CZ_2010_1_Selbstverantwortung

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Zeitschrift der 端berkonfessionellen Bewegung Campus f端r Christus Schweiz

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S E L B ST V E R A N T WO RT U N G


selbstverantwortung | inhalt

selbstverantwortung | editorial

Inhalt

Editorial

ZUM THEMA

Im eigenen Leben herrschen

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«Wir verwechseln Verantwortung mit Zufriedenstellen» Interview mit Ernst Gassmann, Seelsorger und geistlicher Berater

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Kolumne «beziehungsweise» Das Bankett von Sabine Fürbringer

Raus aus der Opferrolle! Wie wir gesunden Selbstwert entwickeln, von Veronika Schmidt

Kolumne «von Wegen!» Lässt sich ohne den Meister des Lebens das Leben meistern?

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Vier persönliche Berichte

Online – in den Bergen und den Niederungen des Alltags Das Wort des Missionsleiters

Die Schweiz vor einer Hungersnot bewahrt Jakob Winzeler – sein Glaube liess ihn die Initiative ergreifen

Kolumne «New Generation» Andreas Boppart zu Katzenhaarallergie und Ventilatorenneurose

Wie können wir unsere Möglich­ keiten nutzen, statt unseren Unmöglichkeiten nachzujagen?

Transformation der Herzen Rückblick auf das Geneva Leadership Forum

Kolumnen «Filmtipp» und «Medien» Andy Schindler-Walch und Markus Baumgartner «Selbstverantwortung». Bis zum Titel dieser Ausgabe war es ein abenteuer­ licher Weg. Aus Anlass der Fastenge­ betszeit und des «Jahres der Stille» wollten wir als Redaktionsteam zuerst das Thema «Zur Ruhe kommen – aus der Ruhe wirken» aufgreifen. Erste An­ läufe brachten uns aber einfach nicht in Schwung. Gottes Inspiration zog uns offensichtlich in eine andere Richtung.

Wenn Menschen ihre Chance nutzen

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«Bei vielen Menschen ist der eigene Wille ungenügend entwickelt» Ein Interview mit dem Berater und Coach Rolf Lindenmann

HINWEISE

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Seinen einzigartigen Beitrag finden Wie Anne-Rose und Roland Kurth Entscheidungen treffen

«Leiter müssen zum Führen kommen!» Interview mit Daniel Zindel, Leiter der Stiftung Gott hilft

Gottes Willen «aus der Seele» tun? Andrea-Giorgio Xandry betrachtet zwei altbekannte Bibelstellen

Leben ist Arbeit und Ruhe

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CfC national Alphalive Schweiz, Auslandprojekte Agape international, Dozentenforum

CfC international: Agape Frankreich Interessiert an einem Gott, der Leben verändert

In eigener Sache Der neue Webauftitt von Campus für Christus und Christliches Zeugnis

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Inserate, Impressum

Jens Kaldewey zum Rhythmus 6:1

ZUM SCHLUSS

Leben im Sieg

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Wie wir im Geist leben – statt im Fleisch, von Monika Flach und Esther Baumann

Wir einigten uns auf «Selbstverant­ wortung», und ich bin glücklich, Ihnen diese Ausgabe nunmehr unter dem dritten Titel präsentieren zu dürfen. Er trifft den Kern der Sache wohl noch besser, denn Sie werden es vom ersten Interview mit Ernst Gassmann bis zum Bericht über das Leiterforum in Genf bemerken: «Im eigenen Leben herr­ schen», aber auch «Aus der Ruhe wir­ ken» können wir dann, wenn wir die Verantwortung für das eigene Leben übernehmen, insbesondere dafür, Je­ sus den ersten Platz darin zu geben.

Peter Höhn

PS: Gerne weise ich Sie zum Thema «Selbstverantwortung» noch auf zwei Möglichkeiten hin, persönlich konkret zu werden: die beigelegte Broschüre «40 Tage Gebet und Fasten» sowie die Inserate auf Seite 50ff für unsere dringend benötigten Mitar­ beiter in Informatik und Administration.

René Bregenzer über Jähzorn

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So schälte sich das Thema «Im Leben herrschen» heraus, ein Ausdruck, den wir im Römerbrief 5,17 finden. Hier schreibt Paulus, dass wir im eigenen Leben herrschen werden, je mehr wir aus der vertrauten Glaubensbeziehung mit Jesus Gottes Gnade und seine Ge­ rechtigkeit empfangen. Anders gesagt: Wir werden im Leben herrschen, wenn wir nicht mehr selber voreilig handeln, sondern uns in jeder Situation von Gott beschenken und leiten lassen. «Im Leben herrschen» heisst zum Bei­ spiel, aus Wunschdenken, Opferrollen und diffusem Jammern über das Zu­ viel auszusteigen. Es bedeutet auch, Egoismus, Bequemlichkeit und Passi­ vi­tät abzulegen und die eigene Verant­ wortung zu übernehmen: für meine Zeiteinteilung und meine Finanzen, für meine Beziehungen, für die Ehe und Familie, für meinen Beruf und meine von Gott gegebene Berufung.

Im Redaktionsteam waren wir zuneh­ mend vom Thema begeistert. Wir freuten uns über die kompetenten In­ terviewpartner wie Ernst Gassmann, Roland und Anne-Rose Kurth, Rolf Lindenmann und Daniel Zindel sowie über die bibel- und praxisnahen Bei­ träge von Esther Baumann und Moni­ ka Flach, Jens Kaldewey, Veronika Schmidt und Andrea Xandry. So weit, so gut. Nur der Hefttitel schien nicht zu passen. «Im Leben herrschen» sei missverständlich, sagte mir ein ge­ schätzter Mitarbeiter; das Wort «herr­ schen» kommuniziere nicht das, was wir beabsichtigten. Ich liess mich be­ lehren.

Themen, die weiterhelfen Aktion: Christliches Zeugnis zum Sammeln und Weitergeben

Kolumne «Farbe bekennen»

In unseren Teamgesprächen merkten wir: Rückzug und Neuorientierung aus der Stille sind zwar unerlässlich für je­den, der sich in dieser hektischen Welt zurechtfinden will. Andererseits können wir das Rad der Zeit aber weder zurück­ drehen noch dessen Dynamik drosseln.

Deshalb wollten wir die Fragen im Hin­ blick auf unser Heftthema positiver for­ mulieren: Welche Chancen liegen in unserer Zeit? Wie können wir aus den unzähligen Optionen den eigenen Weg erkennen und gute Entscheidungen treffen? Wie können wir unsere Mög­ lichkeiten nutzen, statt unseren Un­ möglichkeiten nachzujagen? Wie lernen wir in allen Lebensbereichen und -um­ ständen im guten Sinn zu «herrschen»?

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selbstverantwortung | wir verwechseln …

«Wir verwechseln Verantwortung mit Zufriedenstellen»

Zur Person

Interview mit Ernst Gassmann Wir haben den Seelsorgespezialisten Ernst Gassmann gefragt, warum so viele Christen ausbrennen statt brennen und wie man echte von falscher Verantwortung unterscheiden lernt.

Interview: Peter Höhn CZ: Es sind vor allem Christen im vollzeitlichen Dienst, die zu dir in die Beratung kommen. Welche Fragen triffst du an? Ernst Gassmann: Es sind im Grunde im­ mer Beziehungsprobleme: Konflikte im Team oder mit dem Ehepartner, Blocka­ den in der Beziehung zu Gott oder Fra­ gen rund um den Umgang mit sich selbst. Auch Burn-out ist letztlich nicht nur ein Arbeitsproblem, sondern ent­ steht meist aus dem Druck, Menschen oder Gott bzw. dem Bild, das ich habe, in übersteigerter Weise genügen zu müs­ sen. Zum Beispiel erzählte mir jemand am Rande eines Burn-outs in etwa: «Mein Gebet ist seit Jahren, dass ich es den Leuten, mit denen ich zusammen­ arbeite, recht machen und sie zufrieden­ stellen kann.» Ich konnte ihm aufzeigen, dass seine vermeintlich gute Absicht in der Angst gründet, letztlich von den Menschen und auch von Gott nicht ak­ zeptiert zu werden, und dass er deshalb falsche Verantwortung übernimmt. Beim Burn-out scheint es klar. Wie weit liegt auch bei anderen Beziehungsproblemen die Ursache darin, 4

dass jemand zu wenig klar zwischen echter und falscher Verantwortung unterscheidet? Im Wort «Verantwortung» steckt ja die Frage: Wem gebe ich «Antwort» und in welcher Priorität? Hier arbeite ich ger­ ne mit der Verantwortungspyramide (vgl. Skizze auf Seite 6). Ich habe man­ che Pastoren und Missionare gesehen, die aus ihrem Dienst ausstiegen oder grösste Schwierigkeiten hatten, nicht weil sie zu wenig begabt gewesen wären, sondern weil sie nur auf die Bedürfnisse der Gemeinde oder des Berufes «antworteten», nicht aber auf die ihres Ehepartners, und dieser ir­ gendwann nicht mehr mitmachte. Verantwortung übernehmen in der Ehe heisst: Hörst du wirklich zu, was dein Partner sagt, und gibst du ihm oder ihr Antwort auf das, was er oder sie sagt? Oder für einen Vater: Stellen dir deine Kinder heikle Fragen, und gibst du ihnen darauf Antwort? Es ist somit immer hilfreich, bei Beziehungsproblemen nach der Art und Weise zu fragen, wie jemand seine Verantwortung für diese Beziehung wahrnimmt. Warum tun sich Menschen so schwer und übernehmen entweder zu viel

oder zu wenig Verantwortung? Oft verwechselt man «Verantwortung übernehmen» mit «Menschen zufrie­ denstellen». Viele Menschen fühlen sich schon schuldig, wenn sie Nein sagen und das Gegenüber ein ent­ täuschtes Gesicht macht. Die Frage, die wir uns immer stellen müssen, ist: Wer führt mich eigentlich? Wer ist mein Auftraggeber? Handle ich aus Menschengefälligkeit? Aus Menschen­ furcht? Aus Angst, nicht dazuzugehören? – Das zu erkennen und dann angemessene Grenzen zu setzen ist ein Schlüssel. Wer nicht Nein sagen kann, kann auch nicht lieben. Denn wenn mein Ja nicht aus Glauben, das heisst aus Freiheit und Überzeugung ge­ schieht, sondern aus Angst, dient es Gott und auch der Sache nicht und ist deshalb nicht Ausdruck meiner Liebe. Wie lerne ich Nein zu sagen und echte Verantwortung zu übernehmen? Es fängt damit an, dass ich falsche Verantwortungen entlarve: Dass ich meinen Grundängsten ins Auge blicke, dass ich Verpflichtungen be­ ende oder neu definiere, wo Ängste meine Auftraggeber gewesen sind, und dass ich mich auf die Dinge cz 1|10

konzentriere, die meiner Berufung und meinen Fähigkeiten entsprechen und die ich mit Überzeugung tue. Dies setzt aber auch Wachstum im Gott­ vertrauen voraus. Aber manchmal haben wir doch gar keine Wahl und müssen Dinge tun, die uns nicht unbedingt liegen? Das ist so, aber dies sollte kein Dauer­ zustand sein. Jeder von uns ist für den Umgang mit seinen Begabungen und Grenzen gegenüber Gott verantwort­ lich. Den Blick dafür zu schärfen und die richtigen Schlüsse daraus zu zie­ hen, ist ein lebenslanger Lernprozess. Dazu gehört, Antworten zu finden auf Fragen wie: Was ist meine Berufung? Was hat Gott in meinem Leben bestä­ tigt und was nicht? Wo hat er mir mei­ ne Grenzen aufgezeigt, die ich auch akzeptieren darf? In meinem Leben haben sich die Lehrgabe und das Be­ gleiten von Menschen herausgeschält, nicht aber das Leiten und Organisie­ ren. Ich erlebe, dass viele Menschen für minderwertig halten, was sie wirk­ lich gut können, und lieber andere Be­ gabungen hätten oder meinen haben zu müssen. Ich habe diesbezüglich selbst oft mit mir und Gott gekämpft. cz 1|10

Ernst Gassmann (61) wuchs in einer Bauernfamilie in Boppelsen auf. Nach seinen Lehr- und Wanderjahren als Maschinenschlosser stu­ dierte er von 1970 bis 1974 Theologie am Theologischen Seminar St. Chrischona (tsc). Zusammen mit seiner Frau Jacqueline leitete er die Chrischona-Gemeinde in Glattfelden und später in Romanshorn, wo sich eine wachsende Seelsorgearbeit entwickelte. Nach einer Weiterbildung in Christian Counselling in den USA baute er in Uster im Auftrag des Chrischona-Werkes die Beratungsstelle «Biblische Seelsorge und Lebensberatung» (BSL) auf, die er neun Jahre lang lei­ tete. 1998 wurde Ernst Gassmann als Teilzeitdozent für die Fachge­ biete Seelsorge, Einführung in die Pastoraltheologie und Gesprächs­ führung ans tsc berufen. Daneben wirkte er als zweiter Pastor in der Chrischona-Gemeinde Muttenz. Seit 2006 arbeitet er bei Operation Mobilisation (OM) im Bereich «Member Care». Als Seelsorger und geistlicher Berater begleitet er hauptamtliche Mitarbeiter aus ver­ schiedensten Gemeindeverbänden und Missionsgesellschaften. Er unterrichtet weiterhin am tsc und trainiert während drei Wochen im Jahr Pfarrer und Gemeindeglieder in Uganda in biblischer Seel­ sorge sowie in Ehe- und Familienarbeit.

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selbstverantwortung | wir verwechseln … | kolumne

Fbeziehungsweise Ü R B R I N G E R Alle Menschen

Das Bankett

Gemeinde, Dienst

Die Verantwortungspyramide Die Verantwortungspyramide zeigt: Unser Leben und unser Einfluss können langfristig nur gedeihen, wenn wir die Verantwortung für unsere Beziehungen in der rechten Prioritätenfolge (von unten nach oben) wahrnehmen.

Heute hilft mir, was Paulus in 1. Ko­ rinther 4 beschreibt: Ich darf so sein, wie ich bin, und ich bin mit dem, was ich bin, nicht Menschen, sondern Gott verantwortlich. Es braucht somit eine konsequente Versöhnung mit mir selbst, so wie Gott mich geschaffen hat? Ja, denn alles Übel kommt durch Ver­ gleichen und Bewerten. Auch ich hat­ te früher Komplexe, weil ich in meinen Augen im Vergleich zu Akademikern und Lehrern schlecht abschnitt, bis ich merkte: Ich habe einen anderen Lern­ stil, ich habe einen anderen Zugang zum Leben, und der ist genauso viel wert. Wenn ich aus dem Vergleichen und Bewerten lebe, «antworte» ich mit meinem Leben und Tun auf Menschen, und da liegt eine wesentliche Ursa­ che von Burn-out. Wer sich abhängig macht von Menschen, von ihrer Annahme, ihrer Bestätigung und ihrem Urteil, der gerät, wie Jeremia 17,5-8 sagt, unter den Fluch, verdorrt und vereinsamt. Wenn ich aus dem Verglei­ chen mit anderen lebe, erwarte ich von Menschen etwas, was nur Gott mir geben kann. Mein Wert kommt 6

Familie, Kinder, Eltern

Ehe

Gott weder aus mir selbst noch aus dem Vergleich mit andern, sondern ist von Gott her in meinem Geschöpf- und Geliebtsein begründet. Falsche Verantwortung, Burn-out, Beziehungsprobleme – alles Folgen daraus, dass ich meine erste Verantwortung nicht wahrnehme, nämlich Gott zu danken für das, was ich bin und habe? Ja, in letzter Konsequenz ist es das, was Paulus in Römer 1,21 als Auslegung von Genesis 31 schreibt: Weil wir dem Schöpfer den Dank verweigern und stattdessen die Ehre von Menschen suchen, geraten wir in Verwirrung und zerstören uns schliesslich selbst. Hier sind auch wir Christen schuldig geworden, nicht zuletzt in der heu­ tigen Ausrichtung unserer Seelsorge­ praxis. Wir haben das Grundproblem des Menschen weg von der Undank­ barkeit und Sünde hin auf seine Defi­ zite und Verwundungen verschoben. Damit haben wir die Bedürfnisse des Menschen statt Gott ins Zentrum ge­ stellt. Die Folge ist, dass wir von Gott eigentlich nur eines wollen: Dass er mir das Leben ermöglicht, wie ich es

mir vorgestellt habe. Dass Jesus mich heilt, mein Potenzial ausschöpft und mich gross herausbringt. Wir müssen uns als Christen wieder fragen: Hast du Gott dafür gedankt, wie er dich ge­ schaffen und bis hierher geführt hat? Glaubst du, dass auch das Schwere und Notvolle in deiner Geschichte sei­ ner souveränen, liebenden Hand nicht entglitten ist? Wenn ich nur die Heilung meiner Defizite suche, gerate ich wieder in die Sackgasse, dass ich mich mit anderen vergleiche, die von Gott offenbar «mehr gesegnet» werden oder für ihn «mehr bewegen und bewirken»? Ja, das menschenzentrierte Christen­ tum unserer Zeit hilft dem Menschen nicht. Es stellt den eigenen Erfolg, die Gesundheit, das Wohlbefinden ins Zentrum statt die Souveränität Gottes. Ich selbst musste meine Seelsorgeschulung an einigen Punk­ ten umschreiben und betone heute stärker unsere grundlegende Verant­ wortung Gott und unseren nächsten Familienangehörigen gegenüber. Statt nach «Erfolg» in Gemeinde oder Beruf zu streben, müssen wir cz 1|10

vielmehr die biblische Perspektive vom ewigen Leben wiedergewinnen: Dass unser Leben hier auf der Erde erst die Vorbereitung ist, dass uns Gott auf dem Weg dazu auch durch schwierige Zeiten und durch Leid führt (Apostelgeschichte 14,22) und dass wir uns von Jesus unser oft noch verengtes Gottesbild erweitern und vertiefen lassen. Wenn unser Gott ein Gott für alle Wetterlagen wird und wir in allen Situationen dankbar unser Leben aus seiner Hand empfangen, dann werden auch alle unsere übrigen Beziehungen immer mehr in Ordnung kommen. Führt diese Gottes- und Ewigkeitsorientierung nicht zu einer gewissen Weltfremdheit? Nein, ganz im Gegenteil. Wer auf Gott ausgerichtet ist, kann sich an ihm und seiner Schöpfung freuen, weil er nichts krampfhaft festhalten muss. Er muss nicht alles in dieses Leben hineinquetschen, sondern kann auch ruhen und loslassen. Er ist nicht auf der Weltflucht, sondern nimmt seine Verantwortung in diesem Leben im Gehorsam Gott gegenüber wahr. Er tut dies im Wissen, dass alles in die­ sem Leben sehr vorläufig ist und das Vollkommene nur von Gott kommen kann.

«Obwohl sie von Gott wussten, wollten sie ihn nicht als Gott verehren oder ihm danken. Stattdessen fingen sie an, sich unsinnige Vorstellungen von Gott zu machen, und ihr Verstand verfinsterte sich und wurde verwirrt.»

Margarethe und Heinrich hatten zum grossen Bankett geladen. Als Gründer einer Stiftung zur Förderung wissenschaftlicher Forschung wollten sie mit einigen Prominenten ihren vierzigsten Hochzeitstag feiern. Die rund hun­ dert geladenen Gäste gehörten allesamt zur Crème de la Crème der Polit-, Kultur- und Wis­ senschaftsszene. Die Stühle am wunderschön und üppig dekorierten Tisch füllten sich lang­ sam mit nicht minder herausgeputzten Män­ nern und Frauen. Es gab keine Tischkärtchen, und so konnte Kurt, ein ambitionierter Jung­ politiker, sich seinen Platz selbst aussuchen, als er kurz vor acht den Saal betrat. Da war doch tatsächlich der Stuhl rechts von Heinrich noch zu haben. So ein Glück! Ja, man muss­ te sich nehmen, was man kriegen konnte, um auf der Karriereleiter Stufe um Stufe hochzu­ klettern. Ein festlicher Abend neben Heinrich förderte dieses Ziel in Kurts Planung ausge­ zeichnet. Mittlerweile waren bis auf wenige Ausnahmen alle Stühle besetzt. Da schlich im letzten Mo­ ment eine in Jeans gekleidete und mit einer Unmenge von Gepäckstücken beladene junge Frau zur Tür herein. Sie versuchte, so leise wie möglich zu sein, um kein Aufsehen zu er­ regen. Margarethe und Heinrich war dieser Zwischenfall allerdings nicht entgangen. Wie peinlich, dachte Kurt. Mit fester Stimme und einem Strahlen auf dem Gesicht sagte Hein­ rich laut durch den ganzen Saal: «Helene, wie schön, dass du da bist. Komm, setz dich zu uns!» Und an Kurt gewandt murmelte er de­ zent: «Könnten Sie bitte Ihren Stuhl freigeben und weiter unten Platz nehmen – wir möchten Helene heute Abend in unserer Nähe haben.» Unnötig zu sagen, dass dieser Zwischenfall für Kurt höchst unangenehm war und statt die Karriere zu fördern eher das Gegenteil be­ wirkte. Hatte er doch bei dieser Peinlichkeit die einflussreichsten Bewohner der Stadt als Publikum!

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Helene war gerade von einem dreijährigen Aufenthalt in Nordafrika zurückgekehrt. Sie hatte dort in einem Archäologenteam mit­ gearbeitet. Keine prestigeträchtige Sache, 7

Minimallohn, extreme klimatische Bedingun­ gen, kulturell nicht ganz einfaches Umfeld für eine junge Westlerin. Aber ihr Vater hatte ihr zu diesem Job nach dem Studium geraten. Sie könne dort alles lernen, was sie für die Zukunft brauche. Und sie hatte ihm vertraut, er musste es ja wissen, hatte selbst eine grossartige Kar­ riere als Archäologe hinter sich. Daran hatte sie sich festgehalten, wenn es manchmal hart war dort draussen im Wüstenstaub – und durch­ gehalten. Wie schön, dass sie ihren Aufenthalt gerade jetzt beenden konnte, direkt vom Flug­ platz war sie hierhergebraust, ein Sandsturm hatte den Abflug verzögert, aber sie hatte es ja noch geschafft. Das Ehejubiläum ihrer Eltern wollte sie auf keinen Fall verpassen. Nach dem Hauptgang hielt Heinrich seine Re­ de. Er stellte den Gästen seine Tochter Helene vor und lobte dabei all die guten Eigenschaf­ ten, die in den letzten drei Jahren in der Wüste so richtig zum Tragen gekommen seien. Und deswegen sei es nicht mehr als eine logische Konsequenz, dass er ihr heute die Leitung der Stiftung übertrage. Der Saal applaudierte, und die freudig glänzenden Augen der Gäste ver­ rieten, wie sehr sie mit diesem Entscheid ein­ verstanden waren. Nur Kurt sass nachdenklich und still auf seinem Stuhl. Moral der Geschichte: Bibellesen ist lohnenswert, zum Beispiel Lu­ kas 14,7-11. Nicht wer nimmt, sondern wer be­ kommt, wird im Leben weiterkommen. Dabei kommt es auf die richtigen Beziehungen an. Ideal ist ein überaus vermögender, liebevoller Vater, der ein ewiges Reich hat und Töchter und Söhne als Erben einsetzt.

• Sabine Fürbringer ist Psychologin sowie Familienfrau und arbeitet bei Campus für Christus als Referentin, Autorin und Beraterin.


selbstverantwortung | raus aus der opferrolle

Selbstgefühl und Selbstvertrauen

Raus aus der Opferrolle!

Selbstgefühl

Selbstvertrauen

Ist ein Grundpfeiler unserer psychischen Existenz und verändert sich in quantitativer und qualitativer Hinsicht ein Leben lang.

Ist eine eher äussere, erworbene Qualität und handelt von dem, was wir können, und unseren konkreten Fähigkeiten, be­ stimmte Dinge zu leisten.

Wie wir gesunden Selbstwert entwickeln Wer Selbstwert und Selbstvertrauen hat, muss sich weder klein und zum «Opfer» machen, noch grosstun und zum «Täter» werden, der sich auf Kosten anderer beweist. Selbstwert und Selbstvertrauen wachsen auf dem Boden eines gesunden, gut ausgeprägten Selbstgefühls. Dieses spüren wir, wenn uns wohl ist in unserer Haut und wir in uns selbst ruhen. Doch wie entwickelt sich diese Eigenschaft, und was ist unser, was ist Gottes Beitrag?

Veronika Schmidt «Bisch Opfer, Monn?!» Als Schimpfwort inzwischen auf dem Pausenplatz angekommen widerspiegelt es eine tiefe Tragik, die auch häufig in Konflikten zwischen Erwachsenen oder zwischen Erwachsenen und Kindern zum Aus­ druck kommt. Man verschwendet seine Energie darauf, sich gegenseitig die Schuld zuzuschieben. Man streitet darüber, wer Opfer und wer Täter ist. Aber eines kann oder will man nicht: die Verantwortung für sich selbst über­ nehmen. Aus eigener Erfahrung kenne ich die Auswirkungen eines Lebens als «Opfer». Ich war ein wütendes Opfer, das oft übermässig reagierte.

Persönliche Verantwortung übernehmen Wir alle sind mit Mängeln gross geworden und versuchen oft hilflos, diese zu füllen oder zu überdecken. Wir ent­ wickeln Lebensstrategien, die andere dazu bringen sollen, unseren Mangel auszufüllen, zum Beispiel uns zu lieben, zu bewundern, zu respektie­ren oder Sicherheit zu geben. Dabei 8

machen wir uns selbst zum Opfer oder werden, was oft dieselbe Wurzel hat, zum Täter. Aus der Opferrolle ausstei­ gen heisst, dass wir uns von solchen Mustern lösen und die persönliche Ver­ antwortung für den Verlauf des eige­ nen Lebens übernehmen, nämlich für unsere physische, psychische, menta­ le und spirituelle Gesundheit und Ent­ wicklung. Zu dieser Verantwortung sind die wenigsten von uns erzogen worden, doch dass wir sie entwickeln, ist absolut notwendig. Nur so können wir innere Stärke entwickeln und den Gemeinschaften, denen wir angehören, kreative Energie zuführen. SOZIALE VERANTWORTUNG (Verantwortung gegenüber anderen) PERSÖNLICHE VERANTWORTUNG (Verantwortung gegenüber sich selbst)

Positive Beziehungen und Botschaften stärken das Selbstgefühl Um persönliche Verantwortung über­ nehmen zu können, so schreibt der dä­ nische Pädagoge Jesper Juul in seinem

Wer ein gesundes Selbstgefühl besitzt, hat selten Probleme mit dem Selbstvertrauen. Umgekehrt bedeutet ein gutes Selbstver­ trauen aufgrund unserer Fähigkeiten nicht zwingend, dass wir über ein gutes Selbstgefühl verfügen. Ein geringes Selbstgefühl wird als ständiges Gefühl von Unsicherheit, Selbstkritik und Schuld erlebt.

Buch «Dein kompetentes Kind», ist ein gesundes «Selbstgefühl» entscheidend. Selbstgefühl liegt tiefer als Selbstver­ trauen (vgl. Abbildung). Selbstgefühl ist unser Wissen und Erleben, wer wir sind. Unser Selbstgefühl hängt davon ab, wie gut wir uns selbst kennen und wie wir uns zu dem verhalten, was wir über uns wissen. Bildlich gesprochen lässt sich das Selbstgefühl als eine Art innere Säule, Zentrum oder Kern beschreiben. Ein positives Selbstgefühl entsteht: 1. Durch wichtige Personen wie Eltern, Lehrer, Gleichaltrige, Vorbilder: – aus dem Erleben, jemandem wert­ voll zu sein, – aus dem Vertrauen, jemandem wirklich wertvoll zu sein, – durch Beziehungs- und Erlebnisqua­ lität (weniger durch Erziehung), – dadurch, dass uns jemand etwas zutraut und zumutet. 2. Durch positive Botschaften, die wir verbal und nonverbal bekommen und anderen geben: – Situationen/Erlebnisse, die wir ge­ meinsam haben, cz 1|10

– Gespräche/Diskussionen, die wir positiv wertschätzend führen. Diese Botschaften und Dialoge brau­ chen wir, unsere Partner, unsere Kinder und unsere Freunde dringend. Wir soll­ ten sie uns gegenseitig schenken, da­ mit wir in unserem Selbstgefühl und damit in unserer Persönlichkeit gesund werden und bleiben.

Vier Schritte zu gesundem Selbstgefühl und Selbstwert Es sind aber nicht nur die positiven Beziehungen und Feedbacks, die uns zu starken, eigenverantwortlichen Menschen werden lassen. Wir können auch selbst einiges tun, um in unserem Selbstgefühl gestärkt zu werden: 1. Selbstkontrolle entwickeln Es mag eigenartig klingen, aber wir brauchen im Leben ein gewisses Mass an Sand im Getriebe, damit wir beharrlich, beständig und wider­ stands­fähig werden. Das Leben selbst und die Men­schen, mit denen wir unser Leben teilen, sind die Heraus­ forderungen, uns zu entwickeln. Ob cz 1|10

Zur Person

wir diese positiv nutzen können, hängt von unseren Reaktionen ab (zum Beispiel uns prüfen statt belei­ digt sein). Psychologische Untersu­ chungen wie auch viele biblische Geschichten und Zeugnisse zeigen, dass Menschen an schwierigen Um­ ständen wachsen und aus Schicksals­ schlägen längerfristig oft gestärkt hervorgehen. Entscheidend ist, dass die herausfor­ dernden Elemente nicht destruktiv oder anhaltend frustrierend sind. Aber ein gewisses Mass an positiver Frust­ ration macht und hält uns gesund und bildet in uns eine Selbstkontrolle über unsere Reaktionen. Wer aus der Opfer­ rolle aussteigen will, muss lernen (vgl. Jakobus 1,2-5): – Frustration auszuhalten (Enttäu­ schungen, Niederlagen, ein Nein akzeptieren), – Zorn in Worten, nicht in Taten aus­ zudrücken, – sich an Regeln und Grenzen zu halten, – Forderungen zu befolgen, Aufforde­ rungen nachzukommen und Anfor­ derungen zu genügen,

Veronika Schmidt ist Systemische Paar-, Familien- und Erziehungsberaterin in eigener Praxis (www.familienwerkstatt.ch), mit langjähriger Erfahrung als Sozialpädagogin. Sie ist verheiratet mit Andreas und Mutter von vier erwachsenen Kindern.

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selbstverantwortung | raus aus … | kolumne

– sich selbst «Befehle» erteilen zu können, – mit verschiedenen Gefühlen in angemessener Weise umzugehen. 2. Erwartungen überprüfen Die Art und Weise, wie wir uns grund­ sätzlich zu den Ansprüchen des Lebens verhalten, kann uns ebenfalls in die Opferrolle manövrieren. Unser Perfektionismus, unsere ungeheuer hohen Ansprüche und unsere entsprechen­ den Anstrengungen sind oft Ursache von Verzweiflung und Depression. Wir stehen unter dem unbewusste Zwang, uns und andere ständig an einem Idealbild zu messen, indem wir uns fortlau­ fend fragen, ob wir auch allen Erwar­ tungen gerecht werden, ob wir richtig entscheiden und wie wir uns selbst, die Kinder oder den Partner noch ver­ bessern können. Gelassenheit und eine realistische Selbsteinschätzung – dass wir weder zu gering noch zu hoch von uns und unseren Fähigkeiten denken (vgl. Römer 12,3) –, aber auch Vertrauen in Gott, in den Lauf der Zeit und in die Fähigkeiten anderer können uns we­ sentlich entlasten. 3. Persönlich und klar kommunizieren Wir dürfen und sollen so kommunizie­ ren, dass wir in unserem Leben selber bestimmen. Jesus sagte: «Eure Rede sei: Ja, ja! Nein, nein» (Matthäus 5,37). Wir müssen imstande sein zu sagen, was wir wollen und was nicht – und so die eige­ nen Grenzen abstecken. Das geschieht in der persönlichen, authentischen Spra­ che, in der wir in der Ich-Form: – Dinge ansprechen, – Dinge klarstellen, – Grenzen setzen, – Lösungsvorschläge verlangen und geben, – Verhandeln und Abmachungen treffen, – überprüfen, was aus unseren Abma­ chungen wurde.

kritisieren, schimpfen, beschimpfen, anschreien, aufsitzen, nicht locker las­ sen, provozieren, Grenzen übertreten. Oder wir lassen all das an uns gesche­ hen. Somit können wir uns abwechs­ lungsweise in der Täter- oder in der Op­ ferrolle wiederfinden. Das gilt für die Er­ ziehung von Kindern, für die Gestaltung einer Partnerschaft wie auch für andere zwischenmenschliche Beziehungen. 4. Im Dialog mit Jesus zu uns selbst finden Die entscheidende Hilfe, um in der per­ sönlichen Verantwortung zu wachsen,

kommt aus der glaubensvollen Bezie­ hung mit Gott. Gott tut nichts lieber, als uns in unserer Identität zu stärken und uns in den oben erwähnten Pro­ zessen beizustehen. Er lädt uns ein, zu Jesus zu kommen und von ihm die Bot­ schaften, die Feedbacks und die Worte zu hören, die Menschen uns vielleicht nicht geben konnten oder können. Das bedingt, dass wir uns trauen, in einen persönlichen Dialog mit ihm zu treten, und vertrauen, dass wir seine Stimme hören. Durch den Heiligen Geist ist uns diese Möglichkeit gegeben.

Einen Dialog mit Jesus führen Ausgehend von der Frage von Jesus: «Was willst du, dass ich dir tue?» (Lukas 18,41) halte ich schriftlich fest, was Jesus mir in meiner Situa­ tion antwortet, welches Bibelwort er mir zeigt, welche inneren Bilder ich sehe, welche Gedanken er mir gibt, woran ich mich festhalten kann. Praktisch sieht das so aus: Ich setze mich mit einem Blatt Pa­ pier und Stift in eine ruhige Ecke. Dann bete ich und bitte den Heili­ gen Geist, mir meine Herzensohren zu öffnen, damit ich Jesus hören kann. Ich sage Jesus, was er mir tun kann. Ich stelle Jesus eine Frage, die ich beantwortet haben möchte, oder ich sage ihm, dass er mir et­ was zusprechen möge. Diese Fra­ ge oder dieses Anliegen schreibe ich auf. Dann werde ich still, höre und

schreibe auf, was mir Jesus in meine Gedanken oder ins Herz hinein antwor­ tet (vielleicht ist es eine Gegenfrage, vielleicht ein Bibelwort, ein inneres Bild oder Sätze, die mir in den Sinn kommen, oder Gefühle, die ich spüre). Das notiere ich. Dann rede ich genau so weiter mit Jesus. Jeden Gedanken, jede Antwort schreibe ich auf wie ein Skript: – Jesus: Was willst du, dass ich dir tue? – Ich: Ich habe folgendes Anliegen ... Ich bin frustriert, besorgt über ... Ich brauche deine Ermutigung. Was sagst du mir? – Jesus: Bibelwort, Bild, Gedanke, Gefühl ... – Ich: ... – usw.

Für mich waren es lange Jahre, in denen ich mich Gott im hörenden Gebet hingehalten habe und mir von ihm direkt und durch andere Menschen habe zusprechen lassen, wie er mich sieht, was er mir gibt, wozu er mich geschaf­ fen hat und wie er meine Mängel ausfüllt. Aber es waren nicht Jahre des Zuwartens, sondern ich diente gleichzei­ tig anderen Menschen, sprach ihnen Gottes Worte zu und lernte von reiferen Menschen. Es braucht seine Zeit, aus der Opferrolle auszusteigen und ein gesundes Selbstgefühl zu entwickeln. Aber Gott lässt uns die Zeit und unterstützt uns gerne dabei, damit wir uns selbst finden und uns selbst werden, uns selbst ganz annehmen – und letztlich auch ganz darin bleiben, dass allein SEINE Gnade genügt.

Buchhinweis Stärke täglich deinen Geist Burk, Arthur, / Gunter, Sylvia, Winterthur: Schleife Verlag 2009, ISBN 978-3-907827-73-4.

In 1. Thessalonicher 5,23-24 lesen wir das Segenswort: «Er aber, der Gott des Friedens, heilige euch durch und durch und bewahre euren Geist samt Seele und Leib un­ versehrt, untadelig für die Ankunft unseres Herrn Jesus Christus. Treu ist er, der euch ruft, er wird‘s auch tun.» Ein Buch mit 40 Segensgebeten, mit dem wir einander aufgrund von Gottes Wort segnen und stärken kön­ nen, damit Gottes Geist unseren Geist, unsere Seele und unseren Körper durchdringt und leitet.

Beherrschen wir diese Sprache nicht, werden wir unter Druck abwerten, 10

Ich bin Gott dankbar für die Zeit in meinem Leben, als ich dies zu entdecken begann: das kraftvolle Reden des Hei­ ligen Geistes durch die biblischen Worte, durch propheti­ sche Gaben und durch das Gebet des Segnens. Mein Mann hat einen grossen Anteil daran, indem er mir unermüdlich seine Wertschätzung, Liebe und Gottes Wahrheiten zugesprochen hat. Dies hat mich einen Weg des Heil- und Ganzwerdens geführt, der weit über das verstandesmässige Er­ kennen von Zusammenhängen hinausgeht. Heute erlebe ich diese Kraft nicht nur im persönlichen Leben, sondern auch in der Beratung von Menschen. Ich erfahre eine viel tiefere Dimension der Veränderung und Wiederherstel­ lung, als es fachliches Wissen allein vermag.

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F v Ro n EW eDg eYn ! S T A U B Lässt sich ohne den Meister des Lebens das Leben meistern?

• Pfarrer Fredy Staub erzählt in seiner Kolumne «von Wegen!» aus seinem Erleben mit Menschen.

Gott sei Dank erlebe ich nicht nur Schwieriges, sondern immer wieder auch viel Wunderbares. Bei Events zwischen Genfer- und Bodensee und im Kontakt mit Ratsuchenden lerne ich immer wieder neu das Staunen. Starke Männer beichten unter Tränen ihr Versagen. Elegante Frauen ent­ schliessen sich freudig für den himmlischen Designer. Teenager reissen sich um die heilige Power. Senioren kommen zur (Abend-)Sonne ihres Lebens. Sie alle suchen den einen: Jesus, ihren Erlöser. Aufgrund dieser Erfahrungen werde ich den Verdacht nicht ganz los, dass Menschen ohne Jesus ihr Leben oft in mancher Hinsicht nicht wirklich meistern. Doch Hand aufs Herz: Wer von uns kennt nicht aus eigener Erfahrung, dass uns nur allzu leicht destruktive Gedanken, widrige Ängste, Sucht­ tendenzen und die kuriosesten Gefühle der Ohnmacht regieren, statt dass Freude herrscht? Müssten nicht wir alle eingestehen, dass letztlich unser aller Leben ohne Gott kärglich scheitert? Auf jeden Fall ist für mich jeder Mensch, der erlebt, wie Jesus in seinem Leben Einzug hält, eine riesige Ermutigung. Da kommen ein meisterhaftes Entfaltungspo­ tenzial und eine souveräne Freude (selbst angesichts des Todes!) zum Tragen. Das tut jedem gut. Wenn ich spüre, wie Leute frei werden und glücklich ein sinnerfülltes Leben zu gestalten beginnen, denke ich mir jeweils: «Die tun das so, als hätten sie schon immer gewusst, wie ihr Leben optimal zu meistern ist.» Ihre dunkle Vergangenheit würde allerdings eine andere Sprache sprechen. Warum gelingt es in beachtlich vielen Fällen erst dann, sein Leben zu meistern, wenn jemand sein Vertrauen auf Jesus setzt? Die Antwort liegt auf der Hand. Weil Jesus weder ein alter Zopf ist noch ein süsser Schmuck. Er ist nicht nur, aber auch so viel wie das «gewinnende Pferd», um es mit den Worten einer Concours-Reiterin zu sagen, die just den Sprung zu Jesus gewagt hat. Jesus in uns macht das Beste aus uns. Empfinden Sie dies nicht auch so? Sie können sich selber davon überzeugen. Reden Sie mit Menschen, die sich in diesen Tagen Jesus Christus anvertraut haben. Noch besser: Brin­ gen Sie Personen, die Sie kennen, mit Jesus in Kontakt. 11


selbstverantwortung | vier persönliche berichte

Vier persönliche Berichte

Doch irgendwann kommt wieder der Alltag. In dieser Zeit liest er das Buch «Der ungezähmte Mann» von John El­ dredge. Die Frage in diesem Buch lässt ihn nicht mehr los: Was macht mich lebendig? Der Bubentraum erwacht wieder, die Sehnsucht, Kanada einmal zu sehen.

Wenn Menschen ihre Chance nutzen Sabine Fürbringer, Monika Blatter, Renate Blum

Beat Fehlmann: «Was macht mich lebendig?» Schon früh im Leben steht für den kleinen Beat fest: «Wenn ich gross bin, geh ich nach Kanada und werde Farmer!» Er hat seinen Traum wahrgemacht und viel für sein Leben gelernt.

sb. Es ist ein Bauernhof im aargauischen 1000-Seelen-Dorf Remigen, wo Beat Fehlmann aufwächst. Der kleine Bub liebt es, seinem Vater, der im Neben­ erwerb Landwirt ist, auf dem Feld oder bei den Tieren zu helfen. Und er träumt von der grossen, weiten Welt. Der ungezähmte Mann Als er älter wird, studiert Beat Fehlmann die Bauernzeitschriften und ist mit da­ bei, wenn es eine landwirtschaftliche Ausstellung gibt. Die Berichte von Auswanderern, die er immer hört und liest, und die wunderbaren Bilder mit den riesigen Mähdreschern beeindru­ cken ihn tief.

• Beat Fehlmann und seine Traktoren. Das Gefühl der Freiheit …

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Doch es kommt anders. Obschon er als Erwachsener zehn Jahre lang den Hof des Vaters weiterführt, kommt er nach innerem Ringen mit sich und Gott zum Schluss, dass er die geliebten Tiere und die Feldarbeit loslassen muss. Er nutzt den Freiraum, um seine Beziehung zu Gott zu vertiefen, lebt sogar neun Mo­ nate in einer Jüngerschaftsschule mit. cz 1|10

Beat ist froh, dass der Bubentraum Re­ alität wurde. Er weiss jetzt, dass er in der Schweiz leben will. Die Überschau­ barkeit passt besser zu ihm. Er mag es, wenn die Nachbarn in Sichtweite woh­ nen und er ein Feld zu Fuss umrunden kann. Kanada war wunderschön, doch Traum und Realität fühlen sich unter­

schiedlich an. Er braucht jetzt nichts mehr nachzutrauern und nichts zu be­ reuen. Beat will auch in Zukunft dem nachspüren, was ihn lebendig macht. Dabei mal etwas zu wagen, gehört mit dazu. Ganz fröhlich sagt er heute: «Es ist auch gut, mit Überzeugung sagen zu können ‹Das ist es nicht!›»

Das Gefühl absoluter Freiheit Zunächst erscheint es ihm wie ein rie­ siger Berg – er spricht kaum Englisch; die Reise bringt viel Aufwand mit sich, zumal er noch nie alleine geflogen ist; er muss Urlaub nehmen und seine Komfortzone verlassen. Aber er packt die Herausforderung und kann schliesslich als Erntehelfer für drei Monate auf der Farm einer gläubigen Familie mit­ arbeiten. Das, was sich als Berg im Vorfeld abschreckend aufgetürmt hat, entpuppt sich als ganz leicht über­ windbar. Die Weite und Schönheit des Landes beeindrucken ihn tief, anfäng­ lich hat er viel freie Zeit und fährt mit dem Quad durch die Gegend. Es ist das absolute Gefühl der Freiheit. Bubentraum und Wirklichkeit Die anderen Dimensionen der Feldarbeit sind gewöhnungsbedürftig: Per Funk muss er mit dem Getreide­ wagen die beiden Mähdrescher auf dem riesigen Feld suchen, wenn er ihre Ernte abholt, damit sie wieder weiterarbeiten können – bei Tag und bei Nacht. Als er einmal um 23 Uhr mitten auf dem Feld ein technisches Problem mit einem Mähwerk hat und so ganz allein im Dunkeln ist, in einer Gegend, in der Bären heimisch sind, da betet er um sein Leben. Beim Arbeiten beschleicht ihn immer wieder das Gefühl der Endlosigkeit. Die Arbeit hört nie auf. cz 1|10

… aber auch der Endlosigkeit.

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Gudrun Ahlers: «Doch, Gott kommt!» hat. In den einfachen Lebensbedin­ gungen der Dritten Welt erlebt sie ih­ re Abhängigkeit von Gott viel direkter und erfährt seine Nähe unmittelbarer. Das Leben nicht verpassen In diese Zeit fällt auch Gudruns inne­rer Entscheid, nicht auf einen Mär­ chenprinzen zu warten, obschon der Wunsch nach einem Partner da wäre. Doch sie will nicht ihr Leben verpassen und es hinterher bereuen, weil sie eine falsche Priorität gesetzt hat. Die Illu­ sion, dass ein Mann alle ihre Wünsche erfüllen könnte, weicht der Wahrheit, dass Jesus in allem in ihrem Leben der erste Ansprechpartner ist und dass er sich um alles kümmert, auch um Fra­ gen der Partnerschaft. Gudrun Ahlers hat durchlebt, dass Gott nicht alle Wünsche, aber umso mehr das Herz erfüllt, wenn man sich ganz auf ihn einlässt.

sb. Geschlagene vier Stunden verbringen wir angeregt schwatzend bei ei­ nem asiatischen Abendessen. Als ich anschliessend den Zug nach Hause nehme und über das Zusammensein mit Gudrun Ahlers nachdenke, stellen sich Freude und Glaube ein. Solche Begegnungen mag ich – wir h­a­ben uns über unsere Leben ausge­ tauscht, und dabei ist ganz selbstver­ ständlich Jesus gross geworden. Nicht, weil wir theologisiert hätten, sondern weil er sich im konkreten Leben mani­ festiert, sicht- und erfahrbar wird und souverän, gut und liebevoll ist. Abenteuerlust oder Sehnsucht nach Gott? Dass Gott sich in Gudruns Leben auf diese Art und Weise zeigen kann, ist aber nicht selbstverständlich, son­ dern Resultat eines steten geistlichen 14

Wachstums; glaubensvoll hat sie ge­ sät, mutig festgehalten und schliess­ lich gute Früchte geerntet. Und es ist klar: Da ist noch nicht die ganze Ernte eingefahren! Erstaunlich, was aus diesem schüch­ ternen, ängstlichen, kleinen deutschen Mädchen geworden ist, das damals in Bremen kein Französisch lernte, weil es eh nie aus Deutschland rauswollte. Nach dem Lehrabschluss wagte sie es immerhin schon als Kinderkranken­ schwester bis in die Schweiz. Der Be­ such einer Freundin in Südafrika ist der erste Kontakt nach Übersee, dann folgt eine Rucksacktour nach Nepal, durch Indien bis auf die Malediven. Von nun an nimmt sie alle zwei Jahre Urlaub, reist für einen Impfeinsatz in den Sudan oder nimmt an einer Indienexpedition mit Intermission teil. Na­ türlich ist es das Fremde, Prickelnde, die Abenteuerlust, die als Motor für diese Reisen dient. Aber eine Schicht tiefer ist es die Sehnsucht nach Gott, an den sie schon als Kind geglaubt

durch und durch Praktikerin. So gibt sie diesen Wunsch Gott zurück – der ihn prompt erhört. Sie kommt mit Servants in Kontakt, einer Organisation, die den Fokus ihrer missionarischen Arbeit auf das Leben mit den Ärmsten legt.

nun hier in der Schweiz weitergeht. Gudrun ist aber fest überzeugt, dass das, was sie in den KambodschaJahren bekommen hat, weit mehr ist, als was sie gegeben hat. Nicht nur sich selber hat sie besser kennenge­ lernt, sondern vor allem Gott ist sie so viel nähergekommen.

auf-Gott-Einlassen beginnen. Das war auch so in einer Fastenzeit, als sie sich zu einem dreimonatigen RomanlesenFasten entscheidet. Es entsteht un­ glaublich viel Freiraum – oder Leere. Diese Leere entpuppt sich als eine tiefe, angstmachende Einsamkeit. Sie kommt damit vor Jesus und hält ihm diese Einsamkeit hin, hält aus vor ihm, den ganzen damit verbun­ denen Schmerz. Jesus kommt, und seither ist diese fundamentale Ein­ samkeit in ihrem Leben weg – und Gott ist ihr näher. Auf meine Bemer­ kung, dass ein Mensch mit dieser totalen Hingabe ein Risiko eingeht, weil er im Vornherein ja nicht weiss, ob Gott wirklich kommt, reagiert sie mit einem festen, unerschütterlichen: «Doch, er kommt!»

Auf ihren Reisen hat Gudrun immer wieder Kontakt zu Missionaren. Ganz natürlich stellt sich die Frage, ob ihr Leben auch eine solche Wende nehmen könnte. Doch die stark theologische Ausrichtung der gängigen Missionsge­ sellschaften ist nicht ihr Ding; sie ist

Sieben Jahre in Kambodscha Nach längeren Vorabklärungen und innerem Ringen schenkt Gott Gudrun die Gewissheit, dass sie dort hingehört, und tatsächlich lebt sie anschliessend sieben Jahre in den Slums von Phnom Penh in Kambodscha und leistet eine wunderbare Arbeit, als Freundin der Menschen und als medizinische Fach­ frau. Die Zeit ist wunderschön – und sehr schwierig. Nicht das, was sie als Schwierigkeit vorausgesehen hätte, bereitet Probleme, nicht die ärmlichen Lebensverhältnisse oder die fehlende Privatsphäre im Slum. Die Zusammenarbeit im internationalen Westlerteam, sechs Leute aus sechs Nationen, erweist sich als die wahre Herausforderung. Als sie zurückkommt, weiss sie mit derselben Gewissheit, dass ihr Leben

• Fondue-Plausch in Kambodscha: Gudrun Ahlers (re) mit ihren Wohnpartnerinnen.

• Gudrun Ahlers im Jahr 1993 zusammen mit ihrem ersten Servants-Team, während eines Projekteinsatzes beim Wägen eines unterernährten Kindes und dann 1998 mit zwei Teenagern aus einem Mädchenprojekt.

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Sie hat durchlebt, wofür sie sich vor Jahren entschieden hatte: «Gott sagt von sich, dass er derselbe ist, gestern, heute und morgen – ich will glauben und erleben, dass Gott sich heute noch so manifestiert wie gestern in der Bibel. Und ich will der Bibel glau­ ben, auch wenn mein Verstand oder theologische Lehrmeinungen mir et­ was anderes beweisen wollen. Gott hat diesen Glaubensschritt über all die Jahre ernst genommen. Sich radikal auf Gott einlassen Es ist auffallend in Gudruns Leben, wie Veränderungen ganz im Verbor­ genen mit einer inneren Entschlos­ senheit und einem radikalen Sich-

Ich bin sicher, dass Gudrun aus dieser Verankerung in Christus heraus in Zu­ kunft noch für viele Menschen zum Segen werden wird, gerade solchen, die Heilung und Gottes übernatür­ liches Eingreifen brauchen.

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Ruth Meier: «Ich wusste nur, was ich nicht wollte»

Mauro Garzi: «Entdecke deine Möglichkeiten!»

Als alle Versuche scheiterten, Mauro Garzis Lebenswandel zu beeinflussen, brach seine Familie den Kontakt zu ihm ab. Im Nachhinein das Beste, was ihm passieren konnte. mb. Mauro Garzi ist verheiratet und Vater von vier Kindern. Er arbeitet als Regionalverkaufsleiter und ist Vorge­ setzter von fünfzehn Mitarbeitenden. Ein belastbarer, gelassener und ent­ schlossener Mann. Das war nicht immer so. Vom Leben gelebt Wenn er sich an die Zeit seiner Drogen­ sucht zurückerinnert, weiss er noch genau, wie es gewesen ist: «Das Leben mit einer Sucht ist in gewisser Weise sehr einfach. Es gibt nur ein einziges Thema: Das Verlangen nach dem Stoff zu befriedigen», erzählt Mauro Garzi und fährt fort: «Durch meine Sucht habe ich manche ‹Leiche› hinterlas­ sen.» Damit meint er Beziehungen, die in Brüche gingen, Schulden, die sich anhäuften, sowie Konflikte mit dem Arbeitgeber und dem Gesetz. Der Druck, der auf ihm lastete, wurde immer grösser. «Die Sucht bestimmte mein Leben.» Irgendwann hatten Eltern, 16

Geschwister und Verwandte die Nase voll von seinem Lebenswandel und der vergeblichen Liebesmüh, ihn davon abzubringen. Sie brachen den Kontakt zu ihm ab. Diese Entscheidung seiner Familie brachte Mauro Garzi, damals knapp dreissig, zur Besinnung. Der Griff nach dem neuen Leben Mauro unterzog sich einer Therapie, und mit Hilfe anderer Leute fing er an, sein Leben umzukrempeln. Das sei gar nicht einfach gewesen: «Plötzlich sah ich Hunderte von Varianten für meine Zukunft und musste Entscheidungen fällen bezüglich Beziehungen, Beruf und Freizeit – etwas, was ich ganz neu lernen musste.» In dieser Zeit half ihm am meisten, dass er im Glauben an Gott ein neues Fundament fand. Durch seine Entscheidung für Gott änderte sich sein ganzes Beziehungs­ netz. Zum neuen Umfeld gehörte auch Regula, seine heutige Frau. «Sie hat mir sehr geholfen, dranzubleiben und der Mensch zu werden, der ich heute bin.» Das Leben leben Mauro Garzi ist überzeugt: «Der freundschaftliche Druck anderer Menschen, aber auch ihre Hilfe sind wichtige Fak­

toren, um im Leben vorwärtszukom­ men.» Das gelte sowohl für damals, um von der Sucht wegzukommen, wie auch für heute in der Familie und im Beruf. Denn Kinder wollten erzogen, Umsatzzahlen erreicht sein. Entschei­ dend aber sei für ihn der Faktor Gott. «Wahrscheinlich kann ich heute des­ halb meist gelassen mit all den Anfor­ derungen des Lebens umgehen», meint Mauro Garzi und fährt fort: «Ich liebe aber auch Herausforderungen und die Spannung, ob mir etwas gelingt oder nicht, zum Beispiel, ob ich einen neuen Kunden gewinnen kann oder die Zah­ len Ende Jahr stimmen.» Für Mauro Garzi ist klar: Ohne die kon­ ventionelle Rollenverteilung mit Regula als Vollzeitmutter würde das nicht funk­tionieren. Dafür ist er dankbar und seine Frau mit ihrem «Business», wie sie es nennt, vollauf zufrieden. Die Chancen entdecken Wenn Mauro Garzi heute vor Problemen steht und Entscheidungen treffen muss, sind für ihn drei Punkte wichtig: die Fakten, der Rat anderer Menschen und das Gebet. So scheut er sich nicht, als Entscheidungshilfe Tipps von Freun­ den, Kunden und Vorgesetzten einzu­ holen. Wenn zum Beispiel ein Vertrag nicht zustande kommt, ruft er den Kunden an, damit er fürs nächste Mal etwas dazugelernt hat. Immer wieder zieht er sich auch zurück, um nachzu­ denken und mit Gott zu sprechen. Sei es beim Joggen, Spazieren oder auf den Autofahrten, die sich wegen seines Berufes häufig ergeben. Was würde er einem Menschen raten, der das Gefühl hat, das Leben habe ihn im Griff statt er das Leben? «Es ist wichtig, worauf man sein Augenmerk richtet. Darum richte den Blick nicht auf die Hindernisse in deinem Leben, sondern auf die Chancen, die darin zu entdecken sind.» cz 1|10

Jesus sie durch eine Tür hindurch aus ihrer inneren Gefangenschaft heraus­ führte. Ein kostbarer Moment, an den sie sich gerne erinnert.

In erster Linie kümmerte sich Ruth Meier um die Bedürfnisse und Erwartungen ihrer Familie. Doch dann erweiterte Gott ihre Grenzen.

rb. Vor ein paar Jahren war Ruth Meier auf dem besten Weg, sich auf das Ab­ stellgleis zu manövrieren, wie sie selber sagt. «Ich wurde älter und dachte, das sei‘s wohl gewesen; ich rechnete nicht damit, dass noch irgendetwas Neues auf mich warten würde.» Alleine nach Amerika Das änderte sich, als eine der beiden Töchter in der Nähe von San Francisco auf einer zweijährigen Bibelschule war. «Die Idee, meine Tochter zu be­ suchen, reizte mich und forderte mich gleichzeitig unheimlich heraus. Es war gar nicht meine Art, alleine so weit zu reisen und meinen Mann und den Sohn zu Hause zu lassen.» Bis anhin hatte sich Ruth Meier primär um die Erwartungen und Bedürfnisse ihrer Familie gekümmert. Was sie selber wollte, wusste sie nicht so genau: «Am ehesten wusste ich noch, was ich nicht wollte.» Doch dann entschloss sie sich zur cz 1|10

Reise über den Grossen Teich. Denn schon länger war sie dabei, Englisch zu lernen, und auch ihr Mann sowie ihre Freundinnen ermutigten sie zu dem Unternehmen. Ruth Meier er­ lebte auf Schritt und Tritt Gottes Für­ sorge. In Frankfurt zum Beispiel wurde sie von ihrer Sitznachbarin in die VIPLounge des Flughafens eingeladen. «Ich kam mir vor wie eine Prinzessin.» Heraus aus dem inneren Gefängnis Amerika wurde zum unvergesslichen Erlebnis. Während zwei Wochen war sie Gast der Bibelschule und besuchte die Veranstaltungen. «Die Predigten in­ spirierten mich sehr.» Während eines seelsorgerlichen Gebetes erlebte sie, wie Gott ihre innere Problematik an­ sprach und sie heilend berührte. «Es ging um meine Kindheit. Meine Mutter litt damals unter schweren Depressionen. Das überforderte uns als Familie, und ich begann schon früh, Verantwortung zu übernehmen. Später als Erwachsene überfiel mich immer wieder ein tiefes Gefühl der Einsam­ keit. Selbst wenn es dazu keinen aktu­ ellen Anlass gab und ich mit vertrauten Menschen zusammen war.» Nun konn­ te sie im Gebet sehen und erleben, wie

Überwinden und heil werden Trotzdem, sagt Ruth Meier, sei es für sie jedes Mal eine grosse Herausfor­ derung, sich auf solche inneren Hei­ lungsprozesse einzulassen. Fast zwan­ zig Jahre ist es nun her, dass ihr erster Sohn als Zweijähriger innerhalb von vierzehn Tagen an einer seltenen Viruserkrankung starb. Für die Familie ein unbegreiflicher und schmerzhafter Schicksalsschlag. «Mein Bild von Gott zerbrach damals, und alle meine selbstbezogenen Vorstellungen zerrannen wie Wasser im Sand», sagt Ruth Meier. Innerlich zerrissen, zeigte sie nach aussen möglichst nichts von ihrer Not. Bis sich eine Freundin traute, ihr einen Spiegel vorzuhalten. «Ich bin dankbar, dass sie mir auf den Kopf zusagte: ‹Du spielst etwas vor, du brauchst Hilfe.›» Bald darauf besuchte Ruth Meier eine Seelsorgewoche von «Mut zur Gemeinde». Hier hielt ihr eine Freundin die Hand hin und fragte sie, ob sie gesund werden wolle. «Im ersten Moment musste ich mich sehr über­ winden, meine Hand auszustrecken und ihre Hand zu ergreifen», erinnert sie sich. «In mir drin sträubte sich alles, und es fiel mir alles andere als leicht. Aber heute bin ich dankbar und frage mich manchmal, wo ich wäre, wenn ich mich nicht überwunden und diese Schritte gemacht hätte.» Ruth Meier hat gewagt und gewonnen. Die Angst vor dem nächsten Schritt hat ihre Macht verloren. Sie blickt zu­ versichtlich nach vorn: «Eines möchte ich – dass auch andere Menschen nicht nur von Gott hören, sondern ihn auch persönlich erfahren!» 17


selbstverantwortung | bei vielen menschen ist …

7 Schritte

«Bei vielen Menschen ist der eigene Wille ungenügend entwickelt».

Den Willen stärken 1. Nimm deinen Willen als Geschenk und anver­ trautes Gut aus Gottes Hand an. 2. Erkenne den Hauptstrom deiner Berufung: Welches sind deine Stärken? Was ist dein Herz? Dein Stil? Wer bist du «original» vor Gott? 3. Setze dort an, wo du spürst: Das will ich! Inve­ stiere dort und weite dieses Gebiet allmählich aus. 4. Gewöhne dir eine klare Ausdrucksweise an. Sag ja, wo du ja meinst, und nein, wo du nein meinst. Erkenne, wo du ausweichst, schaffe Klarheit und führe eine Entscheidung herbei. 5. Werde dir über die Konsequenzen deiner Ent­ scheidung klar. Entscheiden heisst immer wählen und verzichten. Beispiel: Wenn ich heirate bzw. wenn ich diesen Partner heirate, hat das die und die Konsequenzen für meinen Lebensstil. 6. Prüfe bei einer Entscheidung deine Überzeu­ gung: Will ich das von innen heraus? Aus welchem Motiv sage ich Ja oder Nein? 7. Nimm dir bei Anfragen von aussen Bedenkzeit. Kläre, was genau dein Beitrag ist. Finde deine Ent­ scheidung, indem du die Anfrage mit Gott und dei­ ner nächsten Bezugsperson besprichst.

Interview mit Rolf Lindenmann Wie kommen wir vom Gelebtwerden zum eigenständigen Handeln? Wie können wir eine gesunde Willenskraft entwickeln, wie es Gottes Absicht entspricht? Für den Lebensberater Rolf Lindenmann heisst der Schlüssel: Klarheit schaffen!

Interview von Peter Höhn Rolf, du wirkst immer ruhig, besonnen, ausgeglichen, aber auch wach, präsent, ein Mann, der weiss, was er will. Hast du schon immer gewusst, was du willst? Rolf Lindenmann: Ich bin generell kein unschlüssiger Mensch. Aber wichtig ist, dass mir über die Jahre die Ziel­ richtung meiner Berufung immer kla­ rer geworden ist. Ich lernte unterschei­ den, wann eine Aufgabe für mich dran ist und wann nicht. Es ist wie in der Farb- und Stilberatung: Wenn du dei­ nen Typ kennst, findest du schnell und sicher die Garderobe, die zu dir passt. So weiss auch jemand besser, was er im Leben will, wenn er den Haupt­ strom seiner Berufung kennt. Was ist der Hauptstrom deiner Berufung? Entdecken – Entwickeln – Ermutigen. Das bin «ich». Diese drei Worte drü­ cken aus, was ich im Grunde immer 18

und überall tue. Sie haben sich immer klarer herauskristallisiert und meinen Leitungsstil entscheidend geprägt. Gab es im Entdecken deiner Berufung ein Schlüsselerlebnis? Nicht im engeren Sinn, aber mich hat schon früh die Art und Weise faszi­ niert, wie Jesus mit Menschen umgeht, wie er sie entdeckt, wie er ihnen Wert und Würde gibt, sie entwickelt und ermutigt. Ich habe gespürt, dass mir das liegt. Meine Berufung hat sich mir auch durch positives Vergleichen mit anderen erschlossen: Dass ich lernte, über die Vielfalt der Menschen zu stau­ nen. Dass ich entdeckte, welch beson­ deren Beitrag ich im Unterschied zu anderen bringe. Das hat mir geholfen, auch anderen zu helfen, ihr Potenzial zu entdecken und zum Wohl des Gan­ zen zu nutzen. Das hat viel mit Selbstannahme zu tun? Ja, und dass ich verstehe, wer ich bin und wozu Gott mich geschaffen hat. Das erlebte ich, als ich mit 45 den Auf­ trag bekam, die Leitung des VBG-Werks zu übernehmen. Ich dachte, ich hätte dafür nicht das erforderliche Profil. In der Stille wurde mir dann klar: Lass dei­ ne Vorstellung eines Leiters los, der al­ les können und besser können muss als die anderen! - Das Wort «Ein guter Chef hat gute Mitarbeiter» wurde mir zur Leitlinie. Es half mir, zu meiner Art von Leitung zu stehen und mich darauf

zu konzentrieren, gute Mitarbeiter zu entwickeln. Die Berufung kennen ist das eine, der Berufung folgen wollen das andere. Warum tun sich viele mit dem Wollen so schwer? Bei vielen Menschen ist der eigene Wil­ le ungenügend oder einseitig entwi­ ckelt. Man hat gerade in christlichen Kreisen den Willen des Menschen oft miesgemacht. Es haben zum Beispiel immer andere gewusst, was man zu wollen hat. Die Folge ist, dass manche von sich denken: «Was ich will, ist grundsätzlich verdächtig.» Oder man hat seinen Willen nur auf den Sport, auf die Karriere oder auf falsch ver­ standene Nächstenliebe gerichtet, weil man glaubt, sich durch Leistung be­ weisen zu müssen. Der Wille ist da, aber auf falsche Ideale gerichtet? Ja, das sind oft tief eingegrabene, inne­ re Programme: «Ich muss besser sein als die anderen.» Oder: «Ich muss im­ mer verfügbar sein.» Dafür bezahlen wir einen hohen Preis, und der geht im­ mer auf Kosten von anderen oder von uns selbst. Oft in der Lebensmitte holt uns das ein, sei es in der Ehe, in der Familie oder am Arbeitsplatz. Der stei­ gende Leidensdruck kann uns aber hel­ fen hinzuschauen, in welchen Berei­ chen und weshalb wir unseren Willen bisher vernachlässigt haben und was jetzt an Korrektur notwendig wäre. cz 1|10

Oft wissen wir dann, dass «es so nicht mehr weitergehen kann», und wir wissen auch, was wir nicht mehr wollen. Aber wie kommen wir zu dem, was wir wirklich wollen? Ich gehe in der Beratung manchmal wie eine Hebamme vor, die etwas zur Geburt bringt, und frage die Menschen: Wo lebt es? Wo weisst du schon, was du willst? Fange dort an! Steh dazu. Und weite es aus! Konzen­ triere dich nicht darauf, was du soll­ test, sondern darauf, was du willst. Achte auf deine Sprache, wo du sagst, «ich sollte» oder «man sollte», und kläre, was du selbst wirklich willst. Schiele nicht nach den Unmöglich­ keiten, sondern nutze deine Möglich­ keiten. Und bitte Gott darum, dass er deinen Willen prägt und stärkt. Wie kann jemand, der es gerne «richtig» machen möchte, sicher sein, dass das, was er will, Gott auch will? Ein Schiff kann man nur steuern, wenn es fährt. So können wir nur im Gehen und Tun von Gott geführt werden. Aber Gott ist gnädig, und weil all un­ ser Erkennen ohnehin nur Stückwerk ist, dürfen wir üben und Fehler ma­ chen. Ein Kind, das um die Liebe weiss, kennt keine Angst. So dürfen wir ge­ lassen mit Gott leben. Wir müssen das Gewicht unserer Entscheidungen auch nicht überbewerten: Gott kann gut mit uns umgehen und sogar aus Feh­ lern noch Gutes werden lassen. cz 1|10

Wie prüfst du den Unterschied, ob jemand aus Mangel an Ausdauer immer wieder etwas Neues beginnt oder aus falsch verstandener Treue nicht loslassen kann? Es gibt keine Methode. Im Coaching schaue ich gerne mit jemandem seine Geschichte an: Ist Ausweichen oder ist Überverantwortung eine Konstante? Wie geht jemand generell mit Situatio­ nen um, in denen es nicht nach seinen Vorstellungen läuft? Wenn jemand seit Längerem im Beruf ansteht, müs­ sen wir natürlich nochmals breiter fragen: Welches sind deine Stärken, deine Träume von früher? In welche Richtung könnte es jetzt weitergehen, damit deine Berufung mehr zum Leben kommt?

Zur Person

Das kann dazu führen, dass mutige Entscheidungen nötig sind. Wie viel Risiko ist angemessen? Je nach Persönlichkeitstyp ist das unterschiedlich. Für den einen ist eine Aufgabe, ein Projekt oder eine Verantwortung angemessen, für den anderen ist sie zu gross. Ein wichti­ ger Prüfstein sind nahestehende Be­ zugspersonen, der Ehepartner oder enge Freunde. Wenn eine Entschei­ dung nach menschlichem Ermessen mit viel Risiko behaftet ist, dürfen wir erwarten, dass Gott umso deut­ licher spricht, entweder vor diesem Schritt warnt oder aber klare Bestä­ tigung gibt.

Rolf Lindenmann (71) war früher als promovierter Biologe in der Krebsforschung tätig. 1972 wurde er in die VBG-Arbeit berufen. Er leitete die Studieren­ denarbeit und ab 1983 das Gesamtwerk der VBG. 1996 trat er aus der Leitung zurück und ist bis heu­ te als Berater und Coach tätig. Rolf Lindenmann ist verheiratet und hat drei Töchter und neun Enkel. 19


selbstverantwortung | seinen einzigartigen …

Seinen einzigartigen Beitrag finden Wie Anne-Rose und Roland Kurth Entscheidungen treffen Roland und Anne-Rose Kurth – er als Leiter von Agape international und sie als Seelsorgerin – stehen oft in der Versuchung, für andere Menschen zu entscheiden und zu viel helfen zu wollen. Wir haben sie gefragt, wie sie mit dieser Spannung umgehen und wie sie selber gelernt haben, im Leben gute Entscheidungen zu treffen.

Johanna Schaller Russland. Die Warteschlange der Pastoren sowie Leiterinnen und Leiter, die Gebet und ein Wort von Gott su­ chen, ist fünfzig Personen lang – die Zeit aber ist kurz. Roland Kurth, der Leiter von Agape international, kann nicht lange überlegen. Einem nach dem andern gibt er seinen inneren Ein­ druck weiter und segnet die Person. Dann steht ein junger Mann vor ihm, und Roland Kurth hat keinen Eindruck. Eine peinliche Situation. Die Versu­ chung, auf eine allgemeine Wahrheit zurückzugreifen, ist gross. «Ich habe den Eindruck, sie brauchen eigentlich nichts, sie wissen alles», sagt er dem jungen Mann. Ein Teenagermädchen möchte wissen, ob ihr Freund der Rich­ tige sei, worauf Roland Kurth zurück­ fragt, was sie denn selber denke. «Ich denke, er ist es», antwortet sie.

Hilfreiche Fragen stellen Obwohl Roland Kurth immer wieder Rückmeldungen erhält, wie sehr sein Wort in die Situation hineingespro­ chen und die Person ermutigt habe, ist es ihm lieber, wenn er Zeit für ein

• Anne-Rose und Roland Kurth, hier auf dem Roten Platz in Moskau, arbeiten seit 1983 bei Campus für Christus Schweiz und leiten seit 2002 Agape international. 20

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längeres Gespräch unter vier Augen hat. Im Gespräch mit einer Mitarbei­ terin im Ausland fragt er zuerst sich selbst: «Was könnte ihr einzigartiger Beitrag sein? Doch ich sage zunächst einmal nicht, was ich denke, sondern stelle weitere Fragen. Das mindert das Risiko, dass ich etwas Seelisches wei­ tergebe», erzählt Roland Kurth. Für ihn ist wichtiger, als nur Antworten zu geben, gute Rückfragen zu stellen und die ratsuchende Person selber Lösungen vorschlagen zu lassen. «Ich glaube, dass du das kannst», sagt Ro­ land, als sich eine Lösung abzeichnet. Denn es sei das Stärkste, was man einem Menschen geben könne, wenn man für und an ihn glaube und ihn im Glauben trage.

Dialog mit Gott und sich selber Ähnlich geht auch in Anne-Rose Kurth vor, wenn sie eine Frau in der Beratung hat. Manchen Frauen, sagt sie, falle es schwer, Entscheidungen zu treffen und die richtigen Prioritäten zu setzen. Hier helfe eine einfache Liste auf Papier: – Welche Aufgaben können aus­ schliesslich von dieser Person getan werden?

– Was darf nicht vergessen werden? – Was ist wünschenswert, aber nicht unbedingt notwendig? «Viele Frauen müssen dazu ermutigt werden, herauszufinden, was denn eigentlich sie selbst wollen», erklärt Anne-Rose. Bei konkreten Fragen führt sie die Frauen behutsam dorthin, sel­ ber mit Gott in den Dialog zu treten und Antworten bei ihm zu finden. Manchmal hält sie gemeinsam mit ihnen eine Zeit der Stille oder leitet zu einem schriftlichen Dialog mit Jesus an: Beide stellen Jesus dieselbe «heisse» Frage, schreiben sie auf und ebenso alle folgenden Gedanken.1 «Das Ergeb­ nis ist immer wieder überwältigend, weil die beiden Dialoge inhaltlich oft sehr nahe beieinander sind. Frauen werden auf diese Weise in ihrem persönlichen Glauben ermutigt und gestärkt, sie bekommen Trost, Weg­ leitung und Klarheit.» Mit den Men­ schen üben, auf Gott zu hören, ihre eigenen Bedürfnisse zu erkennen und die nächsten Schritte zum Leben oder zur Versöhnung zu sehen, sind für

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Vgl. dazu auch Seite 10.

• Lange Warteschlange von Pastoren sowie Leiterinnen und Leitern, die Gebet und ein Wort von Gott suchen.

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Anne-Rose selbst äusserst wertvolle Erfahrungen.

Jeder erlebt Gott anders Für ihre je eigenen Entscheidungen gehen Roland und Anne-Rose unter­ schiedlich vor: Anne-Rose sucht den Dialog mit Gott, indem sie ihm ehrlich alle Gefühle und Gedanken formuliert. Antworten findet sie während der stillen Zeit, beim Spazieren oder beim Bibellesen. Als eine Person sie vor kurzem mit einer Forderung kon­ frontiert, ist sie sehr aufgewühlt. Roland sagt ihr, sie müsse nicht auf die Forderung einsteigen, doch sein Rat erleichtert ihre Seele nicht. Sie überlegt und fragt sich, wen sie um weiteren Rat fragen könne, bis sie sich entschliesst, die Antwort in der Bibel zu suchen. «Bitte, Jesus, gib mir Weg­ weisung, vorher unternehme ich nichts», betet sie. Im Buch Ruth fin­ det sie gleich zwei Bibelstellen, die

klar in ihre Situation reden und ihr in­ nere Ruhe und Friede verschaffen. Ein besonderes Geschenk ist für Anne-Ro­ se, wenn die Nähe Gottes spürbar wird. «Ich erfahre Gottes Gegenwart häufig im Gebet, auffallend oft, wenn es um das Thema Vergebung geht, sei es bei anderen Menschen oder auch bei mir selbst.» Unvergesslich sind ihr auch die Momente mit sterbenden Men­ schen. «Ich möchte immer für die Lei­ tung Gottes offen sein, für die Winke und die sanfte Stimme des Heiligen Geistes, damit ich mehr und mehr von Jesus geprägt bin und sein Wille geschehen kann.» Roland erlebt Gott auf andere Wei­ se: «Seit vielen Jahren», erzählt er, «kommt Jesus jeden Morgen, wenn ich aufwache, an mein Bett und sagt: ‹Roland, komm, ich brauch dich heu­ te› – und nicht ich gehe zu ihm.» Er müsse Gott nicht «her-beten» oder

«her-bibellesen». Sein kindlicher Glaube gebe ihm die Gewissheit, dass Gott immer da sei. «Aus dieser Gewissheit heraus fällt es mir leicht, das zu akzeptieren, was dann tags­ über geschieht, und gut darauf zu reagieren», erklärt er.

Die Bibel thematisch studieren Im Gegensatz zu Anne-Rose, die das Leben aus der regelmässigen Stille, dem Bibellesen und dem Her­ zensdialog mit Gott heraus angeht, ist Rolands Zugang zu Gott und seinem Wort «erdverbundener». Früher habe er die Losungen gele­sen, erzählt er, doch er habe sie gleich darauf wieder vergessen und deswegen ein schlechtes Gewissen gehabt. «Seit etwa zehn Jahren», er­ zählt er, «gibt es während der Arbeit jedoch immer wieder Situationen, die Betroffenheit bei mir auslösen und eine Lösung erfordern.» Aus

dieser Betroffenheit heraus fange er an, die Bibel zu studieren. Verschie­ dene Themen fügten sich mit der Zeit zusammen, und es entstand bei sei­ nem Bibellesen immer mehr ein roter Faden. Wenn Roland unterwegs ist, spricht er bei seinen Predigten oft über ein solches Monats- oder Jahres­ thema.

Was ist mein Beitrag? Sowohl Anne-Rose als auch Roland fin­ den es hilfreich, ihren eigenen, einzig­ artigen Beitrag in einer Situation oder für eine Person zu suchen und das zu tun, was sonst niemand anders tun könnte. Ob es sich nun um ihre eige­ nen Kinder oder Grosskinder handelt, um eine spontane Begegnung im All­ tag oder um einen beruflichen Ent­ scheid, die Frage «Habe ich einen Bei­ trag? Und wenn ja, was ist hier mein einzigartiger Beitrag?» hat schon zu vielen Lösungen beigetragen.

Richtig auf Probleme reagieren Dennoch erlebten sie immer wieder Probleme, für die es keine einfachen, raschen Lösungen gebe, erklärt Roland. Das Problem sei jedoch selten das Pro­ blem, sondern wie man damit umgehe. Er erzählt von einer Dienstsituation im Ausland: Eine Person hatte ihn in einer Art und Weise behandelt, die nach westlichen Massstäben unhaltbar war. Wie sollte er richtig reagieren? «Jede Begegnung gestaltete sich schwierig», erzählt er, «immer war ich es, der die Barriere überwinden musste.» In der Bibel suchte Roland nach einer Ant­wort auf die Situation. Im Lesen von 1. Mose 3 ging ihm neu auf, dass Tren­ nung zwar nicht gut ist, aber dennoch der Realität entspricht. «Es wurde mir aber auch bewusst, dass immer wieder Licht in die Finsternis und Gutes ins Böse eingebrochen ist. Genauso kam

• Zurückfragen: «Was denkst du selber?» Roland Kurth im Gespräch mit einer russischen Mitarbeiterin. 22

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Jesus und hat die Geschichte verän­ dert.» Diese Bilder helfen Roland, die Reaktion dieser Person zu verstehen, wenn er sie auch nicht gutheissen kann. «Negative Energie in positive umzuwandeln, Hass in Liebe, Ableh­ nung in Annahme ist die eigentliche Herausforderung», sagt Roland Kurth und fügt an, dass Jesus uns lehren möchte, so wie das Maria unter dem Kreuz getan habe, Schmerz auszuhal­ ten und ihn nicht weiterzugeben.

Nach der Frucht fragen Rolands Stärke ist das Umsetzen. «Gott hat mir eine Menge Energie ge­ geben», sagt er. Auf die Frage, wo er seine Energie gut eingesetzt habe und wo nicht, antwortet er: «Es ist schwie­ rig, das selber zu beurteilen. Unsere Energie bewirkt nicht entweder Gutes oder Schlechtes, es wächst immer so­ wohl Weizen als auch Unkraut.» Viel wichtiger sei es, nach der Frucht zu fragen. Helfen wollen könne neue Pro­ bleme schaffen, und es sei etwas vom Schwierigsten, «Gutes» zu tun und den Schaden nicht zu vergrössern.

Wichtige Entscheidungskriterien In den sieben Jahren seiner Leitung von Agape international hat Roland Kurth viel Erfahrung gesammelt, die ihm heute als Entscheidungshilfe dient. «Gott führt mich in Situatio­nen, die mich betroffen machen, und die Bibel sagt, dass dort, wo ich betroffen bin, auch mein ‹Nächster› ist», erklärt Roland Kurth. Für ihn sei die Zusam­ menarbeit mit einem Team von Freun­ den, die dieselbe Betroffenheit teilten, absolut wichtig. Zweitens seien ein Schlüssel für die Arbeit von Agape international nicht Businesspläne, sondern hingegebene Menschen vor Ort. Wir können nur dort arbeiten, wo eine Person verfüg­

bar ist, wenn möglich vor Ort, die am Ende die Arbeit tut. «Drittens wollen wir nichts Neues star­ ten, sondern das unterstützen, was bereits da ist», sagt Roland Kurth und erzählt ein Beispiel: Wenn behinderte Menschen in Russland keine intakte Familie im Hintergrund hätten, gäbe es kein soziales Netz für sie. Er habe vor Jahren drei Frauen getroffen, die je ein behindertes Kind hatten und sich so miteinander organisierten, dass immer zwei Frauen zur Arbeit gehen konnten. Hier war dann auch etwas vorhanden, auf das Agape in­ ternational aufbauen konnte: Aus be­ scheidenen Anfängen wuchs die Arbeit zu einem Behindertenheim, das heute von einer russischen Firma betreut und finanziert wird. Viertens sei ein wichtiger Punkt die Multiplikation. Wenn eine Metzgerei guten Umsatz mache, sei es manch­ mal besser, eine neue Filiale in einem anderen Stadtteil aufzubauen als die Metzgerei zu vergrössern, das schaffe mehr Arbeitsplätze. Fünftens versucht Agape international in Ländern tätig zu sein, die nicht im Fokus der Weltöffentlichkeit stehen; das habe sich in der Vergangenheit bei Entscheidungen als hilfreich erwiesen. Treue und Nachhaltigkeit sind wei­ tere Werte, für die Agape bekannt ist. «Wir kommen später, aber wir bleiben länger», so hat Roland Kurth das ein­ mal seinem damals 15-jährigen Sohn erklärt. Privat hält sich Roland Kurth an die Re­ gel, dass er nur etwas Neues anfangen kann, wenn er mit etwas Altem auf­ hört. «Je näher wir an unserer persön­ lichen Geschichte dran sind und an dem, was Gott mit uns tun möchte, desto weniger werden wir müde dabei», sagt er zum Schluss. 23


selbstverantwortung | leiter müssen zum …

«Leiter müssen zum Führen kommen!»

Warren Bennis unterscheidet den Manager (Leiter/Verwalter) vom Leader (Führer) und setzt die Haltungen und Tätigkeiten des Leitens und Führens einander gegenüber:

Interview mit Daniel Zindel

Leitung

Daniel Zindel leitet die Stiftung Gott hilft mit rund 300 Mitarbeitenden. Für ihn, so betont er im Gespräch mit seinem Bruder, hat Selbstverantwortung entscheidend mit geistlicher Fitness zu tun. Selbstverantwortung ist die Voraussetzung, damit Leiter nicht einfach verwalten, sondern zu dem führen, was Gott vorbereitet hat.

Interview: Thomas Zindel CZ: Daniel, was gehört für dich zum Selbstverantwortungs-Einmaleins eines Leiters? Dass sie nicht vergessen geht! Die Last der Verantwortung und das Wahr­ nehmen der Leiterrolle nach aussen lenken die Sicht oft einseitig auf die Funktion und die Leistung des Lei­ters. Für mich als Leiter ist es jedoch wichtig, dass ich nicht nur den Auf­trag, sondern auch mich selbst, meine Stärken bzw. meine Schwächen und Bedürfnisse kenne. Was zählt zu deinen ausgesprochenen Stärken als Leiter? Ich sehe drei Dinge: Ich bin neugierig – ich lese die Jahresabschlüsse unserer Betriebe, Gesetzesbestimmungen im Sozialbereich, den Römerbrief auf Griechisch, Protokolle unserer afrika­ nischen Mitarbeitenden in Englisch und finde alles interessant. Zum Zwei­ ten: Ich kann Zusammenhänge relativ schnell erfassen, vermag Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden und habe gelegentlich einen Riecher dafür, was von Gottes Geist getrieben 24

und was lediglich vom Zeitgeist her trendig daherkommt. Zum Dritten: Ich kann Sache und Beziehung tren­nen unter dem Motto: «Behandle Sach­liches persönlich und Persönliches sachlich.» Und deine Schwächen? Zu meinen Schwächen gehören: Men­ schenfurcht, Distanziertheit und Weichheit. Erstere äussert sich darin, dass es mir nicht egal ist, wie Men­ schen auf unsere Entscheidungen re­ agieren. Ich frage mich vielleicht zu häufig: «Wie kommt das wohl an?» Ich spreche dann nicht immer Klartext, vermeide möglicherweise notwen­ dige Konflikte. Manche nennen mich im guten Sinne «diplomatisch». Nach meiner eigenen Einschätzung tendiere ich aber zu fest auf Ausgleich und Har­ monie. Mir fehlt zweitens die Gabe der Geselligkeit; ich ziehe mich gern zu­ rück, an Stehempfängen «fremde» ich und entwickle Dinge lieber allein als im Team. Drittens mangelt es mir gele­ gentlich an Beharrlichkeit. Wie gehst du mit dieser Spannung um, Menschen gefallen zu wollen

Zur Person

Manager oder Leader?

und Dinge doch lieber allein zu entwickeln? Mir ist natürlich klar: Als Leiter ist es meine Verantwortung, mich durch ein Team ergänzen zu lassen. Von meinen Begabungen her bin ich auf vielen Ge­ bieten ziemlich gut, aber nirgends spit­ ze. Was früher im Pfarramt als Allein­ zehnkämpfer möglich war, kann ich heute nur im Team interdisziplinär lö­ sen. Ich brauche den Finanz- und Bau­ fachmann, den Pädagogen, den Grafi­ ker, den IT-Spezialisten. Der Schlüssel zu meiner heute stark verbesserten Er­ gänzungsfähigkeit und Ergänzungsbe­ dürftigkeit liegt aber woanders: Meine Ehe war mir in dieser Hinsicht ein Trai­ ningscamp. Ich erlebte in den ersten zehn Jahren meine Frau als Bedrohung und grenzte mich stark von ihr ab («Das ist mein Business!»). Eines Tages ist mir aufgegangen, dass Gott unsere Unter­ schiedlichkeit, die uns so bedrohlich vorkam, eigentlich koordinieren könnte. Wir machten ermutigende Erfahrungen, die sich heute auch auf meinen Füh­ rungsstil auswirken. Heute erlebe ich im Beruf als erfahrener, «alter» Leiter, wie mich junge Leiter und Fachkräfte auf geniale Art und Weise ergänzen. cz 1|10

verwaltet • erhält • konzentriert sich auf • Systeme und Strukturen verlässt sich auf Kontrolle • denkt kurzfristig • fragt wie und wann • hält sein Auge auf die Bilanz • akzeptiert den Status quo • ist der klassische gute Soldat • macht die Dinge richtig •

Führung • erneuert • entwickelt • konzentriert sich auf Menschen • erweckt Vertrauen • denkt langfristig • fragt was und warum • behält den Horizont im Auge • fordert den Status quo heraus • ist ganz sich selbst • macht die richtigen Dinge

Aus: Bennis, Warren; Nanus, Burt: Führungskräfte. Die vier Schlüsselstrategien erfolgreichen Führens. München: Heyne-Verlag 1996, 978-3-453099159.

Und doch ist ein Leiter auch einsam: Ist er nicht letztlich alleine dafür verantwortlich, dass es in die richtige Richtung geht? Tatsächlich ist das Übernehmen von Führungsverantwortung der beste Weg, um von Gott abhängig zu wer­ den und seine Weisheit und Lösungs­ ansätze zu erbitten. Als Leiter müs­ sen wir lernen, die Stimme Gottes zu hören und gleichzeitig gute Leute um uns zu scharen, die uns eines Tages welche Freude! - überflügeln werden. Dies lässt uns in Dankbarkeit und De­ mut wachsen. Beim Führen verlässt du immer wieder die Komfortzone des sicheren Bootes und trittst auf das Wasser. Führen hat mit Los­ lassen zu tun, mit Glauben, mit Hoff­ nung. Das sind alles Haltungen, die der Heilige Geist in uns wachsen lässt. cz 1|10

Daniel Zindel, geboren 1958, ist Theo­loge und leitet die Stiftung Gott hilft (www.gotthilft.ch), ein christliches Sozialwerk mit 300 Mit­ arbeitenden in verschiedenen Tätig­ keitsfeldern (pädagogische Betriebe, sozialpädagogische Ausbildung, Beratung, Seelsorge, Verkündigung, Entwicklungsprojekte für Aids-Wai­ sen in Uganda, Erholungs- und Ferien­angebote und Altersarbeit).

Führen heisst in dem laufen, was Gott schon vorbereitet hat: «Wir sind sein Werk, bestimmt zu guten Taten, die Gott im Voraus schon vorbereitet hat» (Epheser 2,10). Wie gelingt es dir, wohltuende Distanz zu gewinnen, um die vorbereiteten Werke Gottes zu erkennen? Das Beispiel von Mose, wie er auf dem Berg für Josua betete, während dieser in der Ebene Krieg führte, ist mir zum inneren Bild geworden. Ich nehme mir bewusst Zeiten, in denen ich mein Tagebuch und das Neue Testament in den Rucksack packe und mich für ei­ nen halben oder ganzen Tag in die Berge absetze. Ich bete dann für An­ liegen und Menschen. Oder ich breite vor Gott irgendeine Frage aus: «Gott, das sind meine Gedanken, unsere

Daniel Zindel ist verheiratet und Vater von vier erwachsenen Kin­ dern. Nebenberuflich ist er auch in der Beratung tätig und Autor ver­ schiedener Bücher zu Leiterschafts­ themen.

www.gotthilft.ch

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selbstverantwortung | gottes willen …

Konzepte, wie denkst du darüber?» Ich mache mir No­ tizen, zeichne Konzepte und Strategien. Dann ruhe ich aus: Ich sammle Pilze, koche ein Risotto auf dem Feuer, öffne ein Fläschchen Wein, rauche meine Pfei­ fe. Dann schreibe ich wieder, lese in der Bibel, wande­ re mit vielen Ideen und einigen Zielformulierungen im Rucksack ins Tal zurück ... Das sind aussergewöhnliche Momente. Doch dann kommt der Alltag, und plötzlich wird man wieder vom Tagesgeschäft überschwemmt. Das ist tatsächlich etwas vom Schwierigsten, Feier­ abend zu machen, wenn es nichts zu feiern gibt und nur Unfertiges und Ungelöstes zurückbleibt. Aber auch hier darf ich mich als Leiter ganz von Gott abhän­ gig machen. Mir hilft zum einen die Erfahrung: Man­ che Dinge erledigen sich selbst. Zum anderen weiss ich heute auch, dass sich mit den Fragen von mor­ gen auch die Antworten von morgen einstellen wer­ den – ich muss nicht heute alles lösen. Deshalb darf ich mich immer wieder von der Fülle des Alltagsklein­ krams verabschieden: A Dieu – ich befehle jetzt alles Gott an. Morgen ist ein neuer Tag. Das klingt einfach: Man muss nur das grössere Ziel vor Augen halten und im Tagesgeschäft gelassen bleiben. Ich stelle aber fest, dass das vielen schwerfällt, nicht zuletzt dort, wo es um geistliche Leitungsverantwortung geht. Über mögliche Gründe kann ich nur spekulieren. Aber nur um ein Beispiel zu nennen: Da kommt ein Leitungs­team um 20 Uhr nach einem zehnstündigen Arbeitstag zusammen. Alle sind überlastet und haben schon viel anderes auf dem Buckel. Ist es da nicht lo­ gisch, dass man leichter verwaltet als erneuert? Man erledigt kurzfristig, was anfällt. Man bewegt sich in den bekannten Strukturen und Systemen. Auf der Ameisenstrasse läuft es sich leichter. Je müder, desto operativer. Wer in Leitungsverantwortung steht, muss jedoch dafür sorgen, dass er nicht nur verwaltet, sondern auch führt. Ich halte mich hier gerne an den angel­ sächsischen Ansatz, der zwischen Management und Leadership unterscheidet (vgl. Kasten «Manager oder Leader» auf Seite 25). Leader – Führungskräfte – bewegen. Das ist ihre Auf­ gabe, und dazu müssen sie bereit sein. Sie lösen Ver­ änderungsprozesse aus, die verunsichern und irritie­ ren. Sie gehen Risiken ein, machen Fehler. Die Basis gibt zu allem den Senf dazu und hätte es (im Nachhi­ nein) eh besser gemacht. Da ist es einfacher, sich an Traditionen zu orientieren. Dabei sind diese nur wie 26

Laternenpfähle, die das Licht tragen und den Weg beleuchten – aber nur Betrunkene halten sich daran fest. Führen heisst immer wieder loslassen, nach vorne blicken und dann auch gehen? Ja, und vor allem auch nach oben bli­ cken. Selbstverantwortung als Leader hat viel mit geistlicher Fitness zu tun, aber nicht mit einer, die aus dem im­ mer gleichen religiösen Repertoire schöpft. Unsere lokalen geistlichen Datenträger, unsere Erfahrungen von gestern genügen nicht. Wir brauchen

den Zugang zum himmlischen Zentral­ server, und den müssen wir immer wie­ der neu nutzen. Ich komme ständig in Situationen, in denen ich es nicht weiss und nicht kann. Diese Ohnmacht und Spannung zuzulassen generiert Leader und Leadership. «Wir wissen nicht, was wir tun sollen, aber auf dich sind unsere Augen gerichtet» (2. Chro­ nik 20,12). Ich sage dann zu Gott: «Du bist die Kreativität der Kreativität. Schenke mir Impulse deines Heiligen Geistes (Veni Creator Spiritus – Komm, Schöpfer Geist!). Da sind wir im Zen­ trum der Selbstverantwortung.»

Bücher von Daniel Zindel Geistesgegenwärtig führen - Spiritualität und Management

Gottes Willen «aus der Seele» tun? Zwei altbekannte Bibelstellen neu betrachtet Dass wir Gottes Willen suchen und tun sollen, scheint den meisten Christen klar zu sein. Wie wir diesen Willen Gottes tun sollen, dazu gibt es zwei interessante Stellen im Neuen Testament. Leider sind sie meist nicht korrekt übersetzt.

Andrea-Giorgio Xandry Es geht um Epheser 6,6 und Kolosser 3,23. Hier schreiben die meisten Bibelübersetzun­ gen: «... tut Gottes Wille von Herzen» bzw. «... arbeitet (oder wirkt) von Herzen als dem Herrn und nicht den Menschen». Im griechi­ schen Grundtext steht jedoch nicht das Wort «Herz» («kardia»), sondern «Seele» («psyche»). Paulus betont in diesen beiden Aussagen, dass das Tun des Gotteswillens mit der Seele des Menschen übereinstimmen soll. Wie ist das zu verstehen?

Dieses Buch ist eine Anleitung für Män­ ner und Frauen mit Leitungsverantwor­ tung – in Gemeinde und Kirche oder im christlichen Umfeld. Es richtet sich an all jene, die den Berufsalltag nicht vom Glauben trennen wollen, sondern Füh­ rungshandwerk und persönliche Intui­ tion mit göttlicher Inspiration verknüp­ fen möchten. «Eins der besten Bücher zum Thema - die längst überfällige Kor­ rektur der vielfach oberflächlichen Aus­ führungen, die Managementprinzipien unreflektiert auf christliche Organisa­ tionen übertragen» («Aufatmen»). Erschienen im Neufeld Verlag 2009, ISBN 978-3-937896-72-4.

In Beziehungen die Gefühle beachten Aus der alttestamentlichen Übersetzung des Begriffs scheint eines klar hervorzugehen: Der Charakter, das Wesen eines Lebewesens prägt sich in der Seele aus, in seinem Denken, Empfinden, Wollen.

Lieben, leiten, leben – das Ehebuch für Führungskräfte

Beziehen wir das auf die oben erwähnten Bibelstellen in ihrem Textzusammenhang, sehen wir, dass Paulus unsere zwischenmenschli­ chen Beziehungen im Blick hat: Frauen mit Männern und Männer mit Frauen, Kinder mit den Eltern und die Väter mit den Kindern so­ wie «die Knechte mit den Herren» – im mo­ derneren Sinne «die Angestellten mit den Chefs». Meiner Ansicht nach geht es somit darum, dass wir die feinfühligen, seelischen Zusammenhänge im zwischenmenschlichen Umgang beachten, und darum, dass wir auch darin den Willen Gottes erkennen sollen. Natürlich sollen wir auch «aus dem Herzen

Kompetent und ehrlich schildern Daniel und Käthi Zindel-Weber die Chancen und Risiken von «Führungs­ ehen» und berichten dabei auch von ihren eigenen Erfahrungen. Die Mischung aus praktischen Impul­ sen und tiefen Inspirationen fasziniert – verbunden mit der steten Einladung, Gott mit ins Boot zu holen. Erschienen im Neufeld Verlag 2010, ISBN 978-3-937896-89-2.

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heraus» arbeiten bzw. miteinander umgehen. Das Herz ist jedoch gemäss biblischer Sym­ bolik der Sitz der Entscheidungen. Wenn wir uns nun in Beziehungsfragen nur entschei­ dungsmässig ausrichten würden, kämen wir nicht weit. Wenn wir dagegen «aus der Seele heraus» arbeiten und unsere Beziehungen gestalten, heisst das, dass wir durchaus «ge­ fühlsmässig» handeln dürfen und sollen. Ei­ nerseits soll ich in Bezug auf meine Empfindungen und Gefühle achtsam sein, auch Transparenz und Echtheit zeigen. Anderer­ seits soll ich danach trachten, den Mitmen­ schen mit seiner Empfindungswelt zu erfas­ sen, nicht nur seine Gedanken zu verstehen, sondern auch seine Gefühle nachzuvollzie­ hen. Und dann so zu handeln, wie ich Gottes Willen im Hinblick darauf verstehe. Wenn ich dies in einer mir persönlich und meiner Um­ welt angepassten Weise tue, dann lebe ich gesunde Beziehungen.

Unsere Seele nicht überhitzen Interessante Einblicke bekommen wir auch, wenn wir beachten, dass im griechischen Urtext des Neuen Testamentes für Seele «psyche» steht, was wörtlich übersetzt «die Kühle» heisst. Das Wort wird vom Verb «psy­ choo» abgeleitet, zu Deutsch «hauchen«, «atmen», «kühlen», «erkalten». Geistlich ge­ sprochen könnte man sagen: Unsere Seele braucht eine gesunde «Temperatur», um gut funktionieren zu können. Der Zeitgeist heu­ te überhitzt jedoch die Menschen. Immer schneller drehen sich die Räder der Arbeit, der Informationen und des Verkehrs, auch des Vergnügens, des Sports und des äusse­ ren Tages- und Nachtablaufs. Es wird immer schwieriger, Ruhe zu finden. «Aus der Seele Gottes Willen tun» heisst dann, dass wir den «Kühler» nicht überhitzen, dass wir auf unser optimales Lebenstempo achten, dass wir nicht über unser Mass hinausgehen. Viele von uns haben sich schon mit ihrem Persönlichkeitstyp auseinandergesetzt. 27

Zur Person

Andrea-Giorgio Xandry, Jahrgang 1944, verheiratet mit Eva, fünf erwachsene Kin­ der, Kunststudium, sieben Jahre Werbe­ agentur, zwanzig Jahre Pastor. Heute tätig als Mentor, Bibel- und Griechischlehrer.

Gerne nehme ich Vergleiche aus dem Tierreich: Vom Kolibri bis zum Faultier findet jedes Le­ benstempo seinen Platz in der Schöpfung. So ist es auch mit der menschlichen Seele. Ich muss lernen, zu meinem Tempo zu stehen, auch wenn ich morgens wie ein Faultier und abends eher wie ein Kolibri funktioniere. Wenn ich dies unbeachtet lasse oder unbe­ dingt anders «ticken» möchte, verletze ich mein Lebensmuster und werde aus der gesun­ den Stressnorm gerissen. Etwas Stress ist nö­ tig, sonst erbringen wir keine Leistung. Aber ein Zuviel oder Zuwenig ist ungesund. Hier kann ein Coaching mit einem Mentor Abhilfe schaffen. Oder sich von einem Freund beraten lassen. Oder gar – bei schwereren Vergehen gegen sich selbst und andere – wieder einmal beichten gehen! Kurz: Wichtig ist, auf die Beschaffenheit, die Kapazität und die Kraft unserer Seele zu ach­ ten und somit das ideale Lebenstempo immer wieder zu finden. Ein ausführliches Bibelstudium mit weiteren Einsichten zum Thema «Seele» finden Sie auf www.xandry.ch.


selbstverantwortung | leben ist arbeit und ruhe

Leben ist Arbeit und Ruhe Im Rhythmus 6:1 Echtes Leben, lohnendes Leben, fruchtbares Leben steht in engstem Zusammenhang mit dem Rhythmus von Arbeit und Ruhe. Ein Plädoyer für die Ruhetagsheiligung als Förderer des Lebens. • Zur Arbeit gehört es auch, die Ruhe einzuplanen.

Der arbeitende und ruhende Gott

Jens Kaldewey «Und Gott vollendete am siebten Tag sein Werk, das er gemacht hatte; und er ruhte am siebten Tag von all seinem Werk, das er gemacht hatte. Und Gott segnete den siebten Tag und heiligte ihn; denn an ihm ruhte er von all sei­ nem Werk, das Gott geschaffen hatte, indem er es machte» (1. Mose 2,2-3).

Zur Person

Jens Kaldewey absolvierte nach dem Abitur (Maturität) in Bremen die Ausbildung zum diplomierten Krankenpfleger. Anschliessend stu­ dierte er an der STH evangelische Theologie. Seit 1998 steht er in einem vorwiegend übergemeind­ lichen Lehr- und Beratungsdienst. Jens Kaldewey ist verheiratet und hat vier erwachsene Kinder. www.jenskaldewey.ch

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Gott ist das Leben schlechthin. Gott ist Ursprung, Quelle und Initiant allen Le­ bens! Von ihm lesen wir: «... Du öffnest deine Hand, und sie alle werden satt. (...) Wenn du den Lebens­ hauch zurücknimmst, kommen sie um und werden zu Staub. Schickst du aufs Neue deinen Atem, so entsteht wieder Leben. Du erneuerst das Gesicht der Erde (Psalm 104,28-30). «Ehe die Berge geboren waren und du die Erde und die Welt erschaffen hat­ test, von Ewigkeit zu Ewigkeit bist du, Gott» (Psalm 90,2). Dieser Gott, der «allein Unsterblich­ keit hat» (1. Timotheus 6,16), hat ge­ ruht! Nachdem er sechs «Tage» (Zeit­ abschnitte, Schöpfungsperioden) gearbeitet hatte, ruhte er sich erst einmal aus.

Die siebte Zeit Hier ist von einem Rhythmus die Rede, in dem Gott, der Schöpfer und Erhalter aller Dinge, selber lebt. Diesen Rhyth­ mus hat er dann der Schöpfung auf­ geprägt: «Und Gott segnete den siebten Tag und heiligte ihn», weil er selbst am siebten Tag «ruhte von all seinem Werk». Diese Heiligung des Ruhe­tags, des Sabbats, ist nicht die Heili­ gung von «Samstag» oder «Sonntag»,

sondern die Heiligung des siebten Ta­ ges, der siebten Zeit, des siebten Zeit­ anteils nach sechs Zeitanteilen Arbeit – einer Zeit des Ausruhens, der Erho­ lung und Entspannung. Später gab es dann in den Zehn Geboten, dem Kern­ gesetz Israels, der Liste der grundle­ genden Gebote Gottes, eine spezielle, sehr kluge Ausführungsbestimmung dieser ursprünglichen, am Anfang der Schöpfung festgelegten Heiligung und Segnung der siebten Zeit: «Denke an den Ruhetag, um ihn heilig zu halten. Sechs Tage sollst du arbei­ ten und all deine Arbeit tun, aber der siebte Tag ist Ruhetag für den HERRN, deinen Gott. Du sollst an ihm keinerlei Arbeit tun, du und dein Sohn und dei­ ne Tochter, dein Knecht und deine Magd und dein Vieh und der Fremde bei dir, der innerhalb deiner Tore wohnt. Denn in sechs Tagen hat der HERR den Himmel und die Erde ge­ macht, das Meer und alles, was in ih­ nen ist, und er ruhte am siebten Tag; darum segnete der HERR den Ruhetag und heiligte ihn» (2. Mose 20,8-11).

Sich in den ewigen Rhythmus einklinken Eine sehr kluge, barmherzige Bestim­ mung, die dem göttlichen Rhythmus (sechs Teile Arbeit und ein Teil Ruhe) menschlich-irdisch-kulturellen Aus­ cz 1|10

druck gab. So konnte sich der Mensch daran gewöhnen. So konnte er sich einklinken in diesen ewigen Rhythmus des göttlichen Lebens und seine Seg­ nungen erfahren. Es ist nicht für uns alle möglich, buch­ stabengetreu einen 24-Stunden-Tag pro Woche herauszunehmen und als Ruhetag zu heiligen. Wie soll das eine Mutter mit vier Kindern auch schaffen?! Was wir aber können und sollen, ist, unser Leben einem Rhythmus von 6:1 zu unterwerfen, der zumindest nahe an die Ausführungsbestimmung der Zehn Gebote herankommt. Zwei halbe Tage die Woche? Zwei Tage vierzehn­ täglich? Seien wir kreativ – und kon­ sequent. Denn es geht hier ja um Gott selbst!

Der Tanz des Lebens Auch bei jedem einzelnen Tag ist dieser Rhythmus angeraten, indem man klei­ ne, aber bewusste und klare Pausen einlegt. Bei mir als Frühaufsteher ist das eine genussvolle Frühstückspau­ se mit einer guten Zeitung zwischen 8 und 9 Uhr und, wenn immer mög­ lich, gegen 12.30 Uhr ein Snack und ei­ ne Tasse Kaffee bei meiner Frau in ih­ rer Praxis. Im Jahresplan schlägt sich bei mir die siebte Zeit nieder in min­ destens einer Woche begleiteter Stille ganz für mich allein, unabhängig von cz 1|10

den anderen Ferien. 6:1, 6:1, 6:1 – das sind keine mathematischen Grössen. Bitte nicht anfangen, auf die Minute zu rechnen! Es ist vielmehr der Tanz des Lebens. So funktioniert das Leben! Gott hat dem Menschen diesen Rhyth­mus eingeprägt, aufgeprägt. Dieser Rhythmus hat in ihm selbst seinen Ursprung! Wenn wir dagegen verstossen, wollen wir mehr arbeiten als Gott und weisen seine ausdrückliche Heiligung der siebten Zeit zurück. Wenn Gott sich diese Zeit leisten konnte, können auch wir sie uns leisten. Wenn Gott sie für sich als nötig erachtete, wie viel mehr brauchen wir diese Zeit. Mach mal Pause! Diese Pause aber ist von der Arbeit nicht zu trennen. Beide, die Ar­ beit und die Pause, leben füreinander und voneinander.

Der verfälschte Rhythmus – Sechs Tage sollst du arbeiten und all deine Arbeit tun, – aber der siebte Tag ist Ruhetag – für den HERRN, deinen Gott. Der Mensch in seinem Wahn verzerrt und verfälscht diesen Rhythmus nun nach zwei Seiten hin. Er verlängert die sechs Tage auf den siebten hin und führt für sich und an­ dere die Siebentagewoche ein. Oder sogar die Achttagewoche. Die Ergeb­

nisse stehen uns alle zur Genüge vor Augen: Kurzfristig gesteigerte, aber langfristig geschmälerte Effektivität und Fruchtbarkeit der Arbeit. Burn-out, Krankheit, Stress, Beziehungsarmut und die gefährliche Neigung, sich dann schnell in ganz kurzer Zeit den «Instantsab­ bat», den «Intensivsabbat» durch maximalen Lustge­ winn in kürzester Zeit zu holen. Beliebt sind dabei be­ sonders die Internetpornografie, das Essen, die Prosti­ tution und diverse Adrenalinkicks in der Freizeit, die überhaupt nicht erholsam sind. Ein Verstoss gegen den zweiten Teil des Gebotes. Er verlängert den siebten Tag und führt eine Fünf-, Vier-, Drei-, Zweitagewoche ein. Er legt sich auf die faule Haut. So verstösst auch er gegen das Leben, und das Leben wird gestört, wird krank: Unfruchtbarkeit, Mangel, Er­ schlaffung, Verwöhnung, Selbstsucht. Die Faulheit der Menschen kostet unser Land Milliarden jedes Jahr. Es ist ein Verstoss gegen den ersten Teil des Gebotes.

Im Einklang mit dem Schöpfer Werfen wir noch einen Blick auf den letzten Teil des Gebotes: «... für den Herrn, deinen Gott.» Es ist ein gött­ licher Rhythmus! Das treue Lernen, Üben und Einhal­ ten dieses Rhythmus bringt uns in Übereinstimmung mit unserem Schöpfer! Wir tanzen sozusagen mit ihm durchs Leben. So kann er uns halten und führen. Selbst­ verständlich ist es kein leichter Tanz, wir benötigen eine Reihe von Tanzstunden und brauchen immer mal wieder Auffrischungskurse. Aber es lohnt sich. Denn der Sabbat­rhythmus ist ein Lebensrhythmus.1 1

Gerne bin ich bereit, in Ihrer Gruppe oder Gemeinde «Tanzunterricht» zu erteilen. Ich habe schon wiederholt Vorträge und Seminare zum Thema Ruhetag durchgeführt und lasse mich gerne dazu in Gemeinden einladen. 29


selbstverantwortung | leben im sieg

Leben im Sieg Wie wir im Geist leben – statt im Fleisch Das «Leben im Geist» ist eins der ganz wichtigen Themen des Neuen Testamentes. Lange Zeit vergessen, wird es heute wiederentdeckt - und hat doch für viele Christen noch sehr wenig Alltagsbezug. Entscheidend für das Leben im Geist: Wir müssen unsere Identität und Heimat in Jesus kennen.

Die erste Dimension von «Fleisch»

Wenn du das «Leben im Geist» ken­ nenlernen möchtest, dann laden wir dich zu einer besonderen Bibelarbeit ein. Sie kann dein Leben in Alltag und Dienst komplett verändern und re­ volutionieren! Das erleben wir in un­ serer Arbeit immer wieder, wenn je­ mand plötzlich merkt: «Jetzt hab ich im Glauben festen Boden unter den Füssen!»

Lies folgende Bibelstellen und notiere dir, welche Zeitangaben hier gemacht werden. Was gehört für dich und mich der Vergangenheit an – und was ist Tatsache der Gegenwart? – Kolosser 1,13 – Epheser 5,8 – Epheser 2,1-3 (das waren wir) und 2. Petrus 1,3-4 (das sind wir) – 1. Korinther 6,9+11 – Römer 8,9

Nimm dir doch gerade jetzt Zeit, um zu beten, dass Gott dich in die geistli­ che Dimension und Realität dieses Themas hineinnimmt. Bitte ihn, dass dich der Heilige Geist lehrt, sodass du nicht versuchen musst, es mit dem Verstand zu verstehen, sondern es im Geist aufnehmen und entdecken kannst (Johannes 14,26; 16,13).

Was ist überhaupt das «Fleisch»? Im Galaterbrief 5,16 stellt Paulus das «Leben im Geist» dem «Leben im Fleisch» gegenüber. Aber was ist über­ haupt das «Fleisch»? Die Bibel spricht von zwei unterschiedlichen Dimensio­ nen des Fleisches, die wir oft einfach in ein und denselben Topf werfen. In­ dem wir sie nun einzeln betrachten, wird vieles klarer. 30

Wenn die Bibel in dieser Perspektive vom «Fleisch» spricht, dann meint sie den unerlösten Menschen, dessen Geist seit dem Sündenfall Gott ge­ genüber «tot» bzw. inaktiv ist. Andere Worte dafür sind «der alte Mensch», «der alte Adam», «die alte Natur». Der alte Mensch kennt als seine Identität und Heimat nur die Realität seiner Seele, die Begierden des Körpers und die sichtbare Welt. Er kann das Reich Gottes nicht sehen, geschweige denn verstehen (1. Korinther 2,14 ff.). Trotz­ dem ist es natürlich so, dass jeder Mensch – ob er nun glaubt oder nicht – sowohl in einer natürlichen als auch in einer geistlichen Dimension lebt. Wir leben entweder im Reich des Lichts oder im Reich der Finsternis.

Ist jemand nicht von Neuem geboren, so lebt er im Reich der Finsternis, das heisst: Von Natur aus tappt der Mensch, was das Reich Gottes be­ trifft, förmlich im Dunkeln.

Gottes Lösung für diese erste Dimension des Fleisches: – Römer 8,3 – Gott tat, was wir nicht tun konnten: Er hat diese alte Natur in Christus mit ans Kreuz ge­ nommen! Sie war nicht heilbar – nur durch den Tod in Christus konnten wir von der Identität des alten Men­ schen frei werden! – Johannes 3,1-7; 2. Korinther 5,17 – Wir werden aus Gott gebo ren (Wiedergeburt) und erhalten eine neue Identität mit einem lebendigen Geist, der nun das Reich Gottes sehen und kennenlernen kann. Bei dieser ersten Dimension geht es also darum, dass deine Identität und Heimat eine komplett neue geworden ist! Aus einem Ungläubigen wird ein Christ, aus einem Sünder wird ein Kind Gottes. Sein Zuhause, sein neuer Lebensraum ist nun das Königreich Gottes und nicht mehr das Reich der Finsternis!

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Das «Fleisch» in dieser zweiten Dimen­ sion sind also diejenigen Bereiche der Seele, die noch nicht durch das Wort Gottes erneuert sind. Wo du noch «gottlos» funktionierst – also losgelöst von Gott denkst, fühlst, willst. Kurz: Fleisch = Seele, los von Gott (nicht Fleisch = Seele! Das wird oft missver­ standen).

Gottes Lösung für diese zweite Dimension des Fleisches:

1. Was bedeutet es, «im Geist zu leben»? Die Bibel spricht in Bezug auf unser neues Leben von zwei Dimensionen – nämlich «Christus in uns» und «Wir in Christus». In diesen Realitäten lernen wir nun zu leben. Wie? Indem wir sie im Glauben annehmen und uns vor­ stellen. Darfst du das – dir das einfach vorstellen? Ja, alles, was das Wort Gottes sagt, darfst und musst du dir sogar vorstel­ len – es ist ja real! Und Fakt ist: Was du dir nicht vorstellen kannst, das kannst du auch nicht glauben und als reale Hilfe von Gott empfangen.

Als ich einmal versucht habe, mir die­ se beiden Tatsachen vorzustellen und zu malen, da sah das so aus: Christus lebt in mir – ich bin eine neue Schöpfung und habe eine neue Iden­ tität bekommen. Gleichzeitig lebe ich in Christus – ich habe eine neue Hei­ mat, und das Königreich Gottes mit all seiner Fülle an Versorgung ist um mich herum (siehe Figur unten)! Das empfange ich, indem ich es mir ganz praktisch in meinem Alltag be­ wusst mache: Wie das Reich Gottes und seine Versorgung mit mir an mei­ nem Arbeitsplatz ist, in der Küche, im Bus und beim Einkaufen! Dank­ bar nehme ich Gottes Versorgung in Anspruch und bleibe nicht allein und selbstgenügsam! So werden wir siegreich und können

Geboren im Himmelreich – Leben in himmlischen Räumen

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Monika Flach und Esther Baumann

Offensichtlich schreibt nun aber Pau­ lus viele seiner Erklärungen zum The­ ma «Fleisch» an Christen! Wieso das? Und weshalb scheinen so viele Chris­ ten auch nach ihrer Wiedergeburt noch mit der «alten Natur» zu kämp­ fen? Dazu müssen wir verstehen, wie wir als Menschen gemacht sind – nämlich aus Körper, Geist und Seele. Dein Geist und deine Identität sind mit der Wie­ dergeburt völlig verändert – da ist al­ les neu und anders geworden! Aber sicher hast du selbst gemerkt, dass dein Körper und deine Seele (Ge­ fühle, Gedanken, Wille) durch deine Wiedergeburt nicht automatisch an­ ders wurden. Tatsache ist, dass ein Babychrist nach seiner Wiedergeburt immer noch so denkt und fühlt wie in der Zeit, als er ohne Gott und im Reich der Finsternis gelebt hat. Davon ist die Seele noch geprägt, soll nun aber durch das le­ bendige Wort Gottes verwandelt und aus jeder «Finsternis» erlöst werden! Das geschieht, indem wir unsere Art zu denken Stück für Stück verändern. Lies dazu Römer 12,1-2.

Diese vier Punkte schauen wir uns jetzt ganz praktisch an.

Im Geist leben und wandeln durch Glauben

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Die Welt

Christus in uns Neue Schöpfung

Aktion

Aktion

– Galater 5,16 – Lebe im Geist. – Römer 6,11-13 – Halte dich der Sün de und dem Fleisch gegenüber für tot. – Epheser 4,22-24 – Lege den alten Menschen ab und zieh den neuen an. – Kolosser 1,13 – Lebe in deiner neuen Heimat. cz 1|10

Wir in Chr

Die zweite Dimension von «Fleisch»

Die Erde 31


selbstverantwortung | leben im sieg | kolumne

mit Christus in unserem Leben herr­ schen – indem wir lernen, alles, was wir an Gnade brauchen, zu empfan­ gen, seien es Ideen, Kreativität, Ge­ duld, das rechte Wort, Kraft, Weisheit usw. (Römer 5,17)!

2. Wie halte ich mich der Sünde und dem Fleisch gegenüber «für tot»? Dazu musst du erst einmal entdecken, wie du eigentlich konkret «im Fleisch» bist. Wie denkst, fühlst und verlangst du, wenn du «los von Gott» bist? Tatsache ist, dass das bei jedem von uns unterschiedlich aussieht. Bist du – wenn du los von Gott lebst – viel­ leicht faul? Oder grollend und miss­ mutig? Eingeschüchtert, voller Sorgen und Angst vor Fehlern? Bist du domi­ nant und herrschsüchtig oder schmol­ lend und unversöhnlich? Voller Selbst­ genügsamkeit, dass du nur auf dich selbst vertraust oder auf das, was menschlich möglich ist? Lies dazu Jeremia 17,5-8. Wie sieht es aus, wenn du «im Fleischmodus» lebst? Mache dir gleich ein paar Notizen dazu!

Zur Person

Wenn du dein typisches «Fleischpro­ fil» – eine Wortschöpfung von mir – kennst, dann weisst du auch, welchen Gedanken oder Taten gegenüber du dich konkret für tot halten musst! Ein Beispiel: Ich finde mich manchmal in einer Situation wieder, die förm­ lich nach meiner ganzen tatkräftigen Eigeninitiative schreit. In meiner ty­ pischen Fleischesart möchte ich los­ stürmen und die Lage selbst in den Griff bekommen. Heute entdecke ich schneller als früher, wie sich das an­ fühlt. Dann sage ich: «Stopp mal, so brauche ich ja gar nicht mehr zu leben! – Ich schulde dieser Selbstgenügsam­ keit gar nichts mehr! Diesem Vertrau­ en auf mich selbst und auf meine ei­ genen Fähigkeiten und Lösungsmög­ lichkeiten halte ich mich für gestorben – und zwar genau jetzt! Jesus ist ge­ storben, damit ich nichts mehr ohne ihn tun muss, und so wende ich mich gleich wieder zu ihm! Jesus, du bist meine Hilfe auch in dieser Situation!» Jemand anderes erkennt, dass er stän­ dig von Sorgen, Zweifeln oder Ängsten umgetrieben ist und seine Gedanken

Zur Person

Monika Flach (42) ist Gründerin und Leiterin von Kingdom Impact. Ihre Leidenschaft und ihr Auftrag: Einzelne Menschen, Teams und Gemeinden zu unterstützen, das Leben in der Realität des Reiches Gottes und seiner Kraft zu entde­ cken.

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Esther Baumann arbeitet seit 2002 mit im Team von Kingdom Impact. Als besondere Stärken entwickelten sich in ihrem Dienst die Bereiche Persönlichkeitsschulung, Mitarbei­ tertraining, Jüngerschaft, das Ent­ larven von Gedankenfestungen so­ wie Teamformung und die Beglei­ tung von Einzelnen und Teams.

darum kreisen, etwas falsch zu ma­ chen. Dann kann er sagen: «Moment, so sorgenvoll und ängstlich brauche ich doch nicht mehr zu leben! Das passt gar nicht mehr zu meinem neuen Leben in Jesus! Ich bin ja nicht allein und brauche mich nicht selbst um mich zu kümmern! Jesus kam, da­ mit ich frei sein kann von Sorgen und Furcht! Ich schulde diesen angstvollen Gedanken keinerlei Aufmerksamkeit mehr! Alle meine Sorgen werfe ich jetzt auf Jesus, denn er sorgt für mich (1. Petrus 5,7). Dieser zweifelnden, sor­ genvollen Art zu leben halte ich mich genau in dieser Situation für gestor­ ben! Jesus, ich schaue jetzt auf dich! Du bist mein Gott und mein Versorger! Bei dir bin ich sicher!»

Tausch am Kreuz als real und leben in unserer neuen Identität im Glau­ ben an Jesus, das lebendige Wort. Weil er es so sagt, ist es möglich!

3. Wie kann ich «den alten Menschen ablegen und den neuen anziehen»?

4. Wie lebe ich «versetzt vom Reich der Finsternis ins Reich des Lichts»?

Das ist noch so eine wunderbare Lö­ sung, die Gott uns anbietet: Wir dür­ fen den alten Menschen, die typisch gottlosen Gedanken und Gefühle able­ gen wie ein altes Kleid, das nicht mehr zu uns passt! So einfach? Ja, so einfach – du darfst mitten im Alltag zum Beispiel Faulheit einfach ablegen und ausziehen! Wie? Im Glau­ ben! Du glaubst einfach, dass du das tun kannst, weil Jesus mit seinem Tod dafür bezahlt hat, dass du der Faul­ heit nicht mehr unterworfen bist. Er hat dich davon frei gemacht und Faul­ heit mit ans Kreuz genommen. Das ist ganz real! Du darfst mit seinem Werk am Kreuz übereinstimmen und den alten Men­ schen ablegen. Und dann darfst du gleich noch den neuen Menschen an­ ziehen. Gott lässt dich nicht einfach nackt dastehen und appelliert an dei­ nen Willen – nein! Du bekommst sogar Freude und Wil­ ligkeit zur Arbeit geschenkt. Die darfst du dir im Austausch anziehen. Genial, oder!? – Wichtig: Das hat nichts mit Emotionen oder positivem Denken zu tun. Wir akzeptieren einfach den

Schlag noch einmal Kolosser 1,13 mit mir auf. Hier steht geschrieben: Wir sind aus dem Machtbereich der Fins­ ternis in das Reich Gottes hineinver­ setzt worden und können nun jeder­ zeit in unserer neuen Heimat leben. Befindet sich aber deine Seele (Ge­ danken, Gefühle, Wille) im Alltag vielleicht in Verwirrung, Sorgen, Unruhe oder Verzweiflung, dann bewegst du dich offensichtlich ge­ rade nicht in deiner neuen Heimat, stimmt‘s? Glücklicherweise darfst du dann einfach jederzeit aus die­ ser Finsternis heraustreten und dich wieder in deiner Heimat platzieren,

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Möchtest du vielleicht gerade jetzt etwas ablegen und anziehen? Dann nimm dir einige Momente Zeit da­ für. Stell dich hin und setze auch deinen Körper im Gebet mit ein, so als würdest du dir ein altes Klei­ dungsstück ausziehen. Dann frage Gott, was du stattdessen im Glau­ ben empfangen und anziehen kannst. Ganz wichtig übrigens: Wir dürfen und sollen buchstäblich Christus «anziehen» (Römer 13,14). Mache Jesus mit seinem ganzen Wesen und Vermögen Raum.

wo dir alle nötige Versorgung und Hilfe Gottes im Übermass zur Verfü­ gung steht. Um diesen Wechsel für mich prak­ tisch zu machen, ziehe ich manch­ mal eine imaginäre Linie in meinem Zimmer und definiere eine Seite als Finsternis und die andere Seite als meine Heimat, das Reich des Lichts. Alle Finsternis, in der ich mich ge­ rade bewege, verlasse ich dann mit einem freudvollen Schritt über die imaginäre Linie und sage dabei etwas wie: «Danke Jesus! Du hast mich ja wirklich schon errettet aus dem Machtbereich der Finster­ nis – und dazu gehören auch diese Sorgen, Gefühle und Gedanken, in denen ich mich gerade die ganze Zeit bewegt habe (hier nenne ich konkret die Gedanken und Gefühle beim Namen!). Ich brauche nicht mehr darin zu bleiben und zu leben – und deshalb komme ich jetzt mit meinen Gefühlen und Gedanken wieder zu dir und hinein in mein Zuhause – in das Reich des Lichts!» Merkst Du, wie extrem lebensnah dieses «Leben im Geist» ist? Zuge­ geben, es fühlt sich für unsere See­ le, für unser Denken, Fühlen, Wollen zu Beginn etwas fremd an. Aber du wirst sehen: Jedes Mal, wenn du dich mit deinem Leben bewusst auf den Boden dieser geistlichen Wahr­ heiten stellst, werden sie ein Stück mehr zu deiner zweiten Natur!

Z u r Ve r t i e f u n g :

BFarbeR bekennen EGENZER Jähzorn Herrsche ich im Leben, oder werde ich beherrscht? Wenn Letzteres zutrifft, mag es peinlich sein, sich das einzuge­ stehen, aber es ist heilsam und der erste Schritt zur Verän­ derung. Jähzorn war so ein Bereich in meinem Leben, der mich be­ herrschte. Wenn ich «hochfuhr» und kochte, war es in mei­ ner Nähe alles andere als angenehm. Nur zu genau steht mir noch jener Tag vor Augen, als mir beim Montieren un­ serer Bücherwand ein Brett auf den Kopf fiel. In mir explo­ dierte es. Kurzerhand und voller Zorn schoss ich das Brett durch die Wohnstube. Ein Glück, dass niemand im Weg stand. Aber o weh, rund zwanzig Stücke feinen RedwoodFurniers waren vom Brett abgebrochen und lagen verstreut in der Stube herum; und die Seitenwände des Bücherge­ stells markierten mit hellen Streifen den Ort, an den das Brett eigentlich hingehört hätte. Was nun? So weiterzufah­ ren machte keinerlei Sinn. Mir fiel nichts anderes ein, als einfach zu beten, Gott möge mich doch vom Jähzorn befreien. Zwischen den Gebeten klebte ich zwei Stunden lang sorgfältig alle Stücke wieder zusammen, brachte das Brett erneut in Position, und schliesslich war die Wohnwand aufgebaut. Gott erhörte mein Gebet. In meiner Not kam er mir in be­ sonderer Weise zu Hilfe: Bei weiteren Anfällen, die sich an­ bahnten, wurde ich jeweils durch ein Ohrensausen früh­ zeitig auf meinen inneren Gemütszustand aufmerksam. So lernte ich mich regelmässig zurückzunehmen. Dieses «Reden Gottes» hielt volle zwei Jahre an, eine Zeit, die ich brauchte, um in diesem Lebensbereich vom Beherrscht­ werden ins Herrschen zu kommen. Nach Jahren erinnerte mich nur noch das lädierte Brett in der Wohnwand an mei­ nen letzten grossen Wutanfall. Nicht dass ich mich immer «im Griff» hätte, aber es ist markant ruhiger geworden – Gott sei Dank.

Falls du das «Leben im Geist» weiter entdecken und vertiefen möchtest, empfehlen wir dir: – «Leben mit dem Unsichtbaren» Teil 1 und 2 (als MP3 oder DVD) – «Die zwei Bäume» (MP3) – «Lerne deine Heimat, den Himmel, kennen» (DVD) Erhältlich unter: www.kingdomimpact.org cz 1|10

• René Bregenzer ist Mitglied der Missionsleitung von Campus für Christus. 33


selbstverantwortung | online – in den bergen …

Multitasking erfordert Navigationsmenschen Frank Schirrmacher, einer der Herausgeber der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» bezeichnet in seinem Buch «Payback» das Multitasking – viele Dinge gleichzeitig tun – als neue Religion. Eine US-Studie habe aber gezeigt, dass der Mensch nicht dazu geschaffen sei, viele Dinge gleichzeitig zu tun. Gerade dies sei der Fall bei der Fülle der neuen Kommunika­ tionsmedien, die neben unserer täglichen «normalen» Arbeit bedient werden wollen. Das menschliche Gehirn sei jedoch nicht dafür geschaffen. Das Schlimme daran sei, dass mit zunehmendem Multitasking gerade die Fähigkeit dazu abnehme. Das ständige Abgelenktsein durch Mobiltelefon, Internet usw. führe zu einer Reduktion des Kurzzeitgedächt­ nisses. Dinge könnten nicht mehr gespeichert und verar­ beitet werden. Frank Schirrmacher: «Man kann das (Multi­ tasking) nicht trainieren, im Gegenteil: Man wird beim Mul­ titasking immer schlechter. Multitasking führt deshalb auch bei Jungen zur raschen Erschöpfung. An die Stelle dessen, was sie nicht mehr können – Texte verstehen und deuten – tritt nichts anderes. Die Reizüberflutung durchs Internet führt so weit, dass Kinder heute nicht einmal mehr Mimik richtig lesen und entziffern können.» In seinem Buch bezeichnet er Multitasking als Körperver­ letzung, die mit der Zeit zu «digitaler Demenz» führe. Da­ rauf angesprochen, meint er in einem Interview des «TagesAnzeigers» vom 28. November 2009: «Multitasking ist die schlimmste Praxis unserer Zeit. Sie vermanscht, wie der

• Die Familie Nüesch auf einer Wanderung im Tessin.

Online – in den Bergen und in den Niederungen des Alltags Das Wort des Missionsleiters In den Niederungen des Alltags ist es mir wichtig, regelmässig Zeiten des Innehaltens, Nachdenkens und des Gesprächs mit Gott zu haben. Das fällt mir leichter als der jungen Generation, da ich noch nicht im Zeitalter von Twitter, Playstation und Videostores angekommen bin.

Hanspeter Nüesch Nicht einmal Facebook-Freunde habe ich. Und das Mobiltelefon benutze ich nur im Notfall; wobei mich dann das Handy meist im Stich lässt, weil der Akku leer ist. Dafür ist mein geistlicher Akku umso voller, da es mir ohne die modernen «Kommunikationshel­ fer» leichter fällt, mit Gott online zu bleiben. Denn Smartphones helfen mir defi­ nitiv nicht, smart mit der beschränk­ ten Zeit umzugehen. Und FacebookFreunde helfen mir nicht, die Freund­ schaft mit Gott zu pflegen. Und Videokonsolen helfen mir nicht, eine Vision von Gottes Reich und meinem persön­ lichen Auftrag zu erhalten. Zum Glück brauche ich kein Computerspezialist 34

zu sein, um online mit Gott zu sein. Und das ist es, was ich wirklich will: Trotz der Hektik und des höllischen Lärms nicht als Getriebener zu leben, sondern himmlische Dinge für Gott voranzutreiben, seine Stimme zu ver­ nehmen und geistesgegenwärtig zu handeln. In den letzten Jahren habe ich mir die Freiheit genommen, die Erwartungen meiner Umgebung nicht immer zu er­ füllen. Ich bin nicht immer erreichbar. Ich nehme nicht mehr an allen Sitzun­ gen teil. Da ich sehr gewissenhaft ver­ anlagt war, fiel mir Letzteres anfäng­ lich sehr schwer, bis ich herausfand, dass andere sich auch hie und da die Freiheit herausnahmen, an den Sitzun­ gen zu fehlen. Und wenn man dann

wieder erscheint, wird man besonders herzlich willkommen geheissen. Heute fühle ich mich königlich frei, nur das zu machen, was Gott mir ans Herz ge­ legt hat, und nicht das tun zu müssen, was andere mir auf die Schultern legen. Die Folge ist, dass ich mehr Zeit für Gott und für einzelne Menschen habe und der Blutdruck sich gesenkt hat. Ich plane durchschnittlich min­ destens eine Stunde am Tag ein, in der ich ganz abschalten kann, um auf Gottes Frequenz zu schalten. Wie soll ich einer Familie und einem Missions­ werk vorstehen können, ohne die Stimme Gottes zu vernehmen? Aber ich muss gestehen, dass es mir immer noch nicht leichtfällt, die Hektik und den Trubel loszulassen, um auf Gott und sein Wort zu hören. Mir ist es eine cz 1|10

grosse Hilfe, von Zeit zu Zeit auch äus­ serlich Abstand zu nehmen und mich allein oder mit meiner Frau für einige Tage zurückzuziehen. Als ich vor Jahren einmal von einer mehrtägigen Bergwanderung zurück­ kehrte, meinten meine Kinder: «Papi, du siehst super aus! Das solltest du mehr machen!» Mit dem super Ausse­ hen meinten sie nicht meine von der Sonne gebräunte Gesichtsfarbe, son­ dern meine Gelöstheit und Zufrieden­ heit, die ich ausstrahlte. Ich habe es mir zur Gewohnheit ge­ macht, zumindest einmal im Jahr in die Berge zu gehen, um mit meinem Gott zusammen zu wandern. Ich reser­ viere dafür etwa vier Tage. Wenn ich so in der wunderbaren Bergwelt wandere, cz 1|10

Hirnforscher Wolf Singer sagt, das Gehirn (...) Durch die Reiz­überflutung des Multitasking wird die Gedächtnis­ struktur beschädigt. Für Computer ist es genial, wenn sie Dinge gleichzeitig tun. Wir Menschen können das nicht, wir sind lineare Wesen. Die Frage heisst: Wer beherrscht wen? Beherrschen wir die Computer oder beherrschen die Computer uns?» Dann führt er ehrlich fort: «Ich bin selber betroffen: massive Konzentrationsstörungen, Vergesslichkeit, ständige Alarm­ stimmung und die unglaubliche Energie, die es braucht, zum Beispiel seinen Facebook-Account gut zu managen.» Leider könne man sich ja nicht so einfach ausklinken. «Wenn Sie keine SMS mehr schreiben und kein Internet mehr benutzen, dann partizipieren Sie nicht mehr an der Welt. Dann dreht sich die Welt einfach ohne Sie weiter. Und es braucht sehr viel Energie, sich von diesen Technologien fernzuhalten.» Schirrmacher plädiert für kontemplative Techniken und Ruhezeiten, um sich wieder auf das wirklich Wichtige konzentrieren zu können: «In der Tat wird die Fra­ ge, was wichtig ist und was unwichtig, zur zentralen Frage des Lebens.» Frank Schirrmachers Schlussfolgerung: «Wir brauchen Navigationsmenschen, die in der Informationsflut unterscheiden können zwischen dem wirklich Wichtigen und dem Unwichtigen.» (Zusammenstellung durch Hanspeter Nüesch)

betet es in mir oft wie von selbst. Ich diskutiere mit meinem göttlichen Begleiter alle möglichen Dinge; das heisst, ich spreche in Gedanken und manchmal auch laut, um dann die Gedanken, die mir kommen, zu bewe­ gen und darauf wieder eine Antwort zu geben. Das Gespräch mit meinem Schöpfer ist sehr unverkrampft. Er kennt mich und erwartet keine from­ men, schön formulierten Sätze. Sein Geist lebt ja in mir und kommuniziert mit meinem Geist, wie von Freund zu Freund. Und das macht ja gerade die Beziehung zwischen guten Freunden aus, dass sie nicht viele Worte machen müssen, um einander ihre Verbunden­ heit zu zeigen. Oft bin ich auch mit meiner Frau Vreni unterwegs oder wir beide zusammen

mit unseren vier plus zwei Kindern. Die gemeinsame Bibellese oder das Singen inmitten von Drei- und Vier­ tausendern ist einfach total inspirie­ rend. Als wir kürzlich im Tessin unter­ wegs waren, versuchten wir, auf dem Bergkamm angekommen, sogar ein italienisches Lied zusammen anzu­ stimmen: «O Dio, crea in me un cuore puro ...» («O Gott, schaffe in mir ein reines Herz ...»). Es hilft, von Zeit zu Zeit abzuschalten und unser Herz Gott hinzuhalten, da­ mit er es von dem angehäuften Schutt des Alltags reinigen kann. Wenn wir uns diese Zeiten des Innehaltens aber nicht nehmen, beherrscht uns immer mehr der Alltagsschrott, statt dass wir mit Gottes Hilfe über ihn herrschen. 35


selbstverantwortung | die schweiz vor …

Die Schweiz vor der Hungersnot bewahrt Jakob Winzeler – sein Glaube liess ihn die Initiative ergreifen «Ein Kopf - ein geistesgegenwärtiger Mann rettet im Winter 1914/1915 die Schweiz vor der drohenden Hungersnot.» Unter dieser Überschrift berichtete die «Zürcher Illustrierte» vom 4. März 1938, wie der Geschäftsmann Jakob Winzeler der Schweiz in der Zeit des Ersten Weltkriegs entscheidend helfen konnte.

Hanspeter Nüesch Nachfolgend eine Zusammenfassung des Berichts der «Zürcher Illustrierten», ergänzt mit einem persönlichen Nach­ wort.

Der ratlose Bundesrat Mit Beginn des Ersten Weltkriegs schlossen sich im Herbst 1914 die Grenzen der Schweiz zu den Nachbarländern. Damit war die Versorgung mit überlebenswichtigen Gütern nicht mehr gewährleistet. Besonders schlimm war nach einer schlechten Ernte der Mangel an Saatkartoffeln. Wenn es nicht gelänge, rechtzeitig zusätzliche Saatkartoffeln zu beschaf­ fen, war 1915 in der Schweiz mit einer Hungersnot zu rechnen. Das Landwirt­ schaftsministerium und der Bundesrat waren ratlos. Die «Zürcher Illustrierte» schreibt in einer Rückschau: «Die Herren in Bern erkannten die Tragweite der Gefahr. Die Lösung der Frage ‹Wie und wo schaffen wir rechtzeitig die genügende Menge Saatkartoffeln her?› stiess auf scheinbar unüberwindbare Hindernis­ se: auf die gesperrten Grenzen. In die­ 36

sem Augenblick erscheint in Bern ein unbekannter Kaufmann aus Schaffhau­ sen, dessen geistesgegenwärtiger Über­ legungskraft die Schweiz es zu danken hat, dass sie von der Hungersnot ver­ schont blieb.»

Ein Mann, der sich nicht beirren liess Dieser Mann hiess Jakob Winzeler, ein Textilkaufmann, der in Schaffhau­ sen die Firma Winzeler Ott & Cie. AG leitete. Vorerst wusste er noch nichts vom Mangel an Saatkartoffeln. Von seinem Cousin Samuel Winzeler vernahm er jedoch, dass im Militär ein Mangel an gestrickten Pullovern herrschte und deshalb viele Soldaten froren. Diesem Notstand musste seiner Meinung nach Abhilfe geschaffen werden. Er entschied sich, zu diesem Zweck ins Bundeshaus nach Bern zu fahren. Sein Motto war: «Aussergewöhnliche Zeiten erfordern ausserordentliche Massnahmen». «O Jakob, wenn das etwas wäre, hätten sechs andere das längst gemacht», meinte ein Freund. Jakob Winzeler liess sich in seinem einmal gefassten Entschluss aber nicht beirren. Er glaubte

an einen grossen Gott, der für jedes Problem eine Lösung bereithält. In Bern traf er den Direktor der Handels­ abteilung. «Der liebe alte Herr weinte fast. Er wusste sich, begreiflicherwei­ se, aufgrund der vielen Anfragen, die er nicht befriedigen konnte, fast nicht mehr zu helfen», schreibt die «Zürcher Illustrierte».

Der gute Ruf von Jakobs Grossvater Jakob Winzeler schlug ihm vor, für die Deutschen in Italien, das damals noch nicht im Krieg stand, dringend benötig­ te Lebens- und Futtermittel einzukau­ fen und diese gegen Dinge einzutau­ schen, die in der Schweiz schwer zu be­ kommen waren. Dafür sei aber die Ab­ teilung für Landwirtschaft zuständig, meinte der Direktor der Handelsabtei­ lung. So legte Jakob Winzeler die Idee dem Chef für Landwirtschaft, Dr. Käp­ peli, vor. Dieser wurde sehr ernst, als ihm Jakob Winzeler die Idee der Kom­ pensationsgeschäfte mit Deutschland vortrug: «Herr Winzeler, ich habe von ihrem Hof in Storzeln gehört.» (In Stor­ zeln hatte der Grossvater von Jakob Winzeler, Johannes, ein landwirtschaft­ cz 1|10

• Abbildung aus der «Zürcher Illustrierten» vom 4. März 1938: Jakob Winzeler (1876-1937), ein bis zum damaligen Zeitpunkt unbekannter, uneigennütziger Textilkaufmann, liess sich von Gott zum Wohl des ganzen Landes brauchen.

liches Gut mit einer angegliederten Weberei eingerichtet und dabei auch zahlreiche Flüchtlinge aus Böhmen und Mähren bei sich aufgenommen. Nebenbei war er als Evangelist tätig und sass «wegen Vagabundiererei» ein Jahr lang in der Strafanstalt Thorberg. Johannes Winzeler gründete mehrere Gemeinden, so auch die FEG Winter­ thur.) Dr. Käppeli: «Ich kenne Sie also und weiss, dass Sie rechtschaffene Leute sind. Was ich Ihnen aber jetzt sage, ist ganz vertraulich. Wir haben keine Saatkartoffeln auf das Frühjahr, und von Deutschland bekommen wir sie nicht. Was das für unsere Volkscz 1|10

ernährung bedeutet, wenn der Krieg weitergeht, wissen Sie!»

Aussergewöhnliche Zeiten erfordern ausserordentliche Massnahmen Jakob Winzeler empfand diese Not als persönlichen Auftrag. Er verlangte gros­ se Kompetenzen, um vor Ort in Ber­ lin im Namen der Schweiz verhandeln zu können. Solche Kompetenzen konn­ te aber nur der Bundesrat geben. Also ging er zum Bundesrat. Als er bei Bun­ desrat Hofmann seine Idee der Kom­ pensationsgeschäfte vortrug und dafür um die nötige Kompetenz bat, mein­

te dieser: «Herr Winzeler, die Kompe­ tenzen, die Sie wollen, hat nicht ein­ mal unser Gesandter!» – «Darum bringt er auch nichts fertig, Herr Bundesrat», meinte Jakob Winzeler schlagfertig. Da­ rauf erklärte er Bundesrat Hofmann, warum er die absolute Freiheit des Handels haben müsse, um etwas beim deutschen Reichskanzleramt zu errei­ chen. Der Bundesrat erteilte ihm da­ raufhin die Vollmacht, im Auftrag der Schweizer Regierung mit Deutschland und anderen Ländern Handelsverträge abzuschliessen. «Wie haben Sie das er­ reicht?», fragte der Chef für Landwirt­ schaft. Jakob Winzeler: «Ich habe ganz 37


selbstverantwortung | die schweiz vor … | kolumne

Nachwort Bei Jakob Winzeler handelt es sich um mei­ nen Grossvater mütterlicherseits. Seine jüngste Tochter, meine Mutter, übernahm in vielfacher Weise Verantwortung für die Gesellschaft. Sie war Mitbegründerin der Volkshochschule und präsidierte 1980 als erste Frau den St. Galler Grossen Rat. Bei einem kürzlichen Besuch meinte sie, ihr Motto sei auch heute noch mit über neun­ zig Jahren, jeden Tag irgendwo ein Lichtlein anzuzünden. Und das tut sie auch. Ihr mo­ mentan häufigstes Gebet trotz ihrer alters­ bedingten Gebrechlichkeit lautet: «Thank you, Lord – Danke, Herr.» Als deren Sohn kann ich nur in diesen Dank einstimmen im Bewusstsein, dass mir Gott Vorfahren geschenkt hat, die ein leuchtendes Bei­ spiel sind, was es heisst, unter der Leitung Gottes über die Umstände zu herrschen. » Hanspeter Nüesch

offen mit ihm geredet, derart ausserge­ wöhnliche Zeiten erfordern eben auch ausserordentliche Massnahmen, was er schliesslich einsah.»

Nahrungsmittel gegen Saatkartoffeln Jakob Winzeler reiste sofort zum Reichskanzleramt nach Berlin. Die Deutschen wollten aber nicht mit ihm verhandeln, weil bereits bezahlte Wa­ ren in der Schweiz zurückgehalten wurden. Mit der absoluten Vollmacht des Bundesrats ausgerüstet, veran­ lasste Jakob Winzeler, dass sofort die zwölf Wagen Waren, die von Speku­ lanten zurückgehalten worden waren, an Deutschland ausgeliefert wurden. Nun konnte er das Anliegen der Kom­ pensationsgeschäfte «Nahrungsmittel gegen Saatkartoffeln» vorbringen. Die Deutschen waren jedoch vorerst nicht bereit, die geforderten 500 bis 700 Tonnen Saatkartoffeln an die Schweiz auszuliefern. Schliesslich sei Kriegszeit, und jeder müsse zuerst für sich selbst sorgen. Als er wieder ein­ mal im Wartsaal des Landwirtschafts­ 38

ministeriums in Berlin wartete, brach­ te er seine Enttäuschung vor Gott. «Ich redete darüber still mit meinem Gott. Ich hätte doch so eine gute Sache zu vertreten ... Warum habe ich derartige Schwierigkeiten?» Da meinte er Gott zu hören, der ihm klarmachte, dass wenn er, Jakob Win­ zeler, sich als «Freund der leidenden Menschen» bezeichne, selber finan­ ziell nicht von diesem Handel profi­ tieren dürfe.

Der Versuchung des Reichtums widerstanden Darauf entschloss sich Jakob Winzeler, nur eine minimale Kommission zu verrechnen – so viel, wie er für seine Dienste unbedingt benötigen würde. Plötzlich gingen die Türen auf, und das deutsche Reichsamt gab die Zu­ stimmung zur Ausfuhr der Saatkar­ toffeln gegen Nahrungsmittel. Diese wiederum kaufte Jakob Winzeler im Auftrag der Schweizer Regierung in Italien ein. «Das Werk gelang also, die Züge ka­ men in beiden Richtungen ins Rollen,

die Kompensationswaren gingen hin und her, und die gesamte Besorgung dieses Austauschhandels zwischen Deutschland und der Schweiz war ausschliesslich dieser einen Firma Winzeler Ott & Cie. AG anvertraut», so die «Zürcher Illustrierte» in ihrem Bericht über den Ersten Weltkrieg. Sie folgerte, dass eine andere Person mit solchen Machtbefugnissen, aber ohne die ethische Sauberkeit eines Jakob Winzeler dem Volksganzen unermess­ lichen Schaden zugefügt hätte. Man­ cherlei Bestechungsversuchen habe er getrotzt. Er habe alle Vertreter der fremden Staaten der Reihe nach ab­ blitzen lassen, die ihn mit Geschenken und verlockenden Verträgen für sich gewinnen wollten. «Mühelos hätte er in jener Zeit einer der reichsten Män­ ner der Schweiz werden können, wenn eben zu seiner wachen und überlegen­ den Intelligenz nicht noch das Bedeu­ tende und Entscheidende hinzuge­ kommen wäre: das Menschenherz, der Hort einer sauberen, in echtem Chri­ stentum gereiften Weltanschauung», so die «Zürcher Illustrierte». cz 1|10

Nicht auf die «Ebene menschlicher Eitelkeiten» Noch weit über die Kriegszeit hin­ aus hat der Bundesrat in wirtschaft­ lichen Angelegenheiten den Rat und Beistand von Jakob Winzeler einge­ holt. Diesem ging es nie um irdischen Ruhm. Die Ehrendoktorwürde lehnte er ab mit der Begründung, er wolle sich nicht «auf die Ebene menschli­ cher Eitelkeiten» begeben. Er habe den für ihn gültigen Lebenssinn längst anderswo gefunden. Die «Zürcher Illustrierte» schliesst ihren Bericht über Jakob Winzeler mit dem Wunsch, dass wenn die Schweiz je wieder in eine so schwierige wirtschaftliche Lage wie 1914 kommen würde, «die Lösung eines so lebenswichtigen Wirtschaftspro­ blems wie dasjenige des Kompensationsverkehrs wiederum in die Hand eines Menschen gelegt werden könne, der auf so vorbildliche Weise die Verbindung eines klugen Kopfes mit einem reinen Herzen verkörpert.» cz 1|10

AN eNw DG eRn eEr aAt i oSn B O P P A R T Katzenhaarallergie und Ventilatorenneurose Kürzlich machte ich Bekanntschaft mit einer Katze. Nicht irgendeiner Katze. DER Katze. Genaugenommen, der hässlichsten Katze der Welt. Als ich mich während eines Eventweekends in Salzburg auf das Sofa meiner Gastgeber pflanzte, erschöpft von einem Stadtausflug, auf dem ich mir meine Füsse breit gelatscht hatte, zuckte ich zusammen. Neben mir lag ein haariges Etwas, das sich nach genauerer Betrachtung als Perserkatze entpuppte. Den Gedanken, dass vielleicht Perserteppiche aus Perserkatzen hergestellt würden, verwarf ich schnell wieder und ver­ suchte, mich mit dem Haarknäuel anzu­ freunden. Starlight war ihr richtiger Name. Aber aufgrund der markanten Zähne wurde sie nur noch liebevoll Vamp genannt. Was sie nicht wirklich zu irritieren schien. Während ich versuchte, die Zähne nicht wei­ ter zu beachten, rutschte ich doch bewusst ein paar Zentimeter weiter weg. Rein prä­ ventiv. Obwohl mir klar war, dass ich diesen Vorsprung nicht bis zur Haustüre würde ret­ ten können, sondern ihn spätestens beim Bücherregal eingebüsst hätte. Aber nicht nur ich hatte Probleme. Vamp auch. Und hat sie immer noch. Sie leidet nämlich an einer Flohallergie. Daneben hat sie ausserdem ei­ ne Mäusephobie sowie eine Ventilatoren­ neurose. Aber sonst ist sie ganz normal. Ich war irgendwie mitleidig froh, dass Vamp nicht auch noch eine Katzenhaarallergie hat. Als ich so neben ihr sitze, wird mir bewusst, dass Vamp als Hauskatze ja eigentlich ein tolles Leben hat. Für alles ist gesorgt. Nur: Ihr ganzes Leben wird Vamp wahrscheinlich nie was anderes sehen als die Räume dieser Dreizimmerwohnung. Ich überlegte, ob ich ihr ins Ohr flüstern sollte, was ich nur schon bei der Anreise durch Salzburg an Spannen­ dem gesehen hatte. Wunderschöne Parks, in denen man bequem Katzenpuffis hinterlas­ sen könnte, teure Autos, an denen man die Krallen wetzen könnte, barocke Gebäude, an denen man sich den Rücken wundkratzen 39

könnte ... aber Vamp wird das nie zu Gesicht bekommen, weil sie in ihrer sicheren Fes­ tung eingebunkert ist. Vamp wird von ihrem Umfeld, ihren Allergi­ en und Ängsten beherrscht. Und darin ist sie uns Menschen sehr ähnlich. Sie könnte sich auch einfach mal durch ein Fenster oder ei­ nen offenen Türspalt davonstehlen. Aber sie zieht es vor, sich von den äusseren Einflüs­ sen und der gegebenen Situation beherr­ schen zu lassen. Ohne zu realisieren, was sie eigentlich im Leben verpasst. Vamp scheint es gar zu geniessen, dass ihr alle Entschei­ dungen abgenommen werden, wann sie isst, wie viel sie isst, was sie isst ... Im Leben müssen wir uns wie Vamp immer wieder entscheiden, ob wir über unsere Le­ benssituation herrschen, oder ob wir uns fremdbestimmen lassen. Ob wir prägen oder geprägt werden. Und sehr viel mehr als ich oft meine, hängt von mir selbst ab. Ob ich bereit bin, mutig aufzustehen oder ob ich mich zum Spielball der äusseren Einflüsse degradiere. Hast du Lust, dem Leben neuen Schwung zu geben und weite Parks zu entdecken, oder beobachtest du es lieber nur durchs Wohnzimmerfenster? Wer sich nicht von allen eingebildeten Allergien und Phobien beherrschen lässt, kann nur gewinnen – denn Gott setzt unsere Füsse auf weiten Raum (Psalm 31,9)

• Andreas Boppart ist Eventprediger und Autor und arbeitet im Arbeitszweig campus generation.


selbstverantwortung | transformation der herzen

Transformation der Herzen Rückblick auf das Geneva Leadership Forum

180 Führungskräfte und Leitungspersönlichkeiten aus Wirtschaft und Gesellschaft sowie Verantwortliche von internationalen Organisationen trafen sich vom 4. bis 6. Dezember 2009 zum Geneva Leadership Forum, veranstaltet von Campus für Christus. Anlass war der 500. Geburtstag von Johannes Calvin - das Motto: «From Reformation to Transformation» - das Ziel: Lernen, ein Mensch zu sein, den Gott gebrauchen kann.

Mitinitiant des Genfer Leiterforums. Der Grund dafür sei ein ganzheitliches, nicht nur auf die Kirche bezogenes Verständnis des Evangeliums gewesen und eine Verkündigung des Wortes Gottes, die für die führenden Leute relevant gewesen sei.

Das Wort nicht nur hören, sondern auch tun

• Impression aus dem Geneva Leadership Forum: ein Blick aus dem Publikum.

Peter Höhn «Reformation ist Erneuerung der Kirche durch das Wort Gottes; Trans­ formation heisst, dass alle Bereiche des Lebens und der ganzen Gesell­ schaft davon berührt und umgewan­ delt werden», erklärte Hanspeter Nüesch im Eröffnungsreferat. Genau das habe Calvin hier in Genf bewirkt, und das brauche unsere Zeit wieder neu. Menschen, die nicht ihr eigenes Ding suchten, sondern fragten: «Herr, was ist dein Wille für mich, für unser Land, für Europa?»

«Das Problem sind nicht die anderen»

• Die Kathedrale St. Pierre, das Wahrzeichen von Genf.

Als Beispiel nannte Hanspeter Nüesch den Textilfabrikanten Jakob Winzeler, der aus dem Hören auf Gott und mit mutigem Handeln während des Ersten Weltkriegs die Schweiz vor einer Hun­ gersnot gerettet habe (siehe den aus­ cz 1|10

führlichen Beitrag über Jakob Winze­ ler auf Seite 36). Dass Jakob Winzeler darüber hinaus sein Grossvater gewe­ sen sei, so Hanspeter Nüesch, sei für ihn ein geistliches Erbe und ein Ver­ mächtnis, für das er sich in Zukunft vermehrt einsetzen wolle. Auch in un­ serer Zeit gebe es Herausforderungen, die menschlich nicht zu lösen seien. Das Problem seien jedoch nicht «die Politiker», «die Jungen», «die Auslän­ der», «die Muslime» oder wie zu Cal­ vins Zeiten «die Katholiken», sondern wir selbst. «Wir müssen an einen gu­ ten Gott glauben, ihm für die Verän­ derung vertrauen und tun, was er uns zeigt.» Nachhaltige transformatorische Ver­ änderungen in Europa habe es nicht nur durch Calvin, sondern auch durch die irische Mönchsbewegung gegeben, sagte Thomas Weber, Leiter von Cam­ pus für Christus in der Romandie und

Daran knüpfte Tom Bloomer an, Vor­ steher der University of the Nations von Jugend mit einer Mission. In einer geschichtlichen Rückschau legte er dar, warum Calvin nicht nur reforma­ torisch, sondern transformatorisch gewirkt habe: – Er habe das Evangelium täglich verkündigt. – Er habe die Menschen gelehrt, wie das Evangelium im Alltag konkret zu leben sei: wie man mit Finanzen umgehe, wie man für die Armen sorgen solle, wie man Konflikte lö­ se, Kinder erziehe und ihnen eine schulische Ausbildung ermögliche. – Er habe im Bewusstsein um die ge­ fallene Natur des Menschen Struk­ turen geschaffen, mit denen man Menschen, wer sie auch waren, zur Rechenschaft ziehen konnte.

«Wem gibst du das Recht, nein zu sagen?» Gegenseitige Rechenschaft sei ein Schlüsselprinzip für die, die Jesus nachfolgten, meinte Tom Bloomer wei­ ter. «Wem legst du Rechenschaft ab?», fragte er die Anwesenden. «Wem hast du das Recht gegeben, nein zu 41


selbstverantwortung | transformation der herzen

sagen? Hast du den Faktor Sünde in deinem Leben bedacht, sodass sie nicht über dich herrscht?» Gerade weil sie die Macht der Sünde unterschätzt hätten, seien Sozialismus, Kapitalis­ mus und andere «Ismen» gescheitert. Calvin dagegen habe im Hinblick auf den Menschen immer beides vor Au­ gen gehabt, das Potenzial zum Guten wie zum Bösen.

•Hanspeter Nüesch sprach über Leiterpersönlichkeiten, denen Gott vertrauen kann.

Calvins Verdienst: Der eigenverantwortliche Mensch Das ganz grosse Verdienst von Calvin sei gewesen, den einzelnen Menschen zum eigenverantwortlichen Leben zu erziehen, zu fördern, ja zu befreien. Jeder einzelne Mensch stehe für sich vor Gott und sei ihm verantwortlich. Er solle seine Arbeit als Gottesdienst und als Anbetung betrachten.

Luis Bush: «Schaut auf eure uropäischen Vorbilder!» Der Argentinier Luis Bush, ehemals Leiter von AD 2000 und heute Koordi­ nator von Transform World, ermutigte, in Abhängigkeit von Gott und seinem Wort Glaubensschritte zu tun und sich dabei bewusst zu sein, dass es Gottes Herzensanliegen sei, nicht nur Men­ schen, sondern auch gesellschaftliche Verhältnisse zu verändern. Anhand von mehreren «Transformatoren» leg­te er dar, dass Gott in der Geschichte Europas immer einzelne Menschen gebraucht habe, die ihm ganz hinge­ geben waren, um das Reich Gottes inmitten der Dunkelheit zu bauen. Gott suche in gleicher Weise auch heute Europäer, die ihr Leben und ihre Gaben Gott unterstellten.

Maria Prean: «Wähle das Leben!» Eine Familie ist an verschiedenen Fronten tätig • (von links) Prabhu, Ranjeet, Suresh und Jyoti Guptara mit Moderatorin Jessy Moses.

• Luis Bush, Koordinator von Transform World, im Gespräch mit dem isländischen Delegationsleiter Kjartan Jónsson.

• Claude Schmutz, ehemaliger Direktor bei Roche, heute Leiter von Leader’s Integrity Foundation (www.lif.ch), im Gespräch mit Dr. Wilf Gasser, Präsident der Schweizerischen Evangelischen Allianz. 42

Dass die Gläubigen besser arbeiten sollen als die anderen, betonte auch Professor Prabhu Guptara, Executive Director am UBS-Managementzen­ trum Wolfsberg, der mit seinen drei Söhnen ans Forum kam: «Unsere Herausforderung ist es, diejenigen, die ohne Gott leben, im Denken, im Lieben und im Gestalten des Lebens zu übertreffen.» Das gelinge nur, wenn wir uns selbst gegenüber gestorben und in der Liebe bedin­ gungslos seien. Sein Sohn Ranjeet Guptara, Gründer der «King‘s Curry»Kette, erzählte in seinem Zeugnis, dass er nicht nur in und mit seinen indischen Restaurants Gottes Krea­ tivität abbilden wolle, sondern auch zehn Prozent seines Gewinns an christliche Hilfsorganisationen wei­ tergebe. Jyoti und Suresh Guptara, Autoren der «Calaspian»-Bestseller, berichteten über ihre Motivation, Fantasy zu schreiben: «Wir wollen Menschen nicht anpredigen, sondern herausfordern, Fragen zu stellen und Gott zu suchen.» cz 1|10

Dass man für Transformation nie zu alt ist, zeigte die Österreicherin Maria Prean (70). Sie kam mit ihren zwei Ad­ optivkindern aus Uganda nach Genf und berichtete, wie sie vor zehn Jah­ ren auf einer Gebetsreise in Uganda von Gott herausgefordert wurde, ihm für tausend Waisenkinder zu vertrau­ en. Daraus wurden jährlich mehr, und heute sind es über fünftausend Kinder und Jugendliche, die in Uganda eine Heimat und Möglichkeit für Schule und Ausbildung gefunden haben. «Be­ vor Gott jemanden gross gebrauchen kann, mutet er ihm oft schwere Wun­ den zu», erzählte sie aus ihrer eigenen Erfahrung. 53-jährig, nach nur sechs Ehejahren, verlor sie ihren Mann und ging durch eine schwere Krise. «Aber ich entschied mich: Ich wähle das Le­ ben!», sagte Maria Prean.

Dr. Benjamin Moses: «Begrenze Gott nicht!» Paul Hemes, Nica Spreng, David Wilson und Dr. Benjamin Moses führten die Teilnehmenden in persönliche Zeiten des Betens und Hörens auf das Wort und den Geist Gottes. Benjamin cz 1|10

Moses, Leiter von Global Leadership Geneva, malte das Vorbild Davids vor Augen: «Sei, wer du bist, und steh für deine Überzeugung hin! Begrenze Gott nicht in dem, was er durch dich tun möchte, sondern tue, was er dir sagt! Aber lass dich nicht verführen, die Rüstung Sauls zu tragen, sondern ar­ beite mit dem, was dir vertraut ist!» Er unterstrich diese Tatsache, indem er davon berichtete, wie Gott im ver­ gangenen Jahr auf erstaunliche Weise Türen für das Evangelium innerhalb der internationalen Organisationen in Genf geöffnet habe.

«Zurück zur Gotteszentriertheit» Mucksmäuschenstill war es im Saal, als der über 75-jährige geistliche Vater und Bestsellerautor Henry Blackaby auftrat, mit ausdrucksloser Mimik, ru­ hig am Rednerpult stehend, aber um­ so stärker in der Rede: «Wenn ich ein Wort an diese Generation von Christen richten könnte, wäre es dies: Wir müs­ sen umkehren zur Gotteszentriert­ heit. Wir sind dramatisch selbstzen­ triert und deshalb regiert die Sün­ de.» Blackaby legte aufgrund von 5. Mose 30 dar, dass alles eine Frage des Herzens sei. «Wenn du Gott nicht hörst, liegt es nicht an Gott und nicht am Hören, sondern an deinem Her­ zen.» Geistliche Leiter müssten Men­ schen des Wortes sein, denn die Bibel sei uns gegeben, damit wir das Wesen, die Wege und die Ziele Gottes verste­ hen lernten und damit wir, wenn er zu uns spreche, auch prüfen und er­ kennen könnten, dass es Gott sei und nicht unser Wunschdenken.

• Maria Prean mit ihrer Adoptivtochter: «Afrika ist voller Leben, die Menschen sind offen für geistliche Dinge, sie bringen dich in Kontakt mit deinem Herzen und bringen Farbe in dein Leben.»

• Jeff Fountain, Koordinator von Hope for Europe, ist überzeugt, dass Europa in den nächsten Jahren nochmals zuoberst auf Gottes Agenda stehen wird.

• Henry Blackaby (0ben) und sein Sohn Richard Blackaby (unten) ermutigten die Teilnehmenden, vor jeder Aktion zuerst Gottes Leitung zu suchen.

Ein geistliches Inventar der Aktivität Gottes Henry Blackaby sagte, er habe einmal ein Inventar gemacht, auf welche Wei­ se und wofür Gott in seinem Leben die Initiative ergriffen habe. Das habe ihm geholfen, seine Prioritäten klarer zu setzen. Als Beispiel erwähnte er, wie 43


selbstverantwortung | transformation der herzen

er angefragt worden sei, für die ameri­ kanische Armee ein Andachtsbuch zu schreiben («Experiencing God Day by Day») und welche Echos das vom ein­ fachen Soldaten bis zum US-Präsiden­ ten ausgelöst habe. Henry Blackaby warnte davor, «eine Vision zu produ­ zieren», um für Gott etwas Grosses tun zu wollen. Biblisch gesehen gehe es nicht darum, eine Vision zu entwi­ ckeln, sondern Gottes Offenbarung zu empfangen, wie es in Sprüche 29,18 wörtlich heisse: «Denn ohne Offenba­ rung geht ein Volk zugrunde.»

Die Trümmer der selbstgemachten Visionen

• Sie hatten mit einem Team das Forum organisiert: Thomas Weber (oben), Leiter von Campus pour Christ (Suisse Romande) und Dr. Benjamin Moses (Mitte), Leiter von Global Leadership Geneva, der neuen Arbeit von Campus für Christus unter internationalen Führungskräften in Genf.

In die gleiche Kerbe schlug auch Sohn Richard Blackaby. «Geistliche Leiter­ schaft muss auf eine neue Ebene kom­ men», plädierte er. Anhand von Lukas, Kapitel 9, zeigte er auf, wie in unter­ schiedlichen Problemsituationen die Jünger mit einem Plan zu Jesus gekom­ men seien, aber Jesus jedes Mal eine ganz andere Lösung gezeigt habe: Sei es bei der Speisung der Fünftausend oder auf dem Berg der Verklärung; bei der Heilung des fallsüchtigen Knaben oder bei der Frage der Jünger, wer der Grösste sei; bei der Diskussion, wie man mit dem fremden Dämonenaus­ treiber umgehen oder wie man gegen das widerspenstige samaritanische Dorf vorgehen solle. «Was, wenn die Jünger ihre eigenen Ziele erreicht hät­ ten?», fragte Richard Blackaby und fügte an: «Die christliche Landschaft ist voller Trümmer selbstgemachter Visionen. Auch wenn es unsere besten Ideen sind, Gott braucht sie nicht. Gott will keine Second-Hand-Ehre. Er will sowohl der Initiant sein als auch der, der den Weg zeigt.»

Es gibt Hoffnung für Europa Neben starken biblischen und kirchen­ geschichtlichen Botschaften gab es zweimal die Möglichkeit, sich in Inte­ ressengruppen näher kennenzulernen, persönlich auszutauschen, Impulse

• Verschiedene Formationen von Crescendo, der Musiker arbeit von Campus für Christus, leiteten die Teilnehmer im Lobpreis. 44

zu bekommen sowie sich bei einem Rundgang auf den Spuren der Refor­ mation durch die Genfer Altstadt in­ spirieren zu lassen. Im Hinblick auf die Zukunft nannte Jeff Fountain, Koordinator von Hope for Europe, drei Gründe, warum wir für Europa Hoffnung haben könnten: Erstens, weil sich Gottes Treue und Ziele durch alle Jahrtausende nicht geändert hätten (Jesaja 11,9). Zweitens, weil es beim Christsein im­ mer um Sterben und Auferstehen ge­ he und die Kirchengeschichte zeige, wie der Heilige Geist immer wieder in Zeiten grösster Depression durch­ gebrochen sei und einen neuen Le­ benszyklus gebracht habe. Drittens, weil es sieben Zeichen der Hoffnung gebe: die Erschütterungen, den neuen geistlichen Hunger, die verschiedenen Gebetsinitiativen, die neuen Ausdrucksformen von Kirche, die neuen Europäer (Immigranten, die Farbe bringen und Erfrischung im Glauben), die «Ökumene der Herzen» sowie die Wiederentdeckung des Evan­ geliums des Reiches Gottes.

schäftsstelle der Evangelischen Al­lianz am EU-Hauptsitz in Brüssel auf die Bühne und betete für ihn und seinen wichtigen Wächterdienst in Brüssel. Vor grundlegenden Veränderungen stehen die Isländer, die mit zehn lei­ tenden Persönlichkeiten aus verschie­ denen Konfessionen anwesend waren. Für sie kam das Genfer Leiterforum ge­ rade zur richtigen Zeit. Nur schon die Zusammensetzung der Delegation sei vor zwei Jahren noch undenkbar gewe­ sen. Sie haben sich als Folge des Genfer Leiterforums entschieden, gemeinsam nach 2. Chronik 7,14 über den falschen Götzen wie dem Mammon und dem Glauben an die Naturgeister Busse zu tun und Island im Gebet unter die Herrschaft Gottes zu stellen.

bat für die Halsstarrigkeit und Lieblo­ sigkeit, die ihn und seine jüdischen Geschwister oft auszeichnen. Kurz zu­ vor hatte ein arabischer Christ aus Nord­afrika vom Wirken Gottes unter den Muslimen berichtet. Allein in den letzten zwei Wochen habe er über ein Dutzend von ihnen zu Jesus führen und taufen können. Viele seien von Krankheiten geheilt, noch mehr aber von der Liebe Gottes berührt worden. Er fasste seinen zeugnishaften Bericht so zusammen: «Die Liebe Gottes ist die stärkste Macht zur Transformation. Sie macht unsere geistliche Autorität aus. Menschen müssen Gottes Liebe durch uns erfahren, denn dieser Liebe kann niemand auf Dauer widerstehen.»

Ermutigende Echos «Liebe ist die stärkste Macht zur Transformation» Da und dort geschah auch tiefe Busse. Ein arabischer Christ bekannte vor den versammelten Teilnehmern seine Her­ zenshärte gegenüber Juden, worauf ein messianischer Jude ihm Vergebung zu­ sprach und seinerseits um Vergebung

«Ich war schon auf unzähligen, auch pfingstlich und charismatisch gepräg­ ten Konferenzen und Treffen, aber so stark habe ich die Gegenwart des Heiligen Geistes noch nie erlebt», fasste Kjartan Jonsson, Leiter der is­ ländischen Delegation, seine Erfah­ rungen des Geneva Leadership Forum

zusammen. Jemand sagte schlicht: «Ich habe Jesus lieber gewonnen.» Mehrere Teilnehmer des Leiterforums bezeugten, sie hätten ihre eigenen Plä­ ne Gott zurückgegeben und wollten in Zukunft zuerst nach Gottes Willen und seinem Plan für ihr Leben fragen.

Wie geht es weiter? Ob und wann es eine Fortsetzung des Genfer Leiterforums gibt, wissen die Verantwortlichen nicht. Obwohl es viele Rückmeldungen gibt, dass hier Campus für Christus als Veran­ stalter einen Auftrag habe und Genf der ideale Ort sei, um Leiter zusam­ menzurufen, will man sich ganz an das halten, was Gott als roten Faden durch diese Konferenz gewoben hat: ER ist der Initiant, wir müssen nur das tun, was er uns zeigt, nicht mehr und nicht weniger!

DVD Die Inhalte der Konferenz sind auf DVD (nur in Englisch) erhältlich über: www.genevaleadershipforum.org

Lettland und Island – zwei Länder in der Krise Eindrücklich war, wie ein Parlamenta­ rier, eine Professorin für religiöse Er­ ziehung an der Universität Riga und ein bekannter Komponist aus Lettland berichteten, wie sie die biblische Bot­ schaft in ihrem Einflussbereich umzusetzen versuchten. Zum Beispiel, indem sie dem staatlichen Schulungs­ material für Sexualaufklärung, das jegliche Form der sexuellen Betätigung als gleichwertig darstelle und Abtrei­ bung auf die gleiche Ebene wie die Ge­ burtenkontrolle hebe, ein Schulungs­ material entgegenstellen wollten, das auf christlichen Werten fusse. Aller­ dings stellt das übergeordnete EURecht ein Hindernis dar, um christliche Werte in der Gesellschaft zu verankern. Deshalb bat man den Leiter der Ge­ cz 1|10

• Für die lettische Delegation (oben) und die isländische Delegation (Mitte) war das Leiterforum eine grosse Ermutigung und ein Zeichen, dass Gott ihr Land noch nicht vergessen hat. Sie sind dankbar für unsere Fürbitte.

• Das Motto von Genf «Post tenebras lux: Nach der Dunkelheit das Licht» möge auch zum geistlichen Motto Europas werden! cz 1|10

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cfc | national

CfC national ANDY SCHINDLER-WALCH

Filmtipp

Martin Stoessel übernimmt Auslandprojekte von Agape international Neu leitet Rachel Stoessel Alphalive Schweiz | Johanna Schaller

Und täglich grüsst das Murmeltier - Die Zeit sinnvoll nutzen Phil Connors (Bill Murray) ist ein zyni­ scher Wetteransager bei einem städti­ schen Fernsehstudio. Zusammen mit der Produzentin Rita (Andie MacDo­ well) und Kameramann Larry (Chris Elliott) muss er wie jedes Jahr in das kleine Städtchen Punxsutawney reisen. Dort findet im Frühjahr jeweils ein Volksfest namens «Groundhog Day» («Murmeltier-Tag») statt, bei dem ein Murmeltier aus seinem Bau gelockt wird. Sieht das Tier dabei dann «seinen Schatten», wenn also schönes Wetter ist, so gilt dies angeblich als Zeichen, dass der Winter noch sechs weitere Wochen dauern wird. Phil reist am Vortag mit Rita und Larry nach Punx­ sutawney. Er hasst diesen Anlass und

macht am nächsten Tag missmutig seinen Bericht. So schnell wie möglich will er aus dem Städtchen verschwin­ den. Doch wegen eines Schneesturms ausserhalb von Punxsutawney muss Phil eine weitere Nacht bleiben. Als er am nächsten Tag aufwacht, ist wieder «Groundhog Day». Phil erlebt – wie bei einem Déjà-vu-Erlebnis – alles an diesem Tag noch einmal. Und auch am nächsten Tag ist wieder «Groundhog Day», immer und immer wieder. Phil ist in einer «Zeitschleife» gefangen, egal, was er auch tut. Zuerst treibt ihn das fast in den Wahnsinn. Dann wird er völlig gleichgültig. Bis er merkt, dass er seine Zeit an diesem Tag auch anders nutzen könnte. Dabei verän­

Die Erfahrungen, die Martin Stoessel bei seiner Alphalive-Schweiz-Arbeit gemacht hat, gibt er heute an (Kirch-)Gemeinden im Ausland weiter.

• Andy Schindler-Walch, Filmspezialist und Redaktor bei www.fernsehen.ch.

dert er sich zum Guten: Er nimmt sei­ ne Mitmenschen wahr und nutzt sei­ ne Talente. Phil entdeckt die Fülle des Lebens. «Und täglich grüsst das Murmeltier» ist ein berührender Film über den Wan­ del eines Mannes, der erkennt, was es heisst, die Zeit sinnvoll zu nutzen.

• Martin und Rachel Stoessel mit Peter und Monika Markwalder.

«Und täglich grüsst das Murmeltier» (USA/1993, 97 Minuten) ist überall im Handel als DVD erhältlich.

• Eine Gruppe beim Betrachten der neu übersetzten bulgarischen Alphalive-DVD.

Wenn Professoren über Gott und die Welt reden | Caroline (CAMPUS live)

Im Leben etwas bewegen mit dem Hebelgesetz Mechanik. Seine Werke waren auch noch im 16. und 17. Jahrhundert bei der Entwicklung der höheren Analysis von Bedeutung. Archimedes wird nachge­ sagt, die Römer bei ihrer langwierigen Belagerung mit den von ihm entwi­ ckelten Kriegsmaschinen aufgehalten zu haben: So entwickelte er beispiels­ weise Wurfmaschinen und Katapulte oder auch Seilwinden, die ein kom­ plettes Schiff, voll beladen und mit gesamter Besatzung, durch Ziehen an einem einzigen Seil bewegten. Da ich gerne lache (und Millionen be­ sitzen würde), frage ich mich, an wel­ chem Hebel ich sitzen muss, um in meinem Leben etwas zu bewegen. Manchmal klemmt es ja bei den ein­ fachsten Dingen: Ich kriege den Alltag

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Rachel Stoessel übernimmt nun die Leitung von Alphalive Schweiz. In der Produktion und Administration wird sie von Peter Markwalder unterstützt. «Wir glauben, dass dieser Wechsel für beide Seiten zu einem Gewinn wird», so Rachel Stoessel. Martin Stoessel wird noch 20 Prozent für Alphalive tätig sein, damit er weiterhin selber praktische Erfahrungen mit verschiedenen Kursen sammeln kann.

Zwanzig Jahre Dozentenforum

Medien M ARKUS BAUMGARTNER Ich liebe es nicht, mich handwerk­ lich zu betätigen. Das liegt mir als Bürolisten einfach nicht. Vor allem, wenn es klemmt ... Ich habe es im Gu­ ten versucht. Vergeblich. Dann habe ich es elegant versucht. Es ging nicht. Am Ende musste der grosse Hammer her. Eine Brechstange hätte es viel­ leicht auch getan. Das liegt am gün­ stigen Hebel der Brechstange. Das ist ja auch bekannt: Wer am längeren He­ bel sitzt, hat gut lachen (und verdient Millionen). Es war der griechische Mathematiker, Physiker und Ingenieur Archimedes, der schon im 3. Jahrhundert vor Chri­ stus die Hebelgesetze formulierte. Er schuf dadurch die theoretische Grund­ lage für die spätere Entwicklung der

Vergangenen September sprach Martin Stoessel an einer Alphalive-Konfe­ renz in Bulgarien und stiess bei den orthodoxen Priestern mit der Idee des Alphalive-Kurses auf offene Ohren. «Schon seit einiger Zeit wird immer wie­ der die Idee an uns herangetragen, unsere langjährige Erfahrung mit Alpha­ live in der Schweiz auch über die Grenzen hinaus zur Verfügung zu stellen», erzählt Martin Stoessel. Seit dem 1. November arbeitet er zu 80 Prozent bei Agape international, wo er Standorte und Länder betreut, die mit Gemein­ den und Gemeindeverbänden zusammenarbeiten.

Das Dozentenforum besteht aus einem Kreis von Dozenten, die an der Universität und der ETH Zürich regelmässig Denkanstösse aus christlicher Sicht weitergeben. Im Oktober feierte es sein Zwanzig-Jahr-Jubiläum. ETH Zürich, 20. Oktober 2009. Innert Kürze wird der Referent Sir John Houghton an der ETH zum Thema «Gott, Wissenschaft und globale Er­ wärmung» sprechen. Zwei Studenten haben bereits im Hörsaal Platz genommen. Einer der beiden zeigt Interesse für Religion und nimmt, von Urs Wolf angesprochen, gerne einen Flyer für den Alpha­ live-Kurs entgegen. Nach und nach füllt sich der Saal mit weiteren Studenten und Dozenten, bis die 240 Sitzplätze belegt sind. Da Sir John Houghton nicht nur ein berühmter Wissenschaftler ist, sondern auch über eine evangelistische Begabung verfügt, kommt er gleich zu Beginn auf das Thema Wissenschaft und Gott zu sprechen. Er weist darauf hin, dass die Wissenschaft nur eine (zumindest annähernde) Antwort geben kann, wie das Universum funktioniert, aber nicht, warum es existiert und warum es uns Menschen gibt. Das könne nur Gott, und es sei möglich, Gott persönlich kennenzulernen. Es herrscht eine konzentrierte, wohlwollende Stimmung. Und das bei diesem Thema. Nur einmal lacht jemand reflexartig laut auf, als John Houghton etwa zum fünften Mal das Wort «Gott» in den Mund nimmt. Wahrscheinlich, weil es sehr ungewöhnlich ist, so etwas in einem Unihörsaal zu sagen. Die nächste Vorlesung des Dozentenforums findet am Dienstag, 16. März 2010, an der ETH Zürich statt. Roland Decorvet (CEO Nestlé Schweiz) und Diomandé Fan (Entwicklungsberater) thematisieren die Nahrungsmittelkrise im Konfliktfeld globaler Akteure und lo­ kaler Betroffener und geben Antworten aus unternehmensethischer und christlicher Sicht. Für weitere Informationen: www.dozentenforum.ch.

• Studenten hören an der ETH Zürich einem Referat über Gott, Wissenschaft und globale Erwärmung zu.

• Markus Baumgartner, PR-Profi und Präsident von www.cnm.ch.

nicht in den Griff. Ich kriege die Mail­ flut nicht in den Griff. Ich kriege mich nicht in den Griff. Die Sehnsüchte sind gross. Mein Benehmen und meine Fä­ higkeiten bleiben weit hinter meinen Ansprüchen zurück. Also, wo muss ich den Hebel ansetzen? Ich werde ruhig und merke: Jesus ist der Hebel. Er bewegt mein Leben. Ich muss gar nicht hebeln und schwit­ zen; ich muss ihn nur bei mir anset­ zen lassen.

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Zeitschrift der überkonfessionellen Bewegung Campus für Christus Schweiz

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Themen, die weiterhelfen Christliches Zeugnis zum Sammeln und Weitergeben Bestellen Sie unsere bisherigen Ausgaben zum Sonderpreis von 4 Franken pro Heft (inklusive Porto und Versand), ab 10 Exemplaren erhalten Sie pro Ausgabe 10 Prozent Mengenrabatt. Ausnahme: Esoterik I und Esoterik II kosten je 8 Franken.

Ex. Trauern und Trösten Francine Smalley und andere über hilfreiche Trauerarbeit und Trauerprozesse. Jens Kaldewey: Trauern in der Bibel. Jörg Weisshaupt: Tabuthema Suizid. Praxis: Pfarrerin Monika Riwar über Begleitung von Schwerkranken und Sterbenden.

Ex. Schöpfung Felix Ruther: Warum es nicht um Schöpfung oder Evolu­ tion geht. Lebensporträts: Biopionier Emanuel Mahler, Biobauer Ernst Frischknecht, Aussteigerehepaar Peter (Indemini TI), Naturheilpraktiker Hanspeter Horsch, Solarpionier Josef Jenni. Brigitte Eggmann: Max Thürkauf.

Ex. Liebe Andrea Xandry: Vier Arten der Liebe in der Bibel. Regula Schudel: Wie würde Jesus mit Esoterikern umgehen? Porträts: Bruder Benno, Georg Müller, Ehepaar Meier und ihre Versöhnung. Praxis: Dr. Lukas Kiener und Dr. Kirstin Arp über Heilung und Wachstum der eigenen Liebesfähigkeit.

Ex. Begegnung mit Muslimen Islamexperte Dr. Andreas Maurer: Was Christen über den Islam wissen müssen. Lebensberichte: Wie Aida, Hala, Yusuf, Nadirah und Dilshad zu Jesus fanden. Porträts: Christen, die Muslimen begegnen. Reportage: Afghanistan. Praxis: Tipps zur Begegnung mit Muslimen.

Ex. Vom Glauben reden Manfred Engeli: Wie wird unser Zeugnis entlastend? Praxis: Die eigene Lebensbotschaft entdecken. Geschichten, Tipps und Erfahrungen von Urs Wolf, Marianne Hirzel, Jrene Kramer, Cornelia Lustenberger.

Ex. Leben mit dem Heiligen Geist Jens Kaldewey: Wie werde ich mit dem Heiligen Geist erfüllt? Peter Höhn: Meine Biografie mit dem Heiligen Geist entdecken. Interview mit Urs Schmid. Gerhard Tersteegen über den Umgang mit ausserordentlichen Erfahrungen. Lebensbericht: René und Brigitta Bregenzer.

Ex. Gott – Warum? Bibelstudium: Warum Menschen leiden müssen. Peter Höhn: Gesundes Gottesbild – geheiltes Selbstbild. Erlebt: Vreni Engelhard, Marlies Zindel, Familie Schwaninger, Stefan Meier, Familie Ringli. Alexander Nikendei über Notfallseelsorge, Hans-Ulrich Oggenfuss über Traumabehandlung.

Ex. Konzentration auf das Wesentliche Andreas Fürbringer: Was ist dein Wesentliches? Peter Höhn: Wurzelbehandlung des Herzens. Andrea Xandry: Der schmale Weg. Porträts: Bill Bright, Gründer von Campus für Christus, Musiktherapeut Daniel Dettwiler, Liederdichter Matthias Claudius. Praxis: Zwanzig Wege zur Stille, drei Säulen der Gesundheit.

Ex. Kunst und Kreativität Beat Rink: Kunst vom christlichen Glauben her verstehen lernen. Überblick: Kirchen- und Kunstgeschichte. Lebensporträts: Komponist Paul Burkhard, Maler Janeric Johansson und François Bosshard, Sopranistin Rosemary Hardy. Praxis: Kunst in die christliche Gemeinde einbringen.

Ex. Das Böse überwinden Andrea Xandry: Woher kommt das Böse? Lebensberichte: Hanna, Kind einer Satanistin. Als Pastor von dunklen Mächten befreit. Hintergrund: Hans Keller über okkulte Verwirrung an der Schule. Pfarrer Thomas Widmer über das Gebet um Befreiung im Rahmen der Seelsorge.

Ex. Die Bibel 22 Menschen erzählen, was, wie und warum sie in der Bibel lesen. Prof. Carsten Peter Thiede: Die Glaubwürdigkeit der biblischen Überlieferung. John Stott: Wie Jesus die Bibel las. Edi Bolliger: Die Bibel vom Herzen des Judentums her lesen. Praxis: Schwester Elisabeth über die franziskanische Art des Bibellesens.

Ex. Tod und Jenseits Dante als Dichter und Visionär des Jenseits. Oberlins Studien zur unsichtbaren Welt. Jens Kaldewey über Himmel, Hölle und «Zwischenräume». Lieselotte Müller und andere Menschen über ihre Nahtoderfahrungen. Praxis: Peter Höhn über unsere Rechenschaft vor Gott.

Notieren Sie zu jedem Hefttitel Ihre gewünschte Anzahl Hefte und senden oder faxen sie an: Christliches Zeugnis, Josefstrasse 206, CH-8005 Zürich, Fax: +41 44 274 84 83 Sie können die Hefte auch per E-Mail bestellen (bitte Hefttitel und jeweilige Anzahl Hefte angeben): christlicheszeugnis@cfc.ch

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