Holzbulletin 116/2015

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Holzbulletin 116/2015 Öffentliche Bauten Bibliothek, Ludothek und Verwaltung, Spiez Neubau Kompetenzzentrum des BBZ Arenenberg, Salenstein Konferenzgebäude WIPO, Genf Doppelturnhalle mit Mehrzwecknutzung, Brienz Dorf Umbau Mehrzweckgebäude, Künten Kopfbau Chliriethalle und neuer Gemeindesaal, Oberglatt

Der neue Kopfbau der Chliriethalle in Oberglatt entspricht funktional und atmosphärisch heutigen Anforderungen. Architektur: Frei + Saarinen Architekten GmbH, Zürich


Überraschend – vorbildlich – möglich

Verwaltungsgebäude des Bundesamtes für Raumentwicklung ARE, Ittigen (2013) Auszeichnung mit dem ‹Herkunftszeichen Schweizer Holz› (95 % Gesamtobjekt Schweizer Holz, Tragkonstruktion 100 % Schweizer Holz, Label-Vorgabe mind. 80%) Bauherrschaft: Bundesamt für Bauten und Logistik BBL, Bern Architektur und Generalplaner: Mischa Badertscher Architekten AG, Zürich Fotograf: Fotografie Markus Beyeler sbf, Hinterkappelen Quelle: Holzbulletin 110/2014

Gebäude haben aufgrund ihrer hohen Lebensdauer im Verhältnis zu anderen Gütern eine lange Präsenz in der Gesellschaft. Entsprechend wichtig ist ihre zukunftsfähige, in bestem Sinne nachhaltige Planung. Dies gilt um so mehr, je mehr ein Bauwerk im Auftrag der Öffentlichkeit erstellt wird und im Betrieb in deren Dienst steht. Baut die öffentliche Hand, hat ihr Tun stets Vorbildcharakter. Denn Nachhaltigkeit ist zumindest für den Bund und die Kantone von der Verfassung her seit 1999 ein Imperativ. Diese hält mit dem Artikel 73 fest: ‹Bund und Kantone streben ein auf Dauer ausgewogenes Verhältnis zwischen der Natur und ihrer Erneuerungsfähigkeit einerseits und ihrer Beanspruchung durch den Menschen anderseits an.› Die aktuelle Strategie Nachhaltige Entwicklung 2012–2015 des Bundes wird partnerschaftlich mit Kantonen, Gemeinden, der Schweizer Wirtschaft sowie privaten Organisationen und Verbänden umgesetzt. Das Bundesamt für Raumentwicklung ARE unterstützt als zentrale Koordinationsstelle den Prozess. Unter anderem auferlegt sich der Bund die Massnahme ‹Nachhaltiges Bauen› und stellt an sich selber den Anspruch, ‹Bauleistungen und Bauwerke, die über ihren gesamten Lebensweg sehr hohen wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Anforderungen genügen, zu beschaffen›. Erwartet wird, dass hiesige Bauten damit ressourcen- und energieeffizienter werden. Wald und Holz tragen wesentlich zur Erfüllung dieser berechtigten Erwartung bei. Der nachwachsende Rohstoff Holz wird energiearm gewonnen und verarbeitet und wirkt als natürlicher CO2-Speicher. Indem Holz Materialien substituieren kann, deren Herstellung mit hohem Energieaufwand gekoppelt ist, entlastet es das Klima gleich doppelt. Am markantesten fällt dieser Effekt aus, wenn der Rohstoff nicht weit transportiert wird, wenn er sich also den Startvorteil ge­ringer grauer Energie bis zur Anwendung am Bau optimal erhält. Die Nutzung lokaler Ressourcen und Kreisläufe erscheint unter diesem Aspekt als besonders vorteilhaft. Dieser Tatsache trägt die Lignum Rechnung, indem sie die Objektauszeichnung mit dem ‹Herkunftszeichen Schweizer Holz› HSH anbietet. Sie kann verliehen werden, wenn entweder Konstruktion oder Fassade eines Baus oder aber das gesamte Bauwerk mit dem besonders nachhaltigen, weil wenig transportintensiven und unter einem strengen, international als führend anerkannten Waldgesetz gewonnenen Holz aus Schweizer Wäldern realisiert worden sind. Vorgabe ist, dass in der betreffenden Kategorie nachweislich mindestens 80 % Holz aus Schweizer Herkunft eingesetzt worden sind. Das in Sachen Nachhaltig-

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keit federführende Amt des Bundes geht mit gutem Beispiel voran: Das illustriert der Neubau des ARE in Ittigen (Bild), der bereits im Holzbulletin 110 vorgestellt worden ist. Die Redaktion des Holzbulletins wird künftig bei allen Bauten, die eine Objektauszeichnung mit dem ‹Herkunftszeichen Schweizer Holz› in einer der drei genannten Kategorien erhalten haben, diese Tatsache erwähnen, um die damit verbundene besondere Leistung zu würdigen. Explizit festgehalten sei, dass damit kein Werturteil über Projekte abgegeben wird, welche nicht in dem hohen Mass auf Rohstoff aus der Schweiz setzen, wie es die Auszeichnung mit dem Herkunftszeichen erfordert. Denn Fakt ist: Holz ist und bleibt unter den Voraussetzungen, unter denen es im hiesigen Baumarkt beschafft wird, per se die nachhaltigere Alternative.

Roland Brunner Technische Kommunikation Lignum


Bibliothek, Ludothek und Verwaltung, Spiez Der sorgfältig gestaltete zweigeschossige Holzbau stellt eine Verbindung zwischen der Schulanlage und der Gemeindeverwaltung her. Er besteht aufgrund der Vorgabe der Bauherrschaft fast vollständig aus Holz, das aus Schweizer Wäldern stammt. Daher hat die Einwohnergemeinde Spiez als Bauherrin das ‹Herkunftszeichen Schweizer Holz› für das kommunale Neubauprojekt erhalten. Für die neue Regionalbibliothek und Ludothek der Stadt Spiez war 2010 ein zweistufiger Projektwettbewerb durchgeführt worden. Mit dem 1. Rang ging der Projektvorschlag ‹Buchwert› in die Realisierung. Städtebaulich und massstäblich gehört der Baukörper zum Ensemble der bestehenden öffentlichen Bauten. Das Volumen ordnet durch seine Form auf alle Seiten hin den Raum: Der ostseitige Park mit den exotischen Bäumen erhält eine räumliche Einfassung, und auf der Westseite bleibt ein entspannender Abstand zwischen der Wohnhausstruktur und den öffentlichen Bauten. Nordseitig zeichnet es die topografische Hangfusskante. Die rhythmisierten Holzfassaden betonen das Volumen als Gesamtform und sind frei von ikonografischen Elementen bestimmter Nutzungstypen. Sie bewirken eine gewisse Monumentalisierung wie auch eine zurückhaltende Ruhe und verleihen dem Gebäude eine unprätentiöse Lebendigkeit. Sie erinnern ein

wenig an die Struktur von Büchern im Regal. Als Holzbau integriert sich das Gebäude in die alte regionale Bautradition, ohne jedoch deren Formensprache zu imitieren. In die massiven Holzkanteln der Fassade, welche auch als Beschattungselemente und Absturzsicherung dienen, sind 172 Buch- und Spieltitel eingefräst, als Verneigung vor der Arbeit ihrer Autoren. Inspiriert sind sie von den filigranen Friesen und Schriftbändern der alten Oberländer Holzbauten, welche Wind und Wetter über viele Jahrzehnte standhalten und Passanten genauer hinschauen lassen: Sie regen zum Lesen und zum Nachdenken über ihre Bedeutung an. Von Hand zu schnitzen ist heutzutage in diesem Ausmass nicht mehr bezahlbar. Deshalb wurden die typografischen Vorlagen mittels CNC in verschiedenen Tiefen dreidimensional ins Holz gekerbt – mal negativ, mal positiv. Je nach Licht und Witterung werden auf den zweiten Blick die Buchtitel sichtbar. Die massiven Holzquerschnitte der Fassade altern gut und können bei Bedarf problemlos repariert oder einzeln ersetzt werden, ähnlich wie bei den alten Holzbauten im Oberland. Das Ambiente der Innenräume wird ebenfalls vom Holzcharakter der als raumseitige Bekleidung eingesetzten Dreischichtplatten (Fichte/Tanne) sowie von der Akustikdecke mit Holzleistenbekleidung bestimmt. Die Baustruktur des zweigeschossigen Flach-

dachgebäudes wurde über der Betonplatte mit Geschossdecken und Wänden in Holzsystembauweise errichtet. Das Treppenhaus in Ortbeton steift den Holzbau hauptsächlich aus. Für die Lastabtragung sind innere Tragachsen aus sichtbaren Stützen und Unterzügen in Brettschichtholz angeordnet. In den Aussenwänden finden sich zur Lastabtragung Stützen in Brettschichtholz und Unterzüge in Furnierschichtholz. Diese verschiedenen Tragachsen dienen als Auflager für die Kastenelemente der Decke und des Daches. Die Zwischenwände sind alle nichttragend ausgeführt, wodurch sich die Grundrisse frei den sich ändernden Bedürfnissen anpassen lassen.

Situation

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Obergeschoss Erdgeschoss

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20 m


Querschnitt Ludothek und Empfang

Querschnitt Bibliothek und Empfang

L채ngsschnitt Bibliothek

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Ort Sonnenfelsstrasse 1, 3700 Spiez Bauherrschaft Einwohnergemeinde Spiez Architektur Bauzeit Architekten GmbH, Biel Bauleitung BBR Architekten AG, Thun Landschaftsarchitektur BBZ Landschaftsarchitekten GmbH, Bern Holzbauingenieur Pirmin Jung Ingenieure für Holzbau AG, Rain Bauingenieur Dahinden Beat GmbH, Spiez Grafik Fassaden und Signaletik Susanne Dubs, Magglingen Bibliotheksplanung Bibliotheksplanung Chevalier GmbH, Thun HLK-Ingenieur Waldhauser + Hermann AG, Münchenstein Sanitäringenieur Sandmeier Planung, Thun Elektroingenieur Bering AG, Thun Holzbau Boss Holzbau AG, Thun Materialien schichtverleimtes Vollholz und Brettschichtholz 227 m3; Platten: Dreischichtplatten und Kerto 3690 m2, OSB und diffusionsoffene, mitteldichte Holzfaserplatte 1535 m2; Fichtenleisten für innere Bekleidungen 58 m3 sowie Fassadenschalung und -doppel 61 m3 Gesamtobjektauszeichnung mit dem ‹Herkunftszeichen Schweizer Holz› (98 % Schweizer Holz, Vorgabe mind. 80 %) Baukosten BKP 2 CHF 7,8 Mio. davon BKP 214 CHF 1,51 Mio. Grundstücksfläche SIA 416 8192 m2 Geschossfläche SIA 416 2003 m2 Gebäudevolumen SIA 416 8327 m3 Kubikmeterpreis SIA 416 (BKP 2) CHF 940.– Bauzeit Oktober 2013 – Oktober 2014 Fotograf Yves André, Vaumarcus

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Dachaufbau von aussen: Kies 60 mm Drainage 20 mm Wasserdichtung Dämmung 100–280 mm Bauzeitabdichtung/Luftdichtigkeit Kastenelement: Dreischichtplatte 27 mm Rippen 280 mm / teilweise mit Dämmung Dreischichtplatte 27 mm Luftdichtigkeit Installationshohlraum 310 mm Lattung 40 mm/ Akustikdämmung 40 mm Akustikvlies Holzleisten 20 x 60 mm mit Fugen montiert Deckenaufbau von oben: Hartbetonbelag 90 mm Trittschalldämmplatte 2 x 20 mm Gipsfaserplatte 15 mm Kastenelement: Dreischichtplatte 27 mm Rippen 320 mm/ Kalksandsplitt 140 mm Dreischichtplatte 40 mm Luftdichtigkeit Installationshohlraum 310 mm Lattung 40 mm/ Akustikdämmung 40 mm Akustikvlies Holzleisten 20 x 60 mm mit Fugen montiert Aufbau Aussenwand von innen: Dreischichtplatte 19 mm, Decklage vertikal OSB 15 mm, luftdicht abgeklebt Ständer 280 mm / Dämmung Diffusionsoffene, mitteldichte Holzfaserplatte 15 mm Windpapier Lattung 30 mm, vertikal Lattung 30 mm, horizontal Schalung 20 mm, vorvergraut Kunststoffplättchen 20 x 60 x 60 mm, unter Fassadendoppel Holzschalung und Fassadendoppel 100 x 100 mm, vorvergraut

Fassadenschnitt

Aufbau Boden von oben: Hartbetonbelag 90 mm Trennlage Dämmung 40 mm Dichtungsbahn Stahlbeton 200 mm Dämmbeton 240 mm Magerbeton 50 mm

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Neubau Kompetenzzentrum des BBZ Arenenberg, Salenstein Der Neubau des Kompetenzzentrums ist der erste fünfgeschossige Holzbau im Kanton Thurgau. Konstruktiv setzt er auf eine Kombination aus Beton und Holz, in der sich die Stärken beider Materialien gegenseitig ergänzen. Die vorvergraute Fassadenbekleidung besteht komplett aus Thurgauer Fichtenholz. Dafür ist sie mit dem ‹Herkunftszeichen Schweizer Holz› ausgezeichnet worden. Realisiert wurde das Siegerprojekt nach einem Projektwettbewerbsverfahren mit 14 eingeladenen Thurgauer Architekturbüros. Aufgabenstellung war, eine betrieblich, finanziell und ortsbaulich optimale Lösung zur baulichen Umsetzung einzureichen. Der Kanton erwartete einen innovativen und zukunftsweisenden Bau aus nachhaltig produziertem Holz, der schweizweit neue Massstäbe setzt. Die Bauweise sollte umfassende architektonische Qualitäten mit ökonomischer Verantwortung, ökologischem Bewusstsein, funktionaler Klarheit und neuesten Energiekonzepten vereinen. Vor allem aber sollte der Neubau dem BBZ genügend Raum in passender Konfiguration verschaffen. Die Fachpersonen des Bildungs- und Beratungszentrums BBZ Arenenberg sind im Fachunterricht auf verschiedenen Stufen der Ausbildung sowie in der Beratung der Landwirte und ihrer Organisationen tätig. Der Bereich Beratung erlebte ab 1958 einen eigentlichen Aufschwung. Es wurden verschiedene Fachstellen zur Unterstützung der Landwirte im Umgang mit technischen Hilfsmitteln gegründet. 1962 wurde die Betriebsberatungsstelle in Weinfelden geschaffen und der Landwirtschaftsschule angegliedert. 1968 erfolgte der Bau des Fachstellenhauses für die Lehr- und Beratungstätigkeiten mit den Schwerpunkten Tierhaltung, Acker-, Obstund Gemüsebau. Hinzu kamen Anfang der neunziger Jahre weitere Büros im Mehrzweckgebäude. Aus Platzgründen mussten Fachpersonen für die ländliche Hauswirtschaft im Gästehaus des BBZ Arenenberg untergebracht werden; ein Obstbauberater richtete sein Büro gar zu Hause im Oberthurgau ein. Mit dem Neubau des Kompetenzzentrums Beratung, situiert auf dem Gelände des BBZ Arenenberg, sind jetzt alle Arbeitsplätze in einem Gebäude mit optimaler Infrastruktur für eine zeitgemässe Bildungs- und Beratungstätigkeit zusammengefasst. Dies ermöglicht kurze interne Wege sowie eine vernetzte Beratungsund Lehrtätigkeit. Dabei erfüllt der Neubau die kantonalen Richtlinien zur Raumbewirtschaftung vollumfänglich. 45 Arbeitsplätze sind über drei Geschosse verteilt. Die offenen Gruppenbüros zu drei Arbeitsplätzen und die geschlossenen Einzelbüros sind nach Osten und Westen ausgerichtet. An der Nordfassade befinden sich die grossen Gruppenarbeitsplätze mit bis zu fünf Arbeitsplätzen mit Blick über die Weide und Serpentine ins Tal zum See. Im Dachgeschoss stehen zwei Besprechungsräume zur Verfügung, welche auch als Pausenraum oder als zusätzliche Arbeitsplätze genutzt werden können. Zwischen diesen Besprechungsräumen liegen eine Tee-

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küche und zwei Nebenräume für Zwischenarchiv und Lager für Büromaterial. Im Sockelgeschoss sind Archiv- und Technikräume sowie die Garderobe und die geschwungene Treppe im Eingangsbereich angeordnet. Der Neubau ist im Minergie-P-Standard realisiert. Er ist sehr gut gedämmt und weist geringste Wärmebrücken auf. Dem sommerlichen Wärmeeintrag wird durch die Ost-West-Ausrichtung der Büroräume begegnet, zudem wirkt die Masse der sichtbaren Betonplatte als Wärmespeicher. Die Raumlüftung wird von oben nach unten vertikal entlang den Fassaden geführt. Die Zuluft erfolgt über die Nordseite via Erdregister. Die Abluft wird über das Kaskadenlüftungssystem von den Büroräumen über die Erschliessungsgänge zur vertikalen Hauptsteigzone und zurück zur Dachzentrale geführt. Zur Wärmeerzeugung ist eine zentrale, ausserhalb des Gebäudes liegende Holzschnitzelheizung im Einsatz. Bemerkenswert ist das konstruktive Holzbausystem mit seiner neuartigen Deckenkonstruktion. Die 140 mm starke, lastverteilende Monobetonplatte, eingebracht auf einer Trittschalldämmung, wurde geschliffen und bildet den Fussboden. Die sichtbare Holzdecke, eine 150 mm starke Brettsperrholzplatte in Lärche und Douglasie, diente im Bauprozess als Betonschalung. Sie nützt der Raumakustik und erzeugt gleichzeitig eine sehr ansprechende Raumatmosphäre. Über der Mittelstützenreihe verläuft die Brettsperrholzplatte mit 2,80 m Breite längs. Daran sind über den Stützen quer­laufende Brettsperrholzplatten von 1,80 m Breite angehängt. Das Zwischenfeld von ebenfalls 1,80 m ist ausgefacht und wo erforderlich mit Akustiklochungen versehen. Im innenräumlichen Ausdruck dominieren die massiven Eichenstützen entlang der Längsfassaden und in der Mittelachse, hier mit Sattelholz. In Längsrichtung beträgt deren Achsmass 3,60 m. Die Stützen bestehen aus 400 x 400 mm Brettschichtholz mit einem Fichtenkern und einer äusseren, 40 mm starken Schicht aus Eichenholz. Diese Dimensionen sind zum einen wegen der höheren Eigenlasten, zum anderen zur Einhaltung des geforderten Feuerwiderstandes notwendig. Zur Lastübertragung im Bereich der Decken verbinden zwei Stahldorne mit Durchmesser 40 mm die untere und obere Stütze. Wo erforderlich sind zusätzliche Schubverfestigungen der Brettsperrholzplatten vorhanden. Die Stabilisierung erfolgt über den betonierten Erschliessungskern und die Fassaden. Die Giebelfassaden sind wegen der grossen Fensteröffnungen konstruktiv dreischichtig umgesetzt. Eine innere, beplankte, 120 mm starke Ständerbauwand steht zwischen den Decken und ist mit dem aussen schubsteif aufgebrachten, 200 mm starken Fachwerk verbunden, das ebenfalls die Decken anbindet. Nach aussen abschliessend ist eine abgestufte Ebene mit der hinterlüfteten Fassadenbekleidung aufgedoppelt. Mit der nach unten abgestuften Holzfassade entsteht bei jedem Geschoss ein Überhang, der als Wetterschutz und als Nische für die Holzrolläden dient.

Situation


Ort Arenenberg, 8268 Mannenbach-Salenstein Bauherrschaft Baudepartement des Kantons Thurgau Architektur Staufer & Hasler Architekten AG, dipl. Arch. ETH BSA SIA, Frauenfeld Bauingenieur Conzett Bronzini Gartmann AG, Chur Holzbau Knecht AG, Oberwil Materialien Bauholz: Vollholz in Fichte/Tanne 26 m3, Vollholz in Lärche 9 m3, schichtverleimtes Vollholz 22 m3, Brettschichtholz 11 m3, Lamellen und Sattelhölzer in Eiche 38 m3, Brettsperrholz 930 m2; Dreischichtplatten 150 m2; Fassadenschalung 585 m2; Stahlteile 6 t Objektauszeichnung für die Fassade mit dem ‹Herkunftszeichen Schweizer Holz› (100 % Schweizer Holz, Vorgabe mind. 80 %) Baukosten BKP 1–6 CHF 4,9 Mio. Baukosten BKP 2 CHF 3,9 Mio. davon BKP 214 CHF 1,1 Mio. Geschossfläche 1350 m2 Kubatur SIA 116 5244 m3 Kubikmeterpreis SIA 116 (BKP 2) CHF 745.– Bauzeit April 2013 – Juli 2014 Fotograf Roland Bernath, Zürich


Querschnitt

Längsschnitt

Sockelgeschoss

Obergeschoss

10 m


Aufbau Decke von oben: Monobeton 140 mm Trittschalldämmung Brettsperrholz 150 mm Aufbau Aussenwand von innen: Installationsraum/Brüstung OSB 12 mm Ständer 180 mm/Dämmung Gipsfaserplatte 15 mm Lattung 25-50 mm, vertikal Lattung 25-50 mm, horizontal Fassadenbekleidung Fassadenschnitt

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Konferenzgebäude WIPO, Genf Das skulpturale Gebäude mitten in der internationalen Stadt Genf zieht die Blicke auf sich. Seine Fassade aus Lärchenschindeln schafft einen starken Kontrast zum Glas und Stahl der umliegenden Gebäude. Mit der Wahl von Holz als Hauptbaustoff unterstrich die Bauherrschaft ihr Engagement für Nachhaltigkeit. Die Weltorganisation für geistiges Eigentum (World Intellectual Property Organization, WIPO, französisch OMPI) benötigte ein Konferenzgebäude mit 900 Plätzen, um die Delegationen ihrer Mitgliederländer zu verschiedenen Sitzungen und Versammlungen empfangen zu können. Zu diesem Zweck beauftragte man das renommierte Architekturbüro Behnisch Architekten, welches früher schon ein Verwaltungsgebäude für die Bauherrschaft realisiert hatte, mit der Planung des neuen Baus am vorgegebenen Ort. Bei ihrem kühnen Vorschlag liessen sich die Architekten von der Anmutung eines antiken

Situation

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griechischen Theaters inspirieren. Zwei immense Auskragungen von 35 m und 17 m lichter Weite setzen sich scheinbar über die Gesetze der Schwerkraft hinweg. In seinem Zentrum ruht das Gebäude auf mehreren Auflagern, welche die Lasten auf die Betonmauern der unterirdischen Parkgarage ableiten. Die technische Meisterleistung bei der Realisierung dieser architektonischen Premiere bestand darin, die Steifigkeit der gewaltigen Vorsprünge sicherzustellen und ihre Verformungen auf ein vertretbares Minimum zu reduzieren. Das neue Foyer im Erdgeschoss unterhalb des Konferenzsaales liegt in der Verlängerung einer grosszügigen Eingangshalle, welche 1978 erstellt wurde. Diese ausdrucksvoll geschmückte Halle mit ihrem mächtigen Wandbrunnen ist ein Werk des Architekten Pierre Braillard und wurde gleichzeitig mit dem darüber stehenden Hochhausturm errichtet. Sie stellt auch heute noch das Wahrzeichen des Geländes dar und empfängt die Besucher des WIPO. Zwischen

der Eingangshalle und dem Foyer liegen ein paar Stufen. Der Zugang zu den oberen Ebenen des Konferenzsaales und der Halle erfolgt über Treppen und Rampen, welche vollständig weiss gestrichen sind. Als Baustoff dominiert in den Innenräumen Holz. Die Wände und die Decke des Konferenzsaales sind mit Akustikplatten in Tanne bekleidet, der Boden besteht aus Eichenholz. Dank seiner Kreisbogenform wirkt der neue Saal trotz seiner 1600 m2 alles andere als masslos. Die Dolmetscherkabinen bieten Platz für jeweils drei Personen und befinden sich oberhalb der hintersten Sitzreihen. Dadurch haben die Dolmetscher eine gute Sicht auf die Gesichter der Redenden, was ihre Arbeit stark vereinfacht. Da es sich sowohl bei den Sitzen als auch bei den Pulten um Spezialanfertigungen handelt, konnte der bestehende Platz optimal genutzt werden. Die Sitze sind abwechslungsweise in verschiedenen Blautönen gehalten und erinnern


an die Farbe der Vereinten Nationen. An der Decke hängen sechs grosse Kugeln mit bienenwabenförmigen Oberflächen. Sie enthalten die notwendigen technischen Anlagen wie Kamera- und Lautsprecheranlagen. Im Innern der angrenzenden Lounge und der Sitzungszimmer verbreiten die Akustikplatten einen angenehmen Duft von Holz. Ein separater Eingang ist von einem kleinen Hof am Fusse des Turms zugänglich, was eine autonome Nutzung des Saals erlaubt, ohne den Betrieb der WIPO zu beeinträchtigen. Ursprünglich war ein Bau aus Brettsperrholz und Furnierschichtholz vorgesehen. Weil man jedoch einheimische Ressourcen nutzen wollte, erfolgte die Realisierung schliesslich mit Elementen aus Brettschichtholz. Das Dach und die Decken bestehen aus Kastenelementen, während die Wände als beplankte Fachwerkträger ausgebildet sind. Die Stirnfassaden enthalten zur Stabilisierung Rahmen mit Andreaskreuzen. Die Verbindungen zwischen den Kas-

tenelementen bestehen aus Metallbolzen, welche mit Epoxidharz ausgegossen sind. Die am stärksten beanspruchten Stützen und Streben sind in Stahl ausgeführt. Insgesamt 18 Lager, konzipiert in Anlehnung an Brückenlager, übertragen die Kräfte vom Holzbau in das Betonfundament. Alle Kastenelemente sind Einzelanfertigungen und haben je nach ihrer Lage unterschiedliche Längen. Im Dach zeigen sich Spannweiten von 33 m und in den Decken solche von 20 m. Die Breite der Elemente beträgt 1,25 m und die Höhe 1,20 m; die Rippen und Beplankungen sind 100 mm dick. Dank diesem System liess sich die Lüftung im Fussboden integrieren. Ein dreidimensionales Computermodell des Bauwerks berücksichtigte den Verlauf der Technikkanäle und diente der präzisen Anfertigung der Bauteile mit CNC-Maschinen. Der Baustoff Holz kam aus verschiedenen Gründen zum Zug: Da der Konferenzsaal nicht permanent genutzt wird, war eine schwache

thermische Trägheit gefragt. Das Holz aus Fichten und Tannen, die in den Waadtländer und Freiburger Wäldern gewachsen sind, reduzierte die Umweltauswirkungen auf ein Minimum, ohne dass deswegen die physikalischen Anforderungen gesenkt oder Abstriche aufgrund der Brandschutzvorschriften gemacht werden mussten. Im Konferenzsaal sorgen die Bekleidungen aus Tannenholz mit ihrer feinen Perforierung von weniger als 1 mm Durchmesser für eine ausgezeichnete akustische Verständlichkeit. Der elegante und luftige Bau ist von der Place des Nations aus sichtbar. Er stellt eine gelungene Mischung aus traditioneller Handwerkskunst und modernster Technologie dar. Insofern legt er nicht nur Zeugnis ab von den globalen Themen und Herausforderungen, die im neuen Saal erörtert werden, sondern präsentiert sich selber auch als avantgardistische Schöpfung, welche imstande ist, andere internationale Organisationen zum Bauen mit Holz zu motivieren.

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Schnitt ‹Chemin des Colombettes›

Erdgeschoss

Obergeschoss

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40 m


Schnitt ‹Route de Ferney›

Dachaufbau von aussen: Dacheindeckung in Aluminium 65 mm mit Metallunterkonstruktion Dämmung 240 mm Dichtungsbahn Gussasphalt Platten zur Verankerung der Dacheindeckung Dämmung 80 mm Dichtungsbahn Kastenelement: Brettschichtholz 100 mm Rippen 1000 mm Brettschichtholz 100 mm Abhängekonstruktion 300–450 mm / Akustikdämmung 50 mm Mitteldichte Akustikplatte mit Tannenfurnier und Mikroperforation 22 mm Aufbau Aussenwand von innen: Mitteldichte Akustikplatte mit Tannenfurnier und Mikroperforation 22 mm Installationsraum 100–650 mm / Akustikdämmung 50 mm Kastenelement: Brettschichtholz 100 mm Fachwerk/Ständer Brettschichtholz 100 mm Dampfbremse Lattung 240 mm/Dämmung Winddichtung Unterkonstruktion vertikal Lattung horizontal Schindeln in Lärche, gespalten und unbehandelt

Fassadenschnitt

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Ort Chemin des Colombettes 34, Genf Bauherrschaft WIPO, Weltorganisation für geistiges Eigentum, Genf Architektur Behnisch Architekten, Stuttgart (DE); Projektleiter: Patrick Stremler Bauleitung Atelier Coplan Sàrl, Fribourg; Bauleiter: René Berset Wettbewerbsprojekt Burckhardt + Partner SA, Carouge; Projektleiter: Jean-Daniel Fehr Bauingenieure Konsortium Schlaich, Bergermann und Partner GbR, Stuttgart (DE), T-Ingénierie SA, Genf, und Erricos Lygdopoulos, Genf Holzbauingenieur Konsortium Bois OMPI: Charpente Concept SA, Perly, SJB Kempter Fitze Bauingenieure AG, Herisau, und Jean-Marc Ducret, Orges Akustik NH Akustik + Design AG, Lungern Gebäudeautomation und Klimatisation Transsolar Energietechnik GmbH, Stuttgart (DE), Sorane SA, Ecublens, und Riedweg & Gendre SA, Carouge Elektroplaner Amstein + Walthert SA, Genf, und MAB Ingénierie SA, Genf Sanitärplaner Schumacher SA, Genf Fassadenplanung Emmer Pfenninger Partner AG, Münchenstein Holzbau Konsortium Bois OMPI: JPF Ducret SA, Bulle, und Dasta Charpentes Bois SA, Plan-les-Ouates (Tragwerk), John Schwab SA, Gampelen (Akustikbekleidungen), Baeriswyl AG, Düdingen (Holzschindelfassade), MS Services SA, Genf (Parkett) Materialien Brettschichtholz 1280 m3 (Deckenelemente), 395 m3 (Wandelemente), 430 m3 (Fachwerk und Stützen); Fassadenschindeln 2370 m2, Akustikplatten 5700 m2 Geschossfläche SIA 416 4 166 000 m2 (Konferenzsaal) Gebäudevolumen SIA 416 29 000 m3 (Konferenzsaal) Bauzeit August 2011 – September 2014 Fotografen David Matthiesen, Stuttgart (DE), und Corinne Cuendet, Clarens

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Doppelturnhalle mit Mehrzwecknutzung, Brienz Dorf Der Saalbau in kultiviertem konstruktivem Holzbau schafft zusammen mit dem mächtigen Schulhaus und seinem Ergänzungsbau ein stimmiges Ensemble. Die formale Zurückhaltung und Einfachheit des Neubaus in Gestalt und Materialisierung lässt ein spannungsvolles, respektvolles Nebeneinander zeitgenössischer Architektur verschiedener Epochen entstehen. 2001 beschloss die Gemeinde Brienz, die Machbarkeit eines Neubaus an der Stelle der alten Turnhalle abzuklären. Daraufhin wurde ein Projektwettbewerb ausgeschrieben, an dem 55 Büros teilnahmen. Sieben Projekte kamen in die engere Wahl; als Sieger ging das nun umgesetzte Projekt ‹hobacher› aus dem Wettbewerb hervor. Der ‹verlorene› Vorplatz erhält mit dem raumbildenden öffentlichen Gebäude erst seinen räumlichen Halt und entfaltet sich dadurch als grossartige Dorfterrasse mit einzigartigen Ein- und Durchblicken auf den Brienzersee und die Bergwelt. Mit der Freiluftbühne, entwickelt aus der innenliegenden, mehrfach nutzbaren

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Bühne, generiert der Ort über seine Nutzung hinaus einen Mehrwert für die Schule und die Gemeinde Brienz. Theater, Aufführungen, Konzerte, Reden, Versammlungen und vieles mehr werden damit auf dem neuen, stimmigen Schulhausplatz möglich. Fassadenhohe Tore öffnen die innere Bühne zum Schulhausplatz hin, und es entsteht mit dem baumgefassten Platz, dem Schulhaus und der prächtigen Kulisse eine schöne Arena. Auch gleichzeitige Innen- und Aussennutzungen werden möglich. Zwischen Saalbau und Schulhaus vermittelt eine nutzbare, mit Jahreszeitblumen bepflanzte Landschaftstreppe zwischen den verschiedenen topografischen Ebenen der Schulhäuser und der Sportplätze, dynamisiert die Zwischenräume und wertet die Aussenräume mit mehr atmosphärischer Erlebnisdichte auf. Durch die nutzungs- und tageszeitabhängige Bewirtschaftung der Parkplätze unter Rücksichtnahme auf den Schulbetrieb erhält die Gesamtanlage eine zeitgemässe, effiziente Nutzungsdichte, welche den vorgegebenen Kostenrahmen einhält. Tagsüber dient der Schul-

hausplatz ausschliesslich als Pausenplatz, abends steht er Vereinen und weiteren Organisationen zur Verfügung. Die Tagesparkplätze sind auf der Ostseite des Saalbaus, getrennt vom Schulbetrieb, stufenförmig in das Hanggefälle eingebettet. Die direkt an der Längsseite des Saalbaus angeordneten Erschliessungen dienen über ihre Funktion hinaus dem Zuschauen, im Obergeschoss als attraktive offene Galerie. Im Erdgeschoss sind die dem Mehrzwecksaal dienenden Funktionen angeordnet. Die grosszügige Bühne ermöglicht die erwünschte Mehrfachnutzung für Fitness, Mittagstisch, Vereine, Bühne, Lager, Freiluftbühne und vieles mehr. Die einfache, additive Tragstruktur in Holz rhythmisiert und prägt den Saal massgeblich. Zwischen der Struktur werden die diversen Geräte für den Sport- und den Saalbetrieb montiert. Das seitliche, auf ganzer Länge der Halle angeordnete Fensterband flutet den Saal mit genügend Tageslicht für den Sportbetrieb. Im Kastenfenster angeordnete Rollos gewährleisten den Blendschutz und die für Veranstal-


Situation

tungen notwendige Verdunkelung. Die Tragstruktur zeichnet sich nach innen ab und gibt dem Ganzen je nach perspektivischer Betrachtung ein differenziertes architektonisches Gepräge. Das patinierte, kupferbraune Blechdach fügt sich unaufgeregt in die Dachlandschaft von Brienz ein. Die Doppelturnhalle ist über der Betonplatte fast vollständig in Holz realisiert worden. Im Hinblick auf allfällige Murgänge und Hochwasser ist jedoch die gesamte Holzkonstruktion – vom umliegenden Terrain abgehoben – auf einen Sockel aus Stahlbeton gestellt sowie die nördliche Giebelwand ganz in Stahlbeton ausgeführt. Das Tragwerksraster geht vom Architekturentwurf aus und beträgt in Längsrichtung 2,1 m. Die Stützen aus Brettschichtholz mit Querschnitten von 160 x 320 mm sind in den Längsaussenwänden und in der Ebene zwischen Galerie und Halle angeordnet. Zur Gabellagerung der darauf gelagerten Träger sind Aufdoppelungen aufgeklebt. Über diesen Stützen spannen die rund 30 m langen, satteldachförmigen und 160 mm breiten Brettschichtholzträger in der Turnhalle über 23,8 m (Trägerhöhe 1400–

1440 mm) und im Nebenraum über 6,1 m (minimale Trägerhöhe 1000 mm). Im Firstbereich ist zudem eine nicht mittragende Aufdoppelung bis zur Trägerhöhe von 1600 mm zur vollständigen Formgebung aufgebracht. Diese Ergänzung erfolgte, um die Querzugspannungen im Firstbereich des Trägers möglichst gering zu halten. Aufgrund der stark asymmetrischen Stützweiten resultiert bei vertikalen Lasten in der Trägerlagerung bei der Aussenwand beim Nebenraum (West) eine abhebende Kraft, welche im untenliegenden Stahlbetontragwerk verankert ist. Aus denselben Lasten ergeben sich zudem horizontale Verschiebungen in der Lagerung bei der Turnhallenaussenwand (Ost). Da aber die Fenster zwischen die Träger montiert sind und die Fassadenlänge wegen der Hanglage abgestuft ist, mussten die Konstruktionsdetails auf die Trägerbemessung abgestimmt werden, damit infolge der Verformungen keine Zwängungen und Schäden entstehen. Der weitere Aufbau über der Turnhalle ist eine Sparrenpfettenlage in der Höhe von 260 mm, bedingt durch die dazwischen angeordneten

Lüftungskanäle, sowie eine 40 mm starke Brettsperrholzplatte. Über dem Mehrzweckraum ist das Dachtragwerk konventionell ausgeführt, mit Pfetten, einer teilweise sichtbaren Sparrenlage und darüber verlegten, 27 mm starken Dreischichtplatten. Mit diesen Dachaufbauten wurden Scheiben ausgebildet, die zur Stabilisierung dienen und die horizontalen Kräfte in die Wände übertragen. Die Kraftabtragung erfolgt in den Giebelwänden, nördlich in Stahlbeton und südlich in Holzrahmenbauweise, in der Trennwand zwischen Turnhalle und Bühne mit der Holzrahmenbauwand mit Furnierschichtholzbeplankung, in zwischen den Trägerstützen angeordneten Verbänden aus Stahlzugstäben und am Liftschacht aus Stahlbeton. Die Geschossdecke im Bereich der Nebenräume besteht aus 280 mm hohen, vorgefertigten Kastenelementen. Als Deckenscheibe ausgebildet, dient sie der Stabilisierung der Galeriestützen und der Abtragung von Windkräften.

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Querschnitt vorderer Hallenteil

Querschnitt hinterer Hallenteil


Längsschnitt Galerie

Längsschnitt Halle

Erdgeschoss

Obergeschoss

20 m

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Ort Schulhausstrasse, 3855 Brienz Bauherrschaft Einwohnergemeinde Brienz Architektur Rolf Mühlethaler, Architekt BSA SIA, Bern; Mitarbeit: Thomas Moser Bauleitung Amstutz Abplanalp Birri AG, Sigriswil Bauingenieur Porta AG, Interlaken Haustechnikplanung H+K Planungs AG, Thun Holzbauingenieur Fuhrmann Ingenieurbüro für Holzbau, Unterseen Holzbau ARGE Wyler Holzbau AG, Brienz, und Boss Holzbau AG, Thun, (Montagebau) sowie Wyler Holzbau AG, Brienz (innere und äussere Bekleidungen) Materialien Vollholz und Brettschichtholz 270 m3, Dreischichtplatten 40 mm 1385 m2, Lamellen in Lärche für die Fassade 570 m2, Akkustikelemente 1350 m2 Baukosten BKP 2 CHF 5,8 Mio. davon BKP 214 CHF 0,69 Mio. (214.1), CHF 0,15 Mio. (214.4) Grundstücksfläche SIA 416 16 507 m2 Geschossfläche SIA 416 2200 m2 Gebäudevolumen SIA 416 16 655 m3 Kubikmeterpreis SIA 416 (BKP 2) CHF 350.– Bauzeit Juni 2009 – Oktober 2010 Fotograf Alexander Gempeler, Bern


Detailschnitt Fenster

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Umbau Mehrzweckgebäude, Künten 2009 führte die Gemeinde Künten einen Studienauftrag zur Schaffung neuer Räumlichkeiten für eine moderne und effiziente Gemeindeverwaltung durch. Das umgesetzte Projekt ging daraus mit dem ersten Preis hervor. Entstanden ist ein funktionales, flexibles und attraktives Mehrzweckgebäude mit einem neuen Dorfplatz für verschiedenste Aktivitäten im Schatten der Bäume. Die Situation vor dem Eingriff war verzwickt: Die Gemeinde Künten verfügte im ehemaligen Gemeindehaus im Zentrum über zuwenig Raum, während eine Erweiterung der Gemeindeverwaltung an ihrem damaligen Standort unmöglich war. Zudem fehlten Räumlichkeiten für Vereine. Gleichzeitig mangelte es an einem attraktiven Dorfplatz – und es galt den knapp 200 m nordwestlich gelegenen Werkhof des Bauamtes umzubauen und neu zu organisieren sowie den damaligen Entsorgungsplatz zu verlagern. Zur Lösung dieses Planungsknäuels lud die Gemeinde Künten 2009 zum Studienauftrag ein. Der alte Werkhof wurde im Unter- und Erdgeschoss vom Bauamt genutzt, im Obergeschoss waren Wohnungen vorhanden. Diesen Baubestand nahmen die Architekten zusammen mit dem Bauingenieur unter die Lupe, um eine Kosten-Nutzen-Analyse der Umbauarbeiten vornehmen zu können. Dabei zeigte sich im Unter- und Erdgeschoss, dass die geforderte Nutzung mit wenigen Anpassungen gut in die bestehende Gebäudestruktur integriert werden konnte. Eine Ausnahme war die Vereinsnutzung, da sich insbesondere der Vereinssaal strukturell nicht in die bestehende Statik eingliedern liess.

Situation

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Ein ganz anderes Fazit ergab sich für das Obergeschoss, wo man Wohnungen in Büros hätte umbauen müssen. Die vorhandene Wohnungsstruktur hätte statische Eingriffe bedingt, um die Verwaltung organisatorisch und räumlich in das bestehende Gebäude einzupassen. Dazu kam, dass für Bürobauten die Kosten für Fassade, Ausbau und Installation im Verhältnis zu den Rohbaukosten hoch sind respektive dass diese auch bei einer Umnutzung zu fast 100 % neu erstellt werden müssen. Schliesslich konnten auch die Mieterträge der zu erneuernden Wohnungen keine Verbesserung der Finanzierung bringen. Auf der Basis dieser Erkenntnisse setzten die Architekten ein Projekt um, bei welchem auf den bestehenden Sockel ein neuer, eingeschossiger Verwaltungsbau aufgesetzt wird. Die neue Gemeindeverwaltung in diesem Aufbau ist klar und flexibel organisiert – mit einer umlaufenden Nutzschicht, welche je nach Bedarf unterteilt werden kann. Der Innenhof bringt Tageslicht in das Foyer und in die Korridore. Eine Unterteilung von Tages- und Nachtbereich ist mit einfachen Mitteln realisierbar. Aus feuerpolizeilichen Gründen war für das über 600 m2 grosse Obergeschoss ein zweites Treppenhaus notwendig, welches einladend zum neuen Dorfplatz hin angeordnet ist. Das gemeinsame Foyer im Erdgeschoss gegen den Dorfplatz ermöglicht kombinierte Nutzungen, zum Beispiel auch als Proberaum für Musikvereine. Daran schliessen sich ein Lager und Nasszellen. Die Nutzungen durch das Bauamt für Fahrzeugpark, Werkstatt, Lager und Garderobe blieben fast unverändert, einzig eine Nasszelle im Anschluss zur Garderobe wurde

ergänzt. Ebenfalls nahezu unverändert blieb das Untergeschoss mit der Einstellhalle, welche auch als Zivilschutzanlage dient, den Lager- und Technikräumen sowie den drei Jugendräumen. Unter- und Erdgeschoss wurden in Massivbauweise soweit notwendig ergänzt und angepasst. Die Fassade im Erdgeschoss erhielt eine zusätzliche Dämmung mit Verputz. Das Obergeschoss ist in Holzelementbauweise auf das bestehende Gebäude aufgesetzt. Die Fassadenbekleidung präsentiert sich in eloxiertem Aluminium. Der Kompaktdachaufbau baut auf Kastenelementen auf. Die Fenster und Verglasungen sind als Holz-Metall-Konstruktion ausgeführt und verfügen über einen äusseren Sonnenschutz. Im Bereich Werkhof wurde die Umgebung nur geringfügig angepasst und aufgefrischt. Der befestigte Dorfplatz ist mit neun schönen Bäumen bepflanzt. Die Platzmöblierung erfolgte mit handelsüblichen, aber sorgfältig ausgesuchten Bänken.

Ort Kirchweg 11, 5444 Künten Bauherrschaft Gemeinde Künten Architektur Kim Strebel Architekten GmbH, Aarau Bauingenieur Wilhelm + Wahlen Bauingenieure AG, Aarau Elektroplaner Herzog Kull Group AG, Aarau HLKS-Planer Raiman + Partner AG, Trimbach Holzbauingenieur Makiol + Wiederkehr, Beinwil am See Holzbau Koch AG Holzbau, Büttikon Materialien Schichtverleimtes Vollholz und Brettschichtholz 79 m3, OSB 15 mm 362 m2, Dreischichtplatten 27 mm 1230 m2, Stahlträger und -teile 7,3 t Baukosten BKP 2 CHF 4,5 Mio. davon BKP 214 CHF 265 000.– Grundstücksfläche SIA 416 2200 m2 Geschossfläche SIA 416 2600 m2 Gebäudevolumen SIA 416 9090 m3 Kubikmeterpreis SIA 416 (BKP 2) CHF 495.– Bauzeit August 2011 – August 2012 Fotograf Roger Frei, Zürich



Schnitt

Erdgeschoss

Obergeschoss

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20 m


Dachaufbau von aussen: Substrat 80 mm Drainagevlies 20 mm Wasserdichtung 20 mm Dämmung 120–270 mm Dampfbremse Rippenelement: Dreischichtplatte 27 mm Rippen 420 mm Dreischichtplatte 27 mm Abhängung 60 mm/Dämmung 40 mm Holzwolleplatte 40 mm Aufbau Aussenwand von innen: Stütze in Brettschichtholz 100 x 160 mm Holz-Metall-Fenster mit UF = 1,4 W/m2K Metallfassade in eloxiertem Aluminium, hinterlüftet Aufbau Decke über EG von oben: Industrieparkett in Eiche 20 mm Anhydritunterlagsboden 60 mm, mit Bodenheizung Trennlage Trittschalldämmplatte 30 mm Dämmung 120 mm Betondecke 300 mm, bestehend Abhängung 340 mm/Dämmung 40 mm Holzwolleplatte 40 mm Aufbau Aussenwand von innen: Innenputz 10 mm Dämmung 160 mm Backstein 250 mm Aussenputz 20 mm

Detailschnitt Südwest-Fassade


Kopfbau Chliriethalle und neuer Gemeindesaal, Oberglatt Der Eingangstrakt der Dreifachturnhalle, die auch für Events genutzt wird, fiel einem Feuer zum Opfer. Er wurde durch einen funktional und atmosphärisch heutigen Anforderungen entsprechenden Neubau ersetzt. Dieser bildet das neue Gesicht der Chlirietanlage. Der neue Foyerbereich lässt sich auch als Gemeindesaal nutzen. Die Chliriethalle entstand in den siebziger Jahren als Dreifachturnhalle der Sportanlage in der Gemeinde Oberglatt nördlich von Zürich. Ende Dezember 2010 brannten der Eingangsbereich mit den Garderoben und ein Teil des Hallendaches nieder. Die Dreifachturnhalle und die Garderoben wurden so schnell wie möglich saniert und standen im darauffolgenden August den Schulen und Vereinen wieder zur Verfügung. Für den abgebrannten Kopfbau wurde ein Architekturwettbewerb ausgeschrieben. Rund 30 Architekturbüros nahmen daran teil. Die Jury aus Gemeindevertretern und Architekten entschied zugunsten des Projekt ‹Konsens›, welches aufgrund seiner Funktionalität in der Schlussauswahl überzeugte. Das unterteilbare Foyer mit Blick in die parkähnliche Umgebung ist über eine Rampe mit einer Galerie im Obergeschoss verbunden. Diese

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Galerie stellt ein neues Bindeglied zu der bestehenden Turnhallentribüne dar und kann für kleinere Versammlungen genutzt werden. Passenderweise wurden hier aufgrund der Vereinswünsche fünf gewaltige Fahnenschaukästen angeordnet. Weitere Räume wie Vereinslokal, Grossküche, Anlieferung und Werkstatt sind in den neuen Kopfbau integriert, wobei sich die mehr oder weniger öffentlichen Bereiche in den differenziert ausgebildeten Fassaden deutlich abzeichnen. Eine nahtlos erweiterte Dachfläche vereint Bestand und Erweiterung, wobei die Formgebung den innenräumlichen Bedingungen folgt. Das ausladende Dach bietet in Verbindung mit der Einbettung des freistehenden Gebäudes in das satte Grün der Oberglatter Sportanlagen die Möglichkeit, grosszügig mit Verglasungen zu arbeiten, ohne dass im Innern ein Gefühl der Exponiertheit entstünde. Zudem konnte man wegen der Nordausrichtung der Hauptfassade auf einen Sonnenschutz verzichten. So entstand eine äussere Glattheit der Verglasung, die mit der Tiefe der Fensterzargen kontrastiert. Diese reihen sich wie überdimensionale Fenster aneinander und verbergen die Stahlpfosten, welche das Dach tragen.

Energetische und konstruktive Überlegungen führten dazu, für die Aussenwände und das Dachfaltwerk im Gegensatz zum bestehenden Gebäude vorfabrizierte Holzelemente mit bis zu 20 m Länge einzusetzen. Das geringe Gewicht der Dachelemente erlaubte es, diese am Bestand anzuhängen. Dass die Konstruktion alle Installationen zur Be- und Entlüftung, zur Entrauchung im Brandfall, zur Beschallung und Schallabsorption, zur Beleuchtung sowie zur Verdunkelung der Oberlichter aufnehmen konnte, begünstigte die Materialwahl, denn in die relativ schlanken Holzelemente war alles ohne bauphysikalische Probleme integrierbar.


Situation

Ort Chliriet, 8154 Oberglatt Bauherrschaft Gemeinde Oberglatt Architektur Frei + Saarinen Architekten ETH SIA BSA, Zürich Bauleitung Bautermin Walder AG, Embrach Bauingenieur WGG Schnetzer Puskas Ingenieure AG, Zürich HLKS-Ingenieur Amstein + Walthert AG, Zürich Elektroingenieur Amstein + Walthert AG, Zürich Bauphysik Amstein + Walthert AG, Zürich Gastroplanung Hosta AG, Basel Holzbau Strabag AG, Lindau (Montagebau in Holz), U+A Schreinermontagen GmbH, Hallau (Deckenbekleidungen), Schreinerei Jäger, Oberglatt (Innenausbau), und Pfister, Dübendorf (Parkett) Material Bauholz: Vollholz 40 m3, Brettschichtholz 70 m3; Platten: OSB 15 mm 156 m3, Dreischichtplatten 19 mm 59 m2 und 27 mm 654 m2, diffusionsoffene mitteldichte Holzfaserplatten 16 mm 1030 m2; Deckenbekleidung: Latten 80 x 20 mm in Weisstanne 17 m3, Unterkonstruktionen und Abschlüsse in Eiche 3 m3; Stahlteile 3 t Baukosten BKP 1–9 CHF 4,4 Mio. Baukosten BKP 2 CHF 4,09 Mio. davon BKP 214 CHF 520 000.– davon BKP 273 CHF 230 000.– Geschossfläche SIA 416 985 m2 Nutzfläche SIA 416 905 m2 Kubatur SIA 116 4140 m3 Kubikmeterpreis SIA 116 (BKP 2) CHF 988.– Bauzeit Februar 2013 – April 2014 Fotograf Hannes Henz, Zürich

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Dachaufbau von aussen: Wellzementplatten analog Bestand Lattungen Kastenelement: Dreischichtplatte 27 mm Rippen 400 mm/Dämmung Dreischichtplatte 27 mm Lattung 80 mm/Dämmung Schalung 15 mm Deckenaufbau von oben: Eichenparkett Zementunterlagsboden 50 mm, Bodenheizung/Dämmplatten 25 mm Betondecke 200 mm

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Aufbau Aussenwand von innen: Isolierverglasungen sonst Holzelemente 300 mm, ausgedämmt Blechfassade Bodenaufbau von oben: Eichenparkett Zementunterlagsboden 80 mm, Bodenheizung Bodenplatte in Beton 300 mm Dämmung 150 mm

Detailschnitt


Erdgeschoss

Obergeschoss

20 m

Querschnitt Foyer und Lokale

Querschnitt Foyer und Galerie

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Lignum Holzwirtschaft Schweiz Economie suisse du bois Economia svizzera del legno Mühlebachstrasse 8 CH-8008 Zürich Tel. 044 267 47 77 Fax 044 267 47 87 info@lignum.ch www.lignum.ch

Holzbulletin, September 2015 Herausgeber Lignum, Holzwirtschaft Schweiz, Zürich Christoph Starck, Direktor

Redaktion Roland Brunner, Lignum, und Audanne Comment, Lignum-Cedotec Gestaltung BN Graphics, Zürich

Das Holzbulletin erscheint viermal jährlich in deutscher und französischer Sprache. Jahresabonnement CHF 48.– Einzelexemplar CHF 20.– Sammelordner (10 Ausgaben) CHF 140.– Sammelordner leer CHF 10.– Preisänderungen vorbehalten.

Administration, Abonnemente, Versand Andreas Hartmann, Lignum

Lignum-Mitglieder erhalten das Holz­bulletin und die technischen Informationen der Lignum, Lignatec, gratis. Die Rechte der Veröffentlichung für die einzelnen Bauten bleiben bei den jeweiligen Architekten. Alle Angaben stammen von den Bauplanern.

ISSN 1420-0260

Lignum-Hotline: 044 267 47 83 Benutzen Sie unsere Fachberatung am Tele­fon von 8–12 Uhr, die täglich von Montag bis Freitag gratis zur Verfügung steht.

Druck Kalt Medien AG, Zug


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