Fazit 99

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Essay von Werner Reichel

Die Feinde der Freiheit

sterreichs mediale, kulturelle und politische Landschaft ist eine Wüste. Mitten in dieser weiten Einöde steckt tief im Sand ein Schild. Darauf steht in dicken Lettern: »Politisch korrekt«. Die meisten Bewohner dieser Wüste denken, leben und handeln nach demselben Muster. Auf den Bühnen, im TV und in der Literatur stets derselbe neosozialistische Meinungsbrei. Gleiches gilt für die Medien. Egal ob Qualitäts- oder Boulevardblätter, ob privates Unterschichten-TV oder regierungstreues Staatsfernsehen, alle bewegen sich im selben Meinungs- und Gedankenbiotop. Nur die Verpackung ist entsprechend der jeweiligen Zielgruppe eine andere, der Inhalt wird immer an die politischen Vorgaben angepasst. Egal ob kleiner Boulevardzeitungsredakteur oder Feuilletonist beim elitären links-»liberalen« Blatt, alle verkünden dieselben Wahrheiten. Der politisch korrekte Untertan erfährt so, was opportun ist und wie und was er gerade zu denken und zu sagen hat. Die Grenze zwischen Gut und Böse ist, so wie einst im Kommunismus oder Nationalsozialismus, klar gezogen, um auch dem einfacher gestrickten Gutmenschen die Orientierung zu ermöglichen, damit er das Böse und den Feind klar erkennen und benennen kann. Andernfalls kämen manche vielleicht auf die Idee, dass freie Marktwirtschaft, Eigenverantwortung oder Atomkraft so übel nun doch nicht sind und dass man mit Sozialismus, Männerdiskriminierung, Plastiksackerlverbot, Wind- und Fahrrädern nur sehr schwer die Welt wird retten können.

Dem gemeinen Bürger wird jedenfalls stets derselbe Meinungseintopf inklusive dem politisch korrekten Koordinatensystem serviert: An einem Ende der Skala (am bösen) stehen: Kapitalismus, (Neo-)Liberalismus, freie Marktwirtschaft, Atomkraft, Gentechnik, Männlichkeit, Unternehmertum, traditionelle Familienstrukturen, Fleischkonsum, Eigenverantwortung oder strenge Zuwanderungskriterien. All das gilt es zu bekämpfen und auszumerzen, sei es mit Quoten, Gesetzen, Gewalt, Zuckerbrot und Peitsche, Propaganda, Marketing oder (Um-)Erziehung. Die Mittel werden von Jahr zu Jahr drastischer, das politische Koordinatensystem immer weiter nach links verschoben. Haltungen, die vor zehn Jahren noch als bürgerlich galten, werden heute als rechts oder rechtsextrem bekämpft. Die einstmals konservativen europäischen Parteien wie ÖVP oder CDU passen ihre Überzeugungen und Ziele an das kontinuierlich nach links driftende politische Koordinatensystem brav und ohne großes Murren an. Im grünen Bereich des politisch korrekten Wertekatalogs finden sich: Linke, Feminismus, Gender-Mainstreaming, Buntheit, Greenpeace, Keynesianismus, Multikulti, Neosozialismus, Patchworkfamilien, Veggie-Day, Planwirtschaft, Windräder oder Einkaufstaschen aus fair gehandelter Jute. Das Ziel der europäischen neosozialistischen Gesellschaftsingenieure scheint jedenfalls ein gegenderter, technik- und fortschrittsfeindlicher, staatsgläubiger, antikapitalistischer, öko-muslimischer Einheitsbürger zu sein. Aber wo es genau hingehen soll, dürften die Apologeten der Öko-Gender-Multikulti-Ideologie selbst nicht so genau wissen. Jedenfalls will man, so wie einst der »g’schupfte Ferdl«, möglichst schnell dort sein. Vorerst geht es deshalb primär um die Zerstörung »überkommener Strukturen und Traditionen«, um das Ende des reaktionären, repressiven, kapitalistischen, patriarchalen Schweinesystems. Um das zu erreichen, müssen die Bewohner der politisch korrekten Meinungswüste von Kindesbeinen an auch ganz korrekt erzogen werden. Die Linke und die sich in einem Transformationsprozess befindlichen einstmaligen bürgerlichen Parteien drängen deshalb immer stärker auf möglichst viele verpflichtende Kindergartenjahre, auf Gesamtund Ganztagsschulen, frei nach der Marketing-Binsenweisheit: Schnapp sie dir, solange sie jung sind. Die Kinder sollen, so wie einst im real existierenden Sozialismus Osteuropas, möglichst rasch dem schädlichen Einfluss der potenziell nicht-linken Eltern entzogen werden. In staatlicher Obhut sind die lieben Kleinen besser aufgehoben als im privaten Umfeld, zudem sie besser kontrolliert und indoktriniert werden können. Mit hohlen, pseudowissenschaftlichen Phrasen verkauft man den Eltern diese Zwangsmaßnahmen

Der politisch korrekte Untertan erfährt so, was opportun ist und wie und was er gerade zu denken und zu sagen hat.

Foto: Archiv

Ö

Mag. Werner Reichel ist Publizist und Autor. Er studierte Ethnologie, Publizistik und Kommunikationswissenschaften an der Universität Wien. Seit 1995 ist er im Rundfunk tätig und war am Aufbau mehrerer Radiostationen maßgeblich beteiligt. Er unterrichtet an der Fachhochschule für Journalismus und Medienmanagement in Wien. 2012 veröffentlichte er »Die roten Meinungsmacher - SPÖ-Rundfunkpolitik von 1945 bis heute« im Deutschen Wissenschaftsverlag. wernerreichel.at Fazit Jänner 2014 /// 47


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