Fazit 91

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THEMA KONSUM

DAS GUTE, SCHLECHTE UND BÖSE Von der Macht und Ohnmacht der Konsumenten

VON MICHAEL THURM

MITARBEIT: FRITZ HAGEDORN

Man gibt sich schon große Mühe, ein guter Mensch zu sein. Also zumindest wenn es dafür genügen würde, ein guter Konsument zu sein. Ich gehe am Samstag auf den Bauernmarkt und schaue, dass im Supermarkt möglichst nur Produkte in den Einkaufswagen kommen, auf denen ein Bio-Siegel, ein Fairtrade-Logo oder so etwas Ähnliches steht. Irgendetwas, das zumindest hoffen lässt, dass die Lebensmittel, für die ich mein Geld ausgebe, doch etwas gesünder, leckerer und besser sind als der Rest. Und ich bin kein Einzelfall: »Bio« ist seit über zehn Jahren im Aufwind. Laut Zahlen der Agrarmarkt Austria (AMA) kaufen bereits neun von zehn Menschen »zumindest gelegentlich« Bio-Produkte. Ihr Anteil am Umsatz stieg in den letzten fünf Jahren um rund 35 Prozent. Es sind vor allem Milchprodukte, Eier und Gemüse, bei denen Angebot und Nachfrage inzwischen eine relevante Größenordnung erreicht haben. Über 11 Prozent der Eier (im Lebensmittelhandel) werden bereits als Bio-Eier verkauft und machen dabei 18 Prozent des Umsatzes aus. Hauptargument für den Bio-Kauf ist bei der Hälfte der Konsumenten der Wunsch nach gesunder Ernährung. Dabei muss klar sein: »Gesund« ist relativ. Denn wenn 8

FA Z I T

man unter gesund versteht, dass keine Zusatzstoffe verwendet werden, keine unverhältnismäßigen Düngemittel oder gar gentechnisch aufbereitetes Essen, dann wird man mit Bio zufrieden sein. Das ändert aber nichts daran, dass Bio-Ware verderblich ist, wegen weniger oder gar keiner Konservierungsstoffe sogar schneller als konventionelles Essen. Wer sich das bewusst macht, sollte auch auf den Gedanken kommen, dass auch Bio-Lebensmittel keine 100prozentige Sicherheit geben können. Denn in der ganzen Diskussion um Pferdefleisch in Rinder-Tortelloni, um Massentierhaltung am Bio-Hof oder chinesische Kürbiskerne im steirischen Öl sollte man ein paar Grundsätze formulieren, für die es noch kein Logo, keinen Verband und keine Lobby gibt. 1. Betrug wird sich nicht verbieten lassen. (Nur bestrafen, nachdem er geschehen ist.) Es gibt also keine absolute Sicherheit. 2. Nur weil etwas »bio«, »fair« oder »öko« heißt, muss es nicht besser schmecken. Das sagt nur etwas über die Produktionsmethode aus. 3. Nur weil ein Produkt »regi onal«, »österreichisch« oder »vom Bauernhof« ist, muss es nicht gesund oder biologisch produziert sein. APRIL 2013


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