Fuze Magazine 31

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BEAR OBEY THE MUSIC! „Karriere in Lichtgeschwindigkeit“ könnte man

AN EARLY CASCADE LIEBER WAS G’SCHEITS. Laut Volksmund sind Schwaben flei-

ßig und arbeitsam, und glaubt man der Werbung, können sie alles – außer Hochdeutsch. AN EARLY CASCADE, die als offizielle Heimat Stuttgart angeben, beherrschen laut eigener Aussage sogar Letzteres. Zwischen der Gründung der Band und ihrem ersten regulären Longplayer sind trotzdem satte sieben Jahre vergangen. Dafür ist „Versus“ aber auch außerordentlich gut geworden. „Nach unserem Minialbum ,Your Hammer To My Enemy‘ haben wir eineinhalb Jahre nur live gespielt und uns nicht weiter um die nächste Platte gekümmert. Irgendwann bekamen wir dann wieder Lust, etwas Neues zu schreiben, fielen aber erst einmal in ein kreatives Loch. Wir hatten keine Ahnung, in welche Richtung es gehen sollte und wie wir überhaupt weitermachen wollen. Uns ,neu zu erfinden‘ hat ziemlich lange gedauert“, erklärt Gitarrist Daniel Strohhäcker das gemächliche Arbeitstempo seiner Band, nachdem er es sich mit einem Bier neben dem zweiten Gitarristen Michael Schab und Schlagzeuger Daniel Wied auf einer Couch gemütlich gemacht hat. Gelohnt hat sich die Geduld allemal: „Versus“ ist von Anfang bis Ende ein beeindruckendes und forderndes Stück Musik geworden, getragen von einer schwer greifbaren Energie und aufgeschlossen gegenüber den verschiedensten Stilrichtungen. Für den großen Umbruch in ihrer Musik hat jeder der drei eine etwas andere Erklärung, die sich allerdings bestens ergänzen. „Wir wollten einfach etwas anderes machen als all die anderen Metalcore-Bands. Wir hören ja auch kaum noch solche Musik“, fasst Michael Schab die Grundstimmung zusammen. „Dazu kommt, dass unser Sänger Maik [Czymara] nun einmal nicht der schlechteste Sänger ist, und es einfach schade gewesen wäre, seine Stimme zu verstecken. Deswegen ist der Gesangsanteil auf ,Versus‘ auch viel höher als früher. Er kann sich so einfach besser ausdrücken, was ihm verständlicherweise auch mehr Spaß macht“, fügt Daniel Wied hinzu. Und Daniel Strohhäcker erklärt: „Früher haben wir alle viel BOTCH gehört und wollten alles so verrückt wie möglich klingen lassen. Man kann mit dieser Art von Musik aber nicht viel mehr ausdrücken als Aggression und Verwirrung.“ Die fünf Mitglieder von AN EARLY CASCADE kennen sich schon ewig, sind im beschaulichen Örtchen Kornwestheim aufgewachsen und waren zusammen in den zahlreichen Jugendhäusern Baden-Württembergs unterwegs („Wir saufen auch zusammen“). Bedienen sie bei so viel Heimatverbundenheit deshalb vielleicht auch gängige Klischees über Schwaben? Sind sie zum Beispiel geizig? „Die Mentalität ist eher so, dass man lieber lange spart und sich dann was G’scheits kauft anstatt irgendeinen Scheißdreck. Besser länger warten, als nur irgendwas zu nehmen“, so Michael Schab. Schön, wie sich an dieser Stelle der Kreis zur Musik seiner Band schließt. Benedikt Ernst

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das, was die vier Belgier der Tech-Metal-Combo BEAR gerade hinlegen, wohl nennen. Oder besser – der schlechte Wortwitz sei an dieser Stelle gestattet – Karriere in einem Bärentempo. Gegründet beziehungsweise endgültig zusammengefunden oder „verschworen“, wie es im Pressetext heißt, wurde sich nämlich erst im Frühling 2010. Seitdem steht zu Buche: erste EP veröffentlicht, zahlreiche Shows gespielt – inklusive einer UK-Tour –, Plattenvertrag abgegriffen, EP wiederveröffentlicht und Debütalbum vorgelegt. Keine schlechte Bilanz für nicht einmal zwei Jahre und ein guter Grund, bei Bassist Dries Verhaert nachzufragen, an wen man seine Seele verticken muss, um so einen Kickstart hinzulegen. „Da gibt es eigentlich kein großes Geheimnis, und dunkle Mächte mussten wir auch nicht beschwören, um dahin zu kommen, wo wir gerade stehen. Alle von uns waren schon vor ihrer Zeit bei BEAR in anderen Bands aktiv, und so konnten wir unsere Kontakte nutzen, um an Shows zu kommen oder günstig aufzunehmen. Ich war zum Beispiel bei DEATH BEFORE DISCO, aber die Palette reicht von New Metal über Hardcore bis Rock.“ Mindestens so breit gefächert ist dann auch der Sound, der dem Hörer des Debütalbums um die Ohren fliegt: „Ich weiß gar nicht genau, wie ich es beschreiben soll, einfach nur Tech Metal trifft es wohl nicht ganz. Es ist vielmehr eine Mischung aus vielen Hardcore- und Metal-Varianten. Das kann durchaus sehr technisch sein, muss es aber nicht.“ Alles kann und nichts muss also, außer einer Sache vielleicht: „Obey the bear!“ Wahlweise noch mit einem dezent eingeflochtenen „fucking“ versehen. So jedenfalls lautet das omnipräsente Motto des belgischen Quartetts. Aber warum sollten wir Meister Petz so willenlos gehorchen? „Das Ganze ist eigentlich eher ironisch zu verstehen. Es geht darum, sich seines eigenen Verstandes zu bedienen, sich selbst eine Meinung zu bilden und danach zu handeln. Egal, ob man an Gott, Allah oder irgendetwas anderes glaubt, das kann jeder für sich entscheiden, aber niemand hat das Recht, es anderen aufzudrücken – auch in anderen Zusammenhängen als Religion. Insofern ist ,Obey the bear!‘ nur ein ironisches Bild, das auf einen blinden Gehorsam anspielt.“ An dieser Stelle nicht ganz kurz auf Kant zu verweisen, der die Sache in etwa auch so gesehen haben dürfte – „Habe Muth, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“ –, fällt schwer und wird deshalb auch nicht unterlassen. Was die beiden Brüder im Geiste aber trennt, sind nicht nur knapp 227 Jahre zwischen der Veröffentlichung ihrer Werke, sondern auch der Fokus ihrer Arbeit: „Unser Hauptaugenmerk liegt vor allem auf der Musik. Wenn sich einige Leute mit den Texten identifizieren können, ist das sehr cool, aber unser vorrangiges Ziel ist es, gute, heftige und anspruchsvolle Musik zu machen.“ André Jahn Foto: Sam Velghe

06.11.11 19:10


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