Erfolg braucht Führung
Managementserie
Patchwork nach Fusionen Wie Fusionierungen gelingen.
Ein Gespräch von Carola Payer mit Tamara Haas, Rechtsanwältin und Mutter von zwei Kindern sowie zwei Patchworkkindern.
Fotos: Marija Kanizaj, Archiv
Dr. Carola Payer betreibt in Graz die »Payer und Partner Coaching Company«. Sie ist Businesscoach, Unternehmensberaterin und Autorin. payerundpartner.at
44 /// FAZIT DEZEMBER 2019
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enn zwei Unternehmen heiraten, sind sie sich oft völlig fremd. Wenn Partner, die in eine neue Beziehung gehen und Kinder mitbringen, ähnelt das einer Fusion. Auch Unternehmen, die in derselben Branche arbeiten oder Partner schon Familien haben, müssen sowohl bei Fusionen als auch in »neuen« Familien die unterschiedlichen Unternehmens- und Familienkulturen zusammen geführt werden. Dafür müssen die Führungskräfte und Eltern der verschiedenen Systeme professionell handeln und kommunizieren. Im Patchwork-Jargon spricht man von der »Patchwork Lüge«, wenn Eltern sich einreden, dass das leicht ist. Bei Fusionen spricht man im Modell der 7 Veränderungsphasen von der Ablehnung oder Verneinung, die Themen wahrnehmen zu wollen. »Die Zeit wird das schon richten« ist ein falscher Zugang. Der Prozess muss gut geleitet und eventuell sogar extern begleitet werden. Das bestätigt auch Tamara Haas: »Viele gehen davon aus, dass sie wie in der früheren Beziehung leben können, nur halt mit einem neuen Partner. Das ist der häufigste Fehler, der gemacht wird.«
Verständnis und Demut versus Egoismus Tamara Haas: »Immer der Partner, der dazukommt, muss zuerst zurückstecken und flexibel, kompromissbereit und einfühlsam sein. Zumindest in den ersten zwei Jahren ist das sehr wichtig, damit es klappt. Man darf nicht ‚die Mama spielen‘, muss geduldig sein. Man braucht einen langen Atem. Eine große Gefahr ist, wenn man seine eigenen Interessen zu wichtig nimmt. Viel wichtiger ist es, sich in die Lage des anderen zu versetzen. Man muss oft einfach im Hier und Jetzt sein und nicht in seinen Erwartungen. Was ist jetzt in diesem Augenblick wichtig und vor allem wirksam? Mein Beruf der Anwältin hilft mir extrem. Berufsbedingt muss ich viele verschiedene Charaktere vertreten. Ich habe alle beteiligen Parteien schon vertreten und weiß, wo es hapert, wo gibt es Probleme. Ich verstehe Mütter und Väter und ergreife keine Partei. Ich versuche, neutral zu sein. Ich weiß, was Scheidungen, Unterhaltsstreit etc. bei anderen auslöst und welches Verhalten es triggert. Das heißt: Bist du mediativ veranlagt, dann geht das ganz gut. Bist du es nicht, dann scheiterst du.« Bei Fusionen fallen das Verständnis und die Zurücknahme des Egos eventuell schwerer, weil diese oftmals eher Vernunftehen als Liebesheiraten sind. Vernunftehen, in denen Emotionen eine große Bedeutung und Wirkung haben. Der Mangel an Vertrauen und Zutrauen, die Angst, Verlierer zu sein, der Druck, wieder schnell zu performen, kann das offene Zugehen auf die neuen Kollegen beeinflussen oder sogar extreme Widerstände und Kampfsituationen auslösen. Wenn man auf Akzeptanz durch die Mitarbeiter Wert legt, dann muss es den Führungskräften gelingen, rasch das Vertrauen zu erarbeiten. Sie müssen bei Kampf- und Abgrenzungstendenzen eingreifen und den Perspektivenwechsel der Mitarbeiter fördern. Emotionen sind Tamara Haas aus der Anfangsphase nicht fremd: »Am Anfang war die Eifersucht ein Thema. Weiters Frust und Stress, zu wenig Zeit für die neue Beziehung zu haben. Du bist frisch verliebt, voller Tatendrang und dann kannst du dich von Freitag bis Sonntag um ‚seine‘ Kinder bzw. die Kinder ‚anderer‘ kümmern.« Loslassen von Gewohnheiten und Einstieg in eine andere Kultur Mitarbeiter haben sich an die Strukturen, Prozesse, Arbeitsweisen und Spielregeln in Unternehmen gewöhnt. Kinder an die Erziehungsmodelle ihrer Eltern. Sie kennen die Entscheidungswege