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Die Soziologin Oksana Dutchak hat für die Clean Clothes Campaign Fabrikangestellte interviewt, die in der Ukraine zu miserablen Löhnen für bekannte Marken Kleider nähen. Nun will sie die recherchierten Fakten ins öffentliche Bewusstsein bringen. INTERVIEW: DAVID HACHFELD
Oksana, wusstest du schon immer, dass in der Ukraine Kleider und Schuhe für internationale Marken hergestellt werden? Nicht wirklich, muss ich sagen. Ehrlich gesagt, habe ich mich das wohl auch gar nie gefragt. Klar, ich habe Naomi Klein gelesen (Anm.: Die kanadische Journalistin wurde im Jahr 2000 mit «No Logo», ihrem Werk zu den Marketingmachenschaften multinationaler Konzerne, weltberühmt), ich wusste natürlich um die grundsätzliche Problematik, aber für mich war das etwas, das weit weg stattfindet, in Asien … … und nicht in der Ukraine. Du kanntest also auch niemanden, der in einer Fabrik arbeitet? Bis ich zu recherchieren begann nicht, nein. Und auch in der ukrainischen Öffentlichkeit findet das Thema kaum
statt. Als ich im Internet nach Informationen suchte, fand ich zwar den einen oder anderen Artikel, aber das sind in erster Linie sehr positiv konnotierte Nachrichten, etwa, dass eine Marke wegen unserer günstigen Arbeitskräfte in der Ukraine investiert habe. Nach Informationen über die Bedingungen, unter denen diese günstigen Arbeitskräfte arbeiten, und was das für sie bedeutet, sucht man vergebens. Ein Drittel der von euch Befragten verdient ohne Überstunden nicht einmal den gesetzlichen Mindestlohn, der bei gerade einmal 89 Euro pro Monat liegt. Wie schaffen es diese Menschen überhaupt, zu überleben? Sie sparen überall, wo sie können. Sie essen sehr einfach, versorgen sich von ihren eigenen Feldern. Sie kaufen billige, gebrauchte Kleider und Schuhe. Und etwa die Hälfte
© Yevgenia Belorusets
«Ich will den Diskurs in eine neue Richtung lenken»