8 minute read

Wenn das Herz auf die Nieren schlägt

Therapieziel: Teufelskreis durchbrechen Wenn das Herz auf die Nieren schlägt

Schon vor Jahrtausenden erkannten die Menschen, dass Herz und Nieren in enger Verbindung stehen. Die Redewendung „auf Herz und Nieren prüfen“ hat den Weg aus der Bibel in unsere Alltagssprache gefunden und wird benutzt, wenn etwas von allen Seiten beleuchtet werden und kein Aspekt vernachlässigt werden soll.

Advertisement

Dies spiegelt auch die Situation im menschlichen Körper treffend wider: Weder Herz noch Nieren dürfen vernachlässigt werden. Beide Organsysteme müssen als gleichberechtigte Partner zusammenarbeiten, damit der Körper gesund und leistungsfähig bleibt: Das Herz, die „Pumpe“ des Blutkreislaufs, sorgt dafür, dass ausreichend Blut in die Nieren hinein-, aber auch wieder hinausfließt. Die Nieren wiederum entfernen überschüssige Flüssigkeit aus dem Körper, um eine Überlastung des Herzens durch ein Zuviel an Wasser zu vermeiden. Gleichzeitig halten die Nieren die Blutsalze im Gleichgewicht und sorgen für eine Entsäuerung des Blutes – erforderliche Voraussetzungen, damit das Herz ungestört arbeiten kann.

Wassereinlagerungen, Luftnot, Leistungsabfall

kulieren zu lassen, spricht man von einer Herzinsuffizienz: Das Blut staut sich vor dem Herzen und es kommt zu einem Rückstau in die Nieren. Nun werden die Nieren in ihrer Funktion beeinträchtigt: Das in den Nieren „gewaschene“ Blut kann nicht mehr abtransportiert, „ungewaschenes“ Blut nicht mehr von Giftstoffen gereinigt und überschüssige Flüssigkeit nicht mehr ausgeschieden werden. Dadurch entwickelt sich ein Teufelskreis: Das Herz wird durch die zusätzliche Flüssigkeit noch stärker belastet, der Rückstau in die Nieren verschärft sich und schränkt die Nierenfunktion noch weiter ein. Als Symptome treten nun Wassereinlagerungen („Ödeme“) vor allem in den Beinen auf. Luftnot kann hinzukommen. Die Leistungsfähigkeit nimmt stark ab, jede kleinste Anstrengung kann zur Qual werden. Man spricht von einer „akuten Dekompensation“ der Herzschwäche.

Den Teufelskreis durchbrechen

Die Behandlung in einer solchen Situation zielt nun darauf ab, den Teufelskreis zu durchbrechen: Durch den Einsatz wassertreibender Medikamente („Diuretika“) werden die Nieren zur Ausscheidung von mehr Wasser angeregt. Andere Arzneimittel helfen dabei, das Herz zu entlasten. Je nach Schwere der Symptome muss die Behandlung einer akut dekompensierten Herzschwäche im Krankenhaus erfolgen. Durch Therapie gelingt es im Regelfall, das Herz und damit auch die Nieren zu entlasten und so die Beschwerden (Wassereinlagerungen, Luftnot) in den Griff zu bekommen. Die Herzinsuffizienz ist jedoch zumeist eine chronische Erkrankung, so dass es zu wiederholten Dekompensationen der Herzschwäche kommen kann. Wiederholte Krankenhausbehandlungen – oft mehrere in wenigen Monaten – können die Folge sein. Auch sprechen die Nieren oft im Verlauf der Erkrankung immer schlechter auf die Wassermittel an, so dass die Dosis der Arzneimittel immer weiter gesteigert werden muss. Im schlechtesten Fall vertragen die Nieren die Medikamente so schlecht, dass die Nieren durch die Wassermittel geschädigt werden. Dann können die Medikamente nicht weiter eingesetzt werden.

Schonende Bauchfell-Dialyse daheim als Ultima Ratio

Wenn Wassermittel Herz und Nieren nicht mehr entlasten können, kann die überschüssige Flüssigkeit durch eine Blutwäsche – eine Dialyse – aus dem Körper entfernt werden. Aufgrund der Herzschwäche ist es besonders wichtig, ein möglichst schonendes Verfahren einzusetzen. Hier hat sich in den letzten Jahren die sogenannte Bauchfelldialyse („Peritonealdialyse“) etabliert. Über einen in die Bauchhöhle eingesetzten Plastikschlauch („Katheter“) wird eine Dialyseflüssigkeit in den Bauch eingelassen. Die Dialyselösung „zieht“ nun langsam und schonend die überschüssige Flüssigkeit aus kleinsten Blutgefäßen im Bauchfell in die Bauchhöhle. Von dort werden Dialyselösung und die dem Körper entzogene Flüssigkeit über den Katheter abgelassen. Diese Behandlung kann grundsätzlich selbstständig durch die Patientin / den Patienten selbst zuhause durchgeführt werden. Während die Dialyseflüssigkeit im Bauch verweilt, kann man sich frei bewegen. Eine andere Möglichkeit besteht darin, dass die Behandlung über Nacht durchgeführt wird, der Tag somit frei bleibt. Unter regelmäßiger Dialysebehandlung kommt es erfahrungsgemäß nach einigen Tagen bis Wochen zu einer merklichen Entlastung des Herzens und der Nieren. Beschwerden wie Wassereinlagerungen und Luftnot gehen zurück, die Leistungsfähigkeit steigt. Krankenhausbehandlungen können vermieden werden. Medikamente greifen oft wieder besser. Langfristig kann sich im Idealfall das Herz erholen, so dass die Dialyse mitunter auch nach einiger Zeit wieder beendet werden kann. Die Peritonealdialyse ist zudem ein Verfahren, das auch im höheren Alter eingesetzt werden kann. So haben wir in unserem Zentrum z.B. einen 84-jähriger Patient betreut, der wegen Luftnot und verminderter Leistungsfähigkeit bei Herzschwäche bereits mehrfach im Krankenhaus behandelt werden musste. Nach umfangreicher Schulung durch das Bauchfelldialyse-Team führte der Patient schließlich – unterstützt von seiner Ehefrau – zuhause eine Peritoenaldialyse durch. Nach kurzer Zeit konnte er wieder am Rollator im Dorf Spazierengehen, auch Skat spielen war wieder möglich. Nach sechs Jahren Bauchfelldialyse konnte er schließlich auch seinen 90. Geburtstag feiern. Abschließend muss betont werden, dass die Dialyse natürlich erst zum Einsatz kommen sollte, wenn eine medikamentöse Behandlung nach sorgfältiger Bewertung der Erkrankung nicht mehr ausreicht. Oder biblisch formuliert: Erst „auf Herz und Nieren prüfen“! Unser Experte

Dr. Christoph Scheurle

Facharzt für Innere Medizin & Nephrologie Hypertensiologe DHL

MVZ Nephrocare Münster

Nephrocare Münster Medizinisches Versorgungszentrum für Nieren- und Hochdruckerkrankungen

Um maximale Lebensqualität – besonders bei chronischen Erkrankungen – zu erreichen, bedarf es bester medizinischer Versorgung. Die haben sich die Spezialisten von Nephrocare Münster auf die Fahnen geschrieben. An zwei Standorten in der Stadt bieten sie Diagnostik, Beratung, Nierenersatztherapie, Ultraschall, therapeutische Apherese und Reopherese sowie eine Transplantationssprechstunde.

Praxisteam: v.l.n.r. Dr. med. Daniela Rammrath, Dr. med. Thomas Pöppelmann, Dr. med. Christoph Scheurle & Kirsten Bonke

Zur Diagnostik gehören die Untersuchung von Blut und Urin. Im Bereich Ultraschall wird zudem eine FarbdopplerSonographie angeboten, bei der die Richtung des Blutflusses in Bezug auf den Schallkopf farblich in Rot oder Blau dargestellt wird. Somit kann u. a. der Blutfluss in Arterien und Venen unterschieden werden, um etwaige Durchblutungsstörungen feststellen zu können. Auch eine 24-Stunden-Blutdruckmessung sowie eine Blutgasanalyse können durchgeführt werden. Ein besonderes Augenmerk richten die Fachärzte auf die Beratung, denn für Patienten mit Nierenleiden, Fettstoffwechselstörungen, Bluthochdruck, Diabetes mellitus, Nierensteinerkrankungen oder Gicht ist Ernährung ein ganz wichtiges Thema. Das Therapieangebot umfasst Hämodialyse (Blutwäsche), Hämofiltration und -diafiltration, Peritonealdialyse (Bauchfelldialyse) in allen Formen (CAPD, APD, IPD), Heimdialyse und die Dialyse auch für Hepatitis B und C. Im Vorfeld einer Nieren- und Bauchspeicheldrüsentransplantation klären die Spezialisten des medizinischen Versorgungszentrums für Nieren- und Hochdruckerkrankungen auf, bereiten diese vor und übernehmen auch die so wichtige Nachsorge. 

Nephrocare Münster

Hohenzollernring 70, 48145 Münster, Tel. 0251-981270 Loerstr. 19, 48143 Münster, Tel. 0251-8469260

www.dialyse-muenster.de

Digitale Medizin Alltag statt Science Fiction

Viele Innovationen im medizinischen Bereich helfen, die Gesundheitsversorgung immer weiter zu verbessern. Die Telemedizin hat durch die Corona-Pandemie einen ordentlichen Schub erhalten. Das Sammeln, Systematisieren und Auswerten großer Datenmengen – wie zum Beispiel zu einer bestimmten Erkrankung – sorgen für frühzeitigere, gesicherte Diagnosen und im nächsten Schritt gezielte Therapiemöglichkeiten. Big Data und KI sind längst im Einsatz. Wie auch Roboter am OP-Tisch.

Roboter im OP

Das klingt nach Science-Fiction – ist es vielleicht auch ein bisschen. Bei Operationen geht ein Roboter den erfahrenen Operateuren zur Hand. Das ist keine Zukunftsmusik, sondern in vielen deutschen Kliniken bereits Alltag. Auch in der Uniklinik Münster kommt der Da-Vinci-Roboter zum Einsatz. Der Roboter operiert natürlich nicht selbstständig, dafür ist nach wie vor der Chirurg zuständig, der im OP mittels einer Steuerkonsole die Arme von Da Vinci lenkt. Der große Vorteil ist, dass durch die dreidimensionale Kamera und die Lichttechnik ein vergrößertes 3D-Bild des Operationsfeldes entsteht, auf dem selbst feine Strukturen wie Nerven und Gefäße erkennbar sind. Die Arme des Roboters weisen sieben voneinander unabhängige Bewegungsmöglichkeiten auf und sind ganz genau justiert. Ein großer Vorteil ist, dass der Roboterarm nicht ermüdet – auch wenn eine minimal-invasive Operation mehrere Stunden dauert. Vorteil für Patienten: Eine OP mit Da Vinci-Robotik führt im Allgemeinen zu einem schnelleren Heilungsprozess, der Blutverlust ist in der Regel geringer, die Wunden heilen schneller und äußerliche Schnittwunden sind maximal zwei Zentimeter groß.

Diagnose digital

Auch bei der Diagnose helfen neue Technologien. Zum Beispiel bei einem EKG, bei dem viele Daten gesammelt und ausgewertet werden müssen. Komplexe Datenbanken unterstützen generell dabei, Symptome konkreter Fälle besser und schneller einordnen zu können. Für Mediziner und Patienten ist die schnelle Verfügbarkeit, Sammlung und Einordnung solcher Daten ein Segen. Das fängt im Kleinen an: Früher z.B. wurde ein EKG geschrieben, ausgedruckt und in einem Ordner abgeheftet. In einer modernen Praxis wird das EKG heute digital hinterlegt

Bei aller Digitalisierung in der Medizin: Ohne die Kompetenz und Erfahrung der Ärzteschaft nützt die schönste Technik nichts. Und das wiederum ist zutiefst menschlich und hat wenig mit Science-Fiction zu tun. und der behandelnde Arzt kann es zu jeder Tages- und Nachtzeit von jedem Ort aus abrufen. Dasselbe gilt für bildgebende Diagnoseverfahren, wie Röntgenbilder. Das erleichtert und beschleunigt den Austausch zwischen verschiedenen Fach- und Hausärzten, die einen Patienten behandeln. Ebenso die Kommunikation zwischen Krankenhaus, Haus- und Fachärzten, wenn nach einem Klinikaufenthalt die Weiterbehandlung des Patienten ansteht. Auch digitalisierte Medikamentenpläne sind eine sinnvolle Sache. Insbesondere bei älteren Menschen, die viele unterschiedliche Mittel einnehmen, um negative Wechselwirkungen auszuschließen.

Elektronische Patientenakte für alle

Seit dem 1. Januar 2021 können alle gesetzlich Versicherten ihre elektronische Patientenakte (ePA) von ihrer Krankenkasse erhalten, in der medizinische Befunde und Informationen aus Untersuchungen und Behandlungen über Praxis- und Krankenhausgrenzen hinweg umfassend gespeichert werden können. Theoretisch kann man den Zugriff auf diese Patienten-Akte auch seinem Arzt gestatten.

Remote Medizin

Virtuelle Sprechstunden per Video-Telefonat sind spätestens seit Corona keine Zukunftsmusik mehr. Messgeräte wie Dauer-EKGs, die der Patient zu Hause anlegt und die aus der Praxis fernüberwacht werden, sind ebenfalls längst üblich und hilfreich. Gerade in ländlichen Regionen und bei zunehmendem Fachärztemangel dürfte die Telemedizin künftig noch weiter an Relevanz gewinnen. In manchen ländlichen Regionen scheitert dies allerdings noch immer an mangelnder Infrastruktur und auch der Datenschutz muss angemessen berücksichtigt werden. 

Dein Wohlfühl Yoga Studio in Münster

Gutschein über 5€