ÖTK Klubmagazin 4/2012

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nr.4/2012

reportage

Auf der Suche nach dem Ziel

Foto: wikipedia

Eine Möglichkeit: die prominentesten Gipfel sammeln! Viele Bergsportler kommen irgendwann in ihrer „Karriere“ an den Punkt, an dem sie sich feste Ziele suchen. Klare, ambitionierte Ziele zu haben, motiviert, hält bei der Sache und bereitet eine außerordentliche Befriedigung, wenn man sie eines Tages tatsächlich erreicht.

Fotos: www.matrashaus.at

Der höchste Berg Europas? Auf jeden Fall mit einer Prominenz von 4695 m ein Ultra: der Mont Blanc

Steht auf keinem 3000er, dafür am sechstprominentesten Berg der Alpen: Das Matrashaus des ÖTK am Hochkönig

Man kann sich vornehmen, in Etappen einen Fernwanderweg zu begehen, einen zuerst unerreichbar scheinenden Berg zu schaffen, oder man beginnt, Gipfel zu sammeln. Bei letzterer Zielsetzung kann wieder nach verschiedenen Kriterien vorgegangen werden: Beliebt sind hierzulande z. B. die höchsten Punkte der neun Bundesländer Österreichs, die höchsten Berge der sieben Kontinente – international bekannt als die Seven Summits –, das Sammeln aller Alpen-4000er oder auch das Abhaken aller 8000er der Welt, ein Ziel, das nur wenige auserwählte Bergsteiger verfolgen dürfen.

für die absolute Gipfelhöhe meist ein Blick in die Wikipedia genügt, ist der tiefste Punkt zwischen zwei Bergen oft gar nicht leicht zu bestimmen. So kann man z. B. auf www. viewfinderpanoramas.org/prominence.html die Prominenzen der Berge und Hügel Großbritanniens bis auf 30 m genau nachlesen, während für viele asiatische Länder gerade einmal die sogenannten Ultras, Berge mit mindestens 1500 m Prominenz, erfasst sind. Andere empfehlenswerte Webseiten zum Thema sind www.peaklist.org und www.ii.uib.no/~petter/mountains.html .

Ich persönlich habe das Sammeln der Berge Europas mit mindestens 1000 m Prominenz, die erstmals auf www. gunungbagging.com als „Ribus“ einen eigenen Namen erhalten haben, zum bergsteigerischen Lebensziel gemacht. Die Katalogisierung ist noch nicht abgeschlossen (siehe www.lischanahuette.ch/NZ/ribu.htm!), aber am Ende werden wohl ca. 600 Gipfel die Liste füllen. In Österreich allein schaffen es jedenfalls 56 Berge in die Ribu-Klasse (im Vergleich zu nur 13 Ultras).

Die Weltmeister im Erstellen von Berglisten sind in Großbritannien zu Hause. Vor bald 100 Jahren hat dort John Rooke Corbett begonnen, Gipfel nicht nach ihrer absoluten, sondern nach ihrer relativen Höhe bzw. „Schartenhöhe“ oder „Prominenz“ zu sammeln. Der Vorteil dieser Vorgehensweise: Die potentiellen Tourenziele sind plötzlich immer völlig frei stehende, majestätische Berge, die ganz unterschiedlich hoch und ganz verschieden in ihrer alpinistischen Schwierigkeit sind. Der prominenteste Berg Österreichs z. B. ist zugleich sein höchster, der Großglockner, mit 3798 m absoluter und 2428 m relativer Höhe. Während aber der zehnthöchste Österreicher, das Rainerhorn, ein unbedeutender Nebengipfel des Großvenedigers ist, steht mit dem Ellmauer Halt (2344 m, 1551 m Prom.) im Wilden Kaiser ein viel würdigeres Tourenziel an 10. Stelle der Prominenzliste Österreichs.

Nun sind seit einigen Jahren einige, wieder vor allem britische Bergbegeisterte dabei, für ein Land nach dem anderen die prominentesten Gipfel auszurechnen. Während nämlich

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Foto: NZ

Allerdings: Die neun Bundesländer-Höhepunkte sind in 1–2 Jahren zu schaffen, die Seven Summits ein sehr teures Projekt, und wer alle Alpen-4000er besteigen will, muss sich mit der Frage herumschlagen, ob Gipfelchen wie das Nordend mit seinen 94 m Schartenhöhe unbedingt extra bestiegen werden müssen oder eh „zu wenig Berg“ für die Aufnahme in die 4000er-Liste sind.

Mit 1002 m Prominenz gerade noch ein Ribu: die Hora Blyznycja, ein abenteuerliches Tourenziel in den ukrainischen Karpaten

Doch auch hierzulande kaum bekannte, nichtsdestoweniger aber wunderschöne Gebirge geraten so plötzlich in den Fokus: So waren z. B. die Wintertour auf den Monte Amaro (2793 m; 1810 m Prom.) in den mittelitalienischen Abruzzen oder das Bergabenteuer an der Maja e Jezercës in Albanien (2694 m; 2036 m Prom.) unvergesslich schöne Touren, die man ohne das Ziel, die Ribus Europas zu sammeln, wohl kaum je unternehmen würde. Nikolaus Zulinski


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