SPIESSER SPEZIAL 133

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spezial

Unser Denken und Tun bestimmt unsere Ziele und W端nsche. Wir suchen nach Werten, nach dem, was in uns und vor uns liegt. Gut. Lasst uns also 端ber Mode reden! DAS SPIESSER-SPEZIAL ENTSTAND IN ZUSAMMENARBEIT MIT DEN VOLKSBANKEN RAIFFEISENBANKEN.


jemals H und H unte

CLAUDIA, 20, KAUFT DEN MODEMACHERN DEN GANZEN BOHEI NICHT AB. MIT IHRER OMA HAT SIE SCHON EINMAL SELBST EIN KLEID GENÄHT. VOR HOCHWERTIGER KLEIDUNG HAT SIE SEITDEM RESPEKT. NICHT ABER VOR DES KAISERS NEUEN KLEIDERN.


Kriegen wir Habenwollen Habenkönnen nter einen Hut? Claudia, 20, blättert sich durch eine Modezeitschrift. Doch die Leichtigkeit, die die Bilder ausstrahlen sollen, will sich bei ihr partout nicht einstellen. Verheißungsvoll glänzen die fünf großen Buchstaben

Stattdessen zurück in die Glitzerwelt: Yves Saint Lau-

rent hat einen Deckel für eine Kaviardose entworfen. Koffer aus Kalbsleder gibt es auf Bestellung. Dem Schuhdesigner Manolo Blahnik wurde eine Duftkerze gewidmet. Eine Duftkerze. Für einen Schuhdesigner.

auf dem Titelbild der Modezeitschrift, die ich in den Händen

Als nächstes eine Reportage über Äthiopien und die

halte. Vorne drauf ein Bild von einer Frau in einem Kleid aus

erste Afrikanerin, die eine westliche Hilfsorganisation an-

Federn, Maryna Linchuk heißt sie, nie zuvor gehört, schnell

führt. Die Fotos in gedeckten Farben: Seht, diese Menschen

vergessen. Das Kleid ist von Dior, einen Preis hat es nicht. Wenn

sind arm und trotzdem glücklich. Der Artikel zeichnet ein

mich doch mal jemand so in Szene setzen würde! Nur für einen

zwiespältiges Bild des Landes.

Tag: Morgens mit Augenringen aufstehen, zur überirdischen

Und das ist angebracht: Etwa die Hälfte der Einwohner

Schönheit geschminkt werden, ein sündhaft teures Kleid spa-

Äthiopiens ist unterernährt. Überschwemmungen, Dürreperi-

zieren tragen und kühl lächelnd für die Ewigkeit festgehalten

oden, der Verfall der Kaffeepreise, Bevölkerungswachstum und

werden. Aber was nutzt diese Ewigkeit?

Krankheiten machen das Land zu einem der ärmsten der Welt.

Ich blättere rein, überblättere die nächsten Schön-

Der größte Importeur von äthiopischem Kaffee ist übrigens

heiten und lande auf Seite 38: Ein kleiner Pinguin aus Gelb-

Deutschland. Wie teuer ist eine Tasse Kaffee bei uns eigentlich?

gold, er baumelt an einem Kettchen und starrt mich an. 1.335

Zwei Euro, zweifünfzig? Ist das teuer? Oder billig?

Frustshoppen? Wie kann man beim Einkaufen Probleme vergessen? In Luises Blog geht es um die schönen Dinge in einer kleinen Modewelt. Trotzdem gibt es auch noch die großen. Das weiß die 16-Jährige.

Euro kostet er. Eintausenddreihundertfünfunddreißig Euro.

Ab Seite 156 werden Badeanzüge mit Lederjacken

Soviel geht bei mir in einem Jahr für Lebensmittel drauf. Wie

kombiniert, Skibrillen mit Pelz. Wer soll das tragen? „Before

viel muss man verdienen, um sich diesen kleinen Pinguin zu

it‘s fashion, it‘s in Vogue“ schießt mir durch den Kopf. Die Mo-

Es ist meine kleine Welt, die ich

kaufen? Oder lässt man andere bezahlen? Hat man geerbt?

demacher und die Modekritiker berauschen sich an sich selbst.

mit anderen teilen kann: mein Blog.

Den richtigen Job? Den richtigen Ehemann? Einfach Glück

Wieso berauschen wir uns an ihnen? Anderswo bestimmt

Und wer jetzt gleich an Fashion-Victim

gehabt?

doch auch der Kunde das Angebot und nicht andersherum.

denkt, den muss ich enttäuschen. So

Kauft man ihn, weil er niedlich ist? Oder weil ir-

Letzten Sommer habe ich mir selbst ein Kleid genäht.

sehe ich mich nicht. Im schicken Kleid-

gendeine Charity-Aktion dahinter steht? Kann dieser Pinguin

Grüner Stoff und weiße Spitzenborte aus dem Kaufhaus, 25

chen bin ich doch kein anderer Mensch.

vielleicht sogar mein Gewissen beruhigen? Ich glaube nicht.

Euro. Mehrere Nachmittage saß ich mit meiner Oma an der

Frustshoppen? Nein, das gehört nicht in

Dieser Pinguin ist sinnlos. Er würde an mir nichts verändern,

Nähmaschine. Ich habe seitdem großen Respekt für hochwer-

mein Repertoire. Denn mit Einkaufen

er würde mich doch nicht glücklicher machen. Er wäre das,

tige Kleidung. Aber nicht vor dem, was von knochigen Models

kann man doch nichts vergessen, höch-

was er ist: ein Stück Metall. Nichts, um das ich seine Trägerin

auf den großen Laufstegen zur Schau getragen wird. Denn die,

stens verdrängen. Und was ist das schon

beneiden würde.

die damit viel Geld verdienen, verkaufen uns nicht ihr Hand-

wert?

Oder ist doch ein bisschen Neid dabei? Weil andere

werk, sondern Entwürfe, die vielleicht originell, vielleicht vi-

über solche Preise nicht nachdenken müssen, nicht rechnen

sionär sind – und doch nur dazu dienen, eine Illusion aus viel

Seit einem Jahr bloggt Luise auf

müssen, weil ihr Leben leichter scheint?

Nichts am Leben zu erhalten.

www.smalltowncarrie.blogspot.com

Geld ausgeben ist Notwendigkeit und Lebenseinstel-

Aber lässt sich der ganze Mode-Zirkus überhaupt ra-

lung zugleich. Geld haben eigentlich auch? Ein paar Seiten

tional begreifen? Mit Fragen nach Wert, Moral und Gerech-

weiter will mir die Modezeitschrift aus meinem moralischen

tigkeit? Je länger ich blättere, desto mehr kommt es mir vor

Dilemma helfen. Es geht ums Habenwollen, aber nicht alles

wie eine Reise in eine andere Realität. Ich will zurück, zu den

Habenkönnen. In der Einleitung „empfehlen Psychologen

Dingen, die mir sinnvoll erscheinen und die mich berühren.

freiwillige Selbstbeschränkung“. Kein Problem bei diesen

Ich schlage das Heft zu. Nichts davon werde ich mir kaufen,

Preisen, möchte man ihnen erwidern.

nichts in meinem Kopf behalten.


Was treibt Modemacher an? Und Käufer?

LUISE, 16, DENKT NACH. ÜBER SCHNITTE, FORMEN UND FARBEN. FÜR JEDEN ZUM MITLESEN. IN IHREM MODE-BLOG. EIN SCHICKES OBERTEIL MACHT SIE ABER NICHT ZU EINEM ANDEREN MENSCHEN. DAS WEISS SIE.


Maurice, 24, macht Mode und will damit Geld verdienen. Zuletzt hat ihn Ein Kleid aus grauer Chiffon-Seide besch채ftigt. Den K채ufer w체rde es bis zu 1.500 Euro kosten. Zu viel?


Wie teuer darf eine Idee sein?

Drei Fragen an Maurice. Der 24-Jährige lernt Modedesigner im dritten Lehrjahr. Wer den Wert eines Kleidungsstückes nur am Stoff ausmacht, hat die Rechnung ohne den Designer gemacht. Trotzdem ist teuer nicht alles. Wenn du ein Preisschild an dein zuletzt hergestelltes Kleidungsstück hängen müsstest, was würde darauf stehen? MAURICE Das letzte Stück, an dem ich gearbeitet habe, war ein graues Kleid aus Chiffon-Seide, das war wirklich eine aufwändige Arbeit. Allein die Stoffe haben 160 Euro gekostet. Zählt man alle Arbeit zusammen, habe ich bestimmt vier Tage daran gesessen. Die Kombi aus tollem Material und toller Idee bestimmt den Wert. Dieses Kleid entstand aus einer bestimmten Idee heraus. Und: Es ist sehr gut gelungen. 1.000 Euro würde ich aufs Schild schreiben. Ja. Oder vielleicht doch eher 1.500. Und in deinem Schrank? Welches ist das teuerste Teil? MAURICE Eine Hose aus Baumwolle, die ich mir für 60 Euro in einer kleinen Boutique gekauft habe. Obwohl die Hose ja eigentlich gar nicht so viel gekostet hat, ist sie das Wertvollste in meinem Schrank. Sie erinnert mich an so viel. Das ist mehr wert als ein Label von irgendeinem Designer. Also eher Billig-Stange statt Teuer-Label? MAURICE Ganz ehrlich, viele Designer produzieren heute in den selben Fabriken, in denen auch günstige Modeketten herstellen. Trotzdem bezahlt man den Label-Namen. Nicht die Saison oder das Label sind wichtig, sondern die Kreativität und Qualität, die in den Sachen stecken.

Wie lange muss ich für einen Pullover arbeiten?

Wer Klamotten kauft, braucht Geld. Aber wie viel sollte man dafür ausgeben? Sebastian, 19, Anne, 20, und Paul, 21, bestimmen mit, was Mode kostet. Denn sie kaufen die Teile. Oder eben nicht. SEBASTIAN Mit der ersten BAföG-Überweisung habe ich gleich mal meinen Kleiderschrank ausgemistet und mir was Neues gekauft. Da sind bestimmt 250 Euro draufgegangen. Ist aber nicht der Schnitt, sonst sind es eher 50 Euro im Monat. Ich trage gern Band-T-Shirts, eben aus meiner Musikrichtung. Mein Lieblings-T-Shirt habe ich letzten Sommer in Schweden gekauft, bei einem Musikfestival in Göteborg. Auf Konzerten schlage ich regelmäßig zu. ANNE Ich rechne schon um, wie lange ich für dieses oder jenes Kleidungsstück arbeiten müsste. Und dann denke ich mir: Nee, das brauchst du doch nicht. Deswegen geh ich auch lieber alleine einkaufen, geht schneller. Ich hab noch nie mehr als 100 Euro auf einmal für Klamotten ausgegeben. Ich geh nicht in die teuren Läden wie Esprit. Die haben zwar auch hübsche Sachen, aber die kann und will ich mir ohnehin nicht leisten. PAUL Ich gucke in den Schrank und denke: Hey, du könntest mal wieder ein T-Shirt gebrauchen. Und dann gehe ich los. An einem guten Tag kaufe ich dann zwei, drei Shirts und wenn noch eine Hose dazu kommt, war ich richtig erfolgreich. Oft finde ich aber auch gar nichts.

SEBASTIAN, 19, TRÄGT NICHT GERN DICK AUF. FÜR KLEIDUNG GIBT DER STUDENT IM MONAT VIELLEICHT 50 EURO AUS. EIN BAND-T-SHIRT BEI EINEM KONZERT IST ABER IMMER DRIN. WERT: UNBEZAHLBAR.


Machen Kleider wirklich Leute?

Melanie, 18, und Robert, 22, streiten. Über ihre Einstellung zu Mode, über ihre Persönlichkeiten und was Klamotten aus ihnen machen (sollen). Die Fetzen fliegen nicht, dafür der Mantel von Mama und die Hose vom Onkel.

ROBERT Ich gehe in den Laden, um das, was ich brauche,

MELANIE Mode ist Spaß. Sobald wir uns anziehen,

Auf einen Zettel hat er geschrieben, welche Länge und welche

nimmt unsere Persönlichkeit Farbe und Form an. Heute so

Weite er braucht. Er hat den Zettel vorgezeigt und zur Verkäu-

und morgen so: Ich kann ausdrücken, wer ich bin oder wer ich

ferin gesagt: „Es ist mal wieder so weit.“

gern sein möchte.

MELANIE Wo bleibt da der Spaß? Shoppen, weißt du, das

ROBERT Spaß? Macht mir nicht das Kaufen, sondern die

ist toll. Man zieht was anderes an, probiert Sachen aus, trifft

Reaktion der Menschen auf das, was ich anhabe. Ich liebe es,

Leute...

völlig overdressed oder underdressed zu sein.

ROBERT ... aber vor allem wendest du Zeit und Geld auf.

MELANIE Das könnte ich nicht, auf gar keinen Fall. Nein.

MELANIE Ich bin nicht die, die 107 Euro ausgegeben hat, ich

Ich könnte nie in Jogginghose in die Schule gehen.

bin die Schnäppchenjägerin. Ich brauche keine teuren Sachen,

ROBERT Aber das würde doch zu deinem Wunsch passen,

da ist mir am Ende auch die Qualität nicht so wichtig. Denn

deine Persönlichkeit auszudrücken.

in zwei Jahren trage ich das Oberteil ohnehin nicht mehr, weil

MELANIE Aber die hat ja so viele Facetten. Ich kann mal in

ich es nicht mehr toll finde. Und was bringt es mir dann, wenn

Jogginghose durch die Kante rennen, aber liebe es auch total

das Teil zehn Jahre hält?

schick. Ich bin vielschichtig, ich bin ja nicht nur eine.

ROBERT Es wäre doch im Interesse deines Geldbeutels

ROBERT Wenn ich mit meinen Klamotten immer ausdrü-

und deiner inneren Sanduhr, wenn du dir einen möglichst

cken wollte, wie es mir gerade geht, dann müsste ich mich

sicheren Stil zulegst, mit Kleidern, die du möglichst lange tra-

wahrscheinlich fünfmal am Tag umziehen.

gen kannst.

MELANIE Mache ich auch nicht. Trotzdem ist mein Kleider-

MELANIE Ich kann nicht heute dasselbe anziehen wie mor-

schrank übervoll. Jetzt denkst du vielleicht, dass ich unglaub-

gen oder gar übermorgen. Ich will jeden Tag was Anderes sein!

lich viel Geld dafür ausgebe. Stimmt aber nicht. Eine Freundin

Es ist doch merkwürdig, wenn ich in den Spiegel schaue und

hat gerade zwei Hosen und ein T-Shirt gekauft – für 107 Euro!

genauso aussehe wie gestern.

Weißt du, wie viel ich dafür kriegen könnte?

ROBERT Man kommt langfristig preiswerter weg, wenn

ROBERT Die Frage ist doch auch: Passt das Outfit zur Per-

man auf Qualität setzt.

sönlichkeit? Ich kaufe einem Mädel, das 18 oder 19 ist, nicht ab,

MELANIE Das sagt meine Mama auch. Beim Blick auf den

dass es aus eigener Kraft die Mittel aufbringt, sich wahnsinnig

teuren Mantel – für den ich nie soviel Geld ausgeben hätte –

teure Markenklamotten zu kaufen. Das sagt doch nichts an-

meinte sie: „Aber das ist gute Qualität.“ Stimmt vielleicht, aber

deres aus als „Meine Eltern haben eine fette Geldbörse.“

ich mag nicht so viel Geld ausgeben. Naja, den Mantel hat mir

MELANIE Dann guckst du ja schon, was andere tragen.

dann meine Mama bezahlt. Aber ansonsten gehe ich neben der

ROBERT Generell versucht jeder von uns mit seiner Klei-

Schule arbeiten und kaufe mir Klamotten von meinem Geld.

dung ein möglichst erfolgreiches Signal nach außen zu sen-

ROBERT Die Winterjackendiskussion kenne ich. Ich hab

den. Das kann heißen: Ich habe beruflichen Erfolg. Oder: Ich

mir vor drei Jahren einen Sommermantel gekauft. Nur muss

kann Sex haben, wann immer ich möchte. Oder: Ich komme

ich mich ja irgendwie im Winter warmhalten. Da habe ich mir

mit allen Situationen klar.

einfach im Baumarkt so eine Thermo-Arbeitsweste gekauft

MELANIE Wie oft gehst du eigentlich shoppen?

und zieh die drunter.

ROBERT Ich glaube, ich gehe gar nicht wirklich shoppen.

MELANIE Scheiße, das geht?

MELANIE Nicht?

ROBERT Ja, das geht.

einzukaufen.

MELANIE Also richtig mit Ziel? Du brauchst eine Hose, willst eine Hose kaufen und dann gehts los: Hose kaufen? ROBERT: Einkaufen ist Zeitverschwendung. Mein Onkel ist einmal alle drei Jahre in ein und den selben Hosenladen rein.

Was ist euer ModeLiebling? Ist es das T-Shirt vom Flohmarkt in Amsterdam oder der Schal, den Oma strickte? Die Jeans, die Rock am Ring überlebte oder das Kleid, das schicke? Was ist euer Mode-Liebling? Sagt und vor allem zeigt es uns: Ladet ein Foto von dem Kleidungsstück hoch, das euch ans Herz gewachsen ist! Unter allen Teilnehmern werden per OnlineVoting 4-mal 250 Euro für Klamotten eurer Lieblingsmarke verschenkt. Mitmachen und gewinnen könnt ihr unter „MeinModeLiebling“ auf SPIESSER.de/gewinnen oder auf vr-future.de/voting


JASMIN, 26, RECHNET NICHT DAMIT, GANZ OHNE SELBSTAUSBEUTUNG AUSZUKOMMEN. IHR MODE-LABEL WILL SIE DENNOCH NICHT DARAUF AUFBAUEN. IHRE T-SHIRTS MÜSSEN ERDACHT, GEMACHT UND VERKAUFT WERDEN. DESIGN ALLEIN REICHT NICHT.

Impressum Das SPIESSER-Spezial entstand in Zusammenarbeit mit den Volksbanken Raiffeisenbanken. Herausgeber: SPIESSER – die Jugendzeitschrift Projektleitung: Romy Rock, Gunter Leinhoss Projektbegleitung: BVR – Bundesverband der Deutschen Volksbanken Raiffeisenbanken e.V. www.vr-future.de Redaktion: Jörg Flachowsky Autoren: Claudia Flach, Anna Gnörich, Maria Krausch, Annegret Müller, Birk Grüling Fotografen: Klaus Gigga, Ilse Dunkel / Pixelio Grafik: Ronny Pietsch

Kann ich mit T-Shirts Geld verdienen?

Jasmin ist 26. Fuckingchic heißt ihr Modelabel. Spiegelschrift ist ihr Markenzeichen, Buchhaltung und Steuern sind ihre Herausforderungen.

signs in ein paar Monaten bei H&M sehen. Am folgenden Tag

Du designst und verkaufst T-Shirts. Die meisten in dei-

JASMIN Genau. Deswegen musste ein einprägsamer Label-

war ich drei Stunden auf dem Patentamt – jetzt bin ich Gebrauchsmusterschutz- und Markenrechts-Profi. Es wurde also ernst.

Machen Klamotten uns zu Individuen in der ModeHerde? Laura bloggt über Mode.

nem Alter sind eher Käufer.

name her und eine Website, um erreichbar zu sein. Ich habe

JASMIN Ja, so begann auch alles bei mir. Ich war als Ein-

Etiketten drucken und Stempel anfertigen lassen, um meinem

kaufsberaterin mit einem Freund unterwegs, doch auch im

Projekt eine griffige Corporate Identity zu verleihen. Ich be-

zehnten Laden haben wir kein T-Shirt gefunden, das uns ge-

fürchtete, sonst in der verträumten Ich-lebe-mich-jetzt-auch-

fallen hätte. Da habe ich ihm vorgeschlagen, selbst ein paar

mal-kreativ-aus-Ecke zu landen.

Shirts für ihn zu machen.

Und dann kamen die Geld-und-Unternehmer-Themen?

Und du hattest gleich konkrete Ideen?

JASMIN Ja. Den Theorie-Block – Steuer und Buchführung

JASMIN Ich dachte mir: Okay, ich kann zeichnen und gute

– könnte gern jemand für mich übernehmen. Außerdem den

Sprüche fallen mir allemal ein. Ich brauche nur Pinsel, Tex-

Einkauf der Rohstoffe. Es ist gar nicht so leicht, die besten

tilfarbe und ein einfarbiges Shirt – dann mach ich, was mir

Shirts und Farben zum niedrigsten Preis zu finden. Am zeit-

Egal, wie du dich präsentierst,

gefällt, und er muss damit herumlaufen. (lacht)

aufwendigsten sind Vertrieb und Werbung. Ich muss Nach-

egal, was du wie trägst – unweigerlich

Und er ist damit rumgelaufen...

frage erzeugen. Die Sachen müssen in Läden und im Internet

drückst du damit etwas aus. Trendgeber

JASMIN Ja, das Ergebnis kam gut an und es gab erste – naja,

in Blogs oder in sozialen Netzwerken platziert werden. Auch

sind für mich auch deshalb Menschen,

sagen wir mal Bestellungen aus dem Freundeskreis. Da kam

hier ist Einfallsreichtum gefragt.

die unangestrengt ihre Attitüde mit

dann so langsam die Idee, damit Geld zu verdienen.

Zum Beispiel?

Hilfe von Visuellem nach außen tragen,

Aber gibt es nicht unsagbar viele T-Shirt-Buden?

JASMIN Ich habe das Theken-Team einer angesagten Bar

Leute, die sich treu bleiben und sich

JASMIN Ja, natürlich. Gerade in Berlin sind so viele kreativ

überredet, eine Samstagnacht meine Shirts zu tragen. Interes-

dennoch entwickeln und inspirieren

und bereit, sich selbst auszubeuten. Ich habe unzählige Leute ge-

senten gaben sie meine Visitenkarte.

lassen. Jeder einzelne lässt sich doch –

troffen, die Shirts bedrucken und habe sie ausgefragt, wo kauft

Was müssen Jungunternehmer da draußen also drauf haben?

wenn auch nur in Abgrenzung zu ande-

ihr die Shirts, wie viel kosten die, was investiert, was verdient

JASMIN Schafft euch ein Gefühl vom Markt und haltet In-

ren Gruppen – durch bestimmte äußere

ihr? Das Ergebnis war ernüchternd. Die verdienen nichts.

vestitionskosten und Selbstausbeutung überschaubar. Dann

Merkmale unterscheiden – Punks tragen

Bei dir wird das anders? Du machst weiter?

das Übliche: an seine Idee glauben und durchhalten.

Iro, Rapper Baggy Pants und die alter-

JASMIN Klar! (lacht) Denn ich habe auch gesehen, dass das,

Was denkst du, wenn du T-Shirts auf der Straße siehst, die dir

native Szene trägt Chucks. Auch wenn

was ich mache, etwas Besonderes ist und einen hohen Wieder-

nicht gefallen?

sich die Grenzen vermischen: Mit der

erkennungswert hat. Außerdem habe ich viel positive Reso-

JASMIN Schlechte T-Shirts faszinieren mich. Ich denke mir

Mode bleibt uns ein kleiner Zusammen-

nanz erhalten. Das motiviert natürlich.

dann immer: Super, es gibt für alles einen Markt!

halt, eine Art äußere Verbrüderung.

JASMIN Bevor ich auf die Designmärkte ging, machte mir

Jasmin betreibt seit Sommer 2010 das Modelabel Fuckingchic

Laura ist Frontfrau der Band

ein Freund richtig Angst: Ich solle unbedingt meine Idee mit

(www.fuckingchic.com). Ihre T-Shirts sind handbemalt und

„Deine Jugend“ und bloggt unter

der Spiegelschrift schützen lassen, sonst würde ich meine De-

zwar in Spiegelschrift.

www.thesuckingsucks.blogspot.com

Über die Mode, die sie inspiriert, die ihr hilft, Individuum zu sein und sich trotzdem mit anderen zu verbrüdern.

Wie lange ist das Besondere besonders?


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