Fazit 146

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Das ist nicht mein Stil, mit dem Bihänder auf Leute einzudreschen. Ich habe mir andere Umgangsformen erworben. Christian Kern, zur Stunde Bundesparteivorsitzender der SPÖ

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Fotos: Sabine Hauswirth, Neue Philharmonie München, Sascha Meister, Mathias Völzke (2), Liz Eve

Furioser Opener Beim Eröffnungskonzert der Grazer Oper am 22. September dieses Jahres machten die Grazer Philharmoniker mit Sergei Rachmaninows zweitem Klavierkonzert große Lust auf die nächste Spielzeit. Oksana Lyniv (Bild), Chefdirigentin des Orchesters, begeisterte mit ihrer unverwechselbaren Art des Dirigierens und führte das Orchester mit jedem Muskel ihres Körpers zu einer mehr als hörenswerten Aufführung dieses so schwermütigen (Moll!) wie schönen Konzertes von Rachmaninow. Auch Kateryna Titova am Klavier überzeugte und selbst nach dem zweiten Teil des Konzertes, einer Symphonie von Karol Szymanowski, kann man getrost auf den Spielplan für 2018/2019 schauen, wo etwa Richard Strauss’ »Salome« oder die »Cavalleria rusticana« von Pietro Mascagni (gemeinsam mit Leoncavallos »Pagliacci«) als Premieren anstehen. Freuen darf man sich auch auf die Wiederaufnahme von Giacomo Puccinis »Tosca«. Schauen Sie sich das an! oper-graz.com [ck]

Bilder einer Stadt

Zum zweiten Mal stellt der obersteirische Fotograf Sascha Meister seine Bilder im Grazer Café Kaiserfeld aus. Nach Prag steht diesmal die steirische Landeshauptstadt im Fokus. Die Ausstellung läuft noch bis November. saschameister.com [red] 80 /// FAZIT OKTOBER 2018

eine Gnade« war das Festivalmotto des steirischen herbst 1986. Neben den großen »The Fall« traten damals auch »Laibach« auf. Mit Spannung pilgerte man zu jener Zeit über die Mur zu einer Halle beim Hoferparkplatz in der Nähe des gar nicht so schicken Lendplatzes. Gentrifizierung auf der einen Seite, Provokation, Slavoj Žižek, Spiel mit Totalitarismen etc. auf der anderen ... Wir erinnern uns. Mittlerweile sieht Graz anders aus. Gebäudetechnisch ist einiges passiert, veranstaltungsmäßig und atmosphärisch ohnehin. Der Bedarf an »kritischer Kunst« ist jedoch weiterhin gegeben! Erwartungsvoll war man dieser Tage auf »das Neue«, weil irgendwie viel als »neu« angepriesen wurde. Handelnde Personen inklusive. Keine wirkliche Gnade kannte man auch für Ek-

gar nicht so einfach umzusetzen ist. Also gemach mit den Volksfronten. Symbolisch ging man schon am Eröffnungstag neue Wege und zwar nicht in die Listhalle, sondern vom Bahnhof durch die Keplerstraße bis zum Schlossberg, um eben Laibach zu huldigen. Die versuchten es diesmal mit explizit tagespolitischer Grundaussage. Ein aufgelegtes Leitmotiv ist die allgemeine politische Entwicklung in Österreich und Europa, eine sichere Bank sozusagen. Die Wichtigkeit dieser einen von vielen Funktionen von Kunst nämlich als Regulativ sieht auch Heinz Wietrzyk als Aufsichtsratsvorsitzender. Und natürlich wäre eine Schau mit rein ästhetischem Anspruch verfehlt (außer man bastelt ein Konzept drum herum). »Das Politische« muss also hier in einem Festi-

Der Herbst war nicht tot, er hat nur ab und zu ein wenig komisch gerochen, so ist das halt, wenn man älter wird … aterina Degot und ihr Team, das in relativ kurzer Vorlaufzeit ein Traditionsfestival neu erfinden musste. Dies in einer Stadt, in der bürgerliche und politische Bedürfnisse stark in kulturelle Gegebenheiten einfließen. Zudem war durch eine megalange Anwesenheit der Vorgängerin (diese hat fast ein Viertel der Festivalgeschichte geprägt) alles ein wenig zu, wie darf ich sagen, zu geordnet erschienen. Man war gespannt, denn die neue Intendanz hat neu aufgestellt. Der Herbst war nicht tot, er hat nur ab und zu ein wenig komisch gerochen, so ist das halt, wenn man älter wird … Mit einer schärferen Ausrichtung und vor allem angedachten stärkeren Internationalisierung tut man ihm freilich etwas Gutes. Ein Ansinnen, das auf die Schnelle

val sein, das ohnehin schon politisch und ästhetisch hoch diskursiv sein muss. »Das gehört zu seiner DNA!«, doziert Ernst Brandl als Aufsichtsratsmitglied, wiewohl er einräumt, dass Provokation und Stil zusammenhängen müssen. Provokation als Staffage »hat mit einem Avantgarde-Festival« seiner Meinung nach wenig zu tun. Aber das liegt unserer Meinung nach ja dann doch wieder im Auge bzw. in der Fähigkeit zur Reflexion des Betrachters. Und es gibt ihn, den starken Miteinbezug des Stadtbildes mit »schweren Zeichen« (Jean Baudrillard), um mehr als »nur« das Kunstpublikum zu erreichen. Ein großes Anliegen. Das »Begreifen des Festivals als Gesamtausstellung« begründet Henriette Gallus als stellvertretende Intendantin mit langer Documenta-Erfahrung ihr An-


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