Innsbrucker Stadtnachrichten

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LStadtteilwappen für die ReicIienaiÜJ Als der Name „Reychnau" im Jahre 1461 — also vor rund 530 Jahren — erstmals in einer Urkunde erwähnt wurde, war damit ein landwirtschaftlich genutztes Grundstück der alten Dorfgemeinde Amras gemeint, welches als „Wiesmahd" zuvor allmählich der Amraser Innau abgerungen und urbar gemacht worden ist. Die Reichenau wurde daher auch als „Raut" bezeichnet. Wir dürfen mit Sicherheit annehmen, daß um 1461 auch Von Stadtarchivdirektor Sen.-Rat Univ.-Doz. Dr. Franz-Heinz Hye bereits der alte landesfürstliche Gutshof in der Reichenau bestanden hat; — seine eindeutige Erstnennung datiert allerdings erst von 1510. Bis zum Jahre 1665 für die Versorgung des landesfürstlichen Hofes in Innsbruck zuständig, bildete der Gutshof bis zum Beginn unseres Jahrhunderts das einzige Gebäude in der Reichenau. Von 1666 bis 1812 im Besitz der Grafen Spaur, wechselte das Gut im 19. Jahrhundert mehrfach den Besitzer und wurde im Jahre 1902 über Initiative von Bürgermeister Wilhelm Greil für die Stadt Innsbruck angekauft. Ankaufsmotiv war primär die durch diesen großen landwirt-

schaftlichen Betrieb ermöglichte teilweise Milchversorgung der Stadt in Eigenregie. Wie richtig diese Überlegung war, zeigte sich besonders in den Notjahren während und nach dem 1. Weltkrieg. Als man hier dann im Jahre 1925 Innsbrucks ersten Flughafen angelegt hat, entschloß man sich daher für die Rasenpiste, um die für die Bevölkerung wichtige Landwirtschaft nicht durch den Flugbetrieb zu beeinträchtigen und errichtete für das nun öfter zu mähende Gras einen Grünfuttersilo — den ersten in Tirol. Die Zeit des NS-Regimes brachte dann für die Reichenau einerseits den ersten Bau der dortigen Innbrücke (1938/39), andererseits aber auch die Errichtung des fürchterlichen GESTAPO-Lagers, welches für viele Menschen Tortur und Tod, für viele auch die erste Station am Weg in die NSKonzentrations- und Vernichtungslager bedeutete. Bewußt hat man für dieses Lager den Standort weit draußen in der Au abseits der Stadt gewählt, damit die Bevölkerung davon möglichst wenig merken sollte. — Die nächsten Siedlungen waren damals die Villen an der Westseite der Kravoglstraße, die Flugplatzbauten und — mitten in der Au am Langen Weg — die „Bocksiedlung". Alles

andere war bis in die Fünfzigerjahre unverbautes Grünland. Dies änderte sich erst, nachdem der Innsbrucker Gemeinderat am 16. Oktober 1952 den grundlegenden Beschluß gefaßt hat, auf den stadteigenen Grundstücken des Reichenauer Gutshofes einen neuen Wohnstadtteil entstehen zu lassen. Seither vollzog sich hier eine rasante Entwicklung, die im Osten von Pradl einen der volkreichsten Stadtteile hervorgebracht hat. Neben den Wohnblöcken und Hochhäusern entstanden 1959/60 die katholische St. Paulus- und 1962/64 die evangelische Auferstehungskirche bzw. ist gegenwärtig — als zweite katholische Pfarrkirche — St. Pirmin im Entstehen. Durch eigene Kindergärten und Schulen ist die Reichenau heute der einzige neue Stadtteil, wo die Kinder bis zur Gymnasial-Matura ihre Schullaufbahn im eigenen Wohnbereich absolvieren können. Überdies bildet der Gutshofweg eine ansprechende Grünanlage des Stadtteiles, wobei allerdings zu bedauern ist, daß der historische Gutshof selbst im Übereifer in den Jahren 1968/70 radikal und spurlos beseitigt worden ist. Erhalten aber blieb der erst 1973 vom Verfasser wiederentdeckte

historische Roßsprungstein aus der Zeit Erzherzog Sigmunds des Münzreichen (1446—1490/96), welcher — geschmückt mit Kreuz und österreichischem Bindenschild — an den einstigen Wasserlauf von der Sill zum Amraser See bzw. an einen Sprung über diesen ehemaligen Graben erinnert: Er bildet das älteste Denkmal der Reichenau. Als die Vereine und Korporationen der Reichenau bzw. deren Repräsentanten bei einer gemeinsamen Sitzung am 17. Jänner 1990 über Empfehlung des Verfassers die Annahme eines Stadtteil-Wappens beschlossen, fand dieser Denkstein darin ebenso seinen Platz, wie die Pfarrsymbole von St. Paul und St. Pirmin. Beschreibung des Wappens: „Der gespaltene Schild zeigt im weißen vorderen Feld auf grünem Schildfuß eine Darstellung des Roßsprungsteines mit österreichischem Bindenschild und Kreuz, im roten hinteren Feld hingegen schräg gekreuzt das goldene, gesenkte Schwert des hl. Apostels Paulus und den goldenen Abtstab mit schwarzer Schlange des hl. Abtbischofs Pirmin, an dem sich unten eine schwarze Schlange vom Boden aufschlängelt!' Die graphische Ausführung stammt vom Heraldiker Ernst Mairhofer aus Sautens. Die Publikation des Reichenauer Stadtteilwappens erfolgt beim Stadtteilfest am 7./8. September 1990.

1890 VOR HUNDERT JAHREN 27. August: „Für Mittelschüler: In einer anständigen Familie in Innsbruck finden Mittelschüler für das kommende Schuljahr gute Pension mit liebevoller Behandlung und gewissenhafter Aufsicht!' 4. September: „Bei der am 19. v. Mts. stattgefundenen commissionellen Besichtigung des von der Stadtgemeinde Innsbruck behufs Unterbringung der k. k. Oberrealschule zur Verfügung gestellten, ehemals als Spital benützten, neu adaptierten Hauses Nr. 10 am Martgraben wurden sämmtliche Räumlichkeiten als in jeder Beziehung zweckentsprechend gefunden!' 11. September: „Die k. k. priv. Südbahn hat sich nun entschlossen, dem langgehegten Wunsche Das neugeschaffene Stadtteilwappen der Reichenau. (Repro: Murauer) nach Errichtung einer Haltestelle

in Mühlau Folge zu geben. Im Anschlüsse daran errichtet die Rauch'sehe Kunstmühle eine Betriebsbahn zu ihrem Etablissement!' 13. September: „In der Sitzung des Gemeinderathes erwähnte Gemeinderath Schumacher, daß kürzlich zur Nachtzeit in den ersten Stock der Volksküche (in der Herrengasse) eingestiegen und einige Portionen Braten und Kartoffel, sowie auch eine Anzahl Marken gestohlen wurden, und ersucht daher, auch die Fenster des ersten Stockes mit Eisenstäben zu versehen, sowie in dem Zimmer der Wirtschafterin eine Telegraphenleitung nach dem Polizei-Wachzimmer anzubringen, was beides seitens des Bürgermeisters mit Einwilligung der Gemeinderäthe zugesagt wird!' W.


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