Siegessäule Nov 2014

Page 39

***036_039_heute_Bühne_Programm 21.10.14 17:52 Seite 39

FOTO: TANJA SCHNITZLER

Bühne 39 Queeraffines Theater hat viele Facetten. Vom großen Theaterraum bis zur kleinen Cabaretbühne: Platz für eine Federboa ist überall. Hier ein paar Tipps vom (Klein-)Kunstexperten Frank Hermann

Bretterwald > Renata Ravell ist eine der dienstältesten Berliner Travestiekünstlerinnen. Am 07.11. begeht sie ihr 50. Bühnenjubiläum und hat sich dafür im Wilde Oscar eingenistet, pardon, eingemietet. Die Stationen ihrer Karriere sind illuster, ihr Outfit ist eine Ausstattungsrevue für sich: große Perücken und Pailletten en masse. Auch im Kino war sie zu sehen, in „Immer nur Glück gehabt“, dem Film über Rolf Eden, in dessen Cabaret „New Eden“ sie viele Jahre als Conférenciere engagiert war. Ravells Programm zum Jubiläum heißt „Endspurt“ – was missverständlich sein könnte, denn es bedeutet sicher nicht, dass sie auf Abschiedstournee ist. Angekündigt ist „eine humorvolle musikalische Reise mit den schönsten Liedern von Marlene Dietrich, Hildegard Knef und Alexandra“, ferner wird auch „damenhafter Witz“ in Aussicht gestellt. Das ist vielleicht nicht gerade progressive Travestie, aber die gibt es auch nicht bei der etwas jüngeren Margot Schlönzke, die ja schon seit einiger Zeit das Wilde Oscar bespielt. Am 25.11. ruft sie wieder – bei freiem Eintritt – zum beliebten Kiezbingo. Aber auch andernorts ist Margot effektiv unterwegs: Im Kreuzberger Rauschgold beipielsweise läuft weiterhin ihr „Cage aux Proll“. Apropos Käfig: Bevor die erfolgreiche Inszenierung des Musicals „La Cage aux Folles“ in der Bar jeder Vernunft im Dezember ihre Wiederaufnahme feiert, gibt es in Potsdam die Premiere des Stücks. Am 07.11. öffnet im Hans Otto Theater der Nachtclub von Georges und Albin alias Zaza. In den Hauptrollen stehen mit Raphael Rubino (Georges) und Bernd Geiling zwei bewährte Ensemblemitglieder des Theaters auf den Brettern. Die beiden werden sich streiten, um das Wohl von Georges’ Sohn sorgen, gegen stockkonservative Schwiegereltern in spe ankämpfen und obendrein ihre Liebe retten. Das Musical von Jerry Herman und Harvey Fierstein hat Patina, ist aber auch irgendwie unkaputtbar. Genauso unkaputtbar ist offensichtlich das Neuköllner Unikum Theater im Keller. Seit 1987 hält Intendant und „Mutter“ des Ensembles Michael Brenncke in der Weserstraße wacker die Stellung. Jeweils freitags und samstags geht hier die Show „En Vogue“ über die kleine Bühne. Die „perfekt geschminkte Gesellschaftsstudie“ bringt mit Travestie im Playbackverfahren sowie mit Livegesang Hausfrauen aus Dortmund zum Kreischen, aber auch Berliner, wenn sie den Weg hierhin finden. Die Künstler machen Trash, sie lieben es nach eigenem Bekunden auch und vor allem: Sie nehmen sich selbst nicht bierernst. Keine Travestie, aber ein kleiner Geheimtipp: „Seid nett zu Mr. Sloane“ von Joe Orton beim Insel Theater. Termine: 01., 02., 15.,16.11. Der Spielort ist ein schnuckliger Theaterraum in der Arminiusmarkthalle in Moabit. Das vierköpfige und hochmotivierte Ensemble verdient Unterstützung, auch wenn nicht alles hochprofessionell daherkommt, schließlich ist es eine Amateurbühne. Immerhin muss es sich ab dem 13.11. dem Vergleich mit einer Inszenierung desselben Stücks am Gorki Theater stellen. <


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.
Siegessäule Nov 2014 by SIEGESSÄULE - Issuu