Valerio Figuccio

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-MATERIEValerio Figuccio


Zahlreiche Streifzüge durch alte Leipziger Fabriken hat der italienische Künstler Valerio Figuccio in den Jahren 2009 bis 2012 unternommen.

Fasziniert von ihrer räumlichen Dimension und ihrem individuellen Charakter entwickelte er eine fotografische Serie, in der er die Materialien dieser Anlagen in einen Dialog zu ihrer künstlerischen Gestaltung setzt. Das komplexe Gefüge unterschiedlicher Raumordnungen, ihre mannigfaltigen Rohstoffe und Substanzen treten uns aus seinen Arbeiten mit dem Titel „Materie“ entgegen. Die fotografischen Aufnahmen sind dabei das Resultat eines vielschichtigen und langen Entstehungsprozesses: Um die spezifische Ortserfahrung umzusetzen, kombiniert der Künstler mehrere Schritte miteinander. Auf seinen Ausflügen sucht Figuccio zunächst nichts Bestimmtes und doch genau das, was die alten Anlagen in ihrer Beschaffenheit erfahrbar werden lassen kann. Dazu eignet er sich die Hallen zunächst über das Schauen, Abtasten und Entdecken an und liest dort auf, was sich an verwendbaren Grundstoffen finden lässt. Sand, Papier, Putz, Geröll und Späne bilden die Ausgangsmaterialien für den anschließenden künstlerischen Gestaltungsprozess. Im Atelier werden sie in Verbindung mit Farbe zum Malmittel, das mit seinen jeweiligen Eigenschaften nun die Beschaffenheit der entstehenden Leinwand prägt. Einige sind in erdigen, dunklen Farben gehalten, haben einen metallischen Glanz oder weisen Rostspuren auf. Andere, durchzogen von Graffiti-Schriftzügen, geben das Grün und Blau der alten Farbanstriche wieder. Wiederum andere leuchten in hellen, cremefarbenen Tonwerten. Allen aber ist ein grober, pastoser Farbauftrag gemeinsam, der an einigen Stellen bis zum Relief gesteigert wird. Die Spuren des besuchten Ortes werden in Figuccios malerischen Schöpfungen zu einer eigenen Wirklichkeit des Bildes entfaltet; der dreidimensionale Raum auf die zweidimensionale Leinwand gebannt. Die Verknüpfung mit dem ursprünglichen Ort bleibt jedoch die gesamte Zeit bindend. Von Beginn an war für die Leinwand ein bestimmter Platz im Fabrikgelände vorgesehen, an den sie nach ihrer Vollendung zurückgebracht und fotografiert wird. Das künstlerische Konzept besteht demnach auch aus einem Fortgehen und Wiederkehren, einem anfänglichen Wegnehmen und späteren Hinzufügen, das sich auf die räumlichen Strukturen auswirkt. Möglichst nahtlos soll sie sich in ihre Umgebung einfügen, aber immer noch als unabhängiger Gegenstand erkennbar bleiben.


So kommt der künstlerische Prozess mit der fotografischen Aufnahme an sein Ende und gleichsam wieder an seinen Anfang: die vom Künstler gesuchten Bezüge zwischen Bildraum und Umgebungsraum finden hier ihre Visualisierung. Zurück an ihrem Ausgangspunkt, treten die gestalteten Elemente mit ihrer Umgebung in eine Wechselwirkung – Raum und Fläche, Formlosigkeit und Formung, Material und Materie geraten in gegenseitige Durchdringung.

Die Bedingungen von Material und die Möglichkeiten seiner künstlerischen Formung beschäftigten Valerio Figuccio bereits in einer frühen Serie an der Accademia di Belle Arti in Rom. In den Papierarbeiten aus dem Jahr 2008 experimentiert er ebenfalls mit verschiedenen natürlichen Substanzen. So überzieht er Papier mit Sand, Asche und Kohle, lässt es an den Rändern ausfranzen und zum Objekt werden. Schon da fasziniert ihn der Übergang zwischen Ausgangsmaterial und absichtsvoller Gestaltung. Die Leipziger Fabriken erinnern mit ihren Materialien an diese frühe Arbeit und lassen den Künstler in einer neuen Art und Weise diese abstrakten Formen wiederfinden. Die künstlerische Spurensuche erweitert sich nun allerdings auf Fragen der räumlichen Erfahrbar-Machung. Erst hier tritt die Fotografie als bildgebende Konstante hinzu. Seitdem zeichnen sich die Arbeiten durch eine immer subtilere Einbindung der Leinwände in das fotografische Bild aus. Die letzten beiden Serien aus dem Jahr 2012, entstanden in Tivoli und Leipzig, lassen die großformatigen Arbeiten häufig fast ganz im Raum verschwinden. Nur der Vergleich zu anderen Aufnahmen lässt sie sichtbar werden und lenkt unsere Bild-Wahrnehmung nochmals in eine andere Richtung. Diese subtile Irritation ist nicht unwichtig bei Valerio Figuccio. In vielen, wenn nicht allen seinen Werken spielt immer auch ein wenig Zweifel hinein, der neue Seh- und Denkräume eröffnen kann.

Text von: Ulrike Blumenthal





MATERIE- L1 2010











MATERIE- T1 2012











MATERIE- L2 2012








Valerio Figuccio

*1988 in Rome, Italy / Lives and works in Leipzig, Germany Education

2002-2007 Studies in Fine Arts, Art school Mario Mafai, Rome, Italy 2007-2010 Studies in Set-design, Academy of Arts, Rome, Italy Since 2010 Studies in Media Arts, HGB Academy of Visual Arts Leipzig, Germany, Intermedia Class of Prof. Alba D`Urbano Exhibitions

2013 Leipzig young Contemporary - Art Walk im Clara-Park 2013 Intimate, EIGEN + ART Galerie Spinnerei, Leipzig 2013 With Different Eyes, Blumen Gallery, Leipzig 2013 Eine Arbeit / Work, HGB Academy of Visual Arts Leipzig 2013 Viaggio in Italia / Italienische Reise 2010-2012, ATELIERFRANKFURT, Frankfurt 2012 Viaggio in Italia / Italienische Reise 2010-2012, Werkschauhalle Spinnerei, Leipzig 2012 Materie-T1, Teatro Furio Camillo, Rome 2012 Materie-T1, Materie-L1, HGB Academy of Visual Arts Leipzig 2012 Res Obscura, HGB Academy of Visual Arts Leipzig 2011 Materie-L1, Room 4.4, HGB Academy of Visual Arts Leipzig 2010 Chain of Fools, HGB Academy of Visual Arts Leipzig 2009 L’Europa sulla scena, Italian Cultural Institutes of Vienna 2004 Roma per vivere / Roma per pensare, Auditorium Parco Della Musica, Rome


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