Wie halten Sie die Eingeborenen hier lange genug vom Saufen ab, so dass sie die Fahrprüfung bestehen?
Prinz Philip, Herzog von Edinburg und Prinzgemahl, 1921–2021 als Frage an einen Fahrlehrer im schottischen Oban im August 1995
Architektur
»Die Architektur hat mich gefunden. Und nicht ich sie«
Die Leiterin des Grazer Hauses der Architektur Beate Engelhorn über das Spannungsfeld zwischen Kunst und Architektur und über die aktuelle Ausstellung im HDA Von Michael Petrowitsch
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Fotos: Königliche Familie des Vereinigten Königreichs, Thomas Raggam, Verlag Ibera
eate Engelhorn geht in das zweite Jahr ihrer Tätigkeit als Chefin des Hauses der Architektur in Graz. Wir sprechen über Persönliches, Programmatisches und Zukünftiges und vor allem über die nachhaltige politische Kraft, die Architektur entwickeln kann. Und nach Engelhorns Meinung auch soll. Augenzwinkernd starten wir mit der ersten Frage …
Was ist der Unterschied zwischen Architektur und Kunst? Ist eh alles das gleiche, oder? Nein, natürlich nicht. Nicht umsonst wird die Architektur in der Geschichte als die »Mutter aller Künste« bezeichnet. Im Unterschied zur Kunst muss die Architektur auf viele verschiedene Dinge reagieren. So spielt neben der Gestaltung auch die Funktionserfüllung eine wichtige Rolle – ebenso wie die gelungene Einbindung in den gegebenen Kontext. Im Idealfall gehen Form und Funktion eine gut gestaltetet Symbiose ein und bieten der Umgebung – etwa in einer Stadt – einen bereichernden neuen Stadtbaustein für die Anwohner. Die Kunst muss in diesem Sinne nicht »nützlich« sein, ist aber wichtig als Medium zur Reflexion von Raum und Gesellschaft. Sie kann uns dadurch einen Spiegel vorhalten und uns helfen, unsere gebaute Umwelt bewusster wahrzunehmen und weiter zu verbessern. 78 /// FAZIT MAI 2021
Nach Schopenhauer ist Architektur gefrorene Musik. Stimmt das deiner Meinung nach? Räume können durchaus eine Symphonie der Sinne erzeugen. Historische Raumproportionen in der Geschichte, in griechischen Tempelanlagen bis hin zum Barock, wurden in ihren Proportionen von den Architekten mit den gleichen Maßverhältnissen »komponiert« wie die Akkorde in der Musiklehre. Ich glaube, dass sich Schopenhauers Aussage darauf bezog und viele empfinden diese Räume bis heute als besonders schön. Zeitgenössische Architektur wird nach anderen Gestaltungsmaßstäben entworfen. Und nicht alles in der Architektur ist immer harmonisch, muss es vielleicht auch nicht immer sein … [lacht] Noch etwas dramatischer, sind Ornamente Verbrechen? Um Adolf Loos zu zitieren – und dann bin ich am Ende mit meinen Weisheiten ... Ich mag Ornamente; aber nicht immer und überall. Der Ausdruck einer Architektur – sei es nach innen oder nach außen – sollte stimmig sein. Wenn das Ornament zu diesem Ausdruck beitragen oder ihn sogar verstärken kann, ist es willkommen. Als reine »Dekoration« wirken Ornamente oft deplatziert und werden meist benutzt, um bestehende Missstände zu überdecken. Das funktioniert selten und trägt
keinesfalls zu einer qualitätsvollen Architektur bei.
Zu Deinem Werdegang: Es gibt ja verschieden Ausbildungsstätten, was war da prägend? Braunschweig und seine Zeichensaalkultur mit einer semesterübergreifenden Zusammensetzung haben mich sehr geprägt. Da wurde nächtelang gearbeitet und diskutiert. Aber besonders beeindruckt hat mich der Unterricht an der ETH in Zürich. Hier gab es einen bemerkenswerten, fachlich fundierten und konstruktiven Diskurs zwischen den Dozenten und den Studierenden. Es ging dabei immer um das Projekt und wie man es noch besser machen könnte – weniger darum, wer mit seiner Meinung im Recht wäre … Zudem war es selbstverständlich, mit vorhandenem Geschichtswissen zu arbeiten und daraus Neues zu entwickeln – also nicht darum, das »Rad immer komplett neu erfinden« zu wollen. Was ist wichtiger, Funktion oder Schönheit? Im Idealfall kommt beides zusammen!
Wie nun soll sich das HDA unter deiner Ägide entwickeln? Nichts muss, alles kann. Ich möchte Ideen anstoßen, inspirieren, Möglichkeiten aufzeigen und vor allem vermitteln, denn Architektur und gebaute Umwelt gehen uns