Kampfkunst Budo International 305 – Februar Teil 1 2016

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Die Kolumne von Keysi “Die Erfahrung ist nicht das, was uns passiert, sondern das, was wir mit dem machen, das uns passiert“ K.I.: WAS IST KEYSI FÜR DICH? Ich heiße Juanjo und ich bin KeysiLehrer in Madrid. Wenn du denkst, ich erzähle dir etwas über eine Selbstverteidigungsmethode und eine Unmenge an Selbstverteidigungstechniken, dann würde ich damit nicht einmal die Oberfläche dessen kratzen, was für mich Keysi ist. Ich fing mit fünf Jahren an Kampfsport zu machen. Heute bin ich 31 Jahre alt und ich lerne weiterhin jeden Tag neue Dinge. Wenn du möchtest, dass ich dir eine Definition von Keysi gebe, kann ich es dir nur als „Familie“ definieren. Ich denke, dass du jetzt etwas perplex und fragend bist. K.I.:WIE KANN SELBSTVERTEIDIGUNG ALS „FAMILIE“ DEFINIERT WERDEN? Als ich mit fünf Jahren anfing Kampfkünste zu trainieren, war der Meister praktisch unerreichbar, man konnte nicht mit ihm sprechen, weil er einen höheren Rang und eine höhere Kategorie als du hatte und sogar mein Lehrer musste um Erlaubnis fragen, sich an den „Meister“ wenden zu dürfen. Ich bewundere die Philosophie in den Kampfkünsten, aber meiner bescheidenen Meinung nach sind sie voll von Regeln und Hierarchien. Es sind Systeme, die für einen Tatami und einen Wettkampf entworfen wurden. K.I.: INWIEFERN GLEICHT KEYSI EINER KAMPFKUNST?

Überhaupt nicht, denn es gibt keine Regeln, da die Bühne das echte Leben ist. Wo ein Gegner alleine oder zu mehreren sein kann und wo es keinen Schiedsrichter gibt, der uns sagt, was legal oder illegal ist. Wir trainieren nicht geradlinig gegen einen einzelnen Gegner, sondern gegen mehrere gleichzeitig. Wir haben keine Filter für Alter, Gewicht oder Größe. Wir haben keine illegalen Schläge oder verbotenen Techniken. K.I.: WARUM? Weil wenn ein Straftäter eine Pistole auf uns richtet, können wir uns nicht mit ihm auseinandersetzen und ihm einfach sagen, dass er uns nicht erschießen soll, also bitte, das ist im Endeffekt seine Entscheidung oder nicht. Aber die Entscheidung, um dein Leben zu kämpfen ist nur deine. Wenn ich dich noch immer nicht überzeugt habe, denke daran „wenn du einem Tiger begegnest, sag ihm, er soll dich nicht fressen, nur weil du Vegetarier bist“. Nur weil es keine Regeln gibt heißt nicht, dass wir machen was wir wollen, wir prägen uns so viele Werte ein, wie uns Normen unbekannt sind. Eines Tages fragte ich Justo Diéguez: Warum kämpfst du? Und er antwortete mir: Um nicht zu streiten! Das mag eine widersprüchliche Antwort sein, aber trotzdem ergibt sie Sinn. Denn sie hat allen Sinn dieser Welt und wie ich gerade sagte, habe ich ihn direkt gefragt. Man braucht keinen Passagierschein, eine spezielle Erlaubnis oder bürokratische Formalitäten, du kannst auf ihn zugehen uns ihn fragen, was du willst. Im Laufe meines Lebens habe ich Boxen, Kickboxen, Kung Fu, Jeet Kunde

KEYSI UND DER WERT UNSERER FEHLTRITTE


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