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Adrian Dobrat

Dächer für den Klimaschutz

Die bereits heute spürbaren Folgen des Klimawandels sind wissenschaftlich unumstritten. Immer deutlicher wird in den anhaltenden Diskussionen zum Klimaschutz und zur Energiewende, dass Einzelmaßnahmen und isolierte Ansätze nicht ausreichen werden, um das schlimmste Szenario noch abwenden zu können. Daher stellt sich auch die Frage für alle am Gewerk Dach beteiligten Akteure: Welchen Beitrag können Dächer bzw. Dachbaustoffe zum Umwelt- und Klimaschutz leisten?

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Für Deutschland trat am 18. Dezember 2019 das BundesKlimaschutzgesetz in Kraft. Damit wurden die Klimaschutzziele und die Klimaneutralität 2050 gesetzlich verankert. Als Zwischenschritt wurde bis 2030 eine Verminderung der Treibhausgasemissionen um 55 % gegenüber dem Jahr 1990 festgeschrieben. Das Klimaschutzgesetz schreibt zum ersten Mal verbindlich vor, wie viel CO2 jeder Bereich in jedem Jahr ausstoßen darf und legt damit jährliche Minderungspflichten für die Sektoren Energie, Industrie, Verkehr, Gebäude, Landwirtschaft und Abfall bis zum Jahr 2030 fest.

Staatliche Förderungen

Energiesparen ist der einfachste und schnellste Weg, um das Klima zu schützen sowie den eigenen Geldbeutel zu schonen. Das trifft vor allem auf Gebäude zu, die in Deutschland ca. 35 % des Endenergieverbrauchs und ca. 30 % der CO2-Emissionen verursachen. Einen Großteil davon produzieren Altbauten, die nun energieeffizient saniert werden sollten. Eine Herausforderung für Bauherren, Planer und Architekten, schließlich sind dafür enorme Investitionen nötig – wenngleich sich diese im Laufe der Zeit durch Einsparungen bei den Energiekosten amortisieren. Umso wichtiger ist, bei der Planung und/oder Beratung zu wissen, welche Maßnahmen bei einer energetischen Sanierung staatlich gefördert werden.

Zur Umsetzung des Klimaschutzprogramms 2030 gilt seit 1. Januar 2020 eine steuerliche Förderung bis 40.000 € pro Projekt. Für Hauseigentümer bedeutet das Steuererleichterungen für zahlreiche Sanierungsmaßnahmen. Der Steuerbonus gilt für 10 Jahre.

Eine immer beliebter werdende Alternative, die durch die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) unterstützt wird, ist die Dachbegrünung. Begrünte Dächer bieten nicht nur Vorteile für das Klima und die Luftqualität, sondern sind außerdem eine natürliche Form der Wärmedämmung. Der Kreditbetrag steigt laut KfW für Wohngebäude ab 24. Januar 2020 um 20.000 € auf 120.000 €. Für Nicht-Wohngebäude erhöht sich der Tilgungszuschuss bei der Sanierung zum Erreichen eines KfW-Effizienzhaus-Standards um 10 %.

Gründächer planen

Das typische begrünte Dach hat ein zweiprozentiges Gefälle, doch auch Flachdächer ohne Gefälle sowie Steildächer bzw. stark geneigte Dächer können begrünt werden. Bei stärkerer Neigung sind die Schubkräfte besonders zu beachten, damit der Dachschichtenaufbau nicht abrutscht. Man unterscheidet zwei Arten von Begrünungen:

Extensivbegrünungen sind naturnah angelegte Vegetationsformen, die sich weitgehend selbst erhalten und weiterentwickeln. Es sind überwiegend flächige Begrünungen mit Moosen, Sedum-Arten, Stauden, Kräutern und Gräsern und in geringem Umfang mit kleinen Gehölzen. In der Regel sind die Pflanzen niedrig wachsend, trockenheitsver-

Bild 1. Partner Elmich in Singapur, Projekt DUO Residences: Intensive Begrünung (Foto: Elmich Pte Ltd, Singapur)

Bild 2. Begrüntes Dach Wildwasseranlage Markkleeberg Bild 4. Grünes Dach für den weltweit ersten antiken Omnibus in Deuz

träglich, widerstands- und regenerationsfähig. Ein besonderes Merkmal ist die natürliche Wasserversorgung durch Niederschläge.

Intensivbegrünungen umfassen flächige Begrünungen mit Rasen, Stauden und Gehölzen sowie punktuelle Bepflanzungen mit Sträuchern und in Einzelfällen auch mit Bäumen. Die Bepflanzung besteht vornehmlich aus anspruchsvoller Vegetation mit entsprechend hohen Anforderungen an den Bodenaufbau. Sie ist nur mit hinreichenden Ent- und Bewässerungseinrichtungen sowie durch regelmäßige Pflege dauerhaft zu erhalten.

Je nach Begrünungsform ergeben sich z. T. erhebliche Zusatzlasten, die bei den Nachweisen der Standsicherheit und Gebrauchstauglichkeit zu berücksichtigen sind.

Bereits in der frühen Planungsphase sollte die Art der Begrünung anhand der objektspezifischen Gegebenheiten, z. B. Statik, Wasserversorgung, Brandschutz, Fluchtwege, festgelegt werden. Daraus ergeben sich die Planungsvorgaben für Ausführung und Form der Begrünung.

Grundsätzlich gilt, dass in allen Randbereichen (Dachränder und Anschlüsse) eine vegetationsfreie Zone durch z. B. Kies oder einen Plattenbelag einzuhalten

Bild 3. Weingut Schneider Ellerstadt (alwitra): Wohnen in den Weinbergen unter extensiver Begrünung ist. Diese Streifen übernehmen gleichzeitig die Funktion des vorbeugenden Brandschutzes und tragen in entsprechend breiter Ausführung zur Windsogsicherung bei.

Gut für die Umwelt

Gründächer sind nicht nur schön anzusehen, sondern sind eine ökologische Bereicherung und zudem in ökonomischer Hinsicht nützlich. Durch die Begrünung wird abhängig von der Bepflanzungsart CO2 gebunden. Eine Begrünung von Dächern hilft damit unmittelbar dem Klima. Gerade in städtischen Regionen können Gründächer einen wichtigen Beitrag zur Flächenentsiegelung und zur Verbesserung des Mikroklimas leisten sowie Feinstäube binden. Die Stadt heizt sich im Umfeld der begrünten Dächer weniger stark auf, die Lebensqualität wird besser. Das Gleiche gilt für die Luftqualität: Eine Dachbegrünung kann pro Jahr und Quadratmeter bis zu 0,2 kg Schadstoffpartikel und Staub aus der Luft herausfiltern. Durch ihre Pflanzenvielfalt bieten Gründächer einen wertvollen Lebensraum für Vögel und Insekten. Die Bepflanzung reduziert Luftschadstoffe und hält Regenwasser zurück. Durch begrünte Dächer wird vor allem in Ballungsräumen die Belastung durch Stickoxid, Kohlenmonoxid und Feinstaub reduziert. Außerdem fördern bepflanzte Dächer die biologische Vielfalt und tragen in der zunehmend heißen Sommerzeit zur Abkühlung bei. Dachbegrünungen verbessern grundsätzlich das Mikroklima in Städten und vermindern die Entstehung von Wärmeinseln.

Darüber hinaus werden durch die Begrünung die Temperaturbelastung auf die gesamte Dachkonstruktion reduziert und schädigende Witterungseinflüsse ferngehalten. Somit erhöht sich die Lebensdauer des Gesamtsystems.

Dachbegrünungen halten einen großen Teil des Niederschlagswassers zurück, verzögern den Abfluss und entlasten damit das komplette Entwässerungssystem und letzten Endes die Kanalisation. Sie können in Abhängigkeit von der Aufbaudicke und den verwendeten Substraten 50 bis 90 % der jährlichen Niederschlagsmenge zurückhalten und über Verdunstung wieder in den natürlichen Kreislauf zurückführen. Überschüssiges Wasser kann zudem für die Pflanzenbewässerung genutzt werden.

Bild 5. Ferienhaus „Natural Retreats“ mit einfacher Intensivbegrünung, North Yorkshire, GB Unterkonstruktion/Tragschicht Dampfsperre: Der Sperrwert wird dabei abgestimmt auf

Neben der Begrünung selbst sollte selbstverständlich ebenso auf den Einsatz nachhaltiger Ressourcen beim Bau von Gebäuden geachtet werden. Geht es um nachhaltiges Bauen, werden Gebäude im Hinblick auf ihre ökologischen, ökonomischen und sozialen Aspekte betrachtet und bewertet. Umweltproduktdeklarationen (EPD) liefern Informationen zu Bauprodukten, die für den Bau nachhaltiger Gebäude und für Gebäudezertifizierungen relevant sind. Sie weisen die Grundstoffe, die Herkunft und den Herstellungsprozess des Produktes aus und betrachten u. a. seine Umweltverträglichkeit und Lebensdauer. Sie liefern die Basisinformationen für die ganzheitliche Betrachtung eines Produkts und bilden das Fundament für nachhaltiges BREEAM, LEED und der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB).

Dachabdichtung

Die Dachabdichtung spielt bei Gründächern eine wichtige Rolle. Das Dach muss dauerhaft dicht sein. In der Regel erfolgt der Begrünungsaufbau bei einer nicht durchlüftedie Begrünungsform, z. B. hoher Dampfsperrwert bei Intensivbegrünung mit Wasseranstau Wärmedämmung: Die Druckfestigkeit ist auf die Begrünungsform abzustimmen, z. B. erhöhte Druckfestigkeit bei Intensivbegrünung Dachabdichtung mit Wurzelschutzfunktion Schutzlage Dränschicht, ggf. Schutzschicht Begrünungsaufbau.

Ein Vorteil von Abdichtungen mit Kunststoffbahnen ist die einlagige Ausführung. Durch die einlagige Anwendung werden wertvolle Ressourcen geschont; dies gilt für die Produktion, den Transport sowie den Rückbau am Nutzungsende. EPDs dokumentieren eindeutig ihren Beitrag zur Nachhaltigkeit.

Kunststoffbahnen zeichnen sich durch ihre dauerhafte Wurzel- und Rhizomfestigkeit aus. Die Eignung einer Dachbahn für den Einsatz unter einer Dachbegrünung ist grundsätzlich für alle Arten von Abdichtungsbahnen nach DIN EN 13948 „Bestimmung des Widerstandes gegen Wurzelpenetration“ nachzuweisen. Darüber hinaus

Bild 6. Kita mit Gründach in Dresden

Verwendung nachhaltiger Bauprodukte

Bauen nach den Vorgaben der Zertifizierung, z. B. nach

empfiehlt sich der Nachweis der Beständigkeit gegen Wur-

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Bild 7. Begrünung der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt BSU Hamburg aus der Vogelperspektive

Bild 8. Förderzentrum Schmalkalden: Dachabdichtung unter Kies und Begrünung (BMI Wolfin) (Fotos 2–8: DUD und Mitgliedsunternehmen)

zeln und Rhizome (Quecken) nach dem FLL-Verfahren (Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau e. V., Bonn). Die Verwendung von Kunststoffdachbahnen, die über das Prüfzeugnis „wurzel- und rhizomfest“ der FLL verfügen, bietet anerkannte Sicherheit

Der DUD vereinigt unter seinem Dach Hersteller von Kunststoff- und Elastomerbahnen nach DIN EN 13956 auf Basis von Thermoplasten, thermoplastischen Elastomeren und Elastomeren. Sie können aus folgenden Werkstoffen hergestellt sein: – ECB Ethylencopolymerisat-Bitumen – EPDM Ethylen-Propylen-Dien-Terpolymer – EVA/EVAC Ethylen-Vinylacetat-Terpolymer/-Copolymer – FPO Flexibles Polyolefin (auf Basis PE oder PP) – PIB Polysobutylen – PVC-P Polyvinylchlorid (bitumenverträglich bv oder nicht bitumenverträglich nb) – TPE Thermoplastische Elastomere. Die Bahnen werden auf den jeweiligen Anwendungsfall abgestimmt, bei Alt- und Neubauten verlegt und können mechanisch befestigt, lose mit Auflast oder verklebt ausgeführt werden. Mit der Lagesicherung des Abdichtungssystems gegen Windkräfte wird gleichzeitig ein funktionstüchtiges Dach erstellt. beim Einsatz unter Begrünungen. Neben einer umweltfreundlichen Begrünung sollte selbstverständlich ebenfalls eine ökologisch unbedenkliche Abdichtung ausgeführt werden. Kunststoffbahnen sind grundsätzlich wurzelfest. Durch ihren Werkstoff bieten sie den Wurzeln ausreichenden mechanischen Widerstand. Diese Eigenschaft ist dauerhaft ohne chemische Zusätze gegeben. Gewässerbelastende Auswaschungen von Durchwurzelungsschutzmitteln sind daher bei Kunststoffbahnen kein Thema, weder für die Dauerhaftigkeit des Wurzelschutzes noch für die Umwelt.

Solartechnik auf dem Dach

Flachdachflächen sind ideale Standorte für solarthermische und Photovoltaik-Systeme, die durch ihre Energiegewinnung einen zusätzlichen Beitrag zur Nachhaltigkeit leisten. Dabei ist die Funktionstüchtigkeit der Dachabdichtung dauerhaft zu erhalten. Dies setzt eine entsprechend fachkundige Planung und Montage voraus. Für die Montage und vor allem zur Lagesicherung gegen Windsog sind Systeme mit Auflast, mit Durchdringungen der Dachabdichtung, aerodynamische Systeme sowie Solardachbahnen mit integrierten Solarelementen mögliche Varianten. Eine Kombination der Solartechnik mit einer Begrünung auf dem Dach kann dabei durchaus vorteilhaft sein. So sorgt die Begrünung für eine geringere Aufheizung der Photovoltaikmodule und steigert so deren Leistung. Die Begrünung muss auf die solare Nutzung abgestimmt sein. Zum Beispiel muss eine unerwünschte Verschattung der Solarmodule durch den Pflanzenwuchs der Begrünung vermieden werden.

Zusammenfassung

Nahezu alle Dächer und Dachformen lassen sich begrünen und für die solare Energiegewinnung nutzen. Prädestiniert sind aber vor allem flache und flach geneigte Dächer. In urbanen Regionen verbessern Gründächer unmittelbar das Mikroklima und die Lebensqualität.

Wer mit seinem Dach den maximalen Beitrag in puncto CO2-Einsparung bzw. CO2-Bindung leisten will, der kombiniert die Dachbegrünung mit einer solarthermischen und/oder einer PV-Anlage. So wird das Dach zum aktiven „Klimaschützer“. EPDs liefern Informationen zu Bauprodukten und können im Rahmen von Gebäudezertifizierungen für das nachhaltige Bauen genutzt werden. Bei der Auswahl der Bauprodukte, beispielsweise des Abdichtungssystems, sollte deren ökologisches Profil berücksichtigt werden. Denn Ressourceneinsparung und Schonung der Umwelt bei Produktion, Transport, Anwendung und Recycling von Bauprodukten ist direkter Klimaschutz.

Weitere Informationen:

Industrieverband der Produzenten von Kunststoff-Dach- und Dichtungsbahnen DUD e. V. Dipl.-Ing. Adrian Dobrat Ahastraße 7, 64285 Darmstadt Tel. (06151) 211 80, Fax (06151) 238 56 info@dud-ev.de, www.kunststoff-bahn.de