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Ägypten Safari auf der Nordtour

TEXT // MATTHIAS BERGBAUER FOTOS // MANUELA KIRSCHNER

AUFREGENDE SAFARIKOMBI: SCHIFFSWRACKS, KORALLENGÄRTEN UND STEILWÄNDE

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WRACKS UND SINAI

Das Jolanda-Riff am Sinai mit seinen wunderschönen Steilhängen und buntem Bewuchs.

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„Wollt ihr Wracks oder Korallengärten? Oder wollt ihr beides?“ Ein klares Votum: „Beides!“ Am besten bekommt man das auf einer Schiffssafari bei einer „Nordtour“ – dabei handelt es sich immer um eine ordentliche Portion Wracktour gepaart mit wunderschönen Steilhängen und bunten Riffen. Dabei muss man keineswegs eingefleischter Wrackenthusiast sein, denn viele davon sind teilweise schön bewachsen und Heimat zahlreicher Fische, über die Zeit also selbst zu künstlichen Riffen geworden. Zudem liegen viele Wracks direkt am Korallenriff, das praktischerweise gleich mit betaucht werden kann. Nicht zuletzt bietet eine Nordroute Gelegenheiten genug für reine Rifftauchplätze – darunter vor allem auch die Topspots am Sinai bei Ras Muhamed. Hier liegt der Schwerpunkt mehr auf Korallengärten und spektakulären Dropoffs mit Chancen auf Großfisch. Was auf einer Safari neben tollen Tauchgängen genauso wichtig für einen gelungenen Urlaub ist: das Schiff, die Crew, das Essen und die Atmosphäre! Seit Jahren schon gibt es einen klaren Trend bei den Safarischiffen: größer, komfortabler, geräumiger. Bei einer wachsenden Zahl solcher Schiffe überrascht heute auch eine moderne Einrichtung: große Kabinen, große Betten, große Taucherplattform. Dazu zeitgemäße Technik und Komfort: Flachbildschirm, DVD-Player, individuell regelbare Klimaanlage und ein eigenes Bad und Dusche. Es gibt die einfache, mittlere und die Premiumkategorie, was sich natürlich auch in den Safaripreisen niederschlägt. Die Safaris im Norden starten in der Regel von Hurghada aus. Und wie zu Beginn auf jeder Safari üblich: Zuerst wird ein Tauchgang zum Eingewöhnen gemacht. Dafür bietet sich das Wrack des Leichter bei Gubal an. Alternativ kann hier abhängig von Gästewünschen auch am Riff getaucht werden. Bei maximal 14 Meter Tiefe also noch ein ganz entspannter Tauchgang.

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Auf klassischen Nordrouten stehen besonders die vier Wracks von Abu Nuhas auf dem Programm. Die „Kimon M“ (Linsenfrachter), die „Chrisoula K“ (Fliesenfrachter), die „Carnatic“ (Weinfrachter) und die „Giannis D“ (Holzfrachter) machen den Spot zum Dorado für Wrackfans. Doch auch das Riff selbst ist lohnenswert. Dieser Abu Nuhas Erg genannte Tauchplatz besticht mit reichem Bewuchs, Fischreichtum und der Chance auf Hai- und Mantasichtungen. Auch Nachttauchgänge sind hier sehr erlebnisreich.

1) Ein klarer Trend bei den Safarischiffen:

eine große Taucherplattform.

2) Masken-Kugelfisch beim Nachttauch-

gang am Wrack des Leichters bei Gubal.

3) Safarischiff bei der Anfahrt nach Gubal. 4) Langnasen-Büschelbarsch in einer

Fächer-Gorgonie.

5) Taucherdeck mit viel Platz zum Umzie-

hen und Ausrüstung-Verstauen.

6) Fischsuppe: ein Schwarm Dop-

pelfleck-Schnapper am Ras Mohammed.

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Die „Chrisoula K“, ein gut 100 Meter langer Stückgutfrachter, wurde 1953 fertiggestellt. Im August 1981 rammte es in voller Fahrt das Abu-Nuhas-Riff. Wegen seiner Ladung, etwa 3.700 Tonnen italienischer Bodenfliesen, wurde es auch „Fliesen- oder Keramikfrachter“ genannt. Es liegt zwischen zwei und 24 Meter Tiefe und ist leicht zu betauchen. In unterem Bereich ragen die Vierblättrige und das Ruder fast vollkommen frei in Wasser. Zahlreiche Fließen befinden sich heute immer noch gestapelt in Laderäumen. Trotz erheblicher Beschädigungen, besonders im Vorschiff, ist ein Tauchgang am Wrack spannend, da es sehr viel zu entdecken gibt.

Eines der vier Wracks bei Sha’ab Abu Nuhas, die „Carnatic“.

„Carnatic“

Die „Carnatic“, im Dezember 1862 vom Stapel gelaufen, ist ein Oldtimer unter den Rotmeerwracks. Doch zu seiner Zeit war es ein sehr moderner Dampfsegler mit einer genieteten Eisplatten-Konstruktion. Das 98 Meter lange Fracht- und Passagierschiff kam auch als Postdampfer zum Einsatz. 1869 rammte der Dampfsegler mit voller Kraft das Sha’ab Abu Nuhas. Heute liegt das Wrack in 18 bis 25 Meter Tiefe auf der Backbordseite parallel zum Riff. Zwar ist das Wrack in drei Teile zerbrochen, doch wunderbar zu betauchen. Neben vielen interessanten Bereichen sind es vor allem das Gerippe aus zahlreichen Spanten und Querträgern, das einem das Gefühl gibt, durch eine mittelalterliche Säulenhalle zu tauchen. Fantastische Lichtstimmungen und reicher Bewuchs tun ihr Übriges. Das Schiff scheint an jeder freien Stelle mit Weichkorallen, Anemonen, Steinkorallen, Schwämmen und Seescheiden überzogen zu sein.

Die „Giannis D“ war ein 1969 gebauter Stückgutfrachter von knapp 100 Meter Länge und 16 Meter Breite. Am 19. April 1983 fuhr es, von Norden durch die Straße von Gubal kommend, durch einen Navigationsfehler auf das Sha’ab Abu Nuhas. Das Wrack ruht in Tiefen zwischen fünf bis 27 Meter. Schon kurz nach dem Unglück zerbrach das Schiff in drei große Teile: Bug, Mittschiff und Heck. Dazu liegen verstreut viele kleinere Einzelteile auf dem Grund. Noch gut erhalten sind das Achterschiff mit der Brücke und weiteren Aufbauten. Der Bereich des ehemaligen Mittschiffs ist heute ein Trümmerhaufen. Der Bug liegt auf seiner Backbordseite zwischen zehn und 18 Meter am Riff. Das Wrack besitzt viel Atmosphäre, bietet sehr schöne Fotomotive und erlebnisreiche Tauchgänge.

Oben Der Bug des Wracks „Giannis D“. Mitte Das Wrack ist stellenweise mit

vielen Weichkorallen bewachsen.

Unten Mittschiffs hat es sich ein Drachenkopf bequem gemacht.

„Thistlegorm“

Das weltberühmte Schiffswrack ist zugleich auch eines der am meisten betauchten. Die dramatische Geschichte des britischen Frachters, der im Zweiten Weltkrieg Nachschub und Kriegsmaterial transportierte und durch einen Luftangriff sank, können Taucher hier hautnah erleben. Die Faszination ist ungebrochen. Das hat gleich mehrere Gründe. Die 126 Meter lange „Thistlegorm“ ermöglicht allein von ihrer Größe her mehrere Tauchgänge. Der Schiffrumpf ist sehr gut erhalten, abgesehen von starken Zerstörungen im mittlerem bis hinterem Bereich, dem Zentrum der Bombenexplosionen. Teile des Wracks sind äußerst attraktiv bewachsen, besonders auch mit Weichkorallen. Schließlich die Ladung – sie ist zum Großteil noch vorhanden, an verschiedenen Stellen gut einsehbar und selbst eine Attraktion: Motorräder, Lastkraftwagen, Radpanzer, Schlepptender und neben dem Wrack liegen noch zwei herausgeschleuderte Lokomotiven.

Oben Zur Ladung der

„Thistlegorm“ gehörten auch Motorräder.

Mitte Große

Fischschwärme am Bug der „Thistlegorm“.

Unten Am Heck der

„Thistlegorm“ ist noch ein Geschütz zu sehen.

„Kimon M“

Der 106 Meter lange Stückgutfracht, wegen seiner Ladung auch als „Linsenfrachter“ bekannt, scheiterte am Sha’ab Abu Nuhas im Dezember 1978. Die Ladung von 4.500 Tonnen Linsen, die es auf seiner letzten Fahrt transportierte, war vielen Bewohnern des Riffs für einen längeren Zeitraum willkommene Zusatznahrung. Mit dem Bug zum Riff liegt das attraktive Wrack zur Steuerbordseite geneigt zwischen zwölf bis 30 Meter Tiefe. In diesem Bereich beeindrucken das riesige Steuerblatt und die Schraube. Die hintere Hälfte des Wracks ist noch gut erhalten.

Am Sinai locken auf Tauchsafaris besonders die Topriffe des Ras Mohammed und als Wracks die „Thistlegorm“ und die „Kingston“.

„Kingston“

Shag Rock steht bei Nord- bzw. Wracktouren fast immer auf dem Programm. Es liegt knapp zwei Kilometer südlich vom Shab Ali und bietet mit dem Wrack der „Kingston“ eine besondere Attraktion. Der 87 Meter lange Dampfsegler lief im Februar 1871 vom Stapel. Genau zehn Jahre später, im Februar 1881, rammte er das Riff von Shag Rock. Die „Kingston“ wurde über Jahrzehnte von Tauchern und in der Literatur als „Schraubenfrachter“ bezeichnet. Die Bezeichnung hatte das Wrack wegen des großen vierblättrigen Propellers aus Schiffsbronze auf dem Mittschiff am Oberdeck erhalten. Er mag als Ersatz oder als Teil der Ladung mitgeführt worden sein. Die maximale Tiefe an Heck und Schraube beträgt nur 16 Meter. Das Wrack steht aufrecht auf dem Grund und steigt dem Riffprofil folgend von achtern über das Mittschiff und den Bug bis in die Flachwasserzone in drei Meter an. Es ist wundervoll bewachsen und die hintere Hälfte noch recht gut erhalten. Der vordere Teil dagegen ist völlig zerstört.

Oben links Schiffsschraube der „Kingston“. Oben rechts Ein großer vierblättriger Propeller aus Schiffs-

bronze liegt mittschiffs, heute ist dieser stark bewachsen.

Unten Auch kleinere Fischschwärme kommen oft zu dem Wrack.

Die Riffe von Ras Mohammed

Ras Za’atar

Wie ein riesiger Dorn schiebt sich die Landspitze von Ras Za’atar ins Meer. Sie bildet die südöstliche Begrenzung der Bareika-Bucht und markiert zugleich den Beginn der ausgedehnten Steilwand des Ras Mohammed. Hier also beginnt das legendäre Tauchgebiet und der Auftakt kann sich sehen lassen. Ankerbojen gibt es hier nicht, es werden Drifttauchgänge vom Boot aus durchgeführt. Die südliche Seite ist als reich bewachsene Steilwand ausgebildet. Im 30-Meter-Bereich locken große Überhänge und Höhlungen, an Bewuchs fallen in diesem Bereich prächtige Kolonien Schwarzer Korallen und Fächer-Gorgonien auf – fast in jeder hocken Langnasen-Büschelbarsche. Zur Spitze hin wird es eher noch reichhaltiger. Die Südseite auch in geringeren Tiefen zu erkunden, lohnt sich auf alle Fälle. An diesem fischreichen Riffabschnitt sind regelmäßig unter anderem auch zahlreiche Fahnenbarsche, Füsiliere sowie Stachelmakrelen und Zackenbarsche zu sehen. Auch der Bewuchs mit Stein- und Weichkorallen kann sich sehen lassen.

Zwei große Leitern am Heck erleichtern den Ausstieg.

Anemone City

Ein Name, der nicht treffender hätte gewählt werden können. Zahlreiche große, teils riesige und dicht beieinander stehende Anemonenkolonien machen diesen Tauchplatz einzigartig. In so großer Zahl und dichter Ansammlung sind sie zumindest im Roten Meer kaum sonst wo anzutreffen. Natürlich werden sie, wie es sich für eine „Stadt“ gehört, bevölkert mit ungemein vielen Anemonenfischen. So viel „Nemos“ auf einen Haufen sind schon eine Seltenheit. Doch hier wohnen nicht nur die allgemein bekannten Rotmeer-Anemonenfische, sondern Wolken von Jungtieren des Dreifleck-Preußenfisches, die ebenfalls mit diesen Anemonen assoziiert sind. „Anemone City“ liegt im östlichen Bereich der Südküste der Ras-Mohammed-Halbinsel, in einer relativ geschützten Einbuchtung des Riffs, mit leicht schräg abfallendem Hang. Oft wird dieser Platz in Verbindung mit dem nahe gelegenen Shark Reef betaucht.

Shark-Riff

Zusammen mit dem benachbarten Jolanda-Riff liegt dieser Platz am südlichsten Zipfel des Sinai. Das Shark-Riff ist ein annähernd kreisrundes, frei stehendes Fleckriff. Der Bereich zum Festland hin ist lagunenartig flach, ebenso führt ein flacher Sattel zum benachbarten, in westlicher Richtung gelegenem Jolanda-Riff. Absolut dramatisch dagegen ist die Szenerie am seeseitigen Riffbereich. Hier fällt die Steilwand senkrecht auf 200 Meter Tiefe ab und man ist hin- und hergerissen zwischen der üppig mit Weichkorallen und Gorgonien bewachsenen Riffwand und dem Blick ins Freiwasser. Denn hier stehen die Chancen bestens, reichlich Fisch zu sehen. Dazu gehören Schnapperschwärme, Barrakuda-Schulen, Napoleon-Lippfische und verschiedene Arten von Riffhaien. Diese Mischung aus bodenloser Steilwand, prächtigem Bewuchs und Freiwasserfischen machen Shark-Riff zu einem echten Topplatz. Entweder taucht man das Riff umrundend in der Lagune aus oder man überquert den Sattel und beendet den Tauchgang am Jolanda-Riff.

Dieses Riff liegt unmittelbar neben dem Shark-Riff und wird häufig im Anschluss an dieses betaucht. Zur ausgiebigen Erkundung des interessanten Areals lohnt auf jeden Fall aber auch ein eigener Tauchgang. Denn abgesehen von zahlreichen kleineren Korallenfischen und anderen Riffbewohnern lockt dieser Platz mit zahlreichen Resten des 1981 hier gesunkenen zypriotischen Frachters „Jolanda“. Während eines Sturms im Jahr 1987 wurde das Wrack aus dem Flachbereich, wo es jahrelang ruhte, in große Tiefen gerissen. Geblieben sind jedoch viele Teile der Ladung. So lassen sich heute noch Stapel von Badewannen, Toilettenschüsseln, Waschbecken und andere Sanitäreinrichtungen besichtigen. Langsam aber sicher erobern Stein- und Weichkorallen die skurril anmutende Szenerie. Die Kloschüsseln haben es offenbar besonders den Feuerkorallen angetan.

Ras-Mohammed-Nationalpark

Der Bereich um Ras Mohammed, der südlichsten Spitze des Sinai, wurde 1983 per Gesetz gegründet und war der erste Nationalpark Ägyptens. Das ursprüngliche Gebiet umfasste 967 Quadratkiolmeter. Im Jahr 1988 wurde der Park entlang der nördlichen Küste Richtung Sharm el Sheikh sowie um die Inseln von Tiran und Sanafir ausgeweitet, auf eine Fläche von 480 Quadratkiolmeter. Der Park umfasst sowohl Meeresgebiet wie auch Landfläche. So kann man ihn mit Booten ebenso wie auf dem Landweg besuchen. Bei Letzterem lohnt am Eingang des Parks der Besuch des Informationszentrums. Der mit Geldern der Europäischen Union geförderte Park ist nicht nur wegen seiner außergewöhnlich herrlichen Korallenriffe ökologisch bedeutsam. Auch wenn es an Land auf den ersten Blick kaum Leben zu geben scheint, wird er wichtig für zahlreiche Vogelarten, darunter Zugvögel. Hier kommen bedeutende Populationen von Fischadlern, Weißstörchen und verschiedenen Reihern vor. Zudem leben hier mehrere Arten von Säugetieren, darunter der Wüstenfuchs. Zu den Bemühungen, Naturschutz und Tourismus miteinander in Einklang zu bringen, gehört auch, dass nur ein Teil des Parks öffentlich zugänglich ist.

Informationen unter www.egypt.travel

Informationen

Die oben beschriebene Reise kann regelmäßig wieder ab dem 20. März 2023 bei All Star Liveaboards unter All Star Red Sea gebucht werden.

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