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Durch Innenhöfe in den Dorfkern

MARC SCHAFFNER

Das ehemalige Tobler-Areal in Sissach, vormals Sixmadun liegt zwischen der Bahnhofstrasse und der Begegnungszone Eine seiner raumplanerischen Funktionen ist es, eine attraktive Verbindung zwischen dem Bahnhof rund dem Dorfkern zu schaffen Das Siegerprojekt für die geplante neue Überbauung erfüllt diesen Anspruch, indem es eine Abfolge aus Plätzen Gassen und Hofräumen vorsieht, die für die Öffentlichkeit zugänglich sind Besonderen Wert legt das Projekt auf die Aussenraumgestaltung und die Wohnqualität

Letzte Woche stellte Helvetia Versicherungen, Areal-Eigentümerin seit 2016, das Siegerprojekt von Harry Gugger Studio und Stauffer Rösch Landschaftsarchitekten an einer Infoveranstaltung vor Im Rahmen eines Studienauftrags wurden vier Architekturbüros eingeladen, deren Eingabe von einer Jury bewertet wurden, in der auch die Gemeinde Einsitz nahm

Das Projekt setze um, was im räumlichen Entwicklungskonzept von Sissach festgelegt worden sei sagte Gemeindepräsident Peter Buser an der Infoveranstaltung Seitens Gemeinde wird begrüsst, «dass das Areal ein neues Gesicht bekommt und die Situation von heute klar verbessert wird», kommentiert Buser in einem Kurzfilm, der auf der Projektwebseite roesslihof-sissach ch angeschaut werden kann

Eine markante Häuserzeile entlang der Bahngeleise und ein 28 Meter hohes Eckhaus an der Ecke Bahnhofstrasse/ Rösligasse (siehe Bild; auf der Höhe des heutigen Bar «Joker») sind mit einer Fotovoltaik-Fassade versehen und wirken laut Architekt Harry Gugger als Lärmschutz für die vier dahinter liegen- den Gebäude Jury-Präsident Markus Jermann sieht in der begrünten Innenhofsituation mit Bäumen das «Herz der Siedlung» Die Überbauung auf dem 3000 Quadratmeter grossen Areal umfasst 45 Wohnungen, die sich an «kleinere und mittlere Haushalte in unterschiedlichen Lebensphasen» richten und eine «hohe Wohnqualität zu einem angemessenen Preis» bieten sollen Ausserdem ist Platz für stilles Gewerbe vorhanden und in der Tiefgarage mit total rund 80 Plätzen sind auch öffentliche Parkplätze geplant

Als nächste Schritte stehen nun der Quartierplan, das Mitwirkungsverfahren und voraussichtlich nächstes Jahr der Entscheid der Gemeindeversammlung an

Kolumne «Meer isst nichts»

Ende Jahr wurde der nonbinäre Schriftsteller Kim de L’Horizon als einer der Gewinner des Jahres 2022 benannt Er erhielt für sein Romandebüt «Blutbuch» gleich den Deutschen und den Schweizer Buchpreis 2022 Ich war neugierig und erwartete etwas Besonderes Schon bei den vier intellektuellen und rätselhaften Zitaten vor dem Prolog stutze ich Vor dem ersten Kapitel sind es schon fünf Motti, die meinen Lesefluss behelligten Ein kluger Kopf, denke ich, aber braucht es diese Lesesteuerung? Dann lerne ich Grossmeer Peer, Urgrosspeer und Meer kennen, alles furchtbar repetitiv Das nervt Die sexuellen Geständnisse der Autorperson stören weniger mein moralisches als mein ästhetisches Empfinden Vor Kapitel zwei wieder eine Zitatenkaskade: Seht, wie belesen ich bin! Eine wirkliche Handlung kommt nicht auf Es herrscht ein symbolistisches vielschichtiges Geraune, das Echo aus dem körperlich-seelischen Innenraum des Autors, das mich nicht zu fesseln vermag Und dann ist da diese schräge Grammatik; Punkte, wo keine hingehören Man könnte dies als Stilmittel bezeichnen, aber es ist schlicht und ergreifend falsch und manieriert Mein Ärger nimmt zu Auf Seite 115 erfahre ich, dass das Leben des Erzählsubjekts «ein Strömen, ein Fliessen» ist Kennen wir doch: panta rhei – alles fliesst Obwohl ich nicht nonbinär bin, ist auch meine Identität fluid Diese Trivialerkenntnis reicht mir, und ich klappe das Buch endgültig zu Ich vermute ich bin nicht der Einzige, dem es bei der Lektüre von «Blutbuch» so ergangen ist Zum Glück gibt es da noch Annie Ernaux und Ian McEwan Aber man muss wohl aus Gründen der Gendergerechtigkeit Kim de L’Horizon toll finden, um heute hip zu sein THOMAS BRUNNSCHWEILER