SKWJ 2011 Bulletin 1

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EXCURSION

Bulletin

Schweizer Klub für Wissenschaftsjournalismus Association suisse du journalisme scientifique Swiss Association of Science Journalism

w w w.s ci ence- j ou r n a l is m . c h

1 | 11 JANUAR 2011 EDITORIAL

Liebe Mitglieder Alles Gute zum Jahr der Chemie und des Regenwurms! In dieser Ausgabe des ­Bulletins schauen wir zurück auf ein spannendes Gesundheitsseminar 2010 zu den ­Lehren, die man aus der Schweinegrip­pePandemie ziehen kann. Thema war unter anderem das Bundesamt für Gesundheit als Prügelknabe, Journalisten, die sich bei Pandemiemeldungen erst mal hin­ setzen und eine Tasse Tee trinken sollten ­(O-Ton des Wissenschaftsjournalisten Volker Stollorz) und ein Publikum, das sich einfach mehr für schlechte Nachrichten interessiert als für gute. Als Einstieg in den zweiten Seminar-Tag spielte Mo­ Pascal Biber (Foto: SRF) derator Patrik Imhasly ein Interview ab mit Tom Jefferson von der Cochrane Colla­boration, der die Befangenheit vieChers membres ler ­Grippe-Experten von der Pharma­ Tous nos vœux pour l’année de la chimie, et du industrie anprangerte – und zuletzt auch ver de terre ! Dans cette édition du bulletin, nous maliziös die Frage stellte, wie unabhänrevenons entre autre sur ce que l’on a pu ap- gig wir Schweizer Wissenschaftsjournaprendre au sujet de la pandémie de grippe por- listen denn über die Schweinegrippe becine au Séminaire-Santé en automne 2010 à richten können, wenn wir uns zu einem SeThoune. Les thèmes évoqués incluaient la posi- minar dazu von der Interpharma einladen tion de souffre-douleur de l’Office fédéral de la lassen … Mehr zum Gesundheitsseminar santé publique, les journalistes qui devraient­ im Bericht von Etienne Dubuis. «commencer par s’asseoir et boire un thé» Ein weiterer Anlass des Klubs, der im(comme le résumait le journaliste scientifique merhin ein gutes Dutzend Mitglieder nach Volker Stollorz), et un public qui s’intéresse sim- Basel lockte, war ein Besuch beim Friedplement davantage aux mauvaises nouvelles rich Miescher Institut – zu dessen 40. Gequ’aux bonnes. Pour commencer le deuxième burtstag. Wie das FMI gedenkt, sich für jour du colloque, le modérateur Patrick ­Imhasly ihren Geldgeber Novartis unentbehrlich a mené une interview avec Tom Jefferson, de la zu machen, lest ihr im Beitrag von ­Florian Cochrane Collaboration, critique envers les Fisch. pharmas et l’OMS, qui a dénoncé les liens ­entre Einer Entwicklung, die uns Wissen­ les experts de la grippe et l’industrie pharma- schafts­journalisten zu denken geben könnceutique. Malicieusement, l’expert s’est ­aussi te, widmet sich Olivier Dessibourg: Die finalement demandé de quelle manière les jour- ETH Lausanne hat massiv in ihre ­Website nalistes scientifiques suisses peuvent écrire sur investiert und betreibt sie neu als Wissenle sujet, après s’être fait invité à ce ­séminaire schafts-Newsportal. Wenn die Medien die par … Interpharma. Les autres thèmes traités Wissenschaft nicht mehr genügend bedans ce bulletin sont dans le sommaire. ackerten, so EPFL-Kommunikationschef 1 | sk wj-bulletin 1/11

Jérôme Grosse, dann würden eben die Hochschulkommunikatoren in die Bresche springen. Rückblick hielt letztes Jahr das Bundesamt für Statistik, und zwar auf die 150 Jahre, die es auf dem Buckel hat. Doch mit den Zahlen und Statistiken unter anderem des BFS wird seit jeher viel Schabernack betrieben, wie Olivier Dessibourg in seinem Beitrag zeigt. In die Zukunft blickte der «World Congress of Science and Factual Producers» in Dresden und kam zum Schluss: Das Wissenschaftsfernsehen der Zukunft wird 3D. Michael Breu war in Dresden mit dabei. Und schliesslich noch ein Hinweis in Sachen Recherchierfonds: Ab diesem Jahr werden die Mittel aus dem Recherchierfonds des Klubs nach einer neuen Regel vergeben: Stichtag für alle Gesuche ist jeweils der 1. April. Ein Beispiel einer mitfinanzierten Arbeit lest ihr auf Seite 12. Pascal Biber

INHALT / SOM M AIRE

Editorial..................................................1 Neues zum Recherchierfonds....................2 Le nouveau site internet de l’EPFL............3 Dem 3D TV gehört die Zukunft..................5 La vérité cachée des chiffres.....................8 Den Karpaten-Urwäldern auf der Spur....12 Les leçons à tirer de la grippe A(H1N1)...16 40. Geburtstag des FMI..........................18 Neue Mitglieder und News.....................19


AUS DEM VORSTAND

Neues zum Recherchierfonds Ab diesem Jahr werden die Mittel aus dem Recherchierfonds des SKWJ nach einer neuen Regel vergeben: Stichtag für alle Gesuche ist neu jeweils der 1. April. Von Irène Dietschi Reglement Recherchierfonds: www.science-journalism.ch unter «Ausbildung und Stipendien». Der oder die Antragstellende reicht mit der Bewerbung für ein Recherchierfonds-Stipendium ein maximal einseitiges Exposé, einen Lebenslauf sowie eine Aufstellung der geplanten Projektfinanzierung ein. Zusätzliche Dokumente können durch den Vorstand des SKWJ verlangt werden.

Du planst eine Reise in ein fernes Land, um einen Artikel zu recherchieren, den du schon immer schreiben wolltest? Oder vielleicht nimmt ein Buchprojekt in deinem Kopf konkrete Konturen an – aber dir fehlen noch die Mittel dazu? Vielleicht planst du einen Film oder einen Radiobeitrag, der die üblichen Redaktions-Budgets sprengt? Dann bist du eventuell ein Kandidat oder eine Kandidatin für den Recherchierfonds des SKWJ, der durch die Jahresbeiträge unserer Gönnermitglieder geäufnet wird. Es werden wissenschaftsjournalistische Arbeiten gefördert, deren Realisierung einen aussergewöhnlichen Aufwand erfordern. Stipendien werden ausschliesslich an ordentliche SKWJ-Mitglieder vergeben. Die maximal mögliche Unterstützung ist pro Antrag auf 5000 Franken begrenzt. Diese und weitere Kriterien sind im Reglement festgehalten, das an der Generalversammlung 2006 genehmigt wurde.

«Der erste Schritt für eine wirklich tolle, aussergewöhnliche Arbeit.» Um die Vergabe der Stipendien zu vereinfachen, hat der Vorstand an seiner letzten Sitzung beschlossen, einen Stichtag für die Bewerbungen einzuführen: Ab sofort gilt der 1. April des laufenden Jahres als Einsendeschluss. Die jeweils vorhandene Summe – die natürlich variieren kann, je nach «Unterstützungslaune» unserer Gönner – wird an jene Mitglieder verteilt, die sich bis zu diesem Datum beworben haben. Wer wie viel bekommt, entscheidet der Vorstand nach Abwägen und Vergleichen aller Gesuche.

Du nouveau concernant le «fonds de recherche» Vous prévoyez un voyage dans un pays lointain, pour faire un travail de documentation en vue d‘un article? Vous peaufinez les contours d’un futur livre? Mais il vous manque quelques ressources financières? Ou alors votre projet rédactionnel pour un film ou une émission de radio dépasse le budget autorisé? Vous pourriez alors être un candidat pour le «fonds de recherche» de l’ASJS, qui est alimenté par les cotisations annuelles de nos membres donateurs. Les bourses sont attribuées exclusivement à nos membres ordinaires. Le montant maximal qui peut être demandé est de 5000 francs (voir le ­règlement sur notre site internet). Depuis cette année, une nouvelle règle est appliquée: le délai pour les soumissions de projets est le 1er avril de chaque année. 2 | sk wj-bulletin 1/11

Zugegeben: Mit den Zustüpfen aus dem Recherchierfonds lässt sich weder ein Opus Magnum noch ein 50-minütiger Dokumentarfilm finanzieren. Aber es sind in aller Regel mindestens vierstellige Beträge. In anderen Worten: Es sind substantielle Summen, die dir zum Beispiel eine Reise ermöglichen, die du dir sonst vielleicht nicht leisten könntest. Und oft ist dies der erste Schritt für eine wirklich tolle, aussergewöhnliche Arbeit!

Unterstützte Projekte 2010 • Lukas Denzler (Beitrag: 1700.–): Für eine Recherchereise in die Urwälder Transkarpatiens. Darauf basierend ist ein Artikel für die NZZ entstanden. Siehe Seite 12. • Jacopo Pasotti (Beitrag: 3000.–): Für eine grössere Recherche über wissenschaftlichen Betrug. Fragen sind dabei: Wie wird wissenschaftlicher Betrug aufgedeckt? Ist das Phänomen so weit verbreitet, wie der Mediziner John Ioannidis in seinem viel beachteten Paper «Why Most Published Research Findings Are False» 2005 schrieb? Was wird dagegen unternommen? Geplant ist, diese Recherchen in ein Buch zum Thema einfliessen zu lassen.


L E N O U V E A U S I T E I N T E R N E T D E L’ E P F L

«Si les médias quittent le terrain de la science, à nous de l’occuper» D’un ancien portail servant à fournir des renseignements pratiques, le site ­internet de l’Ecole polytechnique fédérale de Lausanne (EPFL) s’est mué, fin septembre, en une plate-forme d’informations à l’allure similaire à celle des médias traditionnels, rempli d’infos rédigées de manière journalistique; communiqués de ­presse, article du Flash, mais aussi nouvelles originales mises en ligne uniquement sur le site rendent celui-ci vivant. Et lu, puisqu’il reçoit de 5000 à 13 000 visites par jour. Pour ce projet, de gros moyens ont été mis à disposition: un rédacteur en chef gère l’ensemble. Il est secondé par 4 journalistes, dont plusieurs récemment engagés. Quitte à mélanger les genres, communication vs journalisme? Interview de ­Jérôme Grosse, responsable du service de communication de l’EPFL. Propos recueillis par Olivier Dessibourg Jérôme Grosse, quelle est votre stratégie? Elle est triple. Premièrement, nous voulons valoriser nos activités scientifiques de manière plus large, en ne se limitant pas aux projets à forte visibilité comme Solar Impulse. Nous publions ainsi une news par jour, contre en moyenne une par semaine précédemment. Deuxièmement, le site se veut plus ouvert à l’international. D’où une traduction complète en anglais. En trois mois nous avons doublé le trafic de visiteurs de l’étranger. Cela attire ­aussi les médias anglophones, ce qui montre le bien-fondé de notre démarche: au lieu de gaver les journalistes de communiqués de presse, nous publions des news sur notre site, qui sont souvent reprises. Le traitement très sérieux de nos sujets montrera que l’EPFL peut aussi devenir un fournisseur de contenus plus élaborés. Troisièmement, cette plate-forme reste un ­instrument de communication interne: ­beaucoup de travaux scientifiques qui n’intéressent pas les médias, trouvent là une visibilité. Vous semblez suivre une tendance internationale … Oui. Nombre d’institutions anglo-saxon­ nes: MIT de Boston, Universités de ­Cambridge ou de Caltech ont des sites ­internet de ce type. Tous accordent entre 30 et 50% de la surface de leur page d’accueil à des contenus d’information. L’objectif, pour nous, n’est plus de faire de la ­communication «promotionnelle» un peu ­naïve, mais de parler le mieux possible de la recherche, du cheminement des idées et de la pensée scientifique. C’est cela qui suscitera des vocations chez les jeunes.

Vous vous mettez donc à faire le travail des médias. Parce que ceux-ci n’en font plus assez dans le domaine scientifique? C’est certain! Si les médias n’occupent plus ce terrain, à nous de le faire. Car au bout du compte, ce sont les citoyens contribuables qui cherchent des lieux où ­trouver des réponses aux questions qu’ils se ­posent sur la science. Cela dit, les médias doivent continuer à faire leur travail cri­tique, c’est indispensable. Mais nous constatons que, à quelques exceptions près, ceux-ci amoindrissent ou ferment leur service scientifique. En Europe, des grands titres (comme Le Monde ou Die Zeit) se détournent des sciences fondamentales pour privilégier les nouvelles technologies. Ils parlent plus d’iPad que de physique quantique… Autrement dit, ils mettent plus en valeur «l’usage de la science» que le «travail scientifique». Nous voulons compenser cette dérive. Car nous pensons que les universités sont prescriptrices d’une image un peu plus réaliste de la science. Par ailleurs, les nouvelles scientifiques sont de plus en plus traitées par des journalistes généralistes. Avec des risques d’erreurs ou d’exagération, dues à leur méconnaissance du domaine. Le consumérisme journalistique pousse parfois ces journalistes à trop vite faire les grands titres – combien de simples molécules découvertes ne vont-elles pas «vaincre le cancer»... En communiquant à travers notre site, nous tendons à rester prudents dans nos informations, ou dans la ­manière dont nous les «vendons».

Jérôme Grosse, responsable du service de communication de l’EPFL (photo: Alain Herzog)

«Für die Medien in die Bresche springen» Der Web-Auftritt der EPFL sieht neuerdings aus wie ein klassisches Portal mit News aus der Welt der Wissenschaft. Vorbild sind Universitäten aus dem angelsächsischen Raum wie Cambridge oder Caltech. Bewirtschaftet wird das Portal von einem Chefredaktor und vier weiteren Journalisten, die sich auch um die Medienarbeit kümmern. Die EPFL mache halt nun die Arbeit, die die Medien nicht mehr erledigten, sagt Jérôme Grosse im Interview mit Olivier Dessibourg. Wenn sich die Medien von der Grundlagenforschung abwendeten und mehr über das iPad als über Quantenphysik berichteten, dann springe eben die Universitätskommunikation in die Bresche. Dass dabei natürlich problemati­ sche Aspekte von EPFL-Foschung nicht speziell hervorgehoben werden, daraus macht Jérôme Grosse keinen Hehl. skwj-bulletin 1/11 | 3


L E N O U V E A U S I T E I N T E R N E T D E L’ E P F L

De la part d’un service de communication, en concurrence avec de nombreux autres, on s’attendrait plutôt au contraire … Nous sommes revenus de l’époque de la communication de gloire, durant laquelle on mettait trop d’emphase sur les découvertes. Il nous arrive d’édulcorer les annonces tonitruantes de nos scientifiques, avant de les diffuser. On peut toujours ­faire des titres drôles ou provoquants. Mais nous avons aussi la responsabilité sociale de ce que l’on dévoile. Par exemple, quand nous avons annoncé ­l’ouverture de notre centre de neuroprothèses, nous avons reçu le lendemain plusieurs téléphones de proches de patients ­concernés.

Le nouveau site internet de l’EPFL rempli d’infos rédigées de manière journalistique

Comment abordez-vous la notion d’indépendance de l’information? L’indépendance journalistique est un concept idéal, mais elle est de moins en moins marquée. Car, notamment, les médias doivent trouver d’autres sources de revenus. Que dire par exemple du gratuit 20Minuten, qui publie une section d’articles scientifiques produits par une société de communication privée soutenue par des fondations? Nous n’avons pas la prétention de faire du journalisme indépendant. Mais j’estime que l’on peut tout de même faire une communication scientifique juste, éthique et sérieuse. Avant de publier un article, nous faisons notre propre 4 | sk wj-bulletin 1/11

travail de critique interne. Nous ne publions pas une nouvelle simplement pour faire plaisir à un professeur... Certes, lorsque certains travaux comportent des points très problématiques, nous n’allons pas les mettre en avant. Dans notre démarche de publication, si nous pratiquons un mensonge, c’est uniquement par omission, mais pas par transformation ou exagération.

«Les journalistes ont une

vision très manichéenne de la frontière entre journalisme et communication.

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Pensez-vous que les lecteurs font la différence entre les articles de votre site, et ceux de la presse? Pas forcément. Mais les journalistes ont une vision très manichéenne de la frontière entre journalisme et communication. J’en ai une compréhension plus large. On peut se demander ce qui est le plus pertinent pour le lecteur: une découverte résumée en 20 secondes à la radio ou au journal télévisé? Ou la même nouvelle traitée sur plusieurs pages dans notre magazine REFLEX, très proche d’une revue de journalisme scientifique, qui détaille les avancées et les met en contexte, aussi de ­manière critique? De plus, l’information devient de plus en plus globale, incontrôlable. Tous les gens vérifient de moins en moins ce qu’on leur dit, les journalistes aussi. Il serait aussi utile que ces derniers fassent leur autocritique. Et les Universités publiques comme la nôtre – certains médias pensent encore que l’EPFL est une école privée! – joueront un rôle toujours plus marqué dans l’information scientifique.


WORLD CONGRESS OF SCIENCE AND FAC TUAL PRODUCERS 2010

«Dem 3D gehört die Zukunft» Wissenschaftsfernsehen wird 3D. Das auf jeden Fall glaubt die Mehrheit der Delegierten, die sich Anfang Dezember in Dresden zum World Congress of Science and Factual Producers (WCSFP) getroffen haben. Der Kongress gilt als Gradmesser für künftige Technologien und Formate. Von Michael Breu Das Hohe Gericht des WCSFP versammelt sich in der Geschichte des Kongresses bereits zum dritten Mal. Jury und Richter, Ankläger und Verteidiger kommen immer dann zusammen, wenn es um kontroverse Themen geht.

Sieg für HDTV Vor vier Jahren – am Kongress in Manchester – stand das hochauflösende Fernsehen (HDTV) vor den Schranken. BBCEntwicklungschef Michael Mosley errang damals einen knappen Sieg für HD. ­Heute steht das hochauflösende Fernsehen vor der flächendeckenden Einführung. Ab 2012 will die SRG SSR sechs Fernsehprogramme (unter anderem SF1 und SFzwei) neben dem klassischen Standardformat auch in HD ausstrahlen. In Deutschland beschreitet man ähnliche Wege. Weit fortgeschrittener ist die Fernsehwelt bei den privaten Anbietern in den USA und in Japan: Discovery Channel, National Geographic Channel, History oder NHK haben schon lange auf HD umgestellt.

Freispruch für «360 TV» Ein zweites Mal hatte das Gericht 2008 am Kongress in Florenz zu urteilen. Unter Richterin Caroline Behar (France 5) diskutierten die Fernsehmacher die Vor- und Nachteile von «360 TV». Darunter versteht man die Multimedialität, das Zusammengehen von Fernsehen, Internet, Handy-TV und Computerspiel. Am aktuellen Kongress zeigte sich nun, dass die Jury mit dem Freispruch richtig lag. Heute setzen die grossen Wissenschaftssender das 360 TV in die Praxis um. Ein gutes Beispiel dafür ist der Science Channel aus den USA. Dort werden verschiedene Wissenschaftsformate mit Online-Spielen unterstützt. Debbie Myers, Vizepräsidentin des Science Channel, nennt als Beispiele die Sendungen «Power Planets», «Head Rush» und «Punkin Chunking» (science.discovery.com).

Dinosaurier eignen sich besonders für 3D: Computeranimationen lassen sich kostengünstig in 3D herstellen, im Bild eine Produktion der australischen Swinburne Productions (Bild: WCSFP)

Doch noch nicht genug. Gleich mehrere Wissenschaftsformate gehen einen gros­ sen Schritt weiter und setzen auf Transmedia, auf die Vernetzung von TV-Inhalten mit Social Media wie Facebook und Twitter. Bruno Felix von Submarine (Niederlande) nennt als gutes Beispiel dafür die Doku «Collapsus» (www.collapsus. com).

Boom bei 3D-TV? In diesem Jahr hatte das Hohe Gericht unter Richterin Sara Ramsden (Freelance Executive Producer, UK) also erneut über einen Trend zu befinden: über 3D-TV. Thomas von Hennet, Vizepräsident von ProSiebenSat.1, verteidigte die Technik: «Dem 3D gehört die Zukunft», sagte der Deutsche. Als Beleg für seine These rief er mehrere Produzenten auf das Podium, etwa Anthony Geffen von Atlantic Production, der die kürzlich ausgestrahlte Doku «Flying Monsters 3D» mit David

«Le futur sera en 3D» Les émissions de science à la télévision se mettent à la 3D. C’est ce qu’avisent la plupart des délégués qui se sont réunis en décembre 2010 à Dresde au World Congress of Science and Factual Producers (WCSFP). Ce symposium permet de prendre la température des futurs évolutions et formats technologiques. C’est là qu’avait déjà pu être prédits le succès de la ­télévision haute-résolution, ainsi que de la convergence de la télévision, d’Internet, de la TV-sur portable et des jeux vidéos. Cette année, si des voies critiques se sont élevées contre la télévision en 3D, la plupart des participants croient en cette technologie. Tpc, la société fille de la SRG SSR en fait partie. Sascha Klement, responsable commercial du centre de production télévisuel de tpc, est ainsi convaincu que la 3D va s’imposer «dans quelques années». skwj-bulletin 1/11 | 5


WORLD CONGRESS OF SCIENCE AND FAC TUAL PRODUCERS 2010

«David Clover (Channel 4)

dämpfte die Euphorie und warnte sogar vor gesundheitlichen Gefahren.

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Gerichtsverhandlung über 3D: David Glover (Channel 4) und Thomas von Hennet (ProSiebenSat.1) über die Zukunft im Fernsehen (Foto: WCSFP)

Attenborough verantwortete oder Walter Köhler, der die erste 3D-Doku für das öffentlich-rechtliche Fernsehen ORF produzierte. Ankläger David Glover (Channel 4) hingegen dämpfte die Euphorie. Selbst TV-Hersteller Samsung gebe sich im Internet wenig überzeugt von der 3D-Technik und warne sogar vor gesundheitlichen Gefahren. Zudem wies er darauf hin, dass 3D keine neue Technologie sei. Bereits in den 1950er-Jahren habe es erste Filme gegeben. Das Gemeinsame von alten und neuen Dokus: Alle Filme waren ein finanzieller und technischer Flop. Weshalb, so frage er sich, soll 3D jetzt ein Erfolg werden? Eineinhalb Stunden später stand das Urteil fest: Nach Abwägungen aller Bedenken sprach die Jury das dreidimensionale Fernsehen frei. Sollte sich der 3DMarkt gleich schnell entwickeln wie bei HDTV und 360 TV, dann werden in weniger als fünf Jahren die meisten Fernsehanstalten solche Filme produzieren.

überzeugt, dass sich 3D «in wenigen Jahren» durchsetzen wird. Bereits heute zählen die Schweizer zur europäischen Elite. Die WCSFP-Verantwortlichen scheinen mit dem Freispruch gerechnet zu haben. Denn gleich mehrere Veranstaltungen befassten sich auf dem Kongress mit 3D. Thomas Sassenberg von Story House erläuterte etwa, wie er im Auftrag des Discovery Channel die Dokumentation «The Rise of the Jelly Fish» produzierte. Neben den klassischen Side-by-Side- und Mirror-Camera-Rigs setzte der Deutsche erstmals die neuen Panasonic-3D-Kamera ein (Panasonic AG-3DA1). Der Camcorder hat die Grösse einer VJ-Kamera und kostet etwa 22‘000 Franken. «Mit der Einführung dieser Kamera wird das wichtigste Gegenargument, die Finanzierung, hinfällig», ist Sassenberg überzeugt.

3D-TV auch in der Schweiz

­ edenken sprach die Jury B das dreidimensionale Fernsehen frei.

Bei der SRG SSR-Tochter tpc setzt man bereits auf diese Technologie. Ende Mai 2010, am «Media Future Day 3D», wurden erste Produktionen vorgestellt, zum Beispiel der 3D-Werbespot für die BudoGala in Basel. Sascha Klement, Verkaufsleiter des TV-Produktionscenters tpc, ist 6 | sk wj-bulletin 1/11

«Nach Abwägung aller­ »


«Eine wichtige Erkenntnis: Die klassische Dokumenta­ tion gibt es noch immer.» Europäisches Fernsehen: Robert Salvestrin (Gedeon Programmes, Frankreich), Henrik Ekman (SVT, Schweden), Riita ­Jalonen (YLE Teema, Finnland) und Ann Julienne (France Télévision) diskutieren die Zukunft von Wissenschaftsformaten im öffentlich-rechtlichen Fernsehen (Foto: WCSF)

Dokfilmer setzen auf Experimente Am meisten Beachtung findet am WCSFP die Eröffnungsveranstaltung «What’s the Buzz?». In knapper Form werden dort die neusten Dokformate vorgestellt. Eine wichtige Erkenntnis: Die klassische Dokumentation gibt es noch immer. «Belles et Rebelles» (France 2), «Vatican: The Hidden World» (BBC) oder «Tschernobyl – Die Natur kehrt zurück» (Arte) sind gute Beispiele dafür. Auch Geschichtsdokumenta­ tionen dürfen in keinem Programm fehlen. «The Battle of Britain» (BBC) und «Kokoda» (ABC) sind klassische Beispiele. Ungewöhnlich ist die Geschichte der Berliner Mauer, erzählt aus der Perspektive eines Kaninchens. «Rabbit à la Berlin» (ARD) wurde 2010 sogar für den Oscar nominiert. Einen ganz neuen Trend setzt die Positive Psychologie im Dokfilm. In «Making Australia Happy» wollen die TV-Macher von ABC mit einem Experiment zeigen, dass einfache Verhaltensmassnahmen eine positive Wirkung auf die Befindlichkeit haben. Und wer sich jung fühlt, der wird auch jung bleiben. Das bestätigt ein Experiment der BBC, aufgefangen im Dok «The Young Ones». Auf das Experiment setzen auch andere Sender. Die Wissenssendung Galileo von ProSieben geht in «Galileo eXperiment» aussergewöhnlichen Fragen nach (Wie habe ich den Tod überlebt?), und BBC zeigt in «Jimmy’s Food Factory», wie Supermarktprodukte hergestellt werden. Der Unterhaltungsfaktor wird in beiden Produktionen sehr hoch gesetzt. Die Food Factory steht noch für einen weiteren Trend. Immer wichtiger werden die Charaktere, die in einer Doku spielen – im Falle der BBC-Doku ist es ­Moderator Jimmy Doherty. Die Serie «Deadliest Catch» (Discovery) porträtiert den Kapitän Phil Harris – und begleitet ihn sogar bis in den Tod. «Pawn Stars» ist die ­Geschichte von drei Pfandleihern aus Las Vegas (History), und «IRT Deadliest Roads» ­begleitet drei Truckfahrer auf Indiens gefährlichster Strasse in den Himalaya (History).

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«INNUMÉRISME»

La vérité chachée des chiffres De plus en plus utilisés, pourcentages, taux et moyennes ne sont pas toujours utilisés à bon scient. Gare! Par Olivier Dessibourg «Les statistiques, c’est comme le bikini: ça donne des idées, mais ça cache l’essentiel.» Quand ça ne le tronque pas, le dénature voire le falsifie, par erreur ou à dessein. La citation de Coluche semble plus vraie que jamais. Que ce soit dans la presse (les journalistes recourent souvent à des chiffres), en politique (certains partis n’hésitent pas à travestir la réalité à l’aide de statistiques soigneusement choisies, voire inventées) ou dans la publicité (qui cite volontiers des pourcentages issus d’études, gages supposés de sérieux). «L’utilisation incorrecte des statistiques devient un problème de plus en plus récurrent, constate Hans Wolfgang Brachinger, professeur de statistique économique à

Die Wahrheit hinter den Zahlen Dass Statistiken falsch verwendet werden, das werde immer mehr zum Problem, sagt Hans Wolfgang Brachinger, Statistikprofessor an der Universität Freiburg. Und gleichzeitig ver­lang­ ten sowohl Öffentlichkeit wie Politik nach immer mehr Zahlen. Die sie aber dann eben nicht ­einordneten. Oder, im Fall von Interessensvertretern, absichtlich etwas zurechtbögen. Der Statistiker Frédéric Schütz hat einige Bei­spiele von nicht ganz korrektem Umgang mit Statistiken zusammengetragen. 8 | sk wj-bulletin 1/11

l’Université de Fribourg et président de la Commission de la statistique fédérale. Cela aussi parce que la demande de chiffres dans le grand public augmente.» Or, les spécialistes relèvent que ce même public peine à appréhender les chiffres. Un terme a même été inventé pour décrire cette incommodité: innumérisme, l’équivalent calculatoire de l’illettrisme. «Une partie de la population n’a pas l’habitude, ou simplement les clés, pour lire avec un regard critique les chiffres ou graphiques qu’on lui présente, explique Frédéric Schütz. Dès que des chiffres étayent un propos, ils sont pris pour argent comptant. D’autant plus s’ils sont très ­précis, donnant l’impression qu’ils sont

Exemple 1: Deux problèmes dans le graphe à gauche, selon Frédéric Schütz : «Le premier est que l’échelle sur l’axe des abscisses (horizontal) n’est pas constante: chaque trait marque d’abord une décennie, puis seulement une année. L’interprétation finale peut être faussée. Car si l’on regarde les données brutes (à droite), il serait difficile de conclure à une stabilité entre les années 1990 et 2007… Le deuxième problème concerne le «bruit» (les légères oscillations de la courbe) entre ­chaque point observé depuis l’année 2000: ces variations ne devraient pas exister, puisque les ­quantités considérées sont des valeurs annuelles (les points)» Pour y voir plus clair, le statisticien a contacté le quotidien qui a publié ce graphique: «Le journaliste et la graphiste n’avaient aucune volonté d’induire le lecteur en erreur, raconte-t-il. Ils m’ont dit avoir juste voulu «faire rentrer» les données dans le graphe de manière esthétique, pour éviter que les données ne soient trop lisses (d’où les variations rajoutées entre 2000 et 2010).» (Source: Le Matin / Frédéric Schütz)


c­ orrects.» Le consultant en statistiques du SIB, Institut suisse de bioinformatique, sait de quoi il parle pour avoir réuni une jolie gerbe d’exemples parus dans la ­presse, qui montrent comment les chiffres peuvent être présentés à mauvais escient (voir ci-dessous). Outre la banale faute de frappe (zéro de trop, virgule au mauvais endroit, etc.), une bonne partie des cas touchent à des comparaisons douteuses et des déductions hâtives faites sur la base d’un arrangement de statistiques plus complexes qu’elles en ont l’air. «Des tendances sont tirées à partir d’un seul chiffre, ou en négligeant une partie des données, explique le statisti­ cien. Certaines gens – politiciens, journalistes, etc. – n’admettent pas que leur opinion n’est pas rationnelle. Ils veulent alors des chiffres pour démontrer leur propos.» Ce qui conduit, parfois, à sélectionner les données qui y collent le mieux… Un autre problème concerne la manipulation des statistiques ou des graphiques

censés les représenter. «Un tel acte peut s’avérer naïf et maladroit, comme lorsque l’on trafique les axes des graphes, indique Frédéric Schütz. Mais il peut aussi être délibéré», les chiffres faisant alors l’objet d’une rhétorique qui, au nom d’intérêts économiques, politiques ou idéologiques, peut servir tous les messages. Et le statisticien de citer la publicité d’un comité de citoyens proche de l’UDC qui, en 2004, présentait une extrapolation surréelle de la population musulmane en Suisse (voir l’exemple 4 à la page 11). Tous le reconnaissent: «Il est parfois ardu de résumer les choses avec des chiffres sans modifier ce que les données de base veulent dire», analyse Frédéric Schütz. «Les statistiques et leur méthodologie ne sont pas faciles d’accès pour tout un chacun», admet Silvia Steidle, porteparole de l’OFS. Car raisonner en termes statistiques, c’est un peu dire adieu à la certitude, et faire sienne la maxime de Benjamin Franklin: «Rien n’est sûr dans

Exemple 2: «Dans le graphe à gauche, qui montre les financements acquis par une haute école de Suisse, il est très probable que les deux courbes ont été mise ensemble à dessein, en dépit du fait que les échelles sur les côtés sont différentes (une progression de 10 millions sur l’une correspond à une progression de 20 sur l’autre), estime Frédéric Schütz. Nous sommes dans un contexte ­académique dans lequel les financements privés prennent de plus en plus d’importance et sont bien vus. A priori, il n’y avait aucune raison de faire se croiser ces deux courbes. Mais là, l’idée est de faire croire en apparence que les deux sources de financement sont de même ordre. Or si l’on ­place les mêmes courbes sur une seule échelle (à droite), on voit nettement la différence …» Nicolas ­Henchoz, alors porte-parole de la haute école en question explique de son côté: «Montrer le ­croisement des courbes n’était pas un objectif. En revanche, montrer leur évolution respective est ­évidemment intéressant. Si on montre les courbes dans leur échelle totale, on obtient une ­représentation rigoureuse par rapport aux chiffres absolus, mais on diminue drastiquement la possibilité de percevoir les évolutions et de repérer des tendances, des événements, etc. Elle devient donc ­beaucoup moins riche en informations.» (Source: EPFL)

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«INNUMÉRISME»

ce monde, que la mort et les impôts». «Dès qu’on commence à réfléchir à quoi la ­statistique peut contribuer, on admet que la réalité est trop compliquée pour être simplement «décrite» par des chiffres», ajoute Hans Wolfgang Brachinger. Selon le professeur, c’est cet état de fait qui explique pourquoi les journalistes et politiciens se permettent de «jouer» avec les chiffres. Innocemment ou consciemment, mais aussi par découragement: «Souvent, on nous demande des éclaircissements, à nous statisticiens. Mais dès que nous tentons d’expliquer les choses, on nous arrête vite en nous disant que c’est trop compliqué…», regrette-t-il. De son côté, l’OFS n’hésite pas à prendre position à chaque fois que les statistiques qu’il fournit sont utilisées de manière erronée.

Le nombre de ces rectificatifs varie d’année en année: «6 en 2007, 2 en 2008, 7 en 2009, et déjà 8 en 2010», indique Silvia Steidle. Afin que les erreurs soient évitées, et que l’innumérisme diminue, le professeur plaide pour que «la tendance aille vers plus d’explications et d’interprétations des statistiques de la part des organes qui les produisent.» Ceci tout en reconnaissant qu’expliquer et interpréter sont deux choses différentes: «Depuis des années, il y a un débat sur ce qui doit être recom­ mandé.» «Notre mandat ne consiste pas à ­faire des recommandations politiques, avise Silvia Steidle. Cela dit, nous commentons les données pour les journalistes et fournissons un grand travail d’accom­ pagnement afin que les données soient in-

«Ce n’est pas faux, mais …»

Exemple 3: Plusieurs observations sur le graphe à gauche: «La première est que la gradation ­commence à 5000. Cela donne visuellement l’impression d’une fulgurante progression entre la ­première et la deuxième valeur, alors qu’il n’y a entre les deux «que» un multiple 2, dit Frédéric Schütz. Les années de départ et de fin sont choisies de manière à étayer le propos selon lequel il y une explosion récente de naturalisation. Ce n’est pas faux, mais en regardant dans le passé, il est intéressant de voir que ce n’est pas la première fois … Mais surtout, le problème le plus sérieux, est qu’il faudrait remettre les chiffres dans leur contexte – c’est un grand classique: entre 1991 et 2007, la population totale en Suisse a fortement augmenté. Rapportées à la population du pays, 10 000 naturalisations en 1991 ne représentent pas le même pourcentage que 10000 naturalisations en 2007.» (Source: Office fédéral des migrations)

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terprétées correctement.» De son côté, Frédéric Schütz juge plus approprié que les ­institutions qui produisent les données ne les commentent pas, au risque d’être critiquées pour partialité: «Par contre, ce serait bien que des organes indépendants fournissent ce service.» Enfin, les deux spécialistes souhaitent que l’on accorde plus de place à la lecture des chiffres, statistiques, taux et autres pourcentages dans le système éducatif. «A la manière du temps qui est consacré à l’analyse de textes prestigieux», précise Frédéric Schütz. «Il faudrait intégrer ce

domaine dans tous les cursus scolaires, ­insiste Hans Wolfgang Brachinger. Je suis très optimiste. Des cours pour non spécialistes existent déjà dans les universités.» En attendant, Frédéric Schütz recommande de s’en remettre au bon sens devant une batterie de nombres: «Si l’on s’en tient à quelques règles, comme vérifier qu’on ne compare pas des pommes et des poires, ou qu’on puisse remettre les chiffres dans leur contexte, les statistiques perdent déjà un peu de leur mystère.»

Article paru dans Le Temps le 19 octobre 2010.

«Il faudrait intégrer la lecture des statistiques dans le système éducatif.»

Exemple 4: «Dans ce cas, les données ne sont plus présentées, elles sont inventées, regrette ­Frédéric Schütz. Les deux premiers points (2,2 et 4,5%) sont réels, alors que les suivants (9, 18, 36 et 72%) sont des extrapolations, au mieux basées sur ce qui a été observé dans un seul canton, Zurich. Or il n’y aucun raison de penser que ces extrapolations sont fondées, encore moins applicables à ­toute la Suisse.» De plus, en suivant la même logique, le prochain point devrait indiquer un ­pourcentage de 144% de musulmans en Suisse en 2050, chiffre évidemment impossible. (Source: annonce ­publicitaire du Comité contre les naturalisations en masse, proche de l’UDC, publiée dans plusieurs médias en 2004)

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REPORTAGE

Den Geheimnissen der Karpaten-Urwälder auf der Spur Die Buchen-Urwälder der ukrainischen Karpaten beeindrucken durch Schönheit und Harmonie. Seit 2007 gehören sie zum Weltnaturerbe der Unesco. Eine Inventur soll nun genauere Daten über die Wälder geben. Von Lukas Denzler Die Fahrt vom Dorf führt über eine holprige Strasse mit vielen Löchern. Valeriy Feyer, der lokale Leiter des Biosphärenreservates von Schyrokyj Luh, fährt uns in seinem Geländewagen bis zur ­Barriere, die den Eingang zum Reservat markiert. Unser Ziel ist der Buchen-Urwald von Schyrokyj Luh. Zusammen mit dem angrenzenden Urwald von Uholka umfasst er eine Fläche von rund 10 000 Hektaren und ist damit der grösste Buchen-Urwald Europas. Eine Aufnahmequipe: Luca Mini (CH) und Volodymyr Trots­ iuk (UA) mit Fedir Hamor, dem Direktor des Karpaten Biosphärenreservates (Foto: L. Denzler)

Percer les secrets des forêts vierges des Carpates En Ukraine, les forêts d’hêtres des Carpates appartiennent depuis 2007 à l’héritage mondial de l’UNESCO. Ces forêts uniques en Europe sont aujourd’hui sous la loupe d’un projet commun entre la Suisse et l’Ukraine. L’inventaire de 354 parcelles de 500m2 chacune est exceptionel par son envergure. Ce recueil d’information apportera de nouvelles connaissances sur la formation et la dynamique de ces forêts. 12 | sk wj-bulletin 1/11

Bis 50 Meter hohe Buchen In Schyrokyj Luh in Transkarpatien, der westlichsten Provinz der Ukraine, sind normalerweise kaum Menschen anzutreffen. Nicht so diesen Sommer. Wissenschafter aus der Schweiz und der Ukraine nehmen in einem mehrjährigen Projekt diesen für europäische Verhältnisse einmaligen Wald unter die Lupe. Wir, eine Gruppe von Journalisten, treffen ein Team bei Feldaufnahmen. Luca Mini, Student an der Zürcher Fachhochschule für Angewandte Wissenschaften in Wädenswil, blickt durch ein orangefarbenes Instrument. In etwa 15 Meter Entfernung, direkt neben einem Baum, steht sein Kollege Volodymyr Trotsiuk von der Nationalen Forsttechnischen Universität der Ukraine in Lemberg. Sie messen die Entfernung des Baumes zum Stichprobenzentrum. Anschliessend werden Durchmesser und Höhe des Baumes bestimmt. Bis zu 50 Meter hohe Bäume haben sie gemessen – eine stattliche Höhe für Buchen. Die beiden arbeiten zusammen mit sechzehn weiteren Studierenden und einem dreiköpfigen Leitungsteam während zweier ­Monate in den Buchen-Urwäldern von Uholka und Schyrokyj Luh. Noch nie seien so umfassende Aufnahmen in Buchen-Urwäldern auf einer so grossen Fläche gemacht worden, sagt

­ edir Hamor, der Direktor des Karpa­F ten-Biosphärenreservates. Insgesamt 354 Stichprobenflächen sind es, jede misst 500 Quadratmeter. Die Auswertung der Daten soll neue Erkenntnisse über die Struktur und Dynamik dieser Wälder zutage fördern. Von besonderem Interesse seien die natürlichen Störungen in diesem Urwald, erklärt die Leiterin des Projekts, Brigitte Commarmot von der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL). So sei etwa unklar, wie resistent Buchen-Urwälder gegenüber Stürmen und Insektenbefall sind. Allgemein gelten sie als sehr stabil. Doch auf welche Weise lösen sich die Baumgenerationen ab? Geschieht die Verjüngung des Waldes in der Regel auf kleinen Flächen? Oder kommt es doch hin und wieder zur Ausbildung gleichförmiger Bestände, denen grossflächige Zusammenbrüche folgen? Die Verantwortlichen des Biosphärenreservates führen die Besucher weiter. Beim Überqueren eines Baches treffen wir Olga Nadyeina von der Nationalen Akademie der Wissenschaften in Kiew. Mit ihren Forscherkolleginnen sucht sie nach bestimmten Flechten, die für diese Wälder typisch sind. Nach einer mehrstündigen Wanderung verdichtet sich der Eindruck von Urwald: Abgestorbene Bäume, mit Moos bedeckt und von sogenannten Konsolenpilzen übersät, prägen das Waldbild. Mächtige Buchen, wie man sie in einem bewirtschafteten Wald kaum zu sehen bekommt. Und dazwischen immer wieder Stellen mit jungen Bäumen, die von dem Licht in kleineren Lücken des Waldes profitieren. Ein kleinräumiges Mosaik. Werden und Vergehen auf engstem Raum. Die Tatsache, dass hier der Mensch nie mit Axt und Säge gewirkt hat, verleiht diesem Wald etwas Ehrfurchtgebietendes. Seine Dimensionen werden erst richtig


«Fachleute aus der

Schweiz wollten unter anderem herausfinden, wie sich der Sihlwald bei Zürich ­entwickeln könnte. Ein Buchenurwald – auf den ersten Blick überhaupt nicht spektakulär … (Foto: L. Denzler)

bewusst, wenn nach einem Aufstieg über die Waldgrenze hinaus der Blick über ihn schweift. Da wächst nicht nur ein Wald nach seinen eigenen Gesetzen. In diesen Wäldern leben auch Bären und Wölfe.

konnte er jedoch nicht realisieren, weil Transkarpatien 1939 an Ungarn und später an die Sowjetunion fiel – und als Tschechoslowake durfte Zlatnik nicht mehr einreisen.

«Eigenartiger Eindruck»

Vergessene Urwälder

1930 reiste der Schweizer Forstingenieur Conrad Roth im Auftrag einer Schweizer Holzhandelsfirma nach Transkarpatien. Er sollte abklären, ob die Waldungen eines ehemaligen ungarischen Grossgrundbesitzers sich für eine Holznutzung eigneten – und stiess dabei auf noch unberührte Wälder. Tief beeindruckt von dem Vorgefundenen, beendet er seinen Bericht mit folgenden Worten: «Der eigenartige Eindruck der gewaltigen Wälder der Waldkarpaten in ihrer Natürlichkeit und Ruhe, nur belebt durch das Rauschen der Bergbäche und des Windes und hie und da unterbrochen durch das ferne Krachen eines zu Boden stürzenden alten Urwaldriesen, bleibt unvergesslich.» Zur selben Zeit begann Alois Zlatnik, ein tschechoslowakischer Forstwissenschafter, mit der Erforschung der Wälder in dieser Region, die damals zur Tschechoslowakei gehörte. 1936 legte Zlatnik in einigen Urwaldbeständen Dauerbeobachtungsflächen an. Er gehört damit zu den Pionieren der europäischen Urwaldforschung. Die geplanten ­Folgeaufnahmen

Im Buchen-Urwald von Schyrokyj Luh machte Zlatnik keine Aufnahmen. Aufgrund seiner Empfehlung wurde dort aber bereits in den 1920er Jahren ein Waldreservat ausgeschieden. Zusammen mit einigen anderen Reservaten bildete dieses später in der Ukraine den Kern des Karpaten-Biosphärenreservates. Während des Kalten Krieges gerieten die Urwälder in dieser Region in Vergessenheit. Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs änderte sich dies. 1992 wurde das Biosphärenreservat durch die Unesco anerkannt, und 1994 besuchten Fachleute aus der Schweiz, Österreich und Liechtenstein diese damals in Westeuropa unbekannten Buchen-Urwälder. Sie wollten dort unter anderem Antworten auf die Frage finden, wie sich der Sihlwald bei Zürich entwickeln könnte, wenn dieser nicht mehr bewirtschaftet wird. Zu dieser Delegation gehörte auch Mario Broggi. Fünf Jahre später initiierte er als Direktor der WSL die wissenschaftliche Zusammenarbeit mit Partnerinstitutionen in der Ukraine. Seit zehn Jahren

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REPORTAGE

Blick von den Poloninen (Alpweiden) auf die Buchenurwälder von Schyrokyj Luh (Foto: L. Denzler)

Der Plan für die Stichprobeninventur (Foto: L. Denzler)

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­ ntersuchen Forscher der WSL, des Karu paten-Biosphärenreservates und des Ukrainischen Instituts für Gebirgswald­ forschung in Ivano-Frankivsk nun die Waldstruktur und Dynamik auf einer zehn Hektaren grossen Fläche im Buchen-Urwald von Uholka. Eine gleich grosse Untersuchungsfläche existiert im Sihlwald bei Zürich, der über Jahrhunderte bewirtschaftet wurde und sich nun ohne menschlichen Einfluss in Richtung Naturwald entwickelt. Zurzeit sind die Unterschiede zwischen den Flächen noch beträchtlich. Der Urwald in den Karpaten zeichnet sich insbesondere durch einen deutlich grösseren Anteil an dicken Bäumen aus. Drei oder vier Bäume pro Hektare sind dort dicker als ein Meter. Im Sihlwald fehlen solche Riesen; die dickste Buche hat einen Durchmesser von knapp 90 Zentimetern. Der zweite markante Unterschied betrifft das abgestorbene Holz, das sogenannte Totholz. Während in Uholka 110 Kubikmeter pro Hektare gemessen wurden, waren es im Sihlwald lediglich knapp 10 Kubikmeter. Infolge der aufgegebenen Bewirtschaftung wird dieser Wert nun aber kontinuierlich ansteigen. Aufgrund der Altersstruktur der Bäume sind in etwa 50 Jahren im Sihlwald ähnliche oder sogar höhere Totholzmengen als in Uholka zu erwarten. Die Buche wird sich aufgrund ihrer Konkurrenzkraft – sie kommt in der

Jugendphase mit weniger Licht aus als andere Baumarten – je länger, je mehr durchsetzen. Damit nimmt die Baumartenvielfalt ab. Dafür entstehen neue ökologische Nischen und Lebensräume. Vor allem die sehr alten Bäume und das ­allgegenwärtige Totholz machen Urwälder ­insbesondere für holzbewohnende Tiere, Pflanzen und Pilze zu einem speziellen und wertvollen Lebensraum.

Feldaufnahmen und Satelliten Urwaldforschung habe in Europa bisher fast ausschliesslich auf kleinen, wenige Hektaren umfassenden Flächen stattgefunden, sagt Commarmot. Unklar ist, ob die dort gewonnenen Erkenntnisse tatsäch­ lich repräsentativ sind. Die nun in den ukrainischen Karpaten durchgeführte Stichprobeninventur, die massgeblich durch das Schweizer Staatssekretariat für Bildung und Forschung finanziert wird, ist deshalb einmalig. Das Konzept der Aufnahme auf den Probeflächen ist ähnlich wie in den Schweizer Naturwaldreservaten. Protokolliert werden Informationen zu sämtlichen Bäumen inklusive spezieller Strukturen wie Höhlen und Rindenrissen. Um Aussagen über die nächste Baumgeneration machen zu können, erheben die Forscher auf einer Teilfläche die Anzahl der jungen Bäume. Entlang einer 16 Meter


«Der Wald befindet sich ganz offensichtlich in einem Gleichgewicht.» langen Linie vermessen sie das abgestorbene Holz, wobei zwischen stehendem und liegendem Totholz unterschieden wird. Ergänzt werden diese Daten durch Angaben über die Dichte und Schichtung des Waldes. Die Waldforscher protokollieren zudem durch den Wind gebrochene oder geworfene Bäume. Von diesem Datenschatz profitiert unter anderem ­Martina Hobi von der WSL. Sie wertet die Daten im Rahmen ihrer Doktorarbeit aus und hat auch die Erlaubnis, auf jeder Stichpro­ benfläche von einem Baum einen Bohrkern zu entnehmen. Das Auszählen der Jahr­ringe liefert einen Einblick in die Altersstruktur des Urwaldes. Schliesslich ­möchte Hobi die Inventurdaten mit hochauflösenden Satellitenbildern vergleichen und auf diese Weise Aussagen über die ­gesamte Waldfläche machen. Hinweise auf die Biodiversität liefern die vorhandenen Habitatstrukturen. Eine umfassende Aufnahme von Pflanzen und Tieren hätte den Rahmen des Projekts gesprengt. Ausnahmen bilden Erhebungen eines ukrainischen Forschers über holzbewohnende Insekten sowie die Untersuchungen an den Flechten. Von besonderem Interesse ist etwa die seltene und gefährdete Lungenflechte. Diese komme praktisch nur auf alten Laubbäumen vor, sagt Christoph Scheidegger von der WSL. Mit Hilfe von molekulargenetischen Methoden wird er mit seinem Team in den nächsten Monaten die genetische Vielfalt der Art untersuchen und mit Ergebnissen aus der Schweiz vergleichen. Der Schweizer Forstingenieur Ruedi Iseli, der die Feldaufnahmen in Transkarpatien leitet, geht aufgrund seiner Beobachtungen davon aus, dass grössere Zusammenbrüche in diesen Wäldern infolge des mosaikartigen Aufbaus sehr selten sind. Zur Ausbildung von einschichtigen sogenannten Hallenwäldern, scheint es im Urwald nicht oder nur sehr selten zu kommen. In der Regel sterben einzelne alte Bäume ab. Meistens werden sie durch den

Wind umgeworfen. Der eine oder andere Baumveteran dürfte tatsächlich auch aus Altersschwäche plötzlich zu Boden krachen, so wie es Roth in seinem Bericht beschrieben hat. Anschliessend füllen junge Buchen diese Lücken rasch wieder aus. Der Wald befindet sich ganz offensichtlich in einem Gleichgewicht – also in ­einem Zustand, den Förster auch in bewirtschafteten Wäldern anstreben. Es sei beeindruckend zu sehen, wie harmonisch und kontinuierlich die Waldentwicklung im Buchen-Urwald ablaufe, sagt Iseli. Und stellenweise sehe es fast so aus wie in einem naturnah bewirtschafteten Schweizer Buchenwald. Als Leiter des Forstbetriebes der Bürgergemeinde von Solothurn kennt er die Buchenwälder am Jurasüdfuss sehr gut. Von einem besseren Verständnis der natürlichen Abläufe in den Urwäldern profitiere auch die Waldwirtschaft, ist Iseli überzeugt. Dies ­erlaube nämlich, die heutigen Bewirtschaftungskonzepte weiter zu optimieren und den Wald mit möglichst sanften Eingriffen in die gewünschte Richtung zu lenken.

Beim Eingang zum Biosphärenreservat (Foto: L. Denzler)

Grüner Tourismus Der Wert der letzten grossen Buchen-Urwälder in Transkarpatien wird immer mehr erkannt. 2007 wurden sie zusammen mit weiteren Urwaldresten der ukrainischen und der slowakischen Karpaten zum Unesco-Weltnaturerbe erklärt. Dies werde dem grünen Tourismus Auftrieb verleihen und damit einen Beitrag zu ­einer besseren ökonomischen Basis der lokalen Bevölkerung leisten, ist Vasyl Lavnyy von der Nationalen Forsttechnischen Universität der Ukraine in Lemberg überzeugt. Immer wieder zeigt er Forstleuten aus Deutschland, der Schweiz und Frankreich die urwüchsigen Wälder – Wälder, wie sie in Westeuropa nicht mehr zu erleben sind.

Erschienen in der NZZ am 27. 10. 2010, Abdruck mit freundlicher Genehmigung. Finanziell unterstützt aus dem Recherchierfonds des SKWJ.

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SEMINAIRE-SANTÉ 2010

Les leçons à tirer de la grippe A(H1N1) Une poignée d’experts revient sur la gestion de la pandémie de l’an dernier Par Etienne Dubuis

Modérateur Patrick Imhasly (photo: I. Dietschi)

Lehren aus der Schweinegrippepandemie Daniel Koch vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) gab anlässlich des Gesundheitsseminars des SKWJ zu, dass das BAG einen Fall im Vorfeld der Schweinegrippe nicht in seinen Pandemieplan aufgenommen hatte: den Fall, dass die WHO eine Pandemie ausrufen könnte bei einem zwar sehr ansteckenden aber nicht besonders gefährlichen Virus. Leider genau der Fall, der eintrat… Was die Berichterstattung über die Schweinegrippe angeht, sah Volker Stollorz, freier Wissenschaftsjournalist aus Köln, das Problem darin, dass die Journalisten dank globalisierten Informationskanälen fast zeitgleich mit den Experten von der Grippe erfuhren. Und bereits darüber berichten mussten, bevor die medizinische Forschung selber sich ein Bild des neuen Virus’ machen konnte. In einem solchen Fall müsse man sich vor den schrillsten Stimmen hüten. Genau auf die höre aber das Publikum, gab der Sozialpsychologe Michael ­Siegrist zu bedenken, zudem schätze es neue Gefahren als gefährlicher ein als ihm bereits bekannte, auch bei einwandfreier Kommuni­ kation …Viel Analyse aber keine einfachen Rezepte – das lieferte das Gesundheitsseminar 2010. 16 | sk wj-bulletin 1/11

Faire mieux la prochaine fois. Tel est le leitmotiv de ceux qui ont participé de près ou de loin au branle-bas de combat de l’an dernier contre la grippe A (H1N1). La très forte mobilisation contre l’épidémie, décrétée pandémie le 11 juin 2009, prête en effet aujourd’hui à la critique. Certes, le virus à l’origine de la crise était doublement inquiétant: parce qu’il était très contagieux et parce qu’il était nouveau, ce qui signifie que l’être humain n’avait développé aucune défense spécifique à son encontre. Mais il s’est vite révélé peu virulent, et cette caractéristique a pris de court les professionnels concernés, parmi lesquels figure l’Organisation mondiale de la santé (OMS). Il en a résulté une longue période de flottement, au cours de laquelle l’état d’alerte et les moyens déployés ont paru disproportionnés. A l’invitation d’Interpharma (l’association des entreprises pharmaceutiques helvétiques pratiquant la recherche) et de l’Association suisse du journalisme scientifique, plusieurs experts se sont réunis en séminaire à Thoune en novembre 2010 pour décrire leurs expériences. Et en tirer, sans prétention, quelques premières leçons. L’Office fédéral de la santé publique (OFSP), chargé d’organiser la lutte contre la grippe A(H1N1) en Suisse, s’est retrouvé aux premières loges l’an dernier pour constater les faiblesses du système. Ses collaborateurs avaient-ils prévu qu’une maladie pourrait être suffisamment contagieuse pour être qualifiée de pandémie par l’OMS mais sans être particulièrement virulente et donc dangereuse? «Nous avons eu des discussions au préalable à ce sujet, confie Daniel Koch, chef de la division Maladies transmissibles de l’OFSP. Mais nous avons renoncé à inclure ce cas de figure dans nos plans, en considérant que cela apporterait des complications inutiles et qu’il serait toujours temps, le cas échéant, de nous adapter. Il faut l’avouer: nous nous sommes montrés sur ce point un peu trop optimistes.»

Le moment venu, il était déjà trop tard. «Lorsque nous avons essayé de changer notre stratégie, se souvient Daniel Koch, nous étions déjà au milieu de la crise, et nous nous sommes aperçus qu’il était quasi impossible de revenir en arrière. Le grand public avait été trop impressionné par les premiers messages reçus pour modifier d’un jour à l’autre sa perception des événements.»

Michael Siegrist, professeur à l’Institut pour les décisions sur l’environnement à l’Ecole polytechnique fédérale de Zurich (photo: I. Dietschi)

Le nouveau plan pandémie dont la Suisse se dotera début 2011 ne manquera pas de prendre en compte cette expérience, promet Daniel Koch. Il devra être plus «flexible», en d’autres mots dissocier l’état officiel de l’épidémie, tel que le décrète l’OMS, et les mesures préconisées. Autres acteurs de la crise, les médias ont éprouvé une même difficulté à prendre la mesure du danger, puis à la communiquer au grand public. La rapidité avec laquelle l’épidémie s’est propagée y est pour beaucoup, selon Volker Stollorz, journaliste scientifique indépendant basé à Cologne, en Allemagne. «Grâce aux réseaux de l’information globalisée, nous avons appris presque tout de suite l’apparition de la maladie, explique le rédacteur. Et nous avons dû commencer à écrire à son sujet bien avant que la recherche médicale ait commencé à la comprendre.»


Environ 40 membres de l’ASJS sont venus à Thoune pour le Séminaire-Santé (photo: I. Dietschi)

L’exercice s’est avéré d’autant plus difficile qu’il s’est déroulé au milieu d’une cacophonie. «Lorsque des experts tirent l’alarme sur quelque sujet que ce soit, ils provoquent systématiquement des réactions de scepticisme», assure d’expérience Volker Stollorz. Allez voir clair là-dedans! Que faire? «Un journaliste doit commencer par s’asseoir et par boire un thé», répond l’intervenant. Bref son premier souci sera d’échapper à l’emprise des voix les plus stridentes et de rassembler ses esprits. Quelques règles de conduite s’offrent ensuite à lui. La première sera de partir à la recherche des faits, des simples faits, et de les séparer scrupuleusement de toutes les suppositions, conclusions et conjectures dont ils peuvent être affublés. Volker Stollorz s’étonne à cet égard du peu d’intérêt qu’ont suscité les très bas chiffres de mortalité de la grippe A(H1N1) lors de son passage dans l’hémisphère Sud. Alors que ces faits-là en disaient plus sur la maladie que bien des commentaires. La seconde règle à suivre, poursuit le journaliste, est de rendre la complexité de la situation. Et rien de tel pour y arriver que d’aller sur le terrain à la rencontre de tous ceux qui participent à la bataille. Pour saisir sinon la Vérité du moins le contexte de l’expertise et de la décision politique. Mais gare! Il ne suffit pas que le message soit de qualité pour que l’information

Virginie Matter (rsr) et Heinz Müller (Interpharma) (photo: I. Dietschi)

«Les gens s’intéressent d’avantage aux mauvaises nouvelles qu’aux bonnes.» passe correctement. Le public a le don de transformer ce qui lui est rapporté, in­siste Michael Siegrist, professeur à l’Institut pour les décisions sur l’environnement à l’Ecole polytechnique fédérale de ­Zurich. «Les gens s’intéressent davantage aux mauvaises nouvelles qu’aux bonnes, explique le chercheur. Ils passent plus de temps à lire les premières et ont aussi tendance à les croire davantage. On s’aperçoit par ailleurs qu’ils prennent plus au sérieux les dangers qui ne leur sont pas familiers que ceux dont ils ont l’habitude. Tout cela influence la façon dont le public a compris la pandémie.» Et Michael Siegrist de plaindre les fonctionnaires de la santé. «Ils sont placés dans une situation dont ils n’ont aucune chance de sortir gagnant aux yeux du public, explique-t-il. S’ils gagnent la bataille contre la pandémie, personne ne leur en saura gré puisque personne n’aura aperçu clairement le danger. Et s’ils la perdent, ils seront à coup sûr blâmés pour leur inefficacité.»

Article réalisé à l’occasion du Séminaire-Santé de l’ASJS le 11/12 novembre 2010 à Thoune; parru dans Le Temps le 17 novembre 2010.

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EXKURSION

Das Friedrich Miescher Institut wir 40 Das Friedrich Miescher Institut (FMI) in Basel bewegt sich erfolgreich im Spannungsfeld zwischen Privatwirtschaft und Grundlagenforschung. Zum 40. Geburtstag des FMI war der SKWJ am 13. Oktober 2010 dort zu Besuch. Von Florian Fisch Die traditionelle Rollenteilung ist bekannt: Staatlich finanzierte Unis forschen an den Grundlagen, die Privatwirtschaft entwickelt daraus kommerzielle Anwendungen. Das Friedrich Miescher Institut (FMI) in Basel bringt, quasi als Spät-68er, diese ­heimelige Ordnung schon seit 40 Jahren durcheinander. Das FMI ist einerseits Teil der Novartis Forschungsstiftung, die 80 Prozent der Aktivitäten finanziert. Andererseits vergleicht Direktorin Susan Gasser das FMI hauptsächlich mit der Uni, wenn sie sagt: «Das FMI ist wie eine Fakultät». Und wie eine Uni wirbt auch das FMI Drittmittel an, welche die restlichen 20 Prozent des Budgets abdecken. Die Drittmittel – zehn Millionen Schweizer Franken waren es im Jahr 2010 – kommen hauptsächlich vom Europäischen Forschungsrahmenprogramm sowie vom Schweizerischen Nationalfonds. Wobei das FMI über die Gelder der Novartis Forschungsstiftung freier verfügen könne, sagt Susan Gasser, was riskantere Projekte erlaube.

«Bei allen Ähnlichkeiten zum Universitätsbetrieb, die Abhängigkeit vom Pharmariesen Novartis bleibt. »

Public-Privé, l’exemple du MFI L’Institut Miescher Friedrich (MFI) à Bâle évolue dans le climat tendu entre investisseurs privés et recherche fondamentale publique. Notre association l’a visité le 13 octobre dernier à l’occasion de son 40ième anniversaire. Le financement du MFI provient à 80% de la fondation pour la recherche de Novartis et à 20% d’autres sources, principalement du programme de recherche de l’Union Européenne et du Fond National. De l’extérieur, le MFI ressemble à une faculté universitaire classique, mais reste financièrement dépendant de Novartis. Pour éviter que l’influx d’argent ne s’arrête brusquement (comme à l’institut d’immunologie, financé par Roche), la directrice du MFI Susan Gasser utilise la recette suivante: se rendre indispensable grâce à des projets communs entre les chercheurs du MFI et ceux de Novartis. 18 | sk wj-bulletin 1/11

Eigentlich ist am FMI wirklich alles wie an einer Universität. So betont die Direktorin, dass einige ihrer Professoren an der Uni lehren, dass das FMI viele Doktoranden ausbildet und Postdocs beschäftigt. Die Zusammenarbeit mit der Universität Basel sei gut, und Gasser möchte das FMI noch näher an sie rücken. Nicht anders als anderen Unis ist auch Gasser eine lange Publikationsliste wichtig. Diese vergleicht sie aber nicht etwa mit den ETHs, sondern mit Institutionen von der Reputation des kalifornischen Salk Institute. Der Rundgang durchs FMI soll die Qualität der Forschung belegen. Von der epigenetischen Differenzierung der Stammzellen, über die zwei Photonen Laser Raster ­Mikroskopie zur Betrachtung einzelner Synapsen im lebendigen Gewebe bis zur Gentherapie für die Reparatur von Fotorezeptoren der Netzhaut. «Wir sind Biologen», grenzt sich Gasser weiter von der pharmazeutischen Industrie ab. Aber natürlich gebe ­Novartis eine biomedizinische Richtung vor. Zum Beispiel liess man die Pflanzenbiologie auslaufen, seit Syngenta nicht mehr zu Novartis gehört. Bei allen Ähnlichkeiten zum Universitätsbetrieb, die Abhängigkeit vom Pharma­ riesen Novartis bleibt. Die «Fakultät» FMI muss über einen Wissenschaftsbeirat bei der Novartis Forschungsstiftung Rechenschaft über ihre wissenschaftliche Qualität ­ablegen. Die Novartis sei jedoch an einem unabhängigen FMI interessiert, insistiert Susan Gasser. Doch Novartis will auch mit Patenten zufrieden gestellt werden. Und das schafft Abhängigkeit. Wohin eine solche Abhängigkeit führen kann, zeigte die Schliessung des von der Roche finanzierten Instituts für Immunologie Basel im Jahr 2000. Das Institut wurde geschlossen, obwohl es sehr erfolgreich war. Das Rezept von Direktorin Susan Gasser, um für die Novartis wichtig zu bleiben, sind Klausurtagungen von Forschenden des FMI mit novartisinternen Forschenden. So sollen Bekanntschaften gepflegt und gemeinsame Projekte angebahnt – und das FMI so unverzichtbar werden. Die Aufbruchstimmung der 1970er Jahre mit den grossen Neugründungen von Forschungsinstituten als Stiftungen durch die Pharmaindustrie ist vorbei. Schade, denn das FMI zeigt, dass die Privatwirtschaft durchaus gute Grundlagenforschung finanzieren kann.


NEUE MITGLIEDER / NEWS

Neue ordentliche Mitglieder

News

Martina Huber sammelte bereits wäh­ rend ihres Studiums der Ethnologie, allgemeinen Ökologie und Geschichte erste Medien-Erfahrungen im Medien­dienst des Bundesamts für Umwelt. Nach Studienabschluss stieg sie als ­Pra­kti­kantin bei der Agentur für Wissen­schafts­kom­ munikation scitec-media ein, wo sie seit Oktober 2010 festangestellt ist, hauptsächlich für die wöchentliche ­Wissens-Seite von «20 Minuten», aber auch für andere Projekte (z. B. für das NFP 59 zu Chancen und Risiken grüner Gentechnologie).

Der «Prix Média» der Akademien Schweiz ging 2010 im Bereich Naturwissenschaften an Patrik Tschudin (SR DRS) für ­seine Recherchen zur Chemikalie Bisphenol A. Im Bereich Medizin erhielten Irène Dietschi und Regula Zehnder den Preis, erstere für einen Artikel über «ein kastaniengrosses Problem» (die ­übertherapierte Prostata), erschienen in «Das Magazin», zweitere für eine Sendung auf SR DRS mit dem Titel «Ich schenke dir meine Niere».

Leonid Leiva ist in Kuba aufgewachsen. Nach dem Studium der Kernphysik und der Germanistik ging er nach Hamburg und dann nach Zürich, wo er seit 2006 lebt. Seine ersten wissenschaftsjournalistischen Erfahrungen sammelte er als freier Autor für Aargauer Zeitung, Tages­an­ zeiger, NZZ am Sonntag und NZZ. Von Juni 2010 bis Februar 2011 vertritt er ­Hanna Wick bei der NZZ. Leonid Leiva ist verheiratet und Vater eines 2-jährigen Sohns. Dr. med. Markus Meier (41) ist seit 2006 medizinischer Leiter von «Gesundheit Sprechstunde». 2002 startete er als Medizinredaktor bei der TV-Sendung und beim gleichnamigen Magazin – ab 2003 auch als TV-Arzt. 2007 übernahm er zusätzlich die inhaltliche und medizinische Verant­ wortung für alle Spezialhefte von «Gesundheit Sprechstunde». 2009 wurde er Co-Moderator mit eigener Sendungs-Rubrik («RICHTIG ODER FALSCH?»). Im Februar 2011 tritt er seine neue Stelle bei Swiss Professional Media AG an und wird Chefredaktor der Medical-Tribune.

Dans le domaine des sciences techniques, le Prix Média a été attribué à Sarah Dirren et Natalie Bougeard. L’une a été primée pour «Les carottes de Brigerbad», l’autre pour «Les minéraux de demain: l’indium» («Impatience» sur rsr). Dans le domaine des sciences humaines et sociales, Alexandre Lachavanne et Jean- Daniel Bohnenblust ont remportés le prix pour leur émission «Malades du travail» («Temps présent», TSR 1). Deux prix pour «36.9» (TSR 1): Le Prix Suva des Médias 2010 pour le reportage «Le mystère des jambes sans repos» et le le premier prix dans la catégorie «journalisme médical» du festival international Videomed pour le reportage «H1N1: pourquoi c’est tombé sur les mexicains?»

Der erste Platz in der Kategorie Print des deutschen «Medienpreis Entwicklungspolitik» ging an Thomas Häusler für seinen Artikel «Cocktails gegen Cholera», erschienen in Brand Eins. Der «Schweizer Journalist» hat wieder die besten Journalisten des Jahres gewählt. In der Kategorie «Wissenschaft» landete Christian Heuss (SR DRS), auf dem ersten Platz, gefolgt von Alex Reichmuth (Weltwoche) und Andrea Fischlin («Einstein», SF). Mathis Brauchbar ist zum Leiter Wissenstransfer und Kommunikation des Nationalen Forschungsprogramms «Lebensende» (NFP 67) gewählt worden. Natascha Branscheidt hat die Leitung der Öffentlichkeitsarbeit bei der Zen­ tralbibliothek Zürich übernommen. Ihre ­Stelle als Leiterin der Kommunikation der Akademie der Naturwissenschaften übernimmt Marcel Falk, vorher Mediensprecher des Bundesamts für Veterinärwesen. Marcel Falk gibt gleichzeitig auch die Leitung des Blogs sciencesofa.ch ab, an den freien Wissenschaftsjournalisten Florian Fisch.

Mathias Plüss (37) ist seit genau zehn Jah­ren im Journalismus – und jetzt endlich auch im SKWJ! Ein paar Jahre war er ­Wissensredaktor bei der Weltwoche, ­heute ­arbeitet er frei; vor allem für «Das ­Magazin». Er bevorzugt Themen aus den Bereichen Naturwissenschaft, Natur und Umwelt und mag am liebsten grosse Kisten oder dann Rumpfformen (Kolumnen, Listen, Faktensammlungen). www.annahartmann.net

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www. sc ience- j our nalis m. c h

Bulletin 1 | 11 JANUAR 2011

Schweizer Klub für Wissenschaftsjournalismus Association suisse du journalisme scientifique Swiss Association of Science Journalism

P.P. CH-8021 Zürich

Patrick Imhasly Redaktor Wissen NZZ am Sonntag Postfach 8021 Zürich Tel. 044 258 14 17 p.imhasly@nzz.ch

Olivier Dessibourg Journaliste scientifique LE TEMPS Rte de la Conversion 310 1093 La Conversion Tél. 021 311 35 70 olivier.dessibourg@letemps.ch

Adressänderungen: Bitte an das Sekretariat

Impressum Bulletin des SKWJ Redaktion: Pascal Biber Layout: Ritz & Häfliger, Basel Druck: Sihldruck AG, 8021 Zürich

Mürra Zabel Redaktorin 3sat / SRF Postfach 8052 Zürich Tel. 079 446 58 49 zabelm@bluewin.ch

Christophe Ungar Journaliste scientifique RTS (Radio Télévision Suisse) 20 Quai Ernest Ansermet 1211 Genève - 8 Tél. 022 708 94 07 christophe.ungar@rts.ch

Hanna Wick Sekretariat Redaktorin NZZ Neue Zürcher Zeitung Falkenstrasse 11 8021 Zürich Tel. 044 258 12 13 h.wick@nzz.ch Pascal Biber Redaktor Wissenschaft SRF (Schweizer Radio und Fernsehen) Novarastrasse 2 4002 Basel Tel. 061 365 35 69 pascal.biber@srf.ch

Sabine Olff Redaktorin Wissen Sonntagszeitung Werdstrasse 21 8021 Zürich Tel. 044 248 46 36 sabine.olff@sonntagszeitung.ch

Irène Dietschi Präsidentin Freie Journalistin Kirchgasse 17 4600 Olten Tel. 062 207 00 18 irene.dietschi@bluewin.ch

Der Vorstand


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