MAG 21: Lohengrin

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MAG 21

Klaus Florian Vogt singt Lohengrin


Teo Gheorghiu Klavier © Roshan Adhihetty

So, 5. Oktober 2014, 19.30 Uhr Tonhalle Zürich Mozart: Klaviersonate Nr. 18 D-dur, op. 47 Chopin: Ballade Nr. 3 As-dur, op. 47 Schubert/Liszt: Soirées de Vienne Nr. 6 Schubert: Impromptus D 899, op.90

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Editorial 1

Schneeglöckchen im August Sehr verehrtes Publikum, wenn die Mitarbeiter des Opernhauses aus den langen, verdienten Theaterferien zurückkehren, schwingt Jahr für Jahr viel Vorfreude in der allgemeinen Wiedersehensfreude mit. Man spürt, mit wie viel frischer Energie und Lust die Mitarbeiter die neue Spielzeit und ihre Herausforderungen vor Augen haben. Deshalb ist das allmähliche Erwachen des Opernhauses aus dem sommerlichen Theaterschlaf jedes Jahr eine Zeit von grossem frühlingshaftem Zauber. Früh kehren die Balletttänzer in die Probensäle zurück. Sie sind die Schneeglöckchen der neuen Spielzeit. Dann erklingen die ersten Töne im Haus, noch bevor die Handwerker ihre letzten Renovierungsarbeiten abgeschlossen haben. Die Büros füllen sich, und die Menschen an den Schreibtischen haben für einen sehr kurzen, trügerischen Moment das Gefühl, entspannt und ohne Zeitdruck gleichsam mit einem Gänseblümchen zwischen den Zähnen arbeiten zu können. Aber dann geht plötzlich alles ganz schnell. Mit explosionsartiger Heftigkeit bricht das pralle Theaterleben im Opernhaus aus wie nach einem verspäteten Wärmeeinbruch im Mai: So viele Wochen sind es nun auch nicht mehr bis zur Saisoneröffnung. Die Proben für die erste Neuproduktion der Spielzeit haben längst begonnen. Das grosse Eröffnungsfest will vorbereitet sein. Die neue Kinderoper wird an diesem Tag Premiere haben. Zwei Wiederaufnahmen müssen gleich nach dem Spielzeitstart szenisch wie musikalisch blitzsauber geprobt auf die Bühne gebracht werden. Das erste Philharmonische Konzert steht an, zwei prominent besetzte Liederabende sollen ihr Publikum finden, und eigentlich

MAG 21/September 2O14 Unser Titel zeigt Klaus Florian Vogt, ein Porträt über den Sänger lesen Sie auf Seite 23 (Foto Florian Kalotay)

wäre jetzt der richtige Zeitpunkt, mit klarem Kopf und neuen Ideen wichtige Entscheidungen für die kommenden Spielzeiten zu treffen. Ehe man sich versieht, summt und brummt das Opernhaus, als habe es die Ferien nie gegeben. Dieser Augenblick liegt bei Drucklegung unseres ersten MAG der neuen Spielzeit bereits hinter uns. Wir fiebern jetzt dem Tag entgegen, an dem sich der Vorhang wieder hebt! Und ich hoffe Sie, verehrtes Publikum, fiebern mit uns, denn vieles haben wir für Sie vorbereitet – den neuen Lohengrin etwa, den unser Intendant Andreas Homoki inszeniert und der musikalisch geleitet wird von Simone Young, der Hamburger Dirigentin und Opernintendantin, die zum ersten Mal am Opernhaus Zürich zu erleben ist, ebenso wie der Tenor-Star Klaus Florian Vogt, der die Titelrolle singt. Beim Eröffnungsfest erwartet Sie ein dichtgedrängtes Programm in allen Räumen des Opernhauses. Und auch die Gänsemagd wird dann bühnenreif sein, unsere neu produzierte Oper für Kinder ab 6 Jahren. Zu diesen Veranstaltungen und vielen mehr finden Sie Themen und Texte in unserem Magazin, mit dem wir Sie auch in der kommenden Spielzeit wieder über alle Aktivitäten des Opernhauses informieren, Künstler vorstellen und Hintergründe zu unseren Neuproduktionen liefern wollen. Verpassen Sie den Opernfrühling im Herbst nicht und seien Sie dabei, wenn am 20. September die Spielzeit mit dem grossen Eröffnungsfest beginnt. Claus Spahn


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Inhalt 3

Zu unserer «Lohengrin»-Premiere: Interviews mit dem Politologen Herfried Münkler und Andreas Homoki; Klaus Florian Vogt im Porträt

12 Das Programm für unser grosses Eröffnungsfest am 20. September

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Die Wiederaufnahme von Giacomo Puccinis Oper La Fanciulla del West

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Iris ter Schiphorsts Kinderoper «Die Gänsemagd» nach einem Grimm-Märchen hat am 20. September Premiere Die Philharmonia Zürich präsentiert sich in einem neuen Konzertraum im Opernhaus

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42 7 Oper aktuell 8 Drei Fragen an Andreas Homoki 10 Wie machen Sie das, Herr Bogatu? 32 Die geniale Stelle

Fragebogen 39 Porträt 44 Kalendarium und Serviceteil 47 Sibylle Berg 52


DICKE BRETTER BOHREN

Fotos: Stefan Deuber

Abend für Abend stehen unsere Sänger auf den Brettern, die die Welt bedeuten. Das macht den Brettern nichts aus. Aber auch Bühnenbildteile, Gerüstkonstruktionen, schwere Requisiten und immer neue Bodenbeläge müssen sie aushalten. Das tut dem Holz auf Dauer gar nicht gut. Von Zeit zu Zeit muss deshalb jeder Opernbühnenboden erneuert werden. In dieser Sommerpause war die Drehbühne dran. Wochenlang haben unsere Techniker dafür dicke Bretter gebohrt.



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Oper aktuell 7

Philharmonia Zürich mit Beethoven

Liedmatinee Diana Damrau Für Diana Damrau, die auf allen grossen Bühnen der Welt als Koloratursopranistin Begeisterungsstürme entfacht, ist neben der Oper auch die filigrane Kunst des Liedgesangs ein wichtiges Standbein. Und so darf man sich schon jetzt auf ihre stets wie mit dem Silberstift gezeichneten, sprachgenauen Liedinterpretationen freuen. Auf dem Programm ihres Zürcher Liederabends stehen diesmal Werke von Franz Schubert (u.a. Ganymed, Frühlingsglaube und Ellens Gesänge) und Richard Strauss (u.a. Vier letzte Lieder). Am Klavier begleitet sie der renommierte Pianist Helmut Deutsch. Sonntag, 12. Oktober, 11 Uhr, Opernhaus

Fotos: oben links, Tanja Niemann / unten rechts, Juan Diego Castillo Ramirez

Liederabend Bryn Terfel Als Fliegender Holländer brachte er unlängst das Opernhaus zum Erbeben, nun ist der walisische Starbassbariton Bryn Terfel auch in einem seiner seltenen Liederabende zu erleben. Gemeinsam mit dem Pianisten Malcolm Martineau widmet er sich zunächst Liedvertonungen von Robert Schumann (Die beiden Grenadiere, Widmung, Du bist wie eine Blume u.a.), Franz Schubert (Liebesbotschaft, Litanei, Auf dem Wasser zu singen u.a.), John Ireland und Frederick Keel. Im zweiten Teil folgen Lieder von Roger Quilter und Jacques Ibert sowie mitreissende Arien von Bösewichtern aus der Opernliteratur. Montag, 22. September, 19 Uhr, Opernhaus

Zu Beginn unserer diesjährigen Konzertreihe steht erstmals Diego Matheuz am Pult der Philharmonia. Der erst 30-jährige Dirigent ging, wie auch Gustavo Dudamel, aus «El Sistema» hervor, einer äusserst erfolgreichen Kulturorganisation zur Förderung junger Talente in Venezuela. Seit 2009 Erster Gastdirigent von Abbados Orchestra Mozart in Bologna, wurde Matheuz 2011 zum Chefdirigenten des Teatro La Fenice in Venedig ernannt. Auf dem Programm stehen Schönbergs Fünf Orchesterstücke op. 16, Mahlers Rückert-Lieder und Beethovens Vierte. Solistin ist Mezzosopranistin Anna Stéphany. 28. September, 20 Uhr, Opernhaus Hinweis: Neu finden die Philharmonischen Konzerte jeweils abends und im Opernhaus statt. Siehe auch S. 42

Ballett Zürich in Lateinamerika Nach der Sommerpause begann die neue Saison für die Tänzerinnen und Tänzer des Balletts Zürich mit einem Gastspiel in Lateinamerika. Im hochmodernen Teatro Mayor der kolumbianischen Hauptstadt Bogotá

stand Christian Spucks Ballett Romeo und Julia auf dem Programm, live begleitet vom Orquesta Sinfónica Nacional de Colombia unter Leitung von David Porcelijn. Mit Ovationen feierte das Publikum die Compagnie aus Zürich, insbesondere Katja Wünsche und Denis Vieira sowie Yen Han und Wei Chen in den Titelrollen. Zweite Station der zweiwöchigen Tour war der traditionsreiche Palacio de Bellas Artes in Mexiko City, wo das Ensemble mit Spucks Büchner-Ballett Woyzeck zu erleben war.

Operneinspielung des Jahres Unser auf historischen Instrumenten spielendes Orchestra La Scintilla darf sich über einen ECHO-Klassik freuen: Die Einspielung von Bellinis Norma mit dem Zürcher Alcina-Gespann Cecilia Bartoli und Giovanni Antonini wurde als beste Operneinspielung (19. Jahrhundert) ausgezeichnet.Herzlichen Glückwunsch! Der deutsche Musikpreis ECHO gehört zu den bekanntesten Auszeichnungen der Musikwelt und wird jährlich von der Deutschen Phono-Akademie verliehen. Mit: Cecilia Bartoli, Sumi Jo, Liliana Nikiteanu, John Osborn, Michele Pertusi, Reinaldo Macias, Giovanni Antonini, Orchestra La Scintilla

Das Ballett Zürich beim Gastspiel im Teatro Mayor, Bogotá


Drei Fragen an Andreas Homoki 8

Wie lange sollte aus Ihrer Sicht ein Intendant ein Theater leiten? Wenn der Vorlauf drei bis vier Jahre ist, dann bedeutet das, dass bei einem Fünfjahresvertrag in dem Moment, in dem man das Amt tatsächlich antritt, die erste Periode zu 80 Prozent bereits verplant ist – das heisst, die Möglichkeiten, auf das zu reagieren, was man geplant hat, sind begrenzt. Nach fünf Jahren ist man dann gerade so auf Kurs und sollte den eingeschlagenen Weg unbedingt weitergehen, egal was für attraktive Angebote von anderen Theatern man vielleicht bekommen mag. Nach zehn Jahren –

das ist meine Erfahrung auch aus Berlin – ist das künstlerische Statement klar, die Veränderungen, die man bewirkt hat, sind abgeschlossen, und man kann überlegen zu wechseln. Wenn aber beide Seiten das Gefühl haben, die Konstellation hat immer noch viel zu bieten, sollte man natürlich nicht ausschliessen, noch eine gewisse Zeit weiterzumachen. Das Motto Ihres Neubeginns hier in Zürich war «Öffnung». Nun sind zwei Spielzeiten vorbei, und diese Öffnung hat auf verschiedenen Ebenen bereits stattgefunden. Wie soll es in den nächsten Jahren weitergehen mit dem Opernhaus? Ein solcher Prozess ist nach zwei Spielzeiten ja noch nicht abgeschlossen. Natürlich haben wir die grossen Gesten wie unser Eröffnungsfest oder «oper für alle» jetzt platziert; wir werden nicht noch einen ganz neuen Event in dieser Richtung erfinden. Jetzt geht es darum, die Öffnung immer wieder neu zu leben. Es nützt ja nichts, nur die Türen zu öffnen; das, was hinter diesen Türen passiert, muss inhaltlich und intellektuell zugänglich sein. Wir wollen uns weiterhin um eine verbindliche Theatersprache bemühen, damit jemand, den wir neu ins Opernhaus haben locken können, nicht enttäuscht wird und möglichst wiederkommt. Ich freue mich daher, dass wir mit der Zeit mehr und mehr unser eigenes Repertoire aufbauen, das heisst, unser Spielplan nicht nur in den Premieren, sondern auch in den Wiederaufnahmen das Gesicht unserer neuen künstlerischen Ausrichtung zeigt. Davon abgesehen werden auch in Zukunft natürlich immer wieder neue Künstler bei uns arbeiten, neue Sängerinnen und Sänger, Dirigenten, Regisseure, immer in Balance mit denjenigen, die schon am Opernhaus etabliert sind: Wir wollen Kontinuität und trotzdem das neue Gesicht des Opernhauses immer wieder auffrischen.

Foto: Stefan Deuber

Herr Homoki, gerade hat der Verwaltungsrat Ihren Vertrag bis zum Jahr 2022 verlängert. Wird Ihnen nicht manchmal ein bisschen schwindlig, wenn Sie so weit in die Zukunft planen? An der Oper planen wir ja immer mindestens drei bis vier Jahre voraus. Momentan planen wir die Spielzeit 2017/18; da wären wir jetzt sogar schon etwas zu spät dran, wenn wir nicht vor meiner offiziellen Vertragsverlängerung schon die eine oder andere Verabredung mit international sehr gefragten Künstlern getroffen hätten – unter Vorbehalt natürlich. Ich freue mich sehr über das Vertrauen, das mir und meinem Team – Generalmusikdirektor Fabio Luisi und Ballettdirektor Christian Spuck – entgegengebracht wird. Das zeigt, dass der Verwaltungsrat und der Kanton die Notwendigkeit der Planungsvorläufe in der Oper sehr gut verstanden haben. Ich habe in Deutschland oft erlebt, dass Politiker, besonders bei Neubesetzungen von Intendanzpositionen, nur ihre Legislaturperioden im Kopf haben und wichtige Entscheidungen verschleppen; so entstehen Situationen, in denen ein Opernhaus keine Planungssicherheit mehr hat. Das ist schlimm, denn dann kann man nicht mehr auf dem Niveau arbeiten, auf dem man arbeiten sollte.


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Wie machen Sie das, Herr Bogatu? 10

Als sich im Juli der Vorhang nach der letzten Vorstellung der Saison schloss, waren die meisten Mitarbeiter des Opernhauses bereits mit einem halben Bein in den Ferien. Nicht so eine kleine motivierte Mannschaft, die während der Sommerpause im Opernhaus die Sommerarbeiten ausführte. Die sechswöchige Sommerpause, in der keine Proben und Vorstellungen auf der Bühne stattfinden, ist für die Wartung und Erneuerung der technischen Anlagen der Haustechnik, der Beleuchtungstechnik, der Bühnentechnik und der Tontechnik notwendig. Während des Spielbetriebs müssen die Anlagen jeden Tag mit höchster Zuverlässigkeit laufen – ein Ausfall eines der Systeme würde in den meisten Fällen den Ausfall einer Probe oder sogar einer Vorstellung mit sich bringen. Zeit für den Austausch von zentralen Teilen der Anlage besteht nicht, selbst der Ersatz von kleineren defekten Teilen bringt den auf die Minute getakteten Spiel- und Probenplan oft durcheinander. In den häufigsten Fällen muss dann nachts und an Randzeiten ein Provisorium eingesetzt werden, das natürlich vom Publikum nicht wahrgenommen werden darf. Wahrgenommen wird aber auf jeden Fall die Erneuerung der WC-Anlagen neben den Zuschauergarderoben. Aufmerksamen Augen wird auch nicht entgehen, dass der Kronleuchter im Zuschauerraum wieder funkelt und glänzt. Fachkundigen Stammgästen fällt vielleicht auf, dass wir den im unteren Bereich oft geflickten und

nicht mehr ansehnlichen roten Schallschutzvorhang durch einen neuen, schwarzen ersetzt haben. Weniger Fachkundigen sei kurz erklärt, dass der Schallschutzvorhang (bei uns einfach «Schalldecker» genannt) ein aus mehreren Schichten genähter Vorhang ist, der hinter dem roten Spielvorhang hängt. Er dient dazu, die Geräusche auf der Bühne etwa bei einem Umbau für den Zuschauerraum oder den Orchestergraben zu dämpfen. Gästen in den oberen Rängen wird vielleicht auffallen, dass in den Orchester-Notenpulten neue LED-Glühbirnen dafür sorgen, dass die Augen der Musiker weniger schnell ermüden und die Wärmeentwicklung geringer ist. Vieles bleibt allerdings unsichtbar: die Erneuerung des Bühnenbodens im Opernhaus und im Bernhardtheater, die Erneuerung einiger Komponenten der szenischen Lichtanlage, die Erweiterung der Surround-Anlage, der Austausch einzelner Motoren, Seile, Getriebe und Bremsen der Obermaschinerie, die TÜV-Prüfungen für die Ober- und Untermaschinerie, die Reinigung und Imprägnierung der Neubaufassade sowie unzählige kleinere und grössere Arbeiten, die einfach nicht mehr in diese Kolumne passen: Die kleine motivierte Mannschaft war sehr fleissig! Sebastian Bogatu ist Technischer Direktor am Opernhaus Zürich

Illustration: Laura Jurt

Sommerferien?


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Foto: Wiener Staatsoper / Michael Pöhn

Chorszene aus Andreas Homokis «Lohengrin»Inszenierung an der Wiener Staatsoper


Wir machen da nicht mit!

Foto: XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX

Kleine Völker sind eigensinnig. Sie lassen sich ihren Willen nicht gern von der grossen Politik vorschreiben. Das führt auch in Wagners Oper «Lohengrin» zu Konflikten. Ein Gespräch mit dem Politologen Herfried Münkler über den Trotz der Kleinen gegen die Übermacht der Grossen.


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Herr Münkler, Politik spielt in Richard Wagners Oper Lohengrin eine wichtige Rolle. Das Volk der Brabanter befindet sich in einer gravierenden Umbruchsituation. Es soll sich als ehemals heidnische Stammesgesellschaft in das christliche deutsche Reich integrieren, das von König Heinrich repräsentiert wird. Das geht nicht ohne Konflikte ab. Die konservativen Kräfte um Ortrud, die letzte Nachfahrin des entmachteten Herrschergeschlechts, wollen die alten Verhältnisse wieder herstellen. Und die neue Herrscher-Dynastie ist in Nöten, weil der Thronfolger plötzlich wie vom Erdboden verschwunden ist und seine Schwester Elsa des Brudermords beschuldigt wird. Das kleine trotzige Brabant gegen König Heinrichs deutsches Reich – welche politische Front wird da von Richard Wagner aufgemacht? Zunächst einmal muss man klarstellen: Richard Wagner hat den Lohengrin im revolutionsgärenden Vormärz konzipiert und die Partitur 1948 abgeschlossen. In jenem Jahr stand er in Dresden selbst auf den Barrikaden. Die Sehnsucht nach neuen politischen Verhältnissen ist in der Oper ein wichtiger Impuls. Wagner wünscht sich, dass die alte feudale Ordnung überwunden wird, und die Revolutionäre des Vormärz glaubten, dies über eine geeinte deutsche Nation erreichen zu können. In den konkreten politischen Verhältnissen, wie sie in Deutschland durch den Wiener Kongress hergestellt worden waren, hing das Restaurative an der Kleinstaaterei. Sie stand für Repression, Beengung und Kontrolle. Dagegen rebellierten die Protagonisten des Vormärz, und die Bewegung für die Demokratie war für sie von einer Bewegung für die Nation nicht zu trennen. Ein politisch unabhängiges Brabant ist für Wagner also nicht attraktiv. Das heisst also, die «Heil Heinrich!»-Begeisterung im Lohengrin, die heute manchem unangenehm nationalchauvinistisch in den Ohren klingt, war von Wagner als ein Ausdruck revolutionärer Hoffnung gemeint? Das ist ganz wichtig, König Heinrich und das deutsche Reich stehen für eine positive Zukunft. Dass die Begeisterung dafür als unangenehm dröhnend wahrgenommen wird, ist ja ein speziell deutsches Phänomen infolge der Erfahrungen des 20. Jahrhunderts. In Polen und Frankreich und gewiss auch in der Schweiz wird das bestimmt anders gehört, weil dort das Nationale viel positiver konnotiert ist – jedenfalls wenn es um die eigene Nation geht.

In der Oper machen die heidnischen Brabanter Front gegen das christliche deutsche Reich, das als neue politische Ordnung auftritt. Die Konservativen wollen da auf keinen Fall mitmachen. Das erinnert uns an die nationalen Beharrungskräfte, die sich in unserer politischen Gegenwart vehement gegen die Europäische Union stemmen. Sehen Sie da eine Parallele zwischen der Oper und dem wirklichen Leben? Vorsichtig betrachtet könnte man dem folgen. Allerdings müssen wir, wenn wir von Europa reden, immer seine zwei Seiten sehen: Da ist auf der einen Seite die Vision von der Überwindung der Trennlinien auf dem europäischen Kontinent und auf der anderen Seite die administrative Realität, nennen wir es das bürokratische Monster Brüssel.

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In politischen Umbruchsituationen erscheint das Neue oft mit dem Rücken voran

Dieses Doppelgesicht hat König Heinrichs deutsches Reich, das im 10. Jahrhundert das ostfränkische Reich war, nicht. Und ganz wichtig: In König Heinrichs Reich wächst der Zusammenhalt aus einer Bedrohung von aussen. Die Grenzen müssen gegen die feindlichen Ungarn verteidigt werden. Die Gefährdung der EU kommt ja eher von innen. Es sei denn, man nimmt hinzu, was gerade am östlichen Rand, in der Ukraine passiert. Da zeigt sich im Moment sehr deutlich, welche Mitgliedsstaaten die EU-Grenze im Osten bedroht sehen und welche Russland nicht als Handelspartner verlieren wollen. Die Franzosen wollen noch schnell ein paar Hubschrauberträger liefern. In London möchte man gerne die Geldgeschäfte weiterhin über die Londoner City abwickeln. Die Deutschen wollen ihre Luxuskarossen an die reichen Russen verkaufen. In der Oper muss König Heinrich den Brabantern erst ihre Bedrohungslage klar machen. Sie selbst sehen das nicht. Im zweiten Akt sagen vier brabantische Edle, die durchaus für eine grössere Fraktion stehen: Wir sollen gegen einen Feind kämpfen, mit dem wir gar nichts zu tun haben? Was geht uns das an? König Heinrich hingegen wirbt für eine übergeordnete Solidarität. Das ist eine ähnliche Interessenlage wie in der EUDebatte, in der es um Zahlungen an das bankrotte Mitgliedsland Griechenland ging. Da dachten auch


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viele, wieso sollen wir eigentlich Geld für Griechenland locker machen? Das sehen wir gar nicht ein. Die Forderungen für Griechenland passten zu den Möglichkeiten postheroischer Gesellschaften: Gib Geld für die Beilegung der Konflikte. Die Ukraine fordert etwas, womit sich die postheroische Gesellschaft schwertut: Da geht es letzlich um Kriegsbereitschaft. Es ist eine offene politische Frage, wie die EU-Staaten mit dieser Forderung umgehen. Man spricht gern von «roten Linien», die für Putin gezogen werden müssten. Aber «rote Linien» müssen, werden sie überschritten, dann auch durchgesetzt werden. Was ist kennzeichnend für die politische Umbruchssituation im Lohengrin? Zum Beispiel, dass es keine klare Trennlinie zwischen Innen- und Aussenpolitik gibt. Die Aspekte vermischen sich. Das sehe ich für die Zeit, in der die Handlung angesiedelt ist, also im 10. Jahrhundert, als charakteristisch an. Eine funktionierende politische Ordnung bedeutet, dass es klare Trennlinien gibt: Die Frage der Thronfolge in Brabant ist Innenpolitik. Die Frage, ob Brabant sich am Feldzug gegen die Ungarn beteiligt, für den König Heinrich wirbt, ist Aussenpolitik. Es ist nicht klar, welche Verpflichtungen Brabant gegenüber dem deutschen oder besser gesagt dem ostfränkischen Reich hat. Deshalb kommandiert der König die Unterstützung der Brabanter auch nicht einfach, sondern erscheint selbst, um dafür zu werben. Ich finde ganz grundsätzlich interessant, dass Richard Wagner den Umbruch in Brabant nicht als klaren Bruch dargestellt hat. Das ist, so könnte man sagen, Ausdruck seiner politischen Sensibilität. Es gibt ein Hin und Her in dem Stück, ein Vor und Zurück. Wagner hatte eine Vorstellung davon, dass der Kampf der progressiven gegen die reaktionären Kräfte nicht schnell entschieden ist. Da war er, als er den Lohengrin schrieb, schon so weit wie Karl Marx erst sieben Jahre später, der 1852 in seinem Aufsatz Der 18. Brumaire des Louis Bonaparte aufzeigt, wie in Frankreich im Anschluss an die Revolution von 1848 die Kräfte des Fortschritts und die Kräfte der Reaktion gegeneinander kämpfen und sich am Ende das Reaktionäre mit der Herrschaft von Napoleon III. noch einmal durchsetzt. Im Lohengrin ist bis zum Schluss auch nicht klar, ob sich die neue Ordnung gegen die alte wirklich durchzusetzt. Der Widerstand der konservativen Kräfte ist mächtig, Ortruds Zauberkräfte sind wirksam. Was verschafft an solchen politischen Wendepunkten

dem Neuen die Überlegenheit, über das Alte zu triumphieren? Die Kräfte des Neuen haben oft das Problem, noch gar nicht zu wissen, dass sie die Kräfte des Neuen sind. Das ist ein interessanter Punkt. Marx schreibt im 18. Brumaire, die Revolutionen hätten sich immer in die Gewänder des Vergangenen gekleidet. Sie hätten sich etwa als Wiederkehr des Römertums verstanden. Erst der Sozialismus trete in dem Bewusstsein auf, etwas völlig Neues zu sein. Im Lohengrin scheint die Vorstellung von einer Zäsur bei den Akteuren des Neuen noch nicht sehr ausgeprägt zu sein. Die tasten sich da eher hinein. Elsa und Lohengrin sind noch reichlich ahnungslos bezüglich dessen, was in Brabant politisch werden wird. Man könnte sogar noch einen Schritt weiter gehen, und das Frageverbot, das Lohengrin Elsa auferlegt, in dieser Hinsicht zu interpretieren – als ein Nichtwissenkönnen und Nichtwissendürfen des Neuen. Da kommt zum Ausdruck, wie sich solche politische Übergangssituationen oft vollziehen – nämlich in gewisser Hinsicht mit dem Rücken voran. Wir retrospektiven Beobachter wissen im Nachhinein natürlich alles sehr viel besser. Das Neue geht mit dem Rücken voran – gilt das auch für die aktuellen Entwicklungen in der EU? Ich glaube schon. Ich misstraue allen, die sagen, wir bekommen die europäischen Probleme in den Griff, indem wir eine Verfassung schreiben, wie es etwa Jürgen Habermas fordert, oder indem wir die ökonomischen Strukturen noch tiefer verankern, wie es vor allem die Hardcore-Brüsseler und einige Ökonomen vorschlagen. Hinter beiden Forderungen steht der Glaube, man könnte die Auseinandersetzungen mit einem Skript, einem Drehbuch gestalten. Das geht nicht. Denn im Moment ist doch ganz klar: Wenn ich in Europa die Kräfte des Zusammenhalts von oben stärke, erzeuge ich gleichzeitig stärkere Fliehkräfte. Wir hatten noch nie so viel Widerstand gegen das verfasste Europa wie zu dem Zeitpunkt, zu dem so viele Kompetenzen von den nationalen Regierungen auf Brüssel übergegangen sind. Seitdem ist das Erstarken von populistischen Parteien bis in Regierungsbeteiligungen hinein zu beobachten. Vielleicht ist eine andere Politik viel geschickter. Wenden wir das mal auf die Lohengrin-Situation an: Eine Politik, die Brabant zwingt, sich unterzuordnen, wäre unklug, weil sie den Widerstand stärkt. Eine solche Politik vertritt aber König Heinrich nicht. Er wirbt und argumentiert: Ihr solltet auch ein Interesse daran haben, den Schritt in die grössere politische Einheit zu wagen. Dieser zurückhaltende,


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vorsichtige Weg ist sehr viel geschickter. Er kommt vermutlich auch den Schweizern eher entgegen, also eine Politik, die kein administratives Diktat aus Brüssel etwa in der Frage der Zuwanderung durchsetzt, sondern dafür wirbt, dass es klug ist, bestimmte Kompetenzen auf die übergeordnete Ebene zu übertragen, ohne dass dadurch, um im Stück zu bleiben, Brabant aufhört, Brabant zu sein. In dem Sinne kann man das lesen: Das Politische ergibt sich aus Aushandlungsprozessen, obwohl für den Revolutionär Wagner der Begriff des Kampfes sicherlich der sympathischere gewesen wäre.

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Politische Wunder werden irgendwann doch befragt: Wer bist du und woher kommst du?

Hatte also der historische König Heinrich das Talent zu einem verhandlungsgeschickten EU-Politiker? Ja, er war ein geschickter Moderator. Diese Interpretation ist natürlich der Versuch, die politische Gegenwart mit der Entstehungszeit der Oper Mitte des 19. Jahrhunderts und der Handlungszeit des 10. Jahrhunderts kurzzuschliessen. Die konservative Kraft wird im Lohengrin in erster Linie durch Ortrud verkörpert. Sie ist die letzte Nachfahrin des entmachteten friesischen Herrschergeschlechts. Sie will zurück an die Macht, um die alte Ordnung wieder herzustellen. Und dabei setzt sie heidnisch dämonische Zauberkräfte ein. Lässt sich das auch auf die Rechtspopulisten in der aktuellen politischen Situation und ihre irrationalen «Zauberkäfte» anwenden? Mit solchen Kräften agieren die Kräfte der Veränderung doch ebenso. Da tritt gewissermassen Magie gegen Magie an. Ortruds Zauber steht gegen die Magie des Lohengrin-Auftritts. Die Protagonisten auf beiden Seiten kommen nicht ohne politischen Zauber aus. Kommt irgendein Politiker ohne den aus? Kaum. Es gibt in der Politik zwar auch reine Bürokraten der Macht. Aber Zauber ist eigentlich immer mit im Spiel. Es gibt eine Randnotiz von Friedrich Wilhelm IV. in einem Memorandum seines General Scharnhorst

zur Volksbewaffnung: «Alles Poesie!». Und Scharnhorst antwortete: «Auf Poesie ruht die Stabilität Ihres Thrones, Majestät.» Das ist ein grosser Satz eines Militärs. Der Zauber der restaurativen Kräfte gründet auf dem Versprechen, dass früher alles besser war. Und das Neue tritt mit dem Zauber der Verheissung auf, was von Vorteil ist, weil der ja noch reine Imagination ist. Das Verschwinden Lohengrins zeigt ja dann auch, dass das Verhiessene selten eintritt, wie wir es uns vorgestellt haben. Die Realität sieht am Ende immer anders aus. Was bedeutet es, dass Wagner einen Wundermann von aussen auftreten lässt, um die Konflikte zu lösen? Da erkennt man den Revolutionär als Künstler: Er hält es für möglich, dass das Wunder eintritt und alles gut wird. Aber Wagner ist trotzdem nicht naiv. In ihm wird ein inneres Widerspiel erkennbar zwischen dem träumenden Künstler und dem klugen politischen Kopf. Als politischer Denker weiss Wagner um die Mühseligkeit politischer Prozesse und dass am Schluss nicht die leuchtende Herrschaft des Schwanenritters stehen wird. So endet die Oper ja nicht. Weil das Wunder irgendwann doch befragt wird: Wer bist du und woher kommst du? Wir wollen eben doch gerne wissen, worauf wir uns bei einem Versprechen einlassen. Die Situation in Brabant ist am Ende der Oper eher hoffnungslos. Lohengrin ist weg. Elsa ist tot, ebenso Telramund und Ortrud. Die gesamte politische Elite existiert nicht mehr. Übrig bleibt ein Kind, nämlich der wieder aufgetauchte Gottfried, als Schützer von Brabant – und es ist offen, ob daraus Gutes erwächst. Was bleibt von der Lohengrin-Erscheinung? Es gibt bei Hegel in Hinblick auf die Französische Revolution den Gedanken, dass ein solches Ereignis sich nicht wieder vergisst – die Feier des Revolutionären, der Versuch, sich auf den Kopf zu stellen, und der Versuch, die Welt neu zu erbauen, wie Hegel die Französische Revolution beschreibt. Er äussert den Gedanken aus der Perspektive, dass der revolutionäre Enthusiasmus zerfallen ist, der in den grossen Terror geführt hat, und dass das alles nichts werden konnte. Aber: Ein solcher Gedanke vergisst sich nicht! Wagner und seine Zeitgenossen im Vormärz kannten den Verlauf der Französischen Revolution. Sie hatten vor Augen, wie die Hoffnung in Desillusion und Krieg und Blut versunken ist. So leichtfertig wie die Revolutionäre von 1789 konnten sie nicht mehr sein. Nach jedem Umbruch tritt ein neuer Typus des Revolutionärs auf. Lenin und Trotzki, um den Bogen zur Revolution


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von 1917 zu schlagen, waren knallharte Machtpolitiker. Die hatten die Geschichte genau studiert und ihre Lehren daraus gzogen. Sie hatten überhaupt nichts Lohengrinisches mehr an sich, sie waren reine Maschinisten des Machtbetriebs. Insofern steht Lohengrin nicht nur zeitlich, sondern auch ideell zwischen 1789 und 1917. Hat Hegels Gedanke auch noch Gültigkeit in der politischen Gegenwart? Ich glaube schon. Es gibt doch immer wieder gesellschaftliche Gruppierungen, die einen Hang zum Illusionären haben. Diese Illusionen können aber wichtig sein, um Dinge voranzubringen. Wir brauchen Kräfte, die sozusagen den Lohengrin machen. Obwohl andere genau wissen: Den haben wir schon öfter auftauchen sehen, und am Ende war er wieder weg. Realismus und Skepsis alleine verändern die Dinge nicht. Unsere Zürcher Produktion spielt im Landgasthof eines alpenländischen Bergdorfs, weil sich darin die für die Oper wichtige Distanz zwischen den Einheimischen und den Fremden deutlich machen lässt. Man ist mit einem solchen Provinz-Milieu im Hinterkopf immer geneigt, zu behaupten, die Hinterwäldler seien auch die Reaktionären. Stimmt das? Nein. Da landet man doch schnell bei einer Überschematisierung der wahren Verhältnisse. Das historische Brabant im 10. Jahrhundert war übrigens ökonomisch viel weiter entwickelt als der Rest des ostfränkischen Reichs. Allerdings kultiviert dieses Brabant trotzdem seine Randständigkeit und will sich eher aus allem heraushalten. Das kennen wir heute ganz gut von der Schweiz, die sich auch gerne in die Aura des Rustikalen kleidet, obwohl jeder weiss, dass diese scheinbar urige Schweiz Teil der forcierten Fortschrittswelt ist, nicht nur im Finanzsektor. Hinter der Akzentuierung des Autochtonen verbirgt sich Weltläufigkeit und internationales Knowhow. Die Schweiz ist ein hochmobiler Laden, der sich ein paar urige Einheimische zur Camouflage hält. Die Bergvolk-Folklore wird ja auch so stark subventioniert, dass die EU im Hinblick auf ihre eigenen Agrar-Subventionen nur staunen kann. Und die ökonomische und soziale Verflechtung der Schweiz in die Europäische Union hinein übertrifft die von vielen EU-Staaten bei weitem. Da muss man nur die Handelsbilanzen lesen. Gleichzeitig leistet sich die Schweiz den politischen Chic, der auch politische Klugheit sein mag, Abstand zu wahren und sich zu weigern, ein kleiner Erfüllungsgehilfe des grossen Brüssel zu werden. Tatsächlich muss die Schweiz aber trotzdem bei ganz vielem

mitmachen, ohne Einfluss auf die EU-Bestimmungen zu haben. Von daher hat die Debatte um die Zuwanderung auch etwas Symbolisches. Die Schweiz ist ein Nischenakteur, der aber ab und zu glaubt, die Nische als Bunker ausbauen zu können. Das ist freilich eine politisch ausgesprochen gefährliche Illusion. Denn in der Nische muss man immer hochbeweglich bleiben. Man muss von Jahrzehnt zu Jahrzehnt die Nischenposition neu bestimmen, weil sich die Rahmenbedingungen ändern. Die Akteure darin sind aber nicht Herr des Geschehens, sondern bestenfalls kluge Ausnutzer von Entwicklungen, auf die sie selber nur partiell Einfluss haben. Sie müssen mental hochmobil sein. So etwas wie Geborgenheit gibt es in der Nische immer nur für den Augenblick und nie auf Dauer. Das Gespräch führten Werner Hintze und Claus Spahn Der Deutsche Herfried Münkler ist Politikwissenschaftler und lehrt an der Humboldt-Universität in Berlin. Seine jüngste Buchveröffentlichung ist die im vergangenen Jahr im Rowohlt-Verlag erschienene vieldiskutierte Darstellung zum Ersten Weltkrieg «Der grosse Krieg».

LOHENGRIN Oper von Richard Wagner Musikalische Leitung Inszenierung Bühne und Kostüme Lichtgestaltung Dramaturgie Heinrich der Vogler Lohengrin Elsa von Brabant Friedrich von Telramund Ortrud Der Heerrufer des Königs Vier brabantische Edle

Simone Young Andreas Homoki Wolfgang Gussmann Franck Evin Werner Hintze Christof Fischesser Klaus Florian Vogt Elza van den Heever Martin Gantner Petra Lang Michael Kraus Iain Milne, Andri Robertsson Andri Robertsson, Spencer Lang Philharmonia Zürich Chor und Zusatzchor der Oper Zürich, SoprAlti Statistenverein

Unterstützt von den Freunden der Oper Zürich Premiere 21 Sept 2014 Weitere Vorstellungen 25, 30 Sept, 3, 9, 14, 18 Okt 2014 4, 8, 11 Juli 2015


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Erst durch Elsas Liebe wird Lohengrin stark Andreas Homoki über die Ideen zu seiner Inszenierung von Richard Wagners «Lohengrin» Fotos Danielle Liniger

Lohengrin ist vermutlich das populärste von Wagners Werken, gleichzeitig aber auch das rätselhafteste. Die Geschichte der Elsa von Brabant, die von einem Ritter aus grosser Not erlöst wird, mutet seltsam an. Kann man das als Regisseur überhaupt ernst nehmen? Ja, warum denn nicht? Märchen können doch wichtige und bedeutende Inhalte transportieren. In diesem Fall hat die märchenhafte Handlung ja einen genau beschriebenen politischen Hintergrund: Lohengrin zeigt uns das Porträt einer Gesellschaft im Umbruch. Wir befinden uns in Brabant, wo erst vor kurzer Zeit eine alte Ordnung durch eine neue abgelöst wurde. Dieser Umbruch ist mit Problemen verbunden, einerseits weil die Bevölkerung in ihrer Identität verunsichert ist, und andererseits weil die Verlierer nicht bereit sind, die Veränderungen zu akzeptieren. Wie passt das Wunder des geträumten Ritters, der von einem Schwan gezogen daherkommt, in diese Konstellation, die eher an ein shakespearsches Königsdrama erinnert? Dieser Ritter hat mit den politischen Utopien zu tun, die Wagner beschäftigten. Elsa, die Tochter des alten Herzogs droht zum Opfer der Machtkämpfe zu werden, weil sie des Brudermordes beschuldigt wird. So wie wir die Situation am Anfang des Stücks erleben, kann ihr auch wirklich nur ein Wunder helfen, und Wagner lässt dieses Wunder tatsächlich geschehen. Wir finden in seinen Werken und Schriften immer wieder die Idee, dass es eine Art «natürliche» Gerechtigkeit gibt, die sich schliesslich durchsetzt. Konkret politisch hat er gehofft, dass die Revolution von 1848, während der er in Dresden auf den Barrikaden stand, diese Gerechtigkeit bringen wird. In seinen drei romantischen Opern, die er vor der Revolution

komponiert hat, ist dieser Gedanke in die Form des Fantastischen gekleidet, etwa in die des geheimnisvollen Ritters, der kommt, um die Unschuldige zu retten. Dahinter steckt seine Idee, dass die Revolution einen gesellschaftlichen Zustand hervorbringen wird, in dem es keine Ungerechtigkeit und Unterdrückung mehr gibt, und dass dieser Zustand sozusagen mit Naturnotwendigkeit eintreten muss. Diese Vorstellung mag heute etwas naiv anmuten, aber die Utopie, die dahintersteht, ist in ihrer Radikalität beachtenswert. Allerdings scheitert das Rettungswerk katastrophal… Ja, weil Wagner eben doch nicht so naiv ist, zu glauben, die Probleme liessen sich so einfach aus der Welt schaffen. Die Liebe, davon ist er überzeugt, kann diese Welt erlösen, vielleicht auch die Kunst. Diese beiden Ideen hängen bei ihm eng zusammen. Wie Wagner es in den Meistersingern thematisiert, kann man nur Kunst hervorbringen, wenn man liebesfähig ist. Wer nicht liebesfähig ist, also kein Künstler sein kann, wird der Welt auch nichts Gutes bringen. Dargestellt hat Wagner das an Ortrud, die, wie er sagt, die Liebe nicht kennt. Aber die Liebe ist etwas sehr Gefährdetes, sie kann scheitern, weil die Kräfte, die ihr entgegenstehen, stark sind. In erster Linie scheitert die Sache aber daran, dass der Held eine unerfüllbare Forderung stellt. Wie soll eine Frau mit einem Mann leben, den sie nicht fragen darf, wer er ist und woher er kommt? Wie kommt er überhaupt dazu, so etwas zu verlangen? Er muss es verlangen, weil er dem Gesetz des Grals unterworfen ist. Und das legt fest, dass der Ritter nur so lange unter den Menschen bleiben darf, wie er unerkannt ist. Der entscheidende Punkt ist, dass Lohengrin sich


Andreas Homoki auf der Probe mit Elza van den Heever


Petra Lang (Ortrud) und Elza van den Heever (Elsa) proben «Lohengrin»

diese Forderung nicht ausgedacht hat. Wenn er sie an Elsa stellt, tut er das nicht etwa, wie es oft interpretiert wird, weil er sich die Frau Untertan machen will. Die Region, aus der Lohengrin kommt, steht für das ganz Andere, für die ideale Welt, der man sich vielleicht durch die Revolution nähern kann. Das bedeutet aber, dass der Bote aus dieser idealen Welt nicht in den normalen Alltag integriert werden kann. Er muss fremd bleiben, weil er nur so sein Besonderes, sein utopisches Potenzial bewahren kann. Und er muss aus dem Bereich der Menschen verschwinden, sobald er erkannt ist. Damit formuliert Wagner natürlich auch ein grundsätzliches Problem aller utopischen Gesellschaftsentwürfe: Sie sind mit den realen Gegebenheiten nicht kompatibel und damit im Grunde nicht zu verwirklichen. Wagner spitzt diese Konstellation extrem zu, indem er die Liebe zwischen Elsa und Lohengrin mit dem Frageverbot belastet. Wagner war ein genialer Dramatiker mit einem todsicheren Theaterinstinkt. Deshalb wusste er genau, dass das Theater solche die Figuren zerreissenden Konflikt braucht.

In extremer Zuspitzung scheint hier ein grosses Ideal auf: Was Lohengrin verlangt, und was Elsa ihm zu geben bereit ist, ist unbedingtes Vertrauen ohne die geringste Spur von Zweifel. Nun sagt uns schon der gesunde Menschenverstand, dass so etwas nicht gutgehen kann. Die Welt, in der wir leben, ist nun einmal so, dass wir gut daran tun, nicht allzu vertrauensselig zu sein. Weil wir immer die Möglichkeit mit einberechnen müssen, dass der andere, mit dem wir zu tun haben, Ziele verfolgt, die er uns verschweigt. Deshalb muss auch Elsa wissen, wer dieser Mann ist. Aber wie die Welt ist, muss sie ja nicht bleiben! Das ist es, worauf Wagner hinaus will. Die Welt könnte auch anders sein. Zumindest denkbar ist eine Gesellschaft, die nicht auf Macht, Gewalt, Betrug basiert. Solch eine Vision kann man belächeln, und auch Wagner hat sicherlich nicht geglaubt, dass sie sich einfach verwirklichen lässt. Aber er hat den Gedanken für wichtig gehalten, und er hat mit Elsa eine Figur geschaffen, die fest an diese Möglichkeit glaubt. So bilden Elsa und Lohengrin ein utopisches Paar: Er verkörpert die höhere Gerechtigkeit, die nicht zulässt, dass Unrecht geschieht und sie das Ideal einer durch Liebe und unbedingtes Vertrauen geprägten Gesellschaft.


Lohengrin 21

Aber kann man Elsas Haltung denn ernsthaft als utopisch bezeichnen? Da kommt einer daher, erklärt sich bereit, sie zu heiraten, wenn sie nicht fragt, wer er ist, und sie sinkt vor ihm in die Knie und nimmt das freudig auf sich. Steht dahinter nicht ein durch und durch reaktionäres Frauenbild? Dass Wagners Frauenbild reaktionär sei, hört und liest man oft. Angeblich unterwerfen sich seine Frauenfiguren immer bedingungslos dem Willen des Mannes. Ich weiss nicht, woher diese Auffassung stammt, denn die Stücke sprechen für mich eine ganz andere Sprache. Wenn man sich Wagners Frauenfiguren vorurteilslos anschaut, stellt man fest, dass es immer starke Persönlichkeiten sind, die sehr selbstbewusst ihren Weg gehen. Fast immer sind sie auch seelisch stärker als ihre männlichen Partner. Elsa macht da keine Ausnahme. Sie weiss genau, was da von ihr verlangt wird, und sie nimmt diese Forderung ganz bewusst auf sich, weil sie das für richtig hält. Sie weiss auch, dass alle anderen sie für sehr unvernünftig halten werden. Aber sie glaubt daran, dass es etwas Höheres als den gesunden Menschenverstand gibt. Sie will zeigen, dass man so leben kann: «Es gibt ein Glück, das ohne Reu’.» Das mag Elsa so sehen, aber es bleibt doch dabei, dass Lohengrin ihre Unterwerfung fordert und diese zur Bedingung für ihre Ehe macht. Wagner hat es allem Anschein nach anders verstanden, denn der zarte, fast zaghafte, ängstliche Ton, mit dem sich Lohengrin in diesem ersten Dialog äussert, klingt ganz und gar nicht nach einem herrischen Befehl zur Unterwerfung. Seine Musik in dieser Szene erzählt vor allem davon, in welcher Not er ist: Er möchte aus seiner göttlichen Region ausbrechen und Mensch werden, weiss aber, dass seine Menschwerdung an eine letztlich unerfüllbare Bedingung geknüpft ist. Also ist Lohengrin ein Bedürftiger, der von den Menschen etwas erbitten will? Dieser geheimnisvolle Ritter interessiert uns viel mehr, wenn wir von Anfang an sehen, dass er ein Mensch wie wir ist mit denselben Ängsten und Hoffnungen. Sicher kommt Lohengrin als gottgesandter Held, und seine Ankunft wird entsprechend gefeiert. Aber eine wichtige Bedingung muss erfüllt sein, damit er den Kampf tatsächlich aufnehmen kann: Er bedarf der Liebe. Erst nachdem Elsa ihn ihrer Liebe versichert hat, gewinnt er die nötige Kraft. Das steht im Zentrum dieser ersten Begegnung zwischen den beiden, und das muss man unübersehbar deutlich machen: Dieser Lohengrin ist ein zerbrech-

liches, schwaches Wesen, das erst durch die Liebe Elsas stark wird. Im Vorspiel hören wir die Musik des Grals. Sie ist von grosser Schönheit und sehr zart, aber mutet zerbrechlich, gläsern an und es liegt eine gewisse Kälte und Leblosigkeit darin. Man hört: Das Glück ist dort nicht, das suchen die Ritter bei den Menschen. Ihre Inszenierung erzählt die Lohengrin-Geschichte in der kleinen Welt eines Bergdorfs im 19. oder frühen 20. Jahrhundert. Warum? Ich glaube grundsätzlich, dass man im Theater die Geschichten so erzählen muss, dass sie dem Zuschauer nahekommen und sich mit seiner Lebenserfahrung hier und heute verbinden. Das frühe Mittelalter mit seinen komplizierten Ritualen und Hierarchien sagt uns sehr wenig. Wir haben uns daher entschieden, die Konflikte sozusagen zu verkleinern und die grossen politischen Fragestellungen in eine Dorfgemeinschaft zu verlegen, wo es viel direkter und emotionaler zugeht. Der Vorteil eines solchen theatralischen Verfremdungsverfahrens ist, scheinbar bekannte Dinge in einen uner warteten Kontext zu setzen, so dass sie fremd wirken, dadurch neu erkannt und besser durchschaut werden können. Ich finde, dass die politischen Fragestellungen, die Wagner im Lohengrin aufwirft, für uns heute wieder ganz unmittelbar aktuell sind. Mir ist aber an der Idee, das Stück in einem Bergdorf spielen zu lassen, noch ein anderer Punkt wichtig: Ich glaube an das fantastische Element in Lohengrin, und darum muss man glaubhaft machen, dass das Wunder tatsächlich stattfinden kann. Bei einem von der städtischen Welt weit abgelegenen Dorf ist es gut vorstellbar, dass dort Leute noch an Wunder glauben und diese auch persönlich bezeugen. Es gibt – oder gab jedenfalls bis vor nicht allzu langer Zeit – noch diesen naiven Glauben, wie er sich in Elsa ausdrückt: ein Vertrauen in den lieben Gott, der die Menschen nicht verlässt. Bei unserer Vorbereitung der Produktion stiessen wir auf Votivbilder, aus denen dieser einfache Gottesglaube spricht. Manche mögen diese naive Malerei belächeln, aber mich rührt ihre Heilsgewissheit an. Darum haben wir ein solches Element aufgenommen und Elsa zugeordnet. Wenn der Vorhang aufgeht, mag kurz der Verdacht aufkommen, als würden wir eine Ironisierung der Geschichte und der Figuren beabsichtigen. Nichts liegt mir ferner: Ich liebe all diese Figuren und ich fühle mit ihnen, und ich will, dass es dem Zuschauer ebenso geht. Das Gespräch führte Werner Hintze


Foto: Wiener Staatsoper / Michael Pรถhn

Klaus Florian Vogt als Lohengrin in Andreas Homokis Wiener Inszenierung


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Der Gralsritter Klaus Florian Vogt ist der weltweit gefragteste Lohengrin unserer Tage. Gerade wurde der Tenor noch bei den Bayreuther Festspielen bejubelt. Jetzt debütiert er am Opernhaus Zürich in seiner Paraderolle. Text Volker Hagedorn

A

ch ja, die Taube. Über die Stelle mit der Taube, mit der kleinen Terz hinauf zum e, neben dem ein piano steht, räsonieren die Fachleute wie über ein besonders hohes Hindernis im Parcours: Von mezzavoce und Kopfstimmenresonanz ist die Rede und von den fünf besten Interpreten. Wenn man liest, was über gewisse Opernstellen und ihre Sänger geschrieben wird, könnte man denken, es gehe um Springreiten und nicht um Theater. Um so schöner, wenn so eine Stelle auf der Bühne auf ganz schlichte Weise lebendig wird und die Taube auf sich warten lässt: «Alljährlich naht vom Himmel eine…» Lohengrin hält inne. Vielleicht will er doch nichts verraten? Dann erscheint sie, unendlich zart. Als erzähle dieser traurige, sehnsuchtsvolle, gerade furchtbar enttäuschte, junge Mann wirklich zum ersten Mal von dem, was ihm heilig ist, so enthüllt er seinen Zuhörern an diesem Abend den Gral. Ganz egal, wie skeptisch man gegenüber Wagner und seinem Lohengrin in die Oper gekommen ist, diese Stimme hat etwas, das einen glauben lässt – an den Sinn der Schönheit, die Schönheit des Sinns. Auch das Zögern scheint dieser Schönheit zu entspringen, als ergäben sich die Worte nur aus dem Eigenleben der Stimme und ihrem Klang. So erlebte man das diesen Sommer in Bayreuth, mit dem Lohengrin unserer Tage, dem Tenor Klaus Florian Vogt.

Vom Beifallsorkan wird er am Ende schier gegen den Vorhang gedrückt und ist immer noch der Gralsbote, weil so viel nachklingt und er mit hoher Gestalt und blonder Lockenmähne in Hans Neuenfels’ Inszenierung aussehen darf wie der Heldentenor schlechthin und nicht ganz von dieser Welt. Am nächsten Tag steigt der Gralsbote in Jeans aus seinem Geländewagen, bestellt sich einen Capuccino und erweist sich als extrem geerdeter Holsteiner, der sich fast wundert, das «eine Menschenmasse wegen mir so eine Reaktion zeigt. Das beeindruckt mich.» Und was ist mit dem Druck, dem er vorher ausgesetzt ist? «Was für ein Druck?» Über Druck denke er eigentlich nicht nach. «Ich versuche ja, auf der Bühne in diese Rolle zu kommen. Das ist eine ganz grosse Freiheit, das zu machen, was man so gerne mag, mit seiner eigenen Stimme und seinem eigenen Dasein. Da freue ich mich drauf.» Er spricht nicht schnell, ohne dass es einem langsam vorkäme. Bedächtig, könnte man sagen, eben so wie die Leute an der Nordsee, nördlich von Hamburg, wo er vor 44 Jahren zur Welt kam und mit seiner Familie bis heute lebt. Er hat auch nicht die etwas angepresste, bemuskelte Sprechstimme, an der man viele Tenöre sogar ausserhalb ihrer Arbeit erkennt. Normal irgendwie. Es ist aber überhaupt nicht normal, wie dieser Typ, den man sich trotz seiner Heldenphysis auch auf einem Traktor


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denken könnte, in nicht mal zehn Jahren an die Weltspitze seines Fachs geschossen ist, einer, der mit 27 Jahren noch das Horn blies im Philharmonischen Staatsorchester Hamburg. Gerade noch, denn da nahm er heimlich längst Gesangsunterricht. Bei einer privaten Feier war er mit seiner Frau, einer Sängerin, aufgetreten, als Laientenor, «da wurde das durch Zufall erkannt, und dann habe ich das richtig studiert. Professor Günter Binge in Lübeck hat viel hervorgeholt, der hat relativ früh gesagt, das wird sicherlich mal in dieses etwas dramatischere Fach gehen.» Sollte er das Horn weglegen? Vogt hatte schon drei kleine Söhne und viel zu verlieren ohne die Orchesterstelle. «Sitzt man im Orchestergraben, weiss man ganz genau, was da geredet wird und wie. Das ist manchmal nicht angenehm.» Er sei nervös gewesen. Zum ersten Mal «mit allem Drum und Dran, mit szenischer Arbeit», stand er als Tassilo in Gräfin Mariza auf den Brettern, bei einem kleinen Festival in Lübeck, das gab den Ausschlag. 1997 sang er in Flensburg vor und bekam gleich einem Ver trag. Franz Lindauer inszenierte mit Vogt in der Titelrolle den Zarewitsch. «Dem Franz bin ich bis heute dankbar. Er war vorsichtig, nachsichtig, geduldig.» Ein Jahr später konnte man Vogt schon im Dresdner Ensemble hören, wo ihn Giuseppe Sinopoli als Tamino in der Zauberflöte besetzte, 2003 machte er sich selbstständig und trat bald erstmals als Lohengrin auf, in Erfurt. Das war wohl, was man so «Durchbruch» nennt. «Wirklich steuern kann man das nur bedingt. Es gehört auch Glück dazu und vor allem viel Arbeit. Es hat fast zehn Jahre gedauert, bis ich gedacht habt, so, jetzt kann man das auch mal ein bisschen ruhiger sehen.» Dabei wurde es dann erst wirklich

Hell und leicht ist Vogts Stimme. Sie scheint einfach da zu sein wie die Sonne in der Dämmerung

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unruhig im Kalender. Mailand, Wien, New York, Salzburg, Bayreuth wollten seinen Parsifal, Stoltzing, Florestan, Hoffmann. Und immer wieder Lohengrin. Mit Regisseuren von Nikolaus Lehnhoff bis Hans Neuenfels, dem nun in Zürich Andreas Homoki folgt. «Was man in der Partie erfahren hat, bleibt ja in einem. Je mehr verschiedene Inszenierungen man mitgemacht hat, desto grösser wird der Schatz an Ideen und Ausdrucksmöglichkeiten», meint Vogt. «Ich bin sehr dankbar, dass ich vieles in der Kiste habe, das ich da rausholen kann.» Nur eines will er da nicht drin haben – eine fertig angelegte Par tie. «So ein Förmchen, mit dem man überall hingeht und sagt:


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Das ist mein Lohengrin und den mache ich so. Das wäre ja furchtbar langweilig. Ich werde vielleicht auch so viel angefragt, weil die Leute wissen, dass ich nicht stur bin.»

Der ehemalige Hornist fährt eine Harley Davidson, hat den Pilotenschein und liebt Fussball Natürlich hat er sich auch schon mal erschreckt vor Regiekonzepten: «Hä, wieso denn so? Das habe ich überhaupt noch nicht so gedacht…» Aber dann findet er es wichtig, «zu gucken, wie sich das anfühlt.» Und wenn eine Produktion steht, ist immer noch alles offen, eben auch die Sache mit der Taube. Das Zögern war nicht geplant, das kam spontan. «Das hängt stark von den Kollegen ab, von der Spannung, die man im Saal spürt, vom Dirigenten, wie der folgt oder wie der drauf ist.» Diese Freiheit und seine Stimme haben wohl viel miteinander zu tun. Schlank ist sie, hell, leicht, lyrisch sind die gängigen Adjektive für sein Timbre, aber das Unverwechselbare treffen sie sowenig wie die «Unschuld», die bei Vogt viele heraushören wollen im Gegensatz zum Sexappeal, den man seinem dunkler gefärbten Tenor-Kollegen Jonas Kaufmann zuschreibt. Vogts Stimme wird nicht «eingesetzt», sie scheint schon da zu sein wie eine Sonne, die wir dann strahlend oder in den Farben einer Dämmerung hören. Sie ist zugleich wie eine poetische Essenz, die in allen Worten und Linien lebt, und mit denen verbindet Vogt sie sehr bewusst. Man versteht jede Silbe. Ohne Übertitel. Wagner zu singen sei leicht und stimmschonend, hat er mal gesagt. «Genau. Wenn man nur voll Stoff geben muss, wird man den Text hinten runter schmeissen müssen.» Und weil er das eben nicht tut, sind manche Kritiker misstrauisch: Für einen Tristan und Tannhäuser fehle es doch an Tiefe! «Da haben die Hörgewohnheiten ihren Beitrag geleistet», meint er. «Einen Tannhäuser, der am Ende nicht am Ende ist, findet man nicht richtig. Man will hören, dass es an die Substanz geht. Das ist ja Quatsch. Das schreibt Wagner nicht. Da steht ganz viel piano. Natürlich ist das auch anstrengend, aber ich finde es schöner, wenn…», er kichert, «…der Zuhörer nicht so leiden muss.» Den Tristan hat er noch nicht gesungen, nicht komplett auf der Bühne, obwohl er schon angefragt wurde. Was löst den Respekt vor dieser Partie aus? «Das weiss ich nicht! Da bin ich sehr gespannt drauf!» Diesmal wird aus dem Kichern ein schallendes Lachen. Er sei jedenfalls froh, die richtigen Berater zu haben, die ihm sagten: «Mach’s lieber noch nicht!» Dazu gehört auch Irmgard Boas, die 86-jährige Lehrerin in

Dresden, einst eine Hochdramatische. Viele Sänger lassen sich ein Berufsleben lang coachen, Instrumentalisten nicht. «Bei denen ist das verpönt. Dabei kann es nicht schaden. Man kommt doch öfters an den Punkt, an dem man denkt: Was ist jetzt los, wieso geht das nicht wie früher?» Es gebe doch immer Möglichkeiten, «auf die man alleine vielleicht gar nicht kommen würde. Hochinteressant. Auch dass man sich ständig weiterentwickeln kann.» Entwicklung ist ein wichtiger Begriff bei ihm. Er passt zu seinem Leben ebenso wie zu seinem Lohengrin, der nicht nur mit jeder neuen Produktion tiefgründiger wird, sondern, findet Vogt, auch im Verlauf des Stücks. «Er hat im Hinterkopf, dass es passieren kann», dass also Elsa ihm nicht vertraut und darum die Frage nach der Herkunft stellt, «und er versucht auf verschiedene Weisen, sie davon abzuhalten. Ich glaub’, der Lohengrin möchte nicht zurück, der möchte bei ihr bleiben. Darum ist die Enttäuschung am Schluss so wahnsinnig gross.» Das hört man, wenn er am Ende ganz leise dem Schwan, der ihn wieder abholt, seine ganze Zärtlichkeit zuwendet. Aber man erlebt auch noch das ganz Andere, Unerklärliche, das sich eben nicht auf menschliche Beziehungen und Machtgefüge zurückführen lässt, das im Klang und der Stimme geborgen ist, eine ferne schöne Gewissheit, die nicht zerbrechen kann, weil nur das Harte zerbrechen kann. Warum sollte einer mit dieser Gabe in seiner Freizeit auch noch Gedichte schreiben? Er fährt lieber Harley, fliegt selbst (den Pilotenschein machte er schon als Hornist), erholt sich beim Tennis und sieht zwischen Oper und Fussball eine Verbindung: «So eine gewisse Unberechenbarkeit.» Am Ende stehen noch drei Fragen auf dem Zettel. Erstens, empfindet er Solidarität mit den Hörnern, wenn die unter ihm ertönen? «Absolut. Vor allem, wenn mal was daneben geht. Oder wenn ich höre, dass der Bläsersatz richtig Gas gibt.» Zweitens, wird er das Wohnmobil, das in jeder Geschichte über Vogt vorkommt, auch in Zürich einsetzen? «Ja. Sommerzeit und Zürichsee, das stelle ich mir gut vor.» Drittens, woher kommt eigentlich das Klischee vom «eitlen Tenor»? Er grinst breit unter seinen Goldhaaren: «Naja, das wird ja immer wieder fleissig bedient!» Dann kichert er vor sich hin.


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ZÜRICH HAT TALENT, ABER KEINE EIER. Unsere Generation der Zwanzigjährigen hat zwar Talent, nur leider keine Eier. Ideen werden gedacht, doch nur selten verwirklicht. Quottom das Kulturmagazin setzt sich gegen diese Haltung und gibt jungen Autoren und Künstlern den Raum sich auszudrücken—frisch, ehrlich und echt.

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Willkommen zum Erรถffnungsfest 2014!

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«Die Gänsemagd» Die Gänsemagd ist eines der tiefgründigsten Märchen der Brüder Grimm: Eine Königstochter verliert drei Blutstropfen und damit den Schutz ihrer Mutter. Daraufhin nimmt ihr das durchtriebene Kammermädchen Pferd und Prinz weg, und die Königstochter muss Gänse hüten. Das Pferd, das sprechen kann, lässt das Kammermädchen aus Angst vor Verrat töten. Die Königstochter aber folgt dem Rat des Königs und vertraut ihr Schicksal einem alten Ofen an... Vertont hat die spannende Geschichte die Komponistin Iris ter Schiphorst, deren witzig-kecke Musik die kleinen Zuschauer anlässlich der Uraufführung 2010 in Wien zu Begeisterungsstürmen hinriss. Das gut eine Stunde dauernde Stück ist ideal geeignet, um Kindern einen ersten Kontakt mit dem Musiktheater zu vermitteln. Die Inszenierung von Nina Russi (Musikalische Leitung: Thomas Barthel, Ausstattung: Marianna Mayer) feiert am Eröffnungsfest Premiere! Für Kinder ab 6 Jahren.

Bühnenorchesterprobe «Il barbiere di Siviglia» Erleben Sie eine Bühnenorchesterprobe von Gioachino Rossinis berühmter Oper Il barbiere di Siviglia. In der Inszenierung von Cesare Lievi singen Anna Goryachova (Rosina), Edgardo Rocha (Il Conte di Almaviva), Renato Girolami (Bartolo), Levente Molnár (Figaro), Wenwei Zhang (Basilio) und andere. Enrique Mazzolà leitet zum ersten Mal die Philharmonia Zürich.

Ballett Das Ballett Zürich gewährt auf der grossen Bühne Einblicke in seinen Probenalltag. Das von Ballettdirektor Christian Spuck moderierte Training des Balletts Zürich umfasst die morgendlichen Exercices von der einfachen Körperaufwärmung bis hin zu schwierigen Sprungkombinationen. In der Probe zu Anna Karenina erhalten Sie zudem einen exklusiven Einblick in die neue Choreografie des Zürcher Ballettdirektors.

Begehbare Bühne Einmal auf den Brettern stehen, die die Welt bedeuten, das ist am Eröffnungstag möglich! Unsere Bühnentechnik bereitet unter der Leitung des Technischen Direktors Sebastian Bogatu eine Technikshow und weitere Bühnenüberraschungen vor.

«Wunschkonzert» mit dem Chor Was wäre Verdis Nabucco ohne Gefangenenchor? Fast jeden Abend stehen die professionellen Mitglieder unseres Hauschores auf der Opernbühne und bilden so einen der Grundpfeiler des Opernhauses. In zwei öffentlichen Chorproben auf der Bühne zeigt sich unser Chor diesmal mit einem ganz speziellen Programm: Aus mehreren Opernausschnitten darf das Publikum eine Chorszene auswählen, die Regisseur und Intendant Andreas Homoki dann ad hoc auf der Bühne inszeniert!

Kammermusik und Jukebox Auch Kammermusikliebhaber kommen wieder auf ihre Kosten. Zu hören ist die Bläserformation La Scintilla dei Fiati, die auf historischen Instrumenten spielt. Die Harfenistin Julie Palloc bringt gemeinsam mit Clément Noël, Robert Pickup, Pamela Stahel, Elisabeth Göring und Lionel Pointen romantische Musik zum Thema Meerjungfrau zu Gehör. Der Tenor Benjamin Bernheim ist in The curlew von Peter Warlock mit kammermusikalischer Begleitung zu hören. Im Programm «Blues und andere Wehmutstropfen» gehen Edward Deskur (Naturhorn & Ventilhorn) und Christophe Barwinek (Klavier) auf Entdeckungsreise durch die melancholischen und heiteren Gassen der 20er bis 50er Jahre auf der Suche nach einer Kur für die Trübsal. Ausserdem: Ein Cello-Duo, ein Harfen-Trio und ein Virtuoses für Cello und Kontrabass! Unsere Ensemblemitglieder Rebeca Olvera (Sopran), Julia Riley (Mezzosopran), Dmitri Ivanchey (Tenor) sowie Ruben Drole (Bariton) präsentieren gemeinsam mit dem Pianisten Michael Richter ein vielfältiges Liedprogramm im Bernhardtheater. Mit Werken von Donizetti, Berg, Rachmaninow, Tschaikowsky, Brahms u.a. Als besondere Attraktion präsentiert sich unsere Orchesterakademie als lebendige Jukebox: Für einmal darf das Publikum entscheiden, welche Opern-Highlights erklingen sollen …


Eröffnungsfest 29

«Robin Hood» Am 15. November findet die Premiere unserer Kinderoper Robin Hood statt. Schon heute können die Kinder von 5-10 Legenden des tapferen Engländers kennenlernen: Felix Bierich erzählt von Robin Hoods Abenteuern, dazu spielt ein Ensemble aus Flöte, Laute, Waldhorn und Schlagwerk Musik aus dem 12. Jahrhundert. Ausserdem gibt es Workshops zum Thema Robin Hood mit unserem Musiktheaterpädagogen Roger Lämmli: Kinder zwischen 7 und 12 Jahren können das Leben im Mittelalter kennen lernen, sich im Bogenschiessen und bei ritterlichen Turnieren messen, musizieren, tanzen und spielen…

«Hence!» Die Regisseurin Claudia Blersch lädt zu einem ungewöhnlichen Rundgang durch unbekannte Gänge des Opernhauses – musikalische Überraschungen garantiert. Mit: Liliana Nikiteanu, Anna Soranno, Julie Bartholomew, Cheyne Davidson, Dimitri Phkaladze Lotti Horsman, Sylwia Feherpataky.

Werkstätten Bis ein Bühnenbild hergestellt, ein Kostüm fertig geschneidert ist und die Perücke perfekt sitzt, braucht es viel Arbeit und viel Kreativität. Werfen Sie am Eröffnungstag einen Blick in unsere Werkstätten an der Seerosenstrasse 4 und kommen Sie mit den Mitarbeitern ins Gespräch. In der Montagehalle können die Erwachsenen den Maskenbildnern beim Schminken zuschauen und Kinder werden selbst aktiv: sei es beim Schwerter- und Schilde-Basteln oder beim Malen. Auch Masken können an diesem Tag selbst gebastelt werden.

Ballettworkshop «Giselle in love»

«Rumpelstilzchen» «Ach, wie gut, dass niemand weiss, dass ich Rumpelstilzchen heiss!»: Wer kennt es nicht, das Märchen von dem seltsamen kleinen Wesen, das der armen Müllerstochter hilft, Stroh zu Gold zu spinnen und als Lohn dafür deren Kind fordert! In unserem Kinderkonzert wird das bekannte Märchen mit Musik von Schubert, Wagner, Beethoven, Donizetti u.a. zu neuem Leben erweckt. Konzept: Stefanie Sembritzki, Regie: Christopher Hux. Mit Mascha Soukenik, Carl Hieger, Kai Bischoff und Mitgliedern der Philharmonia Zürich. Für Kinder ab 4 Jahren.

«Die kleine Meerjungfrau» Immer wieder hat sie die unterschiedlichsten Komponisten inspiriert: Die Geschichte von der kleinen Meerjungfrau, die so gerne statt ihres Fischschwanzes Beine hätte, um die Menschenwelt kennenzulernen! Isabelle Menke erzählt das bekannte Märchen von Hans Christian Andersen, dazu erklingt Musik von Edvard Grieg für Harfe, Flöte, Oboe Klarinette, Fagott und Horn. Mit Julie Palloc, Clément Noël, Robert Pickup, Pamela Stahel, Elisabeth Göring und Lionel Pointen. Für Kinder ab 5 Jahren.

6- bis 12-Jährige und ihre Eltern begegnen dem Bauernmädchen Giselle, das sich unglücklich in Prinz Albrecht verliebt hat, und werden von «Marius Petipa» ins romantische Ballett eingeführt. Im Schnelldurchgang lernen sie von der ehemaligen Balletttänzerin Christina Meyer das kleine ABC des Balletts.

… und ausserdem In Zusammenarbeit mit der langen Nacht der Magie zeigen wir das Familienstück «Zauberin sucht Hausmädchen» mit Andy Mayno! Ausserdem: Kostümausstellung, Fotoshooting in Theaterkostümen, Magic Börny, Gastronomie, Informationsstände zu den Freundeskreisen, Kinder- und Jugendarbeit, Zusatzchor, Kinderchor, SoprAlti und Statistenverein und vieles mehr.

ERÖFFNUNGSFEST SAMSTAG, 2O. SEPTEMBER AB 1O UHR Der Eintritt zu allen Veranstaltungen ist frei. Für die einzelnen Veranstaltungen werden jeweils 1 Stunde vor Veranstaltungsbeginn vor dem Opernhaus kostenfreie Tickets abgegeben. Das detaillierte Programm zum Fest erfahren Sie in Kürze auf unserer Website www.opernhaus.ch.

Wir danken unseren Partnern

ab


Kann Oper spannend wie ein Actionthriller sein und zugleich ergreifend wie ein grosser Liebesfilm aus Hollywood? Der Regisseur Barrie Kosky hat in seiner packenden Inszenierung von Giacomo Puccinis Oper La fanciulla del West versucht, diesen Anspruch einzulösen. Und die Presse war von unserer Festspielpremiere der vergangenen Spielzeit mehr als angetan: Kosky erzähle die Oper «mit einem so unheimlichen Sog, dass man bisweilen kaum stillsitzen kann», schrieb die Aargauer Zeitung. Wir bringen die Geschichte um Minnie, die am trostlosen Ende der Welt eine Goldgräber-Bar betreibt und ihren Glauben an die Liebe in einer vereinsamten, verrohten Männergesellschaft behauptet, in der Premierenbesetzung mit der charismatischen Catherine Naglestad als Minnie, Zoran Todorovich als Dick Johnson und Scott Hendricks als Sheriff Rance. Am Pult der Philharmonia Zürich steht mit Marco Armiliato ein Puccini-Experte, der an den grossen Opernhäusern von Wien bis New York ein und aus geht. Wiederaufnahme 24. September 2014 Weitere Vorstellungen 27 Sept, 5, 10 Okt 2014

Fotos: Monika Rittershaus

La fanciulla del West




Die geniale Stelle 33

Es war da, das Höchste Wie Richard Wagner in «Lohengrin» den Himmel auf Erden komponiert

Im zweiten Aufzug von Wagners Lohengrin findet sich eine Passage, die trotz des eigentlich unspektakulären szenischen Vorgangs zu den ungewöhnlichsten und grossartigsten der Opernliteratur gehört. Es ist Elsas Gang zur Trauung mit dem namenlosen Ritter, der sie aus höchster Not gerettet hat. Sie hat die eigentlich unerfüllbare Forderung auf sich genommen, ihren Geliebten nie nach seinem Namen zu fragen, weil sie glaubt, dass ein Leben in uneingeschränktem Vertrauen möglich ist. Wagner erfüllt in dieser Szene die Konvention der Grossen Oper, die ohne pompöse Aufzüge und Märsche nicht denkbar ist, aber er tut dies auf eine ganz und gar originelle Weise: Er komponiert keinen bombastischen Marsch, sondern eine langsame Traummusik mit kaum wahrnehmbarer Bewegung, die sich zu einem gewaltigen, schier endlosen Crescendo-Bogen wölbt. Den Anfang macht ein zarter Choralsatz der Holzbläser, aus dem sich nach kurzer Zeit das Thema von Elsas Liebesglück erhebt und in unwiderstehlicher Anmut in die Höhe schwingt. Irgendwann übernehmen die Violinen das Thema, und dann hat auch schon der Männerchor eingesetzt. Kaum hörbar, im zartesten Pianissimo singen nun dieselben Männer, die sich bisher vor allem mit auftrumpfenden, kriegerischen Gesängen hervorgetan haben. Sie sind verwandelt, die Welt ist verwandelt durch Elsa, die das Ersehnte und doch für unmöglich Gehaltene wagt: Glaube an die Güte des Lebens, an die Kraft der Liebe. In dieser Hochzeit scheint sich eine tiefe Sehnsucht der Menschheit zu erfüllen, die sich in den Mythen aller Völker aller Zeiten zeigt: Die Liebe eines irdischen und eines göttlichen Wesens, die Verwirklichung des Himmels auf dieser Erde, die kein «Jammertal» mehr ist. Wagner schrieb für diese zentrale Passage seines Werkes eine Musik, die im wahrsten Sinne des Wortes «himmlisch» ist: Er nimmt die Instrumentationstechnik auf, die sonst der musikalischen Sphäre des Grals vorbehalten ist: Die Instrumente werden so eingesetzt, dass der Klang fortwährend in den leuchtendsten Farben changiert, wobei der Einsatz eines neuen Instruments jeweils durch die anderen verdeckt und vom Hörer erst nachträglich bemerkt wird, so dass der Farbwechsel unmerklich, wie ein Wunder, eintritt. Diese Technik

hat Wagner im Vorspiel zum ersten Akt mit grösster Virtuosität auf das Orchester angewandt, hier werden nun auch noch die Stimmen der ergriffenen Menschen einbezogen: Die Himmelsmusik wird zur irdischen, die irdische zur himmlischen. Es ist ein äusserlich statisches aber innerlich höchst bewegtes Gebilde, das Wagner hier komponiert, ein Augenblick, der sich zur Ewigkeit dehnt, zur Ewigkeit des vollkommenen, ungetrübten Glücks. Mehr und mehr erweitert sich der Klang in die Höhe und in die Tiefe, bis das ganze Universum zu tönen scheint im Klang der Liebe und der Hoffnung. Doch es ist nur ein Moment: Ortrud zerstört die Harmonie und legt die Saat des Misstrauens, die zur Katastrophe führen wird. Elsa wird ihr Gelübde brechen und Lohengrin nach seinem Namen fragen, und er wird sie verlassen müssen. Doch auch wenn Wagner Lohengrin und Elsa scheitern lässt, entlarvt er diese grosse Hoffnung nicht als Illusion, wärmt er nicht noch einmal den Gemeinplatz auf, dass alle Utopien zum Scheitern verurteilt sind. Das grosse Gewicht, das diesem ewigen Augenblick durch die Komposition verliehen wird, bewirkt, dass er nicht in Vergessenheit geraten kann. Sein Licht leuchtet noch in der Finsternis des Endes und bleibt als Verheissung eines besseren Zustandes, der einmal gewesen ist und wieder sein muss. In diesem Leuchten sind Wagners revolutionäre Hoffnungen aufgehoben, sein Glaube an die Möglichkeit einer Befreiung (er hat es Erlösung genannt) der Menschheit, um dessentwillen er in Dresden auf die Barrikaden gegangen ist. Und jene, die dieses Erlebnis geteilt haben, die Menschen der Handlung ebenso wie die Zuschauer im Saal, können mit Hölderlins Hyperion sagen: «Ich hab’ es Einmal gesehn, das Einzige, das meine Seele suchte, und die Vollendung, die wir über die Sterne hinauf entfernen, die wir hinausschieben bis an’s Ende der Zeit, die hab’ ich gegenwärtig gefühlt. Es war da, das Höchste, in diesem Kreise der Menschennatur und der Dinge, war es da! Es war in der Welt, es kann wiederkehren in ihr; ich hab’ es gesehn, ich hab’ es kennen gelernt.» Werner Hintze



Die Gänsemagd 35

Die Gänsemagd An unserem Eröffnungsfest hat eine neue Kammeroper für Kinder ab sechs Jahren auf der Studiobühne Premiere. Sie basiert auf dem gleichnamigen Märchen der Brüder Grimm. Hier unsere Kurzfassung der Geschichte

E

s lebte einmal eine alte Königin, die hatte eine sehr schöne Tochter, und als die Tochter heranwuchs, wurde sie einem Prinzen in einem fernen Reich versprochen. Als der Tag kam, an dem sich die Prinzessin auf den Weg machen sollte, um den Prinzen zu heiraten, packte die Mutter schweren Herzens einen grossen Koffer, in dem alles für die grosse Reise Platz hatte. Dann schnitt sie sich in den Finger und liess drei Tropfen Blut in ein weisses Tüchlein hineinfallen. Das Tüchlein gab sie ihrer Tochter und sagte zu ihr: «Diese Tropfen kommen aus meinem Herzen und haben magische Kräfte. Sie werden dich schützen.» Die Königstochter steckte das Tüchlein in den Ausschnitt ihres Kleides und verabschiedete sich von ihrer Mutter. Sie freute sich auf das grosse Abenteuer. Mit ihrer Kammerjungfrau und ihrem Lieblingspferd Falada, das sprechen konnte, zog die Königstochter in die weite Welt. Nach einer gewissen Zeit wollte die Prinzessin eine Pause einlegen und verlangte nach ihrem Fächer, denn es war ein drückend heisser Tag. Sie hatte grossen Durst und wandte sich an ihre Kammerjungfrau: «Ich bitte dich, gib mir zu trinken in meinem schönen goldenen Becher.» Die Kammerjungfrau aber hatte schon lange keine Lust mehr, immer nur zu dienen, und entgegnete: «Wenn du Durst hast, so beuge dich selbst über den Bach und trinke!» Das überraschte die Königstochter sehr, doch sie war zu durstig, um sich mit ihr zu streiten, und beugte sich zum Wasser. Da fiel ihr das Tüchlein mit den drei Blutstropfen ins Wasser und schwamm davon. Die Kammerjungfrau aber freute sich, dass sie nun Macht über die Königstochter bekam – denn indem die Königstochter die Blutstropfen verloren hatte, war sie schwach geworden. Jetzt wurde die Prinzessin von der Kammerjungfrau gezwungen, die königlichen Kleider auszuziehen und ihre Dienerinnenkleidung anzulegen. Ausserdem musste sie schwören, keinem Menschen ein Wort darüber zu sagen, wer sie in Wirklichkeit sei. Die Kammerjung-

frau stieg auf das Pferd und prahlte damit, bald selbst Königin zu werden. Falada aber hatte alles beobachtet. Endlich trafen sie im königlichen Schloss ein. Der alte König und der junge Prinz freuten sich über ihre Ankunft. Die Kammerjungfrau tat nun, als ob sie die Prinzessin sei, die wahre Königstochter aber stellte sie als ihre schäbige Dienerin vor. Doch der alte König bemerkte rasch, dass mit der Dienerin etwas nicht stimmte und fragte, warum sie so traurig sei. Sie aber hatte geschworen, die Wahrheit zu verschweigen, und gab sich nicht zu erkennen. Da wollte der König wissen, ob sie für ihn Hausarbeiten im Schloss übernehmen könne. Die Königstochter hatte jedoch noch nie das Silber geputzt, Kartoffeln geschält oder die Wäsche gebügelt, und so kam der König auf die Idee, dass sie einem Jungen namens Kürdchen helfen könnte, die Gänse auf der Wiese zu hüten. Draussen bei den Gänsen gerieten ihre Haare aber ganz durcheinander, und so löste sie sie, um sie zu kämmen. Als Kürdchen sah, dass die Haare ganz aus Gold waren, wollte er ihr ein paar ausraufen. Da sang die Königstochter: «Weh, weh, Windchen, nimm Kürdchen sein Hütchen und lass’n sich mit jagen, bis ich mich geflochten und geschnatzt* und wieder aufgesatzt.» Plötzlich kam ein starker Wind auf und wehte Kürdchens Hut weg, so dass er ihm nachlaufen musste. Bis er wieder kam, war die Gänsemagd aber mit dem Kämmen und Frisieren fertig, so dass er keine Haare ergattern konnte.

* Schnatz: Haarknoten, der aus zwei geflochtenen Zöpfen zu einem Dutt um den Kopf gesteckt wurde, worauf die Haube gesetzt wurde.


Blindtext 36

Inzwischen hatte die falsche Braut Angst bekommen, dass das Pferd, das ja sprechen konnte, sie verraten könne und erzählen würde, wie sie mit der Königstochter umgegangen war. Sie wandte sich zum jungen Prinzen: «Liebster Bräutigam, ich bitte dich, tu mir einen Gefallen. Lass das Pferd, auf dem ich hergeritten bin, töten. Dieses Pferd wollte mich fressen. Ich habe keine ruhige Minute mehr, wenn es am Leben bleibt.» Der Königssohn wollte sie daran hindern, aber die falsche Braut hatte bereits den Schlächter gerufen. Als es auch der Gänsemagd zu Ohren kam, dass Falada sterben sollte, versprach sie dem Schlächter heimlich Geld, wenn er ihr einen kleinen Gefallen erwiese. In der Stadt war ein grosses finsteres Tor, wo sie abends und morgens mit den Gänsen hindurch musste. Unter dieses Tor sollte er Faladas Kopf hinhängen, damit sie ihn sehen und mit ihm sprechen könnte. Der Schlächter versprach es, schlug dem Pferd den Kopf ab und nagelte ihn unter das Tor. Jedes Mal nun, wenn die Gänsemagd mit Kürdchen die Gänse unter dem Tor hinaustrieb, sprach sie im Vorbeigehen: «Falada, da du hangest», und der Kopf antwortete: «O du Jungfer Königin, da du gangest, wenn das deine Mutter wüsste, ihr Herz tät’ ihr zerspringen.» Dann zog sie schweigend mit den Gänsen zur Stadt hinaus. Draussen auf der Wiese machte die Gänsemagd ihre Haare wieder auf, um sie zu kämmen. Als Kürdchen die goldenen Haare sah, wollte er nach ihnen greifen. Wieder sang sie: «Weh, weh, Windchen, nimm Kürdchen sein Hütchen und lass’n sich mit jagen, bis ich mich geflochten und geschnatzt und wieder aufgesatzt.» Da wehte der Wind Kürdchens Hut vom Kopf, und er musste ihm nachrennen. Als er zurückkam, hatte sie ihr Haar aber schon längst zurecht gemacht. Wieder konnte er keins davon erwischen. Das machte Kürdchen zornig, und so sagte er zu ihr: «Ich werde es dem König sagen, was du für eine bist! Ich mag dich nicht mehr.» Nachdem sie am Abend heimgekommen waren, ging Kürdchen zum alten König und erzählte ihm alles. Er sagte:

«Die Gänsemagd hat zwar schöne goldene Haare, aber sie benimmt sich seltsam. Morgens, wenn wir unter dem finstern Tor mit der Herde durchgehen, hängt da ein Pferdekopf, zu dem spricht sie, und das Pferd gibt ihr Antwort. Sie sagt: Falada, da du hangest, und dann sagt das Pferd: O du Jungfer Königin, da du gangest, wenn das deine Mutter wüsste, ihr Herz tät’ ihr zerspringen!» Das machte den alten König sehr nachdenklich, und bald ging er selbst hinaus zum dunklen Tor. Dort versteckte er sich, bis er die Gänsemagd kommen sah. Nun hörte er mit an, wie sie traurig mit dem Pferdkopf sprach. Nach einer gewissen Weile trat der König aus seinem Versteck und stellte sie zur Rede, warum sie so bedrückt sei. «Das darf ich Euch nicht sagen, denn ich habe geschworen, mit keinem Menschen darüber zu reden», antwortete die Gänsemagd. Da der König nichts weiter aus ihr herausbringen konnte, überlegte er sich eine List und sagte: «Ich glaube, du bist keine gewöhnliche Gänsemagd. Wenn du mir nichts sagen willst, so geh heute Abend heimlich zu dem alten Eisenofen und klage ihm deinen Kummer.» Als es Abend wurde, kroch die Gänsemagd in den Eisenofen und schüttete endlich ihr Herz aus. Sie klagte dem Ofen, dass sie doch die wahre Königstochter sei und eine böse Kammerjungfer sie gezwungen habe, ihre königlichen Kleider auszuziehen. Die andere habe ihren Platz beim Bräutigam eingenommen, und sie müsse als schmutzige Magd auf der Wiese die Gänse hüten. Der alte König aber stand mit seinem Sohn aussen an der Ofenröhre und hörte alles, was sie sprach. Der junge Prinz verliebte sich augenblicklich in die Gänsemagd und flüsterte seinem Vater, dass er nur diese heiraten wolle. Er sagte: «Sie ist die wahre Braut!». Auf Geheiss des Königs wurde die Gänsemagd vom Russ des Ofens befreit und von Kopf bis Fuss gründlich gewaschen. Da erstrahlten auch ihre schönen Haare wieder, und voller Freude schenkte sie Kürdchen endlich ein goldenes Haar. Die falsche Braut aber musste die königlichen Kleider wieder hergeben und wurde vom alten König aus dem Haus gejagt. Bald feierte man ein rauschendes Hochzeitsfest, zu dem auch die alte Königin eingeladen war. Der alte König und die alte Königin freuten sich sehr, dass sie von nun an miteinander verwandt waren.


Die Gänsemagd 37

Die Königstochter schafft das Die deutsche Komponistin Iris ter Schiphorst hat die «Gänsemagd» geschrieben. Ein Gespräch über den Tonfall, den man in einer Oper für Kinder anschlagen kann.

Iris ter Schiphorst, Ihre erste Kinderoper Die Gänsemagd wurde 2010 in Wien mit grossem Erfolg uraufgeführt. Warum haben Sie sich damals für diesen Märchenstoff entschieden? Es handelte sich um einen Auftrag der Wiener Taschenoper, die bereits zwei Kinderopern nach einem Grimmschen Märchen herausgebracht hat. Das eine war das Tapfere Schneiderlein, das andere Eisenhans. Auch die dritte Kinderoper sollte auf einem Grimm-Märchen basieren. Als meine Librettistin Helga Utz und ich diese Anfrage erhielten, war es unser Wunsch, dass es auf jeden Fall ein Märchen sein sollte, in dem ein Mädchen die Hauptrolle spielt. Wir haben uns einige Märchen durchgesehen und sind dann bei der Gänsemagd hängengeblieben, die wir wunderschön fanden. Allerdings hatten wir anfangs auch einige Zweifel, ob dieses Märchen für Kinder wirklich geeignet ist, handelt es sich doch um eine sehr komplexe Geschichte, die auch vom psychologischen Standpunkt her nicht so ganz ohne ist. Umgekehrt hat uns gerade diese Vielschichtigkeit gereizt. Ich finde, dass Helga Utz ein wirklich tolles Libretto geschrieben hat und das Märchen in eine Fassung gebracht hat, die – wie es sich auch in der Praxis gezeigt hat – für Kinder wirklich zugänglich ist. Dennoch ist dieses Märchen wie viele andere GrimmMärchen stellenweise ziemlich grausam. Zum Beispiel wird in einer Szene dem Lieblingspferd der Prinzessin der Kopf abgeschlagen. Darüber haben wir lange diskutiert. Es ist ja wirklich etwas ganz Schreckliches, wenn der beste Freund der Königstochter auf diese grausame Weise umkommt. Allerdings wissen wir ja auch, dass gerade Kinder mit diesen angeblich so grausamen Dingen ganz anders umgehen, als es die Erwachsenen vermuten. Die Kinderwelt ist voller Grausam-

keiten. Wir Erwachsenen wollen das alles oft schönreden oder von den Kindern fernhalten, aber grausame Elemente sind in der Fantasie der Kinder durchaus enthalten. Wir wollten aber, dass der Tod des Pferdes Falada in erster Linie symbolisch aufgefasst wird. In der Uraufführung wurde die Szene daher auch als Schattenspiel gezeigt. Selbstverständlich war es jeweils mucksmäuschenstill im Zuschauerraum, und natürlich waren die Kinder total ergriffen. Sie erkannten aber auch, welche Bedeutung der Tod Faladas für die Königstochter hat. Denn es ist ja ein elementarer Bestandteil dieser Geschichte, dass diese Königstochter zwar ihren besten Freund verliert, ihn in ihrem Inneren aber dennoch weiterträgt. Das innere Bild ihres Freundes ist sogar so stark, dass sie die Kraft hat, die ganzen Ungerechtigkeiten, die ihr wider fahren, auszuhalten und so am Ende zu einem erwachseneren und reiferen Menschen heranwachsen kann. Gab es ein musikalisches Grundkolorit, das Ihnen passend erschien für diese melancholische Geschichte? Die damalige Vorgabe war, etwas für eine kleine Besetzung zu schreiben. Ich hatte aber in der Wahl der Instrumente alle Freiheiten. Insofern sind die Instrumente in der Gänsemagd eine Wunschbesetzung von mir. Zum Beispiel die Kontrabassklarinette, die mir die Möglichkeit gab, klanglich interessante Welten aufzumachen. Sie kann durch ihr tiefes Timbre und die Weichheit ihres Sounds ganz andere Dinge erzählen als die normale Klarinette. Oder das Akkordeon: ein unglaublich farbenreiches Instrument mit einem enormen Register, das wegen seiner vielfältigen Möglichkeiten für kleine Besetzungen besonders geeignet ist. Es stimmt, dass in der Oper oft ein schwermütiger Ton vorherrscht, aber das Akkordeon hat zum Beispiel auch diesen Volksmusikcharakter, gerade in den Begleitfiguren der liedhaften Stellen.


Die Gänsemagd 38

Sie kommen auch von der elektronischen Musik. Ein weiteres wichtiges Element sind denn auch Tonbandspielungen. Die gehören zum Instrumentalpart des Keyboarders. Einerseits wollte ich das Keyboard sehr gerne drin haben, um mit weiteren Klangfarben, etwa der Glasharmonika oder Celesta, experimentieren zu können, andererseits kann man auf dem Keyboard wunderbar mit Samplern arbeiten. Das erlaubt mir, sehr detailliert und konsequent bestimmte Sounds oder Atmosphären zu verwenden. In der Gänsemagd erklingen zum Beispiel eisige Windgeräusche, klirrendes Essbesteck, Vogelgeräusche, Gänsegeschnatter, Flügelschlagen oder eine Wieherwolke... Diese Geräusche zu erfinden hat natürlich grossen Spass gemacht. Sie geben dem Ganzen etwas Filmisches, denn die Bilder, die durch diese atmosphärischen Klänge erzeugt werden, sind doch sehr stark. Was ist für Sie besonders wichtig beim Schreiben für Kinder? Ich muss sagen, dass ich grundsätzlich sehr lustvoll an die Sache herangegangen bin. Ab einem gewissen Zeitpunkt wurde mir allerdings klar, dass ich, obwohl ich seit vielen Jahren in der Neuen Musik beheimatet bin, auch richtige Lieder schreiben wollte – sehr zum Erstaunen meiner Kollegen! Das hat mit meiner Herkunft zu tun: Ich stamme aus einem musikalischen Elternhaus, und wir haben zuhause viel gesungen. Für mich war das als Kind etwas ganz Selbstverständliches. Ich habe daher einen sehr grossen Liederschatz. Ich glaube, dass meine Liebe zur Musik ohne dieses Singen gar nicht vorstellbar wäre. Sich ein Lied anzueignen, die Möglichkeit zu haben, ein gehörtes Lied irgendwann mal selber singen zu können, finde ich sehr schön. Das möchte ich mit meiner Musik unbedingt den Kindern weitergeben. Das Gespräch führte Kathrin Brunner

DIE GÄNSEMAGD Kinderoper von Iris ter Schiphorst nach dem Märchen der Brüder Grimm (Libretto: Helga Utz) Musikalische Leitung Inszenierung Bühnenbild, Kostüme Lichtgestaltung Dramaturgie

Thomas Barthel Nina Russi Marianna Helen Meyer Dino Strucken Kathrin Brunner

Prinzessin/Gänsemagd Königin/Kürdchen Kammerjungfrau König/Schlächter

Dara Savinova / Lin Shi Irène Friedli /Judith Schmid Deanna Breiwick / Estelle Poscio Alexei Botnarciuc / Andri Robertsson Falada/Prinz Christian Sollberger Kammerensemble der Oper Zürich für Kinder ab 6 Jahren

Premiere 20 Sept 2014, Studiobühne (im Rahmen des Eröffnungs festes) Weitere Vorstellungen 27, 28 Sept 2014 6, 7, 23, 26, 27 Dez 2014 27, 28 Juni 2015, Studiobühne

IRIS TER SCHIPHORST Die Hamburgerin Iris ter Schiphorst liess sich zunächst zur Pianistin ausbilden und wirkte später in unterschiedlichen Rockformationen als Bassistin, Schlagzeugerin und Keyboarderin. Anschliessend studierte sie in Berlin Theater-, Kulturwissenschaf ten und Philosophie. Gleichzeitig befasste sie sich mit elektronischer Musik und Sample-Techniken und gewann 1992 den ersten Preis des Kompositionswettbewerbs für Synthesizer- und Computermusik. Ihre Werke wurden u.a. uraufgeführt auf Festivals in Donaueschingen, Helsinki, Paris, München, Glasgow, Amsterdam, Porto und London. Zur Zeit lehrt sie Komposition an der Universität der Künste Berlin.

Foto: Astrid Karger

Jede Figur erhält zudem ihren eigenen musikalischen «Fussabdruck». Die Prinzessin beschreiben Sie in Ihrer Partitur zum Beispiel als «warm und seelenvoll», die Kammerjungfrau singt in spitzen Koloraturen. Normalerweise bewegen sich die Heldinnen in der Oper immer in der höchsten Gesangslage. Das ist oft dermassen artifiziell, dass ich mir das offengestanden für die Königstochter nicht vorstellen konnte. Eher schwebte mir das für die fiese Kammerzofe vor, die nun oft Noten in schrillster Lage zu singen hat. Ihr habe ich dann auch kleine Bösartigkeiten wie Stotterer hinzukomponiert.


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Der Fragebogen mit Julie Fuchs Was fällt Ihnen auf, wenn Sie in Zürich ankommen? Die Ruhe der Menschen, die Annehmlichkeiten des täglichen «savoir vivre». Die Pünktlichkeit, die Sauberkeit... Dinge, die zuweilen in Paris fehlen. Was würden Sie sofort verändern, wenn Sie Königin der Schweiz wären? Ich würde die Preise von nicht wenigen Dingen senken! Was ist für Sie das vollkommene irdische Glück? Für meine Freunde kochen. Teilen, teilen, teilen... Was wäre für Sie das grösste Unglück? Dass es keine Kunst mehr gibt. Welche musikalische Erfahrung hat Sie entscheidend geprägt? Mehrere! Mit 15 sang ich in einem europäischen Jugendchor. Wir traten unter anderem mit Björk auf. Danach war mir klar, dass ich in Zukunft nicht mehr ohne Singen würde leben können – ohne das Singen mit anderen. Als Studentin bot man mir die Maria in The sound of music an – eine Rolle mit gesprochenen englischen Dialogen, am Théâtre du Châtelet! Dann kam Ciboulette an der Opéra Comique, mein erster grosser Auftritt in Paris. Auch Alcina hier in Zürich in der vergangenen Saison hat mich sehr geprägt. Ihre Lieblingsschriftsteller? Ich liebe die Poesie… René Char, Apollinaire, Verlaine, Rimbaud… Meine aktuellen Lieblingsbücher: L’art de la joie von Goiarda Sapienza, Boris Vian, Krimis von Fred Vargas...

Welchen überflüssigen Gegenstand in Ihrer Wohnung lieben Sie am meisten? Wenn man etwas liebt, ist es nicht überflüssig, oder? Aber ich muss zugeben, dass ich einige Paar Schuhe habe, die ich nicht oft trage, von denen ich mich aber für nichts in der Welt trennen würde! Welche Eigenschaften schätzen Sie bei Ihren künstlerischen Partnern? Humor, Lebendigkeit und wenn sie zuhören können. Welche menschlichen Schwächen entschuldigen Sie am ehesten? Angst. In was verlieben Sie sich bei einem Menschen? Oh là là, das kommt darauf an! Vor allem in ein starkes Gefühl des Vertrauens, das mir der andere vermittelt. Aber das ist mir noch nicht oft passiert... Esprit finde ich auch sehr sexy. Ist das hier der Ort, wo ich meine Telefonnummer angeben kann für den Fall, dass...? Worum geht es für Sie in «Il matrimonio segreto»? Il matrimonio segreto erzählt von familiären Beziehungen. Also von Geheimnissen. Logisch... und natürlich von der Liebe. Obwohl ich den Eindruck habe, dass die Beziehung zwischen den beiden Schwestern viel interessanter ist als die zwischen den Paaren. Nennen Sie drei Gründe, warum das Leben schön ist! Das Leben ist schön, weil es überraschend ist, weil man andere Menschen trifft, weil man nur ein Leben hat und weil es unser Leben ist. Ups, das macht vier Gründe... oder?!

Ihre Lieblingsfilme? Ich liebe die verrückte Welt von Kusturica. Ich bewundere Dancer in the dark von Lars von Trier. Ausserdem liebe ich das Kino der 50er Jahre. Ihr liebstes Laster? Essen! Und guter Wein. Deswegen muss ich dreimal pro Woche ins Sportstudio gehen.

JULIE FUCHS ist Sopranistin und gehört seit der vergangenen Spielzeit zum Ensemble des Opernhauses. In der Wiederaufnahme von «Il matrimonio segreto» am 24. Oktober singt sie die Carolina.



Fotos Monika Rittershaus

Il matrimonio segreto Hochzeiten sind immer aufregend. Doch so irrwitzig wie in Domenico Cimarosas 1792 uraufgeführter Oper Il matrimonio segreto geht es doch eher selten zu: Der reiche Kaufmann Geronimo möchte seine ältere Tochter Elisetta mit einem Grafen verheiraten. Aber der verliebt sich in die jüngere Tochter Carolina, die allerdings bereits heimlich den Hausangestellten Paolino geheiratet hat. Geronimos Schwester Fidalma macht die Sache noch komplizierter, weil sie es ebenfalls auf Paolino abgesehen hat... Unsere Neuproduktion von Cimarosas köstlicher Opera buffa mit dem Internationalen Opernstudio feierte in der vergangenen Spielzeit einen so grossen Erfolg beim Publikum in Winterthur, dass wir sie nun in Zürich präsentieren, besetzt mit herausragenden Künstlern unseres Ensembles. Unter anderem werden Julie Fuchs als Carolina und Ruben Drole als Graf Robinson auf der Bühne stehen. Der italienische Spezialist für historische Aufführungspraxis Ricardo Minasi dirigiert die turbulente Regiearbeit von Cordula Däuper. Wiederaufnahme 24. Oktober 2014 Weitere Vorstellungen 26, 29 Okt und 1, 5, 9 Nov 2014


Philharmonia Zürich 42

Eleganter Resonanzkörper Die Philharmonia Zürich tritt ab dieser Spielzeit in einem neuen Konzertraum auf. Ein Gespräch mit Andreas Homoki Herr Homoki, ab dieser Spielzeit zieht die Philharmonia Zürich mit ihren sinfonischen Konzerten von der Tonhalle ins Opernhaus um. Was ist der Hintergrund für diese Entscheidung? Generalmusikdirektor Fabio Luisi und ich haben uns vorgenommen, das Orchester im Konzertbereich stärker zu profilieren. Daran arbeiten wir auf verschiedenen Ebenen, und die Frage des Konzert-Ortes ist dabei ein wichtiger Aspekt. Die Philharmonia Zürich spielte ihre Kozer te bislang meist in der Tonhalle, dabei ist sie doch eigentlich im Opernhaus beheimatet. Deshalb finden wir es folgerichtig, dass das Orchester in Zukunft auch in den Konzerten dort auftritt, und wir sind zuversichtlich, dass der Ortswechsel die Identität der Philharmonischen Konzertreihe stärken wird. Zudem können die Konzerte nun auch am Sonntagabend stattfinden, ein attraktiverer Termin als der Sonntagvormittag, auf den wir aus dispositionellen Gründen in der Tonhalle oft ausweichen mussten.

Frage ebenso wichtig: Wie schaffen wir auch optisch einen angemessenen Rahmen für unsere Orchesterkonzerte? Der Wunsch, die Situation für Konzerte der Philharmonia im Opernhaus zu verbessern, beschäftigt mich, seit ich vor mehr als sechs Jahren als Intendant nominiert wurde.

Aber ein Opernhaus ist kein Konzertsaal. Das stimmt. Deshalb haben wir uns gleich nach meinem Amtsantritt zusammengesetzt und überlegt, wie wir die Konzertsituation im Opernhaus verbessern können.

Welche Lösung haben Sie für die Probleme gefunden? Für Konzerte im Opernhaus ist neben den akustischen Gegebenheiten ebenfalls zu berücksichtigen, dass welcher «Konzertraum» auch immer bei unserem eng getakteten Vorstellungsbetrieb einfach und schnell auf- und abgebaut werden muss – im Grunde wie ein Bühnenbild. Was lag also näher, als einige unserer Bühnenbildner zu fragen, ob sie Lust hätten, einen solchen Konzertraum für uns zu entwerfen. Die Vorschläge, die sie auf der Basis des technischen Anforderungsprofils unseres Technischen Direktors Sebastian Bogatu geliefert haben, waren alle sehr attraktiv. Wir hatten wirklich die Qual der Wahl. Den Zuschlag bekam schliesslich die Variante von Christian Schmidt, der das Opernhaus als Ausstatter seit vielen Jahren hervorragend kennt und für die neue Spielzeit sogar zwei Bühnenbilder entworfen hat: zu Martinůs Juliette und Bellinis I Capuleti e i Montecchi.

Wo lagen die Probleme? Das Orchester sitzt ja bei den Konzerten auf der Bühne und nicht im Graben wie sonst. Das bringt vor allem akustische Schwierigkeiten mit sich, für die wir nach Lösungen suchen mussten. Aber für mich war eine andere

Welche Idee steht hinter Schmidts Entwurf? Wenn man so einen Konzertraum für ein bestehendes Opernhaus entwirft, muss man überlegen, wie er sich zum architektonischen Stil des Hauses verhalten soll. Da lag die Frage natürlich nahe, ob die neue Konzertbühne sich


Philharmonia Zürich 43

der Ästhetik unseres neobarocken Zuschauerraumes anpassen soll. Interessanterweise hat dies keiner der Entwür fe versucht, sicher auch, weil eine solche Stilkopie immer Gefahr läuft, ins Kitschige abzugleiten. Der Raum von Christian Schmidt, den wir nun realisiert haben, ist sehr elegant geworden und verströmt eine festliche Atmosphäre. Es ist ein eher dunkler, moderner Raum, der variantenreich stimmungsvoll beleuchtet werden kann. Durch seine Schlichtheit schafft er auch optisch einen perfekten Rahmen für den Protagonisten: unsere Philharmonia. Was ist für die Verbesserung der Akustik getan worden? Das Opernhaus wurde ja ursprünglich als Sprechtheaterbühne konzipiert. Die Akustik ist deshalb eher trocken und der Nachhall für einen perfekten Orchesterklang etwas zu kurz. Hinzu kommt, dass sich die Orchestermusiker beim Spielen häufig gegenseitig nicht in idealer Weise hören. Das ist ein wichtiger Aspekt, dem jede gute Akustik Rechnung tragen muss. Um dieses Problem zu lösen, haben wir in einem ersten Schritt den Orchestergraben vor zwei Jahren mit speziellen Resonanzplatten ausgelegt und damit bereits eine deutliche klangliche Verbesserung erreicht. Die Firma Respa, die die Resonanzplatten für den Orchestergraben gebaut hatte, hat dann den Vorschlag gemacht, den gesamten Bühnenboden und sogar die Bühnenbilder mit den gleichen Resonanzplatten auszustatten, um die Akustik des gesamten Bühnenraumes zu optimieren. Leider ist das in der Praxis nicht ganz so einfach zu realisieren, da ein Bühnenboden in Operninszenierungen oft ganz spezielle Ansprüche erfüllen und zudem enorme Lasten tragen muss. Aus diesen Überlegungen heraus ist dann aber die jetzt realisierte Idee entstanden, einen Konzertraum zu bauen, bei dem Boden und Wände komplett aus diesen speziellen Resonanzplatten bestehen. Wie funktionieren diese Resonanzplatten? Sie reflektieren den Klang nicht nur, wie es für jede gute akustische Situation von Bedeutung ist, sondern sie schwingen auch mit. Sie werden selbst zum Resonanzkörper. Wir haben uns verschiedene Theater angeschaut, die sich neue Konzerträume von renommierten Herstellern haben bauen lassen. Die Ergebnisse waren eher ernüchternd, denn die meisten marktgängigen Konzerträume funktionieren bloss über die Klangreflexion. Da man bei mobilen Bauten, wie wir sie auf einer Theaterbühne benötigen, die Wände nicht meterdick bauen kann, werden die tieferen Frequenzen dabei nur ungenügend reflektiert, was für das Publikum zu einem grossen Ungleichgewicht

zwischen schlecht hörbaren tiefen und herausstechenden hohen Frequenzen führt. Von wem wurden unsere Resonanzplatten entwickelt? Von Georg Ignatius, einem Akustik-Tüftler aus dem Schwarzwald und ehemaligen Instrumentenbauer. Seine Platten werden als Ganzes in Schwingung versetzt, ähnlich wie der Korpus eines Streichinstruments. Ausserdem hat Ignatius ein geometrisches Oberflächenmuster entworfen, das er im Siebdruckverfahren auf jede einzelne Platte druckt. Dieses sorgt dafür, dass die Platten gleichmässig schwingen. Unser neuer Konzertraum ist also selbst eine Art «Instrument», das das Orchester umhüllt und sowohl den Musikern als auch dem Publikum optimale akustische Bedingungen bietet. Durch die Kombination von Christian Schmidts edler Gestaltung und der ausgeklügelten Akustik hat das Opernhaus für unsere Konzerte jetzt einen sehr stimmigen Rahmen, der das Orchester und nichts anderes in den Mittelpunkt stellt. Man könnte fast sagen: Die ganze Bühne wird zum Instrument! In dieser Spielzeit werden Konzerte in ganz unterschiedlichen Formationen gespielt: von klein besetzten Programmen mit dem «Orchestra La Scintilla» bis hin zu grossen sinfonischen Werken von Gustav Mahler und Arnold Schönberg. Ist die Konzertmuschel für alle Besetzungen gleichermassen geeignet? Das ist ein wichtiger Punkt und eine weitere bestechende Eigenschaft unseres Konzertraumes: Sie ist nämlich variabel einstellbar. Je kleiner die Besetzung ist, desto näher möchte man schliesslich als Zuhörer an den Musikern dran sein. Der Konzertraum kann in diesem Fall so aufgebaut werden, dass die Rückwand weiter vorne steht. Für ein Konzert mit grossem Orchester und Chor hingegen wird dann die ganze Tiefe der Bühne genutzt. Vor bald 30 Jahren hat sich das damalige Tonhalle- und Theaterorchester in zwei eigenständige Orchester aufgeteilt. Die Einführung unserer neuen Konzertsituation fällt also mit einem Jubiläum der Philharmonia Zürich zusammen. War das so geplant? Ich freue mich, dass wir unseren neuen Konzertraum ausgerechnet in dieser Jubiläumsspielzeit einweihen dürfen, aber gewartet hätte ich nicht darauf! Wichtig war mir, dass unser Orchester seine Konzerte in unserem Opernhaus spielen kann und zwar unter so optimalen Bedingungen, wie wir sie jetzt geschaffen haben! Das Gespräch führte Fabio Dietsche


Anna Goryachova deb端tiert als Rosina in unserer Wiederaufnahme (Illustration: Lina M端ller)


Porträt 45

Rosina Was für Sopranistinnen die Violetta in La traviata, das ist für Mezzosopranistinnen die Rosina in Il barbiere di Siviglia – eine wunderbare Rolle, von der ich schon lange geträumt habe. Ausschnitte aus dieser Partie habe ich während meines Studiums und auch danach in vielen Konzerten an den unterschiedlichsten Orten gesungen, so zum Beispiel in St. Petersburg oder in Rom an der Accademia Santa Cecilia. Aber die ganze Partie singe ich hier am Opernhaus Zürich jetzt zum ersten Mal. Rossini ist mein Komponist, ich bin eine Rossini-Sängerin! Bisher habe ich Il viaggio a Reims und Matilde di Shabran gemacht, und Rossini liegt mir wirklich sehr; neben Mozart und Bellini ist er mein absoluter Lieblingskomponist. Meine Stimme ist von Natur aus sehr beweglich. Um Koloraturen zu singen, muss ich nicht besonders viel üben und mich auch nicht speziell dafür einsingen. Wenn ich schnelle und virtuose Koloraturen singe, dann bereitet mir das geradezu körperliches Wohlbefinden! Rosina ist auch deshalb toll, weil die Partie einen so grossen Umfang hat – sie ist sowohl hoch als auch tief. Und natürlich ist sie eine Figur, die man gern auf der Bühne darstellt: Sie ist jung, romantisch und verliebt, aber auch eine Frau, die ihren eigenen Kopf hat und schliesslich das bekommt, was sie möchte. Diese Partie zu singen, geniesse ich wirklich sehr. Nervös bin ich nur vor Premieren; wenn die Premiere mal vorbei ist, fängt der Spass an. Erst nach der Premiere beginnt eine Inszenierung zu leben – wir sind dann freier, singen bestimmte Phrasen auch mal anders und fordern uns gegenseitig ein bisschen zum Improvisieren heraus. Auf der Bühne zu stehen, ist für mich sehr natürlich; seit meiner Kindheit bin ich immer irgendwo aufgetreten, in der Schule, in der Musikschule, überall; ich habe die Bühne im Blut, und das, obwohl es in meiner Familie ausser mir keinen einzigen Sänger, Schauspieler oder Musiker gibt, ich bin weit und breit die einzige!

Von meinem Temperament her kommen mir vielleicht die dramatischen, tragischen Partien mehr entgegen; aber das komische Fach liebe ich auch sehr, und so lange ich noch jung bin, singe ich das leichtere Fach, das schwere Fach hebe ich mir auf für später. Die Inszenierung von Cesare Lievi hier am Opernhaus kenne ich noch nicht; bisher hatte ich nur eine Anprobe, und das Kostüm gefällt mir sehr! Ich liebe es, mich zu verwandeln, schöne Kleider zu tragen, obwohl meine Lieblingspartien ja eigentlich die Hosenrollen sind... Rosina singe ich jetzt in einer Wiederaufnahme, nicht in einer Neuinszenierung, ich springe also in eine fertige Inszenierung hinein. Trotzdem denke ich, dass ich meine eigene, individuelle Interpretation der Rosina finden werde. Die Inszenierung gibt den Rahmen vor, die Grundlage für die Charakterisierung der Figur, ihre Beziehung zu den anderen Figuren. Aber ich bringe immer meine eigenen Ideen ein, drücke der Figur meinen eigenen Stempel auf. Dafür sind natürlich die Partner auf der Bühne sehr wichtig. Ich bin sicher, dass wir viel Spass haben werden im Barbier von Sevilla. Ich jedenfalls kann es kaum erwarten! Anna Goryachova

IL BARBIERE DI SIVIGLIA Oper von Gioachino Rossini mit Edgardo Rocha, Renato Girolami, Anna Goryachova, Levente Molnár u.a. Musikalische Leitung: Enrique Mazzolà Inszenierung: Cesare Lievi, Bühnenbild: Mario Botta Wiederaufnahme: 26 September 2014 Weitere Vorstellungen: 28 Sept, 2, 5, 8, 11 Okt 2014


Essen ist Die Serie rund ums Thema ma Essen – bis zum 2.11.2014 in der «NZZ am Sonntag»

Jetzt bestellen: 10 Ausgaben für Fr. 25.– SMS mit Keyword: NZZ56, Namen und Adresse an Nr. 880 (20 Rp./SMS) nzz.ch/essen56


Serviceteil 47

MO 29 MONTAGSGESPRÄCH

SEPTEMBER 2O14

19.OO

SO 7 EINFÜHRUNGSMATINEE 11.15

CHF 1O

Ein Gespräch mit dem Produktionsteam von «Lohengrin», Bernhard Theater

SA 2O ERÖFFNUNGSFEST DIE GÄNSEMAGD PREMIERE

Eintritt frei

Kinderoper von Iris Ter Schiphorst, Studiobühne Preise G

Preise C

14.OO Preise E

14.3O

WIEDERAUFNAHME Oper von Giacomo Puccini

14.3O

Preise G

17.OO

Oper von Richard Wagner

STÜCKE ENTDECKEN

19.OO

BALLETTSCHULE

Preise E

2O.OO

CHF 25 Kinderoper von Iris Ter Schiphorst, Studiobühne

FAMILIEN-WORKSHOP

CHF 2O

DIE GÄNSEMAGD

CHF 25 Kinderoper von Iris Ter Schiphorst, Studiobühne

LA FANCIULLA DEL WEST

Mode·Leder·Pelze Kaiserstrasse 42 D-79761 W a l d s h u t Tel. 0049 7751 3486 www.kueblerpelz.com

Preise E

SO 28 DIE GÄNSEMAGD 11.15

CHF 25 Kinderoper von Iris Ter Schiphorst, Studiobühne

EINFÜHRUNGSMATINEE

CHF 1O

Ein Gespräch mit dem Produktionsteam von «Anna Karenina», Bernhard Theater 13.OO

DIE GÄNSEMAGD

14.OO

IL BARBIERE DI SIVIGLIA

14.3O

FAMILIEN-WORKSHOP

CHF 25 Kinderoper von Iris Ter Schiphorst, Studiobühne Preise VV Oper von Gioachino Rossini AMAG-Volksvorstellung CHF 2O

IL BARBIERE DI SIVIGLIA Probebühne Escher Wyss Ost 2O.OO

CHF 25

ZURICH FILM FESTIVAL Keine Karten erhältlich

WIEDERAUFNAHME Oper von Gioachino Rossini

Oper von Giacomo Puccini

11.OO

CHF 2O

FASZINATION TANZ, Studiobühne

IL BARBIERE DI SIVIGLIA Probebühne Escher Wyss Ost 16.OO

CHF 25

FASZINATION TANZ, Studiobühne

SA 27 DIE GÄNSEMAGD 14.OO

Preise G

Oper von Richard Wagner

ANNA KARENINA, für 12- bis 16-Jährige, Ballettsaal B

FR 26 IL BARBIERE DI SIVIGLIA 19.OO

18.3O

Preise E

Oper von Gioachino Rossini

SA 4 BALLETTSCHULE

Lieder von Schumann, Schubert, Quilter u.a. Malcom Martineau, Klavier

DO 25 LOHENGRIN 18.3O

19.OO

FR 3 LOHENGRIN

MI 24 LA FANCIULLA DEL WEST 19.OO

OKTOBER 2O14 DO 2 IL BARBIERE DI SIVIGLIA

Oper von Richard Wagner

MO 22 LIEDERABEND BRYN TERFEL 19.OO

Preise G

Oper von Richard Wagner

Eintritt frei

SO 21 LOHENGRIN PREMIERE 17.OO

DI 3O LOHENGRIN 18.3O

1O.OO 11.OO 13.3O 17.15

CHF 1O Ein Gespräch mit dem Intendanten Andreas Homoki Restaurant Belcanto

MAHLER / BEETHOVEN Preise P1 1. Philharmonisches Konzert Diego Matheuz, Anna Stephány, Philharmonia Zürich

HERBST/WINTER 2014/2015


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FR 17 ANNA KARENINA 19.OO

Preise C

Ballett von Christian Spuck nach Lew Tolstoi

SA 18 LOHENGRIN 18.3O

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Preise G

Oper von Richard Wagner

SO 19 EINFÜHRUNGSMATINEE

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11.15

73 r.1 t rs ne e d Ba

14.OO

CHF 1O Ein Gespräch mit dem Produktionsteam von «The Turn of the Screw», Bernhard Theater

ANNA KARENINA

Preise C

Ballett von Christian Spuck nach Lew Tolstoi 19.3O

ANNA KARENINA

Preise C

Ballett von Christian Spuck nach Lew Tolstoi

MO 2O LIEDERABEND JUAN DIEGO FLÓREZ 19.OO

L’AMOUR – FRENCH ARIAS Vincenzo Scalera, Klavier

Preise C

DI 21 ANNA KARENINA

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SO 5 LA FANCIULLA DEL WEST 14.OO 2O.OO

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Prill Vieceli Cremers

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19.OO

IL BARBIERE DI SIVIGLIA

19.3O

19.OO

18.3O

19.OO

MAHLER VIERTE SINFONIE

14.OO

IL MATRIMONIO SEGRETO

Preise VV

Oper von Domenico Cimarosa, AMAG-Volksvorstellung

19.OO

FR 31 Preise G

Preise C

Ballett von Christian Spuck nach Lew Tolstoi

MI 29 IL MATRIMONIO SEGRETO Preise E

19.OO

Preise E

Oper von Domenico Cimarosa

RHAPSODY IN BLUE - EIN ABEND MIT MUSIK AUS AMERIKA

Preise P1

Philharmonisches Konzert, Fabio Luisi, Julie Fuchs, Benjamin Bernheim, Sebastian Knauer Preise VV

Preise E

Preise A

11.OO

Lieder von Schubert, Strauss

19.OO

ANNA KARENINA PREMIERE Preise D Ballett von Christian Spuck nach Lew Tolstoi

NOVEMBER 2O14 SA 1 IL MATRIMONIO SEGRETO 19.OO

CHF 1O Ein Gespräch mit dem Tenor Klaus Florian Vogt, Restaurant Belcanto

DI 14 LOHENGRIN Oper von Richard Wagner

Preise G

Preise E

Oper von Domenico Cimarosa

SO 2 STÜCKE ENTDECKEN 14.3O

ANNA KARENINA, für 7- bis 12-Jährige Ballettsaal A

19.OO

THE TURN OF THE SCREW

MO 13 MONTAGSGESPRÄCH

18.3O

Preise P1 2. Philharmonisches Konzert, Fabio Luisi, Julie Fuchs, Bartlomiej Niziol, Philharmonia Zürich

Oper von Gioachino Rossini

SO 12 LIEDMATINÉE DIANA DAMRAU

19.OO

CHF 1O

Oper von Giacomo Puccini AMAG-Volksvorstellung

SA 11 IL BARBIERE DI SIVIGLIA 19.OO

Ballettsaal B

Oper von Richard Wagner

FR 1O LA FANCIULLA DEL WEST 19.OO

MINI-WORKSHOPS 14.OO

2O.OO

Oper von Gioachino Rossini

DO 9 LOHENGRIN

Preise E WIEDERAUFNAHME Oper von Domenico Cimarosa

SA 25 BALLETT-FÜHRUNG MIT

Preise P1

zum 1OO-jährigen Bestehen des Schweizerischen Musikerverbandes SMV

MI 8 IL BARBIERE DI SIVIGLIA

19.OO

SO 26 ANNA KARENINA Preise E

Oper von Gioachino Rossini

MO 6 FESTKONZERT

FR 24 IL MATRIMONIO SEGRETO

Preise E

Oper von Giacomo Puccini

Preise C

Ballett von Christian Spuck nach Lew Tolstoi

CHF 2O

Preise F

PREMIERE Oper von Benjamin Britten

MI 5 IL MATRIMONIO SEGRETO 19.OO

Oper von Domenico Cimarosa

Preise E


Serviceteil 49

FR 7 THE TURN OF THE SCREW 19.OO

FR 14 THE TURN OF THE SCREW

Preise E

Oper von Benjamin Britten

19.OO

SA 8 UNTERWEGS MIT OHRWURM SQUILLO

SA 15 STÜCKE ENTDECKEN

CHF 2O

14.OO

Für 6- bis 9-Jährige Treffpunkt Billettkasse

CHF 1O

14.3O

ROBIN HOOD, für 7- bis 12-Jährige Studiobühne

14.3O

FAMILIEN-WORKSHOP

CHF 2O

17.OO

ROBIN HOOD PREMIERE

Kindervorstellung Abenteueroper von Frank Schwemmer, Libretto von Michael Frowin, Basierend auf der Uraufführung an der Komischen Oper Berlin

FORELLENQUINTETT Ballettsaal A 2O.OO

FORELLENQUINTETT

Preise B

WIEDERAUFNAHME Choreografien von Douglas Lee, Jiří Kylián und Martin Schläpfer

SO 16 BALLETTGESPRÄCH 11.15

SO 9 THE TURN OF THE SCREW 14.OO 14.3O

Preise E

Oper von Benjamin Britten

CHF 1O

Ein Gespräch mit Christian Spuck, Choreografen und Tänzern, Ballettsaal A

Preise E

Oper von Benjamin Britten

FORELLENQUINTETT

14.OO

FAMILIEN-WORKSHOP

Preise B

Choreografien von Douglas Lee, Jiří Kylián und Martin Schläpfer

CHF 2O

FORELLENQUINTETT Ballettsaal A 19.3O

STÜCKE ENTDECKEN

14.3O

IL MATRIMONIO SEGRETO

Preise E

Oper von Domenico Cimarosa

MI 12 STÜCKE ENTDECKEN 14.3O

19.OO

CHF 2O

ROBIN HOOD, für 7- bis 12-Jährige Studiobühne

CHF 2O

THE TURN OF THE SCREW

2O.OO

ROBIN HOOD, für 7- bis 12-Jährige Studiobühne

Preise VV

Oper von Benjamin Britten AMAG-Volksvorstellung

THE TURN OF THE SCREW

Preise E

Oper von Benjamin Britten

Werkeinführung jeweils 45 Min. vor jeder Vorstellung. (ausgenommen «Die Schatzinsel»)

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NICOLAS ALTSTAEDT LALO Cellokonzert d-Moll HISAKO KAWAMURA MOZART Klavierkonzert Nr. 21 C-Dur KV 467 REGULA MÜHLEMANN MOZART Konzertarien VARVARA BRAHMS Klavierkonzert Nr. 2 B-Dur op. 83 VALERIY SOKOLOV BRUCH Violinkonzert Nr. 1 g-Moll op. 26

ABO LÖSEN! Saisonstart 2014/15

1. Abokonzert-PATHETIQUE 21./23.09.14 - AARAU

ROSSINI „Semiramide“

26.09.14 - BADEN

LALO Cellokonzert

JUNICHI HIROKAMI Leitung

TSCHAIKOWSKY „Pathétique“

NICOLAS ALTSTAEDT Violoncello

INFO I KONTAKT I VERKAUF argovia philharmonic I info@argoviaphil.ch I 062 834 70 00

www.argoviaphil.ch


Serviceteil 50

BILLETTKASSE Öffnungszeiten: Mo-Sa 11.00 Uhr bis Vorstellungsbeginn, an Tagen ohne Vorstellung bis 18.00 Uhr. Sonntags jeweils ab 1,5 Stunden vor Vorstellungsbeginn. T +41 44 268 66 66, Mo-Sa, 11.30-18.00 Uhr / F +41 44 268 65 55 / tickets@opernhaus.ch Postadresse: Opernhaus Zürich AG, Falkenstrasse 1, CH-8008 Zürich VORVERKAUF Tickets für sämtliche Vorstellungen der Saison 14/15 sind unter www.opernhaus.ch und an der Billettkasse des Opernhauses erhältlich. Für schriftliche Kartenbestellungen sowie Bestellungen per Fax und E-Mail wird eine Bearbeitungsgebühr von CHF 5 erhoben. Die Benachrichtigung über die Platzzuteilung erfolgt in Form einer Rechnung, nach deren Begleichung die Karten per Post zugestellt werden. Für die postalische Zusendung von telefonisch oder online gebuchten Karten sowie bei deren Abholung an der Billettkasse wir eine Gebühr von CHF 5 erhoben. Onlinetickets können auch kostenfrei zuhause ausgedruckt werden. AMAG-VOLKSVORSTELLUNGEN Die AMAG-Volksvorstellung ermöglicht es Theaterliebhabern, das Opernhaus Zürich zu einem deutlich reduzierten Preis zu besuchen. Die regelmässig stattfindenden AMAG-Volksvorstellungen werden in der kalendarischen Übersicht dieses Magazins, online in unserem Monatsspielplan sowie per Newsletter angekündigt. Die AMAG-Volksvorstellungen gelangen

jeweils einen Monat vorher in den Verkauf. Fällt der Tag des Verkaufsbeginns auf einen Sonn- oder Feiertag, beginnt der Vorverkauf am Öffnungstag davor. Schriftliche Kartenbestellungen sind nicht möglich. Der Maximalbezug für diese Vorstellungen liegt bei 4 Karten pro Person. OPERNHAUS-TAG Das Opernhaus Zürich für Kurzentschlossene: Am Opernhaustag erhalten Sie 5O% Ermässigung für die abendliche Vorstellung. Fällt der Opernhaustag auf einen Sonntag, können die ermässigten Tickets bereits ab Samstag erworben werden. Die Termine finden Sie im Kalendarium dieses Magazins und werden Ihnen auf Wunsch regelmässig per E-Mail mitgeteilt. Newsletter abonnieren unter: www.opernhaus.ch/newsletter ERMÄSSIGUNGEN Das Opernhaus Zürich bietet unterschiedliche Ermässigungen für Kinder, Schüler, Studenten, Lernende und KulturLegi-Inhaber, AHV- und IV-Bezüger. Informationen hierzu finden Sie unter www.opernhaus.ch/besuch oder in unserem Saisonbuch. MAG ABBONIEREN Mag, das Opernhaus-Magazin, erscheint zehnmal pro Saison und liegt zur kostenlosen Mitnahme im Opernhaus aus. Sie können das Opernhaus-Magazin abonnieren: zum Preis von CHF 38 bei einer inländischen Adresse und CHF 55 bei einer ausländischen Adresse senden wir Ihnen jede Ausgabe druckfrisch zu. Bestellungen unter: T +41 44 268 66 66 oder tickets@ opernhaus.ch.

TRIFFT BRIT. Beim Bühnenbildworkshop zu Mozarts «Zauberflöte» In einer Workshop-Reihe von September bis Dezember 2014 erfährst du wie ein Bühnenbild entsteht und setzst deine eigenen Ideen in ein Bühnenbildmodell um. Inklusive ist ein Vorstellungsbesuch unserer aktuellen «Zauberflöte»-Produktion. Für Jugendliche ab 16 Jahren. Weitere Informationen, Termine und Anmeldung unter www.opernhaus.ch/jung/16


Serviceteil 51

BILLETTPREISE

SPONSOREN

Platzkategorien

1 Preisstufe A Preisstufe B Preisstufe C Preisstufe D Preisstufe E Preisstufe F Preisstufe G Preisstufe VV Kinderoper K Preisstufe P1 Preisstufe P2 Legi (Preisstufen A-C) Legi (Preisstufen D-G)

92 141 169 198 23O 27O 32O 75 6O 95 125 35 45

2

3

4

5

76 126 152 173 192 216 25O 59 5O 8O 1O5 25 33

65 113 13O 152 168 184 22O 44 4O 65 85 2O 25

43 56 56 92 95 98 98 25 3O 5O 65 18 2O

16 2O 2O 32 35 38 38 15 2O 35 4O 13 15

Unsere Vorstellungen werden ermöglicht dank der Subvention des Kantons Zürich sowie den Beiträgen der Kantone Luzern, Uri, Schwyz, Zug und Aargau im Rahmen der interkantonalen Kulturlastenvereinbarung und den Kantonen Nidwalden und Obwalden.

PARTNER

ab PRODUKTIONSSPONSOREN EVELYN UND HERBERT AXELROD FREUNDE DER OPER ZÜRICH WALTER HAEFNER STIFTUNG SWISS RE ZÜRICH VERSICHERUNGS-GESELLSCHAFT AG PROJEKTSPONSOREN AMAG AUTOMOBIL- UND MOTOREN AG BAUGARTEN STIFTUNG FAMILIE CHRISTA UND RUDI BINDELLA RENÉ UND SUSANNE BRAGINSKY-STIFTUNG ERNST GÖHNER STIFTUNG FREUNDE DES BALLETTS ZÜRICH

Alle Preise in CHF

KÜHNE-STIFTUNG RINGIER AG GEORG UND BERTHA SCHWYZER-WINIKER-STIFTUNG ZÜRCHER FESTSPIELSTIFTUNG ZÜRCHER KANTONALBANK GÖNNER ABEGG HOLDING AG ACCENTURE AG ALLREAL

IMPRESSUM Magazin des Opernhauses Zürich Falkenstrasse 1, 8008 Zürich www.opernhaus.ch, T + 41 44 268 64 00, info@opernhaus.ch

ARS RHENIA STIFTUNG AVINA STIFTUNG BANK JULIUS BÄR BERENBERG SCHWEIZ ELEKTRO COMPAGNONI AG FITNESSPARKS MIGROS ZÜRICH EGON-UND-INGRID-HUG-STIFTUNG

Intendant Generalmusikdirektor Ballettdirektor Verantwortlich

Redaktion

Gestaltung Fotografie Bildredaktion Anzeigen Schriftkonzept und Logo Druck Illustrationen

Andreas Homoki Fabio Luisi Christian Spuck Claus Spahn (Chefdramaturg) Sabine Turner (Direktorin für Marketing, PR und Sales) Beate Breidenbach, Kathrin Brunner, Fabio Dietsche, Michael Küster, Claus Spahn Carole Bolli, Martin Schoberer, Florian Streit, Giorgia Tschanz Florian Kalotay, Danielle Liniger Stefan Deuber Christian Güntlisberger Marina Andreatta, Tania Cambeiro Studio Geissbühler Multicolor Print AG Laura Jurt (10,52) Lina Müller (34-36,44)

STIFTUNG MELINDA ESTERHÁZY DE GALANTHA FRITZ-GERBER-STIFTUNG WALTER B. KIELHOLZ STIFTUNG KPMG AG LANDIS & GYR STIFTUNG LINDT UND SPRÜNGLI (SCHWEIZ) AG STIFTUNG MERCATOR SCHWEIZ FONDATION LES MÛRONS NEUE ZÜRCHER ZEITUNG AG PRO HELVETIA, SCHWEIZER KULTURSTIFTUNG ELSE VON SICK STIFTUNG PROFESSOR ARMIN WELTNER-STIFTUNG FÖRDERER FRANKFURTER BANKGESELLSCHAFT (SCHWEIZ) AG GARMIN SWITZERLAND HOREGO AG SIR PETER JONAS MARSANO BLUMEN AG LUZIUS R. SPRÜNGLI ELISABETH STÜDLI STIFTUNG

MAG kooperiert mit dem Studiengang Redaktionelle Fotografie der

CONFISERIE TEUSCHER

Schweizer Journalistenschule MAZ

ZÜRCHER THEATERVEREIN


Sibylle Berg denkt über Operngefühle nach 52

In der Oper La fanciulla del West von Giacomo Puccini leben Goldgräber in einem trostlosen Ort am Ende der Welt und haben furchtbares Heimweh. Braucht der Mensch Heimweh? Ich muss an dieser Stelle keinen Auskennertext darüber schreiben, dass das Heimweh als benanntes Gefühl ein Schweizer Patent ist. Von Soldaten erfunden, denen das singen von Heimatliedern verboten wurde, weil es sie in einen Rausch der Traurigkeit und Appetitlosigkeit versetzte. Wer weint, will nicht morden. In vielen Geschichten des Literaten Erwin Koch, ein grosser Feldforscher des Schweizer Elends, spielt das Heimweh eine grosse Rolle. Menschen verlassen die Schweiz und haben Heimweh nach dem Entlebuch, nach Erlenbach und Zumikon, das sie fast in den Wahn treibt. Inzwischen hat das Heimweh die Welt erobert. Egal ob im Kongo oder in einem Nest an der Nordsee seufzen sie schwer, die Menschen, und berichten mit einem grossen Anspruch auf Einzigartigkeit von dem, was speziell ihr Zuhause ausmacht – das Essen, die Lieder, die Gastfreundschaft, vielleicht der Geruch am Morgen und das Wetter. Manche halten sich für ganz coole Hunde, wenn sie raunen: Ich habe nur Heimweh nach Menschen. Als ob sie damit jeden Generalverdacht, der sie des Nationalismus bezichtigen könnte, von sich weghipstern könnten. Ich hatte immer Heimweh nach der Schweiz, selbst als ich sie noch nicht persönlich kannte. Nach ungefähr drei Wochen an durchaus attraktiven Orten in der Welt kam immer eines Morgens das kleine Unglück. All die interessanten Strassen oder das warme Meer machte mir keine Mitteilung mehr. Ich stand auf unklar befestigten Sandhaufen und blickte in den Himmel, wo nicht einmal ein Flugzeug auszumachen war. Ich wusste, dass ich, sänke ich auf der Strasse zusammen, nicht mit Anteilnahme rechnen durfte und ahnte, ich würde

verenden, ohne dass jemand meine Hand hielte. Das kleine Gefühl verdichtet sich zu etwas, das mich bis heute Flüge ver fallen, Taxis anheuern oder wochenlang in Zügen hocken lässt, nur um endlich heimzukommen. Fast alle Menschen fühlen sich aufgehoben in dem, was sie kennen. Zu wissen, wohin Strassen führen, wer die Nachbarn sind, die Todesanzeigen in der Zeitung mit Gesichtern zu verbinden, nicht über die Funktion der Buslinien nachdenken zu müssen, ist wie ein Bad in angenehmem Wasser. Das ist Heimat. Zusammengesetzt aus tausend kleinen Details, die nur meinen: Ich kenne mich aus. Und jede Veränderung der vertrauten Umgebung bringt Verunsicherung mit sich. Neue Wohnblöcke, abgerissene Häuser, Bahnhöfe, jeder Eingriff von oben meint: Es braucht dich hier nicht, Mensch. Was du Heimat nennst, ist nichts ausser Landschaft und Beton und Investmentkapital. Du würdest es nicht wiedererkennen, wenn du in hundert Jahren wiederkämest. Wirst du aber nicht. Die Welt wird weiterbestehen, in veränderter Form, und leider ohne dich. Heimweh ist der Wunsch nach Unsterblichkeit. Ich langweile mich mitunter in der Schweiz, sehne mich nach Filmszenen-Situationen: Interessante Menschen stehen mit Mixgetränken um meinen ausladenden Pool und reden über die Weltrevolution oder in welches Banksystem man sich gerade gehackt hat. Ich ärgere mich über die Schweiz, sie ist mir zu langsam, zu SVP, egal was noch alles. Doch! Bin ich drei Wochen weg, habe ich Heimweh. Ich will wieder durch die Stadt laufen, ohne die Angst, verloren zu gehen, ich will in Gesichter sehen, deren Biografien ich mir ausdenken kann. Ich will Vertrautheit. Ich will nicht sterben. Sibylle Berg

Illustration: Laura Jurt

Heimweh


Extrakonzert

RHAPSODY IN BLUE EIN ABEND MIT MUSIK AUS AMERIKA Fabio Luisi, Dirigent Julie Fuchs, Sopran Benjamin Bernheim, Tenor Sebastian Knauer, Klavier Philharmonia Zürich GEORGE GERSHWIN Rhapsody in Blue An American in Paris Ouverture aus «Girl Crazy» SAMUEL BARBER Adagio for Strings LEONARD BERNSTEIN Candide Ouverture Arien und Duette aus Werken von Bernstein, Barber, Gershwin u.a. OPERNHAUS ZÜRICH

Fr 31 Okt 2O14, 19.OO


Wie macht Engagement die Kleinen gross?

Wenn es um Nachwuchsf旦rderung in der klassischen Musik geht, engagiert sich die Credit Suisse nachhaltig. Deshalb unterst端tzen wir als Partner des Opernhauses Z端rich die Orchester-Akademie am Opernhaus Z端rich sowie den Club Jung.

credit-suisse.com/sponsoring


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