Holzbulletin 99/2011

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Neubau Ennigerbrücke bei Malters Die alte, gedeckte Holzbrücke über die Kleine Emme in Ennigen wurde nach hundert­ jährigem Bestehen Ende August 2005 von Hochwasser und Schwemmholz mitgerissen. In einer Vorprojektstudie wurde als Ersatz eine gedeckte Holzbrücke nach den Anforde­ rungen des Bauherrn entwickelt. Das Bau­ werk mit grossem Vordach auf der Ostseite garantiert optimalen Witterungsschutz und damit geringen Unterhalt und hohe Dau­ erhaftigkeit. 2006 wurde die erste Baueingabe mit einer Brücke von 34 m gemacht, welche beidseitig auf die bestehenden Widerlager gesetzt worden wäre. Im Rahmen der Hochwasser­ sanierung der kleinen Emme wurde dann entschieden, das Flussprofil von 34 m auf 42 m auszuweiten. Entsprechend wurde das linke Brückenwiderlager nur angepasst, das rechte hingegen gänzlich neu erstellt. Die neue Ennigerbrücke, die höher gesetzt ist als ihre Vorgängerin, ist als einspurige, frei gespannte Strassenbrücke für Fahrzeuge mit einem Gesamtgewicht bis 28 Tonnen konzi­ piert. Mit einer nutzbaren Breite von 3,5 m und einer Durchgangshöhe von 3,8 m erfüllt die gedeckte Holzbrücke die Ansprüche, die unter anderem aus der landwirtschaft­ lichen Verkehrsnutzung resultieren.

Zwei seitlich der Fahrbahn angeordnete Fach­werke überspannen nun die rund 42 m zwi­schen den Widerlagern. Stahlprofile HEB360 bilden jeweils die Untergurte, die Obergurte und die Diagonalstäbe sind in Brettschichtholz ausgeführt. Für die Ver­ bindungen der Fachwerkstäbe mit den Gurten kamen überall Schlitzbleche mit Stab­ dübeln zum Einsatz. Die 300 mm dicke Fahrbahnplatte aus grossformatigen Mehr­ schichtholzplatten trägt quer zur Fahrtrichtung und ist mit den Fachwerkunter­gurten torsionssteif verschraubt. Darüber sind eine Dichtungsbahn sowie zwei Lagen Gussasphalt aufgebracht. Die gesamte Konstruktion ist in der Mitte um knapp 500 mm überhöht. Horizontal ausge­ steift ist die Ennigerbrücke über die Dachschei­ be. Diese leitet Horizontallasten über die bei­ den freistehenden Betonpfeiler direkt in die Widerlager ein. Zudem werden Anfahrts- und Bremskräfte auf Ebene der Fahrbahn über Stahleinlagen in die Widerlager abgetragen. Die neue Ennigerbrücke reagiert mit ihrem formalen Erscheinungsbild auf den speziellen Ort und auf die Funktionalität einer Schwer­ lastbrücke. Die offene, grösstenteils unbe­­ kleidete Ostseite ermöglicht einen einmaligen Ausblick in die unverbaute Landschaft zum Pilatus hin. Die bekleidete Westseite bildet den

Abschluss zum relativ stark bewachsenen Ufer des Oberlaufes der Kleinen Emme und dem verbauten Gebiet mit Industriecharakter. In der somit einseitig offenen und auf der gegen­ überliegenden Seite quasi geschlossenen Brü­ cke fühlen sich die Benutzer nicht eingeengt. Dieses subjektiv positive Empfinden ist bei Dämmerung und Dunkelheit nicht zu unter­ schätzen. Die Brücke liegt zwar als Balken über der Landschaft, sie wirkt jedoch dank der offenen, gezahnt angebrachten Lamellenbe­ kleidung transparent; das Bild der unverbauten Natur schimmert durch. Die markanten, ein­ seitigen, bis zum Dach hochgehenden Beton­ stützen machen den Widerstand sichtbar, den die Brücke Hochwasser und Schwemm­ holz entgegenbringen muss.

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