MAG 70: Nabucco

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MAG 70

Michael Volle singt Nabucco


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Editorial

Auf der Zielgeraden Verehrtes Publikum,

MAG 70  /  Juni 2019 Das Titelbild zeigt Michael Volle, der die Titelrolle in «Nabucco» singt. Lesen Sie ein Porträt über ihn auf Seite 22. (Foto Florian Kalotay)

Giuseppe Verdis Oper Nabucco gehört zu jenen Werken des Opernrepertoires, bei denen Stückinhalt und populärer Nimbus mitunter weit auseinander liegen. Ähnlich wie Aida oder Turandot wird auch Verdis frühe Erfolgsoper gerne mit spektakulären Schauwerten in Verbindung gebracht. Monumental soll es hier zugehen, mit Ausstattung muss geprunkt werden, am besten inszeniert man unter freiem Himmel, womöglich gar an «Originalschauplätzen». Vor einigen Jahren hatte ich die Gelegenheit, Nabucco am Toten Meer in einer Open-Air-Produktion am Fusse des sagenumwobenen jüdischen Festungsbergs Masada zu erleben. Dort wurden alle Nabucco-Klischees feierlich bedient: Unter einem sensationellen Wüstensternenhimmel trotteten echte Kamele über die Bühne, die Chorvölker trugen biblische Sandalen, und am Ende der Vorstellung liess der Dirigent den berühmten «Va pensiero»-Gefangenenchor noch einmal zum Mitsingen für alle anstimmen. Natürlich kann man Giuseppe Verdis musiktheatralischem Genie, das sich im Nabucco Bahn zu brechen beginnt, so nicht gerecht werden. Nicht die Bühnentotale ist in seinen Werken die spannende Perspektive, sondern der Nahblick auf die Figuren, oder besser gesagt: Der jähe Umschlag zwischen grossformatigem Gesellschaftspano­ rama und psychologischer Innenschau der Protagonisten. Denn eine kapitale Chor­oper und ein Paradestück für jeden Bühnenchor ist Nabucco sehr wohl. Und die schnellen, von Verdi geradezu filmschnittartig montierten Wechsel zwischen Aussen und Innen szenisch wie musikalisch in den Griff zu kriegen, gehört zu den Herausforderungen für jeden Interpreten. Es ist daher kein Zufall, dass unser neuer Zürcher Nabucco, der am 23. Juni Premiere hat, ein Chefstück geworden ist: Intendant Andreas Homoki ist der Regisseur, Generalmusikdirektor Fabio Luisi steht am Dirigentenpult. Beide sind erfahrene Verdi-Interpreten, beide kommen immer wieder leidenschaftlich gerne auf die Werke des italienischen Komponisten zurück, auch gemeinsam: In der vergangenen Spielzeit haben sie bereits Verdis La forza del destino zur Premiere gebracht. Die Sänger-Besetzung der Produktion ist exquisit: Der in Zürich bestens bekannte Michael Volle gibt sein Rollendebüt als Nabucco. Die kurzfristig in die Produktion eingestiegene russische Sopranistin Anna Smirnova singt die Abigaille. Die italienische Mezzo­ sopranistin Veronica Simeoni und der deutsche Bass Georg Zeppenfeld kehren nach ihrem gemeinsamen grossen Erfolg in Christian Spucks Verdi-Requiem wieder nach Zürich zurück, und der aus dem Internationalen Opernstudio hervorgegangene und zu einer grossen internationalen Karriere ansetzende Tenor Benjamin Bernheim singt die Partie des Ismaele. Ausserdem spielt natürlich der Chor des Opernhauses Zürich eine Hauptrolle – ohne Sandalen. Neben der Nabucco-Premiere gibt es am 28. Juni ein weiteres Highlight: Auf der Studiobühne präsentieren wir eine Uraufführung – die Oper Last Call des Schweizer Komponisten Michael Pelzel, die von dem amerikanischen Videodesigner und Theatermacher Chris Kondek und seinem Produktionsteam inszeniert wird. Das MAG-Team wünscht Ihnen, verehrtes Publikum, viel Vergnügen mit diesen beiden Produktionen und all den anderen Veranstaltungen vom Ballett-für-alle-Event auf dem Sechseläutenplatz bis zum letzten Philharmonischen Konzert, mit denen die Spielzeit 2018/19 auf die Zielgerade geht. Claus Spahn

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Inhalt

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Für das Zusammengehörigkeitsgefühl der Italiener spielt Musik eine grosse Rolle – nicht nur diejenige von Giuseppe Verdi. Ein Gespräch mit der Italien-Expertin Birgit Schönau

Am 23. Juni hat Verdis Oper «Nabucco» Premiere. Generalmusikdirektor Fabio Luisi und Regisseur Andreas Homoki im Gespräch

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A m 28. Juni wird die Oper «Last Call» von Michael Pelzel uraufgeführt. Ein Gespräch mit dem Schweizer Komponisten, der ein Faible für das Skurrile und Tragikomische hat

Zum Abschluss der Spielzeit zeigen wir drei Vorstellungen von Richard Strauss’ «Elektra». Die Titel­ partie singt Evelyn Herlitzius

Opernhaus aktuell – 6 Wie machen Sie das, Herr Bogatu? – 11 Volker Hagedorn trifft … – 30 Meine Rolle – 32 Die geniale Stelle – 36 Der Fragebogen – 40 Kalendarium – 41 Beni Bischof erklärt … – 44

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Sie tanzen und tanzen und tanzen

Fotos: Maria Cheilopoulou

Im klassischen Ballett «Giselle» tanzen weibliche Geisterwesen untreue Männer unerbittlich in den Tod. In unserem päda­ gogischen Tanzprojekt #Giselle haben Schülerinnen und Schüler zweier Zürcher Sekundarklassen über ein Schuljahr hinweg ihre eigene Version der Geschichte geschrieben und bringen sie nun im Rahmen des Festivals Blickfelder als Performance aus Tanz, Schauspiel, Stimme und Musik auf die Bühne – vom 18. bis 21. Juni jeweils um 19.30 Uhr im GZ Buchegg.


Opernhaus aktuell

Brunch-/Lunchkonzert

«Penderecki»

Das nächste Konzert im Spiegelsaal ist dem Polen Krzysztof Penderecki (*1933) gewidmet, der zu den erfolgreichsten zeitgenössischen Komponisten seiner Generation gehört. Zählte er Anfang der 1960er-Jahre zu den Fackelträgern der Avantgarde, verliess er wenig später seine experimentelle Phase, um wieder zu einer tonaleren Musiksprache zu­ rück­zufinden. Seine Werke werden gerne im Film aufgegriffen, so in Kubricks Shining oder Scorseses Shutter Island. Aus den 1950er-Jahren stammen die Sonate für Violine und Klavier sowie die 3 miniature per clarinetto e pianoforte; eine ungewöhnliche Besetzung weisen das Duo concertante für Violine und Kontrabass sowie das Werk für Streichtrio und Klarinette auf. Letzteres entstand am Genfersee unter dem Eindruck von Schuberts Streichquintett in C-Dur, dessen weltschmerzlichen Geist Penderecki in seinem Klarinetten­ quartett einfangen wollte. Neben der Cadenza per viola sola in der Fassung für Violine erklingt am Ende des Konzerts das virtuose Kammermusikwerk Blätter eines nicht geschriebenen Tage­buches, das Walzerklänge und Elemente aus der osteuropäischen Volksmusik aufgreift. Mit: Bartlomiej Niziol, Vera Lopatina, Sebastian Eyb, Claudius Herrmann, Robert Pickup, Ruslan Lutsyk und Ann-Katrin Stöcker Brunchkonzert: Sonntag, 23 Jun 2019, 11.15 Uhr, Spiegelsaal Lunchkonzert: Montag, 24 Jun 2019, 12 Uhr, Spiegelsaal

4. La Scintilla-Konzert

Ein Giro d’Italia! Riccardo Minasi und das Orchestra La Scintilla lassen zum Spielzeitende sommerliche Ferienlaune auf­kommen: Rom, Florenz, Bergamo, Neapel und Bologna sind die Stationen ihres

Giro d’Italia, bei welchem Werke aus der italienischen Frühsinfonik erklingen. In Rom wirkte Arcangelo Corelli (1653  –  1713), dessen berühmtes Concerto grosso op. 6 Nr. 9 auf dem Programm steht. In Florenz begegnen wir Giuseppe Valentini (1681-1753), dessen Werke zu sei­ nen Lebzeiten europaweit gespielt wurden, dann aber der Vergessenheit anheim fielen. Bergamo ist die Geburtsstadt von Pietro Antonio Locatelli (1695 – 1764), dessen Concerto grosso op. 1 Nr. 5 eng an Corellis Concerti grossi angelehnt ist. Giovanni Battista Pergolesi, der «angelico maestro» (Vincenzo Bellini), wirkte wiederum in Neapel. Mit nur 26 Jahren an Turberkulose ver­ storben, hat ihn sein Stabat mater unsterblich gemacht – von ihm erklingt im Konzert die Streichersinfonia f-Moll. Weitere Musikstädte sind Bologna und Venedig: mit dem Bologneser Gaetano Zavateri (1690 -1764) sowie Antonio Vivaldi, dem wohl berühmtesten Sohn Venedigs. Sein Concerto per 4 Violini op. 3 Nr. 7, das zu einem Zyklus von zwölf Konzerten gehört und unter dem Titel L’Estro Armonico (Die har­mo­­ni­ sche Eingebung) veröffentlicht wurde, beschliesst unsere Reise. Montag, 1 Jul 2019, 19 Uhr Hauptbühne

Konzert

Gala-Konzert Inter­ nationales Opernstudio In zahlreichen kleineren aber auch grös­ seren Rollen konnte sich der aktuelle Jahrgang des Internationalen Opernstudios eine Saison lang auf der Zürcher Opernhausbühne präsentieren. Nun stehen die hochtalentierten jungen Künst­ lerinnen und Künstler mit einem eigenen Gala-Konzert noch einmal im Fokus der Zürcher Opernwelt. Es erklingen Arien und Szenen aus berühmten Opern von Wolfgang Amadeus Mozart, Gaetano Donizetti, Giuseppe Verdi, Georges Bizet u.a. Carrie-Ann Matheson leitet das Zürcher Kammerorchester. Montag, 8 Jul 2019, 19 Uhr Hauptbühne

6. Philharmonisches Konzert

«Beethoven»

Den Schluss der diesjährigen Spielzeit begehen wir mit einem instrumenta­len Feuerwerk: Beethovens Dritte Sinfonie Es-Dur op. 55 (Eroica) und sein Erstes Klavierkonzert op. 15 C-Dur stehen auf dem Programm des von Ge­ neralmusikdirektor Fabio Luisi ge­ leiteten Konzerts. Dass die junge Italienerin Beatrice Rana ein pianistisches Ausnahmetalent ist, davon konnte sich das Zürcher Publikum bereits im vergangenen Februar mit Beethovens Drittem Klavierkonzert überzeugen. Nun spielt sie sein Erstes Klavierkonzert, ur­auf­geführt um 1800 in Wien. Es markiert einen Meilenstein der Gattung der Klavierkonzerte, verzahnte Beet­ho­ ven doch die Klavierstimme aufs Engste mit dem Orchesterpart. Die Sätze sind kontrastreich angelegt: auf den feurig-­ heroischen Eröffnungssatz folgt ein lyrisch-zartes Largo, der dritte Satz ist ein frech-rasanter Tanzsatz. Beethovens Dritte Sinfonie, die «Sinfonia eroica», wie es auf dem Untertitel des Erstdrucks hiess, ist ein Schlüsselwerk der Musik­ geschichte. Beethoven wollte das Werk ursprünglich Napoleon widmen, doch als sich dieser 1804 die Kaiserkrone aufsetzte, soll Beethoven entsetzt ausge­ rufen haben: «Ist der auch nichts anderes wie ein gewöhnlicher Mensch! Nun wird er auch alle Menschenrechte mit Füssen treten, nur seinem Ehrgei­ze frönen; er wird sich nun höher, wie alle anderen stellen, ein Tyrann werden». Seine Eroica wurde damit nicht mehr ein musikalisches Statement für sondern gegen Napoleon, um die freiheitlichen Ideale, von denen Beethoven zeitlebens überzeugt war, weiterhin zu verteidigen. Sonntag, 14 Jul 2019, 11.15 Uhr Hauptbühne

Illustration: Anita Allemann

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Herzlichen Glückwunsch, Christian! Die Kolleginnen und Kollegen des Opernhauses Zürich gratulieren Christian Spuck und allen Tänzerinnen und Tänzern des Balletts Zürich zur Verleihung des Prix Benois de la Danse 2019, mit dem sie für die Choreografie der Zürcher Produktion «Winterreise» ausgezeichnet wurden. Der Prix Benois ist die renommierteste Auszeichnung in der Welt des Tanzes. Zu den bisherigen Preisträgern gehören Choreografen wie Jiří Kylián, Hans van Manen, John Neumeier, Alexei Ratmansky, Wayne McGregor und Crystal Pite.


Freitag, 21. Juni 2019 Warm-up oper für alle Ab 17:00 Getränke- und Marktstände / Verkauf der Campingstühle 18:00 Vorprogramm mit Kurzfilmen aus dem Opernhaus 19:00 Screening der Oper «Werther» von Jules Massenet auf Grossbildleinwand mit Juan Diego Flórez in der Titelrolle (Opernhaus Zürich, 2017) 20:45 30 Minuten Pause 22:30 Ende der Vorstellung

Samstag, 22. Juni 2019 ballett für alle Ab 17:00 Getränke- und Marktstände / Verkauf der Campingstühle 18:00 Vorprogramm mit Kurzfilmen aus dem Opernhaus. Moderator Kurt Aeschbacher führt hinter die Kulissen, spricht live mit TänzerIn­nen, einer Gewandmeisterin, einem Teamleiter der Bühnentechnik sowie mit Ballett­direktor Christian Spuck.

Nach fünf erfolgreichen Ausgaben von «Oper für alle» laden das Opernhaus Zürich und die Zurich Versicherung erstmalig zu «Ballett für alle» ein. Christian Spucks Erfolgsproduktion «Romeo und Julia», getanzt vom Ballett Zürich, wird live auf den Sechse­läutenplatz und auch direkt nach Lugano übertragen.

21:20 35 Minuten Pause 22:40 Ende der Vorstellung

Präsentiert von

Fotos: Frank Blaser, Jos Schmid

Ballett für alle

20:00 Live-Übertragung des Balletts «Romeo und Julia» direkt aus dem Opernhaus


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Direkt ins Herz Christian, nachdem sich Oper für alle seit fünf Jahren grosser Beliebtheit beim Zürcher Publikum erfreut, gibt es nun erstmals Ballett für alle. Was bedeutet diese Premiere für dich? Dass Romeo und Julia live auf den Sech­ seläutenplatz übertragen wird, ermög­ licht einem grossen Publikum, sich eine der Erfolgsproduktionen des Balletts Zürich anzuschauen und sich ein eigenes Bild von der Qualität unserer Com­ pagnie zu machen. Dass wir an einem Abend so viele Menschen erreichen können, begeistert mich sehr. Vielleicht entdeckt der eine oder andere dabei ja seine Ballettleidenschaft und kommt nach diesem Erlebnis auch in eine unserer Vorstellungen. Kann man so eine Video-Übertragung überhaupt mit dem Live-Erlebnis im Opernhaus vergleichen? Das ist nur bedingt möglich. Die Kame­ ras wirken wie ein zusätzliches Auge, das zwischen Tänzer und Publikum ge­ schaltet ist. Die räumliche Wahrneh­ mung, die gerade für den Tanz sehr wichtig ist, ist zwar eingeschränkt, an­ dererseits hat die Kamera die Möglich­ keit, sich den Tänzerinnen und Tänzern auf kürzeste Distance zu nähern und so neue, ungewohnte Perspektiven auf das Stück und die Aufführung zu er­ möglichen. Solche Momente bleiben einem im Opernhaus aufgrund der grös­seren Entfernung oft versagt. Aber natürlich hat Ballett für alle eine ganz andere Qualität: Es gibt sicher nicht so viele Gelegenheiten, sich bei Sonnen­ untergang in Gemeinschaft ein so emo­ tionales Ballett wie Romeo und Julia anzuschauen. Die Kulisse des Sechse­ läutenplatzes mit der Fassade des Opern­ hauses, die Nähe zum See und das hoffentlich schöne Wetter versprechen da, glaube ich, ein einmaliges Erlebnis. Warum eignet sich gerade Romeo und Julia für solch ein Event? Es war von Anfang an klar, dass wir für

diesen Anlass ein Ballett finden müssen, das mit einer sehr berührenden Ge­ schichte das Publikum direkt, emotional und unkompliziert anspricht. Nicht umsonst gilt Shakespeares Drama immer noch als die schönste Liebesgeschichte der Weltliteratur, auch die bewegende Musik von Sergej Prokofjew trifft einen immer wieder direkt ins Herz. Das konnten wir nicht nur hier in Zürich, sondern auch bei unseren Gastspielen in Tel Aviv, Bogotá und Stuttgart immer wieder erleben. Romeo und Julia war 2012 deine Antrittsproduktion als neuer Direktor des Balletts Zürich. Wie schaust du heute auf diese Aufführung? Grundsätzlich blicke ich sehr kritisch auf jede Wiederaufnahme. Wenn ich Romeo und Julia heute sehe, merke ich natürlich, wie sich das Ballett Zürich in den letzten sieben Jahren verändert hat und welche ästhetischen Verschie­ bungen stattgefunden haben. Dass wir am Opernhaus Zürich die Möglichkeit haben, uns in unserer Kunst weiterzu­ entwickeln, ist eine grosse Chance und keineswegs selbstverständlich. Gefreut habe ich mich vor allem, dass das Stück nach wie vor über eine grosse emotio­ nale Kraft verfügt. Das hat vor allem mit der Qualität der Interpeten zu tun. Auf wen darf man sich freuen? Auf jeden einzelnen Tänzer, jede ein­zel­ne Tänzerin auf der Bühne. Katja Wünsche und William Moore sind in den Titelrollen zu erleben, Daniel Mul­ ligan ist Mercutio, und Elena Vostrotina er­arbeitet sich gerade mit einem sehr eige­nen Humor die Figur der Amme. Mit Michail Jurowski steht einer der er­ fahrensten Prokofjew-Interpreten un­ serer Zeit am Pult der Philharmonia Zürich. Die phantastische Ausstattung von Bühnenbildner Christian Schmidt und Kostümbildnerin Emma Ryott macht das Ganze auch optisch zu einem Ereignis.


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Wie machen Sie das, Herr Bogatu? 11

Technik im Nebel

Illustration: Anita Allemann

Die aktuelle Spielzeit geht auf die Zielgerade und traditionell widme ich die letzte Kolumne immer den Dingen, die wir besser nicht so gemacht hätten. Den ersten Bock haben wir gleich zu Beginn in der Produktion von Franz Schre­ kers Oper Die Gezeichneten geschossen. Damals habe ich darüber geschrieben, welche Schwierigkeiten wir mit dem Drehen der Skulpturen hatten, die für das Bühnenbild so zentral waren. Aber so richtigen Ärger bekamen wir am Ende mit dem Nebel. Der sollte im zweiten Teil des Abends der schlimmen Orgie, in der die Oper mündet, ein (undurchsichtiges) Bild verleihen. Damit nicht die ganze Bühne im Nebel versinkt, hatten wir zwei durchsichtige Folien direkt hintereinander gehängt und diese seitlich abgedichtet. Durch das Einfüllen von Nebel von oben zwischen die Folien bildeten sich wunderbare Wirbel und Wolken, die durchsichtigen Folien wurden schnell un­ durchsichtig und die ganze Bühnenrückseite wirkte rätselhaft vernebelt. Die Folien­ konstruktion hielt dabei die Bühne sängerInnenfreundlich frei von Nebel. Doch nach einigen Minuten bekamen wir empörte Rufe der unter der Bühne eingesetzten Mit­ arbeitenden: Der Nebel war zwischen den Podien hindurch in die Unterbühne ge­ krochen und sorgte dort für Sichtweiten von weniger als einem Meter. Man konnte buchstäblich die Hand nicht mehr vor den Augen sehen. Also dichteten wir die Folien nach unten auch noch ab. Keine gute Idee, denn nun liess sich der Nebel nicht mehr von oben einfüllen. Damit die Nebelwolken in Bewegung bleiben und gut aussehen, braucht es eine Luftströmung von oben nach unten. Uns blieb also nichts anderes übrig, als die Unterbühne in jeder Vorstellung mit Nebel zu fluten und den Mitarbei­ tenden unten möglichst kurze Einsätze zuzumuten. Bei Rossinis Il turco in Italia haben wir technisch fehlerfreie Vorstellungen ab­ geliefert, uns aber bezüglich der Auf- und Abbauzeit völlig verschätzt. Im Verlauf des Probenprozesses hat das Regieteam ein Requisit nach dem anderen in die Inszenierung aufgenommen. Wir gingen davon aus, dass da (wie so oft) mehr als die Hälfte am Ende wieder zurück ins Lager geht. Erst als wir die Produktion von der Probebühne auf die Bühne brachten, stellten wir fest, dass sämtliche Requisiten auch tatsächlich mitspielten. Es waren über tausend Stück. Die Inszenierung ist grossartig geworden, die Produktion einer der Publikumserfolge der Spielzeit. Aber wir brauchten vor jeder Vorstellung mehr als eine Stunde, um die Requisiten zu stellen und wieder ab­ zuräumen – vom Familienfoto bis zur türkischen Shisha-Pfeife, vom Kinderspielzeug bis zum schmutzigen Küchengeschirr. Ein Albtraum für einen Repertoirebetrieb. Dazu kam, dass wir das Bühnenbild tatsächlich nicht ausreichend durchdacht geplant hatten: Das Bühnenbild war zu kleinteilig, und es dauerte einfach zu lange, bis es zu­sammen- und wieder abgebaut war. All diese Probleme führten dazu, dass wir nach der Vorstellung öfters nachts noch abbauen mussten, da sonst am nächsten Morgen die Probe eines anderen Stückes nicht hätte stattfinden können. Alles in allem war Il turco in Italia symptomatisch für diese ganze Saison: Wir haben insgesamt in den Ausstattungen zu viel zugelassen, was dazu führte, dass die personelle und finanzielle Belastung dieser Saison zu gross war. Mein Vorsatz für die nächste Saison lautet: Das müssen wir besser hinbekommen. Sebastian Bogatu ist Technischer Direktor am Opernhaus Zürich


Foto: Ferdinando Scianna / Magnum Photos


Wenn Italien die Stimme erhebt Das Singen ist in Italien politisch und für das Zusammengehörigkeitsgefühl von grosser Bedeutung. Auch der berühmte Gefangenenchor aus Verdis «Nabucco» spielt dabei eine Rolle. Manche stilisierten ihn zur heimlichen Nationalhymne, die Rechtspopulisten benutzten ihn als Propagandalied. Ein Gespräch mit der Journalistin und Italienkennerin Birgit Schönau über die nationale Ikone Verdi und die politischen Stimmlagen der Gegenwart


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Birgit Schönau, zu seinen Lebzeiten war Giuseppe Verdi eine nationale Ikone. Man hat ihn zu einem Prota­go­ nisten des Risorgimento, der italie­ nischen Unabhängigkeitsbewegung, verklärt. Wie sieht man Verdi im Italien der Gegenwart? Verdi ist in Italien auf jeden Fall noch präsent, namentlich in Mailand, wo er 1901, wenige Meter vom Teatro alla Scala entfernt, gestorben ist. Verdi hatte der Stadt ein Altersheim für Künst­ ler gestiftet, das heute noch existiert. Aber nicht nur deshalb wird er wie ein Halbgott verehrt. Vor neun Jahren ist in den Zeitungen beispielsweise eine hitzi­ge Debatte entbrannt, als die neue Spielzeit der Scala nicht mit einer Verdi-Oper, sondern ausgerechnet mit der Walküre seines grossen Antipo­ den Richard Wagner eröffnet wurde. Im Geschichtsunterricht wird Verdi nach wie vor in einem Atemzug mit Giu­ sep­pe Garibaldi genannt, als ob die bei­ den gemeinsam das Risorgimento angeführt hätten. Auch wenn eigentlich piemontesische Politiker in der Kom­ mandozentrale der Unabhängigkeitsbe­ wegung sassen: Verdi und Garibaldi waren tatsächlich die beiden grossen Charismatiker des Risorgimento. Lassen Sie uns kurz über die Hinter­ gründe des Risorgimento sprechen, weil Italiens Unabhängigkeitsstreben ja gerne mit Nabucco, Verdis erster Erfolgsoper, in Verbindung gebracht wird. Das Risorgimento erstreckte sich über mehrere Jahrzehnte des 19. Jahrhunderts. Was war das Anlie­ gen dieser politischen Bewegung? Das Kernanliegen des Risorgimento war die Befreiung Italiens von verschiedenen Fremdherrschaften. Nach Napoleons Niederlage und dem Wiener Kongress von 1815 war Italien zum Spielball der europäischen Grossmächte geworden: Norditalien wurde von den Habsbur­ gern, Süditalien von den Bourbonen beherrscht, dazwischen lagen der Kirchen­ staat und zahlreiche Satellitenstaaten. Die Idee von einem geeinten Italien gab es als Konstrukt hingegen schon sehr lange: Bereits innerhalb des Römischen Reichs hatte Italien eine Sonderstellung.

Zumindest die Stadtstaaten im Mittel­ alter und der Renaissance konnten sich erfolgreich gegen Fremdherrschaft behaupten. Die Bewegung des Risor­­ gimento hat diese Idee eines unabhängi­ gen Nationalstaats wieder aufgegriffen und vorangetrieben. Wie war eine einheitliche Bewegung in so unterschiedlich geprägten Teil­ ge­bieten möglich? Das Risorgimento war eine sehr hetero­ gene Bewegung. Es gab ganz unter­ schied­liche Bestrebungen, die Reichs­ eini­gung durchzuführen. Neben uni­ taris­tischen wurden auch föderalistische Modelle diskutiert. Hinzu kam eine stark katholisch geprägte Fraktion im Kirchenstaat. Am Ende haben dann die Piemontesen das Rennen gemacht. Sie waren am besten organisiert und in der Lage, ein Heer aufzustellen: Vittorio Emanuele, der König von Pie­ mont, engagierte den erfolgreichen Guerillakämpfer Giuseppe Garibaldi und ging zusammen mit seinem Minister­ präsidenten Cavour daran, den Süden Italiens systematisch zu erobern. Das klingt aber nicht nach einer friedlichen Vereinigung … Es war auch keine friedliche Vereini­ gung! Es wurde später so verbrämt, als wären Garibaldis Truppen überall als Befreier aufgenommen worden. Das stimmt aber nicht. Die kriegerischen Er­oberungskämpfe wurden durch – teils vorgetäuschte – Volksbefragungen legiti­miert. Aber vor allem in Neapel ist bis heute das Gefühl verbreitet, nicht wirklich zum italienischen Nationalstaat zu gehören. Die Piemontesen und Reichs­einiger werden in Süditalien noch immer von vielen als Eroberer ange­­ sehen. Selbst Verdi hat dort nicht den Ruf, den er in Mailand geniesst. Die Scala in Mailand wird heute als Natio­nal­ ­theater Italiens betrachtet; dort ist der Staats­präsident jeweils am 7. Dezember zur Eröffnung der neuen Spielzeit zugegen. Aber zur Spielzeiteröffnung des Teatro San Carlo in Neapel, das eigentlich das grössere, ältere und tradi­ tionsreichere Haus ist, fährt er eben nicht hin. Und das wird dort durchaus


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registriert. Es gibt also auch so viele Jahre nach der Reichseinigung immer noch eine starke Identifizierung der Nationalkultur mit Norditalien. Sind also die bis heute schwelenden Konflikte zwischen Nord- und Süd­ italien die Folge dieser erzwungenen Einigungsbewegung? Es war ein Problem, dass diese Bewe­ gung vom Norden ausging und von einer elitären Minderheit durchgeführt wurde, denn der Norden war damals kulturell und ökonomisch deutlich wei­ ter entwickelt als der Süden. Man orientierte sich an Nordeuropa, und in Nord­italien entstand bald ein florie­ rendes Manufakturwesen. So sind zum Beispiel die Angehörigen der Familie Agnelli, die später das Fiat-Werk be­ grün­deten, während des Risorgimento durch Seidenraupenzucht zu sehr reichen Grossgrundbesitzern geworden. Der Süden Italiens war hingegen nach wie vor absolut feudal geprägt. Dort herrschten zum Teil bis nach dem Zwei­ ten Weltkrieg ökonomische Zustände wie im Mittelalter. Und das Schlimme ist, dass Süditalien noch heute lediglich die Hälfte des Sozialprodukts des Nordens erwirtschaftet, aber doppelt so viele Arbeitslose hat. Der Süden ist heute abgehängter als je zuvor. Das Risorgimento hat also mit Erfolg zum Abstreifen der Fremdherrschaft geführt, während es eine Einheit Italiens bis heute nicht gibt. Existiert also immer noch die Sehn­ sucht nach der Einheit der italieni­ schen Nation? Ja, auf jeden Fall! Heute sogar stärker als früher. Zwischen Turin und Palermo liegen zwar immer noch 1500 Kilo­ meter, aber wenigstens kann man heute miteinander reden. Das war im 19. Jahrhundert nicht so. Damals waren die Dialekte so verschieden, dass man sich überhaupt nicht verständigen konnte. Man hatte andere historische Voraus­ setzungen, unterschiedliche Wirtschafts­ systeme und verschiedene Sprachen. Eine überregional verständliche Spra­ che war hingegen die Musik. Kommen

wir noch einmal konkreter auf die Rolle Giuseppe Verdis im Risorgi­ men­to zurück. Was war sein Beitrag? Verdi war kein politischer Kopf dieser Bewegung, aber ein extrem wichtiger Kommunikator. Die starken und be­ wegenden Werke des jungen Verdi, zu denen Nabucco in besonderem Mass zählt, stiessen in den politisch bewegten Zeiten auf Begeisterung. Es ist also nicht erstaunlich, dass sich ein Mythos um Verdi und um besonders beliebte Stücke von ihm bildete, wie beispiels­ weise um den eingängigen Gefangenen­ chor aus Nabucco. Dabei ist sein ei­ gentliches Risorgimento-Werk, die Oper La battaglia di Legnano, im Revolu­ tions­jahr 1848 entstanden, also in einer Zeit, in der diese politische Bewegung schon weiter fortgeschritten war. Darin kolportiert Verdi die Ereignisse um die Lega Lombarda, jene Vereinigung der norditalienischen Städte, die sich im 12. Jahrhundert gegen den römisch-­ deutschen Kaiser Barbarossa verschwo­ ren haben und sein Heer in der Schlacht von Legnano besiegten. Genau darauf berief sich viel später auch die in den 1980er-Jahren entstandene Separatisten­ bewegung Lega Lombarda. Als Lega Nord zog sie Anfang der neunziger Jahre ins italienische Parlament ein und trat 1994 als Koalitionspartner in die erste Regie­ rung von Silvio Berlusconi ein. Genau. Und hier kommt in musikali­ scher Hinsicht eine perfide Wendung ins Spiel: Genau diese Separatisten­ bewegung, die sich von Italien loslösen und ihren eigenen Staat Padanien gründen wollte, machte den Gefange­ nenchor «Va pensiero» zu ihrer Hymne! Durch diese Vereinnahmung seiner Musik wurde Verdi also aus der Rolle einer nationalen Identifikationsfigur ge­ rissen und zur Ikone einer norditalie­ nischen Autonomiebewegung gemacht. Eine inhaltlich unsinnige und völlig verdrehte Propaganda-Massnahme … … mit einer neuen, interessanten Volte: Seit der Rechtspopulist und aktuelle Innenminister Italiens, Matteo Salvini, die Führung der Lega übernommen


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hat, hat Verdis Chor nämlich ausge­ dient. Wenn heute Salvini auftritt, dann erklingt «Nessun dorma», und selbst­ ver­ständlich geht es dabei nicht um his­ torische Bezüge oder den Kontext die­ ser Arie in Giacomo Puccinis Turan­dot, sondern um den entscheidenden Slogan. Diese Arie gipfelt und endet im pa­the­ tisch auftrumpfenden letzten Wort «vin­cerò», «ich werde gewinnen», nur das zählt für Salvini. Der Gefangenen­ chor aus Nabucco wirkt neben «Nessun dorma» wie ein zarter Stossseufzer. Viel zu kompliziert für die populistische Propaganda im heutigen Italien. Salvini hat aus der Separatisten-Lega eine landesweit agierende Rechtspartei ge­ macht, aber mit Verdi und dem Risorgi­ mento hat das nichts mehr zu tun. Ist die Kultur der Oper also ausge­ rech­net im Land ihrer einstigen Hoch­blüte nur noch ein trauriges Kapitel? Während den Opernhäuser das Geld fehlt, müssen ihre Melodien für politische Propaganda hinhalten? Italiens Opernhäuser werden, wie die gesamte Kultur, von der Politik sträflich kaputtgespart. Trotzdem darf man nicht unterschätzen, welche Wirkung die Musik in Italien nach wie vor hat. Nehmen wir das Festival della canzone italiana, das alljährlich in San Remo stattfindet und vier Abende lang im Staatsfernsehen übertragen wird. Als dort 2010 Emmanuele Filiberto di Sa­ voia, der letzte Spross des Königshauses von Savoyen auftrat, löste das einen Skandal aus. Nicht wegen des kitschigen Songs «Italia, amore mio», sondern weil viele Italiener die Rückkehr der Savoyer aus dem Exil skandalös fanden. Wegen ihrer Verbindungen zum Fa­ schis­mus durften sie jahrzehntelang nicht nach Italien einreisen: Und kaum war das Verbot aufgehoben, da sang einer der ihren in San Remo! Aber auch in diesem Jahr gab es wieder einen Skandal, weil das Festival von einem jungen Sänger namens Mahmud gewonnen wurde. Mahmud, der Italien unlängst auch beim Eurovision Song Contest vertreten hat, ist Sohn einer Italienerin und eines Ägypters und hat immer in Mailand gelebt. Die Rechtspopulisten

hetzten gegen ihn. Ein Sänger mit sei­ ner Herkunft dürfe nicht in San Remo gewinnen. Musik spaltet also in Italien nach wie vor die Gemüter und löst wichtige Debatten aus. Und wenn man von der Vereinnahmung durch die Rechtspopulisten absieht, dann ist ge­ rade doch der Stolz auf die Kunst und insbesondere auf die Musik immens wichtig für ein Gefühl der Zusammen­ gehörigkeit. Es ist doch auffällig, dass Italien auf eine sehr reiche Geschichte der Musik und der bildenden Kunst, aber nicht unbedingt der Literatur zurück­blicken kann  … Das hängt vermutlich mit der Rolle der Kirche zusammen – und mit dem früher riesigen Anteil an Analphabeten. Um 1860, also zur Zeit der Reichsgründung, waren im Piemont 80 Prozent der Ka­ tholiken Analphabeten; in Sizilien konnte bis weit in die Nachkriegszeit die Hälfte der Bevölkerung nicht lesen und schreiben. Erklärt das nicht ein stückweit die besondere Stellung der Musik in Italien und macht verständlich, wa­ rum Giuseppe Verdi stärker als alle anderen Komponisten seiner Zeit zu einer nationalen Musikikone ge­ worden ist? Natürlich. Aber was gibt es denn Schöneres als einen nationalen Mythos, der sich um eine Opernmelodie wie Verdis Gefangenenchor rankt? Zumal sein Text «Va, pensiero, sull’ ali dorate», «Flieg’, Gedanke, auf goldenen Flügeln» kein bisschen nationalistisch ist. Im deutschen Sprachraum entstand um die­ selbe Zeit das inhaltlich ganz ähnliche Lied «Die Gedanken sind frei». Das Gespräch führte Fabio Dietsche Birgit Schönau lebt in Rom. Sie war Italien­korrespondentin für DIE ZEIT und arbeitet heute als Autorin für ver­­ schiedene Medien. Zu ihren Buch­ver­ öffent­lichungen gehören «Circus Italia – Aus dem Inneren der Unter­hal­ tungs­­demokratie» sowie «Calcio: Die Italiener und ihr Fussball».


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Eine Familie in Zeiten des Umbruchs «Nabucco» ist die Erfolgsoper des jungen Verdi. Ausgehend vom Konflikt zwischen den Babyloniern und den Hebräern entwickeln Andreas Homoki und Fabio Luisi ein Familiendrama mit der Königstochter Abigaille im Zentrum. Ein Gespräch über die Kühnheiten des Dramatikers Verdi, die in «Nabucco» zum ersten Mal zum Ausdruck kommen Probenbilder Danielle Liniger

Andreas Homoki und Fabio Luisi, mit Nabucco bringt ihr gemeinsam die erste grosse Erfolgsoper von Giuseppe Verdi auf die Bühne. Was macht den jungen Opernkomponisten Verdi eurer Meinung nach attraktiv? Fabio Luisi: Unter Verdis frühen Opern ragt Nabucco als ein besonders reifes Werk hervor – reif nicht einmal in musikalischer, sondern vor allem in drama­tur­gi­scher Hinsicht. Verdi lehnt sich zwar an Vorbilder wie Donizetti und Bellini an, ent­fernt sich aber zugleich von ihnen: Er begreift, dass Oper nicht nur eine musi­kali­sche Um­ schreibung von Ereignissen oder eine Zurschaustellung vokaler Virtuosität ist, sondern Theater. Viele Regisseure tun sich ja schwer mit dem dramatischen Rhyth­ mus von Belcanto-Opern, weil selbst bei sehr gut strukturierten Werken wie bei­ spielsweise Donizettis Lucia di Lammermoor das Augenmerk mehr auf den retardie­ renden Momenten als auf dem Vorantreiben der Handlung liegt. Mit Nabuc­co entwickelt Verdi eine ganz neue Einstellung: Hier wird das Essenzielle fokussiert und mit grosser, atemloser Spannung erzählt. Diese Oper ist ein Geniestreich und der Beginn eines Modells, an das Verdi später sehr erfolgreich angeknüpft hat. Andreas Homoki: Dem kann ich nur zustimmen! Verdis Fokus aufs Wesentliche kommt mir als Regisseur sehr entgegen. Er kümmert sich in Nabucco beispielsweise überhaupt nicht darum, Situationen durch ausgeklügelte Hintergrund­infor­ ma­­tionen plausibel zu machen. Er lässt die Hintergründe und Motivationen des Ge­sche­hens sogar ganz bewusst und konsequent unscharf. Informationen, die nicht die augenblickliche Handlung betreffen, sondern bereits Geschehenes kolportieren, werden ganz schnell abgehandelt und manchmal fast grotesk verkürzt, mit dem Ziel, sofort wieder im dramatischen Jetzt-Moment zu sein. Diese zugespitzte Erzähl­ weise reizt mich als Regisseur sehr, ist aber auch herausfordernd, weil man ge­ zwungen ist, eine Form zu finden, die nicht naturalistisch ist, sondern ganz auf die Regeln des Theaters vertraut. Die Personen treffen wie Spielfiguren aufeinander und müssen aus dem jeweiligen Moment heraus ihre ganze Wirkung entfalten.


Foto: Frank Blaser

Dirigent Fabio Luisi, Regisseur Andreas Homoki und Anna Smirnova als Abigaille bei der Probe


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Diese Wirkung entfalten sie aber nicht nur in dramatischen Szenen, sondern auch in reflektierenden Arien. Sind das die Momente, die noch eher an die musikalischen Vorgänger Verdis erinnern? Homoki: Verdi geht von der Form seiner Vorgänger aus, konzentriert sich aber stark auf die Figuren und geht – in Nabucco ganz besonders – ziemlich rücksichtslos gegen Konventionen und Erwartungen vor. Dafür wurde er von einigen Kritikern auch angegriffen und als roh und ungehobelt gescholten. Andererseits wusste Verdi natürlich genau, dass er die Virtuositätsansprüche bedienen und effektvolle Arien schreiben muss, um erfolgreich zu sein. Luisi: Verdi wollte nicht unbedingt ein Revolutionär sein! Bis zum Erfolg des Nabuc­co war er ein wenig beachteter junger Komponist. Sein primäres Ziel war es deshalb, eine gute Oper zu schreiben. Allerdings hat er einen wesentlichen Punkt schon damals gut begriffen, nämlich, dass die Kunst nicht im Hinzufügen, sondern im Weglassen besteht. Er bündelt all seine Energie in den Figuren, ihren Emo­ tionen und einer spannungsgeladenen Handlung. Die Konventionen seiner Vor­ gänger sind also formal noch da, aber nicht mehr wegweisend. Der Librettist Temistocle Solera ist in Nabucco mit historischen und biblischen Fakten des Stoffes sehr frei umgegangen. Worum geht es im Kern? Homoki: Um es einmal anders aufzuzäumen, als man es erwarten würde: Es ist die Geschichte einer Familie, nämlich die Geschichte Nabuccos, der zwei Töchter hat. Als Anführer des babylonischen Reichs war dieser Vater einst ein einflussreicher Machtmensch. Doch nun wankt sein System, ihm schwinden die Kräfte, und dem polytheistischen System der Babylonier steht als Utopie ein neues, moderneres System gegenüber, nämlich die monotheistische Weltanschauung der Hebräer. Der per­ sönliche Familienkonflikt findet also vor dem Hintergrund eines grossen Umbruchs statt. Es bricht eine neue Zeit an, welche Babylon letztlich zum Einsturz bringen wird. Abigaille, die vermeintlich erstgeborene Tochter Nabuccos, versucht verzweifelt, das alte System zu retten, indem sie den Vater vom Thron stürzt und selber die Macht übernimmt. Fenena, die andere Tochter, spürt die Zeitenwende und wechselt «die Seiten». An diesem Ablösungsprozess des Alten durch das Neue zerbricht letztlich auch diese Familie. Abigaille ist die Verliererin, weil sie den Untergang des alten Systems nicht aufhalten kann. Wie so oft bei Verdi wird auch hier gezeigt, wie eine Familie durch die Verstrickungen in einen politischen Kontext zerrissen wird. Das tragische Schicksal der Abigaille scheint Verdi stärker interessiert zu haben als das zukunftsweisende der Fenena. Zwar gibt es in dieser Oper – was bei Verdi selten ist – mit Fenena und Ismael ein Liebespaar, das am Ende auf eine gemeinsame Zukunft hoffen darf. Im Vergleich zu Abigaille sind diese beiden Partien aber relativ klein ausgefallen... Homoki: Bei der Ausarbeitung der Szenen stelle ich immer wieder fest, dass Abigaille das Zentrum des Stückes bildet. Diese Oper ist die tragische Geschichte der Abigaille, und so werden wir das auch zeigen. Was ich an Verdi so bewundere, und was ihn auszeichnet, ist die Empathie, die er für jede seiner Figuren empfindet. Er bezieht keine Stellung für oder gegen sie, und er verurteilt Abigaille nicht als «machthungrige Furie», wie das fälschlich oft interpretiert wird. Luisi: Abigaille ist eine ganz grosse Persönlichkeit, eine intelligente und instink­ tive Kämpferin. Sie hat Züge, die wir später in Verdis Schaffen bei Lady Macbeth oder bei Manrico im Trovatore wiederfinden, sie besitzt eine unglaubliche anima­li­sche Kraft. Für Verdi als Komponisten ist ein solcher Charakter natürlich hoch­attraktiv. Es ist interessant, die Partien von Abigaille und Nabucco musikalisch zu ver­gleichen, denn die Musik unterstreicht auch den Stand ihrer Macht: Nabuccos Herr­schafts­ position ist breit abgestützt, weshalb seine Musik auch eher in die Breite geht. Abigaille hingegen kämpft um ihre Position, was sich musikalisch in vertikalen, völlig überspitzten emotionalen Ausbrüchen äussert.


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Nabucco Oper von Giuseppe Verdi Musikalische Leitung Fabio Luisi Inszenierung Andreas Homoki Bühnenbild Wolfgang Gussmann Kostüme Wolfgang Gussmann, Susana Mendoza Bühnenbildmitarbeit Thomas Bruner Lichtgestaltung Franck Evin Choreografische Mitarbeit Kinsun Chan Choreinstudierung Janko Kastelic Dramaturgie Fabio Dietsche Nabucco Michael Volle Ismaele Benjamin Bernheim Zaccaria Georg Zeppenfeld Abigaille Anna Smirnova Fenena Veronica Simeoni Der Oberpriester des Baal Stanislav Vorobyov Abdallo Omer Kobiljak Anna Ania Jeruc Philharmonia Zürich Chor der Oper Zürich Chorzuzüger und Zusatzchor des Opernhauses Zürich Partner Opernhaus Zürich

Premiere 23 Jun 2019 Weitere Vorstellungen 26, 29 Jun; 2, 5, 9, 12 Jul 2019 Die Premiere wird live auf ARTE concert übertragen und ist drei Monate in der Media­thek zu sehen. ARTE TV strahlt die Inszenierung im Herbst 2019 aus.

Homoki: Aber sie hat auch eine ganz weiche Seite, die in ihrer ersten Arie durchbricht, wenn sich herausstellt, dass sie in den gleichen Mann verliebt ist wie ihre Schwester. Luisi: Das zeigt, wie verletzlich sie eigentlich ist und woher ihre Härte kommt: nämlich aus der privaten Situation, dass sie als Liebende und später auch noch als nicht-leibliche Tochter Nabuccos zurückgewiesen wird. Homoki: Wobei diese Unterscheidung in eine echte und eine falsche Tochter für mich nicht ins Gewicht fällt. Das ist nur eine kleine Zusatzinformation, die Verdi zu Beginn des zweiten Akts einstreut, die aber gleich in den dramatischen Er­ eignissen untergeht, welche für mich die eigentlich spannenden Momente des Stücks aus­machen. Entscheidend ist für mich, dass die eine Tochter nicht akzeptiert, dass die Zeiten sich ändern, während die andere versteht, welche Richtung die Verände­r ungen nehmen. Macht ist ein Thema, das nur wenige Jahre später in Macbeth ins Zentrum von Verdis Interesse rückt. Liegt sein Augenmerk auch in diesem Stück schon auf den Fragen der Macht? Homoki: Nein, jedenfalls kommt es in diesem Stück nicht zu Machtkämpfen, die mit Waffen entschieden werden müssen. Die Macht hat man, oder man hat sie nicht. Das wird auch in der Inszenierung sehr zeichenhaft die Königskrone zeigen. Luisi: In Macbeth zeigt Verdi dann, wie man an die Macht kommt, aber auch wie fragil sie ist, wie kompromisslos man sich ihr verschreiben muss und wie sich Macht durch diese brutale Konsequenz selbst zerstört. In Nabucco sind die Macht­ verhältnisse hingegen nur eine Nebenschiene dieser Familientragödie, aus deren Spannungsfeld sich das ganze Stück entwickelt. Homoki: Dieses Spannungsfeld ist für die Inszenierung ganz zentral. Ohne den Fokus auf diesen familiären Konflikt wäre es schwierig, die Motivation der Figuren zu zeigen, besonders dann, wenn sich der Kontrast – was ja immer wieder geschieht – immens vergrössert und durch den Chor, der die beiden Völker der Babylonier und Hebräer repräsentiert, ins Monumentale gesteigert wird. Dem Chor kommt in dieser Oper eine tragende Rolle zu. Die Szene der in Baby­lon gefangenen Hebräer, die ihr Schicksal beklagen, der «Gefangenenchor», gehört zu den bekanntesten Stücken von Verdi überhaupt. Oft wurde der Wunsch nach Freiheit, der darin zum Ausdruck kommt, mit dem Willen des italienischen Volkes in Verbindung gebracht, das 1842, im Jahr der Nabucco-­ Uraufführung, selbst unter der Fremdherrschaft der Österreicher gelitten hat. Fabio, wie stehst du als Dirigent und als Italiener zu dieser Thematik? Luisi: Dass man Nabucco und insbesondere den Gefangenenchor für politische Zwecke vereinnahmte, hat bereits zu Verdis Lebzeiten begonnen. Dass der Chor in der Folge gar als «heimliche Nationalhymne» Italiens bezeichnet wurde, finde ich aber absurd, denn ein Chor von Gefangenen kann keine Hymne sein. Die Dis­­ kussion, «Va pensiero» zur Nationalhymne von Italien zu machen, ist sehr alt – zum Glück ist es nie dazu gekommen! Trotzdem ist der Gefangenenchor in seiner Rezeptionsgeschichte immer wieder als Zeichen des Widerstands gegen die politische Fremdbestimmung gedeutet worden. Ein prominentes Beispiel findet sich in der Sissi-Trilogie mit Romy Schneider: Als die österreichische Kaiserin die Scala in Mailand besucht, stimmt das Publikum als Protest den «Va pensiero»-Chor an... Luisi: Diese Abneigung gegenüber der österreichischen Fremdherrschaft gab es in Mailand tatsächlich. Und Verdi, der mit seiner Musik starke Emotionen aus­ löste, wurde im Lauf der Zeit zu einer wichtigen Identifikationsfigur der italienischen Unabhängigkeitsbewegung stilisiert. Diese Bestrebungen, die österreichische Fremd­herrschaft abzustreifen und eine neue Ordnung herbeizuführen, begannen in


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Italien unmittelbar nach dem Fall Napoleons, also genau in der Zeit, in der Verdi aufgewachsen ist... ... und in dieser Hinsicht ist die Parallele zwischen der Epoche, in der die Handlung von Nabucco angesiedelt ist, und dem Zeitalter Verdis natürlich interessant. Andreas, inwiefern hat das historische Italien des 19. Jahrhunderts eine Bedeutung für die Inszenierung? Homoki: Den Hintergrund für die privaten Konflikte dieses Stücks bildet, wie wir gesehen haben, die Polarität zwischen einer alten und einer neuen Ordnung. Es war uns wichtig, diesen Kontrast, der sich besonders deutlich über die beiden Chorgruppen erzählen lässt, auch ästhetisch stark hervorzuheben. Und so kam ich zusammen mit meinem Bühnen- und Kostümbildner Wolfgang Gussmann auf die Idee, den Gegensatz zwischen dem Bürgertum und der als Fremdherrschaft emp­ fun­de­nen Aristokratie in der Zeit Giuseppe Verdis zu zeigen. Es geht uns dabei aber nicht um historischen Realismus oder eine konkrete zeitliche Verortung, sondern um einen ganz plakativen, scharfen Gegensatz. Der Konflikt zwischen der sich restaurie­renden Aristokratie und dem Zurückdrängen der bürgerlichen Kräfte ist ein be­herrschendes Europa-Thema des frühen 19. Jahrhunderts; in unserer Inszenie­ rung zeigen wir diesen Konflikt als eine Art Parabel über den Fortschritt... Luisi: Bei Verdi geht es immer um den Fortschritt. Das sehen wir später auch deutlich in Werken wie I vespri siciliani, Don Carlo oder Simon Boccanegra. Es geht immer um die Idee einer neuen Freiheit, die der alten und verkrusteten Art, ein Volk zu führen, entgegengesetzt ist. Homoki: Verdi scheint politisch viel bewusster zu denken als seine Vorgänger­ kollegen, denen es oft reichte, ihre Handlung in einem konfliktreichen Millieu anzusiedeln, wie beispielsweise Bellini in I puritani... Luisi: In I puritani wird die Ordnung als unveränderbar dargestellt. Bei Verdi hingegen wird sie immer in Frage gestellt. Die Charaktere stehen bei ihm für die verschiedenen Richtungen: Abigaille für das Festhalten an der alten Macht, die Hebräer für den Gedanken der Freiheit. Eine grosse Partie hat Verdi für Zaccaria, den geistigen Führer der Hebräer, komponiert. Durch seine tiefe Gläubigkeit stärkt er den Mut und die Hoffnung seines geknechteten Volks... Homoki: Zaccaria und der Oberpriester des Baal sind für uns nur Repräsentan­ ten der jeweiligen Ordnungen. Die Partie des Baal-Priesters ist viel kleiner, weil er der Sprecher der reaktionären Fraktion ist: er muss seine Ordnung nicht erklären, weil sie die bestehende ist. Zaccaria repräsentiert hingegen die Seite, die für Verdi sympathischer ist, nämlich die neue Idee der Zukunft. Zaccaria formuliert diese neue Ordnung und treibt sie voran. Das bewegt Verdi zu einer grösseren, ausführliche­ ren Partie, die von uns auch mit mehr Empathie begleitet wird. Die Geschichte hat uns gezeigt, dass neue Ordnungen nicht immer mit Erfolg einhergehen und nicht immer die besseren sind. Im Nachhinein wurde etwa auch an der Risorgimento-Bewegung kritisiert, dass sie von einer elitären Minderheit und unter geringer Beteiligung der Bevölkerung durchgesetzt wurde. Ist Verdi sich dessen bewusst, wenn er seine Oper mit dem Tod Abi­ gail­les tragisch enden lässt? Luisi: Nein, soweit denkt Verdi als junger Enthusiast nicht. Er vertritt in Nabucco einen idealistischen Standpunkt: Die Tatsache, dass eine neue Ordnung sich gegen eine alte durchsetzen kann, ist für ihn per se positiv. Das Gespräch führte Fabio Dietsche


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Lebendige Charaktere erschaffen Der Bariton Michael Volle gibt in Zürich sein Rollendebüt als Nabucco in Giuseppe Verdis gleichnamiger Oper. Mit dieser Rolle straft er einmal mehr all jene Lügen, die ihn vornehmlich als Sänger im Wagner-Repertoire sehen Text Bruno Rauch

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m Boden krümmt sich ein alter Mann. Kurz zuvor hatte er sich die Krone As­sy­ riens aufs Haupt gesetzt und sich in frevelhaftem Wahn als Gott Babylons und der besiegten Hebräer huldigen lassen. Ein Blitzstrahl hat ihn zu Boden geschleudert. Jetzt ist der gefürchtete Assyrerkönig Nabukadnezar nur noch ein elender Wurm. Ein Getreuer eilt herbei, dem Alten aufzuhelfen, während im Hintergrund seine vermeintliche Tochter Abigaille Macht und Krone an sich zu reissen versucht. «Wie erwach’ ich denn?» fragt Michael Volle. «Du erwachst aus einer Art Ohnmacht und versuchst zu verstehen, was soeben geschehen ist», erklärt Regisseur Andreas Homoki. Der gross­gewachsene, stattliche Bariton nickt und streift sich ein Paar Knieschoner über. Das Stürzen, Niederknien und Sich-Aufrappeln strapaziert seine bereits lädierten Kniegelenke, doch wenn es um die Wahrhaftigkeit, die Glaubwürdigkeit einer Figur, einer Situation geht, kennt der Sänger keine Schonung. Sein Credo: «Wir wollen nicht nur den Schöngesang pflegen, sondern auch lebendige Charaktere erschaffen.» Deshalb wird diese kurze Szene wieder und wieder geprobt, bis jede Geste, jede Bewegung stimmt. Nabucco, ein Gotteslästerer, getrieben von Superbia und Herrschsucht – wie sieht Michael Volle, der diese Rolle erstmals verkörpert, den zwielichtigen Herrscher? Zusammen mit sieben Geschwistern in einem württembergischen Pastorenhaus pietis­ tischer Prägung aufgewachsen, muss ihn diese Selbstüberhebung reichlich befremden. Volle lacht sein schallendes Lachen: «Ist allerdings schon ’ne gute Weile her!» Er würde auch einen pietistischen Pfarrer spielen, Hauptsache, die Partie gibt nicht nur musika­ lisch, sondern auch dramaturgisch was her. Was ihn dagegen an Nabucco fasziniert, ist die Fallhöhe dieser Gestalt. Da geht es um einen zwischen Machtgier und Kindesliebe zerrissenen Menschen, der in einem Anflug von geistiger Umnachtung eine existenzielle Krise durchlebt. «Natürlich voll­ zieht sich die Wandlung ein bisschen schnell, okay, aber so ist halt Oper!» Natürlich schätzt Michael Volle auch die Musik, die bereits den aussergewöhnlichen Musik­ dramatiker – es handelt sich um Verdis dritte Oper – verrät. Und die er nach Falstaff, Ford, Posa, Amonasro, Germont und Macbeth jetzt für sich entdeckt. Neugier und die Lust an Neuem zeichnet Michael Volle, der von 1999 bis 2007 Ensemblemitglied am Opernhaus Zürich war, noch immer aus. Damit hat er sich offenbar erfolgreich gegen eine Schubladisierung durch Intendanten und Agenten wehren können, was ein Blick auf sein Repertoire nahelegt: Mozart, Weber, Humper­ dinck, Tschaikowski, Strauss, Wagner, Verdi, Debussy, Zemlinsky, Berg bis hin zu Offen­bach und Lehár. Doch der Sänger relativiert: «Als meine Karriere – Pereira sei Dank! – in Zürich so richtig Schub erhielt, war ich mit Wagner und Strauss vor allem im deutschen Fach beheimatet». Man habe ihm nichts anderes zugetraut, erst seit etwa zehn Jahren erschliesse er sich nun auch das italienische Fach, was mit dem Falstaff letztes Jahr an der Berliner Staatsoper an Bedeutung zunahm, wobei er deswegen der «heil’gen deutschen Kunst» nicht untreu werde, fügt er augenzwinkernd in Anspielung auf Hans Sachs hinzu, der inzwischen eine seiner Paraderollen, vielleicht


Foto: Carsten Sander

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sogar fast ein wenig sein Alter Ego geworden ist. Dennoch: «Ich werde bis ans Ende meiner Tage so vielseitig wie möglich fahren – es ist einfach zu schön. Und neben der Oper gibt es ja auch noch das Konzert. Bach!» Richtig, die pfarrherrliche Herkunft hatten wir bereits erwähnt, wo der Thomaskantor sozusagen der Hausgott war. Michael Volle sang und singt noch heute liebend gern Bach. Zum Beispiel mit der Akademie für Alte Musik Berlin, wo er mitten im Orchester, fast wie ein weiteres Instrument, Bach-Kantaten interpretiert. Das legt die Frage nahe, warum der Sänger sich nicht mal eine barocke Opernpartie vornimmt. Bedächtiges Kopfwiegen, und dann: «Natürlich tolle Musik, aber es sind da doch eher die hohen Stimmen, die im Zentrum stehen. Also pflege ich das barocke Repertoire im Konzert. Und nicht nur Bach», fügt er hinzu. Vor seiner Opernlaufbahn hat Volle viel Neue Musik gemacht, war 1984 auch Gründungsmitglied der «Neuen Vocalsolisten», heute eines der führenden Ensembles in diesem Bereich. Das war eine ausgezeichnete Schulung bezüglich Disziplin und raschem Lernen. In näherer Zukunft steht King Lear von Aribert Reimann im Raum, eine Bühnenfigur, die möglicherweise Ähnlichkeiten mit Nabucco hat – jedenfalls ein Opernstoff, den auch Verdi lange mit sich herumgetragen hat, ohne ihn schliesslich zu vertonen. Die Perspektiven und Pläne sind schier unerschöpflich: «Boris, Rigoletto, Macbeth. Und Mozart sowieso, jederzeit!» Aber auch gibt es das Vorurteil, dass einer, wenn er mit Wagner, Verdi, Puccini angefangen habe, nicht mehr Mozart singen könne. Bei solcher Engstirnigkeit kann der sonst in sich ruhende Volle durchaus heftig werden: «Da werde ich schon sauer, denn ich wage zu behaupten, dass mir Mozart leichter fällt denn je. Mozarts Musik ist sowieso Balsam und Hygiene für die Stimme. Man wäre überrascht wie frisch ich als Mozart-Sänger klinge – ha!» Und haut be­kräftigend auf den Tisch. Unlängst hat er den Almaviva mit seiner zweiten Frau, der Schweizer So­ pra­nistin Gabriela Scherer, als Contessa konzertant gesungen – «es war wie ein Heim­ kommen». Was bliebe denn noch, was der musikalische Allrounder noch nicht gesun­ gen hat? Operette vielleicht? Vor Jahren hat er in der Zürcher Fledermaus den Dr. Falke im Team Harnoncourt / Flimm gemacht; doch in einer Fassung als Bariton den Eisenstein zu geben – «Ah, diese Musik». Oder den Danilo in der Lustigen Witwe – «Herrlich, ich liebe ihn, da ist etwas im Tun, aber ich sage noch nichts.» Die Überheblichkeit, mit der gewisse Intendanten die Operette abtun, findet Volle völlig fehl am Platz. Platte bis schwachsinnige Libretti gebe es schliesslich auch in der Oper. Nicht umsonst hätten in den 1960er-Jahren die Elite der klassischen Sänger Operette gemacht. Aber es verlange eine sorgfältige Regie. Schliessen wir den Bogen zu Nabucco mit Belsazar, einem ebenfalls legendären assyrischen Potentaten, der sich der Gotteslästerung schuldig macht. Heinrich Heine schildert das nächtliche Gelage in einer packenden Ballade, Robert Schumann hat das Gedicht kongenial vertont. Also: Wie haben Sie es mit dem Liedgesang, Herr Volle? Obwohl er schon mehr als dreissig Jahre im Metier ist, gerät er auch bei diesem Thema ins Schwärmen. Schumann, Wolf und vor allem Schuberts Winterreise … nur leider komme er viel zu wenig dazu. Die Bühnenauftritte füllen gut vier Fünftel seiner künstlerischen Agenda. Und neben Bühne und Konzertpodium gäbe es ja auch noch anderes im Leben, sagt Michael Volle, dem man die Neigung zum Bonvivant durchaus ansieht. Auch freut er sich, dass er jetzt, als arrivierter Künstler, seinen beiden Kindern aus zweiter Ehe mehr Zeit schenken kann als damals, als die Karriere im Aufbau war. «Und wenn wir, meine Frau und ich, zu sehr ins Fachsimpeln geraten, holen uns die beiden schon wieder runter.» Darum nur noch eine letzte Frage: Was würden Sie einem jungen Kollegen, einer Kollegin mit auf den Weg geben? «Jeder muss seine Erfahrungen letztlich selber machen. Doch eines gilt jederzeit: Nehmt es ernst, nehmt es wichtig, kniet euch mit Haut und Haaren rein! Nur so werdet ihr wahrhaftige Sänger.» – In der Probe von soeben hat es Michael Volle exemplarisch vorgemacht.



Last Call

Die Erde muss evakuiert werden, weil sie am KommunikationsMüll erstickt – davon handelt die Kammeroper «Last Call» von Michael Pelzel, die am 28. Juni auf der Studiobühne ihre Uraufführung erlebt. Ein Gespräch mit dem Komponisten


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Michael, worum geht es in Last Call, dem Musiktheaterwerk, das du als Auftragswerk für das Opernhaus Zürich komponiert hast? Ich habe den Stoff gemeinsam mit dem Schriftsteller Dominik Riedo entwickelt, er hat das Libretto geschrieben. Die Geschichte spielt in einer Zukunft, in der die Medien-Kommunikation der Menschen derart überhand genommen und sich verselbständigt hat, dass es zu einem Overkill gekommen ist. Nichts geht mehr. Die Menschen sind in ihrer Sprachfähigkeit völlig deformiert. Sie reden in einem merkwürdigem Fachchinesisch und absurden Jargons. Das ist die Ausgangssi­ tuation der Handlung. In Form einer grotesken Voting-Talkshow wird deshalb beschlossen, die Erde zu evakuieren, um die Kommunikationsfluten zu beruhigen. Die Menschheit wird in Raumschiffen auf einen anderen Planeten geflogen, aber ein Mann und eine Frau werden vergessen und bleiben als letzte Menschen auf der Erde zurück. In der grossen Stille nach dem Kommunikations-Wahnsinn kommen sie sich nahe.

Ruben Drole singt die Partie des Ur­guru in der Oper «Last Call». Unsere Ab­bildung zeigt ihn in der Skizze einer Videoinstallation, die die Video-Designerin Ruth Stofer gemeinsam mit dem Regisseur Chris Kondek für die Uraufführungs-Produktion entwickeln wird.

Es gibt in dieser Oper einen verschrobenen Weltregierungschef, der sich Urguru nennt, einen schnellsprechenden Talkmaster namens Gottwitz, das schrille Partygirl Trendy-Sandy-Mandy und die vergleichsweise seriöse Professorin Frau Hahnemann. Schon an den Namen kann man erkennen, dass die Handlung eher karikaturhafte Züge hat. Was mich an literarischen Stoffen immer fasziniert, ist eine Doppelbödigkeit, bei der man nicht mehr weiss, ob das Geschriebene ernst gemeint ist oder böse ironisch, und so etwas schwebte mir auch für meine Oper vor. Einer meiner Lieblingsschriftsteller ist der Schweizer Hermann Burger. Ich finde, er ist unerreicht darin, den Leser im Unklaren darüber zu lassen, ob etwas tragisch oder komisch ist, tiefgründig oder oberflächlich, skurril oder abgründig. Wenn ich mich in der Szene der zeit­ genössischen Musik umschaue, stelle ich fest, dass sehr viele Werke für die Bühne geschrieben werden, die mit grossem Ernst die menschlichen Abgründe thematisieren. Die heissen dann «Koma» oder «Trauma», und da weiss ich schon beim Titel, dass es depressiv und traurig wird. Diese Themenwahl hat manchmal fast schon klischee­ hafte Züge in der zeitgenössischen Oper angenommen. Gerade bei weniger gut geschriebenen Werken führt das leicht in eine Oberflächlichkeit des Tiefgründigen. Das Abgründige und Tragisch-Dramatische der Stoffwahl kann in der Musik nicht eingelöst werden, weil der Komponist dafür gar nicht über die adäquaten musi­ kalischen Mittel verfügt. Solche Stoffe könnte nur ein echtes Genie vertonen. In diese Tiefgründigkeitsfalle wollte ich mit meiner Oper nicht treten. Mich interessiert mehr das Tragikomische und das schräg Skurrile. Der Regisseur deiner Uraufführung, der Videokünstler und Theatermacher Chris Kondek, nennt Last Call eine dystopische Science-Fiction-Comedy. Das trifft es doch gar nicht schlecht. Ich hoffe, wir kriegen diesen Balanceakt zwischen Tragik und Komik hin, zwischen dem Ernst, der dem Stoff ja innewohnt, und der absurden Situation, zwischen Schein-Banalität und Hintersinn. Ich habe im Januar hier am Opernhaus György Ligetis Oper Le Grand Macabre gesehen. In diesem Stück wird genau das auf grossartige Weise eingelöst. Für mich ist Ligeti überhaupt ein grosses Vorbild. Die Kontraste, mit denen er arbeitet, die grellen Farben, die Gleichzeitigkeit verschiedener Metren, sein raffinierter Umgang mit Stilzitaten und -anklängen, es gibt vieles, das mich am Grand Macabre fasziniert. Wie Ligeti bist du auch ein eigenwilliger Tüftler im Rhythmischen. Wo hat das bei dir seinen Ursprung? Beispielsweise, indem ich irgendwann die Klavieretüden von Ligeti kennengelernt und studiert habe und sie in ihrem Formaufbau und ihrer Struktur für mich sehr inspirierend fand. Ausserdem habe ich vor einigen Jahren für drei Monate in Süd­ afrika gelebt und dort afrikanische Instrumente zu spielen gelernt, sogenannte


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Akadindas und Amadindas, die mit unseren Marimbaphonen verwandt sind. Sie werden von zwei sich gegenüberstehenden Musikern in einem wahnsinnigen Tempo gespielt. Die löchrigen Rhythmen greifen wie Zahnräder ineinander. Diese spezielle Rhythmik hat mich extrem fasziniert. Die Patterns erwecken den Eindruck von Regelmässigkeit in der Grossform, sind aber asymmetrisch strukturiert. Es ist ein bisschen wie bei den Maschinen von Jean Tinguely. Die scheinen sich mit Regel­mässigkeit zu bewegen, aber wenn man näher an sie herantritt, sind alle Be­we­gungen stotternd und asymmetrisch verkantet. Mit solchen «gelochten» Rhythmuspatterns arbeite ich auch, indem ich etwa an zwei Klavieren perforierte Quintolen und Sextolen übereinander spielen lasse. Gibt es weitere Komponisten, die Vorbildcharakter für dich haben? Einige Werke von Olivier Messiaen beeindrucken mich extrem, weil Messiaen etwas sehr Naives hat in seiner Art zu komponieren. In den strengsten, strukturkühlen Zeiten des Serialismus traute er sich, unverstellt naiv zu schreiben und wurde in der damaligen Avantgarde-Hochburg bei den legendären Darmstädter Ferienkursen dafür ausgelacht. Er hat ja teilweise gewagt, offene Dominantseptakkorde in der Begleitung zu verwenden und ihnen etwas sehr Feines, Leises und Elaboriertes hin­ zuzufügen. Bei Messiaen kommen verschiedene Stile zusammen, aber seine Musik wirkt interessanterweise gar nicht heterogen. Er schmilzt sie zu einem ganz eige­nen Personalstil zusammen, das bewundere ich sehr. Auch seine Harmonik ist unglaublich eindrucksvoll. Kannst du die Klangwelt, die du in Last Call entworfen hast, ein wenig beschreiben? Im Vorspiel und im Monolog des Urguru in der ersten Szene etwa entwickle ich eine Klanglichkeit, die von Gongs, Plattenglocken, Vibraphon, Celesta und hohen Glöckchen geprägt ist – dunkel, düster, schwebend. Eine mysteriöse, lugubre Atmo­­s­phäre soll entstehen. Mir ging es dabei klanglich um ein Amalgam. Ich versuche auch Instrumente wie das Klavier oder Streicher einem gongähnlichen Klangidiom anzugleichen. Es ist ein bisschen wie in der Fusionsküche: Mehrere Aromen sollen sich zu einer Metaklangfarbe verbinden. Es folgt eine ironische, musicalhafte, ex­ zentrische, farbige Talkshowszene. Ein Jingle, der an die Melodie der Sendung mit der Maus angelehnt ist, kommt darin vor; zwei Klaviere, die um einen Sechstelton verstimmt sind und durch gegenläufige Dynamik feine Glissandobewegungen erzeugen, dazu Schlagzeug und Singstimmen, die manchmal wie das amerikanische Jazz-Vokalensemble Manhattan Transfer klingen. Der zweite Akt ist dann ein Sturm in Form eines Bildergewitters. Chris Kondek spricht immer von einem Elektro­ sturm. In der Musik ist die Szene extrem sparsam nur mit rhythmischen Patterns skizziert, also eher ein Anti-Sturm. Aber die parallelen Video-Bilder erzeugen Momente von Unheimlichkeit und Bedrohlichkeit. Der dritte Akt ist dann wieder sehr elaboriert und feingliedrig, schwerelos, irreal. Hier kommt es, wenn man so will, zu einer Art Liebesgeschichte. Aber mit Worten ist das alles schwer zu beschreiben, man muss es hören und sehen. Last Call ist das erste Werk, das du für das Musiktheater geschrieben hast. Wie ist es dir im Entstehungsprozess damit ergangen? Es ist mit Abstand das längste Stück, das ich bisher geschrieben habe. Das war schon eine besondere Erfahrung und in vielerlei Hinsicht ein Abenteuer. Man arbeitet mehr als ein Jahr an einer Komposition, ist gezwungen, immer dranzubleiben wie beim Schreiben eines Romans, und am Ende kommt man als ein anderer heraus, als der man hineingegangen ist. Wenn man ein Ensemble- oder Orchesterstück komponiert, das nicht länger als zwanzig Minuten dauert, kann man das Werk beim Schreiben überblicken und kontrollieren. Bei einer Oper von eineinhalb Stunden steckt man als Komponist irgendwann so mittendrin, das man sich sagt: Ich gebe

Last Call Musiktheater von Michael Pelzel Uraufführung Musikalische Leitung Jonathan Stockhammer Libretto Dominik Riedo Inszenierung Chris Kondek Bühnenbild Sonja Füsti Kostüme Julia von Leliwa Lichtgestaltung Dino Strucken Video-Design Ruth Stofer Dramaturgie Beate Breidenbach Johnny / Tarantino Muff Christina Daletska Sulamit / Frau Hahnemann Annette Schönmüller Urguru Ruben Drole Trendy-Sandy-Mandy Alina Adamski Harald Gottwitz Thomas Erlank Dr. Karitzoklex Jungrae Noah Kim Ensemble Opera Nova Kompositionsauftrag vom Opernhaus Zürich finanziert durch die

Mit freundlicher Unterstützung der LANDIS & GYR STIFTUNG Premiere 28 Jun 2019 Weitere Vorstellungen 30 Jun; 4, 6 Jul 2019


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gehört zu den wich­tigs­ ten Schweizer Kom­ ponisten der mittleren Generation. Seine Werke werden bei bedeuten­den Festivals für zeitgenössische Musik gespielt wie Wien modern, dem Lucerne Festival oder den Donaueschinger Musiktagen. Vor zwei Jahren wurde Pelzel mit dem Komponisten-Förderpreis der Ernst-von-Siemens-­ Musikstiftung ausge­ zeich­net. Er lebt in Stäfa und bekleidet dort eine Stelle als Kirchenorganist.

Wenn du sagst, man müsse den Kompositionsprozess irgendwann einfach laufen lassen, gerätst du dann nicht in einen Widerspruch zu deinem vergleichsweise strengen Formbewusstsein? Ich erachte die Verantwortung für die Form und die Architektur eines Werkes als etwas ganz Wichtiges und versuche ihr gerecht zu werden. Da stehe ich sehr in der europäischen Komponiertradition. Ich finde, es braucht ein Beziehungsnetz, das in der Musik erkennbar wird. Man muss eine Art Normalzustand kreieren, um dann davon abweichen zu können, und das ist bei neuer Musik gar nicht so einfach. Aber es gibt ein interessantes Zitat des Musikwissenschaftlers Carl Dahlhaus, in dem er sinngemäss sagt, schon viele Komponisten seien an dem Ehrgeiz zerbrochen, in einer Oper alles aufeinander beziehen zu wollen. Bei einem solchen Anspruch dreht man als Komponist natürlich durch. Die bessere Strategie ist, die Dinge gut zu planen und verwandtschaftlich zu organisieren und sich dann auch mal dem Fluss des Werkes zu überlassen. Du bist ein international vernetzter Komponist, hast viele Kompositionsaufträge und mit den wichtigen Ensembles für zeitgenössische Musik wie dem Klangforum Wien und dem Ensemble Modern zusammengearbeitet. Aber deine musikalische Heimat liegt nach wie vor in der Schweiz, am oberen Ende des Zürichsees, wo du bis heute eine Organistenstelle bekleidest. Wie kam es dazu? Ich habe während meines Musikstudiums in Wädenswil Orgel gespielt, irgendwann wurde eine Stelle frei, und die habe ich dann angenommen. Das war gegen Ende meines Orgelstudiums vor ungefähr fünfzehn Jahren. Die Stelle habe ich heute noch. Was gehört dort zu deinen Aufgaben? Es ist eine ganz normale Organistenstelle. Sonntägliche Gottesdienste, Abendgebetsliturgien, Beerdigungen – dass ganze Programm. Ich mache das übrigens sehr gerne. Denn ich spüre, dass man den Menschen an den sogenannten Lebensübergängen wie Taufe, Hochzeit oder Beerdigungen mit Musik etwas ganz Wichtiges gibt. Es geht nicht um Virtuosität und dass jeder Ton perfekt sitzt, sondern um ganz andere essenzielle Dinge. Manchmal ist es in der Kirche so still wie in keinem Konzert, und es entsteht eine ganz besondere Stimmung. Als Komponist ist man eigentlich ein unabhängiger, exterritorialer Künstler, und du spielst sonntags in der Kirche die Orgel. Profitierst du davon, dass du gleichzeitig Komponist und Organist bist? Auf jeden Fall. Wir sprechen ja hier über Musiktheater. Der Gottesdienst kann ja auch theatralisch sein, vor allem der katholische. Da gibt es Ministranten, Weihrauch, Prozessionen, das alles ist fast ein bisschen opernhaft. Und ich liebe das Improvisierte an meinem Organistenberuf. Als Kirchenmusiker kommt es vor, dass du drei Minuten Zeit hast, um dich auf eine Aufgabe vorzubereiten. Dann heisst es: Schlüssel umdrehen, Orgel an, los geht’s, während das Komponieren ja ein sehr langsamer Prozess ist.

Foto: Vinzenz Niedermann

Michael Pelzel

die übergeordneten Überlegungen auf und lasse es jetzt einfach laufen. Man kann die Motivzusammenhänge, Proportionsüberlegungen und all das nicht mehr bewusst und bis ins Letzte kalkulieren. Man muss es einfach machen, und das Beziehungsgeflecht muss sich intuitiv einstellen. Werke für das Musiktheater vertragen einen grösseren Anteil an heterogenem Material als Instrumentalwerke, und man muss als Komponist viel mehr mit Kontrasten arbeiten. Es gibt zeitgenössische Opern, die wie fein durchgearbeitete Ensemblewerke mit hinzugefügten Sängern daherkommen. Ihnen hört man fünfzehn Minuten lang fasziniert zu, aber sie tragen nicht über einen ganzen Abend hinweg. Genau diesen Fehler wollte ich nicht machen. Theatralische Musik fordert einfach starke, kontrastreiche kompositorische Mittel.


Last Call 29

Bist du in einer katholischen Gemeinde aufgewachsen? Ja, die katholische Kirche in Jona ist meine Heimatkirche. Meine Mutter war da immer sehr engagiert. Aber ich bin natürlich nicht nur mit der Kirchenmusik gross geworden, das Klavierrepertoire war für mich ebenso wichtig. Wann bist du von deiner Organistenlaufbahn in Richtung Komposition abgebogen? Ich habe immer schon parallel ein bisschen komponiert. Das hat mit fünfzehn angefangen, mit neunzehn habe ich dann am Gymnasium gemeinsam mit einem Lehrer ein Musical geschrieben über einen Stoff von Stephen King. Das wurde auch aufgeführt, und ich habe es dirigiert. Das war lustig. Danach bin ich an die Musikhochschule in Luzern gegangen, habe Orgel und Klavier studiert. Da hatte ich den Komponisten Dieter Ammann als Tonsatzlehrer und bin durch ihn zum Komponieren gekommen. Spielt die Orgel auch eine Rolle in der Art, wie du komponierst? Eigentlich nein. Vielleicht manchmal beim Denken in Mixturen ein bisschen. Aber es gibt Leute, die mir sagen, meine Musik klinge wie Orgel. Wahrscheinlich sagen die das nur, weil sie wissen, dass ich Orgel spiele. Das Gespräch führte Claus Spahn

N O H C S E I S S S A A D W R E B Ü R E M IM S U A H , N N R E E T P L L O O W N E S S I W U Z E I N R N E E B T A G A W N E G A FR


30 Volker Hagedorn trifft …

Chris Kondek Chris Kondek ist Regisseur der Urauf­ führung von «Last Call». Er war am Opern­ haus Zürich mehrfach als Videodesigner für Sebastian Baumgarten zu erleben, zuletzt bei «Mahagonny». Seit 2004 entwickelt er auch eige­ ne Theaterarbeiten, ei­ nige davon (z.B. «Money: It Came From Outer Space» am HAU in Ber­ lin) wurden vom Goethe-­ Institut aus­ge­zeichnet. 2012 erhielt Chris Kondek gemeinsam mit der Bühnenbildnerin Barbara Ehnes den Theaterpreis «Der Faust» für die Arbeit an Stefan Puchers Produk ­tion «Don Qui­ xote» am Thalia-Theater Hamburg.

Ein Gasbehälter im Stil der holländischen Neorenaissance, kreisrund, unten steinerne Bögen, oben Eisenrippen. Hinter Bäumen ist er verborgen und gar nicht so leicht zu finden, trotz seiner Grösse. Längst ist aus dieser Industrieruine ein Kulturzentrum im Westen von Amsterdam geworden: Probe, Zutritt nur für Eingeweihte. Chris Kondek führt mich im Halbdunkel rasch zu einem Sitz und macht mich leise auf Stockhausens berühmteste Interpretin aufmerksam: «Kathinka Pasveer ist die in der Mitte, die Anweisungen gibt. So, ich muss zurück ins control center.» Er huscht an seinen Platz in der Reihe mit den vielen Laptops, Meister jener Bilder, die auf riesi­gen LED-Screens über der Bühne leuchten. Das gewaltige Rondell aus dem 19. Jahr­ hundert ist wie geschaffen für das Wahnsinnsprojekt, für das Chris Kondek die Videos gestaltet, ehe er zur nächsten Produktion nach Zürich kommt. Alle sieben Tage aus Stockhausens Heptalogie Licht, komprimiert auf siebzehn Stunden. Eine unfassbare Menge Arbeit, auch für den wohl erfahrensten und namhaftesten Video-Designer im Theaterbereich. «Wir arbeiten wahnsinnig schnell, vieles passiert in den Pausen. Hier wird noch etwas für einen Anschluss, dort für einen Lichtwechsel gebraucht, kannst du es grün oder schneller machen? Es ist wie Improvisieren auf einem Instru­ment, aber du musst schon viel Zeug parat haben, um das zu mixen.» Wobei das nicht irgendein Zeug ist. Gerade beim Musiktheater, wo Zeitabläufe in der Partitur festgelegt sind und anders inszeniert und geprobt wird als im Sprechtheater, muss die Konzeption vor­her gemacht werden. «Eine Idee dabei war in diesem Fall Max Ernst, den Stockhau­sen sehr liebte. Also habe ich die Collagetechnik von Ernst mit meiner verbunden, Bilder, die ein bisschen komplizierter sind, verschiedene Levels in sich haben, so wie mittelalterliche Bilder, die hinter dem Dargestellten voller Symbole sind.» Wir unter­halten uns in der Probenpause im Vorzelt. Chris zersäbelt mit dem Holzmesser heiss­hungrig ein Schnitzel, ein mittelgrosser, schlanker Typ mit Brille und Keine-Zeit-zum-Rasieren-Bart, sehr jungenhaft für einen Endfünfziger, und mit der rasanten, lockeren Sprechart der New Yorker. Er wurde an der US-Ostküste gross, in New York und Boston, von wo der Sohn eines Musicalregisseurs nach dem College ins kanadische Montreal zog: «Drei Jahre lang low budget horror movies, als zweiter Kameraassistent. Ich mochte das wirklich!» Er lacht. Danach wollte er in New York Karriere beim Film machen, landete aber, weil ihm das zu langsam ging, in der Wooster Group, einem kleinen Experimentaltheater. «Ich war Techniker, kümmerte mich um das Licht und sollte rauskriegen, wie dieses Videozeug funktioniert. Was wir jetzt machen, war damals unmöglich. Crossfade, Überblenden von zwei Videos, dafür hätten wir Geräte für zwölftausend Dollars gebraucht. Heute machen Kinder das auf ihren Phones!» Er hat sich als Künstler gemeinsam mit der Technik entwickelt. Alles, was er, learning by doing, entdeckte, kam gleich auf die Bühne. Seine Projektionen hatten eine Hellig­keit von neunhundert Lumen, «das ging nur bei totaler Dunkelheit, heute würde man keine Show unter 20.000 machen. Das ist ein Sprung wie von der Kerze zur Gasbeleuchtung. Und jedes Bild, das ich brauchte, war schwer zu finden. Jetzt tippe ich ein paar Suchwörter, und da ist es.» Er sucht dabei bevorzugt nach alten Dokumentarfilmen. «Ich brauche mindestens dreissig Sekunden lange takes für meine Arbeit. Heute wird alle drei Sekunden geschnitten, da wird gar nichts mehr angeschaut.» Einer seiner Funde ist der Kölner Karneval um 1960, schwarzweiss, eine Kapelle mit Narrenkappen spielt, und der Kontrast, die Verbindung zur Musik des Rheinländers Stockhausen ist abgründig. Und was ist mit diesem roten Kreuz, das auf allen vier Screens von oben


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kommt, in der Mitte anhält und genau in der Sekunde, da zwei Klarinettisten einen tiefen Liegeklang erreichen, weiter sinkt? «Das passierte in der Probe. Glücklicher Zufall. Für den Moment fehlte noch etwas. Videos haben eine Art von Energie, die sich mit der Musik verbindet, sogar wenn sie scheinbar gegen die Musik gehen. Eins-zu-eins-Übersetzungen funktionieren sowieso nicht. Feuer zum Beispiel ist im Video nicht heiss und bedrohlich, sondern kalt. Du musst überlegen, wie kriege ich diese Energie zustande.» Er greift nach dem Glas vor sich. «Schon wenn es darum geht, wie Wasser in ein Glas gefüllt wird, ist es ein Unterschied, ob von hier oder von hier gefilmt wird. Das Bild muss das Gefühl davon transportieren, nicht es abbilden. Darum geht es andauernd: Wie kann man etwas nicht so aus­sehen lassen, wie es aussieht. The feeling of an object.» 1999 zog Chris nach Berlin, «for love». Ich wollte nur zwei Jahre bleiben. Aber die Theater waren sehr interessiert an Videoexperimenten, es gab Geld vom Senat, man sagte, der Typ kommt aus New York, der weiss, was läuft. Auf einmal machte das Leben mehr Spass, ich hatte eine grössere Wohnung und viel mehr Arbeit. In New York muss man sich abstrampeln, um einen Job zu kriegen! In Berlin war alles weniger stressig.» Ersten Berliner Produktionen folgte Alibi von Meg Stuart am Schau­spielhaus Zürich, «mein Durchbruch in Europa», er entwarf eigene, schräge Per­formances für das Berliner HAU, über die er in Kontakt mit Sebastian Baumgarten kam. Für dessen Operninszenierungen hat er zahlreiche Videodesigns gemacht, etliche in Zürich, das umstrittenste in Bayreuth: Der Röntgenfilm atmender Lungen zum Tannhäuser-Vorspiel liess die Premierengäste nach Luft schnappen. Aber auch das verband sich mit der Musik. «Ich sehe mich nicht als Videokünstler, sondern als einen, der im Theater arbeitet. Wie die Anschlüsse gehen, wie Dinge erscheinen und verschwinden, der Rhythmus. Ich mache nie narrative movies, damit saugt man die ganze Energie aus dem Saal. Es darf nicht so sein, dass die Zuschauer keine Minute verpassen wollen. Das Video kann rapide wechseln von atmosphärischer Ergänzung zu Infos, es transportiert Erinnerungen … Also arbeite ich mit loops, Licht­ wechseln, Geschwindigkeiten.» Hat sich seine Ästhetik geändert mit den Jahren? «Ich versuche weniger junk zu machen und Bilder mit mehr Kraft. Mit Intensität. Ich erinnere mich an einen Moment bei Peter Brook, ein Schauspieler sass nur da, drei, vier Minuten. Dann …» Chris hebt den Zeigefinger seiner rechten Hand und lässt ihn wieder sinken. «Alle fokussierten sich darauf. So viel Energie in dieser winzigen Geste!» So etwas inspiriert ihn, und Malerei, nicht so sehr die Videokunst in Museen und Ausstellungen. «Meistens quasidokumentarische Videos der Künstler selbst, wäh­rend sie irgendwas tun, schlecht gefilmt, schlecht beleuchtet, vielleicht weil das in einem bestimmten Kontext als persönlicher Ausdruck akzeptiert wird», sagt er mit verhaltenem Spott. «Bei einem guten Maler frage ich mich, wie bringt der es fertig, eine Person auf die Art auf den Stuhl zu setzen mit dem Licht? Nichts passiert, aber du fragst dich dauernd, was denkt die? Aufregend.» Sein Denken in Bildern will er auch als Regisseur der Zürcher Uraufführung von Last Call einsetzen – bei der das Video-Design mal nicht von ihm kommt, sondern von Ruth Stofer. «Sie tut mir jetzt schon leid», sagt er und parodiert gedämpft schreiend einen Regietyrannen: «No, no, not good enough!» Dabei hasst er solche Typen. Und er freut sich auf die apokalyptische Groteske, in der die Elektronik so aus der Kontrolle gerät, dass die Menschen von der Erde fliehen. Nur ein Mann und eine Frau bleiben … «Nahe Zukunft, ein bisschen wie heute, aber eine Drehung weiter.» Ein Stück zur Weltverbesserung? «Nein, unterhaltsam! Vielleicht können wir damit ein bisschen Spass in unsere letzten Tage bringen …» Er lacht leise, dann verschwindet er wieder im magischen Halbdunkel des Kolosseums. Volker Hagedorn


32 Meine Rolle

Nur für Mutige

Annette Schönmüller war am Opernhaus Zürich bereits in der preisgekrönten Urauf­ füh­­rung «Lunea» von Heinz Hol­li­ger zu erleben. Aus­­ser­dem machte sie u.a. als Lilith in der Ur­auf­füh­rung der gleich­ nami­gen Oper von Peter Eötvös beim Festival Wien Modern/Neue Oper Wien und in der Mono­ oper «Das Medium» von Peter Max­well Davies am Theater an der Wien auf sich auf­merk­sam. Sie sang zahl­reiche Urund Erst­auf ­füh­run­gen und war u.a. bei der Münchener und Salz­­bur­ ger Biennale, beim Ca­ rinthischen Sommer und bei den Wiener Fest­ wochen zu Gast.

Eine Uraufführung ist für alle Beteiligten immer eine besondere Herausforderung. Niemand weiss, wie das Stück klingen wird, und natürlich gibt es auch keine Aufnahme, die man sich zur Vorbereitung anhören könnte. Alle sind auf der Suche... Sich darauf einzulassen, braucht Mut. Dass man den Komponisten nach seinen Intentionen und Klangvorstellungen fragen kann, ist dabei eine grosse Chance, die auch mal zur wechsel­ seitigen Belastungsprobe im Ringen um die ideale Umsetzung ausarten kann. Von Michael Pelzel kannte ich schon einige Stücke, die ich im österreichischen Rundfunk im Radio gehört hatte und die mich wegen der Farbigkeit, die er mit wenigen Instru­ menten herstellen kann, sehr beeindruckt haben. Auf eine Uraufführung bereite ich mich zunächst stumm vor. Wenn ich die Noten bekomme – wenn ich sie denn bekomme, denn manchmal kommen die Noten erst, während man schon probt –, dann lese ich erst mal den Text und die Noten und versuche, eine rhythmische Orientierung zu bekommen. Manchmal dauert es zwei Wochen, bis ich den ersten Ton singe. Am liebsten schaue ich dabei in die Partitur, denn oft sind Klänge in der neuen Musik im Klavierauszug gar nicht darstellbar, und manchmal ist es sogar gefährlich, sich auf den Klavierauszug zu verlassen, weil im Orchester plötzlich alles ganz anders klingt und man die Linien, von denen man dachte, dass sie helfen würden, plötzlich gar nicht mehr hört. Besonders gern mag ich hand­ schriftliche Partituren; wenn ich sie lese, kann ich nachvollziehen, wie der Komponist oder die Komponistin gearbeitet hat. Dass ich neben Gesang auch Orgel und Dirigieren studiert habe, hilft mir dabei. Last Call ist für mich von Ligetis Grand Macabre inspiriert: Hier wie dort geht es um den drohenden Weltuntergang. Meine Figur heisst im ersten Akt Frau Hahne­ mann und ist das Abziehbild einer Möchtegern-Intellektuellen, die – zusammen mit anderen Kandidaten – in einer Talkshow ihren Vorschlag zur Rettung der Welt prä­ sentiert. Ihr Vorschlag wird dann gewählt: Die Menschheit soll auf den Planeten Elpisonia gebracht werden, damit die zugemüllte Erde sich erholen kann. Im dritten Teil heisst die Figur Sulamit und hat – ebenso wie Johnny – das Raumschiff nach Elpisonia verpasst. Nun sind sie zu zweit auf der Erde zurückgeblieben und müssen nach dem Kommunikations-Overkill des ersten Teils erst wieder neu lernen, miteinan­der zu sprechen. Fast kommen mir diese beiden vor wie Adam und Eva; ihre Äus­se­rungen haben etwas Vorsprachliches. Wir sind noch mitten im Prozess, wir müssen erst her­ ausfinden, wie und wer diese beiden eigentlich sind. Werden sie ein Liebespaar? Oder sind sie eher wie Geschwister? Oder wie zwei Seiten desselben Menschen? Spezialistin für zeitgenössische Musik zu sein, war nicht unbedingt mein Ziel; es hat sich so ergeben. Zunächst war ich nicht sicher, ob ich Schauspielerin werden sollte, bin dann aber doch Sängerin geworden und habe szenisch besonders heraus­ fordernde Rollen gesucht. So bin ich bei der neuen Musik gelandet. Und weil ich da­mit erfolgreich war, wurde ich schnell in eine Schublade gesteckt. Nun habe ich mich in der zeit­genössischen Musik etabliert und kann von hier aus das romantische Repertoire erobern. Was ist Schönheit im Gesang? Diese Frage beschäftigt mich sehr. Als Sängerin muss ich natürlich den Schönklang beherrschen. Aber das ist für mich nur eine Option unter vielen. Ich würde mir mehr Farben wünschen in der Oper, mehr Mut zum stimmlichen Risiko! Annette Schönmüller

Illustration: FLAG Aubry Broquard

Annette Schönmüller über ihre Rolle in «Last Call»




La forza del destino Unerbittlich klopft das Schicksal an die Tür. In der Oper «La forza del destino» des 50-jährigen Verdi rast alles auf sein katastrophales Ende zu: Alvaro tötet aus Versehen den Vater seiner Geliebten Leonora, worauf ihr Bruder Carlo tödliche Rache nimmt. Weltstar Anja Harteros ist in den ersten drei Vorstellungen als Leonora zu erleben, George Petean singt Carlo, der Tenor Yonghoon Lee ist Alvaro. Generalmusik­direktor Fabio Luisi dirigiert die Philharmonia Zürich.

Fotos: Monika Rittershaus

Wiederaufnahme 30 Jun 2019 Weitere Vorstellungen 4, 7, 10, 13 Jul 2019



Die geniale Stelle 37

Augenblicke der Wahrheit Ein Takt in Wolfgang Amadeus Mozarts «Le nozze di Figaro»

Oft sind es Kleinigkeiten, die verraten, was in einem Menschen vorgeht: ein etwas zu schneller Wimpernschlag, ein kaum wahrnehmbares Zucken im Gesicht, ein winziges Zittern der Stimme. Das sind Ereignisse, die einen Blick in die Tiefe der Seele er­öffnen. Jeder Mensch kann solch klei­ne Abweichungen vom Erwarteten, solche Augenblicke der Wahrheit spüren, aber nur wenige können solche Vorgänge beschreiben. Mozart konnte es, wie man in seinen Opernpartituren sehen kann. Ein besonders schönes Beispiel findet sich im zweiten Finale Le nozze di Figaro. Es ist eine peinliche Situation für den Grafen. Aus dem Ankleidezimmer der Gräfin, das er in blinder Eifersucht hatte aufbrechen wollen, trat zu seiner Überraschung nicht Cherubino, sondern Susanna. Die (nicht weniger überraschte) Gräfin kann für den Augen­blick aufatmen. Der Graf bittet sie um Verzeihung für seinen Wutausbruch, was sie strikt verweigert. Dreimal fleht er: «Schau mich an!» Sie aber bleibt bei ihrer Weigerung und antwortet nur: «Undankbarer!». Musikalisch ist dieser kurze Wortwechsel ein Pendeln zwischen dem Dominantseptakkord, der dem Grafen zugeordnet ist und der Tonika B-Dur, zu der die Gräfin hinführt, womit ihre rigorose Ablehnung plastisch zum Ausdruck gebracht ist. Wäre dieses Wechselspiel konsequent durchgeführt, würde also die Gräfin dreimal auf dieselbe Weise auf dieselbe Bitte antworten, wäre zu dieser Stelle nichts weiter zu sagen. Aber es gibt zwei Unstimmigkeiten, die diese kurze Passage zu einem Meisterwerk subtiler Menschendarstellung machen. Wenn die Gräfin ihrem Mann zum zweiten Mal antwortet, verdunkelt sich der Klang für einen Augenblick auf drastische Weise: Es ist, als würde die Terz des B-DurDreiklangs, den der Hörer erwartet, minimal – um nur einen Halbton – verfehlt, so dass die Harmonie abrupt nach b-Moll wechselt. Auch der Orchesterklang wird um eine Nuance dunkler, indem das Motiv, das die Antworten der Gräfin begleitet, nun nicht mehr von Violinen und Flöte, sondern von Violinen und Fagott gespielt wird. Es ist nur ein einziger Takt, ein winziger Moment der Verunsicherung, danach scheint es weiterzugehen wie bisher, allerdings kommt gleich die zweite Unstimmigkeit: Auf die dritte Bitte des Grafen antwortet die Gräfin nicht mehr, als würde ihr nun die Kraft fehlen, das Spiel fortzusetzen. Dabei schien es doch gerade, als sei die Situation gerettet und die Gräfin würde über ihren cholerischen Mann triumphieren. Doch die Lage ist erheblich komplizierter, darauf verweist der eine Takt in b-Moll: Dass der Graf sie in seiner Wut der Untreue bezichtigte, hat die Gräfin tiefer getroffen, als sie selbst gedacht hätte. Jeder kennt die Überraschung, wenn eine kleine Ver­ände­ rung der eigenen Stimme einem selbst verrät, dass man von einem Geschehen stärker in Mitleidenschaft gezogen ist, als man wusste. Und jeder kennt die Hoffnung, dass die anderen das nicht gemerkt haben, weshalb man es dann vorzieht, zunächst zu schweigen. Genau das widerfährt der Gräfin, und Mozart hat diesen Vorgang so prä­ zise in Musik gesetzt, dass wir tief in ihre verwundete Seele blicken können. Auch sie sieht den Abgrund und erkennt wohl, dass hier Irreversibles geschehen ist. Das verschlägt ihr die Sprache. Für den Bruchteil einer Sekunde enthüllt sich der dunkle Hintergrund, auf dem sich das so unwiderstehlich komische Geschehen zuträgt. Die Komödie, das wusste Mozart sehr genau, ist eine Tragödie, die gerade noch einmal gut ausgeht. So werden Mozarts Komödien zu einem Spiegel des menschlichen Lebens, das eine Folge solcher gerade noch abgewendeten Tragödien ist, die allerdings unauslöschliche Spuren in uns hinterlassen. Werner Hintze



Elektra Evelyn Herlitzius, international gefeiert als «ideale Elektra», ist in den nur drei Vorstellungen von Richard Strauss’ «Elektra» erneut in der Titelpartie zu er­ leben. Waltraud Meier als Klytämnestra, Tamara Wilson als Chrysothemis, Michael Laurenz als Aegisth und Christof Fischesser als Orest singen die weiteren Hauptpartien in dieser Wiederaufnahme der hochge­ lobten Inszenierung von Martin Kušej. Am Pult des riesenhaften Orchesterapparats steht Simone Young, die sich als Wagner- und Strauss-Dirigentin international einen Namen gemacht hat.

Fotos: Judith Schlosser

Wiederaufnahme 7 Jul 2019 Weitere Vorstellungen 11, 14 Jul 2019


40 Fragebogen

Jonathan Stockhammer Aus welcher Welt kommen Sie gerade? Vom Uetliberg, aus Thalwil, vom Adlispass, vom Zürichsee und dem Rigi­ blick... Immer, wenn ich in Zürich arbei­te, finde ich es unglaublich schön hier, ich liebe das Gefühl von Freiheit, das ich hier habe, und tauche voll in diese Welt ein. Professionell gesehen komme ich aus der Welt des Collegium Novum hier in Zürich, das ich häufig dirigiere; gerade haben wir ein Konzert mit Werken von Mischa Käser, Michael Jarrell, Vito Žuraj und Aurealiano Cattaneo gegeben. Worauf freuen Sie sich in der Uraufführung des Musiktheaters Last Call am meisten? Darauf, dass es zum weit entfernten Planeten Elpisonia geht... Nein im Ernst, ich finde unser Ensemble schau­ spielerisch und sängerisch grossartig, und auch menschlich ist es toll mit ihnen. Das, was zurzeit in unseren Pro­ ben entsteht, ist etwas, das niemand voraussagen kann – weder ich, noch der Komponist Michael Pelzel. Jedes Mal kommt etwas Neues. Welches Bildungserlebnis hat Sie besonders geprägt? Da war zum einen der Solo-Trompeter vom Los Angeles Philharmonic Or­ chestra, Thomas Stevens, der mich ein bisschen unter seine Fittiche genommen hat und mir viele Dinge über das Diri­ gieren, aber auch über die Komposition und Konstruktion von Musik erklärt hat. Ich denke immer noch oft an ihn. Ein anderes wichtiges Erlebnis war der Moment, als ich 1994 zum ersten Mal nach Europa kam, um in Italien einen Sprachkurs zu machen. Damals habe ich mich in eine Schweizerin verliebt und ging mit ihr nach St. Gallen. Wenn es diesen Kontakt nicht gegeben hätte, wäre ich als Amerikaner vielleicht nie nach Europa gekommen. Nun fühle ich mich extrem zuhause in Euro­­pa, sowohl privat als auch profes­sionell.

Welches Buch würden Sie niemals weggeben? Ada or Ardor, also Ada oder Das Verlangen von Vladimir Nabokov. Aber es gibt so viele Bücher, die ich sehr liebe, da ist es schwer, nur eines auszuwählen. Welche CD hören Sie immer wieder? Miles Davis, Porgy and Bess. Welchen überflüssigen Gegenstand in Ihrer Wohnung lieben Sie am meisten? Meinen Salamander. Das ist ein speziel­ ler Ofen mit sehr starker Oberhitze. Ein fantastisches Gerät zum Grillen oder Toasten. Mit welchem Künstler oder welcher Künstlerin würden Sie gerne einmal essen gehen? O, da gäbe es viele... Mit Meryl Streep vielleicht. Ich würde gern mit ihr über Schauspielerei und Literatur sprechen. Nennen Sie drei Gründe, warum das Leben schön ist! Weil es so vieles zu erleben gibt auf der Welt; weil man seine Richtung immer verändern kann, egal, ob es die künstle­ ri­sche Richtung ist oder die Lebens­ richtung oder die Denkrichtung; und weil es Farben und Musik gibt.

Jonathan Stockhammer stammt aus Los Angeles. Neben Orchestern wie dem En­semble Modern, dem Collegium Novum Zürich und dem Ensemble Resonanz diri­ gierte er viele Ur- und Erstaufführungen wie zuletzt «Koma» von Georg Friedrich Haas. Seine CD «Greggery Peccary & Other Per­suasions» mit Werken von Frank Zappa, gespielt vom Ensemble Modern, wurde mit einem ECHO Klassik ausgezeichnet.


Kalendarium 41

Juni 2O19 17 Mo Mescolare – Dinner mit Musik

19.00

Spanischer Abend mit dem Internationalen Opernstudio, Restaurant Belcanto, CHF 95

19 Mi Liederabend Thomas Hampson

19.00

Wolfram Rieger, Klavier Lieder-Abo, Misch-Abo C, CHF 60

open space tanz 19.00

Ab 16 Jahren Treffpunkt Billettkasse, Eintritt frei

2O  Do Norma

19.30

Oper von Vincenzo Bellini Donnerstag-Abo B, Preise E

21 Fr Romeo und Julia

19.30

Ballett von Christian Spuck Ballett-Abo Gross, Preise D

oper für alle 19.30

Warm up! Screening der Oper «Werther» auf den Sechseläutenplatz, Vorprogramm ab 18 Uhr, Beginn um 19.30 Uhr, Eintritt frei

22 Sa Unterwegs mit Ohrwurm Squillo 14.30

Führung für 6- bis 9-Jährige und ihre Eltern Treffpunkt Billettkasse, CHF 10

ballett für alle 18.00

Live-Übertragung des Balletts «Romeo und Julia», Vorprogramm ab 18 Uhr, Vorstellungsbeginn um 20 Uhr, Sechseläutenplatz, Eintritt frei

Romeo und Julia 20.00

Ballett von Christian Spuck Preise H, AMAG Volksvorstellung

23 So Brunchkonzert

open space tanz

19.00

Ab 16 Jahren Treffpunkt Billettkasse, Eintritt frei

27 Do Romeo und Julia

19.30

Ballett von Christian Spuck Mittwoch-Abo B, Preise D

28 Fr Le nozze di Figaro

19.00

Oper von Wolfgang Amadeus Mozart Misch-Abo A, Mozart-Abo, Preise E

Last Call Premiere

19.00

Musiktheater von Michael Pelzel Studiobühne, CHF 50

29 Sa Führung Opernhaus 14.00

Treffpunkt Billettkasse, CHF 10

Unterwegs mit Ohrwurm Squillo

14.30

Führung für 6- bis 9-Jährige und ihre Eltern Treffpunkt Billettkasse, CHF 10

Führung Maskenbildnerei 15.30

Treffpunkt Billettkasse, CHF 20

Nabucco

19.00

Oper von Giuseppe Verdi Samstag-Abo, Verdi-Abo, Preise G

3O  So Ballettschule für das Opernhaus Zürich 11.00

Preise H, AMAG Volksvorstellung

La forza del destino

Wiederaufnahme 18.00 Oper von Giuseppe Verdi Sonntag-Abo C, Italienische Oper-Abo, Preise E

Last Call

19.00

Musiktheater von Michael Pelzel Studiobühne, CHF 50

11.15 «Penderecki» Kammerkonzert mit anschliessendem Brunch im Restaurant Belcanto, Spiegelsaal, CHF 60

Juli 2O19

Nabucco Premiere

19.00

24  Mo Lunchkonzert

Di Nabucco 2

19.00

12.00

Oper von Giuseppe Verdi Premieren-Abo A, Preise G

«Penderecki» Kammermusik am Mittag, Spiegelsaal, CHF 20

26 Mi Nabucco 19.00

Oper von Giuseppe Verdi Premieren-Abo B, Preise G

Mo Corelli / Pergolesi / Vivaldi 1

19.00

4. La Scintilla-Konzert Eine frühsinfonische Reise durch Italien Riccardo Minasi, Musikalische Leitung und Violine Orchestra La Scintilla, La Scintilla-Abo, CHF 60

Oper von Giuseppe Verdi Dienstag-Abo C, Preise G

Mi 3  Le nozze di Figaro

19.00

Oper von Wolfgang Amadeus Mozart Mittwoch-Abo A, Preise E


42 Kalendarium Do 4  La forza del destino

19.00

Oper von Giuseppe Verdi Preise E

Last Call 19.00

Musiktheater von Michael Pelzel Studiobühne, CHF 50

Fr 5  Führung Bühnentechnik

16.00

Treffpunkt Billettkasse, CHF 20

Nabucco

19.00

Oper von Giuseppe Verdi Freitag-Abo A, Preise G

La forza del destino

19.00

14 So Beethoven

11.15

18.00

Musiktheater von Michael Pelzel Modern-Abo, Studiobühne, CHF 50

Le nozze di Figaro 19.30

Oper von Wolfgang Amadeus Mozart Gute Laune-Abo, Preise E

So 7  La forza del destino

14.00

Oper von Giuseppe Verdi Sonntag-Abo B, Preise E

Elektra Wiederaufnahme

20.30

Oper von Richard Strauss Deutsche Oper-Abo, Preise E

8 Mo Galakonzert Internationales Opernstudio 19.00

Preise H, AMAG Volksvorstellung

Di Nabucco 9

19.30

Oper von Giuseppe Verdi Dienstag-Abo D, Italienische Oper-Abo, Preise G

1O  La forza del destino Mi

19.00

Oper von Giuseppe Verdi Preise H, AMAG Volksvorstellung

11 Do Elektra 19.00

Oper von Richard Strauss Donnerstag-Abo B, Preise E

12 Fr Nabucco

19.00

Oper von Giuseppe Verdi Freitag-Abo B, Preise G

13 Sa Führung Opernhaus 14.00

Oper von Richard Strauss Preise H, AMAG Volksvorstellung

Wir wünschen eine schöne Sommerpause

Preise H, AMAG Volksvorstellung

Last Call

19.00

6. Philharmonisches Konzert Fabio Luisi, Musikalische Leitung Beatrice Rana, Klavier; Philharmonia Zürich Konzert-Abo, Preise P

Elektra

Sa 6  Tanz Akademie Zürich / fussspuren XV

11.00

Oper von Giuseppe Verdi Misch-Abo C, Verdi-Abo, Preise E

Treffpunkt Billettkasse, CHF 10

September 2O19 Verkauf ab 22. Juni 2019 Mi open space tanz 4

19.00

Wöchentlicher Tanz-Workshop Treffpunkt Billettkasse, Eintritt frei

So 8  Einführungsmatinee

11.15

«Die Sache Makropulos»

Bernhard Theater, CHF 10

11 Mi open space tanz

19.00

Wöchentlicher Tanz-Workshop Treffpunkt Billettkasse, Eintritt frei

18 Mi open space tanz

19.00

Wöchentlicher Tanz-Workshop Treffpunkt Billettkasse, Eintritt frei

21 Sa Eröffnungsfest der Spielzeit 2019/20 10.00

Opernhaus

Konrad oder Das Kind aus der Konservenbüchse

13.00 Wiederaufnahme Musiktheater von Gisbert Näther für Kinder ab 7 Jahren im Rahmen des Eröffnungsfestes Studiobühne, Eintritt frei

Konrad oder Das Kind aus der Konservenbüchse

15.00

Musiktheater von Gisbert Näther für Kinder ab 7 Jahren im Rahmen des Eröffnungsfestes Studiobühne, Eintritt frei


43

22 So Einführungsmatinee

11.15

«Das Mädchen mit den Schwefelhölzern»

Bernhard Theater, CHF 10

Konrad oder Das Kind aus der Konservenbüchse

Konrad oder Das Kind aus der Konservenbüchse

15.00 Musiktheater von Gisbert Näther für Kinder ab 7 Jahren Studiobühne, CHF 30

Musikgeschichten «Der Freischütz»

15.00 Musiktheater von Gisbert Näther für Kinder ab 7 Jahren Studiobühne, CHF 30

Die Sache Makropulos Premiere

19.00

Oper von Leoš Janáček Premieren-Abo A, Preise F

15.30

Für 6- bis 9-Jährige und ihre Eltern Treffpunkt Billettkasse, CHF 15

La traviata

20.00

Oper von Giuseppe Verdi Preise H, AMAG Volksvorstellung

23 Mo Liederabend Angela Gheorghiu

19.00

Jeff Cohen, Klavier Lieder-Abo, CHF 60

24 Di Nabucco Wiederaufnahme

19.00

Oper von Giuseppe Verdi Dienstag-Abo B, Misch-Abo C, Verdi-Abo, Preise E

25 Mi Die Sache Makropulos

19.00 Oper von Leoš Janáček, Premieren-Abo B, Preise E

Das Opernhaus Zürich für Kurzentschlossene: Am Opernhaustag erhalten Sie 50% Ermässigung für die gleichentags stattfindende und gekennzeichnete Vorstellung. www.opernhaus.ch/opernhaustag Unterstützt von Swiss Re

Die Werkeinführung findet jeweils 45 Min. vor der Hauptbühnen-Vorstellung bzw. den Philharmonischen Konzerten statt.

open space tanz

19.00

Wöchentlicher Tanz-Workshop Treffpunkt Billettkasse, Eintritt frei FR– SO

26 Do La traviata Wiederaufnahme 19.00

Rychenbergpark Winterthur

Oper von Giuseppe Verdi Donnerstag-Abo A, Preise E

CLASSIC OPENAIR 2019

27 Fr Nabucco

20.00

05.– 07. JUL 2019

Oper von Giuseppe Verdi Italienische Oper-Abo Preise H, AMAG Volksvorstellung

28 Sa Konrad oder Das Kind aus der Konservenbüchse

15.00 Musiktheater von Gisbert Näther für Kinder ab 7 Jahren Studiobühne, CHF 30

Musikgeschichten «Der Freischütz»

15.30

Für 6- bis 9-Jährige und ihre Eltern Treffpunkt Billettkasse, CHF 15

19.00

Die Sache Makropulos

Oper von Leoš Janáček Samstag-Abo, Misch-Abo B, Preise E

29 So Der Freischütz Wiederaufnahme

CLASSIC OPENAIR

14.00 Oper von Carl Maria von Weber Sonntag-Abo B, Preise E

classicopenair.ch

Drei Konzerte im Rychenbergpark Winterthur mit Khatia Buniatishvili, Maurice Steger und weiteren Gästen


44 Beni Bischof erklärt …

Wenn es zum Schmiss kommt, ist in der Oper die Katastrophe da: Der Dirigent muss mitten im Stück abbrechen und einen neuen gemeinsamen Einsatz geben, weil etwas gründlich schief gelaufen ist in der Abstimmung zwischen Bühne und dem Orchestergraben, innerhalb der einzelnen Orchestergruppen oder bei den Einsätzen der Sänger. Fehler können in der Musik immer passieren, denn sie wird von Menschen gemacht. Allerdings ist «das Schmeissen» ein Malheur der gröberen Sorte. Ein Alptraum für jeden Dirigenten, der aber an einem guten Opernhaus so gut wie nie vorkommt.

Illustration: Beni Bischof

Der Schmiss


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Intendant Andreas Homoki Generalmusikdirektor Fabio Luisi Ballettdirektor Christian Spuck Verantwortlich Claus Spahn Sabine Turner Redaktion Beate Breidenbach Kathrin Brunner Fabio Dietsche Michael Küster Claus Spahn Gestaltung Carole Bolli Fotografie Danielle Liniger Florian Kalotay Bildredaktion Christian Güntlisberger Anzeigen Michael Mix Schriftkonzept und Logo Studio Geissbühler Druck Multicolor Print AG Illustrationen Anita Allemann FLAG Aubry Broquard Beni Bischof

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