Fazit 134

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Die Demokratie ist noch immer die beste aller schlechten Regierungsformen. Alois Mock

Fotos: Bektas, Scheriau

Bei der Zweijahresbilanz der steirischen SPÖ-ÖVP-Koalition appelliert Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer, die Reformfreudigkeit zu bewahren. Was haben Kurz und Macron gemeinsam? Was machen Emmanuel Macron und Sebastian Kurz so völlig anders als ihre Vorgänger? Ein steirischer Polit-Pressesprecher hat es mit den Worten »Beide reiten nicht länger auf einer toten Kuh« auf den Punkt gebracht. Damit hat er gemeint, dass sowohl für Macron als auch für Kurz der klassische Politapparat zur Belastung geworden ist, die sie am Erfolg hindert. Als Wahlkampfvehikel ist eine Partei, die sämtliche von ihr vertretenen Partikularinteressen in den internen Strukturen abbilden muss, alles andere als gut geeignet. Volksparteien können wegen ihrer vielen Mitglieder bei der Mobilisierung hilfreich sein. Wie man gerade bei Christian Kern beobachten kann, der einen unglaublichen SPÖ-internen Eiertanz aufführen muss, um endlich von der ÖVP zur FPÖ als Koalitionspartner wechseln zu können, sind sie nicht gera14 /// FAZIT JULI 2017

de hilfreich, wenn es darum geht, erforderliche strategische Neuausrichtungen vorzunehmen. Bei der ÖVP kommt dazu ihr komplizierter parteiinterner Interessenausgleich zwischen den ständisch organisierten Bünden und den Bundesländern, der zu einer Killermaschine für Parteiobmänner wurde. Dass Sebastian Kurz dennoch nicht auf die ÖVP verzichten kann, um Bundeskanzler zu werden, hat andere Gründe. Zum einen will er im Dreikampf mit Christian Kern und Heinz-Christian Strache so viele verbliebene ÖVP-Anhänger wie möglich mitnehmen. Zum anderen weiß Kurz, dass die ÖVP in den Bundesländern nach wie vor hervorragend mobilisieren kann. Außerdem kann er im Wahlkampf nicht auf das Geld der ÖVP verzichten, mit dem er einen teuren Wahlkampf finanzieren muss. Kurz, Kern, Strache – der Dreikampf hat begonnen Anders als der klassisch linksliberale Christian Kern wird Kurz als konservativ und wirtschaftsliberal wahrgenommen. Die SPÖ tut zwar alles, um Kurz vom konservativen in das rechtspopulistische Eck zu stellen, bisher gelingt ihr das jedoch nicht. Denn wie an einer Teflonpfanne bleibt an Kurz derzeit nichts kleben – weder die Idee, die Mittelmehrflüchtlinge zurück nach Afrika zu senden, noch seine Forderung, den islamischen Kindergärten in Österreich durch höhere Qualitätsstandards die Förderungen zu entziehen. Daher hoffen sowohl SPÖ als auch FPÖ darauf, dass sich selbst das widerstandsfähigste Teflon bei extremer Hitzeeinwirkung irgendwann ablöst. Doch Kurz hat ein simples Rezept. Er bleibt sich selbst treu und sagt auch im Wahlkampf nur das, was er schon immer gesagt hat: Er will die Migration in das Sozialsystem stoppen und Asyl und Zuwanderung auseinanderhalten. Damit vertritt er zwar die gleiche Position wie SPÖ-Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil oder der Bundeskanzler. Gegenüber ihrem linken Flügel konterkariert sich die SPÖ-Spitze jedoch

ständig selbst, indem sie eine Zuwanderung in das Sozialsystem generell bestreitet und entsprechende Vorhaltungen in ein politisch inkorrektes Licht schiebt. Damit schwächt sie natürlich auch die Glaubwürdigkeit des Bundeskanzlers und des Verteidigungsministers. Mit seiner klaren Forderung nach einer Schließung der EU-Außengrenzen und einer Begrenzung der Migration wildert Kurz aber auch bei der FPÖ. Denn selbst wenn sich die Positionen von HC Strache und Sebastian Kurz immer öfter ähneln und die FPÖ zu Recht die Urheberschaft für sich beansprucht, dürften viele Wähler, bei ähnlichen Positionen, lieber die ÖVP oder die SPÖ wählen als die FPÖ. Denn bei Kurz und Kern dürfen sie drauf vertrauen, dass die Argumentation weder rassistisch noch diskriminierend motiviert ist.

Steiermark – zwei Jahre »Zukunftspartnerschaft« Nach der »Reformpartnerschaft« zwischen 2010 und 2015, die in der Gemeindestrukturreform und einer Reform der Landesverwaltung ihren Höhepunkt hatte, fanden SPÖ und ÖVP nach der Landtagswahl 2015 unter Landeshauptmann Herman Schützenhöfer als »Zukunftspartnerschaft« abermals zusammen. Die SPÖ-ÖVP-Koalition ist nun seit zwei Jahren im Amt und legte aus diesem Anlass unter dem Motto »Gemeinsam die Steiermark voranbringen« in einer Pressekonferenz eine Zwischenbilanz vor. Schützenhöfer appellierte an alle Beteiligten, darauf zu achten, dass die Reformfreudigkeit nicht verloren geht. Landeshauptmannstellvertreter Michael Schickhofer bekräftigte diesen Appell mit dem Bekenntnis, seine Energie auch in Zukunft nicht für irgendwelche Spielchen aufzubrauchen, sondern gemeinsam die Steiermark voranzubringen. Während SPÖ und ÖVP die Erfolge der Koalition hervorheben, sieht das die Opposition naturgemäß völlig anders. Lambert Schönleitner von den Grünen kritisiert den Stillstand bei der Raumordnung. Auch das Regionalpolitikgesetz,


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