Fazit 111

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Bei unter 30 Prozent wĂŒrde ich zurĂŒcktreten. Landeshauptmann Franz Voves

Fotos: Jakob Glaser, Frank

Nach dieser Steuerreform bleibt nicht viel vom Siegerimage von Reinhold Mitterlehner und Hansjörg Schelling ĂŒbrig.

Steuerreform: Hat die ÖVP die Wirtschaft verraten? Endlich hat die Regierung ihr Steuerkonzept aus dem Sack gelassen. Was in monatelangen Verhandlungen herauskam, ist ein Kompromiss, bei dem sich weder die SPÖ noch die ÖVP durchsetzen konnten. Das unterste Einkommensdrittel wird entlastet, die Reichen werden verschont, dafĂŒr trifft es wie erwartet die »Etwasbesserverdiener« der leistungsorientierten Mitte mit voller Wucht. Die als »verkehrswertbezogene Grunderwerbssteuer« getarnte WiedereinfĂŒhrung der Erbschaftssteuer verteuert die Weitergabe von Immobilien im Familienbund um ein Ausmaß, das die Steuerersparnis bei der Lohn- und Einkommensteuer fĂŒr Betroffene um ein Vielfaches ĂŒbersteigt. Mit der Registrierkassenpflicht bĂŒrdet die Regierung den österreichischen Kleinund Kleinstunternehmern ein unglaubliches Mehr an Verwaltung auf. Verschont wird nur, wer weniger als 15.000 Euro – 14 /// Fazit APRIL 2015

nicht im Monat, sondern in einem Jahr – in bar umsetzt. Die Aufhebung des Bankgeheimnisses fĂŒr jeden, der mit einem routinemĂ€ĂŸigen ĂŒberprĂŒften Unternehmen in GeschĂ€ftsverbindung steht, öffnet der Behörden-SchnĂŒffelei alle Möglichkeiten. Dass ausgerechnet eine ÖVP-Regierung, in der der Wirtschaftsbund mit Reinhold Mitterlehner den Vizekanzler und Hans Jörg Schelling den Finanzminister stellt, den Unternehmen so etwas antut, war bisher unvorstellbar. Doch die WK-Wahl ist mittlerweile Geschichte. Und bis zum nĂ€chsten Mal dĂŒrfen die Tausenden wegen dieses Vorgehens der Regierung völlig perplexen WB-FunktionĂ€re wohl auf das kurze GedĂ€chtnis der WK-Wahlberechtigten hoffen. Steuerreform: Gerechtere Tarife – Schneller kalte Progression Das HerzstĂŒck der großkoalitionĂ€ren »Steuerreformverweigerung« bildet eine Tarifsenkung fĂŒr die Lohn- und Einkom-

mensbezieher. Dass diese nur einen Teil der durch die kalte Progression verursachten realen Steuererhöhungen seit der letzten Tarifreform refundiert, begrĂŒndet sich mit dem stĂ€ndig steigenden Finanzbedarf der öffentlichen Hand und deren UnfĂ€higkeit zu nachhaltigen Einsparungen. Die zwei zusĂ€tzlichen Steuertarifstufen machen das System aber tatsĂ€chlich etwas gerechter. Finanzminister Hansjörg Schelling hat jedoch verschwiegen, dass die kalte Progression dadurch in Zukunft umso schneller wirkt, denn die Gefahr, bei Lohnerhöhungen in die nĂ€chsthöhere Tarifstufe zu rutschen, steigt natĂŒrlich mit deren Anzahl. Experten rechnen daher damit, dass die Tarifsenkung nach spĂ€testens zwei bis drei Jahren von der kalten Progression aufgesogen sein wird, wĂ€hrend die Steuererhöhungen bleiben. Diese Steuerreform fĂŒhrt also mittelfristig zu einem noch schnelleren Ansteigen der Abgabenquote. Die Regierung erreicht damit das Gegenteil dessen, was sie ursprĂŒnglich angekĂŒndigt hat.

Steuerreform: Kann sich das ĂŒberhaupt ausgehen? Das Gesamtvolumen der Steuersenkung bei Einkommens- und Lohnsteuer wird mit 5,1 Milliarden Euro beziffert. Bis auf 1,1 Milliarden Euro, die ĂŒber eine nicht nĂ€her definierte und daher völlig unrealistische Verwaltungsreform eingespart werden sollen, ist eine vollstĂ€ndige Gegenfinanzierung geplant. 850 Millionen sollen ĂŒber Multiplikatoreffekte hereinkommen. Auch diese Zahl wird von Experten als viel zu hoch eingeschĂ€tzt. 1,25 Milliarden sollen höhere Steuern


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