Fazit 122

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Alles Kultur

Allgemeine Weltkritik

Ein Nichtereignis Von Michael Bärnthaler

E

s fällt mir schwer, noch etwas zu sagen zu all dem Wahnsinn, der jeden Tag auf uns einprasselt. Im Fernsehen, auf Twitter, in den Zeitungen ... Feministinnen kritisieren beispielsweise das Märchen »Dornröschen«, weil der Prinz die schlafende Prinzessin ohne Einverständnis küsst. Was soll man dazu noch sagen? Oder diese ganzen »Flüchtlinge«, die angeblich unser Heil sind. Usw. Je verrückter und sinnloser die Ereignisse, umso verrückter und sinnloser will ich darauf reagieren; umso verrückter und sinnloser wird alles. Die Welt, in der wir leben, ist Kitsch. Von allem ist zu viel da, nur das Wesentliche fehlt. Eine gewaltige Kitsch-Bubble, die aus lauter kleinen Kitsch-Filterblasen zu bestehen scheint. Kitsch und Metakitsch. Letztlich einfach Kitsch. Es ist sicher nicht originell, sich über die Gegenwart zu beschweren, aber was soll ich tun? Die Gegenwart ist so gegenwärtig. Auch ein gewisser Jan Böhmermann ist sehr gegenwärtig. Gegenwärtig as fuck. Allgegenwärtig, sozusagen. Natürlich kann man jetzt sagen: »Lieber Michael, du musst dich all dem doch nicht aussetzen! Brauchst dich damit ja nicht auseinanderzusetzen. Chill mal und kümmer dich um deinen kleinen Garten, dein kleines Le-

ben ...« Darauf erwidere ich: »Leck mich am Arsch.« Das ist gewiss sehr unhöflich, aber ... Manchmal haben Frauen ein kleines bisschen Haue gern. Manchmal muss man ein bisschen unhöflich sein. Wie auch immer: Tatsache ist, dass gewisse Dinge mich eben beschäftigen. Ich kann es nicht ändern. Also: Dieser Böhmermann hat einen Witz gemacht im Fernsehen, bzw. er hat den türkischen Präsidenten beschimpft. Stichwort »Schmähkritik«. Er hat halt so herumgeblödelt (was sein Job ist) und gesagt: »Achtung, Erdogan, ich beschimpfe dich jetzt richtig arg«, woraufhin er den türkischen Präsidenten richtig arg beschimpft hat. Stichwort »Ziegenficker«. Gut, das ist an sich ziemlich uninteressant, aber darauf hatte ich Sie, lieber Leser, ja bereits vorbereitet, nicht wahr? Und eigentlich wissen Sie das alles auch längst ... Also, dass in Deutschland eine Art Staatskrise – wobei, gibt es die nicht schon länger? – ausgebrochen ist. Und dass Böhmermann vor Gericht die Freiheit der Meinung, der Kunst, der Satire etc. wird verteidigen müssen ... Usw. usf. Kitsch und Metakitsch, einfach alles Blödsinn: Ein schlechter Komiker, eine scheiternde Kanzlerin und ein größenwahnsinniger Türke ... Was soll man dazu noch sagen? Wozu soll man diesen Wahnsinn kommentieren? n

FAZIT MAI 2016 /// 81

Fotos: Scott Penner, W. Kammel, J. Pennerstorfer, Kreml-Pressestelle

Schau ebenso wie die Mutter, Tante sowie große Schwester gar etwas museumsunüblich verschiedenste lebende Amphibien und Reptilien für den nachmitttäglichen Naturkundemuseumbesuch samt begeisterungsfähigem, jungem Anhang. Junger Anhang ist tendenziell deshalb zu empfehlen, weil man der Ausstellung den Ursprung eines »Sparkling Science«-Forschungsprojektes von Schulklassen unter wissenschaftlicher Anleitung – und im Auftrag des Bundesministeriums für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft – anmerkt. Wer übrigens schon einmal dort ist, der sollte der größer geratenen Schau über »Weltenbummler« ebenso Beachtung schenken. Dort werden Tiere und Pflanzen gezeigt, die eigentlich gar nicht bei uns heimisch sind, aber dennoch den Weg zu uns gefunden haben. Regenbogenforelle, Nutria oder Waschbär sind dort unter anderem zu sehen. Eher ausgestopft als lebendig. Aber wer Museumswetter für einen Besuch im Joanneumsviertel nutzt, darf dann eben doch keinen richtigen Reptilienzoo erwarten. n


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