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Seiten 6 und

Ganz schön schnell

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Interview mit Martin Stoll, Inhaber Martin Stoll Textilagentur GmbH

Auf welche Stärken kann sich Ihr Unternehmen abstützen?

Wir haben das grosse Glück, in Fernost

«mit zuverlässigen Partnern zusammenzuarbeiten. So führen wir auch ein Büro in Dhaka, von wo aus wir einen sehr guten Kontakt zu unseren Lieferanten unterhalten. Das hilft bei der Warenbeschaffung wie bei den Speditionen. Jedoch darf man sich nicht wie bis anhin auf eine bekannte Transportmöglichkeit verlassen. Vielmehr sind neu verschiedene Wege zu prüfen, damit die Ware möglichst schnell von Fernost per Schiff oder Luftfrachten nach Europa und in die Schweiz geliefert wird. Bis anhin kam viel mit dem Schiff von Rotterdam nach Basel. Im Moment wird auch mit der Bahn und im Notfall per LKW transportiert, was der schnellste Weg ist. Doch auch die Bahn ist auf der Strecke Rotterdam oder Hamburg nach Basel sehr schnell.

Wie verändert das Thema Nachhaltigkeit den Markt?

Alles spricht von nachhaltig produzierter Ware. Das geht bis zu den Verpackungen. So werden Kartonschachteln nicht mehr gefärbt, sondern sind braun wie das Naturprodukt. Die Textilien sind nicht mehr in Plastik verpackt, sondern liegen offen in Schachteln. Immer mehr Konsumenten oder Konsumentinnen fragen nach nachhaltigen Stoffen wie ökologisch produzierter Viskose oder recyceltem Polyester. Die jungen Leute suchen heute 100 % Wolle oder Baumwolle, am liebsten Bio-Baumwolle. Doch sind in den letzten Monaten die Materialien viel teurer geworden. Das schlägt sich natürlich auf die Preise des Endprodukts nieder.

Woher kommt das rezyklierte Polyester?

Aus rezyklierten PET-Flaschen entsteht zum Beispiel Split für den Strassenbelag. Zum Teil wird das Polyester wieder verflüssigt und für neue PET-Flaschen verwendet. Früher spielte China im Recycling von PET-Flaschen eine wichtige Rolle. Mittlerweile ist China gar nicht mehr so stark an unseren PET-Flaschen interessiert. Bei den Textilien gab es auch schon in der Vergangenheit Polyester-Blusen, die wieder rezykliert wurden. Heute kommt Polyester-Garn zum Teil aus der Türkei und ansonsten aus Fernost. Dort werden die Preise für Polyester auf der ganzen Produktionsbreite erhöht.

Gibt es Beispiele für nachhaltige Abfallbewirtschaftung?

In Prato, Italien, wird zum Beispiel in grossen Mengen Wolle rezykliert. Die Kundschaft schätzt die so wiederverwendete Wolle und dies nicht nur wegen der günstigeren Preise. Ich kenne eine Denim-Weberei in Norditalien, die in diesem Bereich neue Wege geht. So wird der Stoffabfall zu neuen Garnen versponnen, die zu nachhaltigen neuen DenimQualitäten verarbeitet werden. Zum Teil entstehen auch Stoffe, die in der Produktion weniger Farbstoffe und weniger Wasser benötigen. Zum einen entwickelt sich im Unternehmen ein ökologisches Denken, zum anderen liefert dies auch ein Verkaufsargument. Der Kunde oder die Kundin kauft eine Jeans aus ÖkoDenim mit Label «Produced in Europe».

Wird Fast Fashion ein Trend bleiben?

Das Unternehmen Zara ist Vorreiter beim Modell Fast Fashion und insgesamt in der Mode. Alle zwei, drei Wochen kommt eine neue Kollektion ins Geschäft. Damit werden vor allem die 15- bis 30-Jährigen angesprochen.

Wenn Zara Seide bringt, setzen die anderen Marken auch auf Seide.

Was ist das Erfolgsgeheimnis?

Wenn zum Beispiel Stoffe mit grösseren Blumen im Trend sind, nimmt Zara dies im aktuellen Sommer auf. Ihre Bestellungen werden dann bei den Fabrikanten in Europa bevorzugt behandelt. Nur ein Teil der Stoffe wird in Europa produziert, zum Beispiel der Druck für eine Bluse oder ein

Kleid. Diese Stoffe werden innerhalb von zwei, drei Wochen hergestellt, gehen zum Beispiel in die Türkei zum Konfektionieren und sind innerhalb von sechs Wochen zurück im Verteilerzentrum. Nach sechs bis acht Wochen sind sie in den

Läden. Andere Firmen bereiten die Kollektionen im Sommer 2022 vor und verkaufen sie ein Jahr später. Zara ist professionell aufgestellt und beschäftigt in Barcelona sowie in Nordspanien sehr viele Designer. Für diesen Erfolg braucht es viel Kapital und eigene Geschäfte. Zara ist praktisch ein vertikaler Betrieb und sehr schwierig nachzuahmen.

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