Der einzige Weiße, dem man trauen kann, ist ein toter Weißer. Robert Mugabe, afrikanischer Potentat und Diktator, 1924–2019
Jazz dem Volk 25 Jahre Jazz in Saalfelden
… und dem Puristen!
Das Jazzfestival in Saalfelden, de facto das Jazzfestival Saalfelden und für viele nur »Saalfelden« feierte seine vierzigste Ausgabe. Und machte einen auf gelungen, runderneuert und enkelfit. So was nennt man perfekte Markenentwicklung. Fotos: russische Präsidentschaftskanzlei, Michael Geißler
TEXT VON MICHAEL PETROWITSCH
80 /// FAZIT OKTOBER 2019
I
n den späten Neunzehnachtziger- und frühen Neunzehnneunzigerjahren war alles viel lustiger oder zumindest unbeschwerter. Wirklich, und man hatte da so seine kleinen Geheimnisse: Jazz zum Beispiel. Das Zeugs, das die wenigsten der Gleichaltrigen so richtig mochten, es roch irgendwie alt und verfault. Das kleine Geheimnis hat man auch kaum jemandem verraten. Man musste daher wohl auch in abgelegene Orte fahren, um seiner Leidenschaft zu frönen. Die Jazzhauptstadt Graz war zwar da, aber eben deswegen irgendwie auch zu naheliegend. Denn da fehlte irgendwas. Auf Musikfestivals zu fahren und da im alten VW-Passat zu übernachten hatte schon mehr Klasse. Nun, Jazz stank zwar schon ziemlich, aber hob sich angenehm von anderen rein elektrifizierten oder gitarrenlastigen Jugendkulturen ab. Er ging irgendwie mehr in die Breite. Und als Junger ist man ein Suchender und vieles ist einem wurscht. Hauptsache Randale. Wiesen, Nickelsdorf und eben Saalfelden. Orte, die in ihrer Bedeutung bestenfalls als Touristenhotspots konnotiert waren, bekamen durch ganz wenige »Macher« aus den Gegenden für ein paar Tage einen internationalen Touch. Allerlei Schindluder »Kein Zutritt für Jazzgäste« verlautbarte man noch an so mancher Gaststätte am Eingang in den Neunzigern in und um diese besagten Regionen. Und Pensionen wollten Jazztouristen oft gar nicht beherbergen. Es wurde ja auch allerhand Schindluder getrieben. Kommt Zeit,
kommt Wandel. Man hat ja nicht nur Almudler getrunken und Camel geraucht. Kommt Zeit, kommt Wandel, anyway: Nach einigen Turbulenzen persönlicher wie finanzieller Natur in den frühen Nullerjahren wurde das Werkl in Saalfelden neu und anders aufgestellt. Die Marketing- und Tourismusbranche roch zeitgerecht den Braten, die Gäste die in alten Zeiten noch am Festivalgelände im Zelt nächtigten, waren nun wohl auch kaufkräftiger geworden. Man rettete das Festival und stellte es auf neue Gleise. Das legendäre Zelt vor den Toren Saalfeldens musste weichen. Man betrieb aktive Bürgernähe, um das von den Einheimischen bis dahin eher stiefmütterlich aufgenommene Musikfest zu revitalisieren, als ein Kind der Ihren zu machen und zog mal ins Zentrum. Neue Menschen spielen bei solchen Aktionen auch eine Rolle.
Nicht pädagogisch Einst hat er noch im wahrsten Sinne des Wortes selbst am Festivalzelt mitgebastelt. Mario Steidl, der mittlerweile erfolgreich die kuratorischen Geschicke lenkt, ist einer der von der Pike auf »Kulturarbeit« gelernt hat. Grundausbildungen wie diese machen sich bezahlt. Die 40. Ausgabe mit rund 80 Konzerten, davon gut zwei Drittel gratis, speiste sich daraus. Bezahlkarten für das »Jazzpublikum« für die Hauptbühne und das Kulturhaus Nexus und freier Zugang zu den anderen Bühnen und Locations im Saalfeldner Stadtgebiet bilden keine parallelgesellschaftlichen Phänomene, sondern ergänzen sich. In-