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Neue Isarbrücke als Herzstück der Ortsumgehung Plattling

Ausführungsplanung für Neu- und Rückbau Neue Isarbrücke als Herzstück der Ortsumgehung Plattling

von Markus Karpa

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Die etwas mehr als 600 m lange Brücke über die Isar ist das zentrale Element der Ortsumgehung im niederbayerischen Plattling. Der Kreuzungswinkel, die hochwassergefährdete Flussaue sowie die Montage des Stromfeldes bedeuteten besondere Herausforderungen für die Projektbeteiligten. Da die Brücke in einem Umweltschutzgebiet errichtet wird, stand zudem ihre Einbindung ins Landschaftsbild im Vordergrund. Gelöst wurde die Aufgabe durch eine insgesamt 145 m lange stützenfreie Flussquerung, deren schlanker Überbau von zwei bodengestützten Stabbögen getragen wird. Das Stromfeld wird im Freivorbau mit Hilfspylon und die Überbauten im Vorland durch Hubmontage hergestellt. Das Team des Ingenieurbüros Grassl übernahm im Auftrag des Staatlichen Bauamtes Passau, Servicestelle Deggendorf, die Vor- und Entwurfs- sowie die Ausführungsplanung des Brückenbauwerkes sowie die Überwachung der Bau- und Stahlbauleistung.

1 Brückenentwurf

Der geplante Neubau der Ortsumgehung Plattling Ost, St 2124, Eichendorf–Plattling–Deggendorf erfordert die Querung der Isar und des Isarnebenarmes sowie der Isarauen nordöstlich von Plattling. Hierfür wurde ein Brückenbauwerk mit ca. 606,50 m Gesamtstützweite konzipiert. Die Isarauen sind im Bereich des Bauwerkes als FFH-Schutzgebiete eingestuft. Die Eingriffe in den natürlichen Bestand wurden bei der Konzeption seiner Herstellung wie im endgültigen Zustand minimiert. Im Hinblick auf die optimale Gestaltung des Brückenbauwerkes wurden die Stützenstellung und die Konstruktionshöhe des Überbaues sowie die besondere Situation der stützfreien Querung der Isar mit den Randbedingungen zum möglichen Eingriff in den Naturhaushalt in Einklang gebracht. Für den Straßenquerschnitt gilt der Regelquerschnitt RQ 10,5, der im Brückenbereich eine Fahrbahnbreite von 8,00 m aufweist. Auf den Kappen wurden passive Schutzeinrichtungen »Super-Rail BW« für die Aufhaltestufe H2 und zur Aufnahme der Vogelflugschutzmaßnahmen mit Höhen von 1,50 m bzw. 2,50 m sowie Pfosten analog den Richtzeichnungen LS 4 und 5 mit integriertem Handlauf vorgesehen. Die Nutzbreite zwischen den Innenkanten der Handläufe beträgt 11,50 m. Die Gradiente der Straße ist im Brückenbereich den Bedingungen zu den geforderten lichten Höhen zwischen Hochwasserdämmen und Unterkante Überbau angepasst. Auf der Grundlage der Vorgaben wurden Varianten zur möglichen Bauwerksart untersucht, die das technisch Mögliche mit ansprechender Gestaltung verbinden. Die Gründungen wurden als Tiefgründungen auf Großbohrpfählen ausgeführt.

1 Brückenquerschnitt im Bogenbereich © Ingenieurbüro Grassl GmbH

2 Allgemeines

Das Ingenieurbüro Grassl hat für das Staatliche Bauamt Passau die Ausführungsplanung für den Überbau erstellt. Des Weiteren wurde unser Ingenieurbüro mit der Bauüberwachung und der Fertigungsüberwachung für den Stahlbau beauftragt. Mit einem leistungsstarken Planungsteam konnte gerade die in der Anfangsphase erforderliche Detailabstimmung mit der ausführenden Baufirma zur Berücksichtigung der exakten Montagevorgänge sichergestellt und so ein schneller Beginn der Bearbeitung und deren Prüfung durch den Prüfingenieur ermöglicht werden.

3 Tragkonstruktion Überbau

Ein Stahlverbundmehrfeldtragwerk mit durchgehend konstanter Bauhöhe und den Stützweiten 36,99 m + 3 × 41,43 m + 2 × 44,02 m + 5,18 m + 145,00 m + 5,18 m + 2 × 44,02 m + 2 × 41,43 m + 30,42 m = 606,00 m sowie einer lichten Weite zwischen den Widerlagern von 604,50 m liegt dem Entwurf zugrunde. Die Bauhöhe des Plattenbalkenquerschnittes beträgt 1,80 m und ergibt eine Überbauschlankheit von ca. 1/24. Dabei beträgt die alleinige Bauhöhe der Stahlhohlkastenquerschnitte 1,48 m. An allen Auflagerachsen werden zwischen den Hauptträgerhohlkästen Querträger, ebenfalls als Stahlhohlkästen, angeordnet. Die Ober- und Untergurtblechdicken sind zu den Pfeilerstützpunkten hin verstärkt. Die Stege der Hohlkastenquerschnitte sind für eine Aufweitung nach oben hin geneigt. Es ergeben sich variable Hohlkastenbreiten von 1,10 m an der Stegunterkante und 1,30 m an der Stegoberkante. An den Obergurten der Hohlkastenträger wurden Kopfbolzendübel aufgeschweißt, die den Verbund zwischen Stahlkonstruktion und Ortbetonfahrbahnplatte herstellen. An der Unterkante der Fahrbahnplatte wurden innerhalb des Querschnittes zwischen den Hohlkastenträgern für den Einbau der Längsentwässerungsleitungen entsprechende Festhaltungen vorgesehen. Der Überbau im Flussbereich wird von bodengestützten Stabbögen (Querneigung: 5:1; Korbbogenausführung) aus weitgehend konstanten, trapezförmigen und luftdicht verschweißten Stahlkastenquerschnitten überspannt.

2 Baugrube eines Kämpferfundamentes mit Stahleinbauteilen für die Bogenlasteinleitung © Ingenieurbüro Grassl GmbH

Die Hohlkastenquerschnitte sind analog den Plattenbalkenstegen mit b = 1,10–1,30 m variabel ausgeführt und besitzen größtenteils eine Höhe von h = 1,58 m. Nur im Kämpferbereich vergrößert sich die Querschnittshöhe auf einer Länge von ca. 18 m auf h = 2,18 m. Der Bogenstich misst 22,00 m und ergibt ein Stichverhältnis von f/I = 1/6,59.

3 Tragkonstruktion der Bogenstruktur © Ingenieurbüro Grassl GmbH

Die Bogenelemente sind am geometrischen Schnittpunkt mit den Hohlkastenstegen des Plattenbalkens biege- und torsionssteif miteinander gekoppelt. Diese Achsen bilden die Festpunkte des Brückenbauwerkes während der Montage und bleiben auch im Endzustand erhalten, so dass sich der fiktive Festpunkt in Brückenlängsrichtung im Endzustand in die Bogenmitte verschiebt. Die Lasteinleitung im Bereich des Bogens oberhalb der Fahrbahn erfolgt über zehn Rundstahlhänger mit d =150 mm, die im Abstand von 10,36 m mit biegesteifen Anschlüssen am Bogen und an den Überbauquerträgern fixiert sind. Für die gesamte Stahlkonstruktion wurde Stahl der Gütegruppe S355 gewählt. Die Ausführung der Stahlbetonfahrbahnplatte erfolgt in C35/45 und ist schlaff bewehrt.

4 Montage und Freivorbau

Zur Montage der Stahlkonstruktionen im Flussfeld sind an den Ufern Hilfsstützen für den Freivorbau des Bogens vorgesehen. Die Standorte wurden so gewählt, dass für deren Herstellung und Rückbau keine bzw. nur geringfügige temporäre Vorschüttungen aus scharfkantigem Schotter erforderlich sind und somit keine nennenswerten Einengungen im Flussprofil entstehen. Bei der Bogenbrücke werden zuerst die Fahrbahnschüsse realisiert und danach die Bogenschüsse. Die Schüsse 15 und 16 des Freivorbaus werden mit den Schüssen der Vorlandbrücke verschweißt. Danach werden die vorderen Anspannseile eingebaut und vorgespannt, schließlich werden auch die hinteren Rückhängeseile eingebaut und vorgespannt. Nachfolgend werden die Schüsse 17–22 sukzessive ausgeführt, wobei der Schuss zuerst eingehoben, verschweißt und danach mit Seilen vorgespannt und rückverankert wird. Die Schüsse 23 und 24 werden analog den Schüssen 17–22 eingebaut. Anschließend erfolgen Einbau und Vorspannung der äußeren Rückhängeseile. Der Schuss 25 wird als Letztes eingehoben und gelenkig sowie längsverschieblich verschlossert.

4 Tragkonstruktion bei Beginn des Freivorbaus © Ingenieurbüro Grassl GmbH

5 Tragkonstruktion während des Freivorbaus © Ingenieurbüro Grassl GmbH

6 Tragkonstruktion: Lückenschluss der Fahrbahn © Ingenieurbüro Grassl GmbH

7 Tragkonstruktion vor dem Auflegen des Bogens © Ingenieurbüro Grassl GmbH

8 Tragkonstruktion: Auflegen des Bogens © Ingenieurbüro Grassl GmbH

9 Abschluss der Bogenmontage © Ingenieurbüro Grassl GmbH

10 Einbau der Hänger © Ingenieurbüro Grassl GmbH Nachdem die Fahrbahnschüsse hergestellt sind, werden die Hilfsjoche für das Auflegen der Bogensegmente auf der Deckkonstruktion aufgebracht. Die Bogenschüsse 1 und 2 werden eingehoben und mit dem Bogenkämpfereinbauteil gelenkig verschlossert. Im nächsten Schritt werden die Schüsse 1 und 2 mit Festhaltequerträger verschweißt, und danach erfolgt die Verschweißung der Schüsse 1 und 2 mit Bogeneinbauteilen. Der Fahrbahnschuss 25 wird als Nächster mit Fahrbahnschüssen 23 und 24 verschweißt. Letztlich wird die temporäre Festhalterung in der Achsen 6 und 7 deaktiviert. Die Längsfesthalterung erfolgt über die Festhaltequerträger und dient auch im Endzustand als Festpunkt, so dass sich im Endzustand der fiktive Festpunkt in Brückenlängsrichtung in Bogenmitte befindet. Die restlichen Bogenschüsse (außer Schlussbogenschuss 11) werden auf einer Seite mit dem vorherigen Bogenschuss gelenkig für My und biegesteif für Mz verschlossert und auf der anderen Seite auf das nächste Hilfsjoch aufgelegt. Anschließend werden die Bogenschüsse miteinander verschweißt. Bevor die Hänger eingebaut werden, wird das Bogenschlussstück, der Bogenschuss 11, integriert und verschweißt. Die Hänger werden zuerst gelenkig eingebaut, um Biegemomente aus Eigengewicht an den Einspannstellen zu verhindern, danach werden sie oben und unten verschweißt.

11 Statisches System im Bogenbereich © Ingenieurbüro Grassl GmbH

12 Ausbau der Rückhängeseile © Ingenieurbüro Grassl GmbH

13 Ansicht des Bauwerks im Bereich des Auenwaldes © Ingenieurbüro Grassl GmbH

14 15 Montage der Hilfspylone und Seilverankerung am Pylonkopf © Ingenieurbüro Grassl GmbH

16 17 Freivorbau aus unterschiedlichen Perspektiven © Ingenieurbüro Grassl GmbH

Vor dem Ausbau der Abspannseile werden die Rückhängeseile nachgelassen, danach folgt der Ausbau der vorderen Spannseile alternierend zwischen südlichem und nördlichem Hilfspylon. Die Ausbaureihenfolge ist von außen nach innen in Richtung Brückenmitte. Nach dem Ausbau der Abspannseile werden die Hilfsjoche entfernt, von der Bogenmitte beginnend nach außen.

5 Genehmigung und Fertigstellung

Grundlage für die Durchführung der Gesamtbaumaßnahme ist der Planfeststellungsbeschluss der Regierung Niederbayern vom 10. Oktober 2010, welcher mit dem Urteil des Bayrischen Verwaltungsgerichtes vom 19. April 2012 wirksam geworden ist. Die Fertigstellung des Brückenbauwerks wird im Jahr 2021 erfolgen.

Autor: Dipl.-Ing. Markus Karpa Ingenieurbüro Grassl GmbH, München Bauherr Freistaat Bayern, vertreten durch das Staatliche Bauamt Passau

Entwurf und Ausführungsplanung Ingenieurbüro Grassl GmbH, München

Prüfingenieur Univ.-Prof. Dr.-Ing. Martin Mensinger, München

Bauausführung Berger Bau GmbH, Passau ZSB Zwickauer Sonderstahlbau GmbH, Zwickau

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