Fazit 169

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Alles Kultur kers Peter Weibels aufgreifen: Besser sein als Netflix! Das heißt didaktisch auch, dokumentarisch in Serien, Staffeln und Folgen denken. Natürlich müssen auch wir einen Umsatzentgang verkraften. Die von der Regierung aufgelegten Programme sind da sicherlich hilfreich und wir nehmen sie ebenso dankbar an wie die ungebrochene Unterstützungsbereitschaft unserer Sponsoren UniCredit Bank Austria, Signa, Amundi und Ergo. Wir wissen aber auch, dass wir damit privilegiert sind und unsere Situation nicht auf andere Kulturunternehmen, -projekte, -initiativen (wie etwa die Clubkultur) oder gar viele Künstlerinnen und Künstler umlegbar ist. Abgesehen von nachhaltigen, kulturökonomischen Implikationen die Zukunft betreffend wird damit auch eine Entsolidarisierung der gesamten Kulturbranche in Kauf genommen. Das kommt daher, dass Kultur von der Kulturpolitik – im Gegensatz zu Waffengeschäften – nicht als systemrelevant erachtet wird. Das erachte ich für den größten Fehler. Kultur ist einfach kein Freizeitbetrieb wie eine Paintballanlage. Ich behaupte vielmehr: Für eine Gesellschaft auch wichtiger als Skilifte. Stella Rollig, Generaldirektorin Belvedere (Wien) Das Belvedere hat viele Krisen überstanden, es wird auch diese überleben. Es ist ein Orientierungspunkt in einer unübersichtlichen Gegenwart. Es gibt Halt als historische Konstante, als Brücke zwischen Vergangenheit und Zukunft. Kunst ist Grundlage einer freien Gesellschaft und für alle in gleichem Maße da – das Belvedere arbeitet stetig an der Öffnung in n alle Richtungen.

Rezension

Manipulation in Buchform Von Thomas Goiser

D

er Wiener Kommunikationsexperte Thomas Wilhelm Albrecht legte im November – nach »Die Rhetorik des Sebastian Kurz« (erschienen im Wahlkampf 2019) – sein zweites Rhetorik-Buch vor. Es sensibilisiert zur Enttarnung von Kampfrhetorik aller Art im Alltag und den wirksamen Schutz dagegen. Wie schon beim Vorgänger-Buch analysiert Albrecht kompakt und doch akribisch kürzlich Medienauftritte bekannter Persönlichkeiten zu kontroversiellen Themen, diesmal aus Österreich und Deutschland mit Gastauftritten von Boris Johnson und Donald Trump. Dominant auf diesen rund 100 Seiten ist die natürlich die Coronakrise und ihre Bewältigung (what else?). Die Präsentation und Erklärung diverser »kognitiver Verzerrungen« (rund 30 Seiten) bringt eine spannende Zusammenfassung von mittlerweile recht gut erforschten Denkfehlern, die uns im Alltag das Leben schwermachen. Viele der von Albrecht vorgestellten Methoden und

Konzept sind angewandtes und anwendbares Neurolinguistisches Programmieren, kurz NLP – sei es für die Analyse oder das aktive Kommunizieren und Agieren. Das wichtigste in Bezug auf Manipulation, NLP und das Leben allgemein steht bereits in der Einleitung: »Auf die Absicht kommt es an.« Eine oftmals ignorierte Selbstverständlichkeit, aber auch Ausdruck eines humanistischen Grundtons, der das gesamte Werk durchzieht. Als Abschluss liefert Albrecht eine übersichtliche und reichlich kommentierte Zusammenfassung von »Die Kunst, Recht zu behalten« von Arthur Schopenhauer. Dass mit der (auch abschnittsweise möglichen) Lektüre des Buches die Reflexion des eigenen Wahrnehmungs- und Kommunikationsverhaltens und ein Training der eigenen sprachlichen Fähigkeiten einhergehen, ist wohl gewünscht. Eigentlich erhält man mit »Kampfrhetorik« mehrere kleine Ratgeberbücher zum Preis von einem mittelgroßen. Das Buch eignet sich großartig als Weihnachtsgeschenk, vor aln lem an sich selbst.

Kampfrhetorik Von Thomas Wilhelm Albrecht Verlag Goldegg goldegg-verlag.com

Stella Rollig

FAZIT JÄNNER 2021 /// 81


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