Fazit 126

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Zur Lage #74 Nichts ĂŒber die Wiederholung der PrĂ€sidentenwahl, eine kurze Auflistung meiner liebsten Verkehrsmittel, die Abenteuer einer Zugfahrt nach Köflach sowie ein Satz ĂŒber das Personal unserer Verkehrsbetriebe. Und ein kurzer Fluch.

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ein liebstes Verkehrsmittel ist ja der Zug. Also eigentlich ist es das Dampfschiff, aber zum Einen gibt es wohl gar nicht mehr so viele Dampfschiffverbindungen und zum Anderen bin ich – allen BemĂŒhungen des sich immer mehr ausbreitenden und der grenzenlosen Grenzenlosigkeit verschriebenen Internationalismus zum Trotz, Bewohner eines Binnenlandes. Also der Zug. Wobei, ich komm ja trotz ausreichender Zugverbindungen hierzulande auch nicht wirklich oft zum Zugfahren. Das hat wie vieles viele GrĂŒnde, es liegt aber vor allem daran, dass ich gegen jeden Trend mich immer mehr der ImmobilitĂ€t verschreibe. Herumgekommen bin ich schon genug und die paar Wienfahrten im Jahr mach ich, seitdem solche modernen PlastikzĂŒge ohne jeden Charme und nur mehr durch mit Speisewagen nichts zu tun habenden, sicher leicht auszukĂ€rchernden und dafĂŒr jede Lebensfreude vermiesenden begehbaren Sandwichautomaten ausgestattet sind, selbstverstĂ€ndlich auf einem Ledersofa im eigenen Automobil. Zudem fĂ€hrt auf die Pack, wo es allwochenendlich, lieber Donnerstag abends als Freitag frĂŒh, hinaufgeht, keine Eisenbahn. Zumindest nicht ganz rauf, bis Köflach fĂ€hrt sie schon. Und im Sommer, meine Lieben, da mach ich sogar ab und an von dieser

Es liegt aber vor allem daran, dass ich gegen jeden Trend mich immer mehr der ImmobilitÀt verschreibe.

44 /// FAZIT OKTOBER 2016

Von Christian Klepej Zugverbindung Gebrauch und fahr eben mit dem Roten Blitz ins Weststeirische. (Roter Blitz haben wir da frĂŒher gesagt, mit welchem Anglizismus der heutzutage gebrĂ€ndet ist, entzieht sich dankenswerterweise meinem Bewusstsein.) Im Sommer da pendel ich nĂ€mlich öfters die Woche und da kommt mir eine solche Entschleunigung durchaus zupass. Der Zug hat sicher einiges an PferdestĂ€rken zu bieten; zum Protzen kommt er aber nie damit, weil, so sagen mir das die Weststeirer, der bleibt bei jedem MistkĂŒbel stehen. Und das liebe ich. Und noch mehr liebe ich natĂŒrlich, wenn mich meine Verwandten oder gar meine Frau und meine Tochter am Bahnhof abholen. (Viel mehr zum GlĂŒck, glauben Sie mir!, braucht man gar nicht. Zumindest nicht stĂ€ndig.) Toll an einer solchen Zugfahrt ist ĂŒbrigens auch, dass ich quasi daheim einsteigen kann, denn ich habe den Vorteil, nur einige Gehminuten von einer Strassenbahnstation entfernt zu wohnen. Und durch die segensreiche Einrichtung des Verkehrsverbundes, den gibt es jetzt schon ein, zwei Jahre, mich deucht sogar noch deutlich mehr, kann ich schon beim Einsteigen in die Tramway mein Ticket lösen. Sprich, meinen Zehnerblock abstempeln. Leider vergesse ich immer wieder, wieviele »Zonen« ich da abstempeln muss auf meiner Karte und muss daher immer wieder beim Schaffner hĂ€tte ich fast gesagt, ich alter weißer Mann, bei der StrassenbahnfĂŒhrerin natĂŒrlich nachfragen. Und da hat sich mir schon einige Male eine kleine SchwĂ€che der GVB aka »Graz Holding Linien«, aber wer sagt das schon?, eine SchwĂ€che der tollen GVB also aufgetan: Die wissen das auch nicht so genau. Es verhĂ€lt sich sogar so, dass die mitfahrende Dame, die mein Begehr »einmal Erwachsene nach Köflach bitte« mit ihrer Anmerkung zu ihrem Begleiter »nach Voitsberg fahrt eine Straßenbahn?« in letzter Konsequenz mehr ĂŒber den Verkehrsverbund gewusst hat, als dann die von mir aufgesuchte Informationsstelle am Grazer Jakominiplatz. (Mir wurde geraten, dort aussteigen und mich zu erkundigen.) Der etwa in meinem Alter sich befindliche junge Mann, ein Servicemitarbeiter, hat mir dann nĂ€mlich auf der Steier-

markkarte mit dem Verkehrsverbundnetz Köflach in die Oststeiermark verlegt. Und zudem mir empfohlen, fĂŒnf statt vier – wie es nach Köflach notwendig ist – Zonen abzustempeln. Gut, man muss nicht jedes Ortschafterl der Steiermark kennen, ganz und gar nicht, trotzdem hat es mich etwas ĂŒberrascht, dass dieser sich einen Beruf in der Transportbranche ausgesucht habende Herr gerade Köflach nicht gekannt hat. Wo doch wir jungen Buben damals wenn auch nicht alle gleich ZugfĂŒhrer werden wollten, aber zumindest großes Interesse allen Schienentransportmitteln gegenĂŒber an den Tag legten. Und damit fĂŒr uns die altehrwĂŒrdige GKB – die Graz-Köflacher Bahn – mehr als ein Begriff war. Wie geschrieben, Roter Blitz eben. Aber egal, funktionieren tut das trotzdem alles super. Von der Tramway ĂŒber die Auskunft bis hin zum Zug war das Personal ausnehmend höflich und zuvorkommend. Abschließend, wo es doch diesmal um Transportmittel geht, darf mein absoluter Liebling fĂŒr die innerstĂ€dtische Kurzstrecke nicht fehlen: das Fahrrad. Seit wenigen Tagen darf ich ein brandneues Stadtrad der Cloppenburger Radschmiede Kalkhoff mein Eigen nennen. Meine wunderbaren Eltern haben mir das geschenkt und ich habe eine ganz große Freude damit. Der einzige Wermutstropfen dabei, ich kann es kaum aus den Augen lassen. Wurde mir doch mein letztes Rad direkt aus meinem Garten heraus gestohlen. In diesem Zusammenhang darf ich meinem Wunsch Ausdruck verleihen, die Diebin möge fĂŒr zumindest eine Woche in der Hölle schmoren. Mehr an VerwĂŒnschungen getraue ich mir hier nicht anzufĂŒhren, kann ich doch nicht ganz sicher sein, ob das dann schon der vom bundesdeutschen Justizminister Heiko Maas so beworbenen »Hatespeech« (in etwa Hassrede) entsprechen wĂŒrde. Und nur deswegen jetzt extra die Menschenrechtsaktivistin und Amadeu-Antonio-Stiftungs-GrĂŒnderin Anetta Kahane, die mit allen Formen der Staatssicherheit deutlich mehr an Erfahrung aufzuweisen hat als ich, anzurufen und nachzufragen, erscheint mir dann doch ein klein wenig ĂŒbertrieben. Freuen wir uns lieber auf einen wunderschönen Herbst. n


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