Praxisbuch Fahrbahn

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Markus Barth 路 Sepp Moser

Praxisbuch Fahrbahn

Eisenbahnwissen f眉r Projektleiter Manager Medienschaffende Eisenbahner Quereinsteiger Studenten Politiker und wissensdurstige Laien





Praxisbuch Fahrbahn Markus Barth 路 Sepp Moser

AS Verlag


www.as-verlag.ch AS Verlag & Buchkonzept AG, Zürich 2014 Gestaltung und Herstellung: AS Verlag, Urs Bolz, Zürich Korrektorat: Pablo Egger, Speicher Druck und Einband: Kösel GmbH & Co. KG, Altusried-Krugzell ISBN 978-3-906055-29-9


Inhalt

8 11

Vorwort Einleitung

15 17 25 37 43 57 69 81 91

Teil 1 I Fahrbahnwissen Das System Eisenbahn Schienen Schienenbefestigungen Schwellen Weichen Bettung / Schotter Unterbau Schmalspur- und Zahnradbahn

99 101 109 115 127

Teil 2 I Unterhalt Schienen Schotter / Gleislage Anlagenstrategie – Ein Fazit Schonen statt flicken

131

Teil 3 I Glossar

147 148 149 150

Anhang Bildnachweis Quellenverzeichnis Dank



Teil I

Fahrbahnwissen



Das System Eisenbahn

Die Eisenbahn ist ein uraltes Verkehrssystem, das heute noch nach den gleichen Prinzipien funktioniert wie vor 200 Jahren. Fahrzeuge mit Stahlrädern rollen auf Schienen aus Stahl. Jeweils zwei parallele Schienen bilden ein Gleis, welches die Fahrzeuge gleichzeitig trägt und führt. Dieses Prinzip weist sowohl Vorteile als auch Nachteile auf. Vorteile der Eisenbahn gegenüber anderen Landverkehrssystemen sind: 1. Wirtschaftlichkeit: Wenn Stahlräder auf Stahlschienen rollen, ist der Rollwiderstand geringer als bei jeder anderen Art des Transports zu Land. Es lassen sich also selbst schwerste Güter mit geringem Energieaufwand befördern. Dazu kommt die vergleichsweise lange Lebensdauer von Eisenbahn-Infrastruktur und -Fahrzeugen. Vergleich des Rollwiderstands verschiedener Verkehrsmittel Stahlrad auf Stahlschiene (Bahn) Fahrrad auf Asphalt Automobil auf Asphalt Lastwagen auf Asphalt

100 % 470 % 930 % 5330 %

2. Hohe Transportleistung: Die Bildung von langen Zügen erlaubt den Transport vieler Fahrgäste oder grosser Gütermengen mit sehr wenig Personal und geringem Energieverbrauch. 3. Hohe Sicherheit: Da die Fahrzeuge von den die Schienen geführt werden, ist es nicht möglich, dass sie als Folge von Unachtsamkeit (oder früher: wegen scheuender Pferde) von der Fahrbahn abweichen und verunglücken. Kollisionen zwischen verschiedenen Zügen lassen sich durch technische Massnahmen relativ leicht vermeiden. 4. Geschwindigkeit: Da die Züge auf einer gesicherten Fahrbahn verkehren, sind teilweise sehr hohe Geschwindigkeiten möglich. 5. Weitgehende Unabhängigkeit vom Wetter: Diese lässt sich am besten durch einen alten Werbespruch der Deutschen Bahn beschreiben. Er lautete: «Alle reden vom Wetter – wir nicht.» Linke Seite: Grubenwagen einer Bleimine aus dem 19. Jahrhundert (USA).

Das System Eisenbahn I 17


Der Radsatz ist das «Herz» des Prinzips Eisenbahn: Zwei Räder mit Spurkranz, auf einer Achse fest montiert.

6. Umweltfreundlichkeit: Die Bindung der Züge an einen fixen Fahrweg erlaubt eine durchgehende Stromversorgung und somit den wirtschaftlichen und umweltfreundlichen elektrischen Betrieb. Bremsenergie lässt sich zu einem grossen Teil (um die 20 %) in das Netz zurückspeisen. Die Bahn hat gegenüber anderen Verkehrsmitteln jedoch auch Nachteile. Zum Beispiel: 1. Sie ist an das Gleis gebunden und kann einem Hindernis nicht ausweichen wie ein Strassenfahrzeug. Aus dem gleichen Grund lässt sich nicht einfach eine neue Bahnlinie eröffnen; zuerst muss mit grossem Aufwand eine Fahrbahn gebaut werden. 2. Stahlräder auf Stahlschienen haben relativ bescheidene Reibungswerte. Starke Steigungen des Fahrwegs sind deshalb nicht oder nur mit extremem technischem Aufwand (Zahnrad- oder Drahtseilbahnen) möglich. Das bedeutet, dass Höhenunterschiede mit langen Schleifen oder Kehrtunnels, Gelände-Unebenheiten mit Dämmen, Einschnitten, Tunnels oder langen Brücken überwunden werden müssen. Aus dem gleichen Grund hat ein Eisenbahnzug im Vergleich zu einem Lastwagen oder Bus schlechtere Beschleunigungs- und Bremseigenschaften. 3. Die Fahrbahn muss bedeutend höheren qualitativen Ansprüchen bezüglich Robustheit und Präzision genügen als eine Strasse. Andernfalls besteht Entgleisungsgefahr. 18 I Das System Eisenbahn


Oben: Die Bahn braucht eine flache Fahrbahn mit vielen Kunstbauten. Unten: Extrem lange Z端ge (hier in den USA) erlauben rationelle Massentransporte.


172 mm

Schienenprofil UIC 60 E1 SBB VI

150 mm

161 mm

Schienenprofil UIC 54 E2 SBB IV

125 mm

145 mm

Schienenprofil 46E1 SBB I

125 mm

Die wichtigsten Schienenprofile der schweizerischen Normalspurbahnen.

Der Fuss verleiht der auf der Schwelle liegenden Schiene Standfestigkeit und hindert sie am Abkippen; ausserdem erlaubt er die komfortable Befestigung auf der Schwelle mittels geschraubter Laschen oder, wie früher auf Holzschwellen üblich, mit Nägeln (siehe auch Seite 37). Die Breite des Fusses will wohlüberlegt sein: Ein breiter Fuss verteilt die Auflagekraft auf der Schwelle besser, der Kippwiderstand wird vergrössert. Er erschwert jedoch das Biegen der Schienen in Gleisbögen und verteuert somit Bau und Unterhalt. Der Steg hat die Aufgabe, das vertikale Durchbiegen der Schienen zwischen den einzelnen Schwellen aufzufangen und das Gewicht auf mehrere Schwellen zu verteilen. Er ist im Interesse der Kurven-Biegsamkeit relativ schmal. Am Schienenkopf erfolgt der Kontakt mit den Rädern; hier fällt der Entscheid über den Fahrkomfort ebenso wie jener über die Lebensdauer von Schiene und Rädern! Der Kopf soll bezüglich Breite und Form seiner Oberfläche so gestaltet sein, dass sowohl die Radlaufflächen (welche die Last sowie die Zug- und Bremskraft auf die Schiene übertragen) als auch die für die seitliche Führung sorgenden Spurkränze sauber und ohne unnötige Reibung auf bzw. seitlich an der Schiene liegen. Dabei ist eine optimierte Berührgeometrie entscheidend. Eine ausreichende Höhe 26 I Schienen


Herstellung von Eisenbahnschienen: Oben der Walzvorgang, unten die H채rtung (links im Bild) mit anschliessendem Abk체hlungsbereich f체r die mehr als 100 m langen Schienen.


Moderne Stopfmaschine DS09-4X im Einsatz.

Beim Stopfen handelt es sich um eine sehr raue und mit Lärm verbundene Arbeit. Weil ein Gleis während der Bearbeitung für den regulären Verkehr gesperrt ist, müssen die Arbeiten zu einem grossen Teil nachts ausgeführt werden, vor allem bei Einspur- oder stark belasteten Doppelspurstrecken. Die Bahnen sind in diesen Fällen auf das Verständnis der Anwohner angewiesen. Die Präzision der Gleislage richtet sich u.a. nach der Nutzung eines Gleises. Schnell befahrene Gleise sind am präzisesten verlegt, Anschlussgleise von Industriebetrieben mit ihrem spärlichen und langsamen Verkehr am wenigsten präzis. Moderne Stopfmaschinen sind in der Lage, die Funktionsweise einer Stopfmaschine: Die Stahlpickel dringen bei angehobenem Gleis in den Schotter ein und verdichten ihn durch Vibration. Kraft der Stopfpickel Seitliche Vibration Gegenkraft des Schotters

110 I Schotter / Gleislage


Oben: Bild aus dem F체hrerstand einer Gleisreinigungsmaschine. Unten: Dank des Werkzeugschlittens kann die DS09-4X w채hrend der Fahrt jeweils vier Schwellen gleichzeitig unterstopfen.



Teil 3

Glossar


Schienenbefestigungen auf Betonschwellen.

men mit fast identischer Ursache und gleichen Konsequenzen: Schlupfwellen. Rippenplatte (auch: Unterlagsplatte): Metallplatte zwischen > Schiene und Holzschwelle, dient der Befestigung der Schiene sowie der Lastverteilung auf die Schwelle und verhindert das Eindringen der Schiene in das vergleichsweise weiche Holz. Rollkontaktermüdung: Siehe > Head Check. Schiene: Das Element der > Fahrbahn, welches die Fahrzeuge trägt und führt. Normalerweise bilden zwei parallel verlegte Schienen ein > Gleis. Schienenbefestigung: Das Konstruktionselement, welches die > Schienen mit den > Schwellen verbindet. Besteht je nach Konstruktion aus > Klemmplatten oder > Spannklemmen, bei 140 I Glossar

Klemmplatten z.T. mit > Federring, den entsprechenden Schrauben und in der Regel einer elastischen Unterlage (> Zwischenlage). Siehe auch > Spannklemme. Schienenfuss: Der untere, breite und flache Teil einer > Vignolschiene, der auf der > Schwelle aufliegt. Schienenkopf: Der oberste, im Querschnitt annähernd quadratische Teil der > Schiene, auf dem die Räder laufen. Schienenlücke: Siehe > Weiche. Schienenneigung: Neigung der Schiene auf der Schwelle durch die Beschaffenheit der > Rippenplatte, in der Schweiz im Verhältnis 1: 40. Beide Schienenprofile sind gegeneinander geneigt, sodass die Kraft aus dem Rad senkrecht in


Schematische Darstellung der Schienenneigung.

die Schiene eingeleitet und durch Kegelwirkung der > Sinuslauf unterstützt wird. Überdies wandert der Kontakt Rad/Schiene nach aussen in einen Bereich, wo das Schienenprofil (> Profil) einen grösseren Krümmungsradius hat. Dadurch wird die Kontaktfläche vergrössert, und die Kontaktspannungen des Rades auf die Schiene werden verringert.

Schienenstoss: Der Bereich, an dem die Enden zweier Schienenstücke aufeinanderstossen. Die Lücke wird beim Überfahren als leichter Schlag wahrgenommen. In der Schweiz sind die meisten > Schienen von Hauptstrecken lückenlos verschweisst und somit ohne Schienenstösse. Wo diese noch vorhanden sind, dienen sie oft der elektrischen Isolation benachbarter > Gleis-

Schienenstoss.

Glossar I 141




Das schweizerische Eisenbahnnetz ist leistungsfähig, modern und fest in der Bevölkerung verankert. Dadurch ist es nicht mehr nur ein Thema für Spezialisten, sondern ebenso für Politiker, EisenbahnPraktiker, Journalisten und wissensdurstige Laien. Dieses Buch erklärt die Funktionsweise der Fahrbahn, auf der unsere Züge verkehren. Und es zeigt, was man in Zukunft noch besser machen könnte.

ISBN: 978-3-906055-29-9


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