Wir werden alt, wenn wir aufhören zu denken. Tomi Ungerer, Grafiker und Schriftsteller, 1931–2019
Der Untergang der Titanen
Fotos: Claude Truong-Ngoc, Anna Stöcher, Archiv
Wie schlimm es um Österreich politisch und medial aktuell steht, wird ideologisch unterschiedlich befunden. Das aktuelle Theaterstück von Ed Hauswirth fürchtet sich. Zumindest um die vierte Gewalt im Staat, aber vielleicht um noch mehr.
Von Peter K. Wagner
I
n Steinhaus am Semmering steht ein Flüchtlingsheim, für das Österreich exakt 45.000 Euro zahlt. Monatlich. So etwas soll schon einmal vorkommen. Interessant ist es aber, weil der Mietvertrag einen Kündigungsverzicht bis ins Jahr 2029 vorsieht. Was insofern unpraktisch ist, weil die Unterkunft aktuell leer steht. Aus Mangel an Auslastung. Das mutet ein bisschen absurd an, überrascht im Detail allerdings nicht allzu sehr. Zumindest, wenn man ein gelernter Österreicher ist. 80 /// FAZIT MÄRZ 2019
Absurd geht es auch zu, wenn sich eine Gruppe von Journalisten, Redenschreibern und Medienfachleuten einmal im Jahr in einer Villa trifft. Da wird von den Frauen rituell gejoggt, während die Männer chronisch den Kochlöffel schwingen, und schließlich kippt die anfangs gute Stimmung zusehends, bis endlich das rettende, rauchbare Gras ins Spiel kommt. Gut, das ist jetzt alles keine Realität wie das obsolete Asylquartier, sondern lediglich die Rahmenhandlung von »Der Untergang des österreichischen Imperiums«. Alternativ- oder Subtitel: »Die gereizte Re-
publik«. Aber – und nun kommen wir zur Gemeinsamkeit – auch dieses Stück spielt am Semmering. Regisseur Ed Hauswirth zeichnet für sein aktuelles Werk ein düsteres Bild der politischen und medialen Gegenwart in Österreich. Anhand von acht Protagonisten, deren jüngster ein Sebastian Kurz der Medienwelt sein könnte. Jung, überaus biegsam und stets bereit, dem Volk zu entsprechen, hat er sich vom einstigen Praktikanten einer anwesenden Chefredakteurin a. D. zur Nummer eins des angesagtesten Boulevardmediums hoch-