Fazit 156

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Europäisches Forum Alpbach

Auf engem Raum:

Die Vereinten Nationen von Alpbach Thomas Goiser hat für uns das Europäische Forum besucht und berichtet von aktuellen Herausforderungen und deren Konfrontation mit den Themen »Freiheit und Sicherheit«

J

ährlicher Fixpunkt im österreichischen Veranstaltungsreigen ist das Forum Alpbach, das 2019 bereits zum 74. Mal stattfand. Heuer war unter dem Generalthema »Freiheit und Sicherheit« dennoch einiges anders. Bedingt durch die Neuwahlen war die Dichte an Bundesministerinnen und -ministern (vorläufig a. D.) sehr hoch, dazu kamen natürlich ein Großteil der aktuellen österreichischen Übergangsregierung, ehemalige deutsche Spitzenpolitiker mit Zukunftspotenzial (Karl Theodor zu Guttenberg, Friedrich Merz), Intellektuelle von Weltrang wie Jeffrey Sachs, Joseph Stiglitz, Bundespräsident Alexander Van der Bellen, EU-Kommissar Günther Oettinger, die Präsidentin der UNO-Generalversammlung, Maria Fernanda Espinosa Garces, der ehemalige UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon und der frühere Generaldirektor der Welthandelsorganisation (WTO), Pascal Lamy. Wer einen Spitzengast nicht beim (meist überfüllten) Plenarauftritt sehen konnte, hatte im Umfeld – mit Einladung – die Chance bei einem Empfang, einer Sonderveranstaltung eines Partners oder bei einem Kamingespräch mit einer der Stipendiateninitiativen und -Clubs anzutreffen. Dies galt auch für den Bundespräsidenten und die Bundeskanzlerin. Es zeigte sich auch eine Tendenz zur Größe, die das Fassungsvermögen des Raums sprengt: Rund 5.000 Gäste, davon etwa 700 Stipendiatinnen und Stipendiaten aus 95 Ländern. Apropos Größe: Der Steiermark-Empfang ist der wohl traditionsreichste und – neben jenem Niederösterreichs – einer der größten Bundesländerempfänge. Die schwierige Balance von Freiheit und Sicherheit Aber zum Inhaltlichen: Klimawandel und Digitalisierung im Allgemeinen sowie die politische Verfasstheit der Europäischen

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Union und der Republik im Besonderen prägten die Diskussionen. Grundtenor war eine Art qualifiziertes Problembewusstsein mit verhaltenem Optimismus. Die Herausforderungen für die »Nächsten« sind groß, das gilt für die künftige EU-Kommission wie für die nächste Bundesregierung wie auch für die anstehenden Nachfolger in diversen führenden Staaten der Welt. Einige Regierungsmitglieder nutzten die Bühne der öffentlichen Aufmerksamkeit und ließen hier mit sehr klaren Botschaften aufhorchen. Werte- und Kostenfragen zu Freiheit und Sicherheit kamen auf den Tisch: Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein sprach sich für Balance im Spannungsverhältnis von Freiheit und Sicherheit aus: »Der demokratische Rechtsstaat geht von einem idealistischen Fundament aus, das auf dem Primat der Freiheit basiert. Demokratie ist fragil. Grundrechte sind nicht selbstverständlich. Sie müssen Tag für Tag verteidigt werden.« Junge Menschen müssten darüber aufgeklärt werden, was Freiheit, Sicherheit und Demokratie in ihrer Abhängigkeit voneinander bedeuteten und dass es sich lohne, dafür aufzustehen. Vizekanzler Justizminister Clemens Jabloner warb dafür, Gerichtsurteile zur Kenntnis zu nehmen. Kritik an diesen sei natürlich erlaubt. Urteile hätten es aber an sich, dass sie nicht alle glücklich machen können. Man solle Richtern deshalb nicht reflexartig unlautere Motive unterstellen. Außerdem hält er den Siegeszug der Grundrechte ungeachtet ihrer steten Vermehrung und Verfeinerung ernstlich bedroht. Dagegen sollte man sich stellen und es ansprechen, findet Jabloner. Verteidigungsminister Thomas Starlinger wiederholte in einem kurzen Vortrag seine Kritik an der schwierigen finanziellen Situation des Ressorts. Dass das Heer in jedem Fall zur Hilfe eilen könne, nannte Starlinger eine Illusion. Dies könne schon jetzt nicht mehr gewährleistet werden,


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