Fazit 172

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Essay von Barbara Eibinger-Miedl

Die steirische Wirtschaft steht auf einem guten Fundament ie Coronakrise war in Österreich – so wie in allen anderen Regionen der Welt – im vergangenen Jahr das bestimmende Thema. Die Pandemie hat auch in der Steiermark im Frühjahr abrupt zu einer Vollbremsung der Wirtschaft geführt, die davor in unserem Bundesland sehr positiv gelaufen war. Zahlreiche Branchen sind seither von den Auswirkungen massiv betroffen. Dabei sind sich die Wirtschaftsforscherinnen und -forscher einig, dass die Folgen von Corona noch länger zu spüren sein werden.

Unmittelbare Auswirkungen am Beispiel verschiedenster Kennzahlen Während die Steiermark im Jahr 2019 mit einem realen Zuwachs des Bruttoregionalproduktes von 2 Prozent den höchsten Wert aller Bundesländer verzeichnen konnte, gehen Schätzungen für das Jahr 2020 der Bank Austria vom Dezember 2020 von einem Rückgang in der Höhe von 8,5 Prozent aus. Nach einem Wachstum von 1,4 Prozent im Jahr 2019, brach 2020 das österreichische Bruttoinlandsprodukt laut Statistik Austria um 6,6 Prozent ein. Damit fällt der Rückgang der Wirtschaftsleistung 2020 deutlich höher aus als während der Finanzkrise. Laut aktuellen nationalen und internationalen Schätzungen wird für das reale österreichische Bruttoinlandsprodukt im Jahr 2021 ein Zuwachs in einer Bandbreite von 1,5 bis 3,5 Prozent erwartet. Für das Jahr 2022 soll der Zuwachs deutlich höher ausfallen und im Intervall 4 bis 5,7 Prozent liegen. Im Bereich des Exports war die Steiermark im ersten Halbjahr 2020 das am stärksten betroffene Bundesland Österreichs. Bei der Wareneinfuhr war ein Rückgang von 18,2 Prozent zu verzeichnen, die Warenexporte der Steiermark brachen im ersten Halbjahr 2020 um mehr als ein Fünftel ein. Damit betrug die Warenhandelsbilanz der Steiermark rund 2,2 Milliarden Euro und fiel damit um 33,4 Prozent niedriger als im ersten Halbjahr 2019 aus. Dieser massive Abwärtstrend in der Wirtschaft wirkte sich auch unmittelbar auf den steirischen Arbeitsmarkt aus. Im Bereich der Beschäftigungsentwicklung war ein Rückgang von 11.200 auf rund 509.200 unselbstständig Aktivbeschäftigte zu verzeichnen. Dabei waren sowohl Männer (-2,3 Prozent) als auch Frauen (-1,9 Prozent) vom Beschäftigungsrückgang in der Steiermark stark betroffen. Im Jahresdurchschnitt stieg die Zahl der als arbeitslos vorgemerkten Personen um 41,3 Prozent auf einen Durchschnittsbestand von 48.100. Damit stieg die Arbeitslosenquote im Jahresdurchschnitt deutlich von 6,0 Prozent auf 8,5 Prozent. Österreichweit war die Arbeitslosigkeit mit 10,2 Prozent noch höher. Dabei verzeichnete die Lehre in der Steiermark trotz Pandemie ein geringeres Minus als erwartet. Ein ähnliches Bild zeigte sich bei den Unternehmensgründungen. Dem Trend, sein eigener Chef zu werden, hat auch das Coronakrisenjahr keinen Abbruch getan. So wurden im Jahr 2020 4.487 Unternehmen in der Steiermark gegründet, inklusive der Personenbetreuung waren es sogar 5.918. Damit haben sich im Schnitt zwölf Steirerinnen und Steirer pro Tag selbständig gemacht. Gegenüber dem bisherigen Rekordjahr 2019 ist das ein Plus von 2,4 Prozent. Hingegen zählt der Tourismus zu den am stärksten von den Auswirkungen der Corona-Pandemie betroffenen Branchen. Dies wird etwa an den Gäste- und Nächtigungszahlen des Jahres 2020 deutlich. Gegenüber den Rekordwerten von 2019 sank die Zahl der Gäste im vergangenen Jahr um über 32 Prozent von vier Millionen auf 2,9 Millionen, jene der Nächtigungen um 25 Prozent von 13,3 auf 10 Millionen. Mittelbare Auswirkungen, die sich erst in den kommenden Jahren quantifizieren lassen Die temporäre Schließung des stationären Handels hat zu einer noch stärkeren Dynamik des Onlinehandels geführt, die sich auf einzelne Unternehmen sehr unterschiedlich ausgewirkt hat: Wer schon vor der Krise auf die Möglichkeiten des Onlinehandels gesetzt und dahingehend investiert hatte, konnte Umsatzausfälle während der Handelsschließungen naturgemäß leichter kompensieren als jene Unternehmen, die rein vom stationären Handel abhängig sind. Wie sich der Trend zum Onlinekauf nachhaltig auf den

Barbara Eibinger-Miedl skizziert im aktuellen Fazitessay, wie die Steiermark nach der Coronakrise zurück auf einen Kurs des Wachstums geführt werden soll.

Foto: Lunghammer

D

MMag. Barbara Eibinger-Miedl, geboren 1980 in Graz, ist seit 2017 als Landesrätin Mitglied der Steirischen Landesregierung. Aktuell für die Ressorts Wirtschaft, Tourismus, Regionen, Wissenschaft und Forschung. fb.com/barbaraeibingermiedl

FAZIT MAI 2021 /// 39


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