Erwachsene? Wer das die Kinder fragt, die sich hier an diesem Samstagnachmittag versammeln, erntet ein energisches »Nein!«. Jeder kann Schach lernen, sagen sie: »Es macht schlau und lässt dich schneller den»Wir wollen, dass sie späken.« Die 13-jährige Lydia Nakato sitzt auf einer Holzter selbst Vorbilder sind.« bank und blickt konzentRichard Tugume riert auf das Brett vor ihr. An Selbstbewusstsein mangelt es ihr nicht. »Ich bin schwer zu schlagen«, erklärt sie und lacht. »Manche Spieler fürchten mich sogar.« Zuhause, in einem Bretterverschlag, eine dreiviertel Stunde zu Fuß entfernt, hütet sie ihren Pokal, den sie


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32 33 Die Zwillinge Lydia und

Foto: Danny Moloshok/REUTERS

Isaiah sind unzertrennlich.

Zehn Bretter, nicht mehr alle Figuren: Die Schachschule von Katwe.

bei einem U-13-Turnier gewonnen hat. Weil sich die Eingangstüre zu dem Zimmer der Familie nicht verschließen lässt, bewahrt sie ihn in einer Truhe auf, sicher vor den Blicken von Dieben. Nakato hofft, noch weitere Pokale zu gewinnen. Deshalb kommt sie regelmäßig zum Üben hierher. Durch das U-13-Turnier kam Nakato erstmals raus aus Katwe. Bis dahin kannte sie nur ihre Viertel. Die meisten Kinder waren noch nie woanders – in einer anderen Stadt Ugandas oder in einem anderen Land. Dass das nicht so bleiben muss, dass es viel zu entdecken gibt – und dass sie diese Chance durchs Schachspielen haben, das sehen sie an Phiona Mutesi.

 Phiona Mutesi ist die berühmteste Schülerin der kleinen Schach-Akademie. Schach interessierte sie anfangs nicht. Sie war arm wie Lydia, ihr Vater war an Aids gestorben. In den Hinterhof der SOM-Aka-

Vorbild Phiona Mutesi mit Missionar Robert Katande.

demie kam sie wegen der kostenlosen Mahlzeit, die der Missionar und Schachlehrer Robert Katande in Katwe den Kindern des Viertels bot. Doch dann erlernte sie das Spiel schneller als alle anderen. Sie besiegte die älteren Burschen – und machte weiter. Bald nahm sie an den ugandischen Meisterschaften teil und vertrat das Land international. Disney drehte einen Film über sie, »The Queen of Katwe«. Er wurde im Viertel gedreht, einige der Schachschüler durften sich sogar selbst spielen. Heute ist Phiona Mutesi 21 Jahre alt und wird in den USA studieren. Sie ist das Vorbild, zu dem alle aufblicken. Lydia Nakato kennt Phiona natürlich. Sie erzählt von ihr und dass sie später auch an der Universität studieren will. Doch dann wird es Zeit, ein neues Spiel zu beginnen. Fragen könne sie dabei nicht beantworten, sagt sie und bittet um Ruhe. Schließlich müsse sie sich konzentrieren. Der nächste Zug will genau überlegt sein. Text: Benjamin Breitegger, Fotos (6): Jelca Kollatsch


BUCHTIPPS Öffentlich obdachlos Unter den mehr als 50.000 Menschen, die auf der Straße leben, und unter den vielen Hunderttausend ohne Wohnung, ist er eine Ausnahme. Richard Brox ist prominent. Da wo andere versuchen, unsichtbar zu sein, ist Brox ein öffentlicher Obdachloser – und Aktivist. 1999 entdeckte er das Internet für sich und führte jahrelang das erste Berber-Blog, ein öffentliches, digitales Tagebuch. Gleichzeitig schuf er ein Informationsportal für Betroffene: praktische Überlebenshilfe, Insiderwissen, Informationen zu Unterkünften in ganz Deutschland. Nun ist in Zusammenarbeit mit den Journalisten Dirk Kästel und Albrecht Kieser seine Biografie erschienen. »Kein Dach über dem Leben« ist schonungslos ehrlich und überrascht mit einer beklemmenden Recherche zu seiner Familiengeschichte in der NS-Zeit. Brox will nicht für »die Obdachlosen« sprechen, trotzdem beantwortet seine Biografie – ergänzt um das kluge Vorwort seines Freundes Günter Wallraff – Fragen zu Obdachlosigkeit, ihren Ursachen und Auswirkungen, denen wir in unserer Arbeit oft begegnen. BP Richard Brox · Kein Dach über dem Leben. · Rowohlt · 9,90 Euro

Versuch, zu verstehen Yassin Musharbash ist eigentlich Journalist bei der »Zeit«. Er berichtet über den »Islamischen Staat« und über Terror. Er spricht mit IS-Informanten, Geheimdienstlern, trinkt Tee mit radikalen und weniger radikalen Salafisten, rekonstruiert die Planung von Attentaten. Anfang des Jahres schrieb er in der »Zeit« einen konsternierten Neujahrstext: »Es ist ein Irrglaube, man verstehe Terroristen umso besser, je mehr man über sie wisse. Man weiß nur mehr über sie.« Vielleicht liegt hier ein Motiv für Musharbashs Politthriller »Jenseits«: Musharbash konstruiert die Figur eines jungen Rostockers, der nach einem Schicksalsschlag sein Medizinstudium abbricht, zum Islam konvertiert und sich dem IS in Syrien anschließt. Handwerklich ist »Jenseits« ein großartiger Krimi, der gekonnt die Perspektiven einer Journalistin, eines Verfassungsschützers und eines Beraters für Familien Radikalisierter miteinander verwebt. Was den Roman aber so besonders macht, ist die Expertise seines Autors: Musharbash weiß einfach, wovon er spricht. BP Yassin Musharbash · Jenseits · Kiepenheuer & Witsch · 12,99 Euro

Nachgefragt Was ist eigentlich Armut? Wie fühlt sie sich an? Wie wird man arm? Und ist man selber schuld daran? Muss man Armen helfen? Was macht man den ganzen Tag, wenn man keine Wohnung hat? Illustratorin und Herausgeberin Jutta Bauer sammelte mit SchülerInnen Fragen und suchte Experten, die sie beantworten können. Straßenzeitungsverkäufer, Wissenschaftler und Politikerinnen, Geistliche und Philosophen, prominente Sportler und Musiker versuchen einfache Antworten auf schwierige Fragen zu finden. Armutsforscher Christoph Butterwegge versucht sich an verständlichen Definitionen von arm und reich, Basketballstar Dirk Nowitzky bemüht sich zu erklären, warum manche Menschen so viel mehr verdienen als andere und Elzbièta, Sonny und Michael beantworten Fragen zu ihrem Straßenalltag. Einziger Wermutstropfen für die beteiligten Kinder: Von den angeschriebenen Bundesliga-Fußballern antwortete kein einziger. Aber das sagt ja auch etwas aus. Ein toll gestaltetes Buch mit den spannenden Ergebnissen eines guten Projekts. BP Jutta Bauer (Hg.) · Armut – Schüler fragen nach · Carlsen · 14,99 Euro · ab 10 Jahren


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KULTURTIPPS Lesung »Die Vergessenen«

Kalligraphie-Tanz

Jahrelang schrieb Inge Löhnig Krimis, vor allem mit ihrer Reihe um den Ermittler Konstantin Dühnfort wurde sie bekannt. Nun hat sie das Genre gewechselt – und ihren Namen: Unter dem Pseudonym Ellen Sandberg schrieb sie nun den spannenden Familienroman »Die Vergessenen«, der gegen Ende des Zweiten Weltkriegs seinen Anfang nimmt: 1944. Kathrin Mändler tritt eine Stelle als Krankenschwester an und meint, endlich ihren Platz im Leben gefunden zu haben. Als die junge Frau kurz darauf dem charismatischen Arzt Karl Landmann begegnet, fühlt sie sich unweigerlich zu ihm hingezogen. Zu spät merkt sie, dass Landmanns Arbeit das Leben vieler Menschen bedroht – auch ihr eigenes ... 2013 spürt Manolis Lefteris, ein Mann für besondere Aufträge, geheimnisvolle Akten auf, die sich im Besitz einer alten Dame befinden. 6. Februar, 19.30 Uhr, Buchhandlung Leuenhagen & Paris, Lister Meile 39, Hannover. Eintritt: 9 Euro

Begleitend zum tanzOFFensive-Festival 2018 zeigt die Eisfabrik von Mitte Februar bis Mitte März in der Weissen Halle die Arbeiten des persischen Kalligraphen Abolghasem Shamsi. Unter dem Titel »Dancer in a World of Words« zeigt der Künstler seine zum Teil wandfüllenden Werke. Shamsi, der seit über 20 Jahren als freier Künstler in Rinteln lebt, ist Kalligraph aus Liebe und Leidenschaft und lässt seine Rohrfeder regelrecht über das Papier oder die Leinwand tanzen. Es entstehen beeindruckende Zeichengeflechte, inspiriert von persischer und europäischer Dichtung. Kalligraphie sei die Kunst der schönen Momente, sagt Abolghasem Shamsi – also: genießen Sie diese! 18. Februar bis 18. März, Eisfabrik, Seilerstr. 15 F, Hannover. Eintritt: frei

Herzschmerz – »HeARTache« Das Kontrastprogramm zum Valentinstag im Februar: Die Gruppenausstellung »HeARTache« in der Galerie Jalokivi. Mehr als ein Dutzend Künstler stellen ihre Werke aus, die sich auseinandersetzen mit allem, was das Herz schwer macht: mit Trauer und Wut, mit Einsamkeit und Sehnsucht, mit dem Verlust des Vergangenen und der Angst vor dem, was kommt. Von der klassischen Malerei, über Fotografie und Videoinstallationen bis hin zu neu bestickten Gobelins erzählen alle vom Schmerz – sei es der persönliche oder der tief in der Gesellschaft sitzende. Während der Ausstellung wird es einen »Kunst-to-Go«-Tisch geben, auf dem die teilnehmenden Künstler kleinere Werke, Drucke, Postkarten und vieles mehr verkaufen – 50 Prozent der Erlöse dieses Verkaufs gehen an die Kleiderkammer des Diakonischen Werkes Hannover. Vernissage ist am 3. Februar von 16 bis 20 Uhr mit Poesie, Speis und Trank; am Valentinstag (14. Februar) gibt es ab 15 Uhr einen kleinen Umtrunk. 3. bis 16. Februar (Vernissage: 3. 2., 16 - 20 Uhr), Galerie Jalokivi, Dieterichstr. 24, Hannover. Eintritt: frei

Foto: Fotostudio M. Brockhaus

Ausstellung

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Musik

Foto: collegium musicum

Keltisch-poetisch

Sinfoniekonzert in Celle und Hannover In diesem Wintersemester stellt sich das collegium musicum, das Sinfonieorchester der Leibniz Uni Hannover, der Kälte mit einem temperamentvollen Programm entgegen: Es wird »heiß & hitzig«! Unter diesem Motto steht zumindest dieser Abend mit Werken von Oscar Lorenzo Fernandéz, Carl Nielsen und Ney Rosauro. Dessen Konzert für Marimba und Streicher Nr. 1 ist das Highlight des Abends. Die Marimba, ein hölzernes Schlagstabspiel mit südamerikanischen Wurzeln wird von Solistin Yi Shi virtuos in Szene gesetzt; die 24-jährige gebürtige Chinesin studiert an der HMTMH, spielte bereit in Beijing im National Symphony Orchester und gehört seit 2016 zum Ensemble Percussion Hannover. Zum collegium musicum unter der Leitung von Sönke Grohmann gehören etwa 80 Studierende, Dozentinnen und Dozenten, Mitarbeitende und ehemalige Angehörige der Leibniz Universität Hannover sowie anderer Hochschulen. Reservierungen unter: www.orchester.uni-hannover.de/cm_konzerte.html 10. Februar, 19.30 Uhr, Alte Exercierhalle am Neuen Rathaus, Am Französischen Garten 1, Celle. 11. Februar, 19.30 Uhr, Lichthof Welfenschloss Leibniz Uni Hannover, Welfengarten 1, Hannover. Eintritt: 11/erm. 5 Euro

Eine charakteristische Folkstimme zur Gitarre, eine Fiddle, eine Bodhrán, ein Bass und ein ausgesprochenes Faible für die Geschichten hinter der Musik – das sind Scot Erin. Das Trio präsentiert mit Leidenschaft schottische und irische Songs, keltische Gesänge und Melodien. Und die Zuschauer dürfen den Künstlern ganz nah sein: »Kaminzimmer poeTisch« heißt die Kleinkunst-Veranstaltungsreihe, die Abende in besonderem Ambiente verspricht – allein der Ort ist schon ungewöhnlich: man trifft sich im Craft Beer Kontor, trinkt Glühbier und andere Leckereien und lässt sich vom kreativen Programm begeistern. Unbedingt vorher reservieren, sonst gibt‘s keinen Platz mehr am »poeTisch«: 0177 - 1745343! 11. Februar, 18.30 Uhr, Craft Beer Kontor, Schlägerstr. 17, Hannover. Eintritt: frei (um einen Obolus für die Künstler wird gebeten!)

Fette Hupe »Allein zu Haus« lautet das Motto dieses Abends. Die Fette Hupe, Hannovers Big-Band-Jazz-Ausnahmeensemble, ist nämlich nicht mehr mit Gästen auf Tour, sondern sozusagen wieder im heimischen Wohnzimmer angekommen. Das Orchester präsentiert diesmal frische und unkonventionelle Kompositionen seiner Mitglieder, die speziell für dieses Konzert arrangiert werden. Künstlerische Eigenständigkeit und spielerische Vorliebe jedes einzelnen der fast zwanzig Musiker werden im Vordergrund stehen – persönlicher kann Big-Band-Musik kaum sein! Karten-VVK unter 0511 – 455001 oder www.kulturzentrum-faust.de. 25. Februar, 19 Uhr, Faust Warenannahme, Zur Bettfedernfabrik 3, Hannover. Eintritt: 13/erm. 9 Euro


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Für Kinder »Hexe Lisbet«

Foto: Stadt Langenhagen

»Es gibt Tage, die sind einfach verhext”, denkt Mathilde Maus, die Schriftstellerin. Eine schöne Geschichte für ein neues Buch will ihr einfach nicht einfallen. Doch dann beginnt doch noch eine abenteuerliche Reise mit viel Witz und Fantasie, und am Ende hat Mathilde Maus endlich eine tolle Geschichte für ihr Buch... Die Kinderbücher von Lieve Baeten um die Kleine Hexe Lisbet begeistern Groß und Klein seit mehr als 20 Jahren. Das Figurentheater Bremen hat ein Stück für Puppen daraus gemacht und gastiert im Februar damit in Langenhagen. Ein Spaß für Kinder ab 3 Jahren und natürlich die ganze Familie! 22. und 23. Februar, jeweils 15.30 Uhr, Haus der Jugend, Langenforther Platz 1, Langenhagen. Eintritt: 5 Euro.

Sonstiges Spieletag Gönnen Sie sich und Ihrer Familie doch mal einen unterhaltsamen Spieletag: Über hundert Spiele warten darauf, kostenlos vor Ort ausprobiert zu werden. Es stehen Brett-, Karten- und Würfelspiele, aktuelle Spiele und Spieleklassiker, leichte Spiele für Kinder ab drei Jahren, Spiele für Familien und EinsteigerInnen sowie anspruchsvolle Strategiespiele zur Verfügung. Die Spieler vom Verein Norddeutsche Spielekultur e.V. helfen gern mit ihrer Erfahrung bei den Regeln oder spielen einfach mit. Erstmalig beim Spieletag bietet der Bridgeclub Bärenrunde Hannover e.V. Bridge zum Kennenlernen an (auch für Kinder ab 10 Jahren). Für das leibliche Wohl wird mit dem Verkauf von Getränken und einem Mittagsimbiss sowie mit Kaffee und Kuchen von den Südstadt-Frauen gesorgt. 4. Februar, 11.30 bis 17.30 Uhr, Kulturbüro Südstadt, Böhmerstr. 8, Hannover. Eintritt: frei (Um eine Spende für den Verein Norddeutsche Spielekultur e.V. wird gebeten!)

36 Am Lindener Berge 38 30449 Hannover · Telefon 45 44 55 www.jazz-club.de

FEBRUAR 2018 Freitag, 2. Februar TOMASZ STANKO QUARTET Eintritt: 20 Euro Samstag, 3. Februar ALBIE DONNELLY'S SUPERCHARGE Eintritt: 20 Euro/erm. 15 Euro Freitag, 9. Februar LOTHAR KRIST B3 & FRIENDS Ode to Jimmy Smith - The Sound Of the Blue Note Years Eintritt: 20 Euro /erm. 15 Euro Samstag, 17. Februar ELMAR BRAß TRIO CD-Release „Brassabi“ Eintritt: 15 Euro Freitag, 23. Februar HIDDEN JAZZ QUARTETT feat. Melane & Ken Norris Eintritt: 20 Euro Samstag, 24. Februar ASCH & IOTGE feat. Marcus Lewyn & Ralph Jaspert HMTM Prüfungskonzert Eintritt: 10 Euro Montag, 26. Februar MIGUEL ZENON QUARTET Tipico Eintritt: 20 Euro/erm. 15 Euro Konzertbeginn jeweils um 20.30 Uhr, Einlass ab 19.30 Uhr

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IHR ENGAGEMENT

Machen Sie mit! Impressum Herausgeber: Prof. Dr. Heiko Geiling, Hanna Legatis, Rainer Müller-Brandes Gründungsherausgeber: Walter Lampe Geschäftsführung: Georg Rinke Redaktion: Volker Macke (Leitung), Jeanette Kießling, Svea Kohl, Ulrich Matthias Fotografin/Kolumnistin: Karin Powser Gestaltung: Maren Tewes

Die Runde der Ehrenamt­lichen trifft sich an jedem letzten Dienstag im Monat in den hannoverschen Asphalt-Redaktionsräumen. Da werden Veranstaltungen organisiert, Info-Stände geplant und Ideen gesammelt, um die Arbeit von Asphalt engagiert zu unterstützen. Besonders für unsere Asphalt-Verkäuferinnen und -Verkäufer ist es wichtig zu spüren, dass viele Menschen hinter ihnen stehen. Wir freuen uns, wenn Sie sich dieser lebendigen Runde anschließen möchten! Rufen Sie uns einfach vorher an: 0511 – 30 12 69-0. Das nächste Treffen ist am Dienstag, 27. Februar, um 17 Uhr. Foto: hakase420/fotolia.com

Freie Mitarbeit dieser Ausgabe: B. Breitegger, F. Huesmann, J. Kollatsch, O. Neumann, G. Schild, W. Stelljes, K. Zempel-Bley Anzeigen: Heike Meyer Verwaltung: Janne Birnstiel (Assistentin der Geschäftsführung), Heike Meyer Vertrieb & Soziale Arbeit: Thomas Eichler (Leitung), Romana Bienert, Christian Ahring (Sozialarbeiter) Asphalt gemeinnützige Verlags- und Vertriebsgesellschaft mbH Hallerstraße 3 (Hofgebäude) 30161 Hannover Telefon 0511 – 30 12 69-0 Fax 0511 – 30 12 69-15 Spendenkonto: Evangelische Bank eG IBAN: DE 35 5206 0410 0000 6022 30 BIC: GENODEF1EK1 Online: www.asphalt-magazin.de redaktion@asphalt-magazin.de vertrieb@asphalt-magazin.de herausgeber@asphalt-magazin.de Druck: v. Stern’sche Druckerei, Lüneburg Druckauflage: Ø 25.000 Asphalt erscheint monatlich. Redaktionsschluss dieser Ausgabe: 22. Januar 2018 Für unaufgefordert eingesandte Manuskripte, Bilder und Bücher übernehmen wir keine Gewähr. Rücksendung nur, wenn Porto beigelegt wurde. Gesellschafter:

H.I.o.B. e.V. Hannoversche Initiative obdachloser Bürger

Verkäuferausweise Bitte kaufen Sie Asphalt nur bei VerkäuferInnen mit gültigem Ausweis! Zurzeit gültige Ausweisfarbe (Region Hannover): Hellgrün

Asphalt dankt: Ramin GmbH, T. Hermann, R.+ E. Mueller, A. Gossler, B. Blank, R. Mieschner, I.+ G. Frommhold, D. Streurs, W.-D. Gutschke, D. Boehme, V. Heinrich, B. Ziemer, H. Rudolf, S. Schulze, A. Bitter-Mosengel, G.+ E. Krajewski, H.-W.+ O. Witte, H.+ M. Mueller, H. Triphan-Brockmann, K. Leupold, H.+ H. Rose, U. Blickle, W. Meseberg, G. Kienscherf, G.+ H. Gross, L.-P.+ S. Gall, M. Ralle, A. Althaus-Bode, R.+ H. Schwitzer, E. Hoppfe, T. Kozubek, M. Rukopf, A.+ H. Meyer, B. Heizmann, H. Wolter, K. Mildenstein, L. Rempe, H. Soch, H.-M. Sturhan, H. Becker-Wewstaedt, Ingenieurbüro Franke, E. Olbrich, H. Boemke, M. Knust, M. Gerling, W.+ A. Dirks, E. Holzhausen, I. Hofer-Spruessel, N. van Scherpenberg, S. Pust, E. Krien, S. Thies, G. Bettels, D. Harks, L.+ E. Schulz, U. Frevert, D. Ribeaucourt, K. Gallmeister, A. Gieseler, E.+ G. Hartmann, D. Reuter-Spanier, A.+ W. Fleck, B. Peiser, H. Haase, W.+ U. Kreutzmann, R. Bolduan, F. Werner, H. Kleinholz, J. Saalfeld, G. Heyn, K. Huchting, K. Schiller, R. Hornung, M. Knitter, B. Trilken, A.+ K.-D. Scholz, M. Suesselbeck, B. Wachtel, H.+ I. Hesch, G. Probst, H. Scheuermann, I. Weinhold, R. Schwerin, S. Brand, M. Mackelden, M. Toebben, B. Treige, E. Freudenberg, M. Neemann, H.-D. Roch, D.+ M. Ellerbrock, I. Heidorn, E. Wiesner-Friedrichsen, Fam. Pagel, A.+ I. Gruh, U.+ A. Ott, C.+ B. Kusch, H. Toepfer, M. Zender, M.-H. Hannig, B.+ S. Stoltenberg, H. Künte, MHH, O. Kleinrath, H. Heidrich, B. Walter, G.+ H. Richwien, B. Hellberg, H. Thomas, W. Ritter, D. Hasselbring, R. Meier, K. von Cieminski, E. Friedrich, R. Wiebe, W. Richwien, G.+ I. Stasch, H.-J. Bley, K. Schwanemann, R. Kallidat, I. Schmalz, H.-H.+ R. Rothe, M. Leuckhardt, C. Griesbach, S. von Vietinghoff, J.-M. Teuner, Fraunhofer Institut, K. Welp, E. Bulmahn, H. Falbrede, G. Schwarzer, R.+ K. Hinze, Landfrauenverein Mandelsloh, S. Laese, Galenus Apotheke, R. Meister, U. Imse, E. Sanfilippo, Ev.-luth. Lukasgemeinde, R.+ C. Ketelhake, H.-J. Richter, E. Kellner, A. Lewe, H. Toepfer, E. Markus, I. Thiem, G. Dequeker, B. Singh-Dass, H. Scharlack-Becker, J. Beuch, M. Priesner, M. Grundey, M. Stief, H. Scheuermann, C. Schlockwerder, A. Younes, R.-R. Bartels, H.+ H. Rodiek, E.+ U. Dennert, G. Wasmuth, M.+ H. Schweda, F. Niemann, E. Butler, B. Ahrens, F. Terner, D. Bischoff, M. Troppens-Blume, E. Scholz, Café 24 Grad, N. Radeck, R. Beddiges, W. Meseberg sowie allen anonymen Spendern und allen Asphalt-Patinnen und -Paten.


Aus den nachfolgenden Silben sind 17 Wörter zu bilden, deren erste und vierte Buchstaben – jeweils von oben nach unten gelesen – eine Bauernweisheit ergeben: are – but – ca – chow – chow – co – darm – dung – dung – ede – en – er – er – fa – fin – ge – gen – grip – ha – ka – klei – lan – le – mo – mops – ne – pe – ri – ri – rif – ro – roll – sack – schein – se – see – sei – sprung – stands – te – te – team – ten – tor – um – wein – wett – work

1. Los

2. Lebensmittelkonzern

3. Hubschrauberteil

4. Erkrankung

5. Heimat von Asterix

6. Eheverfehlung

7. Traubenernte Unter den Einsendern der richtigen Lösung verlosen wir dreimal den Sci­ ence-Fiction-Roman »Das lange Utopia«, Teil 3 der sagenhaften Kooperation von Terry Pratchett und Stephen Baxter. 2045-2059: Während sich die Menschheit auf der Datumerde weiterentwickelt, schreitet auch die Besiedelung der unendlich vielen Welten der Langen Erde voran. Doch es verfängt sich ein unbekannter Planet in einer der Welten der Langen Erde. Mit wenig erfreulichen Aussichten für deren Bewohner ... Ebenfalls dreimal können Sie den spannenden Roman »Everland« von Rebecca Hunt gewinnen. Die Insel Everland wird von zwei Antarktisexpeditionen erforscht, zwischen denen hundert Jahre liegen. Doch die Einsamkeit, und die feindseligen Kräfte der Natur sind heute wie damals bestimmend, und es zeigt sich: Die Antarktis enhüllt den wahren Charakter der Menschen, die sich ihr aussetzen. Außerdem verlosen wir dreimal das fantastische Kinderbuch »Archie Greene und das Buch der Nacht« für Jungen und Mädchen ab 11 Jahre. Archie Greene will gerade einen neuen Zauberspruch aufschreiben, da erscheint eine schwarze Flamme auf dem Papier und löscht seinen Spruch einfach weg. Ein Kampf gegen schwarze Magie beginnt ... Die Lösung des Januar-Rätsels lautete: Denken macht keinen Lärm Nichtdenken umso mehr Das Silbenrätsel schrieb für Sie Ursula Gensch. Die Lösung (ggf. mit Angabe Ihres Wunschgewinnes) bitte an: Asphalt-Magazin, Hallerstraße 3 (Hofgebäude), 30161 Hannover; Fax: 0511 301269-15. E-Mail: gewinne@asphalt-magazin.de. Einsendeschluss: 28. Februar 2018. Bitte vergessen Sie Ihre Absenderadresse nicht! Viel Glück!

8. Vorname des Sängers Caruso

9. eine der kanarischen Inseln

10. Zusammenarbeit

11. Stadt in Bayern

12. Fischspezialität

13. Gepäck des Matrosen

14. Hunderasse

15. Frucht der Wilden Rose

16. Neuschöpfung

17. Outfit einer Schwangeren

ASPHALT 02/18

SILBENRÄTSEL

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