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Die kantonale Verwaltung präsentiert sich als moderner Arbeitgeber im Kampf um Talente

Routine automatisieren, um Zeit freizuspielen

Nach und nach digitalisiert die kantonale Verwaltung ihren Personalbereich. So sind in jüngster Zeit die Mitarbeiterdossiers eingescannt worden. Und eine neue Software nimmt alle Stellenbewerbungen entgegen. Damit wird die Bearbeitung nach einheitlichen Kriterien ermöglicht. Weitere Digitalisierungsschritte sind in Planung.

TEXT VINCENT FLUCK BILDER ERIC BÜHRER

Bitte beachten Sie, dass nur Online-Bewer- bungen berücksichtigt werden.» Dieser Satz steht am Ende eines jeden Stellen- inserats der kantonalen Verwaltung. Implizit heisst dies: Per Post oder per E-Mail einge- reichte Dossiers sind unerwünscht. Die Stellenbe- werber sollen stattdessen das Formular ausfüllen, das sie beim Lesen des elektronischen Inserats a nklicken können. Zusätzlich sind sie gebeten, ihr Bewerbungsschreiben, den Lebenslauf sowie die Zeugnisse und die Diplome hochzuladen. Elektro- nisch natürlich.

Dieses Beispiel zeigt, dass die Digitalisierung auch vor der kantonalen Verwaltung nicht haltmacht. Seit knapp zwei Jahren verfügt sie über ein neues elektronisches Rekrutierungssystem. Es ist im Rah- men des regierungsrätlichen Legislaturprogramms der Jahre 2017 bis 2020 angeschafft worden. Darin steht: «Ein gesamtheitlicher professioneller Auftritt am Arbeitsmarkt sowie der gezielte Einsatz herkömmlicher und neuer Rekrutierungskanäle ist unerlässlich, um genügend geeignete Mitarbei- tende gewinnen zu können.» Diese besonderen Anstrengungen sind nötig, weil zahlreiche Stellen neu zu besetzen sind. Denn in den kommenden Jahren wird gut ein Fünftel der Mitarbeitenden pensioniert.

EINHEIT IM BEWERBUNGSABLAUF Vor der Einführung der Rekrutierungssoftware im Juni 2018 herrschte in der kantonalen Verwaltung bei der Besetzung offener Stellen grosse Autonomie. Astrid Makowski, die Leiterin des Personalamts, e rinnert sich: «Jede Dienststelle rekrutierte selber nach bestem Wissen und Gewissen. Man gestaltete auch die Inserate selber. Manchmal durften wir vom Personalamt noch kurz einen Blick darauf wer- fen, aber vereinheitlicht war dies alles nicht.» Jetzt ist das Erscheinungsbild der Inserate überall gleich. Und auch der Bewerbungsprozess läuft nach ein- heitlichem Muster ab. So erhält der Stellensu- chende, sobald er seine Bewerbungsunterlagen hochgeladen hat, immer eine automatisierte Emp- fangsbestätigung, auf der die direkte Ansprechper- son im Rekrutierungsprozess aufgeführt ist. Ein kleines Detail. Für die Stellensuchenden aber von grosser Bedeutung.

Das neue Rekrutierungssystem hat nicht nur den Bewerbungsablauf vereinheitlicht. Es sendet auch eine Botschaft aus. Diese lautet: Der Kanton ist ein zeitgemässer Arbeitgeber; er kann mit den grösse- ren Privatunternehmen Schritt halten und arbeitet ebenfalls mit einem elektronischen Rekrutierungs- system. «Insbesondere die jüngeren Kandidaten sind irritiert, wenn sie sich nicht auf diese Weise bewer- ben können», sagt Astrid Makowski. Und ältere Kan- didaten, die mit dem Internet nichts anzufangen wissen, gebe es kaum noch.

Der Kanton präsentiert sich als a ttraktiver Arbeitgeber mit vielfältigem Jobangebot: A usschnitte aus einem Werbe- film auf der H omepage.

Ein weiterer Vorteil des neuen Rekrutierungssystems: In der Verwaltung werden Personalressourcen frei. Die Dossiers der Stellenbewerber können vom betreffenden Dienststellenleiter und den dazu ermächtigten Verwaltungspersonen auf ihrem Computer studiert werden. Die umständliche Handhabung der Papierdossiers – kopieren, intern weiterleiten und am Schluss zurückschicken – ist Geschichte. «Wir müssen schauen, dass wir die Routine automatisieren können und uns freispielen für andere Aufgaben», sagt die Personalamtsleiterin. Denn auf ihr Team kämen immer neue Aufgaben zu. So gebe es in Politik und Verwaltung immer wieder neue Bedürfnisse, etwa in Form statistischer Auswertungen. «Man kann nicht einfach einen Knopf drücken, es steht i mmer viel Arbeit dahinter.»

AUSGETROCKNETER STELLENMARKT GIBT ZU TUN Zusätzliche Arbeit fällt auch bei der Suche nach neuen Mitarbeitenden an. «Früher hat man ein Inserat platziert und die Bewerbungen sind einfach so hereingesprudelt. Heute ist das nicht mehr so», weiss Astrid Makowski, die ihre Leitungsfunktion seit 1995 innehat. In gewissen Bereichen sei der Arbeitsmarkt ausgetrocknet oder der Kanton nicht konkurrenzfähig – zum Beispiel wegen der tieferen Löhne oder der Randlage der Region Schaffhausen. Um die Stellen trotzdem besetzen zu können, müsse das Personalamt zusätzlichen Aufwand betreiben. Und gegenüber den internen Dienststellen erbringe es immer mehr Beratungsdienstleistungen.

Als Astrid Makowski vor 25 Jahren anfing, zählte das Personalamt drei Stellen. Trotz den zusätzlichen Aufgaben ist der Stellenetat auf lediglich 8,5 gestiegen. Dies bei rund 1000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die zu betreuen sind. Nebst denjenigen der Kantonalen Verwaltung und den Gerichten zählen auch die Mitarbeitenden einiger Spezialverwaltungen dazu, etwa des Interkantonalen Labors oder des Informatikbetriebs KSD.

LOHNABRECHNUNG NICHT MEHR AUF PAPIER Die Mitarbeiterrekrutierung ist nicht der einzige Bereich, der von der Digitalisierung erfasst worden ist. Änderungen gab es auch in der Personaladministration, wo seit einiger Zeit die monatliche Lohnabrechnung nicht mehr per Post nach Hause geschickt wird. Die Mitarbeitenden können nun über ein Intranetportal auf die Lohnabrechnung zugreifen und sie bei Bedarf herunterladen und ausdrucken. Auch die Personalakten der Mitarbeitenden werden nicht mehr in Papierform geführt. Unlängst wurde alles diesbezügliche Papier eingescannt. Stossen neue Mitarbeitende zur Verwaltung, werden ihre elektronischen Bewerbungsunterlagen mit ein paar wenigen Klicks ins Personaldossier überführt. Ebenfalls digitalisiert ist der Weiterbildungsbereich, der zusammen mit der Stadt Schaffhausen geführt wird. Die Ausschreibung der Kurse und die Anmeldung – alles erfolgt elektronisch.

Die Digitalisierung des Personalwesens ist nicht abgeschlossen. Bis Ende des laufenden Jahres wird der Eintrittsprozess automatisiert. Wenn eine Bewerberin oder ein Bewerber für eine Stelle ausgewählt wurde, muss sie der neuen Arbeitgeberin zusätzliche Daten angeben. Zum Beispiel die Nummer des Bankkontos, auf das der Lohn in Zukunft überwiesen wird. Oder Angaben über die Kinder im Zusammenhang mit den Familienzulagen. Bisher wurde dafür ein Papierformular verwendet. Inskünftig soll dies elektronisch geschehen.

Seit 1995 leitet Astrid MakowskiBlümler das kantonale Personalamt. In dieser Z eit hat sich ihr Arbeitsumfeld stark verändert.

Noch nicht bewilligt, aber in den Finanzplan der kommenden Jahre aufgenommen, ist die Erfassung der Stammdaten. Bisher war das Personalamt dafür zuständig. In Zukunft sollen die Mitarbeitenden ihre Daten selber eingeben, etwa bei einem Wohnortswechsel. Oder bei Heirat und Scheidung, wenn sich in der Folge der Familienname ändert. Wenn die Betroffenen ihre Daten selber eingeben, sinkt die Fehleranfälligkeit. Weitere Digitalisierungsprojekte sind denkbar. Doch Details will die Personalamtsleiterin nicht verraten – nicht bevor ihre Vorgesetzte grünes Licht gegeben hat.

Wer sich mit Digitalisierung befasst, muss auch den Datenschutz im Auge haben. Der für Kanton und Stadt zuständige Informatikbetrieb KSD kümmert sich um die Sicherheit der elektronisch verwalteten Daten. Die Bewerberdaten werden vorübergehend auf den Servern der Anbieterin der Rekrutierungssoftware gespeichert. Diese Server befinden sich in der Schweiz, und die Firma garantiert für die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften und die Datensicherheit. Bei der internen Weitergabe von Bewerbungsdossiers verpflichtet sich das Personalamt, dass nur ein eingeschränkter Kreis von Berechtigten darauf Zugriff hat. Und spätestens nach sechs Monaten werden die Daten anonymisiert, sodass statistische Auswertungen noch möglich sind, jedoch ohne Rückschlüsse auf die Person. Spätestens nach eineinhalb Jahren werden die anonymisierten Daten vollständig gelöscht. 