UZH Journal 3/15

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10 Campus

Journal Die Zeitung der Universität Zürich

Nr. 3, Mai 2015

DIE UZH IN ZAHLEN

Universitätsgärtnerei

FRAGENDOMINO

Moritz Daum und Elisabeth Stark

Wie funktioniert Spracherwerb? Moritz Daum, ausserordentlicher Pro­ fessor für Entwicklungspsychologie, fragt Elisabeth Stark, ordentliche Professorin für Romanische Sprachwissenschaft: «Wie kommt die Sprache in unseren Kopf?»

Die Gärtnerei der Universität Zürich ist zuständig für Unterhalt und Reinigung des Irchelparks, für die Hydrobepflanzung in den Gebäuden, die Anzucht von

Pflanzen, die Pflege der Flachdachbegrünungen, Rabatten und Kübelpflanzen sowie für die floristischen Dekorationen bei universitären Anlässen.

Quelle: Gärtnerei Universität Zürich; Zahlen für das Jahr 2014; Illustration: Azko Toda

Elisabeth Stark antwortet: «Eine provokante Antwort wäre: Sie ist schon drin. Tatsächlich zielt die Frage auf das Zentrum einer der grossen theoretischen Kontroversen der Sprachwissenschaft, die seit dem Entstehen des gene­ rativen Forschungsparadigmas in den 50er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts intensive sprachwissenschaftliche, psycholinguistische und neurolinguis­ tische Forschung hervorgebracht hat (zum Beispiel an Max-Planck-Instituten in Nijmegen und Leipzig, mit Luigi Rizzi in Genf und Sabine Stoll an der UZH). Noam Chomsky formuliert in seinen frühen Arbeiten ‹Platons Problem›, also die Beobachtung, dass die Sprachdaten (der Input), die Kleinkindern beim Erwerb ihrer Muttersprache(n) (L1) zur Verfügung stehen, zu wenige Informationen enthalten, um daraus alle notwen­ digen Schlüsse für einen vollständigen Spracherwerb ziehen zu können. Seine Schlussfolgerung war und ist, dass nur die menschliche Spezies eine angeborene Spracherwerbsfähigkeit besitzt, ein spezifisches Wissen (um ‹Prinzipien›) oder abduktive Fähigkeiten, die es ihr ermöglichen, potenziell jede menschliche Sprache mühelos zu erwerben, indem wir aus dem unvollständigen Input genau die Informationen ziehen, die unsere Sprache(n) von anderen unterscheiden (‹Parametersetzung›) – allerdings nur bis

zu einem gewissen Alter, ab dem Reifungsprozesse einen weiteren Sprach­ erwerb nach diesem Muster verunmöglichen. Was im Erstspracherwerb ‹in den Kopf kommt›, automatisch und unbewusst, ist also quasi nur die Ausbuch­ stabierung allgemeiner Eigenschaften menschlicher Sprache. Dem stehen anthropologisch-psychologische Ansätze (vor allem verbunden mit Michael Tomasello) gegenüber, die von der Annahme ausgehen, dass Menschen aufgrund ihrer allgemeinen kognitiven Fähigkeiten, etwa probabilistischen Lernens, Sprache (wie viele andere Dinge auch) in der Interaktion durch Imitation von ihren Artgenossen lernen. Egal ob automatischer Erwerb oder unbewusstes Lernen bei L1: L2, also Sprachen, die wir als Heranwachsende oder Erwachsene zu erlernen versuchen, werden mit hoher Wahrscheinlichkeit anders erlernt, wie auch ganz neue empirische Studien wieder zeigen. Das bedeutet, dass Immersion, also eine reine Input­ exposition der Lernenden wie im Kleinkindalter, nicht ausreichend und auch nicht zielführend für den L2-Erwerb ist. Hier führt meiner Ansicht nach nichts an expliziter Wortschatz-, Grammatik- und Aussprache­arbeit vorbei.» Elisabeth Stark richtet die nächste Domino-Frage an Volker Dellwo, Assistenprofessor für Phonetik am Phonetischen Laboratorium der UZH: «Wie löst die Phonetik Kriminalfälle?» Zuletzt im Fragendomino (v.r.): Elisabeth Stark, Moritz Daum, Stefanie Walter, Francis Cheneval, Sandro Zanetti, Mike Schäfer, Andrea Riemenschnitter, Bettina Dennerlein

WAS MACHT EIGENTLICH EINE …

... Allergologin?

Barbara Ballmer-Weber ist Professorin und Leitende Ärztin der Allergiestation des Universitätsspitals Zürich. Sie behandelt Patientinnen und Patienten, die beispielsweise auf Lebensmittel, Pollen oder Medikamente allergisch reagieren.

Die Behandlung beginnt mit einem Abklärungsgespräch ‒ hier mit einer Patientin, die nach dem Essen manchmal unter ­Atemnot, Schwellungen im Gesicht und Hautrötungen leidet. Die ­Patientin vermutet, dass Erdnüsse der Auslöser sind.

Ein Hauttest liefert erste Anhaltspunkte, ob die Vermutung stimmt. Die Allergologin tröpfelt Erdnussextrakt auf den Unterarm und sticht die Flüssigkeit mit einer Nadel in die Haut. Im Falle einer Allergie zeigen sich eine Rötung und eine Schwellung.


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